Russland unter Attacke

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Russland unter Attacke
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Russland unter Attacke


von Paul Craig Roberts


In einer Reihe von meinen Artikeln habe ich erklärt, dass die Sowjetunion als Beschränkung der Macht der Vereinigten Staaten von Amerika fungierte. Ihr Zusammenbruch entfesselte den neokonservativen Drang nach Weltherrschaft der Vereinigten Staaten von Amerika. Russland unter Putin, China und der Iran sind die einzigen Einschränkungen für die neokonservative Agenda.

Russlands Atomraketen und Militärtechnologie machen Russland zum stärksten militärischen Hindernis für die Weltherrschaft der Vereinigten Staaten von Amerika. Um Russland zu neutralisieren, brach Washington die Vereinbarungen zwischen Reagan und Gorbatschow und weitete die NATO in ehemalige Teile des sowjetischen Reiches aus und will jetzt ehemalige Teile von Russland selbst – Georgien und die Ukraine - in die NATO bringen. Washington zog sich aus dem Abkommen zurück, welches Raketenabwehrraketen verboten hat, und stellte Abschussrampen für Antiraketen-Raketen an der russischen Grenze auf. Washington änderte seine Atomkriegsdoktrin, um den atomaren Erstschlag zu erlauben.

Alles das zielt darauf ab, Russlands Abschreckung zu schwächen, und damit die Fähigkeit Russlands, sich gegen Washingtons Willen zu stellen.

Die russische Regierung (auch die Regierung der Ukraine) ließen törichterweise eine große Zahl von durch die Vereinigten Staaten von Amerika finanzierten NGOs zu, die als Washingtons Agenten unter dem Deckmantel von „Menschenrechtsorganisationen,“ „Aufbau von Demokratie“ etc. fungierten. Der „Pussy Riot“-Zwischenfall war eine Operation, die darauf abzielte, Putin und Russland in ein schlechtes Licht zu rücken. (Die Frauen fungierten als nützliche Idioten.) Die westlichen Medienattacken gegen die Olympischen Spiele in Sotschi sollen Putin und Russland lächerlich machen und dämonisieren. Washington ist fest entschlossen, dass Putin und Russland keine Möglichkeit bekommen soll, erfolgreich in irgendeinem Bereich aufzutreten, gehe es um Diplomatie, Sport oder Menschenrechte.

Die amerikanischen Medien sind das Propagandaministerium für die Regierung und die Konzerne und helfen Washington, Russland schlecht hinzustellen. Stephen F. Cohen beschreibt die Berichterstattung der Medien der Vereinigten Staaten von Amerika über Russland als einen „Tsunami von beschämenden und unprofessionellen und politisch aufhetzenden Artikeln.“

Als ein Überbleibsel des Kalten Krieges haben die Medien der Vereinigten Staaten von Amerika das Image einer freien Presse, der getraut werden kann. In Wirklichkeit gibt es keine freie Presse in Amerika (außer im Internet). In den letzten Jahren des Clintonregimes gestattete die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika 5 großen Konglomeraten, die verschiedenen verstreuten und irgendwie unabhängigen Medien zu konzentrieren. Der Wert dieser großen Megakonzerne liegt in ihren von der Regierung vergebenen Sendelizenzen. Aus diesem Grund wagen die Medien nicht, in irgendeiner wichtigen Angelegenheit gegen die Regierung vorzugehen. Dazu kommt, dass die Medienkonglomerate nicht mehr von Journalisten geleitet werden, sondern von Werbemanagern und ehemaligen Regierungsleuten, die nicht auf die Fakten schauen, sondern auf Werbeeinnahmen und Zugang zu Regierungs“quellen.“

Washington benützt die Medien, um die Menschen Amerikas auf die Konfrontation mit Russland vorzubereiten und um die Russen und andere Völker in der Welt gegen Putin zu beeinflussen. Washington hätte gerne einen schwächeren oder zugänglicheren russischen Anführer als Putin.

Viele Russen sind leichtgläubig. Nachdem sie die kommunistische Herrschaft und das Chaos infolge des Zusammenbruchs erlebt haben, glauben sie naiv, dass Amerika der beste Ort ist, das Beispiel für die Welt, der „weiße Hut,“ dem man vertrauen und glauben kann. Dieser idiotische Glaube, den wir manifest in der westlichen Ukraine erleben, wo die Vereinigten Staaten von Amerika das Land destabilisieren, um für die Übernahme es bereit zu machen, ist eine wichtige Waffe, die die Vereinigten Staaten von Amerika einsetzen, um Russland zu destabilisieren.

