Hoeneß for President. Wie man eine Republik ordentlich steuert

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Ulrich Gellermann
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Hoeneß for President. Wie man eine Republik ordentlich steuert
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Hoeneß for President


Wie man eine Republik ordentlich steuert

 

Gut, man muss nicht so weit gehen wie Franz Josef Wagner von der BILD-Zeitung, der in diesen Tagen dem geplagten Uli Hoeneß eine Liebeserklärung machte: "Ich liebte Sie als Manager und Präsident des FC Bayern, der heute den besten Fußball der Welt spielt. Ich liebe Sie auch als Angeklagter." Aber die FAZ hat schon den richtigen Kurs abgesteckt wenn sie rechtfertigend schreibt: "Richtig bleibt (...), dass Hoeneß sich (...) selbst anzeigte", auch wenn er das erst in höchster Not tat, als die Illustrierte Stern seiner Steuerhinterziehung auf der Spur war. Deshalb kommentiert die "Süddeutsche Zeitung" nach der Anklageerhebung gegen den Präsidenten des FC Bayern München (FCB) auch erleichtert: "Jetzt kann gedealt werden" und die "Nürnberger Zeitung" warnt eindringlich "Gerichte können falsch liegen. Das zeigte nicht zuletzt der Skandal um den Psychiatrie-Insassen Gustl Mollath." Doch es geht um mehr, viel mehr als nur eine Hoeneß-Verteidigung. Es geht darum, dass die Bayern-München AG, ein Unternehmen das immerhin rund 400 Millionen Umsatz macht, ein Muster für die Deutschland AG ist, für jene Republik, der Uli Hoeneß vorsitzen sollte wenn es mit rechten Dingen zu ginge.

Schon im Verwaltungsbeirat des FCB sitzen so honorige Menschen wie der ehemalige bayerische Ministerpräsident Stoiber, der die legendäre Magnetschwebebahn beinahe vom Münchner Hauptbahnhof, äh, äh, in zehn Minuten, im Grunde genommen, äh, äh, am Flughafen hätte starten lassen. Ihm zur Seite steht der berühmte ehemalige Siemens-Chef, Heinrich von Pierer, der im Zuge der Siemens-Korruptions-Affäre als Aufsichtsratschef seine Handlungen als Vorstandschef völlig objektiv prüfte. Zur Pierer-Zeit ging alles wie geschmiert. So einer versteht was von Geld. Das braucht die Republik. Vom Geld versteht auch das FCB-Aufsichtsrat-Mitglied Martin Winterkorn nicht wenig. Der Mann steckt in seinem Nebenberuf als VW-Chef jährlich 14,6 Millionen Euro ein. Die versteuert er sogar. Aber die belgische VW-Konzerntochter Volkswagen Group Services kassierte im vergangenen Jahr einen komplett steuerfreien Gewinn von 153 Millionen Euro. Der Trick ist ganz einfach: VW zieht Eigenkapital aus Deutschland ab, um ihre belgischen Töchter damit zu füttern. Auf das übertragene Geld werden fiktive Zinsen angerechnet. Und schon geht alles am Fiskus vorbei.

Ein weiterer gerichtsfester FCB-Aufsichtsrat ist Dieter Rampl. Der ist zugleich ein Chef bei der UniCreditGroup. Die ist im Fall Gustl Mollath so richtig bekannt geworden. Als die Group noch HypoVereinsbank hieß und der Rampl dort im Vorstand war, gab es jede Menge "Kundentransfers" in die Schweiz. Ein interner Revisionsbericht deckte das zwar auf, aber die Bank mochte ihre Erkenntnisse nicht zur Entlastung von Mollath nutzen: Es hätten dann womöglich andere sitzen müssen. Auch der unlautere Handel der Bank mit Schrott-Immobilien führte nie zu einer Bestrafung: So wie man seinen Kunden Steuern ersparte, so sparte man sich die Verantwortung. Mit dem Telekom-Boss Timotheus Höttges rundet sich das Finanzakrobaten-Bild des FCB auf das Schönste.

Die Deutsche Telekom überweist als Sponsor jährlich um die 30 Millionen Euro an den bayerischen Fußballclub. Im Kern ist die Telekom ein Staatsbetrieb: 15 Prozent der Anteile hält die Bundesrepublik Deutschland direkt. Weitere 17 Prozent besitzt die rein staatliche "Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)". Wenn einer weiß, wie man Finanzen steuert, dann die Leute von der KfW. Die hatte der Lehman-Brother-Pleite-Bank schnell noch 320 Millionen Euro überwiesen, als alle Welt schon von deren Insolvenz wusste. Auch die KfW-Millionen-Investments bei isländischen Wackel-Banken und isländischen Schrott-Staatspapieren beweisen jene besondere pekuniäre Intelligenz, die unter der Führung von Uli Hoeneß bei Bayern München versammelt ist. Lasst die nächsten Euro-Krisen nur kommen: Ein Uli Hoeneß an der Spitze der Deutschland AG wird schon jene Schlupflöcher finden, die uns aus jedem Desaster steuern.


