Türkei-Putsch nicht ohne USA. Bundeswehr in NATO-Treue fest an der Seite welcher Türkei?

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Ulrich Gellermann
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Verbunden: 22.03.2013 - 15:43
Türkei-Putsch nicht ohne USA. Bundeswehr in NATO-Treue fest an der Seite welcher Türkei?
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Türkei-Putsch nicht ohne USA

Bundeswehr in NATO-Treue fest an der Seite welcher Türkei?

Seit Wochen kursierten im politischen Washington Gerüchte über einen Militärputsch in der Türkei. Ausgelöst hatte diese Vermutungen der ArtikelCould there be a coup in Turkey?“ von Michael Rubin im Blog des neokonservativen „American Enterprise Institute for Public Policy Research“ (AEI). Das AEI ist ein reaktionärer US-amerikanischer Think Tank in Washington, D.C. und gilt als Denkfabrik jenes militärisch-industriellen Komplexes in den USA, der sich wesentlich durch die Regierungen des Bush-Clans (Vatern und Sohn) vertreten sah. Namen wie Richard Perle, Lynne Cheney und Irving Kristol sind unter den prominenten Fellows des Institut zu finden. Michael Rubin berät für das US-amerikanische Militär hochrangige Offiziere, die in den Irak oder nach Afghanistan beordert werden.

Auch wenn US-Präsident Obama anlässlich des aktuellen Putsch-Versuchs zur Unterstützung der „demokratisch gewählten“ Regierung in der Türkei aufgerufen hat, ist nicht auszuschließen, dass eine andere Fraktion der US-Herrschaften eine andere Politik in der Türkei wünscht. Die Republik Türkei ist seit 1952 Mitglied der NATO. Nahezu zeitgleich kämpfte die türkische Armee an der Seite der US-Armee im Koreakrieg (1951-53): Rund 6.000 türkische Soldaten unterstützen den Machtanspruch der USA im Konflikt mit der Volksrepublik China. Seit dieser Zeit ist die Zusammenarbeit zwischen der US-Armee und den Türk Silahlı Kuvvetleri, den türkischen Streitkräften mehr als eng.

Die türkische Armee begreift sich selbst als Hüterin der Verfassung. Einer Verfassung, die Präsident Erdoğan durch seine Angriffe auf den dort verankerten Laizismus und seine diktatorischen Ansprüche seit langem gefährdet. Im Artikel 2 der Verfassung definiert sich die Türkei als „demokratischer, laizistischer und sozialer Rechtsstaat“. (⇒ komplette Verfassung in deutsch als  im Anhang!)


II. Merkmale der Republik

Artikel 2 — Die Republik Türkei ist ein im Geiste des Friedens der Gemeinschaft, der nationalen Solidarität und der Gerechtigkeit die Menschenrechte achtender, dem Nationalismus Atatürks verbundener und auf den in der Präambel verkündeten Grundprinzipien beruhender demokratischer, laizistischer und sozialer Rechtsstaat.

Nicht einer dieser Punkte entspricht der Verfassungswirklichkeit. Das hat die USA bislang nicht gekümmert. Was den Spitzen der US-Politik aber seit geraumer Zeit Sorgen macht, ist der offensichtliche Anspruch der Erdoğan-Türkei das Erbe der Osmanen anzutreten. Im März 2013 ließ der damalige Außenminister Ahmet Davutoğlu die osmanische Katze aus dem Sack: „Das letzte Jahrhundert war für uns nur ein Einschub. Wir werden diesen Einschub beenden. (…) Wir werden Sarajevo wieder mit Damaskus verbinden, Benghazi mit Erzurum und Batumi.

Während die USA zum Bespiel in Syrien kurdische Kräfte unterstützte, in der Hoffnung damit die Regierung Assad zu schwächen und auf eine Spaltung des syrischen Staatsgebietes setzte, kollaborierte die Türkei mit unterschiedlichen sunnitischen Terrorgruppen, bis hin zur logistischen Unterstützung des „Islamischen Staates“. Die beiden NATO-Partner, die auf dem Stützpunkt Incirlik Air Base einsatzfähige Atomsprengköpfe unter Verfügung der USA lagern, sind längst zu konkurrierenden Kräften geworden.

Schon mehrfach hat das türkische Militär in seiner Geschichte geputscht. Der erste und gravierendste Putsch führte am 27. Mai 1960 zur Absetzung des damaligen Ministerpräsidenten Adnan Menderes und zu dessen Hinrichtung. Menderes, unter dessen Ägide das Pogrom von Istanbul inszeniert wurde, das sich gegen die griechische Minderheit in der Türkei richtete und rund 100.000 Griechen zum Exodus trieb, war zugleich ein früher Islamist. Das war auch der Hauptgrund für den Militär-Putsch: Der Versuch von Menderes, die Türkei aus dem verfassungsmäßigen Laizismus zu lösen. „Wir haben“, erklärte Menderes damals, „unsere bis jetzt unterdrückte Religion von der Unterdrückung befreit. Ohne das Geschrei der besessenen Reformisten zu beachten, haben wir den Gebetsruf wieder auf das Arabische umgestellt, den Religionsunterricht an den Schulen eingeführt und im Radio die Rezitation des Koran zugelassen. Der türkische Staat ist muslimisch und wird muslimisch bleiben. Alles, was der Islam fordert, wird von der Regierung eingehalten werden.Wer Ähnlichkeiten zum Erdoğan-Regime erkennt, irrt nicht.
 

