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Aktualisiert: vor 5 Stunden 32 Minuten

Hinweise des Tages II

15. März 2024 - 16:30

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Wir weisen darauf hin, dass die jeweiligen Anbieter für die Barrierefreiheit ihrer Angebote selbst verantwortlich sind und es durchaus sein kann, dass der Zugang von zunächst freien Inhalten nach einer Zeit beschränkt wird.

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Deutschlands CO₂-Emissionen sinken 2023 im Rekordtempo
  2. EU-Klimapolitik: Viel zu widersprüchlich
  3. Für Atombomben zertifiziert
  4. Der Papiertiger
  5. ‘A lot higher than we expected’: Russian arms production worries Europe’s war planners
  6. Apathie und Schockstarre – Warum bleiben die Ängste vor einer Ausweitung des Krieges stumm und folgenlos?
  7. Stephan Suschke platzt der Kragen: Wütender Brief an Anton Hofreiter
  8. Der wahre Grund, warum Scholz keine Taurus liefert
  9. Wie Viktor Orbán zum Problem für die USA wurde
  10. Schumer für Neuwahlen in Israel
  11. Das Märchen von der schweigenden Mehrheit: Die Teilnehmer der deutschen Demos «gegen rechts» sind vor allem grün und links
  12. Bericht zu Kinderarmut: Jedes fünfte Kind in SH unter Armutsgrenze
  13. Veranstaltungshinweise der Woche

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Deutschlands CO₂-Emissionen sinken 2023 im Rekordtempo
    Deutschland verzeichnet 2023 den stärksten Rückgang der Treibhausgasausstoßes seit 1990. Laut einem Bericht des Umweltbundesamtes (UBA), der dem SPIEGEL vorab vorlag, wurden im vergangenen Jahr in Deutschland rund 673 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt. Das seien 76 Millionen Tonnen weniger als 2022 – ein Rückgang von rund zehn Prozent.
    Der Bericht enthält auch Treibhausgas-Projektionen von 2024 bis 2030. Bis zum Ende des Jahrzehnts soll der Ausstoß laut Klimaschutzgesetz um mindestens 65 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken; bis 2045 soll Deutschland klimaneutral sein, also nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als an anderer Stelle eingespart werden können. Laut UBA liegt der erwartete Rückgang derzeit bei knapp 64 Prozent im Vergleich zu 1990. Damit sei das deutsche Klimaziel für 2030 greifbar.
    Quelle: DER SPIEGEL

    dazu: „Zum ersten Mal zeigen die Zahlen: Deutschland ist auf Kurs“
    Die Vorgängerregierung habe eine riesige Lücke in der Treibhausgasminderung hinterlassen, klagt die Ampel – und lobt sich selbst: Inzwischen sei Deutschland auf dem richtigen Pfad. Neue Zahlen des Umweltbundesamtes machen ihr Hoffnung. (…)
    Allerdings gelte einschränkend auch, dass 2023 der Produktionsrückgang in der energieintensiven Industrie infolge der hohen Energiepreise nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine die Emissionen abgemildert habe.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung Christian Reimann: Da freut sich der amtierende Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz. Die Klimaziele seien im Jahr 2023 erstmals erreicht worden. Die Ursache wird nicht verheimlicht: “Die schlechte Konjunktur” bzw. “der Produktionsrückgang in der energieintensiven Industrie infolge der hohen Energiepreise”. Dort seien die Ziele sogar “übererfüllt”. Mit anderen Worten: Der Wohlstand geht verloren. Aber Herr Habeck hält weiterhin am Märchen vom globalen Klimaschutz fest. Die Bevölkerung soll also der grünen Ideologie zuliebe auf Wohlstand verzichten, weil die Politik fragwürdige Klimaziele beschlossen hat – nach dem Motto “Von Armut bedroht bzw. in Armut gefallen, aber wenigstens das Weltklima gerettet”. Wir sollen “uns nicht in Depression hineinreden lassen” dürfen (mit Anmerkungen), aber wer daran glaubt, könnte auch an den Eier legenden Osterhasen glauben. Bitte lesen Sie dazu z.B. auch Physik-Nobelpreisträger: „Grünen-Haltung nicht mit unserer Realität vereinbar“ und Dazu: Physik-Nobelpreisträger kritisiert Grüne – „Viele Falschinformationen“ mit einer Anmerkung.

    Anmerkung André Tautenhahn: Der springende Punkt ist wohl, dass die Industrie ihren Ausstoß drastisch reduziert hat und, wie der Spiegel schreibt, der Sektor sein Ziel übererfüllt. Da steht dann, dass der Grund dafür unter anderem die schlechte Konjunktur im vergangenen Jahr war. Woanders läuft aber die Konjunktur und dort wandert womöglich auch die Industrie aus Deutschland hin. Da stellt sich die Frage, was die in Deutschland eingesparten CO2-Äquivalente eigentlich wert sind, wenn sie woanders plus Wertschöpfung wieder anfallen?

