Regierungserklärung Merkel: die neue kognitive Dissonanz
Angela Merkel hat dem Begriff der „kognitiven Dissonanz“ eine neue und umfassende Bedeutung gegeben. In ihrer neuesten Regierungserklärung vom 29.1.2014 hat sie eine neue Dimension des Neusprechs eingeführt, die uns in bisher ungeahnte Welten der Realitätsferne verführt. Ich habe den Eindruck, daß wir systematisch paralysiert werden sollen, um Realität neu zu definieren, als einen Zustand, in dem die Wirklichkeit so weit wie möglich von den geäußerten Absichten bzw. einer als Realität vorgespiegelten Scheinwelt entfernt ist. Mit anderen Worten: Der alltägliche Wahnsinn wird zum Normalfall erklärt und Schizophrenie soll als erstrebenswerter Zustand kultiviert werden. Vielleicht sollte man diesen Zynismus besser als "Kriegserklärung an das Volk" deuten.
Deshalb kann ich der Versuchung nicht widerstehen, die Merkelsche Frohbotschaft in Form ihrer Regierungserklärung, die sich wie das Evangelium der als sozial getarnten Marktwirtschaft anhört, auseinander zu pflücken. Wir alle erinnern uns hoffentlich noch an das wegweisende Wort Merkels, die den Anspruch der Demokratie als „marktkonform“ bezeichnet und damit pervertiert hat.
Doch zuvor möchte dem Kabarettisten Martin Buchholz das zweite Vorwort gönnen, für den die Merkel ein gefundenes Fressen und kabarettistisches Opfer ist:
„Soll keiner sagen, unsere Kanzlerin sei nicht freigiebig und wolle alles für sich behalten. Nein, sie gibt gerne was ab. In dieser Woche sogar eine Regierungserklärung. Das fand ich sehr großzügig von ihr, wenn auch völlig nutzlos. Nach dieser Regierungserklärung kann ich mir diese Regierung erst recht nicht erklären. Immerhin habe ich so viel verstanden, dass die Kanzlerin für jedermann gerne Plätzchen bäckt.
Allgemeinplätzchen, die sie dann als Glückskekse anpreist. Wahrscheinlich, weil sie einem schwer auf den Keks gehen. Allerdings blieben mir die meisten ihrer Glücks-Orakelsprüche rätselhaft. Beispielsweise teilte sie mir mit, dass in ihrem Mittelpunkt der Mensch stünde, also ich. Aber was habe ich in ihrem Mittelpunkt verloren, wo immer der sein mag? Oder muß ihre Aussage ganz anders gelesen werden. Nämlich so: „Der Mensch ist stets unser Mittel. Punkt.““
Hier nun endlich einige ausgewählte Zitate aus dem neuesten Missionsvorhaben der großen Vorsitzenden. Die Originaltextpassagen sind wie gewohnt in grün markiert und eingerückt (wie es sich für entrückte Äußerungen geziemt) – mein Kommentar dazu folgt jeweils postwendend im gewohnten Schwarz (was sich für einen professionellen Schwarzmaler wie mich auch gehört):
Heute können wir feststellen: Deutschland geht es so gut wie lange nicht. Die Wirtschaft wächst, die Beschäftigung ist auf dem höchsten Niveau seit der Wiedervereinigung, die Menschen schauen so optimistisch in die Zukunft wie seit dem Fall der Mauer nicht mehr, und von der sozialen Marktwirtschaft als Auslaufmodell spricht keiner mehr, von Deutschland als krankem Mann Europas erst recht nicht.
Das sind die üblichen Kaschierungssprüche, die vom Istzustand ablenken sollen. Die Wirtschaft mag zwar wachsen, aber die Frage, auf wessen Kosten dieses Wachstum geht, stellt sich die abgehobene Dame nicht: nämlich zu Lasten der Qualität der Arbeitsplätze in Deutschland sowie der durch Deutschlands ausgeprägtem Exportfetischismus untergebutterten übrigen EU-Staaten. Die Beschäftigung ist auch nur deshalb so hoch, weil der Zuwachs fast ausschließlich durch Schaffung von Billigjobs entstanden ist, was man auch daran erkennen kann, daß die Anzahl der abgeleisteten Arbeitsstunden gesunken ist. Die sog. soziale Marktwirtschaft hat sich schon lange von ihrem Ideal entfernt und existiert tatsächlich nur noch als Fassade, die dank tatkräftiger Mithilfe der Bundesregierung auch noch weiter unter Beschuß steht.
Im Gegenteil: Deutschland ist Wachstumsmotor in Europa, Deutschland ist Stabilitätsanker in Europa. Wir sind rascher und stärker aus der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise herausgekommen als andere. Wir tragen maßgeblich dazu bei, dass die europäische Staatsschuldenkrise überwunden werden kann.
Wachstumsmotor und Stabilitätsanker klingen wirklich gut, beziehen sich allerdings hauptsächlich auf den Artenschutz der Wirtschaft und der Konzerne. Wir sollten uns von der Merkel nicht einlullen lassen, denn die Finanz-, EU- und Eurokrise ist noch lange nicht über den Berg und wird aufgrund der getätigten politischen Fehlentscheidungen und mangelhaften Deregulierungen wieder zuschlagen. Das Ganze wird sodann als Gipfel der Selbstbeweihräucherung (Eigenlob stinkt!) von unserer Meisterdemagogin als „Erfolgsgeschichte“ verbrämt.
Die getätigten .. klugen politischen Entscheidungen … sind notwendig, wenn wir den Anspruch haben, nicht einfach irgendwie die Krisen und Herausforderungen unserer Zeit zu meistern, sondern so, dass sich die Werte und Interessen Deutschlands und Europas auch in Zukunft im harten weltweiten Wettbewerb behaupten können.
Am deutschen Wesen soll die Welt genesen. Die Werte und Interessen Deutschlands sollen Europa dominieren – auf Biegen und Brechen im profitorientieren marktorientierten Konkurrenzkampf. Klarer kann man seine Absichten nicht kundtun!
Wir haben den Anspruch, nicht einfach irgendwie aus den weltweiten und europäischen Finanz- und Schuldenkrisen herauszukommen, sondern stärker, als wir in sie hineingegangen sind. Wir haben den Anspruch, nicht einfach irgendwie mit den großen Herausforderungen unserer Zeit beim Schutz unseres Klimas, beim Zugang zu Energie oder beim Kampf gegen die asymmetrischen Bedrohungen fertigzuwerden, sondern so, dass wir unseren Werten und unseren Interessen gerecht werden.
