

Deutschlands neue Bundesbauministerin Verena Hubertz
Aus der völligen ressortbezogenen Ahnungslosigkeit leidlich herausgebrieft
Plattes Bauen Voraus!
von Rocco Burggraf | ANSAGE.org
Habemus Bauministerin. Verena Ute Hubertz (* 26. November 1987 in Trier), so heißt die Frohnatur, Mitte Dreißig, die nun das deutsche Wohnungsproblem lösen soll. Sie käme „aus der Wirtschaft“ (hieß es am 04. Juni beim angesichts des heiteren Sounds sichtlich aufgeräumten Chef-Einordner Markus Lanz) – und aus der SPD natürlich. – Dies scheint ja seit geraumer Zeit eine Grundvoraussetzung für den Spitzenposten des Bundesbaumanagements zu sein.
Besonders prädestiniert ist Frau Hubertz offenbar durch die Gründung einer „crossmedialen Kochplattform“ mit Namen „Kitchen Stories“. Die fand sich immerhin nach fünfmaligem Wischen nach Links nicht nur auf meinem, sondern dem Vernehmen nach noch auf zwanzig Millionen weiteren Telefonen. Die Digitalköchin verkaufte ihre Idee für einen satten Betrag und gilt seitdem im wirtschaftlich eher unterbelichteten Politiksektor als Siegertyp.
Vermutlich hat man ihr das einige Male zu oft gesagt – denn Frau Hubertz simuliert ein Sendungsbewusstsein, das zuweilen schon Baerbocksche Züge trägt; eine Attitüde, die vom Gehalt ihrer Aussagen keineswegs gedeckt scheint. Was sie im Lanzschen Thermomix so an Rezepten vorlegte, lässt bestenfalls darauf schließen, dass sie sich bei Leuten umgehört haben muss, die ihrerseits behaupten, schon mal hier und da etwas vom Bauen gehört zu haben.
Präsentiert wurde hier gepflegtes Viertelwissen, gemischt mit Politikstanzen wie „Ich fühle die Verantwortung“ oder “Ich bin Optimistin, und ich möchte, dass wir den Karren wieder rausholen.” Wie das gehen soll, das lässt sie auf hartnäckige Nachfrage – wohl dank einiger Insidertipps – dann doch durchblitzen; unvorsichtigerweise, ist man geneigt hinzufügen: „15 Euro Monatsmiete je Quadratmeter“ will sie schaffen. „Zu dicke Decken“ auf das „Nötige reduzieren“. „Tiefgaragen“ weglassen und stattdessen „draußen parken“. Dann noch „mehr Holz“ verwenden. Da bräuchte man auch „keine Folien“ mehr. Und überhaupt – Bauen sei jetzt was „Industrielles“, wo man alles vorproduziert und nur noch montieren respektive aufeinanderstapeln muss.
► Sozialistischen Erneuerinnen des Radschlags
Wo fängt man da an? Es dürfte sinnlos sein, sozialistischen Erneuerinnen des Radschlags zu erklären, dass 15-Euro-Mieten in den allmeisten deutschen Städten – also dort, wo der Mangel am größten ist – aufgrund von Angebot und Nachfrage nicht annähernd kostendeckend sind und angesichts galoppierender Preisentwicklung auch nie kostendeckend sein werden. Auch nicht, dass noch nie von irgendjemandem einfach „zu dicke Decken“ gebaut wurden. Nicht nur, weil Stahl und Beton seit geraumer Zeit ziemlich teuer sind, sondern auch, weil Decken halten müssen, Durchbiegungsbegrenzungen haben und in Normen gegossene gesetzliche Bedürfnisse des besonders schallsensiblen deutschen Bewohners zu befriedigen sind.
Auch ihre zündenden Ideen, teure Tiefgeschosse wegzulassen, Stellplätze nach Möglichkeit im Freiraum oder Dachgeschossen zu realisieren oder autofreie Wohnkonzepte (“Integriertes Wohnen + Arbeiten”) anzustreben, sind ungefähr so neu wie die Erfindung der Kücheneckbank. Dies gilt auch für den seit Ewigkeiten unablässig ausgerufenen Wunderbaustoff Holz, der eben trotz vieler technologischer Neuerungen in punkto Tragfähigkeit, Haltbarkeit, thermisches Speichervermögen oder Brand- und Schallschutz natürliche Grenzen hat; Grenzen, die man nur mit ausgesprochen kostenintensiven Zusatzmaßnahmen kompensieren kann.