  2. EU-Klimapolitik: Viel zu widersprüchlich
    Nach langem Winterschlaf möchte die EU Vorreiter beim Klimaschutz sein. Doch Fortschritte sind eher auf den Einbruch der Wirtschaft als auf wirkungsvolle Klimapolitik zurückzuführen. Das stellt grüne Wachstumsstrategien in Frage.
    Quelle: Makroskop
  3. Für Atombomben zertifiziert
    Die deutsche Luftwaffe begrüßt die kürzlich bekannt gewordene Zertifizierung des US-Kampfjets F-35A für den Einsatz der künftig auch in Deutschland lagernden US-Atombomben B61-12. Die Zertifizierung sei „wichtig für unsere Beschaffung“ des F-35A, erklärt die Truppe. Die Bundesregierung hat 35 Exemplare des US-Tarnkappenjets bestellt, um mit ihm gegebenenfalls US-Kernwaffen im Rahmen der nuklearen Teilhabe einsetzen zu können. Der Kaufpreis wird auf gut zehn Milliarden Euro geschätzt. Die gegenwärtig modernsten Bomben B61-12 können präzise gesteuert werden, lassen sich auch mit geringerer Sprengwirkung einsetzen und nähren die Illusion, einen begrenzten nuklearen Schlagabtausch führen zu können; damit reduzieren sie Hemmungen gegenüber dem Einsatz von Kernwaffen und erhöhen so die Gefahr eines Atomkriegs. Wann sie die älteren Modelle in Büchel ersetzen sollen, ist nicht bekannt.
    Quelle: German Foreign Policy
  4. Der Papiertiger
    Dass die NATO einen Krieg gegen Russland und China führen könnte, scheint doch sehr fraglich.
    Seit Beginn des Ukrainekrieges rasselt der Westen verstärkt mit dem Säbel. Immer wieder werden Drohungen in Richtung Russland ausgestoßen, es wird die Zerstörung des größten europäischen Landes propagiert und forciert. Doch die Drohungen werden nicht in die Tat umgesetzt. Die NATO scheint angesichts der zunehmenden Rückschläge und des wirtschaftlichen Verfalls ihrer Mitgliedsstaaten kaum mehr zu sein als ein Phantom.
    Quelle: Felix Feistel auf Manova
  5. ‘A lot higher than we expected’: Russian arms production worries Europe’s war planners
    Moscow has massively ramped up its industry, giving it advantages in Ukraine and leading to a redistribution of wealth
    As Ukraine has scrambled to source ammunition, arms and equipment for its defence, Russia has presided over a massive ramping up of industrial production over the last two years that has outstripped what many western defence planners expected when Vladimir Putin launched his invasion.
    Quelle: The Guardian
  6. Apathie und Schockstarre – Warum bleiben die Ängste vor einer Ausweitung des Krieges stumm und folgenlos?
    Eine deutliche Mehrheit der Bürger fürchtet einer Umfrage zufolge eine Ausweitung des Kriegs in der Ukraine auf europäisches NATO-Gebiet. Warum wird das hingenommen, als handele es sich um ein unabwendbares Naturereignis?
    Quelle: Leo Ensel auf Globalbridge
  7. Stephan Suschke platzt der Kragen: Wütender Brief an Anton Hofreiter
    Der Regisseur Stephan Suschke fordert in einer scharfen Polemik, dass auch deutsche Politiker mit der Waffe an der Front dienen. Ein Gastbeitrag.
    Quelle: Berliner Zeitung
  8. Der wahre Grund, warum Scholz keine Taurus liefert
    Der ebenfalls geladene Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, hielt demnach ein 20-minütiges Referat über die wichtigsten Fakten zum Taurus: Neben Einsatzfähigkeit und Stückzahl (die Luftwaffe verfügt nach Schätzungen über rund 600 Taurus) soll Breuer auch über besondere Risiken einer Lieferung für die Sicherheitsinteressen Deutschlands gesprochen haben.
    Eine mit dem Vorgang vertraute Person berichtet t-online, dass manchen Abgeordneten dabei “die Kinnladen heruntergeklappt” sei. “Nach Breuers Vortrag war erst mal Stille im Raum. Selbst diejenigen, die sonst laut Forderungen stellen, hatten keine Fragen mehr.” Ein Ausschussmitglied und Taurus-Befürworter sagte nach der Sitzung zu t-online, dass er “zum ersten Mal Zweifel bekommen” habe und seine Position zu einer Lieferung überdenken wolle.
    Quelle: t-online
  9. Wie Viktor Orbán zum Problem für die USA wurde
    US-Botschafter in Ungarn droht Orbán. Auslöser ist ein Besuch bei Trump. Warum hinter Schlagabtausch Kampf um eine alternative transatlantische Brücke steckt.
    Der US-Botschafter in Ungarn sagte gestern in einer Rede, dass Washington auf Budapests “gefährlich verstörende antiamerikanische Botschaften” und “wachsende Beziehungen zu Russland” reagieren werde.
    Quelle: Telepolis
  10. Schumer für Neuwahlen in Israel
    Am Donnerstag wandte sich Chuck Schumer, der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, an die Öffentlichkeit: Der Senator aus New York, seit Jahrzehnten eine proisraelische Stimme in Washington, sagte im Plenum: Er glaube zwar, dass Israels Sicherheit die oberste Priorität für Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sei. Er, Schumer, glaube aber auch, dass Netanjahu sich verirrt habe. Er habe es zugelassen, dass sein eigenes politisches Überleben für ihn Vorrang habe vor den Interessen Israels. Netanjahu sei allzu bereit, zivile Opfer in Gaza hinzunehmen, was dazu führe, dass die Unterstützung für Israel weltweit einen historischen Tiefstand erreicht habe. Israel könne nicht überleben, wenn es ein Pariastaat werde.
    Quelle: FAZ
  11. Das Märchen von der schweigenden Mehrheit: Die Teilnehmer der deutschen Demos «gegen rechts» sind vor allem grün und links
    Für die Proteste gegen angeblich geplante Deportationen von Deutschen mit Migrationshintergrund gibt es seit Wochen Lob von Politikern und Medien. Ein Aufstand der Mitte der Gesellschaft sei das, heisst es immer wieder. Von wegen. […]
    Eine nun vorgestellte Studie der Universität Konstanz bringt das Narrativ von der demonstrierenden Mitte ins Wanken. Bei einer Befragung von wahlberechtigten Demo-Teilnehmern nach ihrer politischen Orientierung stellte sich heraus: Satte 61 Prozent hatten bei der Bundestagswahl 2021 die Grünen gewählt. 65 Prozent ordneten sich politisch links der Mitte ein, 5 weitere Prozent links aussen. «Mitte-rechts» verorteten sich nur 3 Prozent.
    Quelle: NZZ
  12. Bericht zu Kinderarmut: Jedes fünfte Kind in SH unter Armutsgrenze
    Armut wird laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) oft von einer Generation an die nächste weitergegeben. Auch in Schleswig-Holstein sind die größten Risikofaktoren für Kinderarmut, wenn Eltern arbeitslos oder alleinerziehend sind – oder einen Migrationshintergrund haben.
    Quelle: NDR
  13. Veranstaltungshinweise der Woche
    1. Veranstaltungsreihe „Berlin im Dialog“
      „Berlin im Dialog“ ist eine neue Veranstaltungsreihe. Das Ziel ist, in Zeiten eines zunehmend verengten Meinungskorridors zu einem offenen Debattenraum beizutragen. Dazu soll es an jedem ersten Donnertag oder Freitag im Monat Vorträge, Podiumsdiskussionen, Lesungen und Kultur-Events geben.
      Erster Termin ist:

      Donnerstag, der 21. März um 19 Uhr
      Rungestraße 20, in Berlin-Mitte
      Unkostenbeitrag: 5 Euro
      Anmeldung unter: info@berlin-im-dialog.net

      Die Webseite berlin-im-dialog.net befindet sich derzeit im Aufbau und geht in den nächsten Wochen online.

    Anmerkung der Redaktion: Wenn Sie auf eine interessante Veranstaltung hinweisen wollen, dann schicken Sie uns bitte die nötigen Informationen mit dem Betreff „Veranstaltungshinweise“ an hinweise@nachdenkseiten.de. Die Veranstaltungshinweise erscheinen wöchentlich am Freitag im Rahmen der Hinweise des Tages II.

Kategorien: Externe Ticker

Im Einsatz für Israel

15. März 2024 - 15:25

Seit mehr als fünf Monaten – mit Unterbrechung durch eine knapp einwöchige Feuerpause zum Austausch von Gefangenen Ende November 2023 – bombardieren die israelischen Streitkräfte aus der Luft, vom Meer und vom Land den palästinensischen Küstenstreifen rund um die Uhr. Unterstützt werden sie dabei von den USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und vermutlich von weiteren westlichen NATO-Staaten, die Waffen, Munition, Aufklärungsdaten, politische und mediale Hilfe leisten. Von Karin Leukefeld.

Nun sollen neben Bomben und Raketen auch Hilfsgüter die Bevölkerung in Gaza erreichen. Aus der Luft und vom Mittelmeer her sollen Mehl und Reis abgeworfen bzw. angelandet werden, um den Menschen „den Zugang zu Nahrungsmitteln und Medikamenten“ zu ermöglichen, wie der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius sagt.

Denn auch die deutsche Luftwaffe soll Hilfspakete über dem Kriegsgebiet abwerfen. Im Gespräch ist darüber hinaus, dass die deutsche Marine den geplanten „humanitären Seekorridor“ schützen könnte, durch den von Zypern (EU) Schiffe mit Hilfsgütern in Richtung des palästinensischen Küstenstreifens fahren sollen. Die USA haben Spezialkräfte angewiesen, zunächst einen schwimmenden Pier vor der Küste von Gaza zu bauen, dann soll ein provisorischer Hafen errichtet werden. Man werde es „begrüßen“, wenn Israel den Hafen Aschdod zur Verfügung stellen und weitere Grenzübergänge nach Gaza – auch im Norden – öffnen würde. Von einem Waffenstillstand spricht niemand. Israel kann den Krieg fortsetzen.

