Monsignore kirchlich entsorgt: Bistum Regensburg fragt – der Vatikan antwortet

1 Beitrag / 0 neu
Bild des Benutzers Wolfgang Blaschka
Wolfgang Blaschka
Offline
Verbunden: 09.11.2010 - 02:16
Monsignore kirchlich entsorgt: Bistum Regensburg fragt – der Vatikan antwortet
DruckversionPDF version

Monsignore kirchlich entsorgt

Bistum Regensburg fragt – der Vatikan antwortet

Eine der Forderungen, die ehemalige Domspatzen im paritätisch besetzten Kuratorium erhoben haben, ist bereits erfüllt, ohne dass es jemand wusste. Der päpstliche Ehrentitel des sadistischen Internatsdirektors, der Generationen von Vorschülern in Etterzhausen und Pielenhofen gequält hatte, ist bei dessen Tod bereits 1992 abhanden gekommen. So einfach geht das bei der katholischen Kirche: In genau dem Moment, in dem der sterbende Prügelpriester Johann Meier den letzten Hauch seiner deformierten Psyche ausgehaucht hatte, entschwand auch sein Monsignore-Titel ins Nichts.
 

schwarze ädagogik, sexualisierte Gewalt, sexuelle Ausbeutung, Kindesmissbrauch, Kirchenkriminalität,

Seine Seele stieg schnurstracks gen Himmel, wo sie seines diabolisch scheinheiligen Priestertums entkleidet völlig nackt und sündig "on the heavens door" knockte, um Einlass ins Jenseits zu finden; der verwesende Leib freilich verblieb den Würmern und Mikroben zur Resteverwertung im Familiengrab zu Falkenstein. Meiers abgründiges Kernwesen musste vor den Richter treten, den er im Leben nie gesehen hatte. Ob ihm Petrus die knarzende Himmeltür geöffnet hat oder ihn gleich unbesehen zur Hölle schickte, ist nicht zuverlässig überliefert. Zumindest dürfte ein läuterndes Brutzeln im Fegefeuer bis zum Jüngsten Tag angenommen werden. Denn dann erst soll der allwissende Pankrator sein endgültiges Urteil sprechen. So glaubt die Kirche.

Wer's glaubt, wird selig. Und: Selig die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich.

Aus, Äpfel, Amen!
 
Wohin aber ist der Monsignore-Titel entfleucht, der dem Sadisten vom Papst verliehen ward? Nach kanonischem Recht ist er einfach erloschen. In einem Bruchteil der Sterbesekunde muss er sich aufgelöst haben, verglommen zu Rauch wie bei einer Kerzenflamme. Denn anders geht es gar nicht nach ehernem Kirchenrecht. Da ist "Can 78 § 2 CIC" davor, der regelt das: "Ein persönliches Privileg erlischt mit dem Tod der Person, der es anhaftet". Eine postume Aberkennung ist daher nicht möglich, da nichts aberkennbar ist, was nicht mehr ist.

Nur lebenden Personen kann das Prädikat "Kaplan seiner Heiligkeit" (Monsignore) entzogen werden, weiß auch der Sekretär des Bischofs, der nun das erzbischöfliche Schreiben N. 89.169 vom 14. Januar 2016 aus der Ersten Abteilung für allgemeine Angelegenheiten im vatikanischen Staatssekretariat übermittelte: "Im vorliegenden Fall wurde der Name des betreffenden Monsignore bereits im Päpstlichen Jahrbuch (Annuario Pontificio) von 1994 gestrichen". Klarer Fall: Erledigt für immerdar! Und was war mit 1993? Stand da der Name des ungebührend Geehrten etwa noch postum verzeichnet? Nur wer im Päpstlichen Jahrbuch gewohnheitsmäßig gewissenhaft oder gar gezielt vergleichend geblättert haben mochte, hätte es wissen können: Aus, Äpfel, Amen!!

