Wirtschaftliche Sanktionen staatlicher Machthaber
von Manfred Kannenberg (Vor- und Nachbemerkung von Herbert Ludwig | FASSADENKRATZER )
Vorbemerkung: Die Instrumentalisierung der weltweiten Wirtschaftsbeziehungen für imperialistische Machtziele der politischen Staaten ist gegen die elementaren Lebensbedürfnisse der Menschen und der Menschheit gerichtet. Das erleben wir gerade wieder unmittelbar.
In der heutigen arbeitsteiligen Wirtschaft arbeitet de facto keiner mehr für sich, sondern über die gesamte Erde hin jeder für andere und andere für ihn. Dieses hohe Gut des Austausches in wachsender menschlicher Gemeinsamkeit muss den zerstörerischen Eingriffen der politischen Macht-Psychopathen endlich dadurch entzogen werden, dass die Wirtschaft gegenüber dem Staat eine selbständige Stellung erhält, die Angelegenheit der Bürger selbst ist.
Der wirtschaftliche Austausch der Menschen ist von Natur aus friedlich. Indem die staatlichen Machthaber sich anmaßen, durch wirtschaftliche Sanktionen gegen andere Länder in diesen friedlichen Prozess einzugreifen, machen sie ihn zum zerstörerischen Instrument des Krieges. Fallen wir ihnen endlich in den Arm!
Nachfolgend aktuelle Gedanken Manfred Kannenbergs [1] zu diesem Thema. (hl)
Russland kaputt kriegen und dabei die Weltwirtschaft schädigen
– Die neue bundesdeutsche Mission? –
von Manfred Kannenberg
Seit 27. Februar 2022, drei Tage nach Russlands Invasion in die Ukraine, befindet sich die vor 33 Jahren um die DDR erweiterte BRD im Krieg gegen die USSR, im Krieg der Worte, Krieg der Boykotte und Sanktionen gegen die eine Kriegspartei, Aufrüstung und Waffenlieferungen in das Krisengebiet Ukraine für die andere.
An diesem Tag rief der Kanzler eine neue „Zeitenwende“ aus. „Rote Linien“ gäbe es für die Politik seiner Regierung nicht, eines seiner Lieblingsworte, das er schon im Krieg gegen das Virus SarsCov2 bevorzugt verwendet hat. Seither wird die Bevölkerung auf Kriegsbegeisterung, Feindseligkeit gegen das russische Nachbarvolk und – angesichts der schon jetzt dramatischen Bumerang-Effekte der Embargos und Sanktionen auf die eigene Wirtschaft – auf bevorstehende Knappheit und Entbehrung eingeschworen – mit willfähriger Akklamation durch die propagandistisch vereinnahmte Medienlandschaft.
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock, höchste Diplomatin im Lande, will Russland „ruinieren“ und sorgt sich um die beginnende „Kriegsmüdigkeit“ im Lande, und der Wirtschaftsminister will in Wild West-Manier bei den Sanktionen gegen Russland gerne nochmal „nachladen“. Ein gespenstisches Szenario der einseitigen moralischen Verurteilung, verstockten Verweigerung jeglicher Diplomatie und Verhandlungsbereitschaft mit einem der größten Handelspartner der BRD.
Die in jahrelanger Arbeit erstellte Erdgaspipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee von Russland nach Rostock wurde von den USA-Machthabern von Anfang an politisch torpediert, und der Betrieb nun auf deren Geheiß von der deutschen Regierung nicht genehmigt.
Menetekel an der Wand: Ihre Entscheidungen kommen wie aus einer verhüllten Gefangenschaft. Wer sind die Fallensteller? Willentliche oder unbedachte Zerstörung der eigenen energieabhängigen Wirtschaft? NATO, EU- Bürokratie, USA und Waffenlobby geben den Takt vor für diese beispiellose politische, kulturelle und wirtschaftliche Selbstaufgabe Bundesdeutschlands. Und wir – die Bevölkerung, der Souverän – schauen gebannt zu und halten wie gelähmt still: Mitverursacher und Zeugen einer Art Selbstentleibung.
„Der Leib, der sich aus den Weltwirtschaftsinteressen gebildet hat, bedarf der Pflege seiner Seele. Man sollte nicht warten, bis die Seele von selbst erscheint. Sie ist da; denn jeder hat eine Seele. Aber sie will mit ihrer Wesenheit auch in die Deutungsart der Menschen übergehen, um wirksam zu werden“, schrieb ein Sozialforscher 1921 am Vorabend einer großen Weltwirtschaftskrise in einer schweizerischen Wochenschrift. (Rudolf Steiner: „Amerika und Deutschland“ in Goetheanum v. 4. Sept. 1921).