Humanitäre Airdrops

Zwei Transportflugzeuge der deutschen Luftwaffe des Typs Hercules C-130J werden in den nächsten Tagen damit beginnen, Hilfsgüter über dem Kriegsgebiet im palästinensischen Gazastreifen abzuwerfen. Auf Anfrage von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat ihr Kollege Boris Pistorius vom Bundesverteidigungsministerium zwei Transportflugzeuge für den Einsatz im Rahmen der von den USA geführten „Joint Airdrop Operation“ bewilligt, die vom jordanischen Militärflughafen Al Azraq geleitet wird. Vorab wurde vom Luftwaffeninspekteur eine Sondergenehmigung erteilt, da die deutschen Maschinen mit Crew „zwar die Ausbildung, formal aber noch nicht die Zertifizierung für die Lastenabwürfe mit ihren C-130“ hätten, berichtet die Informationsplattform Augen geradeaus. Ohne diese Sondergenehmigung dürften sie an einer solchen Mission nicht teilnehmen.

Minister Pistorius teilte in einer Erklärung mit, den Menschen in Gaza fehle es „am Nötigsten.“ Die Bundeswehr wolle ihren „Teil dazu beitragen, dass sie Zugang zu Nahrung und Medikamenten bekommen“. Die beiden Hercules-Maschinen könnten jeweils „bis zu 18 Tonnen Last“ transportieren. Der Abwurf sei „nicht ungefährlich“, doch die Crews seien „ausgebildet und sehr erfahren“, so Pistorius. Die Soldaten sind bereits in Al Azraq, einem jordanischen Luftwaffenstützpunkt, im Einsatz für die US-geführte „Anti-IS-Mission“.

Die militärischen „Airdrops“ gibt es seit 1997 und gehen auf Operationen der US-Armee zurück, um Nachschub für die eigenen und verbündete Truppen aus der Luft zu koordinieren. Es gab gemeinsame Einsätze in Afghanistan (seit 2001), im Irak (2003) und Libyen (2011). An der aktuellen Operation über dem Gazastreifen beteiligen sich neben den USA auch die NATO-Staaten Frankreich, Großbritannien, Dänemark und Deutschland.

Jordanien, das militärisch seit Jahrzehnten eng mit den USA und Großbritannien kooperiert, hatte bereits im Oktober 2023 mit Hilfslieferungen aus der Luft für Gaza begonnen. Auslöser war, dass die israelische Armee ein von Jordanien geführtes Militärkrankenhaus in Gaza angegriffen und das Gebäude und Zubringerstraßen ganz oder teilweise zerstört hatte. Das jordanische Feldlazarett war 2009 errichtet worden und versorgte täglich bis zu 1.200 Patienten. Nach weiteren Angriffen auf die Klinik begann die jordanische Luftwaffe damit, Nachschub für die Klinik – Medikamente, Wasseraufbereitungsanlagen, Nahrungsmittel – aus der Luft abzuwerfen.

Ägypten, Katar, Oman und Bahrain folgten dem Beispiel und flogen seit Dezember 2023 Dutzende Einsätze, bei denen Hilfsgüter für Kliniken und für die Bevölkerung abgeworfen wurden. Alle Länder hatten die Erfahrung gemacht, dass ihre Hilfslieferungen zu Land von Israel behindert und blockiert wurden.

„Airdrops“ sind aus humanitärer Perspektive zu teuer, zu unpräzise, nicht ausreichend und zu gefährlich. Verhungernden und vor allem Kindern helfen sie nicht, da sie spezielle Nahrung und vor allem sauberes Wasser benötigen. Die Abwürfe waren eine Notlösung und eine Antwort auf die Blockadehaltung Israels, das Hilfsgüter an den Grenzübergängen Rafah, Kerem Schalom und Erez nur schleppend abfertigte oder zurückschickte. Die israelischen Grenz- und Zollbehörden wurden dabei von extremistischen Siedlern unterstützt, die singend, tanzend und betend die Lastwagen mit den Hilfsgütern für Gaza an der Weiterfahrt hinderten.

Humanitäre Seebrücke“

Parallel zu den „humanitären Airdrops“ haben die USA angekündigt, einen provisorischen Hafen vor der Küste des umkämpften Gazastreifens bauen zu wollen. Als Erstes solle ein „schwimmender Pier“ errichtet werden, er könnte in zwei Monaten fertig sein. Dort sollen dann Schiffe mit Hilfsgütern ihre Fracht abladen können – wie sie von dort an Land gelangen und wer sie verteilen soll, ist allerdings unklar. Die Schiffe sollen in Larnaca (EU-Zypern) starten, die Operation ist mit Israel abgestimmt. Nach dem Pier soll dann eine Hafenanlage entstehen, hat US-Präsident Joe Biden angekündigt. Ganz vorne mit dabei ist EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die gleich selbst nach Larnaca (EU-Zypern) gereist war, wo das auserwählte Schiff „Open Arms“ allerdings wegen technischer Probleme nicht auslaufen konnte.

Sowohl Biden als auch von der Leyen stehen vor wichtigen Wahlen in diesem Jahr und müssen fürchten, insbesondere von der jeweiligen arabisch-stämmigen Wählerschaft wegen der einseitigen Unterstützung für Israel gegen die Palästinenser abgestraft zu werden. Die humanitäre Katastrophe und der Völkermord an den Palästinensern – der von Südafrika beim Internationalen Gerichtshof (Den Haag) angezeigt wurde – entfalten sich vor den Augen der Welt, ohne dass Biden oder von der Leyen dem Spuk ein Ende bereiten. Selbst jetzt, mit „Airdrops“ und einem „humanitären Seekorridor“ in Vorbereitung, enden die Waffenlieferungen an Israel nicht.

Den Krieg stoppen

Palästinenser außerhalb von Gaza reagieren mit Misstrauen auf den humanitären Aktivismus, den die US-Administration und die EU-Kommission an den Tag legen. Israel habe seit 2007 alles getan, um Gaza von der Welt abzuschneiden: die Blockade, die Zerstörung des kleinen Hafens und des Flughafens von Gaza, der 1998 von US-Präsident Bill Clinton eröffnet und dessen Bau von der EU finanziert worden war.

Die USA und die EU haben jahrzehntelang nichts unternommen, um Israel an seinem Vorgehen gegen die Palästinenser zu hindern. Die Missachtung des internationalen Rechts und des humanitären internationalen Rechts prägen die israelische Politik und die Jugend, die in einem Schulsystem aufgewachsen ist, das Respekt vor dem Recht und der Geschichte der Palästinenser nicht vermittelt.

Die „humanitäre Intervention“ in den Gazakrieg könnte ganz andere Ziele haben, so ein palästinensischer Gesprächspartner der Autorin, der namentlich nicht genannt werden möchte. Die USA wolle einen militärischen Stützpunkt in Gaza errichten, um die Öl- und Gasvorkommen vor der Küste Palästinas im östlichen Mittelmeer zu kontrollieren, meint der Gesprächspartner. Das werde nicht gesagt, sondern es werde eine humanitäre Argumentation vorgeschoben. Über den Seekorridor könnten „so viele Leute wie möglich“ aus Gaza abtransportiert werden, man werde das als „Auswanderung“ deklarieren. Damit werde Israel unterstützt, das die Palästinenser aus Gaza und auch aus dem Westjordanland vertreiben wolle.

