US-Regierung droht mit Krieg
Stellungnahme zur Eskalation im Konflikt mit Nordkorea
von Claus Schreer / Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus
„Nordkorea droht den USA mit Atomangriff“, das waren in den letzten Wochen die Schlagzeilen in fast allen Medien von der FAZ über DIE ZEIT, DIE WELT, FOCUS, BILD-Zeitung bis zum ZDF. Dabei werden die Fakten bewusst verdreht.
Nicht Nordkorea droht mit einem Angriff auf die USA, sondern die USA drohen mit Krieg, falls Nordkorea seine Atomwaffen- und Raketentests nicht beendet. Dafür gibt es aber keinerlei Rechtsgrundlage, selbst der UN-Sicherheitsrat hat nicht das Recht, die Einstellung der Raketen-Tests zu erzwingen.
Natürlich wird in den Medien auch über Äußerungen Donald Trumps berichtet, sie werden aber als Reaktion auf die angeblichen Atomkriegsdrohungen Nordkoreas dargestellt. Donald Trump sagte nach den Tests mit Langstreckenraketen, die möglicherweise US-Territorium erreichen könnten, Nordkorea würde „Feuer, Wut und Macht zu spüren bekommen, wie die Welt es so noch nicht gesehen hat" und ein paar Tage später, „Militärische Lösungen sind nun vorbereitet, geladen und schussbereit, sollte Nordkorea unklug handeln“. US-Verteidigungsminister James N. Mattis drohte, Nordkorea müsse „jeden Gedanken und jede Handlung unterlassen, die zu einem Ende seines Regimes und zur Zerstörung seines Volkes führen würde“. Wenn die US-Regierung an diesen Drohungen festhält, wird sie früher oder auch zuschlagen, mit der Folge, möglicherweise einen Atomkrieg auszulösen.
► Wer bedroht eigentlich wen? Die Fakten:
Anlass zur Kritik am Regime in Pjöngjang gibt es natürlich genug. Eine Bedrohung des Weltfriedens oder der USA ist Nordkorea jedoch nicht. Es gibt bis heute keinerlei Drohungen Nordkoreas mit einem Angriff auf die USA. Kim Jong-un will den USA aber vorführen, dass er in der Lage ist zurückzuschlagen, wenn er angegriffen wird.
Die gängige Propaganda westlicher Politiker und Medien, Nordkorea würde die USA oder ein anderes Land mit Atomwaffen angreifen, ist geradezu absurd, weil ein solcher Angriff unweigerlich die eigene Vernichtung zur Folge hätte. Nordkoreas Überlebensgarantie ist der Besitz von Atomwaffen - nicht aber deren Einsatz gegen Staaten, die das Land nicht militärisch angreifen.
Nordkorea hat seine Atomwaffen- und Raketentests – quasi als Warnung – mit großem Propagandaaufwand öffentlich bekannt gemacht. Nordkoreas Botschaft lautet: Lasst uns in Ruhe, wir können auch zurückschlagen. Der Besitz von Atomwaffen ist aus der Sicht Nordkoreas seine einzige Überlebensgarantie. Das Regime in Pjöngjang folgt damit der Logik der Abschreckung, die seit den Zeiten des „kalten Krieges“ bis zum heutigen Tag das offizielle Dogma der atomaren Supermächte ist.
Umgekehrt haben die USA mit ihrer militärischen Präsenz im Pazifik ein monströses Drohpotenzial in der Region aufgebaut, mit der Fähigkeit Nordkorea – auch ohne den Einsatz von Atomwaffen – jederzeit in Schutt und Asche zu legen. Die USA verfügen in unmittelbarer Nähe zu Nordkorea und China über riesige Militärstützpunkte auf Guam (Andersen Air Force Base) und in Japan, mit dort stationierten Langstrecken- und Tarnkappenbombern. Dazu kommt die im Pazifik stationierte 7. US-Flotte, mit ca. 20 Kriegsschiffen, U-Booten und dem größten US-Flugzeugträger.
Einem möglichen US-Angriff hätte Nordkorea kaum etwas entgegenzusetzen. Kim Jong-uns Reaktion auf einen solchen Angriff wäre voraussichtlich ein Vergeltungsschlag, der sich gegen die wichtigste US-Militärbasis im Pazifik, die Insel Guam richtet. In Frage dafür käme nur der Einsatz seiner Langstreckenraketen. Selbst die darauf folgende Aussicht auf die totale Vernichtung seines Landes und seines eigenen Untergangs dürfte Kim Jong-un kaum von einem solchen Vergeltungsschlag abhalten.