Ulrich Gellermann
 



► Quelle:  RATIONALGALERIE > Artikel

 

Foto: Harald Bischoff / Quelle: Wikipedia / Lizenz: Creative Commons CC-by-sa-3.0 de

 

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Peter Weber
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Verbunden: 23.09.2010 - 20:09
Mitleid mit Uli Hoeneß


Mitleid mit Uli Hoeneß


Alle stehen sie wie ein Mann geschlossen hinter dem Hoeneß Uli, dem reuigen Sünder: die feinen Herren aus dem Vorstand, Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat der FC Bayern AG bzw. des FC Bayern e.V. wie Karl-Heinz Rummenigge, Helmut Markwort (Focus), Franz Beckenbauer, Matthias Sammer, Edmund Stoiber, Martin Winterkorn und andere Promis. Auch die Angela Merkel scheint ja mit dem Uli fast auf "DU" und du zu verkehren. Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe – dieses Sprichwort trifft hier voll ins Schwarze, genau wie jenes: Die Kleinen hängt man, und die Großen läßt man laufen!
 

Gut, immerhin hat das Landgericht München die Strafanklage gegen Hoeneß wegen Steuerhinterziehung zugelassen. Somit besteht noch ein kleines Fünkchen Hoffnung, daß die Gerechtigkeit siegt und die Kungelei nicht die Oberhand gewinnt. Aber die Aussichten, daß der Schadensumfang unter die Summe von 1 Million herunter gehandelt wird, sind groß. Dann droht dem bemitleidenswerten Hoeneß, der sich ja bereits selbst die Absolution erteilt hat, sowieso nur eine Bewährungsstrafe sowie eine Geldstrafe aus der Portokasse. Wenn dem armen  Uli, der sich selbst als Zocker und Spielsüchtiger geoutet hat, dann auch noch deswegen und aufgrund einer schweren Kindheit mildernde Umstände angerechnet werden, kassiert er hinterher nur eine Verwarnung.

Ich persönlich möchte zwar nicht so weit wie Franz-Josef Wagner von der BILD gehen, der eine Liebeserklärung an den Uli gerichtet hat. Aber eine solch ehrliche Haut wie den Hoeneß, der den Mut besessen hat, eine Selbstanzeige gegen sich zu erstatten (vergessen wir mal großzügig, daß er gewußt hat, daß man ihm auf die Schliche gekommen ist) und der sich als Gutmensch gegen Ungerechtigkeiten in der Welt wie Nahrungsmittelspekulationen ausgesprochen hat, der verdient doch Sympathie. Besonders wenn er als Promi erbarmungslos ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt wird und seine Familie in Mitleidenschaft gezogen ist. Bei einem C(SU)hristkatholen ist das Sakrament der Beichte doch heilig: und Absolution ist Absolution – vergeben ist vergeben! Da kann doch als Sanktion höchstens drei „Vaterunser“und drei „gegrüßtet seist du Maria“ erwartet werden.

Die Reue hat er ja bewiesen, als er damals in einem Interview mit der ZEIT u. a. einen Riesenfehler zugestanden hat, Riesenmist gebaut zu haben und sich obendrein noch als „kein schlechter Mensch“ bezeichnet hat. Dazu kann es ihm beileibe nicht weiterhin zugemutet werden zu leiden, ständig  Albträume zu haben und schlecht zu schlafen.  Siehe in diesem Zusammenhang auch meinen Kommentar „Beichte in Bayern noch hoch im Kurs - CSU und Hoeneß im Gleichschritt“ im Kritischen Netzwerk. Wer wollte da päpstlicher sein als der Papst und als Mensch richten, was Gottes ist? Selbst seine selbstgerechten neoliberalen Sprüche der Vergangenheit, mit denen er die Privilegien seiner elitären Leistungsgesellschaft verteidigt hat,  verzeihe  ich dem Uli. Denn ich möchte ja kein Unmensch sein und glaube an das Gute im Menschen. Schließlich ist ja selbst Saulus zum Paulus mutiert.

