GroKo plant neue Kriegseinsätze u. massive Aufrüstung
von Johannes Stern
Die Bundeswehr bereitet sich auf neue Kriegseinsätze vor. Das verkündete Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Montag [25.11.] auf einem Stützpunkt der Bundeswehr im Saarland. „Wir wären auch heute in der Lage, auch zusätzliche Auslandseinsätze zu übernehmen“, prahlte sie.
Konkret geplant ist ein Kampfeinsatz im westafrikanischen Mali. Bislang sei Deutschland vor allem im Rahmen der Ausbildungsmissionen dort, die „eigentliche Terrorismusbekämpfung“ werde aber „zur Zeit ausschließlich von Frankreich getragen“. Es gebe „den Wunsch von Frankreich, das nun auf breitere Beine zu stellen“ – auch weil man spüre, „dass die Situation auch mit Blick auf die malischen und andere Streitkräfte vor Ort keine einfache ist.“ Darüber werde man „im Rahmen der üblichen Verlängerung der Mandate auch reden müssen“.
Die Botschaft ist unmissverständlich: sieben Jahre nachdem der Bundestag Anfang 2013 beschlossen hat, die französische Militärintervention zu unterstützen, soll die Mission nun offiziell in einen mörderischen Kampfeinsatz verwandelt werden. Dabei geht es der Bundeswehr nicht um „Terrorismusbekämpfung“, sondern um die neokoloniale Unterwerfung des Landes. Zuletzt unterstrich die Afrika-Konferenz der Bundesregierung in der vergangenen Woche in Berlin, welche umfassenden imperialistischen Ziele Deutschland auf dem bevölkerungs- und rohstoffreichen Kontinent verfolgt.
Die Kriegs- und Großmachtpläne der Großen Koalition reichen dabei weit über Afrika hinaus. Kramp-Karrenbauer verwies auf ihre außenpolitische Grundsatzrede an der Münchner Bundeswehruniversität vor zwei Wochen, in der sie eine größere außenpolitische und militärische Rolle Deutschlands gefordert hatte, und erklärte: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass auch unsere Verbündeten und unsere Partner mit solchen Anliegen schneller auf uns zukommen.“
Die in Saarlouis stationierte Luftlandebrigade 1 (LLBrig 1) mit insgesamt rund 4100 Soldaten, in der alle Fallschirmjäger der Bundeswehr zusammengefasst sind, sei „ein Beweis dafür, dass wir in der Lage wären, solche Einsätze zu machen“, so die Verteidigungsministern. Es handele sich um „einen ganz besonderen und agilen Verband“, der bereits in der Vergangenheit immer wieder genutzt worden sei, um „gerade dort, wo es vor Ort darauf ankommt, schnell hineinzugehen und schnell zu reagieren“.
Um ihre Kriegspläne in die Tat umzusetzen, will die Regierung die Bundeswehr massiv aufrüsten und die Verteidigungsausgaben weiter nach oben schrauben. Auf die Kritik des Wehrbeauftragten des Bundestags Hans-Peter Bartels (SPD), wonach der Armee für größere militärische Aufgaben Gerät und Personal fehle, erwiderte Kramp-Karrenbauer: „Wir wissen, dass wir mehr tun müssen, aber wir sind auf dem Weg.“ Die deutsche Armee werde „realistischerweise“ 2031 in der Lage sein, zehn Prozent der militärischen Fähigkeiten der NATO zu übernehmen. Bis spätestens dahin solle der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt auch die von der NATO angestrebten zwei Prozent betragen.
Bereits im nächsten Jahr wird sich Deutschland diesem Ziel, auf das sich Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag verpflichtet haben, deutlich annähern. Laut einem Bericht der Deutschen Presseagentur hat die Bundesregierung dem Militärbündnis für 2020 Ausgaben in Höhe von 50,25 Milliarden Euro gemeldet. „Wir kommen unseren internationalen Verpflichtungen nach. Die NATO-Quote für Verteidigung beträgt 1,42 Prozent“, prahlte der sozialdemokratische Finanzminister Olaf Scholz, bei der gestrigen Vorstellung des Haushalts für 2020 im Bundestag.
In der Großen Koalition treibt vor allem die SPD die Offensive für eine unabhängigere Deutsche Außen- und Großmachtpolitik voran. Eine „europäische Verteidigungspolitik“ sei „keine Illusion“, erklärte der frühere sozialdemokratische Wirtschafts- und Außenminister und derzeitige Vorsitzende der Atlantik-Brücke, Sigmar Gabriel, am Montag in einem Interview mit dem Deutschlandfunk.
