Post-Tarifrunde: Urabstimmung und Vollstreik JETZT!

1 Beitrag / 0 neu
Bild des Benutzers Helmut S. - ADMIN
Helmut S. - ADMIN
Offline
Verbunden: 21.09.2010 - 20:20
Post-Tarifrunde: Urabstimmung und Vollstreik JETZT!
DruckversionPDF version

Post-Tarifrunde: Urabstimmung und Vollstreik. JETZT!

36 Stunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich!

5,5 Prozent mehr Lohn! Zerschlagung verhindern!

Gegenwehr! Betriebs- und Gewerkschaftsinfo der Gruppe Arbeitermacht

Auch die letzte Verhandlungsrunde zwischen ver.di und der Deutschen Post endete ohne annehmbares Ergebnis und wurde von der Gewerkschaft abgebrochen. Das Arbeit“geber“angebot ist rundweg abzulehnen. Dennoch wurden Folgetermine bis in den Juni hinein vereinbart.

Fakten

Ver.di fordert als Ausgleich zum Vertragsbruch der Post die Einführung der 36-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich für die 140.000 Tarifbeschäftigten. Dazu kommt eine Entgeltforderung von 5,5% mit einer zwölfmonatigen Laufzeit. Während die Deutsche Post AG daraus einen Zahlenmix macht, sich dabei mit keinem Wort auf die Grundlagen der Auseinandersetzung bezieht und so tut, als habe sie den Vertragsbruch nie begangen bzw. diesen als nicht „tarifrelevant“ einschätzt, wirft sie ver.di eine Forderung von über 12% vor, welche das Unternehmen 600 Millionen kosten und den weltgrößten Logistikkonzern damit der Konkurrenz sprichwörtlich zum Fraß vorwerfen würde.

Abgesehen davon, dass die Märchenstunden der Deutsche Post AG nicht so ernst zu nehmen sind - die Konzernzahlen sprechen da nämlich ein ganz andere Sprache -, machen wir uns noch einmal klar, dass die Beschäftigten der Deutschen Post/ DHL darauf bestehen, dass beide Forderungen getrennt zu betrachten sind. Die erste ist das direkte Ergebnis und die Antwort auf die Post-Strategie, den Konzern endgültig nun auch im Kerngeschäft zu zerschlagen, d.h. zur Gewinnmaximierung eine weitere Niedriglohnsparte zu etablieren und diese in den kommenden Jahren ausweiten. Diese Konzernpolitik geht zu Lasten der Auszubildenden und dauerbefristeten KollegInnen, die vor die Alternative Niedriglohn oder Arbeitslosigkeit gestellt werden.

Kampfansage

Diese Konzernpolitik ist eine offene Kampfansage an alle anderen Beschäftigten, die aktuell im Haustarif der Post arbeiten, an die BeamtInnen, an diejenigen mit „Besitzstand“, deren Ausgliederung dann mindestens mittelbar bevorsteht. Allen Beschäftigten, die sich diesen Angriff noch schönreden oder sich wünschen, der Krug möge an ihnen vorübergehen, sei dringend geraten, der Realität ins Auge zu sehen und anstatt in Lethargie zu verfallen, den Kampf für ihre Interessen zu führen. Die Entgeltforderung ist diejenige zum auslaufenden Entgelttarifvertrag am 31.5.15 und sie bleibt auch lediglich im Rahmen der üblichen „moderaten“ Lohnforderungen der aktuellen Tarifrunden der DGB-Gewerkschaften.

Inzwischen hat auch die Post ein Angebot vorgelegt. Sie bietet eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten: von 34 bis 41 Stunden soll vertraglich gearbeitet werden können. Wer dem enormen Druck - die tatsächlichen Arbeitszeiten bei der Post liegen aufgrund von postinternen Bemessungsvorgaben, sprich permanenter Überbelastung in der Regel sowieso weit (!) über den tariflich vereinbarten 38,5 Wochenstunden - nicht standhält, kann also freiwillig auf Lohn verzichten. Wer mehr braucht, kann sich totarbeiten, Entlastung gibt es nur gegen Lohnverzicht. Statt der dringend notwendigen Arbeitszeitverkürzung für alle, bietet die Post ein weiteres Einfallstor für Degradierung, das den KollegInnen allen Grund zur Sorge bereitet.

