Der türkische Angriffskrieg in Südkurdistan
Schweigt nicht zu den Angriffskriegen der Türkei in Kurdistan!
Faktenreiches Dossier über die Hintergründe
Die Türkei hat einen neuen Angriffskrieg in Südkurdistan (Nordirak) gestartet und viele haben nun Fragezeichen in ihren Köpfen. Was bezweckt die Türkei mit dieser Offensive? Warum greift sie genau jetzt an? Und was sind ihre Pläne, bei einem militärischen Erfolg? Im ersten Teil unserer zweiteiligen Analyse wollen wir uns mit diesen Fragen beschäftigen.
Seit der Nacht vom 17. auf den 18. April 2022 greift der türkische Staat also die südkurdischen Gebiete Zap und Avaşîn an. Diese Gebiete nahe der türkischen Grenze stehen weitgehend unter der Kontrolle der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).
Vor Beginn der Offensive hat die Türkei über drei Tage hinweg die Zielgebiete breitflächig bombardiert. Als dann der Startschuss zur Operation „Claw Lock“ fiel, kamen Kampfhubschrauber, Kriegsflugzeuge und Kampf drohnen zum Einsatz. Zudem wird das Gebiet von den türkischen Grenzmilitärstationen aus mit Raketen beschossen.
An mehreren Punkten wurden zu Beginn der Offensive türkische Soldaten aus Kampfhubschraubern abgesetzt. Seither kommt es zu schweren militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Guerillaeinheiten und dem türkischen Militär. Beide Seiten haben bereits erste Bekanntmachungen zu Opfern in den eigenen und gegnerischen Reihen gemacht. Die Zahlen unterscheiden sich naturgemäß und lassen sich nicht unabhängig bestätigen. Doch keine Seite bezweifelt, dass die Kampfhandlungen noch über einen langen Zeitraum andauern werden.
► Was bezweckt die Türkei mit diesem Angriffskrieg?
Die Türkei unter dem AKP-Regime verfolgt mit diesem Krieg multiple Ziele. Zum Einen wäre da die extrem tief verwurzelte Feindschaft gegenüber der kurdischen Bevölkerung. Egal wo die kurdische Freiheitsbewegung agiert und die Interessen der Kurd:innen verteidigt, wird sie zum Angriffsziel des türkischen Staates. Denn die Kriegshandlungen in Südkurdistan sind eingebettet in ein umfassenderes Angriffskonzept gegen die kurdische Bevölkerung.
In Nordkurdistan (Türkei) haben die staatlichen Repressionen nach dem kurdischen Neujahrsfest Newroz deutlich zugenommen. Am 21. März strömten Millionen Kurd:innen in ganz Nordkurdistan auf die Straße und feierten nicht nur Newroz, sondern erklärten zugleich, dass sie zur kurdischen Freiheitsbewegung halten. Das konnte und wollte die AKP nicht so stehen lassen. In mehreren Festnahmewellen wurden hunderte kurdische Aktivist:innen seither festgenommen.
Dann gibt es da noch den Kriegsschauplatz Rojava/Nordsyrien. Eigentlich wollte der türkische Staat Ende vergangenen Jahres hier eine neue Großoffensive starten. Als mögliches Ziel stand Kobanê im Raum. Zu jenem Zeitpunkt bekam die Türkei allerdings kein grünes Licht von den internationalen Mächten für einen neuerlichen Krieg und das AKP-Regime konnte damals seine Pläne nicht verwirklichen. Stattdessen intensiviert die türkische Regierung seither ihre Drohnenangriffe in Rojava (30 Drohnenangriffe seit Anfang des Jahres) und beschießt die Städte Nordsyriens mit Raketen (zuletzt am 22. April die Stadt Kobanê) [Stand 25.04., H.S.].
Selbst der IS ist in Nordsyrien wieder aktiv geworden. Und auch hier dürfte die Türkei ihre Finger im Spiel haben. Denn beim Großangriff von IS-Zellen im Januar dieses Jahres in Hesekê sollen zahlreiche Islamisten aus den türkisch besetzten Gebieten Nordsyriens die Stadt infiltriert haben. Die Kriegshandlungen in Südkurdistan können und dürfen nicht unabhängig von den Ereignissen in den anderen Teilen Kurdistans betrachtet werden, zumal der Aggressor überall der türkische Staat ist.
Neben der Bekämpfung der kurdischen Errungenschaften verfolgt das AKP-Regime aber auch neoosmanische Interessen in der Region. Die Besetzung von Efrîn und des Streifens zwischen Serêkaniyê und Girê Spî in Nordsyrien durch die türkische Armee und islamistische Söldner sind allgemein bekannt. Darüber hinaus unterhält die Türkei aber auch zahlreiche Militärstationen in Südkurdistan.
Die Gebiete, in welche die Türkei einmarschiert, gibt sie nicht so einfach wieder her. Sie verfügt bereits jetzt über enormen politischen und ökonomischen Einfluss auf die Autonome Region Kurdistan im Nordirak, und allen voran auf die 'Demokratische Partei Kurdistans' (PDK) unter der Führung des Barzanî-Clans. Langfristig will die Türkei ihren Einfluss bis nach Bagdad ausweiten, wo sie eine ähnliche Rolle wie der Iran spielen möchte. Und hört man in die Talkrunden der türkischen Mainstreammedien, gehören doch die erdölreichen Städte Kerkûk und Mosul im Nordirak ohnehin zur Türkei.
Ein weiterer Faktor für die Militäroffensive, und das wurde bereits in der Vergangenheit zu Genüge zu Wort gebracht, ist die innenpolitische Situation der Türkei. Die ökonomische Krise wiegt schwer. Ein neuer Krieg kommt da gerade richtig. So können die Reihen in der türkischen Gesellschaft durch die Stärkung des nationalistischen Wir-Gefühls (und des kollektiven anti-kurdischen Rassismus) wieder geschlossen werden. Da überrascht es auch nicht weiter, dass der türkische Oppositionsführer der Partei 'Cumhuriyet Halk Partisi' (CHP), Kemal Kılıçdaroğlu, über Twitter seine Gebete den „heldenhaften“ türkischen Soldaten im Einsatz widmete.
► Warum greift die Türkei genau jetzt an?
Die Antwort auf diese Frage haben wir oben bereits angeschnitten. Aber es gibt noch einen weiteren Grund für das Timing: Der Ukrainekrieg!