In Gaza selbst sind Menschen, die befragt wurden, einhellig der Meinung, dass die Abwürfe von Hilfsgütern aus der Luft und auch ein „Seekorridor“ sinnlos seien. In Rafah lebten 1,5 Millionen Menschen, die Hunger hätten, wem würden die 38.000 Fertigmahlzeiten helfen, fragt Mohammed al-Hams aus Rafah. Ein anderer Mann, Ahmed al-Salehi, sagt, die Menschen im Norden von Gaza benötigten Nahrungsmittel am dringendsten. „Alle Menschen hier sind hungrig, aber die Menschen im Norden brauchen etwas zu essen.“ Israel müsse gezwungen werden, den Krieg zu stoppen und die Hilfslieferungen über die Grenzen zu lassen, sind die Befragten sich einig. Niemand im Gazastreifen hat vergessen, dass die USA der stärkste Partner und Unterstützer von Israel in diesem Gazakrieg ist“, sagt Shadi Dasht dem Palestine Chronicle. „Die Leute hier in Gaza wollen, dass die USA keine Militärhilfe mehr an die Besatzer geben, das ist viel wichtiger, als die paar Essenspakete abzuwerfen.“

Die Welt stehe vor einer echten „Bewährungsprobe für ihre Menschlichkeit“, sagt ein Mann namens Abu Hamda: „Entweder sie arbeitet daran, den Krieg zu beenden, oder sie unterstützt Israel weiterhin bei dem Völkermord, dem wir in Gaza ausgesetzt sind. Wir wollen, dass der Krieg aufhört. Wir wollen, dass unsere Kinder zu essen haben. Wir wollen in Sicherheit und Frieden leben. Wir träumen davon, einen unabhängigen Staat zu haben. Wir träumen von einer schönen Zukunft für unsere Kinder.“

Hintergrund

Israel ist als Besatzungsmacht zuständig für den Schutz und die Versorgung der Zivilbevölkerung in dem Kriegsgebiet. Doch Hilfslieferungen erreichen die Menschen nur selten und viel zu wenig, wie alle in dem Gebiet aktiven internationalen Hilfsorganisationen angeben. Die Lastwagen, die in langen Schlangen vor den Grenzübergängen von Rafah (Ägypten) und Kerem Schalom (Israel) warten, werden schleppend abgefertigt. Viele Waren – darunter Sauerstoff für Krankenhäuser, Betäubungsmittel für Operationen, Zelte, Schlafsäcke, Krebsmedikamente, Rollstühle und Gehhilfen (Krücken) – werden von Israel nicht durchgelassen.

Die mehr als zwei Million Menschen waren schon vor dem Krieg auf die Lieferung von Grundnahrungsmitteln und Medikamenten von außen angewiesen, weil Israel Gaza seit 2007 komplett von der Außenwelt abgeriegelt hat. 500 Lastwagen mit Hilfsgütern erreichten täglich den Küstenstreifen. Sowohl der Flughafen (gebaut von der EU) als auch der kleine Hafen von Gaza wurden bei militärischen Angriffen Israels zerbombt.

Die Hilfsgüter lieferte das UN-Hilfswerk für Arbeit für die palästinensischen Flüchtlinge (UNRWA), dem Israel seit der Gründung des Hilfswerks (1949) feindselig gegenübersteht. Mit Vorwürfen und Anschuldigungen versuchte Israel, die UNRWA zu diskreditieren und die internationale Hilfe für die palästinensischen Flüchtlinge und ihre Nachfahren zu stoppen. Seit dem 7. Oktober 2023, dem Beginn des jüngsten Krieges gegen den Gazastreifen, wurden 165 UNRWA-Mitarbeiter durch israelische Angriffe getötet, manche mit ihren Familien. Mehr als 150 Einrichtungen von UNRWA wurden ganz oder teilweise zerstört, darunter viele Schulen, und mehr als 400 Menschen wurden getötet, die unter der UN-Fahne Schutz vor Angriffen gesucht hatten.

Am Mittwoch (13. März 2024) wurde eines der wenigen verbliebenen Verteilzentren der UNRWA in Rafah von Israel angegriffen. Die Organisation gab an, dass einer ihrer Mitarbeiter getötet worden sei und viele Menschen verletzt wurden. Das palästinensische Gesundheitsministerium sprach von fünf Toten. Israel erklärte, man habe einen hochrangigen Hamas-Kommandeur getötet, der Hilfsgüter für die Hamas unterschlagen und Informationen über israelische Stellungen an die Hamas weitergegeben habe.

Schlimmer als im Zweiten Weltkrieg

Anfang März konnte eine Mission der Weltgesundheitsbehörde mit medizinischen Partnerorganisationen drei Kliniken im Norden von Gaza erreichen. Im Shifa-Krankenhaus konnten Treibstoff, Impfstoff und lebensrettende Hilfsgüter übergeben werden, um die Versorgung von 150 Patienten und 50 Kindern zu gewährleisten, die an schwerer akuter Unterernährung leiden. Erstmals seit dem 7. Oktober 2023 konnte die WHO das Kamal Adwan Krankenhaus erreichen, das weiter im Norden liegt. Die Klinik sei mit Patienten überfüllt, hieß es in dem WHO-Bericht. Auf der Kinderstation des Krankenhauses waren zehn Kinder verhungert und verdurstet. Als „entsetzlich“ beschrieb die Delegation die Situation im Al Awda Krankenhaus.

Der UN-Sonderbeauftragte für das Recht auf Wohnen sagte in Genf vor Journalisten, dass seit dem 7. Oktober 2023 bis zu 80 Prozent der Wohnungen und Häuser im Norden von Gaza ganz oder teilweise zerstört seien. „Arbeitsplätze, Kulturstätten, Schulen, religiöse Stätten, Universitäten, Krankenhäuser – alles ist dem Erdboden gleichgemacht“, so Balakrishnan Rajagopal. Das Ausmaß der Zerstörung sei weit schlimmer als „in Aleppo, Mariupol oder auch Dresden und Rotterdam während des Zweiten Weltkrieges.“

Geopolitik gegen die Menschen

Kriege sind gut fürs Geschäft, denn sie beflügeln die Umsätze des militärisch-industriellen Komplexes. Die verwüsteten Landstriche – zu besichtigen in Afghanistan, Irak, Syrien, Jemen, Libyen, Sudan und aktuell in Gaza – eignen sich nach Meinung einiger gut für den Bau von Parkplätzen.

Tatsächlich eignen sie sich gut für Militärbasen, von denen die USA nie genug bekommen kann. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums gibt es 4.790 US-Militärbasen weltweit (einschließlich USA).

Besonders im östlichen Mittelmeerraum und Westasien können die USA – die eng mit der EU und NATO kooperieren – mehr Stützpunkte gebrauchen. Mit Israel als Partner sollen China, Russland, Iran und der Rest der nichtwestlichen Welt – die sich u.a. in BRICS und in der Schanghai Koordination für Kooperation zusammengefunden haben – aus dem ressourcenreichen Gebiet und von den wichtigen Transportwegen ferngehalten werden. Der verwüstete Gazastreifen eignet sich aus dieser Sicht gut als Militärbasis, um westliche Interessen gegen Staaten und nichtstaatliche Akteure in der Region, die sich der US-geführten westlichen Vorherrschaft nicht unterordnen wollen – verteidigen zu können.

Die Palästinenser bezahlen mit ihrem Leben dafür, dass sie das Recht auf ihr Land, ihre Geschichte und ihre Zukunft nicht aufgeben.

