Landgericht Regensburg beugt das Recht im Fall Mollath

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Peter Weber
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Landgericht Regensburg beugt das Recht im Fall Mollath
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Landgericht Regensburg beugt das Recht im Fall Mollath
 
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Neues aus der Anstalt: Justitia hat schwer einen an der Klatsche


„Landgericht Regensburg Gustl Mollath muss in der Psychiatrie bleiben. Der heute 56-jährige Gustl Mollath war 2006 als gemeingefährlich in die Psychiatrie eingewiesen worden. Unter anderem soll er seine Frau schwer misshandelt haben. Mollath sieht sich dagegen als Justizopfer." (Quelle: Süddeutsche.de - "Gustl Mollath muss in der Psychiatrie bleiben")

 
Es muß vorausgeschickt werden, daß Mollath unter dubiosen Umständen und eines zweifelhaften Arztattestes verurteilt worden ist. Es gibt in diesem Fall eine Reihe von Verfilzungen zwischen den Beteiligten und den Gutachtern zu verzeichnen, wobei es scheint, daß diese unter einer Decke steckenden Personen einschließlich der Ehefrau sich abgesprochen und gegen Mollath ausgesagt haben. Wegen Schuldunfähigkeit aufgrund von Wahnvorstellungen wurde Mollath zwar freigesprochen, aber trotzdem in die Psychiatrie zwangseingewiesen.
 
Der ursprüngliche Anlaß der ganzen Affäre ist der Vorwurf Mollaths an seine damalige Frau und deren Arbeitgeber, die Hypo-Vereinsbank, daß dort Schwarzgeldgeschäfte getätigt wurden, die seine Frau sogar in der eigenen Wohnung abgewickelt hat. Deswegen und der Tatsache, daß Mollath Protestbriefe an die Bank geschickt hat, sind er und seine Frau aneinander geraten. 
 
 
Gustl Mollath (li) - Justizministerin Beate Merk (re)   /  Bildquellen siehe unten
 
Das Landgericht Regensburg hat die Wiederaufnahmeanträge des Verurteilten sowie der von Justizministerin Merk beauftragten Staatsanwaltschaft mit fadenscheinigen Gründen verworfen. Wenn selbst die in diesem Fall lange untätig gewesene Merk auf eine Wiederaufnahme drängt, dann ist an der Angelegenheit mit Sicherheit etwas faul – Merk sowie der Verteidiger Mollaths kündigten Beschwerde beim Oberlandesgericht Nürnberg an.
 
