Donald Trump unterzeichnet den HKHRDA
Ein Rechtsakt zu Destabilisierung der Regierung Chinas
von Nick Beams
Der US-Kongress hat ein Gesetz namens „Hong Kong Human Rights and Democracy Act“ (HKHRDA, >> vollständiger Text) verabschiedet, das ungeachtet seines Titels weder mit Menschenrechten noch mit Demokratie etwas zu tun hat. Da es nur eine Gegenstimme im Repräsentantenhaus gab, ist die Möglichkeit eines Vetos des Präsidenten ausgeschlossen.
Der von US-Präsident Donald Trump nach anfänglichem Zögern unterzeichnete Rechtsakt (dt: „Gesetz zur Stärkung der Menschenrechte und Demokratie in Hongkong“) dient ausschließlich dazu, die demokratischen Proteste gegen die von Peking gestützte Regierung in Hongkong auszunutzen, um China weiter zu bedrängen. Washington vertieft auf diesem Weg seinen wirtschaftlichen und politischen Krieg gegen die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt.
Das Gesetz basiert auf Bemühungen des US-Militärs und des Geheimdienstes, den Druck auf Peking weiter zu verstärken. Es soll ein ideologisches und politisches Klima für härtere Maßnahmen der amerikanischen Regierung geschaffen werden. Das Vorgehen wird vom US-Kongress parteiübergreifend unterstützt.
Vorangepeitscht wurde das Gesetz im Senat von dem Republikaner Marco Rubio aus Florida, einem der lautstärksten Kriegshetzer gegen China im US-Kongress. Rubio verurteilte seinerzeit den Vorstoß Chinas, seine technologische Entwicklung voranzutreiben, als existenzielle Bedrohung für die USA.
Dem US-Außenministerium obliegt nun aufgrund des verabschiedeten Gesetzes die jährliche Pflicht zu prüfen, ob das Rechtssystem in Hongkong, das auf der Formel „ein Land, zwei Systeme“ basiert, weiterhin funktionstüchtig ist. Sollte dies nicht der Fall sein, könnten die USA ihre wirtschaftlichen und handelspolitischen Zugeständnisse an Hongkong widerrufen. Vorgesehen sind auch Sanktionen und Reisebeschränkungen gegen Personen, die in Verdacht stehen, Menschenrechtsverletzungen in Hongkong begangen zu haben.
Das Gesetz wird allerdings keine unmittelbare praktische Wirkung haben, da es sich weitgehend um eine Rückkehr zu der Praxis handelt, die zwischen 1992 und 2007 betrieben wurde: In dieser Zeit erfolgte eine jährliche Überprüfung der Sonderstatus Hongkongs.
Die eigentliche Intention des Gesetzes ist die Schaffung eines politischen Klimas, das, unter dem Vorwand von „Menschenrechten“ und „Demokratie“, weitere wirtschaftliche Maßnahmen der USA gegen China zulässt. Auch zukünftige militärische Aktionen sind nicht auszuschließen.
Sowohl die Republikaner als auch die Demokraten begrüßten die Unterzeichnung des Gesetzes parteiübergreifend.
Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi von den Demokraten, zeigte sich „erfreut“ die Unterzeichnung des Gesetzes durch Trump. Sie behauptete, dass die USA damit eine Solidaritätsbekundung an die Bevölkerung Hongkongs sendeten. Doch beruft sie sich mit derartigen Aussagen lediglich auf die verlogene „Menschenrechtsrhetorik“, welche die Grundlage für US-Interventionen auf der ganzen Welt bildet.
„Wenn sich Amerika wegen kommerzieller Interessen nicht für die Menschenrechte in China einsetzt, verlieren wir jede moralische Autorität, um dies auch anderswo zu tun“, sagte Pelosi. Sie freue sich auf die „prompte Ausführung“ des Gesetzes – und wiederholt damit die Ansicht des Republikaners Rubio.
Jim Risch, republikanischer Vorsitzender des Ausschusses für Außenpolitik im US-Senat, sagte, es sei ein wichtiger Schritt, die Kommunistische Partei Chinas für die Aushöhlung der Autonomie Hongkongs sowie die „Unterdrückung grundlegender Menschenrechte“ zur Rechenschaft zu ziehen.
Bei der Unterzeichnung Gesetzes sowie dessen Zusatz, das den Verkauf von Ausrüstung zur Konrolle von Menschenmassen an die Polizei verbietet, sagte Trump, dass er dies „aus Respekt vor Präsident Xi, China und dem Volk Hongkongs“ getan habe. „Das Gesetz wird in der Hoffnung erlassen, dass die Führer und Vertreter Chinas und Hongkongs ihre Differenzen gütlich beilegen, um langfristigen Frieden und Wohlstand für alle zu schaffen.“
Trump hatte vor der Unterzeichnung des Gesetzes ein Veto in Erwägung gezogen und dies damit begründet, dass er nicht zu Hongkong, sondern auch zum chinesischen Präsidenten Xi Jingping halte, den er als „meinen Freund“ bezeichnete.