Der Weltwirtschafts-Organismus ist in zwei Jahrhunderten durch Tatsachen und Instinkt Wirklichkeit geworden: Alle arbeiten arbeitsteilig über die gesamte Erde hin füreinander. Aber das Bewusstsein und die Moralität dafür, sowie die daraus gesicherte, assoziativ gewollte Kooperationen und Organe als Lebensbedingung für das Ganze hinken hinterher.
Dies wird stattdessen nun in Großmannssuchtgebärden, anachronistischen Nationalismen, ideologischen Verhärtungen torpediert. Deutschland als großer Nutznießer und Förderer der Weltwirtschaft ist über Nacht zu einer zerstörerischen Gefahr für sie geworden durch seinen Sanktions- und Boykottfanatismus und ein erkranktes, manipuliertes öffentliches Geistesleben. Die Zerstörungswut der derzeitigen deutschen Regierung im Sog der EU-Bürokratie und USA/NATO-Weisungen sucht ihresgleichen. Es raubt einem den Atem.
Eine florierende, wertschöpfende Weltwirtschaft ist die Lebens- und Kulturgrundlage der Völkergemeinschaft und gedeiht, wenn ihr struktureller, arbeitsteiliger Altruismus bewusst gewollt und gepflegt wird. Sie ist ein hohes Gut der Menschheit. Das Wahrheitsgefühl in der Völkergemeinschaft hierfür wächst. Der Goldgrund des Geistes der Gegenseitigkeit und des Vertrauens in die Arbeit Aller macht sich behutsam und nun immer stärker im Bewusstsein der Zeitgenossenschaft geltend, je brutaler und rücksichtloser von politisch Verantwortlichen an der Sanktions- und Eskalationsspirale gedreht wird. Dieses Wahrheitsgefühl wird sich Bahn brechen und den Zynismus der Kriegsparteien und ihrer Anheizer ablösen.
Der Kalte Krieg wurde siebzig Jahre geschürt und brach dann zusammen. Als vor dreiunddreißig Jahren die innerdeutsche Grenze geöffnet und die Berliner Mauer weggeräumt wurde, waren das Früchte schmerzlicher Bewusstseinswandlungen und lichter Geistestaten. Manifestiert haben sie sich in solch friedlichen Chören wie
„Schwerter zu Pflugscharen“,
„Wir sind das Volk“,
„Besonnenheit für unser Land“ und
„Keine Gewalt“.
Werden im kommenden Herbst in diesem mitteleuropäischen Land wiederum solche klaren Einsichten, Worte und Taten das öffentliche Geschehen verändern und wenden wie:
„Wir sind die Weltwirtschaft“,
„Wir arbeiten füreinander“,
„Faire und richtige Preise sind unser Fundament“,
„Wir haben Nord Stream 2 geschaffen und wollen es geöffnet sehen“?
Manfred Kannenberg
► Nachbemerkung von Herbert Ludwig:
Man stelle sich vor, das Wirtschaftsleben stünde als eine relativ selbständige, selbstverwaltete Organisation dem staatlichen Rechtsleben gegenüber, das ihm einen rechtlichen Rahmen geben, aber nicht inhaltlich dirigierend hineinwirken könnte.
Und ebenso sei das Geistes- und Kulturleben mit dem Bildungssystem aus dem staatlichen Rechtsleben herausgelöst und auf eigene Selbstverwaltungsfüße der dort tätigen Fachleute gestellt. Dann ist der politische Rechtsstaat dem Wirtschafts- und dem Geistesleben nicht übergeordnet, sondern alle drei sind relativ selbständig und bewirken aus ihren unterschiedlichen Entfaltungsbedingungen heraus den sozialen Gesamtorganismus. (siehe hierzu »Zeichen und Wege zur Diktatur: Die Steigerungen zu totalitären Verhältnissen. Der Übergang von der Parteienoligarchie in die Diktatur.« >> weiter.
