USA will die Krim zurück
Neuer Vorstandsvorsitzender, altes Geschäftsmodell
Die Krim, das weiß doch fast jeder, ist altes amerikanisches Gebiet. Deshalb hat die neue US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, auch klar gemacht, dass die Sanktionen gegen Moskau bis zur Rückgabe der „annektierten“[1] Halbinsel Krim bestehen bleiben werden. Und zwar soll die Krim der Ukraine gegeben werden, so wie einst Nikita Chruschtschow in einer Wodkalaune die Krim an die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik (USSR) verschoben hat. Aber wenn die Ukraine erstmal in der NATO ist, spielt das für die USA keine Rolle mehr.
Was eine Rolle spielt: Von Sewastopol auf der Krim, dem Heimathafen der russischen Schwarzmeerflotte, sind es nur noch 1.273,07 Kilometer bis nach Moskau. Von Sewastopol aus könnten in aller Ruhe diese und jene „BGM-109 Tomahawk“, wunderbare raketengetriebene Lenkwaffen, auf Moskau abgefeuert werden. Von diesen Dingern hat die US Navy genug auf Reserve, um den Moskauer Himmel zu verfinstern. Natürlich auch mit atomaren Gefechtsköpfen. Erst im Oktober 2016 wurden Tomahawk-Marschflugkörper gegen Ziele im Jemen eingesetzt. Der Start erfolgte vom Zerstörer USS Nitze aus gegen Radarstationen der Huthi. Wahrscheinlich ist der Jemen auch altes amerikanisches Gebiet.
Das Gebiet der Ukraine scheint vorläufig die US-Filialleiterin Angela Merkel zu übernehmen. Jedenfalls redete die Dame so, als sie jüngst ihren Kiewer Stellvertreter, Petro Poroschenko, in Berlin traf: „Ich möchte ausdrücklich die Reformen, die in der Ukraine durchgeführt wurden, begrüßen“ und Merkel fuhr fort: „Wir unterstützen diese Schritte der ökonomischen Umordnung und der Umordnung des gesamten Staates natürlich durch deutsche Beratung“. Umordnung? Bankenpleiten, Korruption, Inflation in der Ukraine: Das klingt eher nach Un- statt nach Um-Ordnung. So also sieht deutsche Beratung aus.
Und doch bekennt die Filialleiterin auch Sorgen: „Wir haben in den letzten Stunden wieder erfahren, dass der Waffenstillstand nicht existiert und dass es gefallene Soldaten zu beklagen gibt“. Über die Panzer der ukrainischen Armee, die sich gegen die Vereinbarungen des Minsker Abkommens in der Ost-Ukraine bewegen, klagte die Merkel nicht. Kein Ton auch über das ukrainische Personal, das seit dem zweiten Minsker Abkommen, beharrlich die dort formulierte Forderung ignoriert, die Gebiete der Selbstverwaltung der Oblaste Donezk und Lugansk festzulegen. Obwohl im Abkommen, bereits im Februar 2015 geschlossen, der Zeitraum der Umsetzung festgelegt ist: „Unverzüglich, innerhalb von 30 Tagen nach der Unterzeichnung dieses Dokuments.“
Nikki Haley, die lauthals vor den Vereinten Nationen das „aggressive Verhalten Russlands“ behauptete, wurde von Sarah Palin unterstützt. Wer sich erinnern mag: Palin war diese dümmlich-aggressive US-Politikerin, die auch schon mal sicher war, dass der Irakkrieg von Gott festgesetzt gewesen sei. Die Palin nannte die Haley eine „Mama Grizzly“, eine echte Bären-Mutter. Dieser Ehrentitel war für eine Frauengruppe reserviert, die von der Palin bei diversen US-Wahlen protegiert wurde. „Grizzlies sind überaus besitzgierig“, sagt ein Lexikon, „was ihr Fressen betrifft, und greifen jeden an, der ihrer Beute zu nahe kommt“.
Und so hat zwar der Vorstandsvorsitzende der USA Incorporated gewechselt, aber die Geschäfts-Philosophie ist dieselbe geblieben: Alles gehört uns. Und auch, wenn es uns nicht gehört, wollen wir es wieder haben.
Ulrich Gellermann, Berlin
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► Interview mit Prof. Dr. Reinhard Merkel: Die Krim, die Ostukraine und das Völkerrecht: (Dauer 16:22 Min.)
Quelle: erstveröffentlicht bei RATIONALGALERIE > Artikel vom 06.02.2017
► [1] Anmerkung von Helmut Schnug, KN-ADMIN:
Der Beitritt der Krim in die Russische Föderation war keine „Annexion“. „Annexion“ hätte bedeutet, daß eine von außen erzwungene Eingliederung erfolgt wäre. Fakt ist, daß der Austritt aus der Ukraine durch eine deutliche Mehrheit der auf der Krim lebenden Bevölkerung und ein freiwilliger Beitritt in die Russische Föderation per Referendum entschieden wurde. Zwei internationale, unabhängige Wahlbeobachter haben mir die rechtmäßige Durchführung des Wahlprozederes bestätigt.
Konflikte um die Ukraine, die zu dem heutigen Bürgerkrieg führten, haben keineswegs erst mit dem Beitritt der Krim in die russische Föderation begonnen, sondern vielmehr, wenn wir uns auf die neuere Geschichte beschränken wollen, mit den nach dem Zerfall der Sowjetunion entwickelten Strategien der USA, formuliert u.a. durch Zbigniew Brzeziński zur Festigung und zum Ausbau der den USA damit zugefallenen Weltherrschaft. Darin spielt das Herausbrechen der Ukraine aus dem Russischen Einflussbereich eine zentrale Rolle, um Russland so zu schwächen, dass es als eurasische Macht nie wieder zum Rivalen für die USA werden könne.
"Zur Auseinandersetzung um die Krim" hier weiterlesen. Ebenso ein wichtiger Artikel in der FAZ mit dem Titel: "Die Krim und das Völkerrecht - Kühle Ironie der Geschichte." von Dr. Reinhard Merkel, Professor für Staatsrecht und Rechtsphilosophie - weiter.
► Bild- und Grafikquellen:
1. Portrait of Nikki Haley, President-elect Donald Trump's choice for U.S. Ambassador to the United Nations. Foto: Office of the President-elect. Quelle 1: greatagain.gov. Quelle 2: Wikimedia Commons. Diese Datei ist lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung 4.0 international“.
2. Mit Mama Grizzlies bezeichnete Sarah Palin die von ihr unterstützten Kandidatinnen bei den Wahlen in den Vereinigten Staaten 2010, bei denen sie vor allem gezielt weibliche Kandidaten förderte. Die meisten dieser Kandidatinnen werden gemeinhin auch der Tea-Party-Bewegung zugerechnet. Sarah Palin selbst benutzte die Bezeichnung erstmals in einer Rede am 14. Mai 2010: „If you thought pit bulls were tough, you don't want to mess with mama grizzlies“ (Wenn du geglaubt hast, Pitbulls sind hart, dann willst du dich nicht mit den Mama-Grizzlys anlegen.). Foto: djandywdotcom. Quelle: Flickr. Bildausschnitt verändert. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0).