Terrorpartner

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Verbunden: 21.09.2010 - 20:20
Terrorpartner
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Terrorpartner

von Robert C. Koehler

“Je suis Charlie. Tout est pardonné.”

Ein weinender Mohammed schmückt das neue Cover von Charlie Hebdo: „Ich bin Charlie. Alles ist vergeben.“

Ich hole tief Atem und bin mir nicht sicher, wie ich über die unsinnige Schießerei letzte Woche in Paris schreiben soll. Meine Tochter und ihr Mann leben dort. „Alles läuft normal,“ sagte sie mir ein paar Tage danach, „aber es liegt etwas in der Luft – diese Sache, die geschehen ist. Sie liegt in der Luft.“

Wenige Tage danach stieß ich auf diese Überschrift auf der Website des Washingtoner Büros von McClatchy: „U.S.-Luftangriff in Syrien hat möglicherweise 50 Zivilisten getötet.“
 

Der Bericht lautet: „Die Zivilisten waren eingesperrt in einem improvisierten Gefängnis in der Stadt Al-Bab nahe der türkischen Grenze, als am Abend des 28. Dezember das Flugzeug zuschlug. Das Gebäude, genannt Al Saraya, ein Regierungszentrum, wurde durch den Angriff eingeebnet. Es dauerte Tage, bis zivile Wehrhelfer die Leichen der Opfer ausgraben konnten.“
 

Das Gebäude war in der Tat von der Polizei des Islamischen Staates in ein Gefängnis umgewandelt worden. Drinnen befanden sich laut Aussagen von Zeugen Wachpersonal und zwischen 35 und über 50 Gefangene. Die Gefangenen „waren kurz vor dem Luftangriff wegen kleinerer Verstöße gegen die harte Auslegung des Islamischen Rechts durch den Islamischen Staat, darunter etwa Rauchen, Tragen von Jeans oder Zuspätkommen zum Nachmittagsgebet eingesperrt worden.“

IS hat sie eingesperrt. Wir haben sie getötet. Terrorpartner.

Daran denke ich, während ich eine Woche mit Märschen, Solidarität und Kommentaren in den Medien über mich ergehen lasse. „Etwas“ liegt in der Luft. Etwas schreckliches war passiert: Siebzehn Menschen wurden in Paris ermordet, und einige Millionen Einwohner demonstrierten auf dem Platz der Republik und riefen nach Frieden und Freiheit. Ich fühle den Schock und den emotionalen Einfluss dieser Morde so sehr wie jeder andere, aber ich kann nicht verstehen, warum sie anscheinend mehr zählen als das Totbomben von Syrern oder Afghanen oder Irakern, ebenso Akte des Terrors.  

Das tun sie natürlich nicht. Und Mohammed weint auch für sie. Und so tut es die unaussprechliche Weite im Herzen eines jeden. Je suis Charlie. Ich bin jedes Opfer von Krieg und Terror.

Doch halt, so einfach ist es nicht. Die Kriegsinteressen vereinnahmen einige der Morde für ihre eigenen Absichten und ignorieren die anderen. So wird eine einfältige und rechtschaffene Wut in die Trauer gemischt, besonders von dem Segment der Medien, das daran gewöhnt ist, den Mächtigen zu dienen. Der "Christian Science Monitor" zum Beispiel informiert uns: „Die Vereinigten Staaten von Amerika werden einen Gipfel veranstalten, um dem internationalen Terrorismus entgegenzutreten.“

Brad Knickerbockers Artikel beginnt: „Die Vereinigten Staaten lagen mit der Sorte von Terroristen wie die von Paris, die die Welt in der letzten Woche erschüttert haben, seit dem 11. September 2001 im Krieg – damals bezeichnete die Bush-Administration das noch als den ‚Globalen Krieg gegen den Terror’ oder GWOT.“
 

Meine Güte, wir haben uns schon über 13 Jahre lang abgerackert, das Böse bekämpft, und noch immer sind wir es nicht losgeworden! Wie auch immer, der Artikel fährt fort: „Zum größten Teil wurden terroristische Attacken auf das Heimatland der Vereinigten Staaten durchkreuzt – mit der größeren Ausnahme der Schießerei in Fort Hood 2009, als der radikalisierte Major der US-Armee Nidal Malik Hasan, der in Verbindung gestanden war mit dem in den Vereinigten Staaten von Amerika geborenen islamischen Kämpfer Anwar al-Awlaki, 13 Menschen tötete und 32 weitere verwundete.“

Offenbar ist es nur Terrorismus, wenn der Killer einen arabischen Namen trägt. Bei der anhaltenden Serie von Massenmorden durch nicht-arabische Einzelkämpfer (Sandy Hook, Aurora, etc., etc.) handelt es sich um isolierte Vorfälle, die nichts zu tun haben mit GWOT. Und der Wohlfühlkrieg, den wir im Mittleren Osten und in Zentralasien geführt haben, der Länder erschüttert, Millionen vertrieben, unbekannte Zahlen von Zivilisten getötet hat, ist kein Terror. In der Tat ist das alles plötzlich wieder gerechtfertigt durch die Irren, die in der vergangenen Woche Charlie Hebdo gestürmt haben.