Der politisch-rechtliche Staatsbereich könnte dann niemals von sich aus über einen Krieg oder kriegerische Maßnahmen gegen einen anderen Staat bestimmen, schon gar nicht über das Mittel wirtschaftlicher Sanktionen. Zu solchen einschneidenden Entscheidungen, die fundamental das Leben aller Bürger betreffen, müssten selbstverständlich die Vertreter des selbständigen Wirtschaftsorganismus und des selbständigen Geisteslebens vorher ihre Zustimmung geben. Damit wäre allen Macht-Psychopathen, die heute menschheitsfeindlich in den alten Obrigkeitsstaaten ihr Unwesen treiben, vollständig der Boden entzogen. (hl)
[1] Manfred Kannenberg wurde 1942 in Stettin geboren, absolvierte nach dem Abitur eine Industriekaufmannslehre und ergriff danach das Studium der Volkswirtschaftslehre und Anthroposophie in München (Diplom), Berlin, Nashville/USA (Master of Arts). Seine M.A.-Arbeit behandelte den Eurodollar-Markt und die Diplomarbeit den Goldstandard von 1914. Zwei Jahre Ausbilder in der Kaufmännischen Ausbildung der Siemens AG. Begegnete in Achberg 1972 der Dreigliederungsbewegung und schloß sich dem Institut für soziale Gegenwartsfragen um Hans Georg Schweppenhäuser herum in Berlin an. Nach dessen Umzug nach Freiburg, gründete er 1976 mit Karl Huober die »Bücherei für Geisteswissenschaft und Soziale Frage« im S-Bahnhof Mexikoplatz in Berlin. Nach deren Übergabe 2007 kann er sich wieder weltwirtschaftlichen und literarischen Fragen widmen. Kontakt: manfred@mkannenberg.de
► Quelle: Der Artikel wurde am 15. August 2022 unter dem Titel »Die Unterwerfung menschlicher Wirtschaftsbeziehungen unter politische Machtziele muss aufhören!.« erstveröffentlicht auf Herbert Ludwigs privaten und ebenfalls nicht kommerziellen Blog FASSADENKRATZER - Blicke hinter die Oberfläche des Zeitgeschehens und zugleich eines der besten deutschsprachigen Alternativmedien. >> ARTIKEL.
ACHTUNG: Die gelegentliche Artikelübernahme von Artikeln auf Kritisches Netzwerk wurde vom Rechteinhaber Herbert Ludwig per Mail vom 27. Dez. 2018 autorisiert. Herzlichen Dank dafür!
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Über HERBERT LUDWIG:
Nach kaufmännischer Lehre Studium und Ausbildung zum Rechtspfleger, 4 Jahre Tätigkeit an hessischen Amtsgerichten. Danach Studium an der Pädagogischen Hochschule Reutlingen mit den Schwerpunkten Erziehungswissenschaften, Philosophie, Geschichte, Deutsch, sowie Waldorfpädagogik am Waldorflehrer-Seminar Stuttgart. 27 Jahre Lehrer an einer Freien Waldorfschule.
Über Ludwigs Blog FASSADENKRATZER:
In allem, was ist und geschieht, muss man die Oberfläche vom Inhalt, den Schein von der Wirklichkeit unterscheiden. Die Verlautbarungen der Politiker, der verschiedenen gesellschaftlichen Interessengruppen, die Meldungen und Kommentare der Medien, kurz: die veröffentlichte Meinung, die als öffentliche Meinung ausgegeben wird und Meinung und Bewusstsein der Menschen prägt, sind vielfach nur die Oberfläche dessen, was in Wahrheit vorgeht.
Man muss an der Fassade kratzen, um hinter die Oberfläche zu kommen und zu dem vorzudringen, was wirklich geschieht. Aber wer hat dazu immer die Zeit und die Möglichkeit? Auch wir nicht. Doch wir wollen nicht resignieren und nach unseren Kräften die eine oder andere grundlegende Sache unter die Lupe nehmen, in der Hoffnung, dass unsere Leser zu eigenem genauerem Hinsehen angeregt werden. (-Herbert Ludwig)
► Bild- und Grafikquellen:
1. Sanktionen (sanctions), Aggressionspolitik, Boykott, Embargo, Eskalationsspirale, Gasembargo, Wirtschaftssanktionen. Mit dem geplanten elften Sanktionspaket gegen Russland scheinen die Einschränkungsmöglichkeiten der Europäischen Union ausgeschöpft zu sein. Die russische Wirtschaft bleibt indessen weiterhin stabil, während in Europa selbst immer mehr Stimmen die Sinnhaftigkeit der Sanktionen infrage stellen. Der Pessimismus der europäischen Regierungen im Hinblick auf den antirussischen Sanktionskrieg sickert immer öfter in westliche Medien durch.