Einige Russen entschuldigen Washington, indem sie die antirussische Rhetorik einfach als ein Relikt der alten Stereotypen aus dem Kalten Krieg erklären. „Alte Stereotypen“ ist eine falsche Fährte, eine Ablenkung, die in die Irre führt. Washington schießt auf Russland. Russland steht unter Attacke, und wenn die Russen das nicht verstehen, werden sie bald Geschichte sein.

Viele Russen verschlafen diese Umstellung, aber der Izborsk Club versucht, sie aufzuwecken. In einem Artikel vom 12. Februar in der russischen Wochenzeitung Zavtra warnten strategische und militärische Experten, dass der Einsatz von Demonstrationen durch den Westen, um die Entscheidung der ukrainischen Regierung, nicht mit der Europäischen Union zu kooperieren, auf den Kopf zu stellen, zu einer Situation geführt hat, in der ein Putsch durch faschistische Elemente zu einer Möglichkeit wurde. Solch ein Putsch würde zu Bruderkrieg in der Ukraine führen und würde zu einer ernsten „strategischen Bedrohung der Russischen Föderation“ führen.

Die Experten kamen zu dem Schluss, dass im Fall, dass ein solcher Putsch Erfolg hat, die Konsequenzen für Russland sein würden:

  • der Verlust von Sevastopol als Heimathafen der Schwarzmeerflotte der Russischen Föderation;
  • Verfolgung von Russen in der östlichen und südlichen Ukraine, was zu einer Flut von Flüchtlingen führt;
  • Verlust von Produktionskapazitäten in Kiew, Dnepropetrovsk, Kharkov, wo Auftragsarbeiten für das russische Militär durchgeführt werden;
  • Unterdrückung der russisch sprechenden Bevölkerung durch zwangsweise Ukrainisierung;
  • Der Aufbau von Militärbasen der Vereinigten Staaten von Amerika und der NATO in der Ukraine, eingeschlossen die Krim, und die Einrichtung von Ausbildungszentren für Terroristen, die auf den Kaukasus, das Wolgabecken und vielleicht Sibirien losgelassen werden.
  • Die orchestrierten Demonstrationen in Kiew in nichtrussische Minderheiten in Städten der Russischen Föderation verbreiten.
  • Die russischen Strategen schließen damit, dass sie „in Betracht ziehen, dass die Situation, die in der Ukraine Form annimmt, katastrophal für die Zukunft Russlands ist.“

Was muss getan werden? Hier gehen die strategischen Experten, die die Situation korrekt analysiert haben, in die Knie. Sie fordern eine nationale Medienkampagne, um die Übernahme zu erklären, die sich gerade abspielt, und dass die Regierung der Russischen Föderation unter Berufung auf das Budapest Memorandum aus dem Jahr 1994 eine Konferenz der Vertreter der Regierungen von Russland, der Ukraine, den Vereinigten Staaten von Amerika und des Vereinigten Königreichs einberuft, um die Bedrohungen der Ukraine zu behandeln. Falls das Budapest Memorandum, das die Unabhängigkeit der Ukraine regelt, von einer oder mehreren der Parteien abgelehnt wird, dann schlagen die Experten vor, dass die russische Regierung, ausgehend vom Präzedenzfall der Kennedy-Chrustschow-Verhandlungen, die die Raketenkrise um Kuba beigelegt haben, direkt mit Washington eine Beilegung der aufkommenden Krise in der Ukraine verhandelt.

Das ist Wunschdenken. Die Experten ergehen sich in Selbsttäuschung. Washington ist der Verursacher der Krise in der Ukraine und will die Ukraine genau aus den Gründen übernehmen, die die Experten aufzählen. Das ist ein perfekter Plan für die Destabilisierung Russlands und Zunichtemachung von Putins erfolgreicher Diplomatie, mit der er den militärischen Angriff der Vereinigten Staaten von Amerika gegen Syrien und den Iran verhindert hat.

Falls Washington in der Ukraine die Oberhand behält, würde im Wesentlichen Russland als ein Hemmnis für die Welthegemonie der Vereinigten Staaten von Amerika beseitigt, nur China würde übrig bleiben.

