Merkel salbt Juncker. Das europäische Mysterienspiel

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Ulrich Gellermann
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Verbunden: 22.03.2013 - 15:43
Merkel salbt Juncker. Das europäische Mysterienspiel
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Merkel salbt Juncker

Das europäische Mysterienspiel

Sie hat es getan, seufzen die Medien erleichtert: der Luxemburger Jean-Claude Juncker soll Präsident der Europäischen Kommission werden, weil Angela Merkel ihn dazu gesalbt hat: Ausgerechnet auf dem Katholikentag in Regensburg hat die Päpstin Europas das erlösenden Wort gesprochen: "Deshalb führe ich jetzt alle Gespräche genau in diesem Geist, dass Jean-Claude Juncker auch Präsident der europäischen Kommission werden sollte." In diesem Geist, dass . . . : Kaum jemand kann die deutsche Sprache besser als Nebelmaschine nutzen als Angela Merkel. Monatelang hatten deutsche Medien und die Merkel so getan, als hätten die EU-Bürger eine echte Wahl gehabt. Zwischen Jean-Claude Juncker und Martin Schulz. Ein echtes TV-Duell wurde inszeniert, allüberall gab es Kandidatenportraits. Das Volk kreißte, doch Merkel gebar.

Ausgerechnet Juncker soll es nun sein. Es ist der Juncker, der 18 Jahre lang seinem Herzogtum Luxemburg vorstand. Selbst Putin könnte über die längste Regierungszeit aller Zeiten neidisch werden. Schon die lange Verweildauer im Amt des Jean-Claude ist ein Mysterium, ein tiefes Geheimnis. Das noch bedeutender ist der Steuersatz in Luxemburg. Während man überall in der EU scheinbar über die bösen Steuervermeider klagt, die den Staaten das Geld entziehen, ist Luxemburg mit seinen 149 registrierten Banken der Hort solcher Steuerbescheisser wie Amazon, Google und Starbucks. Sie und viele andere zahlen dort einen Steuersatz von 5,7 Prozent. Nicht weit von Null entfernt. Das hindert die welken EU-GRÜNEN nicht daran, den neoliberalen Juncker zu unterstützen. Der verblühte Daniel Cohn-Bendit zum Beispiel rät den Europaabgeordneten, sich hinter Juncker zu stellen: "Denn dann erleben wir wirklich die Weiterentwicklung der europäischen Demokratie." Geht es nach Juncker, erstirbt der Rest europäischer Demokratie im Sumpf des TTIP, des euro-amerikanischen Handelsabkommen.

Tagelang wackelte das Amt des EU-Kommissionspräsidenten. Denn die Briten fanden den Kandidaten des konservativen Blocks im Europa-Parlament zu europäisch. Deshalb wurde der amtierende EU-Ratspräsident Herman van Rompuy zur Vermittlung zwischen den EU-Regierungschefs geschickt, den eigentlich Mächtigen in der EU. Van Rompuy kommt aus dem Steuervermeidungsland Belgien. Konzerne wie Bayer, VW oder BASF wissen das: Man kann seine Steuern in Belgien bis unter drei Prozent drücken. Das spart Milliarden. Deutsche Schulen und Straßen wären auf einen Schlag saniert, wenn dieses Steuerschlupfloch geschlossen würde. Herman van Rompuy war als belgischer Grande in die Privatisierung der staatlichen Dexia-Bank für 750 Millionen verwickelt, die dann in der Bankenkrise für vier Milliarden vom Staat zurückgekauft wurde. Solch ein Mysterium der Geldwirtschaft musste dringend mit dem diesjährigen Aachener Karlspreis für van Rompuy belohnt werden.

So geht EU.

Das europäische Parlament hat sich bisher nicht einmal konstituiert, schon wird es von den europäischen Staatschefs in das Nirwana der politischen Bedeutungslosigkeit verwiesen. Den Präsidenten der EU-Kommission, der eigentlichen Regierung der EU, bestimmen immer noch die Staatschefs. Wenn Angela Merkel zustimmt. Die EU, das ist jenes Gebilde, das der Ukraine gerade Demokratie beibringen will. Und über all dem Demokratie-Getue schwebt der Merkel-Vorbehalt, denn gegen Juncker hat die Merkel noch den Konjunktiv in der Hand: Sie hat "werden sollte" in ihren Nebelsatz eingebaut.

Der endgültige Segen noch lässt auf sich warten.

Ulrich Gellermann, Berlin



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