Viele Kenner von Erdoğans Politik haben einen erneuten militärischen Feldzug gegen die Kurd:innen im Schatten des Ukrainekrieges erwartet. Denn außenpolitisch bietet diese Zeit fast schon optimale Bedingungen für einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Ankaras.
• Wer will jetzt die Türkei für diese Offensive kritisieren?
• Etwa der Westen, der gerade seine alte Liebe für die NATO wiedergewonnen hat und deshalb die Partner in Ankara umwirbt?
• Oder Wladimir Putin, dessen Krieg in der Ukraine alles andere als geplant verläuft und dem deshalb die Partnerschaft zu Ankara wichtiger denn je ist?
Nein, mit außenpolitischer Kritik muss die Türkei gewiss nicht rechnen. Erdoğan ist in der Position, in der sich am wohlsten fühlt: Er wird von den internationalen Mächten gebraucht und umworben. Er weiß diese Position auszunutzen und wird sie bis zum bitteren Ende ausschlachten. Vor dem Hintergrund dieser Konstellation ist auch mit einer Ausweitung der militärischen Handlungen sowie Kriegsverbrechen der türkischen Armee zu rechnen. Denn mit Gegenwind von internationalen Mächten hat er aktuell nicht zu rechnen.
► Was passiert, wenn die Türkei militärische Erfolge verbuchen sollte…
Natürlich hat das AKP-Regime einen klaren Plan. Der aktuelle Krieg in Südkurdistan markiert eine Etappe dieses Plans. Die Guerillakräfte der PKK sollen in die Knie gezwungen werden. Gelingt das in Zap und Avaşîn dürften die nächsten Gebiete dran sein, die von der PKK in Südkurdistan kontrolliert werden. Auch der türkische Staat weiß, dass die Guerillakräfte eine Sicherheitsgarantie für die Errungenschaften der kurdischen Bevölkerung darstellen.
Wenn militärische Erfolge gegen die Guerilla erzielt werden, dann sind folglich die Errungenschaften an der Reihe. Die Selbstverwaltung der êzîdischen Stadt Şengal [Shingal, Sindschar] und das Geflüchtetencamp Mexmûr [Machmur] stehen ganz oben auf der Angriffsliste der Türkei. Die jüngsten Provokationen des irakischen Militärs in Şengal stehen ohne Zweifel in Verbindung mit der türkischen Offensive. Immer wieder hat die Türkei diese beiden Orte in der Vergangenheit bombardiert.
Im August letzten Jahres wurde sogar ein Krankenhaus in Şengal durch die türkische Luftwaffe angegriffen. Acht Menschen kamen dabei ums Leben. Auch in der Folgezeit sind sowohl in Şengal als auch in Mexmûr bei türkischen Drohnenangriffen immer wieder Menschen ums Leben gekommen. Die Türkei will die Selbstverwaltung dieser beiden Gebiete dem Boden gleichmachen, daran besteht kein Zweifel. Doch nun soll erst einmal die Guerilla aus dem Weg geräumt werden.
Auch dabei wird es die Türkei bei einem militärischen Erfolg nicht belassen. Viele gehen derzeit davon aus, dass sie nach möglichen militärischen Erfolgen gegen die PKK eine erneute Offensive in Rojava/Nordsyrien starten könnte. Eine Möglichkeit ist auch, dass sie mit Hilfe des IS die Region destabilisiert, um anschließend ein eigenes militärischen Eingreifen zu legitimieren. Doch auch dabei wird es vermutlich nicht bleiben.
Wir hatten bereits erwähnt, dass viele politische Analysten in der Türkei längst ein Auge auf Kerkûk und Mosul geworfen haben. Wer sich erhofft, dass das türkische Militär nach einem möglichen militärischen Erfolg gegen die PKK brav ihre Militärstationen in Südkurdistan räumen und den Rückzug antreten wird, ist jedenfalls sehr optimistisch. Die Türkei verfolgt unter der AKP ganz unverhohlen eine neoosmanische Expansionspolitik. Und in dieser Vorstellung gehört eben nicht nur Rojava, sondern auch Südkurdistan zum großtürkischen Reich.
Teil 2
Im bisherigen Teil dieser Analyse haben wir uns angeschaut, was die Türkei mit ihrem Angriffskrieg in Südkurdistan bezweckt und welche mittel- und langfristigen Ziele sie dabei verfolgt. Nun wollen wir zunächst einen Blick auf die vergangenen türkischen Militäroffensiven in Südkurdistan schauen, bevor wir uns mit den Reaktionen auf den neuerlichen Völkerrechtsbruch der Türkei beschäftigen.
Die Liste der grenzüberschreitenden Militäroperationen des türkischen Staates in Südkurdistan ist lang. Tatsächlich erfolgte die erste grenzüberschreitende Militäroffensive der Regierung in Ankara im Jahre 1983, also in einer Phase, als sich die Guerillakräfte der PKK erst noch formierten und den bewaffneten Kampf in der Türkei noch nicht aufgenommen hatten. Mit 7.000 Soldaten intervenierte das türkische Militär fünf Kilometer tief in südkurdisches Territorium, sonderlich erfolgreich verlief die Operation damals nicht. Denn nur knapp eine Woche nach Beginn der Militäroffensive zogen sich die türkischen Soldaten bereits am 2. Juni 1983 wieder zurück.
Es folgten unzählige weitere Angriffskriege der Türkei in Südkurdistan. Ab Beginn der 90er Jahre konnte Ankara dabei immer wieder auch auf die Unterstützung der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK) setzen. Doch bleibende Erfolge für sich verbuchte die Türkei bei keinem dieser Kriege. Ziel der Invasionen war es stets, die PKK vernichtend zu schlagen. Doch trotz unzähligen grenzüberschreitenden Militäroffensiven ist die PKK fast 40 Jahre nach der ersten Offensive weiterhin existent.
► Gare-Angriff endete mit einem Fiasko
Die AKP scheint aus diesen militärischen Misserfolgen keine Lehren gezogen zu haben. Ganz im Gegenteil, denn der aktuelle Angriff ist bereits der dritte Völkerrechtsbruch in Südkurdistan seit Anfang 2021. Am 10. Februar 2021 startete die türkische Armee den ersten dieser drei Angriffe.