Wenn man sich die Details beim Fall Mollath anschaut, dann bleibt einem die Spucke weg. Das Landgericht spricht sich mit seinen an den Haaren herbei gezogenen Argumenten ein Armutszeugnis aus. Für mich gibt es nur eine Erklärung: Der für den Fall zuständige Richter weigert sich in Zusammenarbeit mit seinem Gerichtspräsidenten, die Realitäten anzuerkennen und gemachte Fehler der Justiz einzugestehen! Es ist die Sache wert, die Begründungen des Landgerichtes für seine Weigerung im Detail zu zitieren, um das dahinter verborgene antidemokratische Rechtsverständnis aufzudecken:
  • Der Sprecher des Gerichtes erklärte: "Es (das Gericht) kann weder im Wiederaufnahmeantrag des Untergebrachten noch im Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft einen zulässigen Wiederaufnahmegrund erkennen und sieht daher keine Möglichkeit für eine Wiederaufnahme des Verfahrens."
  • "Nicht ausreichend ist, wenn im Rahmen eines Urteilsverfahrens Fehler gemacht werden oder ein Urteil Sorgfaltsmängel erkennen lässt." Auf der Internetseite des Gerichtes ist nachzulesen, daß das Gesetz, oder das, was das Gericht darunter versteht, ein Wiederaufnahmeverfahren nur in „engen Grenzen“ erlaube. Dieses als stichhaltig vorgebrachte Gegenargument des Gerichtes verdient das Prädikat schizophren. Es sei zwar ein „deutlicher Verfahrensverstoß“ festzustellen, weil Mollat nach der Zwangseinweisung in die Psychiatrie nicht unverzüglich vernommen wurde, aber dies sei „kein elementarer“ Verstoß, da er „nicht bewußt“ vorgenommen worden sei. Das Gericht gab zu, daß es im Urteil falsch dargestellte Sachverhalte gab, aber diese seien kein Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens, da eben für eine „bewußte Fälschung“ keine Anhaltspunkte vorlägen.
  • Der Verteidiger hat die Rechtskräftigkeit des Urteil angefochten, weil einer der am Verfahren beteiligten Richter eine Straftat begangen habe. Dieser Antrag wurde vom Gericht abgewiesen, weil kein rechtskräftiges Urteil vorläge. Außerdem wäre ja die angebliche Straftat eh verjährt, so daß eine Verurteilung ausgeschlossen sei.
  • Die Staatsanwaltschaft hatte hinsichtlich der Wiederaufnahme argumentiert, daß das eingereichte Attest, das die Körperverletzung an Mollath Frau beweisen sollte und auf das sich das Gericht bei der Verurteilung stützt, aus bestimmten Gründen anzuzweifeln sie.  Das dubiose Attest wurde jedoch vom Gericht nicht als falsche Urkunde anerkannt, so daß der Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft abgelehnt wurde.
  • Geschickt redete sich das Gericht heraus, es sei im nur um die Frage gegangen, ob das gegen Mollath eingeleitete rechtskräftig abgeschlossene Verfahren erneut aufgegriffen werde müsse. Fragen einer Verhältnismäßigkeit oder nicht mehr vorhandenen Gefährlichkeit des Delinquenten seien bei der Prüfung nicht beachtet worden.
Diese Auflistung von faulen Ausreden erweckt doch geradezu den Eindruck, daß es sich um ein konstruiertes Wiederaufnahme-Verfahren handelt, bei dem das Urteil schon vorher feststand. Das Gericht läßt ein merkwürdiges Rechtsverständnis erkennen, dem nicht Wahrheit, wirkliche Gerechtigkeit und Berücksichtigung von Fakten am Herzen liegt sondern ausschließlich Rechtsbürokratismus. 
 
Das Landgericht Regensburg präsentiert sich als Schandfleck der deutschen Justiz und zieht deren Ansehen in den Dreck!
 
Schlußbemerkung:
 
Nachdem wir die ausführlichen offiziellen Gerichtsverlautbarungen mit der Entscheidung des Gerichtes als Anhang zur umfassenden Information unserer Leser angehängt haben, werde ich in meinen obigen Ausführungen nur noch bestätigt.
 
Es ist - jedenfalls für mich als juristischen Laien - unverständlich, wenn ein Angeklagter, der wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen wurde und dessen angeblich ursprünglich festgestellte "Gefährlichkeit" und "Unzurechnungsfähigkeit" mittlerweile als unbegründet festgestellt wird, weiterhin in einer psychiatrischen Anstalt arretiert wird. Dies ist für mich widerrechtlicher Freiheitsentzug und die verantwortlichen Richter müßten dort einsitzen statt Herr Mollath. Die größte Frechheit ist für mich die Argumentation
 
"Nicht ausreichend ist, wenn im Rahmen eines Urteilsverfahrens Fehler gemacht werden oder ein Urteil Sorgfaltsmängel erkennen lässt."
 
 
 
Peter A. Weber
 

 

Beschluss des LG Regensburg im Wiederaufnahmeverfahren Mollath vom 24.07.2013

Pressemitteilung zu dem Beschluss vom 24.07.2013


Pressemitteilung des Landgerichtes Regensburg in Sachen Wiederaufnahmeantrag Mollath:

Wiederaufnahmeanträge ohne Erfolg.
 
Das Landgericht Regensburg hat mit Beschluss vom 24.Juli 2013 die Wiederaufnahmeanträge zugunsten des Untergebrachten Gustl Mollath als unzulässig verworfen. Es kann weder im Wiederaufnahmeantrag des Untergebrachten noch im Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft einen zulässigen Wiederaufnahmegrund erkennen und sieht daher keine Möglichkeit für eine Wiederaufnahme des Verfahrens.

