Zehnjährige Kanzlerschaft und nun Turbulenzen: Was kommt nach Angela Merkel?

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Verbunden: 02.08.2015 - 17:24
Zehnjährige Kanzlerschaft und nun Turbulenzen: Was kommt nach Angela Merkel?
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Zehnjährige Kanzlerschaft und nun Turbulenzen

Was kommt nach Angela Merkel?

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel kann in diesen Tagen auf ihre zehnjährige Kanzlerschaft zurückblicken und steht bereits ihrem dritten Kabinett vor. Um eine Prognose zur Beantwortung der Frage geben zu können, ist ein Blick auf die Gründe für ihren Aufstieg und ihre lange Kanzlerschaft notwendig. In einer bürgerlichen „Demokratie" bestimmt das Kapital die Politik und auch wer diese Politik z.B. als Kanzlerin umzusetzen hat.

Die CDU-Spendenaffäre (auch Schwarzgeldaffäre genannt) ebnete Angela Merkel den Weg nach oben an die Spitze der CDU, die sich selbst als christlich-soziale, liberale sowie wertkonservative Volkspartei sieht, und dann an die Regierung. Unbelastet von kriminellen Machenschaften ihrer Amtsvorgänger als CDU-Parteivorsitzende, Wolfgang Schäuble und Helmut Kohl, die Parteispenden von kriminellen Waffenhändlern und anderen Lobbyisten verschwiegen hatten und öffentlich die Unwahrheit darüber sagten, konnte sie an die Spitze der Partei und der CDU / CSU-Fraktion aufsteigen.

Die kriminellen Machenschaften der CDU konnte Sie genau so in der Versenkung verschwinden lassen wie sie als Ministerin für „Reaktorsicherheit" im Kabinett Kohl bereits tausende Fässer mit strahlendem Atommüll in der maroden Schachtanlage Asse, einem ehemaligen Salzbergwerk in Niedersachsen, einfach hatte vergraben lassen und der durch eintretende Lauge an den Wänden auch das Grundwasser kontaminieren könnte. Unscheinbar, bieder und pflichtbewusst wie sie sich schon immer gab und gibt, hatte Sie in den Augen des Kapitals jedoch höchste Leistungen vollbracht und hohes Ansehen erworben. Die CDU war vor einem schwarzen Abgrund stehend als kapitalistische „Volkspartei" von ihr gerade noch gerettet und der Atommüll geheim und illegal „beseitigt" worden, ohne das jemand hätte protestieren können.

Seit 2007 ist die tiefe Krise der kapitalistischen Weltwirtschaft so offenkundig geworden, dass sie nur noch durch massives Eingreifen der Regierung weiterhin in die Zukunft verschoben werden konnte. Die Regierung unter Kanzlerin Merkel schützte mit großzügigen „Rettungsschirmen" Banken und Konzerne, anstatt Sie in die Pleite gehen zu lassen und das System zu ersetzen, wie es linke und antikapitalistische Politik gewesen wäre. Die Kleinen Leute bekamen von Merkel keine „Rettungsschirme". Auf Weltwirtschaftsforen und sonstigen Gelegenheiten behauptet sie immer wieder, dass die Sozialausgaben in Europa im Vergleich zu Asien viel zu hoch seien und abgesenkt werden müssten, um „konkurrenzfähig" zu sein. Als Oppositionsführerin hatte sie bereits die Agenda 2010- Politik des Kanzlers Gerhard Schröder unterstützt und diese über die Bundesratsmehrheit ihrer Partei sogar noch etwas verschärfen lassen.
 

Merkel unterstützte schon George W. Bush und die „Koalition der Willigen“ bei ihrem kriminellen und völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Irak. Sie befürwortete auch den total umstrittenen Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, lehnte es aber - wie schon zuvor am 22.05.2010 der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler -  ab, von „Friedenseinsatz" zu sprechen. „Wir haben hier nicht nur kriegsähnliche Zustände, sondern Sie sind hier in Kämpfe verwickelt, wie man sie im Krieg hat.“, so Merkel. (⇒ FAZ-Artikel). Waffenexporte und Militäreinsätze dienen als vermeintliche Legitimation für die internationale Durchsetzung von Wirtschaftsinteressen und handelspolitischer Ziele unseres Landes mit starker Außenhandelsorientierung und damit Außenhandelsabhängigkeit.

Dass dies bewußt und damit vorsätzlich die Mißachtung des Grundgesetzes einhergeht, kümmert Merkel und ihre Schergen wenig. "Das Deutsche Volk", so steht es im Grundgesetz, "bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt." Aus Gründen der Ehrlichkeit sollte dieser Artikel eine Zusatzbemerkung erhalten: Soweit die Vereinigten Staaten von Amerika dieses Bekenntnis billigen und diese romantischen Grundsätze der Politik der USA nicht im Wege stehen.