Meier war also schon nicht mehr der "Monsignore", als der er bestattet wurde. Die erhabene Inschrift auf seinem Grabstein war reine Anmaßung, die Sterbebildchen unreiner Fake. Auch der lobhudelnde Nachruf des emeritierten Domkapellmeisters war demnach so verlogen wie der Laudator selbst, der dem Verblichenen attestierte: "Sein Erziehungsstil wurde nicht mehr verstanden". ( Artikel) Auch dieser versteht seinerseits die Welt nicht mehr: Die ganze Aufklärerei sei doch "Irrsinn", stammelte der längst erblindete Georg Ratzinger, bevor er auf Linie gebracht werden konnte. ( Artikel). Erst am Tag nach seiner Rückkunft aus Rom gab er sich ganz einverstanden mit dem Vorhaben des Bistums, sich mit den Betroffenen früherer Kirchenpädagogik an einen Tisch zu setzen, um nach jahrzehntelanger Vertuschung nun alles oben draufzupacken und endlich aufzudecken, was da an den Chorsängern von "Hochwürdigen Herren" und Menschen wie Meier verbrochen wurde.

Ratzinger ist übrigens ebenfalls Monsignore, und immerhin am Leben. Seine persönlichen  Beiträge zur systematischen Vertuschung von Straftaten, die grobe Vernachlässigung seiner Aufsichtspflicht im Stiftungskuratorium Etterzhausen und sein eigenes teils gewalttätiges Verhalten seinen Sängern gegenüber sind Gründe genug, ihm den päpstlich verliehenen Titel zu Lebzeiten abzuerkennen. Solange es kirchenrechtlich möglich ist, noch bevor sein Privileg sich nicht einfach still verpfeift, was danach wieder niemand bemerkt haben wird. Ratzinger wäre gewiss kein "Bauernopfer", vielmehr war er der "Cheef".

Schluss mit diesem falschen Gedenken!
 
Doch eines ist absehbar: Nach außen wird die katholische Kirche kaum kommunizieren, was ihrem Personal abträglich erscheinen mag. Von Meiers Titelverlust im Sterbestündchen war bisher nie die Rede gewesen. Im Gegenteil wurde der Verstorbene bis vor kurzem noch als Ehrenmitglied im "Verein der Freunde des Domchors" geführt, bis diese unpassende Würdigung als allzu unwürdig erkannt wurde für die Domspatzen selbst. ( Artikel) Kein Wort darüber nach außen, keinerlei öffentliche Distanzierung! Auf dem Grabstein noch immer die vier Buchstaben "MSGR." Zumindest eine klare Aufforderung des Bistums an die Grab-Inhaber, die unrechtmäßige Titelführung über den Tod hinaus zu tilgen, wäre zu erwarten gewesen. Nichts dergleichen passierte. Kein Wort der Distanzierung!
 
Nun liegt es beim amtierenden Bischof Dr. Rudolf Voderholzer, mit diesem falschen Gedenken Schluss zu machen und die Kosten für die ordnungsgemäße Schleifung der Inschrift zu übernehmen. Die Domspatzen sollten es von den Dächern pfeifen, damit es alle hören: "Das System Meier ist tot. Das Terror-Regime ist kriminelle Kirchengeschichte. Fortan wollen wir es anders machen". Anders als unter den verschwiegenen Vorgängern im Bischofsamt, anders als Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der jetzt der Glaubenskongregation vorsitzt, deren 25. Mitglied auch Voderholzer ist. Wird er sich von seinem früheren Lehrmeister und jetzigen Präfekten emanzipieren können?
 
Es sei ihm und allen Beteiligten am Aufarbeitungsprozess zu wünschen, dass die so traditionell praktizierten Gepflogenheiten im Bistum Regensburg endgültig der Vergangenheit angehören, und die heutigen Domspatzen diese als ihre Geschichte annehmen, ohne darunter täglich "leiden" zu müssen, wie 12 Schüler- und Stufensprecher in einem Brief vom 2. Februar 2015, also nach der Erstausstrahlung der SWR-Dokumentation "Sünden an den Sängerknaben" ( Artikel) am 7. Januar letzten Jahres an die Filmemacherin Mona Botros beklagten:

"Wurden wir vorher als Domspatzen von der Gesellschaft geschätzt, sehen wir Schüler uns nun immer öfter mit Vorurteilen und Anfeindungen in der Öffentlichkeit und unserem außerschulischen Freundeskreis konfrontiert. Dies gilt in gleicher Weise leider auch für unsere Eltern".