Diese Äußerung Trumps löste zu Beginn dieser Woche eine wütende Stellungnahme der Redaktionsleitung der Washington Post aus, in der Trump vorgeworfen wurde, „weiche Knie“ hinsichtlich seiner China-Politik zu bekommen. In der Post heißt es dazu: „Herr Xi ist kein ‚Freund‘. Nehmen Sie sich einfach eine Minute Zeit, um das Dokument der Trump-Administration zur nationalen Sicherheitsstrategie zu lesen. Darin wird über eine Ära der großer Machtrivalitäten gesprochen.“
Weiterhin wird in dem Kommentar behauptet, der Wettbewerb mit China bestehe nicht nur bezüglich des Südchinesischen Meeres oder Handelsfragen, sondern auch aufgrund „Chinas illiberalem, autoritären System sowie den Werten der Demokratie und einer regelbasierten Ordnung, für welche die Vereinigten Staaten ein führender Vertreter und Hüter sein müssen“.
Mit „Demokratie und regelbasierter Ordnung“ ist ein globales geoökonomisches und politisches System gemeint, das von den USA als Hegemon angeführt wird. Innerhalb dieses Systems soll jede potentielle Gefährdung US-amerikanischen Vorherrschaft, beispielsweise der wirtschaftliche und technologische Fortschritt Chinas, mit allen nötigen Mitteln zurückgeschlagen werden. Die angebliche Sorge um „Demokratie und Menschenrechte“ dient nur dazu, diesem Streben ideologischen Glanz zu verleihen.
Führende Persönlichkeiten der Protestbewegung begrüßten die Entscheidung Trumps zur Unterzeichnung des Gesetzes, darunter auch Joshua Wong. Laut dem Medienunternehmen Bloomberg erwähnte er die Entscheidung „lobend“.
Deutliche Forderungen nach der Verabschiedung des Gesetzes wurden in Hongkong nach einer Demonstration am 8. September laut, als ein Protestmarsch vor dem US-Konsulat zusammenkam. Dutzende Teilnehmer an der Spitze trugen die amerikanische Flagge. Es ist bezeichnend, dass die Ausrichtung der Proteste auf die USA erfolgte, nachdem am 2. und 3. September hunderttausende Arbeiter in den Streik getreten waren.
Rechte und proimperialistische Teile der Protestbewegung, die jeder Wendung hin zur Arbeiterklasse – egal, ob in Hongkong oder auch auf dem chinesischen Festland – feindselig gegenüberstehen, begannen sich unverhohlen den Positionen der USA zuzuwenden. Dies war Wasser auf die Propagandamühlen Pekings, das behauptet, die Demonstrationen würden von Washingtons angezettelt.
Die Reaktion Pekings auf das neue US-Gesetz folgte kurz nach seiner Unterzeichnung. Terry E. Branstad, Botschafter der Vereinigten Staaten in China, wurde ins Außenministerium nach Peking einbestellt. Dort wurde ihm mitgeteilt, dass die USA aufhören müssten, sich in Hongkong einzumischen. Dies würde sich auf die „Zusammenarbeit in wichtigen Bereichen“ auswirken: ein versteckter Hinweis auf laufende Verhandlungen zur „ersten Phase“ eines Handelsabkommens, das Trump letzten Dienstag als sich in der „Endphase“ befindlich bezeichnete.
In einer Erklärung des chinesischen Außenministeriums wurde Trumps Entscheidung verurteilt. Es heißt darin, Washington habe sich „ernsthaft in innere Angelegenheiten Chinas eingemischt“, „Fakten ignoriert“ und „Gewaltverbrecher“ unterstützt, welche die „Rechtsstaatlichkeit mit Füßen getreten und die soziale Ordnung gefährdet“ hätten.
Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Geng Shuang, beantwortete keine Fragen von Journalisten, welche Gegenmaßnahmen nun ergriffen werden könnten, und ob die Unterzeichnung des Gesetzes die Handelsgespräche beeinflussen würde. „Was konkrete Gegenmaßnahmen betrifft, schlage ich vor, dass Sie die Entwicklungen weiter verfolgen“, sagte er. „Verfolgen Sie die Entwicklungen stetig. Was nötig ist, wird kommen.“
Die Bedenken der chinesischen Führung gehen über die Handelbeziehungen hinaus, zu denen er sich optimistisch geäußert hatte.
Die eigentliche Sorge der chinesischen Führung besteht darin, dass die USA mit ihrem Vorgehen in Bezug auf Hongkong, mit ihrer Medienoffensive wegen Menschenrechtsverletzungen gegen die Uiguren (eine muslimische Minderheit in der westchinesischen Provinz Xinjiang und in Tibet) und mit ihrer zunehmende Unterstützung für Taiwan versuchen, China aufzuspalten und auf diese Weise die Regierung in Peking zu destabilisieren.
