Schreckliche Atomsprengköpfe

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Schreckliche Atomsprengköpfe
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Schreckliche Atomsprengköpfe


von Volker Bräutigam


Zwei gefährliche Demagogen der Extraklasse: Die EU-Parlamentarier Elmar Brok und Roland Freudenstein, beide CDU, haben sich bei einer von ihrer Fraktion der Europäischen Volkspartei im Europäischen Parlament (EVP-Fraktion) veranstalteten Expertenanhörung am 21. April als willige Kriegshetzer hervorgetan. Freudenstein gab dabei den Brandredner, Brok, den gönnerhaften Claqueur. Ihr Credo: Bereitschaft zum Krieg mit Rußland wäre die beste Abschreckung. Sie sei notwendig, weil Rußlands Präsident Putin sowohl die EU als auch die NATO zerstören wolle, zumindest »politisch und moralisch«.
 

 

Beide Europapolitiker haben gewichtige Rollen: Brok ist Vorsitzender des "Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, Menschenrechte, Gemeinsame Sicherheit und Verteidigungspolitik" (AFET) der EVP-Fraktion, ex-Bertelsmann-Mitarbeiter; Freudenstein Vizedirektor der parteinahen Stiftung Zentrum für Europäische Studien. Brok ist als Provokateur auf dem Euro-Maidan in Kiew, als Tymoschenko-Fan und als rußlandfeindlicher Agitator bereits hinlänglich bekannt.

Über Freudenstein ist anzumerken, daß er Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Bonn, Mitarbeiter im Planungsstab für Außenpolitik der EU-Kommission in Brüssel, Leiter des Warschauer Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und leitender Mitarbeiter der Zentrale der KAS in Berlin war beziehungsweise ist. Seine bösartigen Sprüche vom 21. April bis hin zum Nachäffen des russischen Akzents erschienen auf zahlreichen englischsprachigen Websites, zum Beispiel www.euractiv.com, www.iiss.org/en, www.europe-forum.info, www.crisisforums.org, www.onenewspage.com und www.netconsumo.com. Nur unsere deutschen Qualitätsmedien übten sich in komplizenhaftem Schweigen.

Freudenstein: »Wir müssen klarmachen, ja, daß wir bereit sind, in den Krieg zu ziehen, um die existentiellen Grundlagen für die Zukunft Europas sicherzustellen.« (Übersetzung hier und im folgenden: V. B.) Der Westen solle seine Abschreckungspolitik wiederaufnehmen, auch die atomare Abschreckung gehöre in dieses Konzept. »Die atomare Abschreckung der NATO besteht in Deutschland zur Zeit aus 20 rostigen frei fallenden Bomben des Typs B-61, die von den russischen Streitkräften mit einem einzigen Schlag vernichtet werden können. Das müssen wir ändern«, erklärte Freudenstein, räumte jedoch ein, daß es »extrem schwierig« sei, solche Absichten der Öffentlichkeit »zu verkaufen«.

Freudenstein zufolge sollten die führenden Politiker des Westens den Russen mitteilen: »Ja, wir hören euch, wir verstehen, was ihr sagt, wir glauben aber, daß es absolut unwahr ist.« Europas Friedensfreunde lautstark warnend sagte der Krieger Freudenstein weiter, wer glaube, Rußland werde wieder zum normalen Politikgeschäft zurückkehren, der werde sich getäuscht sehen. Der Konflikt mit Rußland reiche tiefer, es gehe nicht nur darum, daß »Wladimir Putin den Kreml in irgendeiner Form verläßt«. Tot oder lebendig, war das damit gemeint?

Bereit, in den Krieg gegen Rußland zu ziehen, bereit, unserem Nachbarn mit Atomschlägen zu drohen, und diskret zur Beseitigung Wladimir Putins animierend. Amoralische Atomsprengköpfe wie Brok und Freudenstein unterstellen Rußlands Präsidenten, er wolle EU und NATO »moralisch zerstören«. Wahrhaftig, der deutsche Michel sollte die Freudensteins und Broks Mores lehren, sie aus ihrer fetten, parlamentarischen, steuerfreien Pfründe treiben und zum Teufel jagen – Dinge, die unserem Michel allerdings so fern liegen wie eh und je.

Volker Bräutigam
 



Quelle:  Erschienen in Ossietzky, der Zweiwochenschrift für Politik / Kultur / Wirtschaft - Heft 10/2015 > zum Artikel

 

Ossietzky, Zweiwochenschrift für Politik, Kultur, Wirtschaft, wurde 1997 von Publizisten gegründet, die zumeist Autoren der 1993 eingestellten Weltbühne gewesen waren – inzwischen sind viele jüngere hinzugekommen. Sie ist nach Carl von Ossietzky, dem Friedensnobelpreisträger des Jahres 1936, benannt, der 1938 nach jahrelanger KZ-Haft an deren Folgen gestorben ist. In den letzten Jahren der Weimarer Republik hatte er die Weltbühne als konsequent antimilitaristisches und antifaschistisches Blatt herausgegeben; das für Demokratie und Menschenrechte kämpfte, als viele Institutionen und Repräsentanten der Republik längst vor dem Terror von rechts weich geworden waren. Dieser publizistischen Tradition sieht sich die Zweiwochenschrift Ossietzky verpflichtet – damit die Berliner Republik nicht den gleichen Weg geht wie die Weimarer.

Wenn tonangebende Politiker und Publizisten die weltweite Verantwortung Deutschlands als einen militärischen Auftrag definieren, den die Bundeswehr zu erfüllen habe, dann widerspricht Ossietzky. Wenn sie Flüchtlinge als Kriminelle darstellen, die abgeschoben werden müßten, und zwar schnell, dann widerspricht Ossietzky. Wenn sie Demokratie, Menschenrechte, soziale Sicherungen und Umweltschutz für Standortnachteile ausgeben, die beseitigt werden müßten, dann widerspricht Ossietzky. Wenn sie behaupten, Löhne müßten gesenkt, Arbeitszeiten verlängert werden, damit die Unternehmen viele neue Arbeitsplätze schaffen, dann widerspricht Ossietzky – aus Gründen der Humanität, der Vernunft und der geschichtlichen Erfahrung.

Ossietzky erscheint alle zwei Wochen im Haus der Demokratie und Menschenrechte, Berlin – jedes Heft voller Widerspruch gegen angstmachende und verdummende Propaganda, gegen Sprachregelungen, gegen das Plattmachen der öffentlichen Meinung durch die Medienkonzerne, gegen die Gewöhnung an den Krieg und an das vermeintliche Recht des Stärkeren.
 

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► Bild- und Grafikquellen:

 

1. lmar Heinrich Brok (* 14. Mai 1946 in Verl) ist ein deutscher Politiker (CDU). Er ist seit 2012 Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments und wurde 2014 wiedergewählt. Dieses Amt hatte er bereits von 1999 bis 2007 inne. Foto zeigt Brok (links) im Gespräch mit dem Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker (re.). Foto: © European People`s Party. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0)

2. Roland Freudenstein (CDU), Oktober 2010. Foto: European People's Party / Thierry DAUWE (based on EXIF). Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung 2.0 generisch“ (US-amerikanisch) lizenziert.

3. Textgrafik auf der Startseite: NEIN zur Eskalationspolitik von BRD & NATO, NEIN zur medialen Kriegshetze & Russophobie, NEIN zur Konfrontation mit Russland. Grafik: Wolfgang Blaschka, München.