Das Gesetz erlaubt nur in engen Grenzen die Wiederaufnahme eines rechtskräftigen Urteils. Das Landgericht Nürnberg-Fürth sprach am 08.August 2006 Herrn Mollath wegen Schuldunfähigkeit frei und ordnete gleichzeitig seine Unterbringung an. Die hiergegen eingelegte Revision vor dem BGH blieb erfolglos. Das Urteil wurde damit rechtskräftig. Ausschließlich die im Gesetz genannten Gründe können einen zugunsten eines rechtskräftig Verurteilten gestellten Wiederaufnahmeantrag rechtfertigen.

Nicht ausreichend ist, wenn im Rahmen eines Urteilsverfahrens Fehler gemacht werden oder ein Urteil Sorgfaltsmängel erkennen lässt.

Die zuständige Strafkammer begründet ihre Entscheidung im Einzelnen wie folgt:


1. Unechte Urkunde:

Es handelt sich bei dem Attest vom 03.Juni 2002, welches dem Gericht bei seiner Entscheidung vorlag, um keine unechte, sondern um eine echte Urkunde. Das Attest ist die Zweitschrift eines Attests vom 14. August 2001. Dieses Attest wurde zwei Tage nach dem Tatgeschehen vom 12. August 2001 durch einen approbierten Arzt nach vorgehender Untersuchung ausgestellt. Dieser hat auch die Zweitschrift erstellt. Der ausstellende Arzt unterschrieb das Attest mit dem Zusatz „i.V.“ („in Vertretung“) und gebrauchte dabei berechtigt Briefkopf und Praxisstempel der Praxis, in der er seine Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin absolvierte. Zum Zeitpunkt der Untersuchung befand er sich im fünften Jahr der Facharztausbildung. Bei der Erstellung der Zweitschrift war er bereits Facharzt für Allgemeinmedizin. Ein Wiederaufnahmegrund nach § 359 Nr. 1 StPO liegt daher im Ergebnis nicht vor.


2. Aussage des Zeugen B.:

Die nunmehr erfolgte Aussage des Zeugen B. ist nicht geeignet, die Urteilsfeststellungen aus dem Jahr 2006 zu erschüttern, da sie nicht im Widerspruch zu ihnen steht. Die Glaubwürdigkeit der Zeugin M. wird durch die Aussage nicht erschüttert. Mit der Motivlage der ehemaligen Ehefrau des Untergebrachten – und nur in diesem Zusammenhang ist die Aussage des Zeugen B. überhaupt von Bedeutung – hat sich bereits das damals erkennende Gericht auseinandergesetzt. Die Aussage steht damit nicht im Widerspruch zur Beweiswürdigung des Ausgangsgerichts.


3. Einbeziehung des Dr. W.:

Ebenso wenig wird das Gutachten des Sachverständigen Dr. L. durch die jetzt erfolgten Angaben des Dr. W. in Frage gestellt. Bereits das der Unterbringung zugrunde gelegte Gutachten des Sachverständigen Dr. L. führt aus, dass der Untergebrachte für die Einbeziehung von weiteren Personen „ in geradezu klassischer Weise“ eine „für ihn logische Erklärung“ biete. Die aus Sicht des Untergebrachten bestehende Erklärbarkeit für die Einbeziehung des Dr.W., die das Wiederaufnahmevorbringen zum Gegenstand hat, ist damit bereits Gegenstand des Gutachtens gewesen.


4. Verfahrensfehler und Sorgfaltsmängel:

Im Strafverfahren gegen den Untergebrachten kam es zu Verfahrensfehlern. Für eine Wiederaufnahme gemäß § 359 Nr. 3 StPO können von vorneherein nur die durch die damals entscheidende Kammer verursachten Fehler relevant sein, und diese auch nur insoweit es sich um strafbare Verletzungen der Amtspflicht handelt. Dabei ist ein Antrag, der sich auf die Behauptung einer Straftat gründet, grundsätzlich nur dann zulässig, wenn wegen dieser Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist. Eine solche Verurteilung ist vorliegend nicht erfolgt und könnte selbst bei Erweislichkeit einer Amtspflichtverletzung mittlerweile wegen eingetretener Verjährung auch nicht mehr erfolgen. Eine strafbare Amtspflichtverletzung insbesondere Rechtsbeugung kann ein Wiederaufnahmegrund sein, wenn sie als Straftat feststeht.