Titelfoto: Andy.LIU/shutterstock.com

Kategorien: Externe Ticker

Leserbriefe zu „‚Putins Papst’: Journalisten und Politiker finden Waffenstillstand ‚entsetzlich‘“

15. März 2024 - 14:21

Tobias Riegel kommentiert in diesem Artikel die Worte des Papstes zum Ukrainekrieg und die Reaktionen darauf in Deutschland. Papst Franziskus habe die Ukraine aufgefordert, Verhandlungen mit Russland zu suchen, um das Sterben zu beenden. Die Reaktionen vieler deutscher Politiker und Journalisten würden einmal mehr die Entschlossenheit offenbaren, diesen Krieg möglichst in die Länge zu ziehen. Die Worte des Papstes würden aber trotzdem Wirkung zeigen: Die Menschen, die den Ukrainekrieg aus ideologischen oder wirtschaftlichen Gründen verlängern wollen, seien dadurch einmal mehr dazu gezwungen, diese moralisch unhaltbare Position öffentlich zu verteidigen. Wir danken für die zahlreichen und interessanten E-Mails. Hier nun eine Auswahl der Leserbriefe, die Christian Reimann für Sie zusammengestellt hat.

1. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Riegel,

ein guter Artikel, der die Reaktionen unserer Systemmedien kritisch beleuchtet. Ich möchte mit diesem Leserbrief darauf hinweisen, dass der Papst mit seinem Verhandlungsaufruf in der wertvollen Tradition der katholischen Kirche steht. Während des 1. Weltkriegs hat sich die katholische Kirche klar gegen Krieg und für Verhandlungen ausgesprochen. Erinnert sei hier an Benedikt XV in den Jahren 1914-1922  (welt.de/geschichte/article167232843/Als-Papst-Benedikt-XV-verzweifelt-versuchte-den-Ersten-Weltkrieg-zu-beenden.html). Vor dem 2. Weltkrieg hat sich der damalige Papst Pius XI mit seiner Enzyklika „Mit brennender Sorge“ (vatican.va/content/pius-xi/de/encyclicals/documents/hf_p-xi_enc_14031937_mit-brennender-sorge.html) aus dem Jahr 1937 eindeutig gegen den überzogenen Nationalismus und das Rassendenken der Nazis gestellt. Ich hoffe nicht, dass diese Worte des Papstes Franziskus im Nachhinein als gescheiterter Aufruf zur Verhinderung des 3. Weltkrieges angesehen werden müssen, allerdings bin ich mir da nicht sicher.

Mit freundlichen Grüßen
Rainer Riester

2. Leserbrief

Lieber Tobias Riegel, liebes NDS – Team,

Ein großes Dankeschön für den Artikel „Putins Papst“: Journalisten und Politiker finden Waffenstillstand „entsetzlich“.

Überhaupt Danke für Euren unermüdlichen Einsatz gegen Kriegstreiberei und für vernünftige Berichterstattung!

Es ist beinah nicht mehr auszuhalten, in welch widerwärtiger Weise viele unserer Regierenden Krieg propagieren! Ja, sie sollen sich schämen! Aber nicht weil sich der Papst für Verhandlungen einsetzt, sondern weil sie alles tun, um Verhandlungen zu verhindern! Sollen sie doch selbst in den Krieg ziehen und kämpfen, wenn sie das so toll finden! Ich kann diese Menschen nicht mehr ertragen! Ich denke, dass sie ganz schnell, wie Ernst Toller, zu der Erkenntnis kommen würden: „ der Krieg hat mich zum Kriegsgegner gemacht.“

Ich bin vor vielen Jahren aufgrund verschiedener Gründe aus der katholischen Kirche ausgetreten. Dass sich der Papst in solcher Weise einmischt, kann ich nur begrüßen! Bitte mehr davon!

Wann machen wir uns auf, diesen Wahnsinn zu stoppen? …

Mit traurigen Gedanken grüße ich Euch alle herzlich!

Susanne Heuser

3. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Riegel,

untenstehende E-Mail ging bereits heute Morgen (00.06 Uhr) auch an Herrn Albrecht Müller (im BCC).

Mit freundlichen Grüßen
Militzer
Guten Abend,

“Verwunderung und Entsetzen über Äußerungen von Franziskus” (FAZ online), “harsche Kritik an Papst-Appell” (Tagesschau online) oder Ähnliches ist heute in dominierenden Medien zur Aussage des Papstes über die Notwendigkeit von Waffenstillstandsverhandlungen für die Ukraine zu lesen, siehe

Dabei ist von Strack-Zimmermann zu lesen, dass sie “als Katholikin” entsetzt über die Äußerungen des Papstes sei. “Nicht die Ukraine muss die weiße Flagge heben, sondern letztendlich muss er Russland ansprechen”. Auch die Grüne Katrin Göring-Eckardt, in den Jahren 2009 bis 2013 Präses der Synode der EKD, kritisiert den Papst.

Ich habe daher heute zuhause erneut in den vier Evangelien nachgelesen, vielleicht hatten der Papst und ich sie ja falsch in Erinnerung, und tatsächlich:

Wo es früher bzgl. der Verhaftung Jesu Christi nach dem Verrat des Judas Iskariot hieß

“Petrus, steck’ das Schwert wieder an seinen Platz. Alle nämlich, die greifen zum Schwert, durch’ s Schwert kommen sie um” (siehe nur Mt 26, 52),

steht nun

“Petrus, liefere der ukrainischen Armee Taurus-Raketen und NATO-Soldaten. Allen nämlich, die Waffen und Soldaten liefern, gehört das Königtum der Himmel!”

Hm. Ähm.

Oder sollte mir da jemand eine grün-liberale Kriegsausgabe der Evangelien unter’ s Kopfkissen geschummelt haben?

Beste Grüße
Gerhard Militzer

4. Leserbrief

Liebe NDS,

mich würde in dieser Debatte eine einzige Frage interessieren: Woher nehmen die Leute, die diese Behauptungen aufstellen, die Info, dass Putin bei einem “Sieg die Ukraine auslöscht” oder “einfach weiter macht”? Also wo ist der Ursprung dieser Vermutungen?

Gibt es dazu irgendwelche Anhaltspunkte? Ich habe in den Reden Putins, die ich irgendwo in einer mir verständlichen Übersetzung sehen konnte, nicht ein einziges Mal eine Aussage gefunden, die darauf hindeuten würde. Ganz im Gegenteil. Er behauptet immer wieder dasselbe: “Wir haben kein Interesse an anderen Ländern. Wir sind aus diesen und jenen Gründen in der Ukraine. Wir wollen Frieden und Verhandlungen.”

Wieso unterstellt man ihm Lügen, während man selbst die Wahrheit für sich proklamiert, ohne aber die Vermutungen und Behauptungen durch Beweise zu untermauern? Oder habe ich diese schlicht nicht gefunden, übersehen oder sie wurden mir in meiner Filterblase nicht gezeigt, obwohl ich doch bewusst aktiv versuche ebendiese zu durchbrechen? 

Ich bin immer an allen Meinungen zu einem Thema interessiert und versuche allermeistens auch alle Seiten zu verstehen. Und ich kann, egal wie sehr ich mich bemühe, nicht verstehen, wieso “der Westen” mit den Säbeln rasselt, wenn Leute Dinge behaupten, die selbst für “geübte” nicht nachvollziehbar sind.

Ein Freund behauptete neulich, der Tod von über 30.000 Palästinensern durch israelische Angriffe als Antwort auf den Angriff der Hamas am 7. Oktober sei nicht bewiesen. Hinweise darauf durch UN-Hilfswerke und ähnliche Einrichtungen – so auch des US-Präsidenten bei seiner Rede an die Nation – seien kein Beweis. Er habe aber “auf einem Kanal, der so etwas veröffentlicht” Videos vom Überfall der Hamas gesehen. So etwas sähe man von palästinensischer Seite nicht.