Ich habe vermutet, dass die Ukraine zu einem Siedepunkt kommen würde, während Putin und Russland mit den Olympischen Spielen in Sotschi beschäftigt waren und Russland unvorbereitet ließen. Es besteht wenig Zweifel daran, dass Russland mit einer größeren strategischen Bedrohung konfrontiert ist. Welche Optionen hat Russland wirklich? Ganz sicher gehört irgendein guter Wille Washingtons nicht dazu.

Möglicherweise könnte Russland nach der amerikanischen Methode vorgehen. Wenn Russland Drohnen besitzt, könnte es diese benutzen wie Washington und mit ihnen die Anführer der von Washington finanzierten Demonstrationen töten. Oder Russland könnte Sondereinheiten schicken, um die Agenten, die gegen Russland arbeiten, auszuschalten. Wenn die Europäische Union weiterhin die Destabilisierung der Ukraine unterstützt, könnte Russland Washingtons Hampelstaaten die Erdöl- und Erdgasversorgung abdrehen.

Alternativ dazu könnte die russische Armee die westliche Ukraine besetzen, während Vorkehrungen für eine Teilung der Ukraine getroffen werden, die bis vor kurzem 200 Jahre lang Bestandteil Russlands gewesen ist. Sicher ist, dass die Mehrheit der Bewohner der östlichen Ukraine Russland der Europäischen Union vorzieht. Es ist sogar möglich, dass die gerhirngewaschenen Elemente in der westlichen Hälfte lange genug aufhören zu geifern, um zu begreifen, dass in den Händen von Vereinigten Staaten von Amerika/Europäischer Union zu sein bedeutet, dass man ausgeplündert wird wie Lettland oder Griechenland.

Ich schildere hier die am wenigsten gefährlichen Auswirkungen der Krise, die Washington und seine blöden europäischen Hampelstaaten geschaffen haben und gebe keine Empfehlungen für Russland ab. Die schlimmste Auswirkung ist ein gefährlicher Krieg. Wenn die Russen auf ihren Händen sitzen, wird die Situation für sie unerträglich werden. Wenn die Ukraine sich auf die NATO-Mitgliedschaft und Unterdrückung der russischen Bevölkerung hin bewegt, wird die russische Regierung die Ukraine angreifen und die Regierung stürzen müssen oder sich den Amerikanern ergeben. Das wahrscheinliche Ergebnis der unverfrorenen strategischen Drohung, mit der Washington Russland konfrontiert, wäre ein Atomkrieg.

Die neokonservative Victoria Nuland sitzt in ihrem Büro im Außenministerium und sucht zufrieden die Mitglieder der neuen ukrainischen Regierung aus. Ist sich diese Regierungsvertreterin der Vereinigten Staaten von Amerika nicht des Risikos bewusst, dass Washingtons Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine und Russlands einen Atomkrieg auslösen könnte? Sind sich Präsident Obama und der Kongress bewusst, das es eine Ministerialdirektorin im Außenministerium gibt, die Armageddon heraufbeschwört?

Unbekümmerte Amerikaner schenken dem keine Beachtung und haben keine Ahnung, dass eine Handvoll neokonservativer Ideologen die Welt in Richtung Zerstörung stoßen.

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Anmerkung: Ich habe ein E-mail aus Moldova bekommen, einem Land, das an Rumänien und die Ukraine grenzt, in dem behauptet wird, dass Moldawiern 30 Euros pro Tag bezahlt werden, damit sie als ukrainische Demonstranten auftreten. Ich würde gerne von Lesern hören, die diesen Bericht bestätigen können und/oder mir eine Medienquelle bekannt geben können, die diese Behauptung belegt.

Prof. Dr. Paul Craig Roberts


            



Quelle:  erschienen am 14. Februar 2014 auf > Paul Craig Roberts Website > Artikel


Archiv > Artikel von Paul Craig Roberts auf antikrieg.comweiter
 

Die Verbreitung des Artikels ist durchaus erwünscht. In diesem Fall bitte die Angabe der Webadresse www.antikrieg.com nicht zu vergessen! Die deutsche Übersetzung wurde dort freundlicherweise von Klaus Madersbacher / A zur Verfügung gestellt.

 

...

 

Bildquellen:


1. Kamov Ka-50 helicopters "Black Sharks" over South Butovo, Moscow. View east-north-east along the elevated Butovskaya subway line, with Bulvar Admirala Ushakova station ahead. Foto: Dmitry Pichugin Quelle: Airliners.net / Wikimedia Commons. Es ist erlaubt, die Datei unter den Bedingungen der GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2, veröffentlicht von der Free Software Foundation, zu kopieren, zu verbreiten und/oder zu modifizieren

2. "Kann eine große Nation, deren Geschichte womöglich mit einem Völkermord begann, ...." Grafik: Wilfried Kahrs / QPress.