Hier werden sie wieder unmißverständlich in den Vordergrund gestellt, „unsere“ Werte und Interessen. Es sind die neoliberalen Werte sowie die Profitinteressen des Kapitals, welche die Marschlinie bestimmen und keine humanen Einstellungen oder Bürgerinteressen. Das mittlerweise geflügelte Wort von der „Kaltmamsell des Kapitals“ als Künstlername für die Merkel trifft den Nagel auf den Kopf. Das beabsichtigte Stärkerwerden kann getrost als Drohung gegenüber anderen Ländern aufgefaßt werden. Die deutsche Großmannssucht treibt wieder ihre Stilblüten.
Die soziale Marktwirtschaft ist unser Kompass, weil ihre Prinzipien zeitlos gültig sind und sie doch mit der Zeit gehen und weiterentwickelt werden können, wie dies mit der ökologischen und der internationalen Dimension unseres Lebens gelungen ist. Die soziale Marktwirtschaft ist unser Kompass, weil sie wie keine zweite Wirtschafts- und Sozialordnung den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Genau darum hat es zu gehen: um den Menschen im Mittelpunkt unseres Handelns.
Dieser Passus ist wohl der wichtigste in der gesamten Regierungserklärung, denn er offenbart wie kein anderer die wirkliche Gesinnung von Frau Merkel und ihrer untertänigen Hilfstruppe im Kabinett. Die Aussage enthält nämlich einen Antagonismus in sich, weil eine „soziale Marktwirtschaft“ nach dem Verständnis Merkels (siehe „Marktkonformität der Demokratie“) und ihrer Strippenzieher im Kapital niemals als Kompaß gelten kann, wenn gleichzeitig der Mensch im Mittelpunkt des Handels stehen soll. Die Merkel ist ein Phänomen: Sie hat nach eigener Meinung die Quadratur des Kreises gelöst. Wer soll ihr ihre Lügen glauben, wenn doch unsere Welt und Gesellschaft eindeutig von Kapital- und Profitinteressen gelenkt wird und der Mensch schon lange auf der Strecke geblieben ist?
Eine Politik, die nicht den Staat, nicht Verbände, nicht Partikularinteressen, sondern den Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns stellt, eine solche Politik kann die Grundlagen für ein gutes Leben in Deutschland und Europa schaffen. Die Quellen des guten Lebens sind Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, politische Stabilität, wirtschaftliche Stärke und Gerechtigkeit. Die Politik der Großen Koalition will die Quellen des guten Lebens allen zugänglich machen, das bedeutet, allen bestmögliche Chancen zu eröffnen. Im Zweifel handeln wir für den Menschen. Bei jeder Abwägung von großen und kleinen Interessen, bei jedem Ermessen: Die Entscheidung fällt für den Menschen.
Hehre Worte! Kleiner geht’s offensichtlich nicht mehr. Bevor man solche hochtrabenden Floskeln absondert, sollte man sich erst einmal darüber informieren, was die realen Grundlagen des Menschen für seine Existenz darstellen und was ein effektiv gutes Leben tatsächlich bedeutet. Merkel müßte an dieser Stelle zunächst einmal in sich gehen und ihre Wachstumsideologie anzweifeln sowie eine Kritik der Unersättlichkeit, die Merkmal der von ihr vertretenen Werte ist, in Gang setzen. Bei diesem Kontext dreht es sich ursächlich um die grundlegende Frage: "Wie viel ist genug?". Bei dem ständigen geistlosen Wiederkäuen der guten Absichten der Regierung, den Menschen in den Vordergrund zu stellen, und ihren davon abweichenden Taten, kann doch nur ein Einfaltspinsel getäuscht werden.
Bezüglich des Themas der Förderung von Glück und einem guten Leben lese ich gerade das sehr aufschlußreiche Buch von Robert und Edward Skidelsky „Wie viel ist genug - Vom Wachstumswahn zu einer Ökologie des guten Lebens“, das wir auch bereits im Kritischen Netzwerk vorgestellt haben und das ich jedem aus ganzem Herzen empfehlen kann. Darüber hinaus hat unser User Klaus Fürst schon eine detaillierte Rezension vorgenommen. Ich selbst werde diese grundlegende Thematik nach Abschluß meiner Lektüre nochmals aufgreifen und einen Beitrag dazu verfassen.
Es ist das bleibende Verdienst der damaligen Koalition von CDU, CSU und SPD, Deutschland 2009 gemeinsam mit den Sozialpartnern so rasch, so erfolgreich durch diese Krise (Anm. d. Verf.: Finanzkrise) geführt zu haben … Kein Finanzmarktakteur, kein Finanzprodukt und kein Finanzplatz darf ohne angemessene Regulierung bleiben; Finanzakteure müssen durch die Finanztransaktionsteuer zur Verantwortung gezogen werden … Auch in der internationalen sozialen Marktwirtschaft ist nämlich der Staat der Hüter der Ordnung. Deutschland übernimmt Verantwortung in Europa und der Welt, damit sich genau diese Einsicht, dass der Staat Hüter der Ordnung ist, durchsetzen kann.
Der britische Wirtschaftshistoriker, Ökonom und Autor Robert Skidelsky - Bildquelle: Webseite des Autors
Durch die ständige Wiederholung einer angeblich erfolgreichen Krisenlösung wird die Krise auch nicht gebändigt und kann ihr Eigenleben weiter frönen bis zum nächsten Exzeß. Das Märchen von der geplanten brutalst möglichen Regulierung der Finanzmärkte kann die Merkel nur noch Kleinkindern erzählen. Die von der damaligen SPD-Regierung in den 90ern gesetzlich fixierte Deregulierung der Finanzbranche wurde trotz ständiger Beteuerungen bis heute noch in keinem einzigen Punkt zurückgenommen.
Man erinnere sich an die jetzt zum xten Mal ins Spiel gebrachte Finanztransaktionssteuer mit einem geradezu lächerlichen Satz von 0,01 %, die man nicht zustande brachte. Wer soll das Vertrauen aufbringen, daß diese Steuer nun realisiert wird, wobei es dann noch entscheidend ist, in welcher Höhe sie durchgesetzt wird. Meiner Meinung nach sollte man nicht unter einem Prozentpunkt anfangen, was niemandem ernstlich schaden und der Staatskasse Abermilliarden einbringen würde.