Das Zielgebiet war die Region Gare. Diese Operation dauerte nicht lange und endete in einem Fiasko: Schon nach drei Tagen zog sich das Militär zurück. Zudem kamen aufgrund der schweren Luftangriffe der türkischen Armee zwölf Staatsbedienstete der Türkei, die sich als Kriegsgefangene in der Hand der PKK befanden, ums Leben.
Kurz nach dieser militärischen Niederlage startete die Türkei ab dem 23. April einen zweiten Großangriff in Südkurdistan. Die Ziele lauteten dieses Mal Metîna, Avaşîn und Zap. Die türkische Armee hat im Rahmen dieser Operation einige strategische Hügel unter ihre Kontrolle gebracht. Doch in den letzten Wochen und Monaten konnte sie keinerlei Fortschritte machen. Kenner der Region berichten, dass die türkischen Soldaten kaum ihre Stützpunkte verlassen können, da die Guerilla weiterhin das Feld beherrscht.
Im Zuge dieses Krieges hat das türkische Militär zudem unzählige Male chemische Kampfstoffe eingesetzt, um die Tunnelsysteme der PKK in den Bergen unter ihre Kontrolle zu bringen. Ein internationaler Aufschrei gegen diese Kriegsverbrechen blieb allerdings aus. Am 17. April hat die Türkei nun den dritten Angriffskrieg in Südkurdistan in nur knapp 14 Monaten gestartet.
► Welche Rolle spielt die Demokratische Partei Kurdistans im aktuellen Krieg?
Welchen Ausgang die aktuellen Kriegshandlungen der Türkei in Südkurdistan haben werden, hängt ein stückweit auch davon ab, welche Haltung die kurdische Bevölkerung und die politischen Parteien in der Region hierzu einnehmen werden. Vor wenigen Tagen hat sich Murat Karayılan im Namen der PKK direkt und mit deutlichen Worten an die kurdische Bevölkerung gewendet:
„Unser Volk sollte wissen, wir betrachten diese Phase als Ausnahmesituation. Es ist die Zeit der Mobilisierung. Dementsprechend müssen alle das tun, was ihnen möglich ist. Wir befinden uns in einer sehr wichtigen und kritischen Phase. Sie ist extrem heikel. Wir müssen diese Angriffswelle des Feindes brechen.“
Dieser Appell macht deutlich, wie kritisch die PKK den aktuellen Angriffskrieg der Türkei bewertet. Ein Grund hierfür ist die Haltung der PDK unter der Führung des Barzanî-Clans. Die PDK-Verantwortlichen kamen in den letzten Wochen häufig mit türkischen Regierungsvertreter:innen zusammen. Zuletzt traf der Premierminister der Kurdistan-Region Irak (KRI), Mesrûr Barzanî [auch Masrur, Masrour B.], mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdoğan und dessen Geheimdienstchef Hakan Fidan am 15. April, also zwei Tage vor Beginn der Offensive, in Istanbul zusammen.
Bereits zwei Wochen zuvor kursierten hartnäckige Gerüchte in kurdischen Medien, dass die PDK der Türkei bei einer anstehenden Militäroperation in Südkurdistan zur Seite stehen möchte. Es seien sogar Provokationen in Südkurdistan geplant, die der PKK in die Schuhe geschoben werden sollten, um auf diese Weise einen Kriegseintritt der PDK vor der kurdischen Bevölkerung zu legitimieren. Zu den Provokationen kam es nicht. Doch die PDK unterstützt offenkundig den türkischen Angriffskrieg. Bereits am ersten Tag des Krieges hoben türkische Kampfhubschrauber nicht von der türkischen Seite der Grenze zum Angriff ab, sondern von Südkurdistan. Dies geschieht in Abstimmung mit den PDK-Verantwortlichen. Der Plan ist wohl, die von der PKK kontrollierten Gebiete sowohl vom Norden, also von Seiten der türkischen Grenze, als auch vom Süden heraus, anzugreifen.
Am 20. April verteidigte Mesrûr Barzanî bei einem Besuch in London die türkische Militäroffensive in Südkurdistan öffentlich: Es sei nicht die Türkei, sondern die PKK, welche das kurdische Autonomiegebiet in Südkurdistan nicht respektiere. Die PKK ziehe die Türkei nach Südkurdistan rein und sei dafür verantwortlich, dass 800 Dörfer wegen andauernder Kriegshandlungen geräumt werden mussten. Mit diesen Aussagen, die Barzanî bei einem Auftritt bei der britischen Denkfabrik Chatham House von sich gab, stellte er relativ deutlich klar, auf welcher Seite er sich beim aktuellen Angriffskrieg positioniert. Während seines Besuches in London wurde er übrigens von wütenden kurdischen Demonstrant:innen empfangen, die sein Fahrzeug mit Eiern bewarfen.
► Und wie sehen die übrigen Reaktionen in Südkurdistan und im Irak aus?
Alle weiteren Reaktionen sowohl in Südkurdistan als auch in Bagdad sind relativ einhellig: Die 'Patriotische Union Kurdistans' (YNK) verurteilt die türkische Offensive ebenso wie das irakische Außenministerium. Auch Muqtada al-Sadr, der Anführer der größten Fraktion im irakischen Parlament, verurteilte den Angriffskrieg und warnte die Türkei.
Der Irak werde als souveränes Land nicht gegenüber den türkischen Angriffen schweigen, so Sadr. Sowohl im Irak als auch in Südkurdistan steht die PDK somit allein mit ihrer Unterstützung für Ankaras Offensive da. Ob die warnenden Worte der übrigen politischen Akteur:innen in Erbil und Bagdad ausreichen werden, um den Angriffskrieg tatsächlich zu stoppen, ist allerdings fraglich.
► Wie sieht es um die internationalen Reaktionen aus?
In der internationalen Staatengemeinschaft herrscht derzeit großes Schweigen gegenüber dem türkischen Angriffskrieg. Und Schweigen bedeutet in diesem Zusammenhang Zustimmung. Die Türkei nutzt nicht nur den internationalen Fokus auf den Ukrainekrieg aus, um ihre Invasion zu führen. Das AKP-Regime hat wohlmöglich auch grünes Licht von ihren NATO-Partnern für den grenzüberschreitenden Angriff erhalten.
Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar hatte im Februar dieses Jahres noch die Münchener Sicherheitskonferenz besucht und sich mit den Bündnispartner:innen zweifelsohne auch über die militärischen Pläne seines Landes ausgetauscht. Dort kam es übrigens auch zu einer Zusammenkunft mit einem weiteren Mitglied der Barzanî-Familie, dem KRI-Präsidenten Nêçîrvan Barzanî [Nidschirfan Barzani]. Im Anschluss an diese Zusammenkunft erklärte Akar: „Es war ein sehr positives und konstruktives Treffen. Ich bin der Meinung, dass unser Treffen einen bedeutenden Beitrag sowohl für unsere Länder als auch für das NATO-Bündnis leisten wird.“
Der Angriffskrieg in Südkurdistan dürfte demnach mit den NATO-Staaten abgestimmt sein, was das kollektive Schweigen in der westlichen Staatengemeinschaft erklärt. Das gilt auch für die Bundesregierung, die mit ihrer Kritik am völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands in der Ukraine zugleich aber auch ihre Scheinheiligkeit offenbart. Völkerrechtsbruch, Angriffskriege, der (mögliche) Einsatz von chemischen Waffen, Luftangriffe und gezielte Tötung von Zivilist:innen, all das wird zu Recht verurteilt und kritisiert, wenn es um den russischen Einmarsch in der Ukraine geht. Dass aber der NATO-Partner Türkei eben jene Praxis in Kurdistan praktiziert, davor verschließt man in Berlin lieber die Augen.
► Und warum geht uns dieser Krieg überhaupt etwas an?
Die Bundesregierung schweigt aber nicht ohne Grund. Sie unterstützt seit jeher den türkischen Krieg in Kurdistan. Das tut sie seit Jahrzehnten und zwar nicht nur mit wirtschaftlicher und militärischer Unterstützung, sondern auch durch die Kriminalisierung kurdischer Aktivist:innen in Deutschland.
Auch im aktuellen Angriffskrieg kommt deutsche Waffentechnik zum Einsatz. Dass die türkischen Kampfdrohnen, mit denen immer wieder Menschen in Rojava und Südkurdistan gezielt ermordet werden, mit Zielerfassungssystemen des deutschen Rüstungsunternehmens Hensoldt ausgestattet sind, hatte das Politmagazin Frontal 21 bereits Ende vergangenen Jahres öffentlich gemacht.
Die Türkei gehörte auch im Jahr 2021 zu den Hauptabnehmer:innen deutscher Rüstungsexporte. [FAZ-Artikel v. 22.04.2022]. Ob die Türkei ihre Angriffskriege in Kurdistan weiterhin ungestört führen kann, hängt maßgeblich auch davon ab, ob Deutschland weiterhin ungestört die Türkei bei ihren Kriegen unterstützen kann.
Wie weit die staatlichen Stellen in Deutschland gehen, um sich da nicht reinfunken zu lassen, haben sie im vergangenen Jahr eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Als im Juni Aktivist:innen aus Deutschland nach Südkurdistan reisen wollten, um die letzte türkische Invasion in Südkurdistan zu dokumentieren, erteilte die Bundespolizei kurzerhand 16 Personen ein Ausreiseverbot. [ANF-Artikel]. Wer sich also für den Frieden in Kurdistan einsetzt, könnte in Konflikt mit den außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik geraten.
Dass der Einsatz für Frieden heute wichtiger denn je ist, braucht keine weiteren Ausführungen. Auch eine klare Haltung gegen völkerrechtswidrige Angriffskriege zu haben, ist wichtiger denn je und kann einen Beitrag dazu leisten, zukünftige Kriege zu verhindern. Das alles gilt für den aktuellen Krieg in der Ukraine ebenso wie für Kurdistan. Und wenn die Staatengemeinschaft, auch die deutsche Bundesregierung, zu den Kriegen des AKP-Regimes in Kurdistan schweigt, ja diese sogar unterstützt, dann liegt die Verantwortung umso mehr bei der Gesellschaft. In diesem Sinne können und sollten wir alle unseren Beitrag für ein Ende der Kriege in Kurdistan, in der Ukraine und überall auf der Welt leisten.
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AUFRUF: Schweigt nicht zu den Angriffskriegen der Türkei in Kurdistan!
Gemeinsamer Aufruf von Defend Kurdistan, Women Defend Rojava und RiseUp4Rojava zu Aktionen gegen den Krieg in Südkurdistan!
Während die deutschen Medien sich dabei überschlagen, über den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Putins in der Ukraine zu berichten, und konstant die Zeitenwende beschwören, finden im Nahen Osten altbekannte Szenarien statt. Tayyip Erdoğan begann im Rahmen seiner neoosmanischen Phantasien, am 17. April 2022, unterstützt durch den Barzanî-Clan, einen erneuten völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Südkurdistan.
Weltweit wird über Krieg diskutiert und der Frieden eingefordert, doch wieder einmal wird Kurdistan davon ausgenommen. In den deutschen Medien wurde nahezu nicht darüber berichtet, dass innerhalb von fünf Tagen fast 200 Luftschläge stattgefunden haben, dass der Krieg der Türkei dafür gesorgt hat, dass von 93 Dörfern in der Region Şeladize, nur noch 7 bewohnt sind, dass bereits am Tag nach Beginn des Angriffskrieges in mehr als 30 deutschen Städten demonstriert wurde und seitdem ständig Protest auf der Straße stattfindet. Auch wird in den Medien fast gar nicht darüber berichtet, dass gleichzeitig Şengal, das zentrale Siedlungsgebiet der Êziden, die noch 2014 einem Völkermord durch den IS ausgesetzt waren, von der irakischen Armee angegriffen wird.
Auch findet sich in den Medien kaum eine Meldung darüber, dass die Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens (auch als Rojava bekannt) seit Wochen unter ständigen Angriffen des türkischen Staates, in Form von Drohnenschlägen und Artillerieschlägen, steht. Dass die Türkei erneut versucht, sowohl in Syrien, als auch im Irak, kurdische Siedlungsgebiete zu besetzen und die dortige Bevölkerung zu vertreiben, bleibt ebenfalls unerhört.
Die ganze Welt spricht vom Kriegstreiber und „Diktator Putin“, aber zu dem Faschisten Erdoğan und seinem AKP-MHP Regime wird geschwiegen.
