Urbaner Wettbewerb. Wien in Städterankings.

1 Beitrag / 0 neu
Bild des Benutzers Helmut S. - ADMIN
Helmut S. - ADMIN
Offline
Verbunden: 21.09.2010 - 20:20
Urbaner Wettbewerb. Wien in Städterankings.
DruckversionPDF version

Urbaner Wettbewerb

von Katharina Hammer / A&W blog

Wien wurde wieder zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt. Städterankings gibt es viele, dabei sagen die meisten aber wenig darüber aus, ob Lebensqualität auf Basis von sozialem Ausgleich und gerechten Lebensverhältnissen entsteht.

► Wien in Rankings

Vor Kurzem erschien die Rangliste der »Economistʼs Intelligence Unit (EIU). Insgesamt wurden dafür 140 Großstädte miteinander verglichen. Wien wurde hier erstmals vor Melbourne gereiht und rangiert damit auf Platz Eins. Für Wien sind gute Plätze bei Städterankings nicht unbedingt neu, beim »Mercer-Ranking Quality of Living« beispielsweise belegte Wien 2018 zum neunten Mal Platz Eins. Auch im europäischen »Smart-City-Ranking« oder dem »European-City-Ranking« zu Clean Air rangiert Wien auf den vorderen Plätzen.

► Konkurrenz unter Städten

Besonders häufig werden jene City-Rankings massenmedial aufgegriffen, die Städte möglichst einfach anhand einer Maßzahl präsentieren. So werden klare Gewinnerinnen und Verliererinnen produziert und der nächste Zeitungsartikel ist schnell geschrieben. Hier besteht die Gefahr, Konkurrenz unter Städten zu verstärken. Im Prozess der medialen Verbreitung sind Städte vermehrt gezwungen, Marketingstrategien und Imagebilder zu ihren urbanen Räumen zu erzeugen, die es international zu transportieren gilt. Barcelona, New York oder Paris zeichnen sich durch unverwechselbare Eigenschaften und Zuschreibungen aus – sie sind damit starke Marken. Rankings können dazu verwendet werden, Stadt-Marken abzusichern, internationale Sichtbarkeit zu erzeugen und Wettbewerbsvorteile zu generieren. Kleine Städte bleiben von Rankings häufig ausgeschlossen und kommen im Diskurs gar nicht vor.

► Kurzsichtige Tendenzen

Rankings suchen zwar nach Städten mit hoher Lebensqualität, jedoch wird deren historischer Entstehungskontext häufig nicht reflektiert. Immer wieder rangieren jene Städte auf den vorderen Plätzen, die auf eine tragfähige soziale Infrastruktur, Bildungs- und Kulturangebote und gut ausgebaute öffentliche Verkehrsmittel verweisen können. Diese Gegebenheiten fallen aber nicht vom Himmel, sondern fußen auf einer Politik, die auf gerechte Stadtentwicklung ausgerichtet ist. Meist ist das soziale Fundament historisch gewachsen. Wien beispielweise kann auf eine lange Tradition des kommunalen Wohnbaus verweisen, deren Grundgedanke darin lag, die Formel „Wer arm ist, muss auch schlecht wohnen“ außer Kraft zu setzen. Qualitativ hochwertiges und leistbares Wohnen sollte für die breite Bevölkerung ermöglicht werden. Flankiert wurden die Investitionen in den sozialen Wohnbau durch den Aufbau eines guten Bildungssystems, eine bessere Versorgung im Gesundheitsbereich sowie eine gute öffentliche Altersversorgung.

► Gerechte Stadt durch Umverteilung

Die hohe Lebensqualität in Wien fußt auf dem historischen Fundament einer Stadtentwicklungspolitik, die auf sozialen Ausgleich und gerechte Lebensverhältnisse ausgerichtet war. Auch viele der anderen gut platzierten Städte haben Stadtregierungen, die auf eine ausgewogene Stadtentwicklung setzen und damit hohe Lebensqualität für viele produzieren. Die Teilhabe am öffentlichen Leben ist in gleicheren Gesellschaften einfacher möglich, eine plurale Öffentlichkeit und bunte Durchmischung von Stadträumen sind urbane Kernqualitäten.

► Gesellschaftliche Ungleichheit mindert Lebensqualität

Stark ungleiche Gesellschaften verschärfen soziale, kulturelle und ökonomische Problemlagen. Nicht nur benachteiligte Bevölkerungsschichten leiden darunter, steigende Armut schwächt den sozialen Kitt insgesamt, die Qualität der sozialen Infrastruktur nimmt allgemein ab, Menschen sind häufiger krank und steigende Kriminalität beeinträchtigt die Lebensqualität aller. Globale Entwicklungen zeigen, dass gesellschaftliche Ungleichheit wieder zunimmt und der Konkurrenzdruck wächst. Viele Städte sind deshalb mit ähnlichen Problemen konfrontiert: galoppierende Teuerungen bei den Mieten, prekäre Jobs am Arbeitsmarkt, verstärkte Verschmutzung der Umwelt, aber auch enger werdende öffentliche Räume beeinträchtigen die Lebensqualität.

► Kooperation vor Konkurrenz

Rankings können Gräben und Konkurrenzen zwischen Städten vertiefen, wenn sie die politische Verankerung, Erfolgsbedingungen und Grundlagen von lebenswerten Städten verschleiern. Dann stehen sie problemorientierten, solidarischen Kooperationen im Weg. Wien würde es gut tun, sich nicht dem Label einer wettbewerbsorientierten Smart City zu unterwerfen, sondern dem ein soziales Stadt-Branding entgegenzuhalten. Während viele das immer gleiche Märchen von Konkurrenz und freiem Spiel der radikalen Marktkräfte erzählen, wäre es wünschenswert, Diskurse zu gerechter Stadtentwicklung neu aufzurollen. Hier gilt es herauszustreichen, dass Stadtentwicklungsstrategien die auf Umverteilung setzen, hohe Lebensqualität für viele produzieren – erst so werden lebenswerte Städte möglich.