Unvergessen in der koreanischen Bevölkerung ist bis heute immer noch der Koreakrieg. Im Koreakrieg 1950 bis 1953 setzen die USA erstmals flächendeckend Napalmbomben ein. Der US-Bombenkrieg verwandelte Nordkorea in eine Kraterlandschaft. Dabei wurden fast drei Millionen Zivilisten getötet.
Während die Sowjetunion und China nach dem Waffenstillstand ihre Truppen abgezogen hatten, unterhalten die USA in der Republik Südkorea bis zum heutigen Tag 20 Stützpunkte mit rund 30 000 US-Soldaten. Jedes Jahr führen die USA gemeinsam mit Südkorea militärische Großmanöver durch, bei denen die Invasion Nordkoreas geprobt wird.
Die derzeitigen US-Kriegsdrohungen sind übrigens nur der Höhepunkt aller bisherigen militärischen Drohungen gegen Nordkorea. Bereits 1994 erwog US-Präsident Bill Clinton einen Präventivschlag gegen die nordkoreanischen Atomanlagen. Das war 12 Jahre vor dem ersten Atomwaffenversuch Nordkoreas. 2001 erklärte US-Präsident Bush Nordkorea zum „Schurkenstaat“ und als Ziel für einen Atomwaffeneinsatz und Vice-Präsident Dick Cheney forderte einen gewaltsamen Regimewechsel in Pjöngjang.
Was mit anderen Ländern geschah, die als Schurkenstaaten gebrandmarkt wurden, haben die USA in Afghanistan, im Irak und Libyen vorgeführt. Auch sie waren keine Bedrohung für die USA oder den Weltfrieden, aber sie waren dem Vorherrschaftsanspruch der USA im Wege und sie waren der stärksten Militärmacht der Welt wehrlos ausgeliefert.
Keinerlei Kritik gibt es bisher am Verhalten Russlands und Chinas in diesem Konflikt. Anfang August hat der Weltsicherheitsrat – mit Zustimmung Russlands und Chinas – die bisher schärfsten Sanktionen gegen Nordkorea verhängt. Zur Begründung dieser und aller vorhergehenden Resolutionen erklärt der UN-Sicherheitsrat wider besseres Wissen, dass Nordkorea entsprechend dem Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen „nicht den Status eines Kernwaffenstaates haben kann“ und dass die Nuklearversuche Nordkoreas „eine klare Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“ darstellen.
► Auch der UN-Sicherheitsrat verdreht die Fakten.
Nordkorea hat erstens 2003 den Nichtverbreitungsvertrag gekündigt und ist seither auch nicht an die darin enthaltende Verpflichtung gebunden, keine Atomwaffen zu erwerben oder herzustellen. Zweitens sind die Atomwaffenversuche wie die Raketentests keine Bedrohung des Weltfriedens oder der internationalen Sicherheit und ebenso keine Bedrohung der USA oder anderer Länder. Ihr einziger Zweck ist die Abschreckung vor einem militärischen Angriff.
China und Russland weisen zwar regelmäßig darauf hin, dass der Konflikt mit Nordkorea durch Verhandlungen gelöst werden muss, haben aber trotzdem den UN-Sicherheitsratsresolutionen zugestimmt, die den USA als Vorwand für ihre Kriegsdrohungen dienen. China hat inzwischen alle Importe von Kohle, Eisen, Blei sowie von Fisch und Meeresfrüchten aus Nordkorea verboten. Die Exporterlöse Nordkoreas werden damit – zum Schaden der Bevölkerung des Landes – um ein Drittel dezimiert.
Chinas Zustimmung zu den Resolutionen des UN-Sicherheitsrates und seine jetzt verhängten Sanktionen dienen nicht der Lösung des Konflikts. Die USA werden sich mit Chinas Sanktionen nicht zufrieden geben. Für die „Falken“ in der US-Regierung aber sind die Entscheidungen Chinas geradezu eine Ermunterung, ihre militärischen Drohungen und ihre Kriegsvorbereitungen fortzusetzen und schließlich auch wahr zu machen.
Weitgehend unbekannt ist Deutschlands Beihilfe für einen möglichen Krieg.