Nick Beams
► Quelle: WSWS.org > WSWS.org/de >> Erstveröffentlicht am 30. November 2019 >> Artikel. Dank an Redakteur Ludwig Niethammer für die Freigabe zur Veröffentlichung. ACHTUNG: Die Bilder und/oder Grafiken im Artikel sind nicht Bestandteil des Originalartikels und wurden von KN-ADMIN Helmut Schnug eingefügt. Für sie gelten ggf. andere Lizenzen, s.u..
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1. Massendemo in der Sonderverwaltungszone Hongkong. Foto: Studio Incendo, DSCF2424b. Quelle: Flickr. (Foto nicht mehr verfügbar). Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0).
2. Marco Rubio, Vorsitzender der chinesischen Kommission, trifft sich mit Aktivisten der prodemokratischen Demokratie in Hongkong, 17. Setember 2019. Foto: Senator Marco Rubio. Quelle: Rubios Twitter-Account und Wikimedia Commons. Dieses Bild des Kongresses der Vereinigten Staaten ist gemeinfrei. Dies kann daran liegen, dass es von einem Mitarbeiter des Kongresses als Teil der offiziellen Pflichten dieser Person aufgenommen wurde, oder daran, dass es in die Öffentlichkeit freigegeben und auf den offiziellen Websites eines Kongressteilnehmers veröffentlicht wurde. Als ein Werk der US-Bundesregierung ist das Bild gemeinfrei.
3. DEMOPUBLICAN - REPUBLICRAT. Democrats and Republicans are basically the same even the US political system is divided primarily into two sects: Democrats on the left, Republicans on the right. Das inoffizielle Wappentier der "Demokratischen Partei" ist der Esel, obwohl er im Gegensatz zum Elefanten der Republikaner nie offiziell als solches angenommen wurde. Sein Ursprung geht, ebenso wie der Elefant der Republikaner, auf den Karikaturisten Thomas Nast zurück. Die, ebenfalls inoffizielle, Parteifarbe der Demokraten ist blau. Die Demokraten sind die älteste noch bestehende politische Partei der Welt. Grafik: Netzfund.
4. #TheBigOrangeHead. The idea is that #TheBigOrangeHead benefits anytime his name or likeness are used. By using #TheBigOrangeHead image you thwart that reality. Also, you might want to think about substituting his name as well. I have suggested #TheBigOrangeHead or John Miller. This image of #TheBigOrangeHead is offered here under Creative Commons license for use by anyone for any purpose. Please link to this page as a courtesy. Read the complete post on DailyKos. Grafik: DonkeyHotey. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0). Grafik leicht modifiziert und seitengespiegelt durch WiKa.
5. Hongkong-Protestler tagen zum Teil US-amerikanische Flaggen. Foto: Studio Incendo, IMG_20190831_155344. Quelle: Flickr. (Foto nicht mehr verfügbar). Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0).
6. Buchcover "Der Rivale. Chinas Aufstieg zur Weltmacht und die Gegenwehr des Westens" von Jörg Kronauer, Verlag KVV "konkret" 2019, 296 Seiten, ISBN 978-3-930786-88-6, Preis 26.00 €
China ist seit dem Zerfall der Sowjetunion das erste Land, das das Potential hat, mit den westlichen Hegemonialmächten ökonomisch und politisch gleichzuziehen, ihre Dominanz also auf allen Ebenen zu brechen. Damit macht man sich bei den Herren der Welt, die ihre Entthronung befürchten müssen, keine Freunde. Mit allen Mitteln versuchen sie daher, ihre wankende Macht zu wahren.
Dieses Buch zeichnet die Konflikte nach, die aus Chinas Aufstieg zur Weltmacht und den Reaktionen der westlichen Mächte darauf entstanden sind und weiter entstehen – vom Aufbau neuer Bündnissysteme in Ost- und Südostasien, über die Konflikte im Südchinesischen Meer, die Kämpfe um Einfluss in Afrika und den Staaten entlang der Neuen Seidenstraße, bis zum antichinesischen Wirtschaftskrieg der USA und den Versuchen des Westens, die technologische Entwicklung der Volksrepublik zu torpedieren.
7. Textgrafik mit Zitat von Kai Ehlers:
«Heute geht es nicht mehr um Landnahme, wie noch im zweiten Weltkrieg, wie selbst noch unter Bush, der in den Irak einmarschieren ließ. Alles Gerede, von wegen ‚einmarschieren in Syrien oder nicht einmarschieren‘, kann man getrost als hohle Propaganda beiseitelassen. Darum geht es nicht. Heute geht es darum, die möglichen Gegner zu diffamieren, zu diskreditieren, klein zu machen, einzudämmen, zurückzudrängen, zu schwächen, ihre Gesellschaft lahmzulegen und zu spalten, Unfrieden zwischen ihnen zu schüren, damit sie sich möglichst gegenseitig bekämpfen etc.pp.. » (-Kai Ehlers, Hamburg - Russlandforscher und Autor).
Foto OHNE Inlet: Kai Ehlers (privat). Bildidee: Helmut Schnug. Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs (WiKa).