Er würde sie im Gegensatz zum jüngsten Vorstoß des französischen Präsidenten Emmanuel Macron jedoch
„nicht im Gegensatz zur NATO organisieren, sondern als Ergänzung“.„Was Macron macht [...], wenn er die NATO für erledigt erklärt“, berge „die Gefahr“, dass sich die osteuropäischen Länder „möglicherweise noch enger an die USA binden, und das spaltet Europa eher, als es eint“, warnte Gabriel. Die Osteuropäer würden „der Sicherheitspolitik der Europäer nicht über den Weg trauen“. Sein „Rat“ sei deshalb: „Natürlich die europäische Verteidigungsfähigkeit ausbauen, aber sie nicht im Gegensatz zur NATO aufbauen.“
Um Europa unter deutscher Führung zu organisieren, plädiert Gabriel dafür, die Aufrüstung der Bundeswehr noch stärker als bisher im Rahmen der NATO-Aufrüstung gegen Russland voranzutreiben.
„Wenn man über die zwei Prozent des Verteidigungsbudgets, die zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt redet, kann man sich in Deutschland doch vorstellen zu sagen, 1,5 Prozent investieren wir in die deutsche Bundeswehr und 0,5 Prozent investieren wir in die NATO-Fonds zur Verteidigungsfähigkeit Osteuropas.“ So würde man „unseren Nachbarn in Polen und im Baltikum mal zeigen, dass wir bereit sind, Verantwortung für ihre Sicherheit in größerem Umfang zu übernehmen, als das bisher nur die USA tun.“ Es sei „ein bisschen das Schicksal Deutschlands. Wir sind die Zentralmacht in Europa. Wir sind das stärkste Land, die stärkste Volkswirtschaft.“
Fünf Jahre nachdem die Bundesregierung auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 das Ende der militärischen Zurückhaltung verkündet hat, kann die herrschende Klasse nicht mehr verbergen, dass sie an die Kriegs- und Großmachtpolitik des Kaiserreichs und der Nationalsozialisten anknüpft. In seinem Adenauer-Vortrag Ende Oktober hatte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) bezeichnenderweise das Jahr 1945 – und damit den Untergang des Dritten Reichs und die Kriegsniederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg – als „Katastrophe“ bezeichnet.
Johannes Stern
Rheinmetall - das skrupellose Geschäft mit dem Tod! (Dauer 43:08 Min.)
Das dreckige Geschäft mit Diktatoren, Despoten und Kriegsverbrechern - Rheinmetall ist ganz vorne mit dabei. Rheinmetalls Bomben töten Kinder und tausende von Zivilisten ua im Jemen. Rheinmetall umgeht deutsche Gesetze, indem es seine todbringenden Waffen vom Ausland in die Krisenregionen der Welt liefert. Moral scheint ein Fremdwort für diesen Rüstungsgiganten zu sein - alles was zählt ist der shareholder value. Auch wenn dafür im Nahen Osten immer schlimmere Kriege und immer mehr Tote zu beklagen sind.
Lesetipps zum Thema Bundeswehr, Militarismus, Waffenexporte etc.:
"GroKo plant neue Kriegseinsätze und massive Aufrüstung" von Johannes Stern, 28. November 2019 >> weiter.
"2020: BRD-Rüstung durchbricht 50-Mrd.-Schallmauer" von Fred Schmid / isw München e.V., 28. Oktober 2019 >> weiter.
"Rheinmetall entrüsten! Totschießen ist ihr Geschäft" von Michael Schulze von Glaßer, 2. April 2019 (im KN übernommen am 25. Oktober 2019) >> weiter.
"Wehr-Ministerin als EU-Präsidentin: Signal zu stärkerer Militarisierung Europas" von Fred Schmid / isw München e.V., 11. Juli 2019 >> weiter.
"Grüne Özdemir und Lindner werben für Bundeswehr" von Johannes Stern, 17. Juni 2019 >> weiter.
"SIPRI registriert neuen Rüstungs-Weltrekord" von Fred Schmid / isw München e.V., 06. Mai 2019 >> weiter.
"SIPRI Fact Sheet - April 2019 - TRENDS IN WORLD MILITARY EXPENDITURE 2018" >> weiter.
"Rheinmetall plant Fusion mit Krauss-Maffei Wegmann und Nexter", von Fred Schmid / isw München e.V., 17. April 2019 >> weiter.
"Große Koalition verlängert Bundeswehreinsatz in Mali. Das Ringen um Afrika." von Johannes Stern, 4. April 2019 >> weiter.