Die antirussischen Sanktionen, eine Zierde der europäischen Hochkultur, zählen inzwischen zehn Pakete und betreffen 200 Organisationen und 1.500 Privatpersonen. Buchführer der EU meldeten stolz, dass sie über 300 Milliarden Euro an russischen Staatsaktiven einfroren und den bilateralen Handel mit Kohlenwasserstoffen, Technologien, Geräten und elektronischer Ausrüstung um 150 Milliarden Euro reduzierten. Ein elftes Sanktionspaket soll kommen und wird von der EU just in diesen Tagen verhandelt. Grafik: Netzfund und bearbeitet von H.S..
2. Demo in Leipzig, 5. Sept. 2022: SCHLUSS MIT DER POLITIK GEGEN DAS EIGENE VOLK! Die Bevölkerung wird auf Kriegsbegeisterung, Feindseligkeit gegen das russische Nachbarvolk und – angesichts der schon jetzt dramatischen Bumerang-Effekte der Embargos und Sanktionen auf die eigene Wirtschaft – auf bevorstehende Knappheit und Entbehrung eingeschworen – mit willfähriger Akklamation durch die propagandistisch vereinnahmte Medienlandschaft. Foto: Matthias Berg. Quelle: Flickr. Die Datei ist mit der CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0) lizenziert.
3. UNCLE SAM mit Hut und US-DOLLAR Zeichen signalisiert: I WANT YOU! AND YOUR MONEY! UNCLE SAM ist die bekannteste Nationalallegorie der Vereinigten Staaten. Er war eine verbreitete Werbefigur, wurde aber erst 1961 durch Senatsbeschluss offiziell anerkannt. UNCLE SAM wird weltweit benutzt und verstanden. Außerhalb der USA ist UNCLE SAM eine personifizierte Karikatur dieses Landes. Die Verwendung des Namens UNCLE SAM entspricht oft einer überaus berechtigten Einstellung gegenüber der US-Regierung, der imperialistischen, menschenrechts- und völkerrechtsverachtenden Aggressionspolitik oder der Kultur der Vereinigten Staaten.
Egal, wie wahnsinnig die Anordnungen des US-Hegemonen sein mögen – nämlich Russland zu schaden, es möglichst zu ruinieren, Putin zu stürzen, um im Idealfall Russland in mehrere, leichter zu handhabende Portionen aufzuteilen –, diese europäische Politikerkaste beugte sich den Forderungen des US-dominierten, allmächtigen Finanzkapitals im vorauseilenden Gehorsam. Foto: Tinou Bao. Quelle: Flickr. Verbreitung mit C-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0).
4. STEIGENDE / galoppierende INFLATION (HYPERINFLATION): »Egal, was meine deutschen Wähler denken.« (Annalena Blödbock Baerbock) + »Niemand hat die Absicht, Heizung, Verkehr und Industrie zu zerstören.« (Robert Habeck, Minister für Klimarettung und Wirtschaftzerstörung) + »Dir wird nichts gehören und Du wirst glücklich sein.« (Klaus Schwab, WEF) + »Du kannst Stinktiere nicht überstinken, egal wie selten du dich auch duschst.« (Helmut Schnug, Selbstdenker). Foto: Jernej Furman, Slovenia. Foto OHNE Inlet: Flickr. Die Datei ist mit der CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0) lizenziert. Das Inlet wurde von Helmut Schnug eingearbeitet. Die Lizenz bleibt bestehen!
5. Emil Erich Kästner (* 23. Februar 1899 in Dresden; † 29. Juli 1974 in München) war ein deutscher Schriftsteller, Publizist, Drehbuchautor und Kabarettdichter. Erich Kästners publizistische Karriere begann während der Weimarer Republik mit gesellschaftskritischen und antimilitaristischen Gedichten, Glossen und Essays in verschiedenen renommierten Periodika dieser Zeit. Das Foto zeigt Kästner am 28. August 1961.
„Was auch immer geschieht: Nie dürft ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.“ (Zitat aus »Gesang zwischen den Stühlen«, ein 1932 erschienener Gedichtband von Erich Kästner). Foto OHNE Inlet: asch, [...] / Opdracht Anefo. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei wird unter der Creative-Commons-Lizenz „CC0 1.0 Verzicht auf das Copyright“ zur Verfügung gestellt. Die Person, die das Werk mit diesem Dokument verbunden hat, übergibt dieses weltweit der Gemeinfreiheit, indem sie alle Urheberrechte und damit verbundenen weiteren Rechte – im Rahmen der jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen – aufgibt. Das Werk kann – selbst für kommerzielle Zwecke – kopiert, modifiziert und weiterverteilt werden, ohne hierfür um Erlaubnis bitten zu müssen. Das Inlet wurde von Wilfried Kahrs (WiKa) eingearbeitet.