Und das Bonmot vom Staat als Hüter der Ordnung glaubt die Merkel doch wohl selbst nicht. Leidet sie bereits unter Alzheimer, daß sie vergessen hat, daß sie eine treue Anhängerin der neoliberalen Ideologie ist. Jeder Laie ist informiert darüber, daß es die Maxime des von Merkel vertretenen Marktkonformismus ist, den Staat mit allen zur Verfügung stehenden Machtmitteln zu deregulieren – ein Phänomen, das auch unter dem euphemistischen Begriff „Verschlankung des Staates“ bekannt geworden ist und in der Vergangenheit insbesondere von der FDP propagiert wurde.
Das ist das Versprechen, dass sich eine solch verheerende weltweite Finanzkrise nicht wiederholen darf. Das bedeutet, in einem Satz gesagt: Wer ein Risiko eingeht, der haftet auch für die Verluste, und nicht mehr der Steuerzahler.
Schon wieder einer jener Sätze, die Versprechungen enthalten, die aufgrund der Widersprüchlichkeit der Regierungspolitik niemals eingehalten werden können. Angela Merkel zeigt sich mal wieder als Meisterin der paradoxen – oder besser perversen – Logik und verstrickt sich in Lügen. Die Verlagerung von Verantwortung, Risiken, Haftung und damit Kosten auf die Konzerne, Banken und Finanzmarktjongleure ist doch genau das, was die wahren Beherrscher unseres Systems niemals dulden würden.
Das Ziel ist ein Europa, das seine Kräfte bündelt und das sich auf die großen Herausforderungen konzentriert. Alle europäischen Politiken, die Energie- und Klimapolitik, die Gestaltung des Binnenmarktes, die Außenhandelsbeziehungen, müssen sich daran messen lassen, ob sie zur Stärkung der europäischen Wirtschaftskraft und damit auch zu Wohlstand und Beschäftigung beitragen oder nicht. Denn sie bilden zusammen mit den nationalen Reformanstrengungen die Grundlage, um neues Wachstum und dauerhafte Beschäftigung für die Bürgerinnen und Bürger Europas zu schaffen.
Wohlstand und Beschäftigung werden zum Maß aller Dinge erkoren, ohne zu hinterfragen, was Wohlstand (siehe „Wie viel ist genug?) eigentlich wirklich ausmacht und ob Beschäftigung ohne Berücksichtigung ihrer Qualität forciert wird zur Instrumentalisierung von Wirtschaftsinteressen. Die übelste aller Heilsbotschaften jedoch stellt das penetrante Pochen auf immer neues Wachstum dar. Gegen Wachstum an und für sich ist nichts zu sagen, wenn es sich um natürliches, sich selbst regulierendes Wachstum in einem Kreislaufsystem handelt. Aber wer ständig das zerstörerische ungebremste Wirtschaftswachstum verherrlicht, der verhält sich wie ein Arzt, der seinem Patienten einen wuchernden Krebstumor als lebensförderndes positives Lebenselement verkaufen würde.
Deutschland macht seine Hausaufgaben. Der Bund hat bereits seit 2012 – und damit früher als vorgesehen – die Vorgaben der Schuldenbremse eingehalten. Für 2014 ist ein strukturell ausgeglichener Haushalt vorgesehen. Ab 2015 wollen wir ganz ohne Nettoneuverschuldung auskommen … Auch deshalb ist die Politik es den Menschen schuldig, zu zeigen, dass wir mit dem auskommen, was wir einnehmen, und dass wir keine Steuern erhöhen oder neue einführen.
Selbst bei fehlender Neuverschuldung erhöht sich der Schuldenberg aufgrund der Zinslasten automatisch. All diese Prognosen sind sowieso nur unter dem Vorbehalt ständigen Wachstums abgegeben worden und sind somit unseriös. Frage: Wie sollen denn eigentlich die Zusatzlasten der Rentenversprechungen der neuen Regierung finanziert werden, wenn weder eine Steuererhöhung, Einführung der Vermögenssteuer, gerechte Verteilungslasten oder eine Verbreiterung der Einnahmesituation der Rentenversicherung noch ein Abbau der unberechtigten Subventionen erfolgt? Doch nur durch Steuererhöhungen oder anderweitiges einnehmendes Wesen. Man kontrolliere mal daraufhin sämtliche politische Akteure, wie oft sie in den letzten Jahren ihre Versprechen gebrochen haben. Hat sich noch nicht herumgesprochen, daß in der Politik sich die Devise „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“ breit gemacht hat?
Wir haben die Kompetenzen von Wirtschaft und Energie in einem Ministerium gebündelt. Wir haben uns dazu entschieden, weil wir überzeugt sind, dass unser Wohlstand nur mit einem starken industriellen Fundament aus großen und mittelständischen Unternehmen gesichert werden kann, dessen unabdingbare Voraussetzung eine umweltfreundliche, sichere und bezahlbare Energieversorgung ist – für unsere Unternehmen genauso wie für die Bürgerinnen und Bürger.
Der Schwerpunkt liegt wohl eher traditionell auf den großen Energieunternehmen, die wie keine andere Branche in der Politik lobbyistisch vertreten sind. Und zwar von den Niederungen der Kommunalpolitik bis in die höheren Sphären der Bundesministerien und des Bundeskanzleramtes. Besonderen Ruhm hat sich in diesem Zusammenhang die RWE erlangt. Die Umweltfreundlichkeit und Sicherheit der Versorgung relativiert sich allerdings durch die Bezahlbarkeit – und zwar nicht im Sinne des Endverbrauchers, sondern des Energiekonzerns. Der Beweis dafür ist auch die Tatsache, daß Frau Merkel in diesem Kontext der Kernbegriff jeglicher ernst zu meinender Energiewende nicht einmal einer Erwähnung wert ist: dem der dezentralen Energieversorgung.
Bis 2050 wollen wir 80 Prozent unseres Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugen. Schon heute haben die erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung einen Anteil von 25 Prozent, der bis 2025 auf 40 bis 45 Prozent und bis 2035 auf 55 bis 60 Prozent ansteigen soll. Mit diesem Ausbaukorridor können wir ganz harmonisch das Ausbauziel von 80 Prozent erreichen – allerdings nur, wenn gleichzeitig unsere Industrie im weltweiten Wettbewerb bestehen kann und Strom für alle erschwinglich bleibt.