Nun kommt die nächste Offerte: Die Beschäftigten der AG erhalten ihre „freien Tage“, den 24. und 31.12 zurück, d.h. sie können auf Antrag dafür einen Freizeitausgleich erhalten und bekommen bis Ende 2018 Kündigungsschutz, die Kurzpausenstreichung, die die AG zurücknehmen will, war sowieso bis 31.12.15 befristet, andere „Zugaben“ auch. Überstundenzuschläge sind nicht im Angebot, Schutzverträge in Bezug auf Fremdvergabe von Bezirken sollen, nachdem sie sich bereits jetzt als Makulatur erwiesen haben, nun auch vertraglich endgültig Legende werden. Die Post rechnet daraus eine wöchentliche Arbeitszeitverkürzung um eine Stunde. Das Rechenkunststück soll sie mal vormachen. Das Angebot ist schlicht und ergreifend nichts anderes als eine absolute Frechheit.

Vollstreik notwendig!

Längst ist in der Belegschaft der Ruf nach einem Vollstreik unüberhörbar. Befristete Warnstreiks gab es genug und haben die Konzernspitze nicht dazu bewogen, auch nur einen Millimeter von ihrer Zerschlagungsstrategie abzugehen, noch ein Angebot vorzulegen, das mehr beinhaltet, als eine weitere Missachtung der berechtigten Interessen der Kolleginnen und Kollegen.

Klar ist: die Post will das Konzept Konzernzerschlagung konsequent weiterführen. Nach Paket- kommt die Verbund-, danach die Briefzustellung dran. Die BeamtInnen können dank neuem Bundesgesetz sowohl in „niedrigen Tätigkeiten“ als auch an beliebigen Standorten eingesetzt werden. Der Verhandlungsabbruch durch ver.di und die Empfehlung, die Verhandlungen als gescheitert zu betrachten, sind somit absolut folgerichtig. Die Antwort muss sein: Sofortige Mobilisierung für Urabstimmung und Streik.
 

Postzustellung,

Wenn die verdi-Verhandlungsleiterin Andrea Kocsis sagt: "Die Zeichen stehen auf Sturm", dann liegt sie richtig. Doch Verbalradikalismus nützt wenig, wenn die Aktivität der Basis nicht gefördert wird, die Kämpfe führen kann. Dazu ist in den vergangenen Wochen kostbare Zeit nutzlos verstrichen. Was die GewerkschaftsvertreterInnen in der Vergangenheit nicht für nötig befunden hatten - da zeigt sich, was passiert, wenn zu lange auf „Sozialpartnerschaft“ mit der AG statt auf Kampf für die berechtigten Interessen der Beschäftigten gesetzt wird - ist, in den Betriebsteilen kampffähige Strukturen aufzubauen.

Statt permanente Stellvertreterpolitik zu machen, müssen die KollegInnen zum Kampf befähigt werden. Der letzte Poststreik ist Dekaden her. Die Botschaft muss sein: Kolleginnen und Kollegen, Abwarten hilft nichts! Ihr müsst euren Kampf selber führen, d.h. selber vorbereiten, euch auseinandersetzen, Pläne diskutieren, Aufgaben definieren und erledigen, eure Leitungen wählen. Auch diejenigen, die sich in den vergangenen Jahren von der Gewerkschaftspolitik oft genug verkauft fühlten: Macht Druck! Dieser Verkauf wäre fatal.

Ver.di muss klar sehen, dass Überraschungsaktionen und exemplarische Warnstreiks wenig bringen, besonders wenn die KollegInnen darauf nicht eingeschworen sind. Es darf nicht sein, dass die AG in der Lage ist, Streiks in einem Betriebsteil zu einer massiven Mehrbelastung für andere Teile umzumünzen und so die kämpferische Stimmung und die Kraft der Belegschaft zu schwächen. Das muss offen diskutiert werden. Die strukturellen Mängel für einen erfolgreichen Kampf sind dringender denn je zu überwinden.

Die Anstrengungen, der AG die volle Breitseite zu zeigen, müssen erhöht werden. In allen Betriebsteilen müssen regelmäßige Betriebs-, Streikversammlungen abgehalten, müssen Streikleitungen gewählt und vernetzt werden. Die GewerkschaftsvertreterInnen sind verantwortlich dafür, dass auch im letzten Kopf Klarheit über die Notwendigkeit zum Kampf herrscht, dass die KollegInnen, die noch zaudern und Angst haben, solidarisch eingebunden werden. Die Beschäftigten müssen befähigt werden, sich zu überlegen, wie Streikbruch verhindert werden kann, wie auch die BeamtInnen erfolgreich in den Kampfe eingebunden werden können. Das sind die dringenden Aufgaben, die jetzt anstehen.

Noch scheint es im Post Tower Manager zu geben, die einer völligen Fehleinschätzung darüber unterliegen, was passiert, wenn die gewerkschaftlich hoch organisierten Post-KollegInnen in den Vollstreik gehen: Die bundesweite Zustellung und auch die Abfertigung internationaler Sendungen brächen wie ein Kartenhaus zusammen. Täglich verliert der Konzern Umsätze in Millionenhöhe. Da nützen weder widerwärtige, gesetzeswidrige Einschüchterungen befristeter KollegInnen, noch die eigens zum Streikbruch angekarrten LeiharbeiterInnen oder die juristischen Taschenspielertricks durch Angriffe auf die Mitbestimmung etwas.