Holzbauten sind eben nicht preiswert, sondern extrem planungsintensiv und teuer. Daher sind heute weder Holz- noch Lehmhütte, nicht Wohncontainer [auch Kapselwohnungen, Mikroappartments, Mikrowohnungen; H.S.] oder Jurte die bevorzugte Behausung der Deutschen, sondern immer noch das vielbewunderte deutsche Kulturgut Massivhaus. Kurzum: Die Ausführungen der jungdynamischen Ministerin kommen über die Plappereien autodidaktischer Volksexperten in sozialen Netzwerken kaum hinaus.
Leben auf allerkleinstem Raum - ein Wohnmodell der Zukunft?
Mikroapartments im ehemaligen Nakagin Capsule Tower, Tokio.
► Typisierte Bunker des Grauens
Dies gilt auch für das unsterbliche Goldene Kalb des Bauens: Die „industrielle Revolution des Bauens“ wird ungefähr alle fünfzehn Jahre als Universalrezept neu aufgelegt. Schon als ich in den Achtzigern Architektur studierte, wurde uns von wohlgesonnenen Städtebauern ferner Länder in Lichtbildvorträgen vorgeführt, wie normiertes Bauen überall im kapitalistischen Ausland zu prekären Stadtvierteln geführt hatte. Unbeherrschbare soziale Brennpunkte, die man 25 Jahre nach ihrer Entstehung aus lauter Verzweiflung nur noch sprengen konnte.
Wir waren also, während sich gerade draußen in der sozialistischen Wildnis volkseigene Kombinate unentwegt entlang von radiusoptimierten Kranbahnen normierte Waschbetonkuben zur Erfüllung staatlicher Wohnungbauvorgaben aufstapelten, schonmal vorgewarnt, wie das mit der handwerksbefreiten Industrievariante des “Sozialistischen Bauens” so enden würde.
Aber der Fetisch “Planerfüllung” ließ sich natürlich nicht aufhalten und generierte so unverdrossen wie flächendeckend Satellitenstädte auf der „grünen Wiese“, verschonte auch kleinere Orte und selbst Dörfer nicht vor den typisierten Bunkern des Grauens. Einigermaßen „sozial“ blieben die Ergebnisse nur solange, wie in verfallenden, dreckigen Innenstädten keine Alternativen zu finden waren. Kurz nach der Wende kam es, wie es kommen musste: Die vorausgesagte soziale Segregation der Plattenbaugebiete setzte ein und wurde durch einen weiteren, dem Migrationsgeschäft gewidmeten Industriezweig in ihren katastrophalen Wirkungen noch verstärkt.
Die Erkenntnis, dass Menschen sich weder normiert kleiden noch in Massen normiert wohnen wollen, wird immer dann angestrengt vergessen, wenn mal wieder eine Wirtschaft von Sozialisten an die Wand gefahren wurde und keine anderen Lösungen als normierte „Auffanglager“ mehr bleiben. Immer dann schlägt die Stunde staatlicher Wohnungsbauprogramme.
»Die konventionelle Käfighaltung ist in Deutschland seit 2009 verboten, seit 1. Januar 2012
in der gesamten Europäischen Union. Das gilt allerdings nur für Hühner, nicht für Menschen.
Die können froh sein, überhaupt noch bezahlbare Wohnungen zu finden.
Hauptsache das Nutztier Mensch (Nutzmenschhaltung) zahlt jahrzehntelang fleissig Steuern.«
(-Helmut Schnug)
Vielleicht sollte jemand, der sich mit staatswirtschaftlicher Ökonomie auskennt, Frau Hubertz erklären, was eigentlich ihre Aufgabe als Bauministerin wäre: Nämlich Staatsquote, Investitionsbedingungen, Steuern, Abschreibungen und Baugesetzgebungen so zu gestalten, dass man auf der einen Seite mit dem Bauen von Wohnungen Geld verdienen kann, und auf der anderen Nutzern genügend vom Brutto bleibt, um diese dann zu kaufen oder zu mieten.
Rocco Burggraf
► Quelle: Der Artikel von Rocco Burggraf wurde am 05. Juni 2025 unter dem Titel »Plattes Bauen Voraus!« erstveröffentlicht auf ANSAGE.org >> Artikel. HINWEIS: Der Gründer dieser Seite, Daniel Matissek, gewährte auf Anfrage in einem Email vom 22. Juni 2022 sein Einverständnis und die Freigabe, gelegentlich auf ANSAGE.org veröffentlichte Artikel in Kritisches-Netzwerk.de übernehmen zu dürfen. Dafür herzlichen Dank. Das Urheberrecht (©) an diesem und aller weiteren Artikel verbleibt selbstverständlich bei den jeweiligen Autoren und ANSAGE.org.