Warum so bescheiden? Falls die Energiewende nicht gebremst wird, was leider die vorliegenden Fakten zeigen (siehe meinen Artikel „Energiewende auf dem Abstellgleis“ im Kritischen Netzwerk), wäre es ein leichtes, bereits bis 2030 die 80 % Anteil an Erneuerbaren Energien zu erzielen und sich bis 2050 oder schon früher an die 100 % anzunähern. Die technischen Möglichkeiten sind vorhanden – nur der politische Wille fehlt aufgrund des Drucks aus der Monopolwirtschaft, die ihr eigenes Süppchen mit Subventionen, Kohlegroß-Kraftwerken und Wiederbelebung des Atomstroms kocht. Die Erschwinglichkeit des Energiepreises für die Bürger spielt bei diesen Überlegungen überhaupt keine Rolle.
Mit dem Holzhammer von Arbeitsplatzverlusten und einer Deindustrialisierung Deutschlands zu winken, ist einfach zu schäbig und durchsichtig. Denn solange die Konzerne den Strompreis diktieren, wird der Endverbraucherpreis niemals an die realen Erzeugungs- und Einkaufspreise angepaßt werden und immer in die Höhe getrieben werden. Da nutzen selbst Erneuerbare Energien nicht viel. Ich zitiere aus meinem o. a. Beitrag:
„Unter dem feinen Begriff „Ausbaukorridor“ wurde ausgekungelt, daß bis 2035 maximal 60 % der Gesamtenergie aus erneuerbaren Quellen stammen darf. Im Umkehrschluß heißt das, daß zu einem Zeitpunkt, an dem die Energiewende bereits abgeschlossen sein könnte, immer noch auf bis zu 40 % fossile Energie zurückgegriffen werden darf, was einer Bestandsgarantie für Kohlekraftwerke entspricht. Damit kann bis auf den St. Nimmerleinstag mit reichlich vom Staat mit Steuergeldern subventionierten, ineffektiven, unflexiblen und umweltbelastenden Kohle-Großkraftwerken Kohle für die Aktionäre gescheffelt werden.““
Gleichzeitig müssen wir die Energiewende in eine anspruchsvolle nationale und europäische Klimastrategie einbetten. Es ist gut, dass die Kommission mit dem ambitionierten 40-Prozent-CO2-Reduktionsziel die Vorreiterrolle Europas im internationalen Klimaschutz noch einmal unmissverständlich unterstrichen hat … Gemeinsam mit Frankreich arbeiten wir für einen Erfolg der internationalen Klimakonferenz Ende 2015 in Paris, damit am Ende eine verbindliche Regelung für die weltweite Reduktion von Treibhausgasen ab 2020 gefunden wird. Wir setzen uns auch für einen funktionierenden Emissionshandel in Europa ein, damit umweltfreundliche Kraftwerke wie zum Beispiel moderne Gaskraftwerke endlich wieder eine faire Chance auf den Märkten erhalten.
Beim von der Throninhaberin angesprochenen neuen Energiekonzept der EU (siehe ebenfalls meinen o. a. Artikel) handelt es sich allerdings in dreierlei Hinsicht um eine Mogelpackung. Ich zitiere mich der Einfachheit halber nochmals selbst:
- Basis für die Berechnung ist das Jahr 1990. Dort haben sich noch die extrem hohen Werte aus der Zeit vor der Deindustrialisierung der Ostblock-Industrie bzw. deren Modernisierung niedergeschlagen. Die angestrebten Reduzierungsziele erscheinen unter diesem Aspekt als lächerlich.
- Bezüglich der Energieeffizienz wurden überhaupt keine Vorgaben vorgelegt. Man „wolle erst die Berichte hierzu aus den einzelnen Mitgliedsstaaten abwarten“ meinte Oettinger. Und „konkretere Ziele solle es frühestens im kommenden Jahr geben“. Schwammiger geht’s nicht mehr!
- Lt. Barroso soll der Ausbau der Erneuerbaren Energien „flexibel“ gestaltet werden. Das heißt mit konkreten Worten, daß es für die einzelnen EU-Staaten keine verbindliche Regelungen geben soll und diese ihre Marschrichtung selbst bestimmen können. Das hört sich im O-Ton Barroso so an: „Den Mitgliedsstaaten bleibt es freigestellt, ihre eigenen Ziele zu setzen, wenn sie das wollen.““
Was die ominöse internationale Klimakonferenz 2015 in Paris angeht, so darf man auf die Absichten und Beteuerungen der deutschen Regierung und der anderer Länder noch weniger bauen. Wie uns die Vergangenheit gelehrt hat, findet auf solchen Konferenzen ein abartiges egozentrisches Hauen und Stechen zwischen den Verhandlungspartnern statt, so daß die Ergebnisse derartiger Konferenzen das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt sind.
Z. B. auf dem Sektor der CO²-Zertifikate zur Regulierung der Emissionen ist ein Trauerspiel zu beobachten, bei dem in einem Ausmaß betrogen wird, daß es auf keine Kuhhaut geht. Das gesamte Unterfangen kostet Milliarden an Steuergeldern, nützt nur den Betrügern und Profiteuren und heizt die Emissionen mitsamt Klima nur noch stärker an, als daß es einen Betrag zur Reduzierung leisten würde. Kein Realist kann davon ausgehen, daß sich an dieser Situation durch die Klimakonferenz etwas Entscheidendes ändern könnte.
Emissionshandel - Profit mit schmutziger Luft [Doku von 3sat]
Ist der Klimawandel noch aufzuhalten? Nach der Kyoto-Konferenz wurde von der Politik ein Instrument geschaffen, in das man große Hoffnungen setzte: der Emissionshandel. Doch was hat diese Maßnahme gebracht? Die Dokumentation zieht eine eher ernüchternde Bilanz und macht als große Verlierer die Verbraucher und das Klima aus.
Umweltschutz, die ökologische und soziale Marktwirtschaft schafft Arbeitsplätze.
Wenn man allerdings den Ausbau der Erneuerbaren Energien ausbremst, dann schafft man keine Arbeitsplätze sondern zerstört sie vorsätzlich. Obgleich ich mich wiederhole: Soziale Marktwirtschaft à la Merkel baut auskömmlich bezahlte Jobs ab und produziert dafür Teilzeit- und Billigarbeitsplätze.