Sollte der Uli  so viel Pech haben, daß sich beim Gerichtsverfahren herausstellen sollte, daß die Selbstanzeige nicht ganz korrekt formuliert war, dann darf man ihn dafür auch nicht haftbar machen. Sollten alle Stricke reißen, so hat er bereits vorgesorgt, als er vorsorglich erklärte: „Sollte es Fehler gegeben haben, dann kann ich doch nichts dafür.“ Für alle Fälle hat er bereits vor geraumer Zeit die Leitung seiner Wurstfabrik HoWe in Nürnberg („Es kann nur eine schmecken – Die Original Nürnberger Rostbratwurst) vorausschauend an seine beiden Kinder übergeben, damit die Firma nicht mit dem FC Bayern und seinem unter der Anklage der Wirtschaftskriminalität befindlichen Präsidenten in Verbindung gebracht wird.

Aber weshalb beschäftige ich mich eigentlich so intensiv mit einem Nürnberger Würstchen in bayerischen Diensten? Natürlich, weil ich ein mitfühlender Mensch und dafür bin, daß jeder eine zweite Chance erhalten soll. Falls der Uli seinen Präsidentenjob bei den Bayern wider Erwarten doch noch räumen muß, so stehen seine Chancen beim derzeitigen Koalitionskegeln in Berlin nicht schlecht, einen Spitzenplatz zu ergattern. Schließlich hat die CSU als Alleinregentin in Bayern auch in Berlin Oberwasser bekommen und außer der Maut noch den Uli Hoeneß als Trumpf im Ärmel. Als Bundespräsident wäre der Macher Hoeneß doch unterfordert: das Wirtschafts-, Finanz- oder Justizministerium wären angemessener, oder alle drei zusammen mit ihm als Superminister. Außerdem haben wir im Schloß Bellevue bereits eine christliche Idealbesetzung: Bruder Joachim.

 

Foto: Rainer Sturm Quelle: Pixelio.de


MfG Peter A. Weber

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Peter Weber
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Verbunden: 23.09.2010 - 20:09
Franz Beckenbauer und die Bausklaven in Katar


Franz Beckenbauer und die Bausklaven in Katar

oder: Weltsicht der Führung des FC Bayern


Passend zum Weltbild der Verantwortlichen des FC Bayern kann ich noch einen Beitrag nachlegen. Im Satiremagazin „Quer“ des BR vom 7.11.13 (Redakteur Christoph Süß) habe ich noch ein kleines Schmankerl bezüglich Franz Beckenbauer gefunden. Es ist getitelt mit: Lichtgestalt.


Hinsichtlich der für 2022 nach Katar vergebenen Fußball-Weltmeisterschaft  haben selbst die Verantwortlichen mittlerweile gemerkt, daß die Temperaturen in der Wüste im Sommer derartig hoch sind, daß man den armen Fußballstars eine derartige Tortur nicht zumuten könne. Nun kommt selbst Sepp Blatter auf die großartige Idee, die WM auf den Winter in Katar zu verlegen, wenn dort die Schneestürme toben. Aber der Vorreiter dieser Verlagerung in den Winter war natürlich unser oberster Fußballexperte und Lichtgestalt in Personalunion: Franz Beckenbauer. Ihn kümmern aber die nepalesischen Bauarbeiter, die schon jetzt in der Sommerhitze unter Sklavenhaltungsbedingungen mit vielen Todesfolgen die Stadien zusammenzimmern, nicht die Bohne. Nein, das sieht der Franzl ganz anders:

"Ich habe noch keinen einzigen Sklaven in Katar gesehen. Die laufen alle frei herum, weder in Ketten gefesselt oder mit Büßerkappen auf dem Kopf – des hab‘ ich noch nicht gesehen. Wo diese Meldungen herkommen – ich weiß es nicht. Ich hab‘ mir vom arabischen Raum ein anderes Bild gemacht. Ich glaube, mein Bild ist realistischer.“


Auch zum Fall Hoeneß hat Franz Beckenbauer eine eigene Meinung. Die lautet, zumindest zwischen den Zeilen gelesen, daß eine Verurteilung der Steuerhinterziehung aus christlicher Vergebungspraxis heraus überflüssig sei:

„Hoeneß hat eine gute Chance, sich zu offenbaren. Man sollte nicht jeden, der mal einen Fehler gemacht hat, verurteilen. Selbst die katholische Kirche gibt jedem eine 2. Chance.“


Was soll man dazu noch sagen? Ich glaube, daß ich es mir schwer überlegen muß, ob ich mir weiterhin die Championsliga mit Bayern München im Fernsehen anschauen soll!



MfG Peter A. Weber

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