Zurück nach Bagdad!

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Helmut S. - ADMIN
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Verbunden: 21.09.2010 - 20:20
Zurück nach Bagdad!
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Zurück nach Bagdad!


von Eric S. Margolis


Man würde meinen, dass die Neokonservativen, die den Krieg gegen den Irak angezettelt haben – die schlimmste Katastrophe für die Vereinigten Staaten seit Vietnam – nie mehr aus der Versenkung auftauchen würden.

Mitnichten. Mit umwerfender Chuzpe behauptete gerade der ehemalige Vizepräsident Dick Cheney, der wirkliche Machthaber in der Bush-Administration, dass Präsident Barack Obama für den wachsenden Sauhaufen in Bagdad verantwortlich ist.

Obama ist ein Schlappschwanz, der Amerikas Feinden gestattet, sich ungezügelt im Mittleren Osten und in Osteuropa auszubreiten, knurrte Cheney. Er will, dass Soldaten der Vereinigten Staaten von Amerika wieder den Irak besetzen und vielleicht auch Syrien. Cheneys Toben fand Beifall von einem weiteren senilen Greis hinter den Bergen, dem republikanischen Parteiführer Senator John McCain.

Aus dem Washingtoner Gebälk kroch ein Schwarm von Neokonservativen. Sie begleiteten Cheney bei seiner Kritik an Obama wegen dessen Irakpolitik und forderten weitere Kriege gegen die muslimische Welt.

Es ist ein Jammer, dass die Amerikaner diese Kriegstreiber nicht bei ihrem richtigen Namen nennen. In Britannien wären sie bekannt als Imperialisten und Weltreich-Loyalisten. Die republikanische Partei ist effektiv zur amerikanischen imperialistischen Partei geworden, verbündet mit den glühend pro-israelischen Neokonservativen.

Beide Parteien wollen das amerikanische globale Imperium verstärkt und ausgeweitet sehen. So verfasste Dick Cheney in einem Kommentar, der von der Hauspostille der harten Rechten Wall Street Journal ausposaunt wurde, eine rabiate Hetzrede gegen Obama, die Mussolini erröten lassen hätte.

Präsident Obama steht jetzt vor einer schweren Entscheidung. Während Bagdads Armee vor den Angriffen der Sunniten wankt, setzt er eingeschränkte Luftkräfte und 300 US-Soldaten ein, um dem Vormarsch der Jihadisten/Ba’athisten zu begegnen. Außer dass sie viele Zivilisten töten, werden Luftangriffe Saudiarabien und einen großen Teil der sunnitischen Welt empören. Obama weiß, dass Amerika nicht als der Champion der irakischen Schiiten gegen die sunnitische Minderheit dastehen darf.
 

Der Krieg ist die großzügigste und wirkungsvollste ‘Reinigungskrise zur Beseitigung der Überinvestition’, die es gibt.

Er eröffnet gewaltige Möglichkeiten neuer zusätzlicher Kapitalinvestitionen und sorgt für gründlichen Verbrauch und Verschleiß der angesammelten Vorräte an Waren und Kapitalien, wesentlich rascher und durchgreifender, als es in den gewöhnlichen Depressionsperioden auch bei stärkster künstlicher Nachhilfe möglich ist.

So ist der Krieg das beste Mittel,
um die endgültige Katastrophe des ganzen kapitalistischen Wirtschaftssystems immer wieder hinauszuschieben.
Ernst Winkler
Theorie der natürlichen Wirtschaftsordnung, 1952

 

Die Saudis warnen Obama offen davor, im Irak einzugreifen. Inzwischen beginnt der Iran damit, Bodentruppen in den Irak zu entsenden, was Saudiarabien und Israel zur Raserei treibt. Kooperation zwischen Washington und Teheran in der Sache Irak hätte wahrscheinlich einen positiven Effekt auf die nuklearen Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran.

Obama geht auf Nummer sicher, indem er symbolisch 300 US- Sondereinsatzsoldaten „Berater” nach Bagdad schickt. Als ob der Irak, der sich seit 1980 im Krieg befindet, mehr Ausbildung oder Ratschläge benötigt. Luft- und/oder Drohnenangriffe sind jede Minute zu erwarten. Was Obama in Wirklichkeit macht, ist „weiße” Offiziere schicken, um das Rückgrat der schwankenden eingeborenen Soldaten zu stärken.

Interessanterweise befindet sich Obama in der selben Art des imperialen Dilemmas, in dem Britanniens Premierminister William E. Gladstone im Jahr 1885 steckte. In diesem Jahr ging Britanniens General Charles „Chinese“ Gordon nach Khartum im Sudan, um den Kampf gegen islamische Jihadisten zu führen, damals bekannt unter dem Namen "Derwische". Deren Führer Muhammad Ahmad, bekannt als der Mahdi, wurde zum überragenden viktorianischen Schurken, etwa vergleichbar mit Osama bin Laden in unserer Zeit.