Meine Damen und Herren, vor einem Jahrzehnt, als 5 Millionen Menschen in Deutschland arbeitslos waren, hatten viele Zweifel, ob und inwieweit eine der jahrzehntelangen großen Gewissheiten der sozialen Marktwirtschaft auch in Zukunft noch ihre Berechtigung haben würde … Es folgte die Agenda 2010 der Regierung Schröder, auf die dann weitere Reformen der Großen Koalition von 2005 bis 2009 und der anschließend christlich-liberalen Bundesregierung fußten. Das Ergebnis dieser Reformen: Heute hat unser Land mehr Beschäftigte als je zuvor. Die Arbeitslosigkeit liegt unter 3 Millionen; die Jugendarbeitslosigkeit ist die geringste in Europa.
Die Bundeskanzlerin pflegt wie so oft, Äpfel mit Birnen zu vergleichen und uns zu betrügen. Die 5 Millionen Arbeitslosen vor 10 Jahren sind nicht mit den heutigen offiziellen Zahlen zu vergleichen, die unter 3 Millionen angesiedelt sind. Erstens sind seitdem die Berechnungsgrundlagen mehrfach geändert worden und viele Beschäftigungslose werden von der jetzigen Statistik nicht erfaßt – und zweitens besitzen die hochgelobten neuen Arbeitsplätze nicht mehr die Qualität wie die alten. Bei dieser Zählweise geht Quantität vor Qualität, was ich ein höchst unredliches Verhalten nenne. Außerdem finde ich es stets wieder beschämend, sich mit der Agenda 2010 zu brüsten und sie in den Himmel zu loben.
Niemand, der ein Herz hat, ist deshalb schnell bei der Hand damit, das Instrument eines Mindestlohns rundweg abzulehnen. Doch jeder, der ein Herz hat, muss aber genauso sicherstellen, dass der so nachvollziehbare Wunsch nach würdiger Bezahlung nicht Menschen, die heute Arbeit haben, in die Arbeitslosigkeit führt.
Es ist regelrecht eine Unverschämtheit, einen bescheidenen flächendeckenden Mindestlohn, der gerade einmal auf dem Niveau von Hartz IV angesiedelt werden kann, als Alibi dafür zu mißbrauchen, daß durch diese Einführung aufgrund von unzumutbarer Kostenbelastungen für die Unternehmen zusätzliche Arbeitslosigkeit produziert würde. In einem reichen Land mit einer maximierten Produktivität, das aufgrund seiner Dumpinglohnpolitik die meisten der übrigen EU-Länder kaputtkonkurriert hat, sollte doch das Thema Mindestlohn nicht mehr auf der Tagesordnung stehen. Dabei noch an das Herz der Menschen zu appellieren und die Würde des Menschen zu instrumentalisieren, ist schlichtweg Chuzpe. Die Merkel beweist mit ihren Worten, daß sie den Profit der Unternehmen als Fahne voranträgt und ihr eine menschenwürdige Bezahlung sozusagen am A… vorbeigeht.
Der Mindestlohn von 8,50 Euro wird ab Anfang 2015 gelten. Allerdings haben wir vereinbart, dass Tarifverträge, die mit einer Lohnuntergrenze von weniger als 8,50 Euro vereinbart wurden, bis Ende 2016 weitergelten können. Im Laufe dieses Jahres können solche Tarifverträge noch abgeschlossen werden … Derartige Tarifverträge können in Zukunft in einem vereinfachten Verfahren für allgemeinverbindlich erklärt werden, da sie im öffentlichen Interesse sind.
Mit diesen Sätzen räumt Merkel ein, daß die Einführungspraxis für den ohnehin mickrigen Mindestlohnsatz von 8,50 € mit Ausnahmen wie ein Schweizer Käse durchlöchert ist. Ein Lohn auf diesem Level ist bereits heute nicht auskömmlich – erst recht im Jahre 2017, wenn alle in den „Genuß“ kommen sollen. Wenn ich es recht verstanden habe, so wird der Wirtschaft das gesamte Jahr 2014 noch gestattet, minderwertige Tarifverträge abzuschließen. Und wie ist die Formulierung „Derartige Tarifverträge können … für allgemeinverbindlich erklärt werden ..“ zu interpretieren? Im Ernstfall wohl doch so, daß die Verbindlichkeit eine Kannvorschrift ist!
Eine starke soziale Marktwirtschaft braucht international wettbewerbsfähige Unternehmen. Wir wissen aus unseren Erfahrungen, dass das besonders gut funktioniert, wenn Frauen und Männer gleiche Chancen haben. Deshalb werden wir für Aufsichtsräte von voll mitbestimmungspflichtigen und börsennotierten Unternehmen, die ab 2016 neu besetzt werden, eine Quote von mindestens 30 Prozent Frauen einführen.
Diese geplante Maßgabe setzt wirklich Meilensteine für die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau! Eine Quote in den Vorstandsetagen von Konzernen einzuführen, bringt die bessere und größere Hälfte der Menschheit an die Erfüllung ihres langgehegten Traumes heran. Wie wäre es denn abwechslungsweise mal mit einem Gesetz, das definitiv eine gleiche Bezahlung von Mann und Frau bei gleicher Tätigkeit verbindlich vorschreibt? Wenn ich mir den Prozeß beim Mindestlohn anschaue, dann fürchte ich, daß dies ein Jahrhundertprojekt ist.
Heute haben bereits deutlich mehr Menschen im Alter zwischen 55 und 65 Jahren eine Chance auf dem Arbeitsmarkt als noch vor wenigen Jahren. Diese Entwicklung muss fortgesetzt werden.
Heißt diese Feststellung nun, daß mehr ältere Menschen „eine Chance“ zu einem Arbeitsplatz haben oder tatsächlich mehr derartige Jobs ausgefüllt werden? Nach meiner persönlichen Erfahrung handelt es sich in beiden Varianten um eine Fehleinschätzung. Nur hochqualifizierte Fachkräfte, die noch gesund sind und die Motivation besitzen, wird im Alter eine derartige Möglichkeit eingeräumt. Ansonsten ist die Arbeitslosenquote für Langzeitarbeitslose gestiegen, das gibt Merkel selbst zu, und darunter befinden sich zum Großteil ältere Menschen, denn das Marktangebot ist in diesem Sektor noch kleiner als anderswo. Bei denjenigen, die noch einen Job erhalten – und das oft auch über die Rentengrenze hinaus – handelt es sich um Menschen, die aufgrund ihrer finanziellen Notlage dazu verdienen müssen – und das meist zu einem Hungerlohn!