Solange die heutigen Domspatzen nicht voll umfänglich zu ihrer Vergangenheit stehen, werden sie auch keine Zukunft haben ohne akute Nachwuchssorgen. Ein damals in Aussicht gestellter Besuchstermin in der Dompräbende fand bis heute nicht statt, wohl weil die Filmautorin – wenn schon – nur in Begleitung ehemals Betroffener dort aufkreuzen wollte.( Artikel)

Steingewordene Heuchelei
 
Indessen steht beim hauseigenen Wolfgangssaal um die Ecke noch immer das Denkmal für den Vor-Vorgänger des aktuellen Domkapellmeisters, den unseligen Prälaten und Prof. Dr. Theobald Schrems, ( Artikel) der sich bei Hitler andiente ( Artikel) und seine Knaben nach Strich und Faden zu verdreschen pflegte. Sollte diese Bronzebüste des "Begründers des Domgymnasiums" nicht eine zeitgemäße Ergänzung zur Richtigstellung erhalten? Etwa durch drei Stelen oder auch figürliche Darstellungen für körperliche, psychische und sexuelle Gewalt, die unter seiner Ägide an der Tagesordnung waren. Sein Angedenken käme so zumindest keiner steingewordenen Heuchelei mehr gleich. Auch die Umbenennung der "Dr. Theobald-Schrems-Straße" käme gut; sie bliebe ohnedies eine Sackgasse.
 

Was den stillschweigenden Wegfall der Monsignore-Würde Meiers anbelangt, fordern die erwachsenen Domspatzen "gegen das Vergessen" die offizielle und öffentlich wahrnehmbare Verkündung des kirchenrechtlichen Sachverhalts durch das Bistum. Denn nur klammheimliche Entsorgung kirchlicher Altlasten aus der Vatikan-Bibliothek trägt herzlich wenig zur unabdingbaren Aufklärung bei. Um eine offene und klare Distanzierung von Meier, "Prügel" und Konsorten wird die Diözese nicht herumkommen, will sie künftig ernst genommen werden mit ihrem Bekenntnis zur Offenlegung aller Straftaten, die in ihrem Namen von Priestern und Priesteramts-Kandidaten an Kindern und Heranwachsenden verübt wurden. Es könnte relativ schnell gehen oder sehr lange dauern, bis die nötige Aufarbeitung und Entschädigung der Betroffenen signalisiert: Nun ist es halbwegs "gut"; und das liegt gewiss nicht in "Gottes Hand".

Wolfgang Blaschka, München
___________________________

Der Dom, die Spatzen und der Pfaff

Vergewaltigungen und Prügelstrafen bei den Regensburger Domspatzen - weiter.

Katholische Kirchenkriminalität: Stockschläge und Stoßgebete

Persönliche Erfahrungen eines Regensburger Domspatzenweiter.

Prügelpriester und Kirchenkriminalität
Das Bistum Regensburg steht an der Schwelle zur Aufklärung - weiter.

Der Bischof bereut.
Wird das Bistum auch Buße tun? - weiter.

Das Weihnachtswunder von Regensburg
Domspatzen bringen etwas Licht ins Dunkel des Doms - weiter.


Dokumentation Sexuelle Gewalt in der katholischen Kirche

Informationen über die Ökumenische Arbeits- und Selbsthilfegruppe. Wer sind die "Christinnen mit Gewalterfahrungen"?  - weiter.



Sünden an den Sängerknaben - Die Akte Regensburger Domspatzen – SWR (Dauer 44:35 Min.)


 

Quelle:  Erstveröffentlichung am 18.02.2016 bei regensburg-digital.de > Artikel .