Südkoreanische Medien berichten kürzlich von präzise geplanten Angriffsplänen Südkoreas. Um erfolgreiche Militäroperationen gegen Nordkorea zu ermöglichen, sollen deutsche Bunkerbrecher vom Typ „Taurus“ zum Einsatz kommen. Die Bombe wurde eigens dazu entwickelt, schwere Bunkeranlagen aufzubrechen. Die Hightech-Waffe ist derzeit die modernste Waffe dieses Typs auf dem Markt. Sie stammt vom deutschen Hersteller Taurus Systems GmbH aus Schrobenhausen. Eine dieser Bomben kostet 1 Million Euro. 260 Bomben hat Deutschland bereits an Südkorea verkauft, berichtete die südkoreanischen Tageszeitung „The Korea Herald“ unter Berufung auf die eigene Regierung.
► Wie könnte eine Lösung aussehen?
Niemand kann ein Interesse daran haben, dass sich immer mehr Staaten Atomwaffen zulegen. Die Welt wird dadurch nicht sicherer. Die Führung Nordkoreas wird allerdings erst dann bereit sein, auf den weiteren Ausbau des Atomwaffen- und Raketenprogramms zu verzichten, wenn die Souveränität und Sicherheit des Landes garantiert ist. Voraussetzung dafür wäre:
- sofortige Beendigung aller Angriffskriegsdrohungen und völkerrechtlich-verbindliche Sicherheits- und Nichtangriffsgarantien für Nordkorea,
- die Einstellung der militärischen Großmanöver der USA und Südkoreas, bei denen die Invasion Nordkoreas geprobt wird, sowie der Abzug der US-Truppen aus Südkorea,
- die Beendigung der Sanktionen, um eine wirtschaftliche Erholung Nordkoreas zu ermöglichen und schließlich
- ein Friedensvertrag zwischen beiden koreanischen Staaten.
Claus Schreer / Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus
Info + Kontakt <claus.schreer@t-online.de>
► Bild- und Grafikquellen:
1. American Psycho / Korean Psycho: Grafik: Duncan C., London. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung-Nicht kommerziell 2.0 Generic (CC BY-NC 2.0).
2. Kim Jong-un (* 08. Januar 1983 in Pjöngjang) ist nordkoreanischer Diktator, 1. Vorsitzender der Nationalen Verteidigungskommission, Oberkommandierender der Koreanischen Volksarmee und erster Sekretär der Partei der Arbeit Koreas sowie seit 29. Dezember 2011 der sogenannte „Oberste Führer“ der Demokratischen Volksrepublik Korea („Nordkorea“). Er ist der dritte und jüngste Sohn seines am 17. Dezember 2011 verstorbenen Vorgängers Kim Jong-il und wurde bereits am 27. September 2010 zum General ernannt. Er folgte seinem Vater nach dessen Tod in den Führungspositionen nach. Bild: . Urheber: DonkeyHotey. Quelle: Flickr. Verbreitung unter CC-Lizenz, Attribution 2.0 Generic (CC BY 2.0).
3. END U.S. IMPERIALISM. Foto: Josh Bartok. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0).
4. AIR STRIKES - LUFTANGRIFFE: Die NATO hat bereits drei Angriffskriege geführt (Jugoslawien, Afghanistan, Libyen). Angriffskriege sind nicht nur Verletzungen des allgemeinen Völkerrechts und der UN-Charta, (siehe auch Volltext der Charta) sondern auch eigenständige kriminelle Straftatbestände gemäß internationalem Strafrecht. Angriffskrieg ist neben Völkermord das schlimmste Verbrechen gegen die Menschlichkeit. In dieser Hinsicht soll NATO als eine "kriminelle Vereinigung" bezeichnet werden. Reale Friedenspolitik, gemeinsam handeln - Raus aus der NATO!
Völkerrechtlich haben sich die USA schon seit Jahrzehnten zu einem Schurkenstaat entwickelt, der den Weltfrieden nicht nur bedroht sondern abermals in gröbster Weise durch Angriffskriege, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verletzt hat. Europäische Mitglieder der NATO können weder den US-Imperialismus zähmen noch aufgrund des NATO-Vertrages die USA aus der NATO ausschließen. Sie können auch nicht die Organisation gegen den Willen der USA auflösen.
Grafik: Flickr-user susu / susuzeck, Österreich. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0).
5. RAUS AUS DER NATO. Grafik: Wilfried Kahrs (WiKa), QPRESS.