Ich weiß in so einer Situation oft gar nicht mehr, wie ich noch reagieren soll. Ich frage mich: Ernsthaft? Ist DAS der demokratische Diskurs heutzutage? Funktioniert das SO? Wie soll man sich denn bei der Argumentationsstruktur noch mit irgendwem irgendwie einigen, wenn alles, was einer Meinung entspricht und der Sache zuträglich ist, die Wahrheit ist und alles andere eine Lüge oder Propaganda?

Viele Grüße
Danny Altmann

5. Leserbrief

Liebe Nachdenkseiten, lieber Tobias Riegel,

der Kommentar zur Kritik an Papst Franziskus durch deutsche Politiker und Journalisten ist ebenso zutreffend wie schockierend. Ich habe gestern die Inszenierung mit Annalena Baerbock bei Caren Miosga angesehen. Die ganze „Diskussion“ habe ich nicht bis ans Ende verfolgen können, zu sehr hat mich diese Kriegspropaganda der ARD aufgewühlt und angewidert. Täglich nehmen Hass und Hetze gegen Russland und Präsident Putin zu. Die Rhetorik von Grünen, CDU/CSU, FDP und Medien ähnelt immer mehr der Rhetorik des furchtbaren Josef Goebbels in seiner Sportpalastrede. Und ich bin mir tatsächlich nicht mehr sicher, ob Frau Baerbock, Herr Hofreiter, Frau Strack Zimmermann, Herr Röttgen oder Herr Kiesewetter und ihre journalistischen Lautsprecher die Fortsetzung des Ukrainekrieges bloß billigend in Kauf nehmen oder ob sie sich in Gedanken nicht schon längst im Krieg mit Russland befinden und den auch materiell nicht nur mit deutschen Waffen sondern auch mit deutschen Soldaten führen wollen. Sie sehen sich selbst als Linke (Die Grünen), Liberale (FDP) oder Christen (CDU/CSU). Aber sie reden wie fanatisierte Faschisten. Wollt ihr den totalen Krieg? JA! – Und wer auch nur einen Millimeter von ihrer antirussischen Kriegsbegeisterung abweicht, wer es wagt, Frieden als erstrebenswert zu betrachten, wer auf Schrecken und Gefahren des Kriegs hinweist, wie das ansatzweise Bundeskanzler Scholz und Papst Franziskus getan haben, den beschimpfen und verunglimpfen sie. Ohne den Krieg gegen die Ukraine zu billigen wünsche ich mir mittlerweile einen schnellen und deutlichen russischen Erfolg, der die proukrainischen Fanatiker zum Verstummen und an den Verhandlungstisch bringt.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Arnold

6. Leserbrief

Guten Tag,

wieder einmal mehr wird uns die moralische Verkommenheit großer Teile unserer Politik und Medien vor Augen geführt. Blind vor Wut und verantwortungsloser Kriegstust, wird nun gegen das kirchliche Oberhaupt der Katholischen Kirsche gehetzt, das einmal mehr zu Frieden, Vernunft und Menschlichkeit aufruft.

Egal, ob Katholik, Evangelist , Muslim, Buddist, Hindu oder andere Glaubensrichtungen, alle mahnen doch zu Respekt vor dem Leben, Frieden und Menschlichkeit.

Jeder, der seinen Glauben und seine Religion ernst wahrnimmt, wird für Frieden sein. Es schmerzt einfach so, wenn Menschen durch Gewalt getötet werden. Das sinnlose Töten muss schnellstens beendet, eine weitere Eskalation mit der Gefahr einer atomaren Apokalypse verhindert werden.

Jeder, der das durch weitere und kriegsverlängernde Waffenlieferungen verhindert, mach sich mitschuldig am gewaltsamen Tod von Menschen und Zerstörung. Das schließt alle Schreibtischtäter in den Parlamenten, Regierungen und Redaktionsstuben mit ein.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Stöbe

7. Leserbrief

Lieber Tobias Riegel,

Sie haben einen – meiner Meinung nach: – zentralen Punkt vergessen.

ALLE, die Sie zitieren, sind m.W. „bekennende“ Christen, teilweise sogar in einer Partei, die das „christlich“ im Namen trägt.

Wie war das mit dem Hinhalten der anderen Wange?

Zählt für diese „Christen“ asugerechnet DAS nicht, was ihr „Christus“ (= der „Gesalbte, ein Epitheton, das in der Antike nur Königen zukam … das müssen diese Demut und Bescheidenheit sein, von denen man im Zusammenhang mit dem Christentum immer hört, oder?) gepredigt hat?

Aber wenn man sich die „Kriminalgeschichte des Christentums“ (Karlheinz Deschner) anschaut, liegen diese Möchtegern-Schreibtischmörder natürlich voll und ganz „auf Linie“ mit der „christlichen“ Haltung seit den frühesten Anfängen: Kirchenfürsten und sich „christlich“ nennende Fürsten und Herrscher waren IMMER entweder auf der Seite der Menschenschlächter oder selbst welche.

Also ist deren Verhalten konsistent, wenn sie dem Papst das Wort im Munde umdrehen und aus der Feststellung, dass es in einer ausweglosen Situation MEHR Mut erfordert, aufzuhören als – natürlich immer auf Kosten anderer – weiter zu machen.

Es wird wirklich höchste Zeit, dass alle diese „kämpferischen“ Unterstützer:_*Innen (und -Außen) des nazi-durchseuchten Kiewer Regimes sich schnurstrack-zimmermanns-mäßig an die „Ostfront“ begeben und den „pöhsen Iwan (der sich jetzt Wladimir nennt)“ mit ihrem Kriegsgeheul in die Flucht schlagen! Dann wäre hier und auch dort sicher bald Ruhe. Auch Friedhofsruhe – aber auf diesem Friedhof lägen dann endlich mal die Richtigen … wenn man von ihnen noch genug Reste findet, um sie zu begraben.

Aber wer anderen dieses Schicksal zumutet, sollte endlich auch bereit sein, es selbst auf sich zu nehmen.

Wie ein echter Christ eben … *lach*

MfG
Bernd Kulawik

8. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Riegel,

es gehört zu den zentralen Schwächen aller westlichen Unterstützer der Ukraine, die Unfähigkeit, sich die Niederlage des Krieges einzugestehen. Aber diese Niederlage ist unumstößlich und die Weiterführung des Krieges extrem verlustreich. Schon die Endphase des 2. Weltkriegs war im Hinblick auf die Verluste an Menschenleben katastrophal. Die Kapitulation – hier beschönigend als Zusammenbruch bezeichnet – wurde mit Wunderwaffen-Hoffnungen und Endsieg-Rhetorik verweigert. Wer das im Kopf hat und die aktuelle Berichterstattung der Medien (s. z.B. TAURUS-Debatte) verfolgt, muss schlicht verzweifeln. Die Politik ist irre, wenn selbst der Papst angegriffen wird!

Kleiner Trost: Wenn das Unvermeidliche, also die Kapitulation, erst einmal geschehen ist kann die politische Vernunft vielleicht wieder zur Geltung kommen. 1945 war grausig aber andererseits auch eine große Befreiung. Ich hoffe, das wiederholt sich!

