Nein danke! Verweigerung als Gegengift

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Rene Wolf
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Nein danke! Verweigerung als Gegengift
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Nein danke! Verweigerung als Gegengift

 

"Nein danke" sagen heißt: aktiv faul zu sein. Hervorkommen aus der Ecke des Produzierens und Konsumierens, in die wir gedrängt wurden. Muße beanspruchen. Also vergiss "Comfort" und komm raus aus dieser Ecke, komm vor!

Die Verweigerung ständigen Fleißes, fortwährender Betriebsamkeit und ewigen Konsums schafft erst jene Muße, welche eigene Ideen gebiert. Beschäftigt sein, keine Zeit haben, das gilt heute als Normalität. Sind wir es selbst, welche die Normen festlegen, die Standards setzen?

Dabei ist Beschäftigung an sich nicht "gut" oder "schlecht", wie auch Faulheit keines von beiden ist. Erst durch das Übermaß von Beschäftigung wie auch von Faulheit kann Schlechtes entstehen.

Das Übermaß an Beschäftigung versus der Mangel an Faulheit sind Symptome einer profitorientierten Gesellschaft. Hier wird das Lebendige und Natürliche einem Abstraktum geopfert. Dem Anhäufen von Gütern und Geld.

Dabei entstehen Paradoxien. Der Mensch wird beschleunigt, legt weitere Strecken zurück. Aber seine eigentlichen Ziele, seine Primärbedürfnisse zu befriedigen, erreicht er nicht schneller oder qualitativ besser. Im Gegenteil. Das öffentliche und individuelle Verkehrs- Unwesen degradiert die Teile seines Körpers, welche eigentlich für die Fortbewegung zuständig sind. Sein Bewegungsapparat ist immer mehr entlastet. Bewegung erfährt der moderne Mensch immer weniger durch seine Füße, und immer mehr durch seinen Popo.
 

Er sitzt die zu bewältigenden Strecken ab. Mit fatalen Folgen für seine Gesundheit. Übergewicht und Haltungsschäden sind heute normal. Indem der Mensch also scheinbar "fleißig" ist, wird er doch immer fauler. Und nicht nur körperlich.

Auch das Denken, dieses qual- und lustvolle nach Lösungen ringen, lässt er sich zunehmend abnehmen. Handlungsoptionen werden von Experten berechnet. Der Mensch soll sich nur noch entscheiden. Die Wege sind ausgebaut und gut beschildert. Das verführt zur Denk- Faulheit.

Erkenn- und hörbar auch an unserer Sprache. Der Wortschatz schmilzt. Plastikwörter werden unhinterfragt kopiert. "'Beziehung, Entwicklung, Partner, Identität, Struktur, Strategie, Lösung, Fortschritt, Produktion, Konsum, Ressource, Versorgung, Modernisierung, Innovation" - wer fragt noch danach, was all diese Begriffe bedeuten?

Kurz: unsere Werte stehen Kopf. So sehr, dass es nicht mehr wir sind, die fühlen und denken, sondern die von außen in uns ein- ökonomisierte Ersatzqualität eines kontrollierbaren Seins.

Je weniger wir jedoch betriebsam sind, je mehr wir uns einer ständig zappelnden, schwatzenden, in sich konkurrenzkämpferisch orientierten Gesellschaft verweigern, desto mehr haben wir die Möglichkeit, uns selbst zu entdecken und zu entfalten. Um so mehr haben wir dann auch wieder Lust auf Arbeit und Gesellschaft. Weil wir es wollen, nicht weil wir sollen.

 

 

 

Bildquelle: 2x Wilfried Kahrs - QPress.de

 

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Peter Weber
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Verbunden: 23.09.2010 - 20:09
Gegen Unersättlichkeit - für Verweigerung und Muße


Gegen Unersättlichkeit – für Verweigerung und Muße


„Nein danke – Verweigerung als Gegengift“ hört sich zunächst einmal gut an, und die Verweigerungshaltung ist auch Teile einer sinnvollen Lösungsstrategie. Allerdings ist Verweigerung genauso wie Gegengift schlucken eine rein passive Haltung, die nicht ausreicht. Verweigerung ist einerseits angesagt, andererseits ist aktive Muße ein weiterer wesentlicher Bestandteil von weitern, um sein Leben umzugestalten. Alternative Lebensstrategien sind gefragt, die wir eigenmotiviert selbst ansteuern müssen. Die Welt können wir nicht im Alleingang verbessern, aber als Vorbild haben wir die Chance, um auch andere mitzureißen und zumindest ein wenig Bewegung zu veranlassen.

 
Was die Muße anbetrifft, soll das heißen, daß Muße nicht mit Faulheit und Nichtstun gleichzusetzen ist, denn sie ist die aktivste und wohltuendste Form des Tuns. Ein Leben ohne Muße ist ein nutzloses, weil dabei alles um etwas anderen willen geschieht. Folglich handelt es sich um ein Leben in ständiger Vorbereitung, das nie richtig beginnt. Muße bedeutet:
  • Befreiung vom Druck der Notwendigkeit
  • Genuß von Freiheit und Unabhängigkeit
  • und ist die Quelle von Nachdenklichkeit und Kultur.
Auf dem Fundament der Muße kann man eher fähig sein, aus saturierter Gesellschaft heraus eine Organisation des individuellen sowie kollektiven Lebens zu gestalten. Dabei sind folgende Fragen unerläßlich:
  • Wie viel ist genug?
  • Was macht ein gutes Leben eigentlich aus?
  • Was ist Glück eigentlich?
  • Wodurch wird Glück eigentlich gefördert?
In diesem Kontext wird man nicht verhindern können, sich auf eine Kritik der Unersättlichkeit einzulassen, die aus dem  unserem kapitalistisch geprägten Weltbild entspringenden Bedürfnishorizont resultiert. Der Kapitalismus ist wie ein zweischneidiges Schwert, an dem man sich schneidet, ein faustischer Handel, auf den wir uns eingelassen haben und für den es einen Preis zu zahlen gibt, sozusagen ein Geist in der Flasche, den wir freigelassen haben oder die Büchse der Pandora, die wir geöffnet haben. 
 
Auf in den Kampf!
 
 
MfG Peter A. Weber 
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