Der Putschversuch hat nach Angaben aus dem Bundesverteidigungsministerium "keine Auswirkungen" auf die Bundeswehrsoldaten in Incirlik. Auf dem Stützpunkt im Süden der Türkei sind derzeit 240 deutsche Soldaten stationiert. Sie beteiligen sich an den Tornado-Aufklärungsflügen gegen den "Islamischen Staat". Spätestens jetzt ist das hirnrissige Gehabe der „neuen deutschen Herausforderung“ zu erkennen:

  • An welcher Seite steht die Bundeswehr treu zu ihrem NATO-Partner?
  • An der Seite der gewählten Regierung mit diktatorischen Ambitionen?
  • Oder an der Seite des türkischen Militärs, das zumindest mit der Billigung einer US-Fraktion in Washington gerade versucht hat zu putschen?

Die Wahl wird der Regierung Merkel nicht schwer fallen. Wer soll und kann den Job übernehmen, die Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten an ihrer Reise in die EU zu hindern? Das ist die Seite auf der die Kanzlerin steht.

Ulrich Gellermann, Berlin



 Quelle: RATIONALGALERIE > Artikel vom 17.07.2016.


Bild- und Grafikquellen:

1. Die türkischen Streitkräfte (TSK, türkisch Türk Silahlı Kuvvetleri) umfassen die Teilstreitkräfte Heer, Marine und Luftwaffe. Die Republik Türkei ist seit 1952 Mitglied der NATO und unterhält innerhalb der NATO die zweitgrößte Anzahl an aktiven Soldaten nach den USA. Die türkischen Streitkräfte können im Rahmen der nuklearen Teilhabe-Strategie der NATO mit US-Sprengköpfen nuklear bewaffnet werden. In der Türkei werden einsatzfähige Atomsprengköpfe am NATO-Stützpunkt Incirlik Air Base unter Kontrolle der USAF dafür bereitgehalten.

Quelle: SyrianFreePress.wordpress.com/ - the real Syrian Free Press ~ War Press Info ~ maybe not always the latest but surely the most reliable news!

2. SULTAN ERDOGAN OF GREATER TURKEY. Kurdenschlächter Recep Tayyip Erdoğan war bis 2014 Vorsitzender der muslimisch-konservativen Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP).  Seit dem 28. August 2014 ist er Präsident der Türkei. Sein faschistischer, Menschenrechte verachtender Führungsstil ist ein Paradebeispiel für einen blutigen Staatsterrorismus, da er Krieg gegen das eigene Volk führt. Urheber der ursprünglichen Erdoğan-Karikatur: The Economist Newspaper, June 8th - 14th 2013. In dieser Ausgabe war die Original-Karikatur zuerst veröffentlicht. Die hier im KN-Artikel verwendete bearbeitete Darstellung ist ein Netzfund.

3. Recep Tayyip Erdoğan (* 26. Februar 1954 in Istanbul) ist seit dem 28. August 2014 der zwölfte Präsident der Republik. Von 1994 bis 1998 war er Oberbürgermeister von Istanbul und von März 2003 bis August 2014 Ministerpräsident der Türkei, zuletzt mit seinem dritten Kabinett. Bis 2014 war er Vorsitzender der muslimisch-konservativen Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP).

Quelle: SyrianFreePress.wordpress.com/ - the real Syrian Free Press ~ War Press Info ~ maybe not always the latest but surely the most reliable news!

4. Shakehands & ein absurder, menschenfeindlicher Flüchtlingsdeal mit der Türkei, obwohl diese den sogenannten Islamischen Staat / Daesch unterstützt bzw. durch Begünstigung von Waffen- und Munitionslieferung aus der Türkei in das von Daesh kontrollierte syrische Staatsgebiet. - El presidente turco masacra a los kurdos en su país mientras arma y organiza al Estado Islámico. Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs (WiKa) / QPress.de .

5. Kurdenschlächter Recep Tayyip Erdoğan. Bis 2014 war er Vorsitzender der muslimisch-konservativen Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP).  Seit dem 28. August 2014 ist er Präsident der Türkei. Urheber der Erdoğan - Karikatur: DonkeyHotey. The source image for this caricature of Turkey's President Recep Tayyip Erdogan is a Creative Commons photo from the World Economic Forum's Flickr Photostream.  Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0) Grafikbearbeitung (Textinlet): Wilfried Kahrs / QPress.de. Lizenz bleibt!

6. “Assimilation ist ein Verbrechen an der Menschlichkeit. Ich verstehe sehr gut, dass ihr gegen die Assimilierung seid. Man kann von euch nicht erwarten, euch zu assimilieren… Die türkische Gemeinschaft und der türkische Mensch, wohin sie auch immer gehen mögen, bringen nur Liebe, Freundschaft, Ruhe und Geborgenheit mit sich. Hass und Feindschaft können niemals unsere Sache sein. Wir haben mit Streit und Auseinandersetzung nichts zu schaffen. Zitat von Recep Tayyip Erdoğan, am 10. Februar 2008 in der Köln-Arena vor 20.000 Türkischstämmigen. Offensichlich hat Erdoğan ein Problem mit der Wahrnehmung der Folgen seiner Politik was nach Meinung des KN-Admins H.S. auf Kognitive Dissonanz schließen läßt.

Kognitive Dissonanz bezeichnet in der (Sozial-)Psychologie einen als unangenehm empfundenen Gefühlszustand, der dadurch entsteht, dass ein Mensch mehrere Kognitionen hat – Wahrnehmungen, Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche oder Absichten –, die nicht miteinander vereinbar sind.

Originalfoto: Flickr-user Recep Tayyip Erdoğan. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz  CC0 1.0 Universell (CC0 1.0) Public Domain Dedication - Kein Urheberrechtsschutz.