Heute werden für die nach 1992 geborenen Kinder drei Jahre im Rentenrecht anerkannt, für die davor geborenen Kinder nur ein Jahr. Das ist in den Augen vieler nicht gerecht. Wegen der guten Beschäftigungssituation kann die Rentenversicherung diese Aufgabe zurzeit erfüllen.
Noch im Koalitionsvertrag wurde eine Gleichstellung von Frauen, die vor 1992 und danach geboren haben, in Aussicht gestellt. Jetzt sieht es so aus, daß den älteren Frauen statt einem Berechnungspunkt wie bisher zwar zwei angerechnet werden, aber nicht drei, wie bei den jüngeren. Außerdem werden den Frauen nun Einnahmen, die aus Arbeitsverhältnissen, die anschließend an die Geburt folgen, angerechnet mit der Folge, daß viele Betroffene kaum von der neuen Mütterrente profitieren. Diesen Umstand verrät uns Frau Merkel, die Vertuschungsakrobatin, natürlich nicht. Fazit: Auch die Mütterrente ist eine Mogelpackung! Außerdem ist es eine Zumutung, daß die Kosten für die Mütterrente - zumindest für die nächsten Jahre - aus dem Topf der allgemeinen Rentenversicherung gedeckt werden, statt aus Steuermitteln.
Der medizinische Fortschritt ermöglicht immer neue Heilungs- und Behandlungsmöglichkeiten. Unsere Lebenserwartung steigt stetig an, und gleichzeitig sind immer mehr Menschen auf Pflege angewiesen. Jeder muss die medizinische Versorgung bekommen, die er braucht, und jeder Mensch muss in Würde sterben können.
Der Pflegenotstand in Deutschland spottet jeder Beschreibung. Die Diskrepanz zwischen verfügbaren und notwendigen Pflegekräften erweitert sich in bedrohlichem Ausmaß. Man versucht verzweifelt, ausländische Fachkräfte anzuheuern, die natürlich in den Heimatländern auch irgendwann fehlen werden. Anscheinend hinkt die Ausbildung von Pflegekräften weit hinter dem Bedarf hinterher. Auch ist die Bereitschaft für eine angemessene Entlohnung nicht groß, solange man billige Kräfte aus dem Osten oder aus Asien anwerben kann. Die vorgesehenen Maßnahmen stopfen jedenfalls nur die allernötigsten Löcher.
Wer verspricht, daß „jeder Mensch in Würde sterben kann“, der sollte auch bezüglich des heiklen Themas Sterbehilfe eine tolerante Haltung einnehmen und den Menschen ihre persönliche Freiheit lassen, aus dem Leben zu scheiden, wenn sie ihr Leben als sinnlos erachten. Auf keinen Fall darf man dann eine gesetzliche Verschärfung in die Wege leiten, wie es vom neuen Gesundheitsminister Gröhe angedacht ist. Er beabsichtigt, noch in diesem Jahr ein Gesetz zum Verbot der Sterbehilfe zu initiieren. Dabei spricht er sich für ein gesetzliches Verbot jeder Form der organisierten Selbsttötungshilfe aus. Auch soll davon nicht nur die erwerbsmäßige, sondern auch die organisierte Sterbehilfe, die nicht auf Gewinnerzielung gerichtet ist, betroffen sein. Selbst einen ärztlich assistierten Suizid lehnt Gröhe ab. Ein derartiges Ansinnen hat in meinen Augen die völlige Entmündigung von (meist) älteren Menschen im Visier und kann nur als ein Anschlag auf die persönliche Würde und Selbstbestimmung bezeichnet werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, angesichts der Veränderung des Altersaufbaus unserer Gesellschaft garantieren auf Dauer nur Investitionen in Forschung und Bildung die Leistungsfähigkeit und den Wohlstand unseres Landes im globalen Wettbewerb.
Auch hier haben wir es allenfalls mit einer Halbwahrheit zu tun. Mal abgesehen davon, was Frau Merkel unter „Leistungsfähigkeit“ und „Wohlstand“ versteht, ist es ein Aberglaube, man könne diese Ziele nur durch Forschung und Bildung erreichen. Ohne eine entsprechende Revolution der Wertehoheit innerhalb einer Gesellschaft und die damit verbundene Reformierung des Wirtschaftssystems wird es nicht mehr Wohlstand, Zufriedenheit, hochwertige Arbeitsplätze und ein „gutes“ Leben geben. Alleine ein hohes Ausbildungs- und Bildungsniveau bringt nur einem Teil der Anwärter entsprechend qualifizierte Positionen. Allerdings wird dadurch der Konkurrenzdruck auf die vorhandenen Arbeitsplatzangebote noch verschärft, so daß selbst die Akademiker zu Billiglöhnen arbeiten müssen.
Auf dem Integrationsgipfel in diesem Jahr – so haben wir es besprochen – werden wir uns schwerpunktmäßig mit der Ausbildung von Migrantinnen und Migranten befassen.
Wie unausgewogen die Migranten- und Asylpolitik der Bundes- und Landesregierungen ist, zeigen die Beispiele in Bayern (Migranten aus Rumänien) oder die Asylgewährungspraxis in Sachen Syrienkonflikt und Lampedusa. Das als Worthülse vorhandene Willkommens-Szenario besitzt keinerlei Bezug zur Wirklichkeit vor Ort. Die deutsche Asylantenpolitik ist unerträglich unsozial und menschenfeindlich zu nennen. Nur wenn es sich um utilaristische Gründe handelt, aus rein zweckmäßigen ökonomischen Erwägungen heraus Spezialisten ins Land zu lassen, ist man zu Kompromissen bereit.
Wir werden die streckenbezogene Nutzungsgebühr für Lkw ausweiten. Für ausländische Pkw werden wir eine Gebühr auf Autobahnen einführen, ohne dass der deutsche Fahrzeughalter stärker als heute belastet wird.
