FIFA verdrängt Straßenhändler während der WM

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Verbunden: 21.09.2010 - 20:20
FIFA verdrängt Straßenhändler während der WM
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FIFA verdrängt Straßenhändler während der WM


An Spieltagen dürfen rund um die Stadien nur Partner des Fußballverbandes verkaufen.


Straßenhändler und kleine Geschäfte besonders betroffen.

Von Tabea Schroer, Brasília / amerika21.de


Salvador da Bahia. Straßenhändler werden ihre Waren während der Fußball-WM in Brasilien nur in begrenztem Umfang in Stadionnähe verkaufen dürfen. Dies legte die brasilianische Regierung in Artikel 11 des Rahmengesetzes zur WM bereits im Jahr 2012 fest. Sie folgte damit dem südafrikanischen Beispiel, wo es 2010 ebenfalls sogenannte Sonderzonen rund um WM-Stadien gegeben hatte, in denen nur offizielle Partner und Sponsoren der FIFA verkaufen durften.


Dadurch werden die Aktivitäten ortsansässiger Geschäfte und der Straßenhändler eingeschränkt. In Manaus besteht die Sonderzone in einem Radius von zwei Kilometern rund um das Stadion Vivaldo Lima und den Bereich des FIFA-Fan-Festes im Westen der Stadt. Inhaber etablierter Geschäfte benötigen eine Verkaufslizenz und dürfen nicht mit FIFA-Symbolen oder Namen werben, sofern sie keine offiziellen Partner oder Sponsoren sind.

Gravierendere Konsequenzen hat diese Regelung vor allem für informell tätige Straßenhändler, die in vielen brasilianischen Städten zum Stadtbild gehören und als Botschafter der regionalen Kultur agieren. In Salvador da Bahia verkaufen beispielsweise die Baianas – Frauen in weißen, prachtvollen Kleidern – Acarajé, ein für die Region typisches Gericht aus in Palmöl frittierten Bohnenbällchen und wahlweise scharfen Soßen sowie Shrimps. Das Gericht geht auf ein westafrikanisches Rezept zurück und verweist damit auf den afrikanischen Einfluss, der durch den Sklavenhandel entstand und in Bahia Teil der regionalen Identität ist.

Die Regelung sieht jedoch vor, dass nicht lizenzierte Straßenhändler an Spieltagen vollkommen auf den Verkauf innerhalb der Sonderzonen verzichten müssen. Zunächst sollten auch die Baianas nicht in der Zone um das Stadion Fonte Nova in Salvador verkaufen dürfen. Bei dessen feierlicher Eröffnung im April 2014 protestierten sie gegen das Verbot – und erreichten eine Ausnahmeregelung: Mindestens sechs Baianas werden nun an den Spieltagen eine Verkaufserlaubnis erhalten. "Die Kultur geht als Gewinnerin aus dem Ganzen hervor, sie wird gestärkt", sagte Rita Santos, Präsidentin der Vereinigung der Baianas. "Die Kultur ganz Brasiliens, nicht nur die bahianische, nicht nur die salvadorianische", fügte sie hinzu.

Die Leidtragenden dieser Exklusivregelung werden vor allem Straßenhändler sein, die weder für die Region typische Waren verkaufen noch über feste Geschäftsräume verfügen. So fürchtet zum Beispiel Natal, der Hot Dogs an einem fahrbaren Stand nahe des Fonte Nova verkauft, dass er durch das Verbot eine gute Einkommensgelegenheit verpasst. "Die Stadtverwaltung tut nichts, um mir diesen Verlust zu kompensieren", sagt Natal. "Daran sieht man nur noch einmal, dass die lokale Bevölkerung nicht von dieser WM profitiert", meint er. Der Inhaber eines Kioskes unweit von Natals Hot-Dog-Stand ist jedoch der Meinung, dass die Einrichtung einer Exklusivzone auch ihr Gutes hat: "So wird vielleicht alles etwas geregelter ablaufen", hofft er. Er hat seine Verkaufslizenz bislang noch nicht erhalten. Allerdings könnte er gute Chancen haben, da er immerhin feste Geschäftsräume gemietet hat.

Tabea Schroer, Brasília / amerika21.de
 



Quelle: amerika21 > zur Erstveröffentlichung

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Bildquellen:


1. Rita Santos, Präsidentin der Vereinigung der Baianas Quelle: atarde.uol.com.br

2. Die Baianas verkaufen traditionelle Speisen mit afrikanischen Einflüssen Quelle:
cljornal.com.br