Gordon versuchte Gladstone zu beschämen, damit dieser eine britische Armee den Nil hinauf schickte, um Khartum zu befreien. Wie Obama wollte Gladstone imperiale Abenteuer vermeiden, wurde aber letztendlich durch hurrapatriotisches öffentliches Geschrei gezwungen, eine Armee in den Sudan zu schicken, allerdings nicht ehe Gordon getötet und zum viktorianisch-christlichen Märtyrer geworden war. Der Fall Khartums an die Derwische war der 9/11 des viktorianischen Zeitalters.

Um was es hier in Wirklichkeit geht ist Erdöl. Rund 8.000 Jihadisten und wieder erwachende Kämpfer der Ba’ath Partei sind keine Bedrohung für die Vereinigten Staaten von Amerika, wie Obama behauptet. Sie sind aber eine schlimme Bedrohung für Big Oil.

Saddam Hussein hat das Erdöl des Irak verstaatlicht und dessen ausländische Eigentümer hinausgeworfen. Sobald er weggeräumt worden war, kamen die Erdölfirmen der Vereinigten Staaten von Amerika und andere zurück, um das schwarze Gold des Irak heraufzupumpen. Wie Dick Cheney sagte, wurde der Irak um „Israels und des Erdöls“ willen überfallen.

Mittlerweile zerrt das Weiße Haus schnell den Teppich unter den Füßen des erbärmlichen Nouri al-Maliki weg und warnt, er solle sich verziehen - sonst . .  Schiitische Generäle planen bereits, wie Malikis Büro umgestaltet werden soll. Frisch vom Aussuchen einer neuen Regierung in Kiew gekommen sind die Vereinigten Staaten von Amerika jetzt voll mit Königmachen im Irak beschäftigt.

Denken wir an Henry Kissingers markante Bemerkung: “Es ist gefährlicher Amerikas Verbündeter zu sein als sein Feind.“

Maliki wird der nächste ausgediente Hampelmann sein, den Onkel Sam zur Seite wischt. Der CIA „Trumpf,“ der die Macht in Kabul übernimmt, ist mit der selben Drohung konfrontiert. Sowohl die irakische als auch die afghanische Armee werden bezahlt, um Uniformen zu tragen, nicht um tatsächlich zu kämpfen.

Noch immer ist nur wenigen Amerikanern bekannt, dass der Krieg gegen den Irak über eine Billion Dollar kostet – finanziert mit Krediten von China und Japan – die unsere Enkelkinder bezahlen werden. Diese Neokonservativen, die nach Krieg heulen, haben bis jetzt noch nicht angeboten, persönliche Beiträge zu einer größeren Kriegsanstrengung zu leisten. Wenige werden sich erinnern, dass Vietnam mit einer kleinen Anzahl von „Beratern“ der Vereinigten Staaten von Amerika angefangen hat.

Eric S. Margolis


 


   
Quelle: erschienen auf > www.ericmargolis.com > Artikel

Die Weiterverbreitung dieses Textes ist durchaus erwünscht. In diesem Fall bitte die Angabe der Webadresse www.antikrieg.com nicht zu vergessen! Die deutsche Übersetzung wurde dort freundlicherweise von Klaus Madersbacher / A zur Verfügung gestellt.

► Informationen über den Autor Eric S. Margolis - weiterlesen (engl.)

► Grafik- u. Bilderquellen:


1. Republikaner - Demokraten. Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs / QPress

2. Uncle Sam ist die bekannteste Nationalallegorie der Vereinigten Staaten. Er war eine verbreitete Werbefigur, wurde aber seit 1961 durch Senatsbeschluss offiziell anerkannt. Uncle Sam wird weltweit verstanden und benutzt. Außerhalb der USA ist Uncle Sam eine Karikatur dieses Landes und die Nennung des Namens Uncle Sam ist ausreichend zur personifizierten Kritik an Regierung und Kultur der Vereinigten Staaten. Uncle Sam ist ein hagerer, älterer Mann mit weißer Hautfarbe, weißem Haar, Ziegenbart und meist ernster Mimik. Er trägt die Nationalfarben der USA am Körper, ein dunkelblaues Jackett mit rot-weiß gestreifter Hose. Sein Zylinder ist meist mit den Stars and Stripes verziert.

Die Figur geht auf die Zeit des Britisch-Amerikanischen Krieges von 1812 zurück. Namensgeber soll Samuel Wilson III (1766–1854), ein Hersteller von Fleischkonserven in Troy, New York, gewesen sein. Das heute bekannte Aussehen verdankt Uncle Sam dem Graphiker James Montgomery Flagg, der Uncle Sam im Ersten Weltkrieg für das Militär werben ließ. Seine I Want You for U. S. Army-Version der Gestalt ersetzte eine frühere von Thomas Nast.

Die hier im Artikel gezeigte Illustration ist von Alexander Kiss / pixelquelle_harlekin_cartoon. Quelle: Pixelio.de