Bild- und Grafikquellen:

1. Verbrechen an Schutzbefohlenen durch schwere Körperverletzung in Serie, Stockschläge, sexuelle Ausbeutung, Freiheitsberaubung, Nötigungen, Beleidigungen und Erniedrigungen.

Originalfoto: Piers Nye, Oxford/UK. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung-Nicht kommerziell 2.0 Generic (CC BY-NC 2.0). Bildidee: Helmut Schnug. Bildbearbeitung: Wilfried Kahrs / QPress.de. Bei Verwendung bitte unbedingt Hinweis auf www.Kritisches-Netzwerk.de - Diese Lizenz gilt auch für das digital veränderte Bild.

2. Georg Ratzinger (* 15. Januar 1924 in Pleiskirchen bei Altötting in Oberbayern) ist ein deutscher römisch-katholischer Priester und Kirchenmusiker. Er ist der Bruder von Joseph Ratzinger, dem emeritierten Papst Benedikt XVI. Eine im Auftrag der Diözese eingeleitete Untersuchung durch einen Rechtsanwalt kam im Januar 2016 zu dem Ergebnis, dass Ratzinger als Vorstand der Stiftung der Regensburger Domspatzen und langjähriger Leiter des Chores „seit spätestens Ende der 80-er“ von den zahlreichen Misshandlungsfällen bei dem Knabenchor „gewusst haben“ müsse. Ratzinger wies diese Darstellung erneut zurück.

Foto: Ricardo.ciccone. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“.

3. Grabfoto: Noch immer "ruhen" die Überreste dieses Kinder- und Kirchenschänders "in Frieden", wird sein Andenken gepflegt als untadeliger "Monsignore" in "geweihter Erde" auf dem Friedhof im Luftkurort Falkenstein. Noch immer liegt auf der Grabstelle des ehemaligen Internatsdirektors für die Vorschulen der Regensburger Domspatzen in Etterzhausen und Pielenhofen eine edle Steinplatte mit der Inschrift "MSGR.", als wäre der Tote zu seinen Lebzeiten ein ehrenwerter Monsignore, also hochwürdiger Herr gewesen. Foto: © GS.

4. OHNE GERECHTIGKEIT GIBT ES KEINEN FRIEDEN. Dazu bedarf es ein umfassendes Bekenntnis zur Offenlegung aller Straftaten, die in ihrem Namen von Priestern und Priesteramts-Kandidaten an Kindern und Heranwachsenden verübt wurden. Bildidee: Helmut Schnug. Bildbearbeitung: Wilfried Kahrs / QPress.de. Bei Verwendung bitte unbedingt Hinweis auf www.Kritisches-Netzwerk.de

5. Schwarze Pädagogik: Beim weltberühmten Knabenchor der Regensburger Domspatzen herrschte jahrzehntelang Angst und Furcht vor Prügelstrafen und sexuellen Übergriffen. Die Schwarze Pädagogik ist ein negativ wertender Sammelbegriff für Erziehungsmethoden, die Gewalt und Einschüchterung als Mittel enthalten. Der Begriff wurde 1977 von der Soziologin Katharina Rutschky mit der Veröffentlichung eines Buches unter gleichem Titel eingeführt. Unausgesprochen diene die Schwarze Pädagogik der Rationalisierung von Sadismus und der Abwehr eigener Gefühle des Erziehers oder der Bezugsperson.

Die Schwarze Pädagogik bediene sich dabei der Mittel des Initiationsritus (z. B. Introjektion einer Todesdrohung), der Hinzufügung von Schmerz (auch seelischem), der umfassenden Überwachung des Kindes (Körperkontrolle, strenger Verhaltenskodex, Forderung unbedingten Gehorsams), der Tabuisierung von Berührung, der Versagung grundlegender Bedürfnisse und eines übertriebenen Ordnungsdrills.

Bildidee: Helmut Schnug. Bildbearbeitung: Wilfried Kahrs / QPress.de. Bei Verwendung bitte unbedingt Hinweis auf www.Kritisches-Netzwerk.de