Die Zeichen stehen auf Sturm

Nicht nur bei der Post. Wir fordern die Gewerkschaft auf, endlich die Kämpfe zu koordinieren. Die KollegInnen von Amazon kämpfen seit 2013 für ihre Eingruppierung in den Tarifvertrag Einzelhandel. Die Kämpfe müssen gebündelt werden, gemeinsame Aktionen sind möglich und nötig! Organisiert die neuen KollegInnen bei der Delivery und kämpft mit ihnen für die Rückkehr in den Haustarif der Post! Nehmt die KollegInnen von GLS, DPD, Hermes und wie sie alle heißen, die zu Bedingungen arbeiten, die oft nicht mal deren pure Existenz zu sichern imstande sind, mit ins Boot! Kämpft gemeinsam für ein gemeinsames Interesse. Letztlich muss der gesamte Arbeitsbereich unter der Kontrolle der Beschäftigten und der Bevölkerung organisiert werden. Denn die Privatisierung von Versorgungsleistungen ist für alle Beteiligten mit Ausnahme derer, die Gewinne abschöpfen, eine schlichte Katastrophe.
 

Daher muss der Kampf in der Tarifrunde auch mit weitergehenden Forderungen verbunden werden - einschließlich des Kampfes um die Rücknahme der Privatisierung und die entschädigungslose Verstaatlichung der Post unter Kontrolle der Beschäftigten und der Gewerkschaft!

  • 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich!
  • 5,5% mehr Lohn bei einer maximalen Laufzeit von 12 Monaten!
  • Nein zu allen Ausgliederungen, Wiedereingliederung von Delivery in den Haustarif der Post!
  • Vom Warnstreik zum Vollstreik! Urabstimmung jetzt!
  • Kontrolle des Kampfes durch die Basis, durch Beschäftigtenversammlungen, gewählte, rechenschaftspflichtige und abwählbare Streik- und Verhandlungskomitees!

Betriebs- und Gewerkschaftsinfo der Gruppe Arbeitermacht, Infomail 821, 20. Mai 2015

 


 

► Quelle: Gruppe Arbeitermacht - deutsche Sektion der Liga für die 5. Internationale > zum Artikel

Bild- und Grafikquellen:

1. Postbotin: Fleissig, flink und zuverlässig - eine von ca. 80.000 PostzustellerInnen. Foto: Flickr-user forever_carrie_on. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0)

2. Alter Briefkasten mit alten Logo. Dieses Foto ist bei dem vierten Foto-Meetup des Wuppertaler Kulturvereins "Rakete e.V." entstanden. Foto: Henning Mühlinghaus, Wuppertal. http://rundumschlag24.blogspot.de/. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0)

3. Luftaufnahme des Post Towers. Der Post Tower in Bonn ist die Zentrale des Logistikkonzerns Deutsche Post DHL (zuvor Deutsche Post World Net) mit ihren zusammengefassten Geschäftsbereichen Deutsche Post und DHL. Er ist mit 162,5 Metern das höchste deutsche Hochhaus außerhalb von Frankfurt am Main und das elfthöchste in Deutschland überhaupt.

Foto: Wikimedia-User Wolkenkratzer. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert.  

4. Postzusteller mit Handkarren -  ein Kollege aus Österreich. Foto: Douglas Sprott. Quelle: Flickr. Die Datei ist mit der CC-Lizenz Namensnennung-Nicht kommerziell 2.0 Generic (CC BY-NC 2.0) lizenziert.

5. STREIK- Beschriftung auf Mauer. Foto:/ Quelle: Red.

6. Karikatur: "Dieses Mal liefern wir die Post nicht aus . . Wir versenden sie . . " Karikatur gezeichnet vom Stuttgarter Karikaturisten Kostas Koufogiorgos. Kostas Koufogiorgos wurde 1972 in Arta, Griechenland geboren, studierte nach dem Abitur 1989 Wirtschaftswissenschaften an der Universität von Athen und begann zeitgleich als Karikaturist für verschiedenen Zeitungen und Magazine zu arbeiten. Seine ersten Arbeiten wurden im Magazin ODIGITIS veröffentlicht. Bis heute hat Kostas Koufogiorgos für zahlreiche politische- und Wirtschaftszeitungen sowie für über 20 Μagazine in Griechenland gearbeitet. Daneben hat er Bücher, Werbeanzeigen und Poster illustriert.  - zu seiner Webseite http://www.koufogiorgos.de/