Als „Defend Kurdistan“ werden wir nicht tatenlos zusehen. Wir nehmen uns die neu gestartete Operation des türkischen Staates auf Südkurdistan zum Anlass, gegen den Krieg in ganz Kurdistan auf die Straße zu gehen. Wir werden unsere Stimmen gegen die Kriegstreiber in Kurdistan erheben, ganz gleich ob es dabei um das türkische Regime, die irakische Regierung oder um den Barzanî-Clan handelt. Wir betrachten es als unsere Verantwortung, an der Seite derjenigen zu stehen, die Kurdistan gegen diesen Besatzungskrieg verteidigen. Wir haben bereits letztes Jahr dazu beigetragen, dass der Angriffskrieg der Türkei auf Südkurdistan gescheitert ist, und jetzt wollen wir als Teil des weltweiten Widerstandes erneut unsere Rolle spielen, um dazu beitragen, dass dieser Krieg gestoppt werden kann.
Wir rufen alle Menschen, die sich solidarisch zur kurdischen Gesellschaft und zur kurdischen Freiheitsbewegung bekennen, dazu auf, sich an den zahlreichen Aktionen die im Moment in ganz Deutschland stattfinden, zu beteiligen.
Infos findet ihr auf den weiter unten genannten Webseiten!
Außerdem könnt ihr selbst aktiv werden. Unten haben wir einige Handlungsempfehlungen für die nächsten Wochen festgehalten. Gleichzeitig wenden wir uns aber auch an all diejenigen, die sich in den letzten Wochen gegen den Krieg in der Ukraine eingesetzt haben. Völkerrechtswidrige Angriffskriege finden gerade nicht nur in der Ukraine und auch nicht nur von Seiten Russlands statt!
So appellieren wir an alle, die sich in den letzten Wochen so sehr für Frieden engagiert haben, sich auch für den Frieden in Kurdistan einzusetzen und den türkischen Aggressor zu verurteilen und zu isolieren. Kommt mit uns gemeinsam auf die Straße und wir setzen ein einheitliches Zeichen gegen Krieg in Kurdistan, in der Ukraine und auf der ganzen Welt!
Für den Frieden in Kurdistan!
Es lebe der Widerstand der kurdischen Freiheitsbewegung!
Nieder mit dem türkischen Faschismus!
Turks, fuck off from Kurdistan!
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Handlungsempfehlungen in Zeiten des erneuten völkerrechtswidrigen Angriffskrieges der Türkei in Südkurdistan:
• Beteiligt euch an den Aktionen die von Kon-Med, Defend Kurdistan, den Kampagnen Riseup4Rojava & Women Defend Rojava, sowie den bundesweit existierenden Solikomitees organisiert werden.
• Ergreift in euren eigenen Städten die Initiative, wenn es sonst niemand tut. Egal ob Demonstration, Kundgebung, Infostand oder Blockade. Alle Formen des zivilen Ungehorsam sind wichtig und tragen dazu bei, das ohrenbetäubende Schweigen gegenüber dem Angriffskrieg zu brechen.
• Geht gezielt auf Bündnisse, die sich im Rahmen des Ukraine-Krieges gegründet haben zu, und hebt den in Kurdistan stattfindenden Angriffskrieg auf die Agenda. Bzw. setzt euch dafür ein, dass auf den Demonstrationen gegen den Krieg auch Kurdistan in Form von Redebeiträgen, Musik und Gestaltung vertreten ist.
• Ins besondere kreative Aktionen wie Bannerdrops, Flashmobs, Sit-In‘s uvm. lassen sich schnell und mit wenigen Menschen organisieren. Ein gut organisierter Flashmob mit 20 Menschen kann leicht mehr Öffentlichkeit schaffen als eine Demonstration mit 1.000 Teilnehmern.
• Besorgt euch Infomaterial wie Plakate, Sticker und Flyer zum Krieg und verteilt sie überall in eurer Stadt.
• Geht auf Journalist:innen, Politiker:innen und Personen des öffentlichen Lebens in eurem Umfeld und in eurer Stadt zu. Berichtet ihnen von dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg und versucht sie davon zu überzeugen, sich öffentlich zu positionieren. Ein kurzes Statement auf Social Media oder ein kurzer spontan gemachter Clip hilft, Druck auf offizielle Stellungen wie das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium aufzubauen, um sie wiederum dazu zu bringen sich mit der Situation zu befassen.
Wir wünschen euch allen und uns allen viel Erfolg. Auf dass dieser Krieg endet, bevor in eine noch intensivere Phase übergeht! Für jegliche Fragen könnt ihr uns gerne unter info [@] defend-kurdistan.com anschreiben!
ANF NEWS >> https://anfdeutsch.com/
Kon-Med >> https://kon-med.com/
Defend Kurdistan – AgainsAgainst Turkish occupation! >> https://defend-kurdistan.com/
Women Defend Rojava >> https://womendefendrojava.net/de/
RiseUp4Rojava >> https://riseup4rojava.org/de/
Lesetipp / Buchempfehlung:
"Die Kurden. Ein Volk zwischen Unterdrückung und Rebellion" von Kerem Schamberger und Michael Meyen, Westend 2018. ISBN 978-3-86489-207-3 (Paperpack, 240 Seiten, 19,00€). Auch als eBoob (EPUB) erhältlich, 13,99€, ISBN 978-3-86489-701-6.
Ein Volk im Widerstand. Auch in Europa vergessen.
Erdoğan kann die Kurden verfolgen, weil der Westen sein Bündnis mit dem Autokraten nicht gefährden will. Wer weiß um den Krieg, den die Regierung in Ankara seit 2015 gegen die Kurden führt? Wer erinnert sich an die Repressionen in den 1990er Jahren? Hierzulande kennt man allenfalls die PKK und fragt sich vielleicht verwundert, warum immer noch Tausende mit den Farben und Symbolen dieser »Terrororganisation« in ganz Europa auf die Straßen gehen.
Die beiden Autoren Kerem Schamberger und Michael Meyen zeigen, dass die Verfolgung der Kurden in der Gründungsgeschichte der Türkei wurzelt und dass Ankara diesen Krieg heute auch führen kann, weil die Weltöffentlichkeit wegschaut. Insbesondere Deutschland sieht diesen Krieg durch die Brille von Erdogan und lässt deshalb ein ganzes Volk im Stich. Wie lange sollen die Kurden noch Spielball des Westens bleiben?