Das Hauptanliegen des Kapitals und somit auch von Kanzlerin Merkel ist die Sicherstellung der Renditen, das Hauptmerkmal des Kapitalismus. Um dieses Ziel zu erreichen, wird in Kauf genommen, die Nationalstaaten zu schwächen und durch privatkapitalistische Institutionen zu ersetzen.  Ganz im Sinne der Kapitalhalter werden die Weichen für ein weiteres kapitalistisches Stadium, den Imperialismus, gestellt. Am Beispiel Zypern und Griechenland ist zu sehen, wie die bewusst am Laufen gehaltenen Wirtschafts- und Finanzkrisen dazu genutzt werden, sich des Volksvermögens der Griechen zu bemächtigen. Privatisierungen, Deregulierungen und Liberalisierungen sind die Begriffe, die die schwerwiegenden Verletzungen moralischer Normen durch die Kapitaleigner kaschieren. Regierungen und Bürger sollen durch eine perfide, menschenverachtende Austeritätspolitik für „Investitionsanreize" weiter sparen, mehr und mehr Befugnisse der Regierungen sollen auf übernationale Gremien wie der Europäischen Zentralbank (EZB), der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) übertragen werden. Staaten sollen sich allmählich auflösen und in Interessensphären unter Kontrolle des Privatkapitals zusammengefasst werden.

Das "Transatlantische Freihandelsabkommen", offiziell "Transatlantisches Handels- und Investitionspartnerschaft" (TTIP) [ Artikel zu TTIP hier und hier] sowie das "Comprehensive Economic and Trade Agreement", kurz CETA (dt. Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen, auch als Canada – EU Trade Agreement gelesen) und auch das "Trade in Services Agreement" (TiSA; dt. Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen), [ Artikel zu TiSA] sind weiterere Schritte in diese Richtung, wie schon zuvor der "Europäische Stabilitätsmechanismus" (ESM) als Teil des „Euro-Rettungsschirms“ in die Welt gesetzt, damit Eingriffe in nationalen Haushalte ermöglicht werden und um Entscheidungen der Regierungen und bürgerlichen Parlamente überflüssig zu machen.

Vor diesem Hintergrund sind auch Merkels Meinungsänderungen in einigen Fragen zu sehen, die sie mit dem Kapital vollzogen hat. Atomenergie hat für das Kapital jetzt nicht mehr unbedingt noch Vorrang, Sonnenenergie, Windkraft und vor allem Kohle erfüllen die Anforderungen des Kapitals nach Profit und Macht auch, daher durfte ihre Regierung einige AKW stilllegen. Krieg lohnt sich nicht unbedingt und daher durfte sie sich im Libyen Krieg heraushalten. Der Zerfall der EU ist zu verhindern, freier Personenverkehr als höchstes Gut ist zu erhalten und daher darf sie auch weiter die „Rettung der Flüchtlinge" voran treiben.

Merkel liegt also voll auf kapitalistischem Kurs und Opposition oder jemand der sie aus Sicht des Kapitals ersetzen kann, gibt es kaum. Merkel ist sehr wichtig für die Kapitalhalter und sollte jemand in der Union sich ernsthaft gegen Frau Merkel stellen, muss derjenige damit rechnen, abgelöst zu werden. Das Kapital verfügt über viele Möglichkeiten um in den Parteien und Medien Einfluss zu nehmen.

Ein Auseinanderbrechen der Union ist vorerst auch unwahrscheinlich, denn die Kapitalhalter sind an stabilen Verhältnissen interessiert. Und München ist der wichtigste Finanzplatz gegen den sich die rechtspopulistische CSU nicht auflehnen wird.

Bliebe also die „Opposition" und die SPD um Merkel zu stürzen aber wenn dann würde die unter Gabriel oder den Grünen die Politik genau fortsetzen, gegebenenfalls unter „Tolerierung" der Linken. Rechte „Bewegungen" werden sich wieder auseinander spalten.

Nötig ist eine echte Linke Opposition die Alternativen zum ganzen kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem aufzeigt und sich über außerparlamentarische Bewegungen aufbaut und vernetzt. Dies wird nur auf Basis des wissenschaftlichen Sozialismus zur Abgrenzung von gelingen da gesellschaftliche Prozesse erklärt werden und Strategien entwickelt werden müssen.

Siegfried Buttenmüller



Bild- und Grafikquellen:

1. Dr. Angela Merkel: Urheber: DonkeyHotey. The source image for this caricature of Angela Merkel is a Creative Commons licensed photo by Dirk Vorderstraße available via Wikimedia. The body is from a photo in the public domain from the United States European Command. Quelle: Flickr. Verbreitung unter CC-Lizenz, Attribution 2.0 Generic (CC BY 2.0).

2. Kanzlerin Merkel unterstützte schon George W. Bush und die „Koalition der Willigen“ bei ihrem kriminellen und völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Irak. Sie befürwortete auch den total umstrittenen Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs / QPress.de

3. "Na .. Dickerchen .. schon Panik? . . .". Angela Merkel greift nach der Macht. Grafik: Wilfried Kahrs / QPress.de