Es wird eine Vielzahl von Verfahrensfehlern durch das entscheidende Gericht bzw. seinen Vorsitzenden behauptet. Diese Fehler, soweit sie überhaupt vorliegen, rechtfertigen nicht den Vorwurf der Rechtsbeugung und hatten im Übrigen auch im Ergebnis keine Auswirkungen auf das Urteil. Aus Sicht der Kammer ist ein deutlicher Verfahrensverstoß vor allem darin zu sehen, dass die Vernehmung des Untergebrachten nach Vollzug der einstweiligen Unterbringung nicht unverzüglich erfolgte. Dies bedeutet aber keinen die Annahme einer Rechtsbeugung rechtfertigenden elementaren Rechtsverstoß. Die Annahme eines bewussten Regelverstoßes liegt nicht nahe. Es handelt sich zudem nur um eine Verzögerung der Anhörung, denn die Entscheidung über die Fortdauer der einstweiligen Unterbringung wäre nicht anders ausgefallen, wenn die Vernehmung des Untergebrachten unverzüglich erfolgt wäre.

Die Urteilsfeststellungen enthalten Sorgfaltsmängel. Für eine bewusste Sachverhaltsverfälschung ergeben sich aber keinerlei Anhaltspunkte. Der dazu erfolgte Vortrag im Wiederaufnahmeantrag des Untergebrachten ist überwiegend nicht schlüssig. Der Vorwurf, dass der Vorsitzende der damals zuständigen Kammer bewusst Sachverhaltsverfälschungen begangen habe, ist eine durch konkrete Tatsachen nicht gestützte Spekulation. So hat sich beispielsweise das im Urteil geschilderte Festnahmegeschehen, so wie dargestellt, tatsächlich ereignet; lediglich der Zeitpunkt wurde mit dem einer anderen Festnahme des Untergebrachten verwechselt.


5. Der Revisionsbericht der HypoVereinsbank:

Auch dieser ist nicht geeignet, das Urteil zu erschüttern, da es im Urteil bei der Überprüfung der Schuldfähigkeit von Herrn Mollath explizit für möglich gehalten wird, dass es Schwarzgeldverschiebungen von verschiedenen Banken in die Schweiz gegeben hat.

Der Pressesprecher weist ergänzend auf Folgendes hin:

Vor dem Landgericht Regensburg ging es ausschließlich um die Frage, ob das Verfahren gegen Herrn Mollath, das durch Urteil rechtskräftig abgeschlossen wurde, im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens erneut durchzuführen ist. Fragen der Verhältnismäßigkeit oder der bestehenden oder nicht mehr bestehenden Gefährlichkeit mussten bei dieser Prüfung, ob Wiederaufnahmegründe vorliegen, außer Betracht bleiben.

Es laufen derzeit zwei verschiedene Verfahren parallel. Die zuständige Vollstreckungskammer in Bayreuth hat zu überprüfen, ob die Unterbringungsvoraussetzungen zum jetzigen Zeitpunkt immer noch vorliegen, insbesondere der Untergebrachte im Falle seiner Freilassung wegen seines Zustands für die Allgemeinheit gefährlich wäre.

Die Pressemitteilung enthält lediglich eine kurze Zusammenfassung der wesentlichen Entscheidungsgründe. Die gesamte Entscheidung kann auf der Homepage des Landgerichts Regensburg http://www.justiz.bayern.de/gericht/lg/r/aktuell nachgelesen werden.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts können Herr Mollath und die Staatsanwaltschaft Regensburg sofortige Beschwerde einlegen. Hierüber müsste das OLG Nürnberg entscheiden.

Die Pressestelle des Landgerichtes Regensburg
Landgericht Regensburg, 24.07.2013 Pressesprecher Piendl Johann;
Pressesprecher Lindner Gerhard.
 


Quelle:  Landgericht Regensburgweiter

Den anonymisierten Volltext des Beschlusses kann man weiter unten als PDF-Dokument abrufen.

 

Bildnachweis:   Beate Merk | Wikipedia | Bildautor: Ralf Roletschek | Lizenz CCBYSA | geschminkt von Wilfried Kahrs: qpress.de