Die Kurden sind das größte staatenlose Volk der Welt. Mehr als 30 Millionen Menschen, die bei uns als Türken, Syrer, Iraner oder Iraker gelten (um nur die vier wichtigsten Siedlungsgebiete zu nennen), weil sie einen entsprechenden Pass haben. Dieses Buch erzählt die Geschichte dieser Menschen. Es erzählt, wie sich die Westmächte den Nahen und Mittleren Osten nach dem Ersten Weltkrieg zurechtgeschnitten haben und warum die neuen Staaten in der Region kein Interesse an einer kurdischen Nation hatten. Im Gegenteil. Sie haben alles getan, damit Sprache, Kultur und Identität verschwinden.
Geschichte wiederholt sich nicht, sagt man. Die Unterdrückung der Kurden aber geht weiter. Die Türkei führt seit Sommer 2015 Krieg im eigenen Land. Sie kann das tun, weil die Weltöffentlichkeit wegschaut. Weil Deutschland diesen Krieg durch die Brille der Regierung in Ankara sieht.
Wir sind für dieses Buch in den Nordirak und nach Rojava, wo die Kurden versuchen, etwas Neues aufzubauen, eine neue Form der Demokratie jenseits aller Staatlichkeit. Wir haben in Deutschland Journalistinnen und Wissenschaftler interviewt, Deutsche, Türken, Kurden, die gegen den Mainstream schwimmen. Und wir haben zwei Blickwinkel zusammengebracht: Kerem Schamberger, halb Deutscher, halb Türke, politischer Aktivist und Streiter für Gerechtigkeit, dem die kurdische Frage schon lange auf den Nägeln brennt, und Michael Meyen, als Ostdeutscher und als Kommunikationswissenschaftler bisher weit weg von dieser Frage, als gelernter Journalist aber in der Lage, Schambergers Wissen in eine lesbare Fassung zu gießen. (erweiterter Klappentext)
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Kerem Schamberger, Jahrgang 1986, war politischer Berichterstatter und Kommunikationswissenschaftler an der LMU München. Ende Februar 2022 habe er die Wissenschaft verlassen und arbeite nun bei der kritischen Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international als Referent für Migration und Flucht in der Öffentlichkeitsarbeit. (update!)
Er beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit der Unterdrückung der Kurden in der Türkei und übt scharfe Kritik an Präsident Recep Tayyip Erdoğan und an der deutschen Politik. Aufgrund seines politischen Engagements drohte ihm zeitweise das Berufsverbot in Deutschland, Monitor berichtete. "Das vergessene Volk" ist sein erstes Buch. Schambergers persönlicher Blog: https://kerem-schamberger.de/ .
Am 2. Mai 2022 ist seine Doktorarbeit „Vom System zum Netzwerk. Medien, Politik und Journalismus in Kurdistan“ im Westend Verlag erschienen. Sie ist als Open-Access-Buch für alle frei verfügbar und ihr könnt sie kostenlos hier downloaden. Wenn ihr das Buch lieber in euren Händen halten wollt, könnt ihr es hier bestellen (kostet aber stolze 59€, weil mehr als 600 Seiten…).
In der Arbeit analysiere Schamberger das transnationale kurdische Mediennetzwerk, das sich bis nach Europa erstreckt. Dieses Netzwerk ist Teil der Selbstorganisation und des Widerstandes von KurdInnen gegen ihre Vertreibung und Assimilation. Es richtet sich entschieden gegen den Status quo, will die Gesellschaft transformieren und leistet zugleich Kritik an den vermeintlich universellen Prinzipien des westlichen Journalismus. Kurdische Medien sind in sich kämpferisch, weil sie von Anbeginn ein Produkt der Auflehnung gegen Unterdrückung sind. Gerade deshalb können aus ihrer Praxis Lehren für andere politische und soziale Bewegungen gezogen werden, deren Ziel es ist, Medien jenseits des kapitalistischen Mainstreams aufzubauen und die Gesellschaft im emanzipatorischen Sinne zu verändern.
Prof. Dr. Michael Meyen hat als Journalist begonnen: in der Regionalpresse (Leipziger Volkszeitung) und im Radio (MRD Info). Noch stärker als das Tagesgeschehen lockte aber die Forschung. Deshalb ging er 2002 als Professor an die LMU nach München, bildet dort seitdem Journalisten, PR und Werbeprofis aus und schreibt über das, was uns alle am meisten angehen sollte: die Welt der Massenmedien.
Kerem Schamberger: Die Kurden – Ein Volk zwischen Unterdrückung und Rebellion (Dauer 26:20 Min.)
Die Kurden – Ein Volk zwischen Unterdrückung und Rebellion | Buchvorstellung Uni Kassel 10.11.18 (Dauer 1:09:12 Std.)
Kurdisches patriotisches Lied - Her Kurd ebîn
von Îbrahîm Ehmed, kurdischer Schriftsteller, Romanautor, Richter und Übersetzer
Invasoren voller Hass,
Wilde ohne Gewissen und Moral,
Ihr könnt uns nicht zwingen, keine Kurden zu sein!
Wir sind immer Kurden gewesen und werden immer Kurden sein.
Vor der Zeit der Feueranbetung
Vor der Zeit des Islam,
während der Gefangenschaft und der Freiheit
Wir sind immer Kurden gewesen und werden immer Kurden sein.
Ich bin kein Araber, kein Iraner
und kein Bergtürke.
Nicht nur ich, sondern auch die Geschichte stimmt zu, dass
Ich bin ein Kurde, ein Kurdistani!
Wir bitten nicht um irgendeinen Gefallen;
Die Unabhängigkeit ist keine unverschämte Forderung,
Es ist eine Entscheidung, die die Geschichte getroffen hat!
Dass wir Kurden sind und immer sein werden.
Alle anderen Nationen sind meine Brüder,
Nur Diktatoren sind meine Feinde.
Ich frage nicht nach dem Land eines anderen;
Ich dringe nicht in das Gebiet anderer ein;
Aber für die Rechte meines Volkes und meines Landes
Solange ich am Leben bin, werde ich kämpfen!
Hasserfüllte Invasoren,
Wilde ohne Gewissen und Moral,
Selbst wenn ihr die die Berge von Qandil,
Agri und Shirin platt macht,
Ihr könnt uns nicht zwingen, keine Kurden zu sein.