Der Artikel ist in Langfassung in der Ausgabe der AK-Stadt „Keine Angst vor der großen Stadt“ erschienen.

Katharina Hammer, Referentin für den Bereich Soziale Stadt, Abteilung Kommunalpolitik der AK Wien

pin_green.gifLESETIPPS:

»Wien: The home of the Schnitzel«, von Franz Schandl >> weiter.

»The Global Liveability Index 2018«. A report by The Economist Intelligence Unit >> weiter.



► Quelle: A&W blog / Redaktion »Arbeit&Wirtschaft«: 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1 >> www.arbeit-wirtschaft.at >> A&W blog >> Artikel vom 11. September 2018. Der Artikel ist lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 4.0. Die Bilder und Grafiken gehören nicht zum Originalartikel und wurden von KN-ADMIN Helmut Schnug eingefügt. Für sie gelten ggf. andere Lizenzen, s.u..

► Bild- und Grafikquellen:

1. Wien ist die Bundeshauptstadt von Österreich und zugleich eines der neun österreichischen Bundesländer. Mit 1.888.776 Millionen Einwohnern (Stand Januar 2018) ist das an der Donau gelegene Wien die bevölkerungsreichste Großstadt Österreichs, die zweitgrößte im deutschen Sprachraum sowie die sechstgrößte Stadt der Europäischen Union. Im Großraum Wien leben etwa 2,8 Millionen Menschen – das entspricht rund einem Drittel der österreichischen Gesamtbevölkerung. (Textinfo: Wikipedia)

Foto: cocoparisienne / Anja Osenberg, Aachen-Walheim, ab September 2018 selbständige Bilderrahmendesignerin, Fotografin, Fotoartist und Restauratorin von Ölgemälden. >> https://www.picorest.de/ . Quelle: Pixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden. >> Bild.

2. Das Schloss Belvedere in Wien. Das Obere Belvedere und das Untere Belvedere (benannt aufgrund der Lage auf einem südlich der damaligen Stadt ansteigenden Hang) bilden mit der verbindenden Gartenanlage ein barockes Ensemble. Die beiden Schlossbauten beherbergen heute die Sammlungen des Belvederes (Österreichische Galerie Belvedere) und Räumlichkeiten für Wechselausstellungen. Am 15. Mai 1955 wurde im Oberen Belvedere der Österreichische Staatsvertrag unterzeichnet. (Quelle: Wikipedia).

Foto: domeckopol / Andreas N.. Quelle: Pixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden. >> Bild.

3. Das Wiener Riesenrad im Prater im Gemeindebezirk Leopoldstadt ist eine Sehenswürdigkeit und ein Wahrzeichen Wiens. Es wurde 1897 zur Feier des 50. Thronjubiläums Kaiser Franz Josephs I. errichtet und war zur damaligen Zeit eines der größten Riesenräder der Welt. Das Wiener Riesenrad hat einen Gesamtdurchmesser von 60,96 Meter, was dem Durchmesser über die Aufhängungsachsen der Waggons entspricht. Der äußere Raddurchmesser beträgt 55,78 Meter, der innere Raddurchmesser 49,68 Meter. Der höchste Punkt befindet sich 64,75 Meter über dem Boden. >> Infos.

Foto: domeckopol / Andreas N.. Quelle: Pixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden. >> Bild.

4. Das Schloss Schönbrunn, in seiner heutigen Form im 18. Jahrhundert als Sommerresidenz für Kaiserin Maria Theresia errichtet, liegt im 13. Gemeindebezirk, Hietzing. Sein Name geht auf einen Kaiser Matthias zugeschriebenen Ausspruch zurück. Er soll hier im Jahr 1619 auf der Jagd eine artesische Quelle „entdeckt“ und ausgerufen haben: „Welch’ schöner Brunn“. Schönbrunn ist das größte Schloss und eines der bedeutendsten und meistbesuchten Kulturgüter Österreichs. Das Schloss und der etwa 160 ha große Park sind seit 1996 Teil des UNESCO-Weltkulturerbes.

Foto: domeckopol / andreas N. Quelle: Pixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden. >> Bild.

5. Fiaker in der Wiener Altstadt. Als Fiaker wird sowohl eine zweispännige Lohnkutsche bezeichnet als auch deren Kutscher. Fiaker stellen eine beliebte Touristenattraktion dar und bieten von mehreren Standplätzen aus meist Rundfahrten im Bereich der Wiener Altstadt an. Am Wiener Zentralfriedhof wird ebenfalls eine Rundfahrt angeboten. 2008 gab es 144 Fiaker, wovon die eine Hälfte an geraden, die andere an ungeraden Tagen fährt. Viele dieser Pferdekutschen sind mittlerweile über 100 Jahre alt und werden in den Wintermonaten aufwendig restauriert. Im Winter haben die Fiaker keinen Verdienst. Standplätze befinden sich am Stephansplatz, Heldenplatz, Michaelerplatz und Petersplatz sowie beim Burgtheater und bei der Albertina hinter der Wiener Staatsoper. Die Preise für Rundfahrten unterschiedlicher Länge werden von der Stadt Wien festgesetzt.

Foto: domeckopol / Andreas N.. Quelle: Pixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden. >> Bild.