Die von Bayern geforderte Maut für Ausländer ist nichts anderes als ein Witz. Sie verursacht mehr Kosten, als sie einbringt und wird im Endeffekt eine ungerechte Verteilung der Lasten bei den deutschen Autofahrern bezwecken. Abgesehen davon läuft sie EG-Richtlinien zuwider, so daß bereits ein Verfahren der EU dagegen angestrengt ist. Die Maut für LKWs anzuheben, ist sicherlich ein löbliches Unterfangen. Aber ich bezweifle, daß eine Erhöhung nur annähernd die Folgekosten der Unterhalts- und Ausbauinvestitionen für Straßen und Autobahnen decken wird. Dafür müßte die Maut auf weit mehr als einen Euro pro gefahrene Kilometer angepaßt werden.
Das deutsche Autobahnnetz ist bereits jetzt nicht nur wegen des PKW-Verkehrs, sondern gerade wegen der LKW-Benutzung hoffnungslos überlastet. Dabei hat der Anteil der ausländischen LKWs den der deutschen bereits eingeholt – Tendenz steigend! Warum hören wir von Frau Merkel nichts über die verfehlte Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte, die es versäumt hat, eine massive Verlagerung des Transportvolumens von der Straße auf Wasser und Schiene zu veranlassen? Nicht zuletzt ist es auch eine Folge des Wirtschaftssystems und seiner Marktzwänge, daß die Speditionen mittlerweile aufgrund der Just-in-Time-Praxis die Lagerhaltung für die Wirtschaftsunternehmen auf die Straße verschoben haben.
Darüber reden wir mit den Vereinigten Staaten von Amerika. Ich bin überzeugt, dass Freunde und Verbündete in der Lage und willens sein müssen, Grundsätze ihrer Zusammenarbeit auch auf dem Gebiet der Abwehr von Bedrohungen zu vereinbaren, und zwar in ihrem jeweils eigenen Interesse … Mit Sicherheit wäre auch der Abbruch von Gesprächen in anderen Bereichen, wie etwa denen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen, nicht wirklich hilfreich .. Ich führe – und das mit allem Nachdruck – diese Gespräche mit der Kraft unserer Argumente, nicht mehr und nicht weniger. Aber ich glaube, wir haben davon gute.
Das Geschwätz über die Enttäuschung über die amerikanischen Praktiken und die anderer sog. Verbündeter des Abhörens und der Ausspionage soll nur darüber hinwegtäuschen, daß man weder willens noch fähig ist, an diesen demokratieunterhöhlenden Maßnahmen zu rühren. Es werden die unmöglichsten Argumente an den Haaren herbei gezogen, um die Praktiken auch noch zu rechtfertigen. Dabei handelt es sich um eine nicht mehr zu überbietende Heuchelei, den Bürgern weis zu machen, daß man mit den USA eine zufriedenstellende Lösung finden werde. Obama selbst hat unverhohlen erklärt, daß man die herabwürdigenden Praktiken in Zukunft weder einschränken noch unterlassen und selbst „befreundeten“ Nationen, die als Partner deklariert werden, nicht die gleichen Rechte wie einem US-Bürger einräumen will.
Auch die Andeutung Merkels, daß sie es ablehnt, die Verhandlungen über das Transatlantische Freihandelsabkommen (siehe entsprechende Beiträge im Kritischen Netzwerk) als Druckmittel und Hebel in dieser Angelegenheit zu benutzen, spricht Bände über die Unterwürfigkeit der deutschen Regierung gegenüber den USA. Dabei wäre das doch der einzige wirklich effektive Ansatzpunkt, um die USA in die Knie zu zwingen, weil dieser Bereich auf ihre Substanz zielt.
Geheimes Recht, Großkonzerne kippen politischen Willen
Doch bei allen Konflikten, bei allen Enttäuschungen, bei allen Interessenunterschieden werde ich wieder und wieder deutlich machen: Deutschland kann sich keinen besseren Partner wünschen als die Vereinigten Staaten von Amerika. Die deutsch-amerikanische und die transatlantische Partnerschaft sind und bleiben für uns von überragender Bedeutung.
Die immer wieder beschworene und bedingungslose Nibelungentreue kommt hier wieder zum Vorschein. Wer wie die Merkel ernsthaft die Behauptung aufstellt, daß ein Land, das andere ausspioniert und zu keinen Konzessionen bereit ist, der optimale Partner ist, der kann doch nicht mehr bei Trost sein! Deutsch-amerikanische und transatlantische Partnerschaft haben sich offensichtlich zu einer Art von Fetisch und gleichzeitig zu einem Tabu entwickelt, über die nicht mehr rational nachgedacht werden darf.
Wir leben heute in einer politischen Ordnung, in der nicht wie vor 100 Jahren wenige in geheimer Diplomatie die Geschicke Europas bestimmen, sondern in der alle 28 Mitgliedstaaten gleichberechtigt und im Zusammenwirken mit den europäischen Institutionen die Dinge zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger gemeinsam gestalten. Das Europäische Parlament, das gut 375 Millionen Menschen im Mai neu wählen werden, und die nationalen Parlamente sorgen für die notwendige demokratische Legitimität und Öffentlichkeit … Wir Deutschen und wir Europäer, wir sind heute zu unserem Glück vereint.
Die europäische Union ist zu einem autokratischen Monster degeneriert und verkümmert, das nur aufgrund von wirtschaftlichen sowie finanziellen Bindungen und Verpflichtungen zusammenhält. Von einer demokratischen Legitimation zu reden, ist schon regelrecht blasphemisch, denn gerade das Europaparlament ist das beste abschreckende Exempel dafür, wie eine Demokratie nicht funktioniert. Die EU wird diktiert von Ökonomie, Profit, Kapital, Konzernen und der Konzession des Freihandels. Die Eurokratie ist derart ausgewuchert, daß die Aussichten auf ein gemeinsames Europa der Menschen in immer weitere Ferne gerückt ist.
Unter den geschilderten Verhältnissen klingt dann die Proklamation von Frau Merkel: „Wir Deutschen und wir Europäer, wir sind heute zu unserem Glück vereint.“ absonderlich und verfehlt. Es scheint der Fall zu sein, daß die gute Frau sich noch nicht eingehend mit dem Phänomen „Glück“ beschäftigt hat und sich wohl nicht einmal im Traum vorstellen kann, was dieser Begriff für ein Menschenleben wirklich impliziert.