"Münchner SiKo: Alternativlose Aufrüstung als Gebot der Stunde. Selbstbehauptung oder Fremdbestimmung." von Jürgen Wagner / Informationsstelle Militarisierung (IMI) e. V. >> weiter.
"Rüstungs-Explosion & Bombengeschäfte. Bundesregierung im Rüstungswahn", von Fred Schmid, Jan 2019 >> weiter.
"Nationale Industriestrategie 2030. Strategische Leitlinien für eine deutsche und europäische Industriepolitik", von BMWi, Feb 2019, 20 Seiten >> weiter.
"Bundeswehr plant Rekrutierung von EU-Ausländern. Kanonenfutter für die deutsche Kriegspolitik", von Johannes Stern >> weiter.
"Bundeswehr-Umbau für den Neuen Kalten Krieg: Konzeption und Fähigkeitsprofil" von Jürgen Wagner / Informationsstelle Militarisierung (IMI) e. V. >> weiter.
"Die Auslöschung des Jemen: Größte Katastrophe der Gegenwart. Die Stellvertreterkrieger" von Friedhelm Klinkhammer, Volker Bräutigam >> weiter.
"Deutsche Aufrüstung und kein Ende? NATO-Zielmarke: Zwei Prozent des BIP" von Lühr Henken / Gastautor des isw München e. V. >> weiter.
"Kein Panzer geht in Krisengebiete: Irrtümer und Mythen über Waffenexporte – und warum wir ihr Verbot brauchen", von RLS - Jan van Aken: Nov. 2018 - 44p >> weiter.
"Krieg als Spiel, Massenmord als Partnerbörse. Wie die Bundeswehr ihre Werbung rechtfertigt und weiter ausbaut" von Tobias Riegel >> weiter.
"Deadly Assistance: The role of European states in US Drone Strikes" von Amnesty International USA 2018 - 88 Seiten >> weiter.
"Humanitäre Folgen von Drohnen. Eine völkerrechtliche, psychologische und ethische Betrachtung", Drohnenreport 2019 des IPPNW >> weiter.
► Quelle: WSWS.org > WSWS.org/de >> Erstveröffentlicht am 27. November 2019 >> Artikel. Dank an Redakteur Ludwig Niethammer für die Freigabe zur Veröffentlichung. ACHTUNG: Die Bilder und/oder Grafiken im Artikel sind nicht Bestandteil des Originalartikels und wurden von KN-ADMIN Helmut Schnug eingefügt. Für sie gelten ggf. andere Lizenzen, s.u..
► Bild- und Grafikquellen:
1. Wehrministerin Annegret Kramp-Karrenbauer in ihrem ersten Interview als Verteidigungsministerin: „Am NATO-Ziel halte ich fest“. 2020 dürfte der Anteil bereits bei 1,4% liegen; die 1,5%-Zwischenetappe, erst für 2024 geplant, wird vermutlich vorfristig erfüllt werden. Jedem Bundesbürger, ob Kind ob Greis, kosten Wehr und Waffen bereits in 2020 610 Euro, für eine vierköpfige Familie sind es fast 2500 Euro im Jahr. Um ihre Kriegspläne in die Tat umzusetzen, will die Regierung die Bundeswehr massiv aufrüsten und die Verteidigungsausgaben weiter nach oben schrauben. Bildbearbeitung: Wilfried Kahrs (WiKa).
2. Die Fallschirmjägertruppe ist eine Truppengattung im Heer der Bundeswehr. Die deutsche Fallschirmjägertruppe zählt zu den Kampftruppen des Heeres und bildet mit der Jäger- und der Gebirgsjägertruppe die Infanterie. Die Fallschirmjägertruppe bildet den infanteristischen Kern der deutschen Luftlandetruppen. Bildbearbeitung: Lucnarock / Luca Toninelli, Suisse. Quelle: Pixabay. Alle Pixabay-Inhalte dürfen kostenlos für kommerzielle und nicht-kommerzielle Anwendungen, genutzt werden - gedruckt und digital. Eine Genehmigung muß weder vom Bildautor noch von Pixabay eingeholt werden. Auch eine Quellenangabe ist nicht erforderlich. Pixabay-Inhalte dürfen verändert werden. Pixabay Lizenz. >> Bildgrafik.
3. Treffen zwischen dem ehemaligen Außenminister Sigmar Gabriel und dem NATO-Generalsekretär General Jens Stoltenberg, Dezember 2017. Foto: Official Flickr photo stream NATO - North Atlantic Treaty Organization. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0).
4. Textgrafik: Die Blutspur der NATO: Vietnam, Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien, Mali und Jemen. Grafik: Wilfried Kahrs (WiKa).