Wir sind immer Kurden gewesen und werden immer Kurden sein.
► Quelle: Chivaka Azad - Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e. V., veröffentlicht am 25. April 2022 >> Artikel/Dossier. In englischer Sprache findet die beiden Teile der Analyse unter folgenden Links: Part 1 und Part 2. Die durch die Seitenbetreiber erstellten Inhalte und Werke auf diesen Seiten unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Eine Genehmigung zur Wiederveröffentlichung dieser und allen anderen Texten von Civaka Azad auf Kritisches-Netzwerk.de wurde ausdrücklich erteilt.
► Über Civaka Azad:
Seit Jahrzehnten gibt es in Kurdistan einen Krieg gegen das kurdische Volk. Dabei ist die Forderung der Kurden ausschließlich die Anerkennung ihrer Identität und ihrer Rechte. Allerdings ist diese Forderung Grund genug für die Regierungen der Staaten Türkei, Iran, Irak und Syrien, in denen die Kurden leben, um sie aufs Bitterste bekämpft.
Und es ist ein Krieg, der in der Weltöffentlichkeit mehrheitlich keine Beachtung findet. Das ermutigt die Staaten bei Gelegenheit auch auf eine „schmutzige Kriegsführung“ zurückzugreifen. So werden sowohl zivile Opfer billigend in Kauf genommen, als auch Waffen eingesetzt, die nach Genfer Kriegskonvention geächtet sind.
Die Schaffung von Öffentlichkeit und ihre Sensibilisierung für die Geschehnisse in Kurdistan können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, diesen Krieg einzudämmen und mittelfristig den Weg für eine friedliche Lösung zu ebnen. Hierzu möchten wir als Civaka Azad unseren Beitrag leisten.
„Only bad news, are good news“, so lautet die Maxime vieler Mainstream Medien hierzulande. Die Ereignisse aus Kurdistan werden, wenn überhaupt, nur einseitig mit dem Fokus auf den Krieg beleuchtet. Allerdings werden in Kurdistan seit Jahren trotz permanenten Kriegszustands auch Projekte für eine kommunale Selbstverwaltung und zivilgesellschaftliche Organisierung der Bevölkerung vorangetrieben. Die Menschen fangen an die Probleme ihrer Region basisdemokratisch selbst zu lösen. Es keimt ein freiheitliches, demokratisches, ökologisches und geschlechterbefreiendes Bewusstsein in der Bevölkerung auf. Mit diesem Bewusstsein und den fortschrittlichen Projekten bauen die Menschen aus Kurdistan ihre Civaka Azad – ihre freie Gesellschaft – gegen die permanenten Repressalien durch die jeweiligen Staatsapparate auf. Auch diesbezüglich haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, diese Projekte in eine breitere Öffentlichkeit zu tragen, um sowohl einen Schutz vor Repressalien zu bilden als auch Interessierten einen Einblick in das Projekt der Demokratischen Autonomie zu gewähren.
Die Schätzungen über die in der Bundesrepublik lebenden Kurden reichen von 800.000 bis hin zu einer Million. Und bereits hier beginnt das Problem. Es gibt keine offizielle Statistik über die genaue Anzahl der in Deutschland lebenden Kurden und Kurdinnen. Sie werden je nach ihrer Staatsangehörigkeit als Türken, Iraker, Iraner oder Syrier registriert. Begründet wird dies damit, dass die Kurden über keinen eigenständigen Staat verfügen. Wir werden versuchen diese Lücke ein stückweit zu füllen, indem wir aktiv Informations- und Dokumentationsarbeit über die in Deutschland lebenden Kurden betreiben. Zugleich setzen wir uns für die Belange der hierlebenden kurdischen Migrantinnen und Migranten ein.
Bei der Umsetzung der oben genannten Ziele und Aufgaben streben wir stets die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen, Institutionen und Organisationen an, die über eine Weltanschauung verfügen, die gleicher oder ähnlicher Natur ist, und deren Zielsetzungen sich mit den unsrigen überschneiden, eine Welt des Friedens und ohne Unterdrückung ist möglich.
Wir stehen als Civaka Azad für alle, die nach Informationen aus und über Kurdistan suchen, stets auch als Anlaufstelle offen. Hierbei spielt es keine Rolle, ob Sie als JournalistIn gerade über die Kurdinnen und Kurden Informationen benötigen; ob sie eine wissenschaftliche Arbeit mit Bezug zu Kurdistan in Angriff nehmen wollen und für ihre Recherchen einen Ansprechpartner brauchen oder ob sie einfach als interessierte/r BürgerIn einfach diesbezüglich Fragen an uns haben. Denn bei all diesen Arbeiten ist unsere wichtigste Zielsetzung die Förderung von Dialog, Respekt, Toleranz und Völkerverständigung, sowie Abbau von Vorurteilen unter allen Menschen.
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► Bild- und Grafikquellen:
1. KURDISH GENOCIDE. Photo & Photograph © Jan Sefti. Quelle/Source: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0).
2. Karte Kriegsschauplatz Rojava/Nordsyrien. Im nördlichen Syrien werden zahlreiche Regionen im Autonomiegebiet von türkisch-dschihadistischen Besatzungstruppen gleichzeitig unter Beschuss gesetzt. Quelle: ANF NEWS >> Artikel. Copyright © Ajansa Nûçeyan a Firatê. Die Firat News Agency (ANF) (kurdisch: Ajansa Nûçeyan a Firatê, türkisch: Fırat Haber Ajansı) ist eine kurdische Nachrichtenagentur, die Nachrichten aus dem Nahen Osten sammelt und sendet, die im Wesentlichen kurdische Angelegenheiten betreffen. Die Nachrichtenagentur hat Büros in Amsterdam und Journalisten in aller Welt.
3. SULTAN ERDOGAN OF GREATER TURKEY. Kurdenschlächter Recep Tayyip Erdoğan . Urheber der ursprünglichen Erdoğan-Karikatur: The Economist Newspaper, June 8th - 14th 2013. In dieser Ausgabe war die Original-Karikatur zuerst veröffentlicht. Die hier im KN-Artikel verwendete bearbeitete Darstellung ist ein Netzfund.