Mit freundlichen Grüßen
W. Streich

9. Leserbrief

Papst Franziskus sagt, was die Verantwortlichen sich nicht trauen

(1) Interessant ist, wer sich nun gegen den Papst ausspricht:

Es sind nicht die tatsächlich Verantwortlichen, sondern die „vermeintlich braven Trommler“, die Günter Grass 1959 in seiner „Blechtrommel“ beschreibt, um Kriegs- und Nachkriegszeit zu verdeutlichen. Während die tatsächlich Verantwortlichen schon in der Vorbereitung des nächsten Konfliktes sind „Now we are going on work to create dilemmas in China“ (29.2.2024 in AF military news), erahnen die Verantwortlichen in Europa, was auf sie zukommt, doch die „Blechtrommler“ haben den derzeitigen Richtungswechsel noch nicht bemerkt.

Die, die nun gegen diesen Papst zu Felde ziehen,  gehören zu den „blechtrommelnd-krankhaften“ Autisten, denen leider zu viele Bürger wie im Märchen des „Rattenfänger von Hameln“ hinterherlaufen…

Aus dem Rückzug aus Afghanistan scheint selbst unsere Militärführung nichts gelernt zu haben.

Dem General der Luftwaffe, der diese Woche nach Anchorage fliegt, um den neuen Kommandeur (PACAF) über das deutsche Vorhaben zur Zerstörung der Krimbrücke zu informieren und ….    sollte man die Reiseerlaubnis entziehen.

MAD, AA und BMV müssten ihn doch bereits über die künftige US-Strategie, spätestens seit 12.2.2024 informiert haben –Entlassung von Victoria Nuland, die das „UKR-Projekt“ seit 20.6.2005 wesentlich vorantrieb.

Nun erkennen die tatsächlich Verantwortlichen, dass sie nach fast 20 Jahren auf diese Weise noch nicht den erwünschten Erfolg erzielen. Im Unternehmensjargon hieß dies: „Das oberste Management widmet sich neuen Aufgaben und delegiert nun den Scherbenhaufen an das mittlere Management“ – hierfür hat sich Europa unter derzeit deutscher Führung bereit erklärt…  

Ahnen der politisch interessierte Bürger, die derzeit Verantwortlichen in Exekutive, Judikative und Legislative sowie die von uns finanzierten Medien, wohin „Denken in Abhängigkeit“ führt ? Auch politische Erdbeben lassen sich seismologisch frühzeitig  erkennen…

(2) Auch in all den Religionen gibt es ‚Pharisäer‘

Das semitische ‚perishayya‘ umschreibt das „Trennend Abgesonderte“ und überliefert im Volksmund das „Heuchlerische“.

Eine religiöse Gruppierung, die einen Krieg rechtfertigt oder gar heiligt, hat das Wesen der Religion oder das Wesen des Krieges nicht verstanden und passt sich lediglich einer jeweils vermeintlich herrschenden Meinung an… Das was Erasmus von Rotterdam vor 500 Jahren hierzu zusammengetragen, gilt noch heute… Aber ist der Mensch auch bereit seine Erkenntnis zu nutzen oder wie viel Morden braucht er, um „seinen faulen Arsch in Bewegung zu setzen“ durch Diplomatie zum Frieden zu finden – der „Gordische Knoten“ wurde nicht mit dem Schwert zerschlagen… Und wenn eine Gesellschaft keine Diplomaten, sondern nur noch „Briefträger“ hat, dann muss sie ihre für das Militär geforderten „300 Milliarden“ nicht in Material, sondern in Personal investieren – und dies ist lediglich ein Anteil in Deutschland. Die Kosten für das Material verursachen spätere Kosten der Entsorgung und Beseitigung all der angerichteten materiellen und immateriellen Schäden um ein Vielfaches… Bereits aus diesen Gründen sollte eine gesunde Gesellschaft sich von jeglichem Krieg fernhalten.  Dies gilt auch in Religionen für deren ‚Führung und Fußvolk‘…

Rupert Krömer  

10. Leserbrief

Frage: Was haben die Dämonisierung Putins und des Papstes gemeinsam?

Antwort: Man unterstellt beiden nur Böses.

Statt auch Russland das völkerrechtlich festgelegte Prinzip kollektiver Sicherheit zuzugestehen, unterstellt der Westen, dass der russische Präsident schlimmste imperialistische Ziele verfolgt. 

Statt die zentrale christliche Botschaft von der Friedfertigkeit Ernst zu nehmen und die klugen, guten Absichten des Papstes zu erkennen, unterstellen ihm unsere Politiker, nur den Zielen des “bösen Diktators” Putin zu dienen.

Es kann einen nur fassungslos machen, was wir jetzt wieder an Hirngespinsten erlebt haben.

Besten Gruß
L. Salomons

11. Leserbrief

Liebes Team der Nachdenkseiten,

wieder einmal bin ich überrascht von den Menschen, die keine Gelegenheiten auslassen um darauf hinzuweisen, dass Hass in unserer Gesellschaft keinen Platz hat, fleißig regenbogengeschwängerte PACE-Fahnen durch die Lüfte schwingen und sich jetzt mit diesen Utensilien bewaffnet, auf den Papst zu stürzen.

Und warum?

Nur weil das kirchliche Oberhaupt das Wort „FRIEDEN“ öffentlich in den Mund genommen hat. Endlich hat sich die Kirche einmal zu diesem Krieg geäußert und mit den Werten argumentiert, die den christlichen Glauben zu Grunde liegen. Und schon wird der Papst als Vasall Putins hingestellt und unsere, auch so demokratische Gesellschaft, gerät in höchste Wallung weil hier jemand „FRIEDEN“ fordert.

Jetzt wo wir so schön aufrüsten, sich der Kanzler auf dem Panzer ablichten lässt und sich vor einer neu gebauten Munitionsfabrik in Szene setzt, kommt der Papst und fordert Frieden.

Jetzt, wo wir unseren Wehretat verdoppelt haben und wir unsere Kleinkinder lernen, wie toll doch so ein deutscher Luft-Boden-Marschflugkörper (Taurus) ist.

Oha, da will uns einer den „kriegerischen Spaß“ verderben! Und für mich ist Krieg alles andere als Spaß!

Geht’ s noch? Ist es nicht mehr möglich über den Frieden reden zu dürfen?

Täglich sterben auf beiden Seiten Menschen auf entsetzliche Art und Weise und ist es da nicht mehr als legitim, sich Gedanken über eine friedliche Lösung zu machen? Ist das nicht auch eine Art der Demokratie und des demokratischen Handelns? Aber nein! Der Aufschrei der Gesellschaft ist deutlich höher als der Aufschrei, als Herr Macron öffentlich über die Möglichkeit des Einsatzes von Bodentruppen spricht.

Ich bin selbst Vater von zwei Söhnen und daher erst einmal für den Frieden und nicht für den Krieg.  Daher halte ich es wie Reinhard Mey & Freunde in dem Lied: Nein, meine Söhne geb ich nicht!

Zu oft wurden diese hingegeben und liegen heute noch an irgendwelchen unwirklichen Orten, an die sich niemand mehr erinnert. Vergessen vom Krieg, den Kriegstreibern und den Hetzern.

Grüße
Rainer Mendel

12. Leserbrief

Einige Bemerkungen zu Tobias Riegels „Putins Papst“

Das „sakrale“ Geschwafel von „Frieden auf Erden“ war den weltlichen Mächten schon immer willkommen, selbst dann, wenn bereits die ersten Bomben aus den „himmlischen Gefilden“ herab fielen, die ganze Städte verwüsteten und zahllose Menschen töteten. Sobald nun aber ein Priester (Papst) die christliche Botschaft ernst nimmt und dazu aufruft, endlich mit Friedensverhandlungen zu beginnen, stürzen sich sogleich die Bellizisten auf ihn, um ihn (vorerst mit Worten) zu zermalmen.