 

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Peter Weber
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Verbunden: 23.09.2010 - 20:09
USA versus Rußland
 
USA versus Rußland
 
 
Was Prof. Paul Craig Roberts über die US-Machenschaften in der Ukraine und gegen Rußland berichtet, klingt glaubhaft. Auch die Schilderung der antidemokratischen Zustände innerhalb der USA sind nachvollziehbar. Allerdings hege ich meine Zweifel hinsichtlich einiger von Roberts behaupteten Konstellationen. Wenn ich diese und andere Veröffentlichungen lese, dann könnten mir die armen Russen fast leid tun - aber nur fast.
 
Ich kann nicht erkennen, daß die Verhältnisse in Putins Rußland demokratischer sind als in den USA. Putins Exekutive und die staatstreue Legislative sind streng autoritär ausgerichtet. Freizügigkeit und Meinungsfreiheit sind nicht gerade die Stärke des Systems – die Medien sind vom Staat gelenkt, unabhängige Presse und Fernsehen nur marginal geduldet.
 
Was die Stärke, Ausrüstung und Bewaffnung des russischen Militärs angeht, so will ich an dieser Stelle niemanden langweilen, denn darüber können sich Interessierte u.a. bei Wikipedia zum Thema "Russische Streitkräfte" informieren. Auch Vergleiche zwischen der NATO und Rußland sind obligatorisch. Das einzige, was zählt, sind doch die vorhandenen Vernichtungspotenziale – insbesondere im atomaren Bereich, und der Overkill ist auf beiden Seiten immer noch erdrückend. Ob hier Rußland den USA unterlegen ist oder nicht, besitzt keine praktische Bedeutung, denn im Ernstfall wäre es mir so ziemlich egal, mit wie viel Sprengkraft wir mitsamt der Welt ausgelöscht werden könnten.
 
Tatsache ist jedenfalls, daß Rußland nach der temporären Schwächeperiode nach dem Fall des Ostblocks wieder aufrüstet und sich nach alter Stärke sehnt. Rußland verfügt zusammen mit Kanada wohl über die größten Bodenschätze der Welt und ist dabei, dieses Potenzial mit aller zur Verfügung stehenden Macht zu erkunden und auszuschöpfen. Rußland ist heute bereits der größte Erdölproduzent der Welt. Speziell hat sich Rußland in der Arktis positioniert und seine Duftmarken verstreut. Die arktischen Militärbasen werden ausgebaut – außerdem wird mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln eine Spezialflotte zur Absicherung der einseitig beanspruchten – und völkerrechtlich nicht abgesicherten – Ressourcen der Arktis aus dem Boden gestampft.
 
Die aggressive Strategie der USA, die auf einer imperialistischen Ideologie beruht, stelle ich nicht in Abrede. Die USA betrieben und betreiben immer noch eine Machtpolitik, die auf eine militärische und wirtschaftliche Hegemonie in der Welt abzielt. Um dies umzusetzen, ist ihnen so gut wie jedes Mittel recht. Daß die Russen dagegen halten wollen, kann ich ihnen aus ihrer Sicht nicht verdenken. Aufgrund seiner territorialen  Ausdehnung, seiner strategischen Lage in Verbindung mit den quasi unerschöpflichen Rohstoffvorräten ist Rußland unschlagbar. Einen solchen Brocken können die USA unmöglich schlucken – ihnen sind schon wesentlich kleinere Bissen (siehe u.a. Vietnam) im Halse stecken geblieben.
 
Aus diesem Grunde kann ich es auch nicht nachvollziehen, wenn bei Roberts Vermutungen geäußert werden, daß die USA ernsthaft beabsichtigen könnten, militärisch gegen Rußland vorzugehen. Das einzige, was ihnen bleibt, sind Provokationen wie im Falle der Ukraine, um festzustellen, wie weit sie gehen können. Aber selbst die hartgesottensten Neocons werden es nicht wagen, den Ernstfall zu initiieren. Sie mögen sich zwar in Sandkastenspielen austoben, aber den kollektiven Selbstmord werden sie nicht in Szene setzen. Hoffe ich – obwohl man bei Verrückten nie genau weiß, was sie wirklich tun werden.
 
 
MfG Peter A. Weber
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