4. ERSTES GEBOT DER AUTOKRATIE: "Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir." Karikatur: © Dr. Vincent Kluwe-Yorck, Berlin. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0). Kontakt: vincent at kluwe-yorck.de .
5. Wappen von Rojava - Coat of Arms of Rojava. Urheber: MrPenguin20. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“ (CC BY-SA 4.0).
6. Anatolian dictator Erdoğan a psychopath? Recep Tayyip Erdoğan hat eine narzisstische Persönlichkeitsstörung, aber ist er auch ein Psychopath? In der Türkei können wir die Entwicklung einer Re-Islamisierung verfolgen: Nach Ausrufung der Republik 1923 hatte das Land zunächst eine rigide Trennung von Staat und Religion vollzogen und 1928 den Islam als Staatsreligion abgeschafft. Die breite Bevölkerung blieb jedoch eher national-religiös gestimmt, bereits 1961 wurde der Islam aber erneut faktisch Staatsreligion. Unter Recep Tayyip Erdoğan findet die Re-Islamisierung nun ihren Höhepunkt.
7. JYJ und YPG-KämpferInnen. Das Kurdische ist nichts Neues, es handelt sich um ein uraltes Volk. Die Bezeichnung "Kurdistan" bedeutet "Land der Kurden", und geht natürlich auf die Kurden selbst zurück. Die Kurden, die sich selbst "Kurdi" nennen, betrachten sich als Nachfahren der Meder. Die kurdischen Menschen wollen nicht unter der türkischen Regierung regiert werden und darum setzen sie die Selbstverwaltung um, in dem sie sich als Selbstverteidigungskräfte in den verschiedenen Einheiten organisieren. Foto/credit: Kurdishstruggle - Team of Kurdish Photographers & Fighters. Quelle/Source: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0).
8. Kurdenschlächter Recep Tayyip Erdoğan. Erdoğan (* 26. Februar 1954 in Istanbul) gehört der AKP an und ist seit dem 28. August 2014 der zwölfte Präsident der Republik Türkei. Nach einer anfänglichen Phase der Demokratisierung wurden unter Erdoğans Präsidentschaft zunehmend demokratische und rechtsstaatliche Standards in der Türkei nicht nur eingeschränkt, sondern massiv unterlaufen. Die Presse- und Meinungsfreiheit sind de facto abgeschafft, die Re-Islamisierung wird weiter vorangetrieben. Viele Kenner von Erdoğans faschistoider, menschenrechtsverachtender Politik haben einen erneuten militärischen Feldzug gegen die Kurd:innen im Schatten des Ukrainekrieges erwartet, denn außenpolitisch bietet diese Zeit fast schon optimale Bedingungen für einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Ankaras. Urheber der Erdoğan - Karikatur: DonkeyHotey. The source image for this caricature of Turkey's President Recep Tayyip Erdogan is a Creative Commons photo from the World Economic Forum's Flickr Photostream. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0) Grafikbearbeitung (Textinlet): Wilfried Kahrs. Lizenz bleibt!
9. "Die Kurden. Ein Volk zwischen Unterdrückung und Rebellion" von Kerem Schamberger und Michael Meyen, Westend 2018. ISBN 978-3-86489-207-3 (Paperpack, 240 Seiten, 19,00€). Auch als eBoob (EPUB) erhältlich, 13,99€, ISBN 978-3-86489-701-6.
10. Protestaktion von campact: KEINE PANZER FÜR ERDOGAN! Die Türkei gehörte auch im Jahr 2021 zu den Hauptabnehmer:innen deutscher Rüstungsexporte. [FAZ-Artikel v. 22.04.2022]. Ob die Türkei ihre Angriffskriege in Kurdistan weiterhin ungestört führen kann, hängt maßgeblich auch davon ab, ob Deutschland weiterhin ungestört die Türkei bei ihren Kriegen unterstützen kann. Foto: Jakob Huber / Campact - https://www.campact.de/. Campact ist eine Bürgerbewegung, mit der 1,9 Millionen Menschen für progressive Politik streiten. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung-Nicht kommerziell 2.0 Generic (CC BY-NC 2.0).
11. Adolf Hitler - Ölgemälde auf Baumwoll-Leinwand. Maler: Award winner artist Mr. Gopal has made this marvelous German painting "Adolf Hitler" of German Political Leader painting Style. Quelle: http://www.artoflegendindia.com/. Bildbearbeitung: Wilfried Kahrs / QPress.de.
12. Kurdistan: JA zur kurdischen Erneuerung und Unabhängigkeit. Mit einem unabhängigen, freien, multiethnischen, multireligiösen, gerechten, friedlichen und demokratischen Kurdistan, wird die Welt ein besserer Ort sein! - YES for kurdistans refrandom & independence. With an İndependent, free, multiethnical, multireligious, just, peacefull and Democratic Kurdistan, the world will be a better place! Urheber: Jan Sefti - Kurdistan Photo. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0).
13. "Die Kurden. Ein Volk zwischen Unterdrückung und Rebellion" von Kerem Schamberger und Michael Meyen, Westend 2018. ISBN 978-3-86489-207-3 (Paperpack, 240 Seiten, 19,00€). Auch als eBoob (EPUB) erhältlich, 13,99€, ISBN 978-3-86489-701-6.
14. Der kurdische Befreiungskampf wird an vielen Fronten gekämpft. Das Ziel der kurdischen Bewegung ist aber heute nicht mehr die Gründung eines Nationalstaates. Sie will das Zusammenleben im Nahen/Mittleren Osten (und nicht nur dort) in nichtstaatlicher Form auf Basis einer Art Rätedemokratie organisieren, die sich Demokratischer Konföderalismus nennt. Bildquelle: Chivaka Azad - Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e. V..
15. Die Kurdinnen und Kurden in Kurdistan haben einen Ausdruck: die Menschen sind PKK und die PKK ist in den Städten. Die PKK ist viel mehr, sie ist überall. Die kurdische Bevölkerung hat Sympathien für die Volksverteidigungseinheiten YPG, YPJ YPS und die PKK. Wenn dir hier jemand erzählt, dass er oder sie der PKK nicht nahe steht, dann hat diese Person meistens Angst. Die kurdischen Menschen wollen nicht unter der türkischen AKP-Regierung regiert werden. Foto/credit: Kurdishstruggle - Team of Kurdish Photographers & Fighters. Quelle/Source: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0).