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1. Verena Hubertz: Sicheres Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit. Verena Ute Hubertz (* 26. November 1987 in Trier) ist eine deutsche Politikerin (SPD) und Unternehmerin. Sie ist seit dem 6. Mai 2025 Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen im Kabinett von 'NichtMeinKanzler Friedrich Merz.
Bei der Bundestagswahl 2021 errang sie das Direktmandat im Wahlkreis Trier und ist seitdem Mitglied des Deutschen Bundestages. Dort war sie von Dezember 2021 bis Mai 2025 eine der stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion.
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2. Wohnen ist Menschenrecht für alle! Es dürfte sinnlos sein, sozialistischen Erneuerinnen wie Verena Hubertz (SPD) des Radschlags zu erklären, dass 15-Euro-Mieten in den allmeisten deutschen Städten – also dort, wo der Mangel am größten ist – aufgrund von Angebot und Nachfrage nicht annähernd kostendeckend sind und angesichts galoppierender Preisentwicklung auch nie kostendeckend sein werden.
Foto: StockSnap (user_id:894430). Quelle: Pixabay. Alle Pixabay-Inhalte dürfen kostenlos für kommerzielle und nicht-kommerzielle Anwendungen, genutzt werden - gedruckt und digital. Eine Genehmigung muß weder vom Bildautor noch von Pixabay eingeholt werden. Auch eine Quellenangabe ist nicht erforderlich. Pixabay-Inhalte dürfen verändert werden. Pixabay Lizenz. >> Foto.
3. Nakagin Capsule Tower, Chūō ku, Japan. Foto: Denys Nevozhai. Quelle: Unplash.com. Unsplash is internet’s source of freely usable images. Unsplash gewährt Ihnen eine unwiderrufliche, nicht-exklusive, weltweite Urheberrechtslizenz zum Herunterladen, Kopieren, Ändern, Verbreiten, Aufführen und Verwenden von Fotos von Unsplash kostenlos, auch für kommerzielle Zwecke, ohne Erlaubnis oder Nennung des Fotografen oder von Unsplash (obwohl eine Namensnennung erwünscht ist!). Diese Lizenz beinhaltet nicht das Recht, Fotos von Unsplash zusammenzustellen, um einen ähnlichen oder konkurrierenden Dienst zu replizieren. >> Lizenz >> Foto.
4. Wohnhochhaus, Wohnsilo, Wohnturm, sozialer Wohnungsbau, Wohnraummangel. Wohnen zur Miete ist in Deutschland zu einem Armutsrisiko geworden. Foto: Martin Fisch. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0). Foto von Helmut Schnug um 180 Grad gedreht, auf den Kopf gestellt (upside down).
5. Massentaugliche Neubauwohnungen: Die konventionelle Käfighaltung ist in Deutschland seit 2009 verboten, seit 1. Januar 2012 in der gesamten EU. Das gilt allerdings nur für Hühner, nicht für Menschen. Die können froh sein, überhaupt noch bezahlbare Wohnungen zu finden. Hauptsache das Nutztier Mensch (Nutzmenschhaltung) zahlt jahrzehntelang fleissig Steuern und in die Rentenkasse. Foto: Karl Lapp, Frankfurt/Main >> photoheuristic.info. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0).
6. Protest für eine andere Wohnungspolitik: Bündnis Mietenwahnsinn Hessen anlässlich der Konstituierung des 20. Hessischen Landtags am 18.1.2019 am Rande der Bannmeile in Wiesbaden.
In den letzten Jahren sind in nahezu allen deutschen Großstädten die Mieten rasant in die Höhe geschossen, was auf der einen Seite zu Armut und Obdachlosigkeit, auf der anderen Seite zu einer schamlosen Bereicherung gieriger Immobilienspekulanten geführt hat. Spitzenreiter war dabei Berlin, wo der Preisanstieg bei Angebotsmieten binnen zehn Jahren um mehr als 106 Prozent gestiegen ist.
Die Verantwortung dafür tragen in der Bundeshauptstadt SPD und Linkspartei, die – wie Grüne, Union und FDP in anderen Ländern – die politischen Voraussetzungen für diese Entwicklung geschaffen haben. Selbst der Mietendeckel ist noch nicht einmal der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein. Er beseitigt weder die akute Wohnungsnot noch die horrenden Profite der Immobilienkonzerne.
Foto: Sebastian Scholl. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0).