Es gibt eine bestimmte Sorte von Solidarität, die einen Feind erfordert, und ich bin sicher, dass die nationalen Führer, die am Sonntag in Paris marschierten, dort waren, um nur für diese Art von Solidarität zu werben, nicht für die mit Problemen belastete und kompliziertere Art ... die Art, die nicht Feinde sieht, sondern nur Opfer.

„Es braucht Stärke, um nicht in Betrübnis zu verfallen ob der Tatsache, dass die hierarchische Struktur der Menschenwelt dazu führt, dass Millionen Menschen ihr Entsetzen über die Auswirkungen einer gespaltenen Welt zum Ausdruck bringen, während die so genannten ‚Führer’, die derartige Aufteilungen fördern und aufrecht erhalten, marschieren, als seien sie völlig unschuldig an den Verbrechen, gegen die sie demonstrieren,“ schrieb John Hopkins vor kurzem in CommonDreams.

Terrorismus, fügte er hinzu, „wird durch den militärischen Muskel ihrer Staaten genauso wenig beseitigt werden wie durch durch ihre anmaßende Behauptung, dass seine Ursachen gänzlich außerhalb ihrer Handlungen liegen.“
 

„Etwas" liegt in der Luft, sagte meine Tochter. Es liegt in der Luft in Paris, aber auch in Afghanistan und im Irak und in einer Stadt in Syrien namens Al-Bab, und in ungezählten weiteren Orten. Ich nehme an, dass die meisten von denen, die in kollektiver Trauer demonstriert haben, das in Solidarität mit all den Opfern taten, nicht nur mit ein paar wenigen ausgewählten. Aber die Kriegsinteressen – die Terrorpartner – demonstrieren auch, indem sie isolierte Akte des Bösen ausnützen, um ihre Macht auszuweiten, und sich dabei auf grob vereinfachende Medien stützen, um „uns“ sorgfältig von „denen“ auseinanderzuhalten.

Mohammed weint.

Robert C. Koehler - © TRIBUNE CONTENT AGENCY, INC.



Quelle:  Robert Koehlers Artikel erscheinen auf seiner Website COMMONWONDERS.COM > Artikel, außerdem in HUFFINGTON POST > Artikel, Chicago Tribune und vielen weiteren Websites und Zeitungen

Die Weiterverbreitung des Artikels durchaus erwünscht. In diesem Fall bitte die Angabe der Webadresse www.antikrieg.com nicht zu vergessen! Die deutsche Übersetzung wurde dort freundlicherweise von Klaus Madersbacher / A zur Verfügung gestellt.

Grafikquellen: 

1. TERROR-Grafik. Bearbeitung: Wilfried Kahrs / QPRESS.de

2. US-Waffen zur Unterstützung der kurdischen Rebellen in Syrien gelangten schlussendlich in die Hände von ISIS. Der IS (Islamische Staat) ist - wie schon Al-Quaida - ein Produkt der USA. Dies ist KEINE Verschwörungstheorie, Hillary Clinton gibt dies ja voller Stolz in Inteviews zu!

Karikatur von Carlos Latuff, einem "Politischen Karikaturist", geboren November 1968 in Rio de Janeiro, Brazil. Carlos Latuff (eigentlich Carlos Henrique Latuff de Souza) gewährt jedem das bedingungslose Recht, dieses Werk für jedweden Zweck zu nutzen, inklusive uneingeschränkter Weiterveröffentlichung, kommerziellem Gebrauch und Modifizierung, zu nutzen, es sei denn, Bedingungen sind gesetzlich erforderlich. Quelle: Sein Blog > latuffcartoons.wordpress.com > zur Karikatur. Dieses Werk wurde von seinem Urheber Carlos Latuff als gemeinfrei veröffentlicht. Dies gilt weltweit.

3. U.S. Army Soldier from the 1st Stryker Brigade Combat Team return fire on insurgents from a rooftop in Buhriz, Iraq, March 14, 2007. Foto: U.S. Air Force photo by Staff Sgt. Stacy L. Pearsall. Quelle: Flickr. / Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung 2.0 generisch“ (US-amerikanisch) lizenziert.


4. Dwight David „Ike“ Eisenhower (* 14. Oktober 1890 in Denison, Texas; † 28. März 1969 in Washington D.C.) war ein US-amerikanischer General und Politiker der Republikanischen Partei. Von 1953 bis 1961 war er der 34. Präsident der Vereinigten Staaten und während des Zweiten Weltkrieges Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte in Europa.

Als Präsident warnte Eisenhower eindringlich vor den Gefahren, die ein einflussreicher militärisch-industrieller Komplex für die USA in Zukunft mit sich bringen würde. So sagte er in seiner Rede „Chance for Peace“ am 16. April 1953: „Jede Kanone, die gebaut wird, jedes Kriegsschiff, das vom Stapel gelassen wird, jede abgefeuerte Rakete ... “. Eine eindringliche Warnung vor dem militärisch-industriellen Komplex sprach er während seiner Abschiedsrede vom 17. Januar 1961 aus. Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs / QPress.