U-Boote der Staatsräson: Wie Deutschland das Gaza-Problem löst

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Ulrich Gellermann
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Verbunden: 22.03.2013 - 15:43
U-Boote der Staatsräson: Wie Deutschland das Gaza-Problem löst
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U-Boote der Staatsräson


Wie Deutschland das Gaza-Problem löst


Manchmal könnte man an der deutschen Staatsräson irre werden: Hatte doch die größte deutsche Kanzlerin aller Zeiten erklärt, die "Sicherheit Israels" sei Teil der deutschen Staatsräson und so einen echte Nibelungen-Eid geleistet. Aber nun, in höchster Not - in einer Zeit, in der die Hamas die Palästinenser aus Gaza in eine Art permanenten Selbstmordanschlag gegen Israel führt, sogar 430 Kinder musste die israelische Armee zur puren Selbstverteidigung umbringen - wird der Räson-Eid scheinbar aufgeweicht: "Der Status quo", schreibt Außenminister Frank-Walter Steinmeier in der WELT, „das zeigen die immer wiederkehrenden militärischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre, ist nicht haltbar." Ja was will er denn, der Steinmeier? Die notwendige israelische Härte gegen den Hamas-Terror, in deren Ergebnis inzwischen fast 2000 tote Palästinenser nötig waren, aufweichen? Den guten alte Status quo - nach der die israelische Regierung in Gaza ein echtes Gefangenen-Lager unterhält, mit Todesstreifen, pädagogischen Bombardements und alledem - etwa abschaffen?

Doch flugs meldete sich der israelische Außenminister Avigdor Lieberman zu Wort und rief die Bundesregierung zu mehr Engagement im Krisenherd Nahost auf: „Die Deutschen als politische Führungsnation in Europa müssen eine ganz entscheidende Rolle im Gaza-Konflikt einnehmen“. Der Mann hat die Gauck-Formel von der deutschen VERANTWORTUNG gut begriffen: "Führungsnation" nennt uns der ehemalige Saalordner. Da wissen wir doch genau, wohin uns das führt. Da schlägt die Räson die Hacken zusammen, meldet sich zur Stelle und liefert umgehend das nächste U-Boot von Kiel nach Haifa. So jedenfalls kündigte es Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel an und wird mit dieser Verschiffung hoffentlich den Status quo weiter vertiefen, wenn nicht gar verbreitern. Denn nicht "Ab-Tauchen" ist die Devise deutscher Räson, sondern unsere U-Boote werden auftauchen und der Hamas mal zeigen, was ein deutscher Torpedo ist.

Schon seit Jahren, genauer seit dem März 1999, helfen wir dem armen israelischen Staat dabei, seine Haupt-Rolle in der Welt zu spielen: Pfahl sein im Fleische arabischen Übermuts, Knüppel sein für alle, die Washington im Nahen Osten nicht leiden mag. Denn in diesem März Ende der 90er Jahre lieferte Deutschland ein erstes U-Boot der Dolphin-Klasse an Israel aus. Das 225 Millionen teure Boot, eigens mit Torpedo-Rohren für atomare Marschflugkörper ausgerüstet, war ein Geschenk an die Ordnungsmacht im Mittelmeer. Der deutsche Steuerzahler hatte sich nicht lumpen lassen, um dem letzten Land ordentlicher Apartheid einen atomaren Angriffs-Vorsprung vor den anderen Staaten in diesem Raum zu sichern. Es gab dann noch eine zweite U-Boot-Lieferung. Ebenfalls gratis. Und erst das dritte U-Boot, im Juni 2000 ausgeliefert, wurde zur Hälfte vom israelischen Staat selbst bezahlt.

Nun also, man ist geneigt zu sagen: endlich, kommt das vierte Boot zum Einsatz. Als erstes könnte es mal die restlichen Fischer vor der Gaza-Küste unter Betreuung nehmen. Bisher hatte die israelische Marine diese Terror-Fischer nur von den guten Fanggründen in der international üblichen 12-Meilen-Zone ferngehalten. Doch was die Fischer dann anlandeten, war zum Sterben immer noch zu viel.

Diese Drohung mit dem palästinensischen Überleben könnte der deutsche Dolphin mit seinem geringen Tiefgang auf nahe Null bringen: So ein paar Bötchen sind für die deutsche Kriegsmaschine kein Problem. Auch die palästinensische Tunnel-Plage - immer wieder schmuggeln die Gaza-Isten Lebensmittel durch die Röhren ins Land – ließe sich damit final klären: Ein paar Torpedos in jeden Tunnel-Eingang, und der Ausgang hätte sich letal erledigt. Für Deutschland ist diese Form der Räsonausübung sogar billiger als üblich, zahlen die Israelis bei diesem vierten Boot doch sogar fast zwei Drittel des Preises. Allerdings kostet es inzwischen mit 550 Millionen Euro auch schon das Doppelte. Schließlich ließe sich mit den atomaren Marschflugkörpern auch eine endgültige Lösung des Hamas-Problems erreichen. So was ist nun mal nicht umsonst zu haben.

Neben dem praktischen Nutzen ist die erneute U-Boot-Lieferung von unschätzbarer moralischer Bedeutung. Sagt doch das deutsche Waffengeschenk klipp und klar: Für die Räson nehmen wir gern den Verfassungsbruch in Kauf. Artikel 26 des Grundgesetzes formuliert eindeutig, dass "Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören", unter Strafe stehen. Ach was, Strafe, sagt sich der Gabriel. Es geht schließlich auch um das deutsche Waffenmarketing. Was sollen unsere Freunde in der Welt denn denken, wenn wir unsere Verpflichtungen nicht mehr einhalten? Gerade erst haben wir uns im Abkommen der Ukraine mit der EU auf eine "gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik" festgelegt. Der neue ukrainische Kriegsminister, Waleri Heletei, ließ bereits verlauten: "Ich werde alles auch für eine ukrainische Krim tun und bin überzeugt, dass wir siegen werden".

Solche Überzeugungen dürfen nicht erschüttert werden. Deutschland wird liefern.

Ulrich Gellermann, Berlin

 



► Quelle:  RATIONALGALERIE > Artikel


► Bild- und Grafikquellen:

 

1. U-Boot der Dolphin-Klasse. Das noch nicht in Dienst gestelle israelische Uboot Rahav bei Vermessungen im Großen Hafen von Wilhelmshaven. Urheber: Ein Dahmer. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“

2. Tafel. "Bomben auf Gaza - ist das die deutsche Staatsräson?" Grafik: Wolfgang Blaschka (WOB)