Die neue Bundesregierung will dazu beitragen, dieses Glück zu schützen und zu wahren, indem wir die Quellen guten Lebens allen zugänglich machen: Freiheit, politische Stabilität, Rechtsstaatlichkeit, wirtschaftliche Stärke, Gerechtigkeit. Das ist unser Auftrag, und dafür bitte ich Sie um Ihre Unterstützung.
Unsere Bundesregierung und Angela Merkel haben sich folglich zu Glücksbringern und Glücksschweinchen entfaltet, die ausschließlich nur Gutes mit uns im Sinn haben, nämlich uns ein gutes Leben verschaffen wollen. Diese Vorsätze stünden einer Neujahrsansprache gut zu Gesicht, denn wir wissen ja selbst aus eigener Erfahrung nur zu genau, was man von der Realisierung solcher Vorsätze halten kann. „Freiheit, politische Stabilität, Rechtsstaatlichkeit, wirtschaftliche Stärke, Gerechtigkeit“ – da wuchert die Statthalterin aber mit den vagesten und nicht sagendsten Pfunden, die man sich ausdenken kann. All diese Begriffe sind so dehnbar, daß man sich auf nichts festlegen braucht. Das ist das ideale Pflaster für unsere Phrasendrescherin und Teflonpfanne aus den Weiten der Uckermark.
Herzlichen Dank.
Ich danke ebenfalls für die Mühe und die Aufklärungsarbeit, liebe Frau Merkel. Im Gegensatz zu Martin Buchholz kann ich mir nach dieser Recherche die Regierung und Ihre Ambitionen recht gut erklären. Trotz Ihrer Vernebelungstaktik und Ihren sprachlichen Verirrungen, Windungen und Wendungen, Phrasen, Ein- und Ausreden sowie starker Widersprüchlichkeiten habe ich sie durchschaut. Ihre Demaskierung ist nicht schwer gefallen. Ich kann nur hoffen, daß noch ein paar mehr Mitbürger außer mir genauer hingehört und sich informiert haben. Vielleicht wird sich meine schwindende Hoffung doch noch erfüllen lassen, daß eine außerparlamentarische Opposition erstarken kann, die in der Lage ist, eine antipolare Kraft zu entwickeln, um den Thron Ihrer Exzellenz ins Wackeln zu bringen.
P.S.
Bei der anschließenden „Parlamentsdebatte“ muß sich Mutti wie zu Hause in der DDR gefühlt haben, denn die gegenseitigen Lobhudeleien zwischen den Regierungspartnern CDU/CSU und SPD kamen richtig peinlich herüber. Alle Anwesenden waren wohl besoffen von der eigenen Beweihräucherung und hatten sich eine Ecstasy eingeworfen. Der letzte Anschein von Selbsterkenntnis und Kritikfähigkeit scheint im Keime erstickt zu sein. Daher haben wir in den nächsten vier Jahren der Thronherrschaft von Angela I. absolute Langeweile und Gähnen zu erwarten. Selbst die Opposition verhielt sich brav und gesittet und stimmte in die Ovationen zum Lobe der Regentin ein. Unter diesem Eindruck kommen unwillkürliche Zweifel an der Existenzberechtigung des Parlamentes hoch. Bei dieser Jubelorgie wurde man eher an einen Kindergarten oder eine Talkshow mit angemieteten Claqueuren erinnert.
► Bild- und Grafikquellen:
1. Dr. Angela Merkel: Heiligenschein mit Fragezeichen. Fotokollage: Wilfried Kahrs / QPress.de
2. Kognitive Dissonanz bezeichnet in der (Sozial-)Psychologie einen als unangenehm empfundenen Gefühlszustand, der dadurch entsteht, dass ein Mensch mehrere Kognitionen hat – Wahrnehmungen, Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche oder Absichten –, die nicht miteinander vereinbar sind. Urheber dieses vereinfachter Grafik: Artyl. Quelle: Wikimedia Commons. Der Urheberrechtsinhaber dieser Datei hat ein unentgeltliches, bedingungsloses Nutzungsrecht für jedermann ohne zeitliche, räumliche und inhaltliche Beschränkung eingeräumt.
3. Angela Merkel - Wachstumsfetischistin par exellence. Fotokollage: Wilfried Kahrs / QPress.de
4. Angela Merkel: Ich werde nicht ruhen .... Deutschland über alles. Fotokollage: Wilfried Kahrs / QPress.de
5. Grafik Kapitalismus-Umfrage der BBC im Jahr 2009, Quelle: Wikipedia, Dieses Werk wurde (oder wird hiermit) durch den Autor, Ökologix auf Wikipedia auf Deutsch, in die Gemeinfreiheit übergeben. Dies gilt weltweit.
6. Der britische Wirtschaftshistoriker, Ökonom und Autor Robert Skidelsky - Bildquelle: Webseite des Autors
7. Belanglose Banalitäten .. Grafik: Wilfried Kahrs / QPress.de
8. Hartz IV Regelsatz ab Jan. 2014. Man beachte: 1,49 € monatl. für Bildung! Grafik: Bundesagentur für Arbeit / HartzIV.org - weiter
90. Schweizer Käse. Je mehr Käse, desto mehr Löcher. Je mehr Löcher, desto weniger Käse. Was folgt daraus? Je mehr Käse, desto weniger Käse. Foto: Michaela Schmidt-Meier. Quelle: Pixelio.de
10. Altersarmut bei Frauen aufgrund völlig verkorkster und menschenfeindl. Bemessungsgrundlagen Foto: Maren Beßler. Quelle: Pixelio.de
12. Bleiberecht für alle Flüchtlinge. Kein Mensch ist illegal. Plakatentwurf: Wolfgang Blaschka, München
13. "Echte Freunde". Das sog. Freundschaftsverhältnis zu den USA gehört dringend auf den Prüfstand. Die Kriterien müßten bereits seit Jahrzehnten neu festgelegt und dann auch konsequent eingefordert werden. Schluss mit der typisch deutschen Duckmäuserei vor einem imperialistischen Staat, der sich einen Dreck um Völkerrecht, Souveränität anderer Staaten und Menschenrechte kümmert. Dabei sollten wir allerdings nicht vergessen, auch vor der eigenen Türe zu kehren! Grafik: Wilfried Kahrs / QPress.de
14. Bundesmerkel als Glücksschweinchen. Fotokollage: Wilfried Kahrs / QPress.de
MfG Peter A. Weber