Herzliche Grüße Horst Roehe.

13. Leserbrief

Hallo NDS,

Danke Herr Riegel für Ihren ausgewogenen humanistischen Kommentar zur niederträchtigen Hetze gegen den Papst. Da bleibt nicht viel mehr zu sagen. Als der Hinweis, dass es auch auf der anderen politischen Seite der alternativen Medien aufrichtige friedensliebende Menschen und sogar Journalisten gibt, die tatsächlich ebenfalls noch wissen, was pluralistische Meinungsfreiheit heißt. Deshalb hier der sehr anständige Kommentar zum selben Thema bei „Tichys Einblick“. „Der Papst fordert Frieden – Ja, und?

Hoffen wir, dass solche Kommentare den einen oder anderen gehirngewaschen Konsumenten anderer Medien, doch noch zum nachdenken animiert. Denn so kann es nicht weitergehen.

Beste Grüße, J. Gerke!

14. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Riegel,

laut WDR “Aktuelle Stunde” vom 10.02.2024 ab Minute 07:36 wurde das Interview mit dem Papst schon im Februar geführt. Da stellt sich die Frage, ob sich die Mainstream-Medien erst mit der Bundesregierung absprechen mußten, ähnlich wie beim “Geheimtreffen” in Potsdam, um sich einheitlich über dieses Interview zu empören. Ob “Geheimtreffen” oder Putin-Interview und jetzt eben das Papst-Interview, immer ist der Tenor der verschiedenen Mainstream-Medien einstimmig. Wenn es eines weiteren Beweises für die Gleichschaltung unsere MSM bedarf, dann haben wir hier einen erneuten Beleg dafür. Die Häufigkeit dieser einstimmigen Kritik der MSM ist auffallend. Ein “scheinheiliger Friedensprediger” wäre genau das, was die MSM gerne hätten, nämlich einen Pabst der den Krieg und die durch die MSM geführte Kriegspropaganda unterstützt. Insofern entblöst diese Schlagzeile in erster Linie die außerordentliche Dummheit ihrer Autoren.

Man ist entsetzt wie viele der Volksver-(räter?) treter und Journalisten (?) sich mit grauenhaften Äußerungen für die Weiterführung dieses schrecklichen Krieges einsetzen. Man ist versucht zu ergründen was diese Menschen dazu treibt sich derartig für den Krieg einzusetzen und dafür auch den eigenen Wohlstand aufs Spiel zu setzen. Menschenfreundlichkeit kann es ja nicht sein. Wer sich heute für die katholische Kirche schämt sollte sie sofort verlassen, denn sie haben offensichtlich im Religionsunterricht nicht aufgepasst. Aber das gilt auch für die evangelische Kirche. Wer den Ausführungen von Frau Anja Siegesmund folgt muß sich doch ernsthaft fragen, wes Geistes Kind sich hier äußert? Im o.g. WDR-Beitrag kommt auch die Theologie-Professorin Frau Regina Elsner der Uni Münster zu Wort. Was der Papst gesagt hat ist für sie “unmoralisch”. Solche Sichtweisen als Theologin zu vertreten ist schon sehr abenteuerlich. Die Welt wird immer verrückter und wären es nicht so viele Verrückte, würde man sie alle in eine psychiatrische Kinik einweisen. Einige von ihnen müßten dann wohl auch gegen ihren Willen zwangsweise eingewiesen werden.  Diese Protagonisten, die sich für die Fortführung des Krieges und gegen Friedensverhandlungen aussprechenden, sind scheinbar von allen guten Geistern verlassen. Alle Befürworter des Krieges scheinen des Teufels zu sein. Und ich meine, wenn man genau hinschaut, kann man den Hass bei einigen von ihnen in ihren Augen auch sehen. War Frau M.-A. S.-Z. vor einem Jahr bei der Karnevalveranstaltung vielleicht gar nicht verkleidet?

Jeder der die Auslassungen der Kritiker des Papst-Interviews zur Kenntnis nimmt, sollte sich klar machen, dass die Mehrheit der deutschen Bevölkerung sich Friedensgespräche im Ukrainekrieg wünscht. Dieser Wunsch wird durch die Politik und den MSM jedoch ignoriert. Exemplarisch für diese Regierung ist ja die Aussage von A. Baerbock:  “… egal, was meine Wähler denken”.

Für unsere MSM und die Kriegstreiber in der Politik gilt in jedem Fall auch die Erkenntnis: “Sie wenden hier Methoden (lügen, verschweigen, verdrehen, ausspionieren, usw.) an, die sie regelmäßig anderen schärfstens vorwerfen. Es gibt halt verschiedene Wege, auf denen man politisch und menschlich verkommen kann”.

Es ist tröstend zu wissen, dass wenigstens der Papst sich noch seinen guten Geist bewahrt hat.

Mit freundlichen Grüßen
Ralf Glahn

15. Leserbrief

Papst Franziskus stärkt Menschen die Frieden in der Ukraine und in Gaza wollen

Papst Franziskus hat die Ukraine aufgefordert, Verhandlungen mit Russland zu suchen, um das Sterben zu beenden. Er verwendete dabei den Begriff «Weisse Fahne». Dieser Begriff stört viele und wird mit der Aufforderung zur Kapitulation in Verbindung gebracht, nicht mit Verhandlungen, um das Blutbad zu beenden. Ein Waffenstillstand würde vielen Menschen das Leben retten. Die Worte des Papstes werden zwar kritisiert, aber zeigen Wirkung: Sie stärken die Menschen, die das sinnlose Sterben und die Zerstörungen schnell beenden wollen. Es wird geschätzt, dass schon 400’000 Menschen in diesen Massakern in der Ukraine getötet oder verletzt wurden. 

Immer noch besteht in diesem Krieg die Gefahr, dass ein Atomkraftwerk in der Ukraine und vielleicht auch in Russland beschädigt wird, mit schrecklichen Folgen für ganz Europa. Ukrainische Projektile sind auch schon in Moskau und St. Petersburg eingeschlagen. In der Nähe von St. Petersburg liegt das AKW Leningrad mit vier Atomreaktoren. Der Krieg in der Ukraine könnte zu einem Weltkrieg werden, wenn noch NATO-Truppen zum Einsatz kommen, wie Macron vorgeschlagen hat.

Wenige Wochen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine saßen Delegationen Russlands und der Ukraine in Istanbul am Verhandlungstisch und erzielten Ergebnisse, die aus verschiedenen Gründen leider nicht umgesetzt wurden. Nun will der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan einen neuen Versuch starten für einen Friedensgipfel an dem auch Russland teilnehmen sollte. Erdogan hat sich als Gastgeber für Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine angeboten. Er traf sich kürzlich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Istanbul. Zu hoffen ist, dass diese Friedensverhandlungen zustande kommen und zum Frieden oder wenigstens zu einem Waffenstillstand führen werden. 

Die «Weisse Fahne» des Papstes empörte viele. Fast niemand stört es heute hingegen, dass in den Medien seit Jahrzehnten immer wie von «Verteidigungsministerien» die Rede ist, auch wenn diese «Verteidigungsministerien» mit ihren «Verteidigungsministern» offen oder verdeckt Kriege führen oder führten, in der Ukraine, Gaza, Jemen, Syrien, Afghanistan, Libyen, Somalia, Pakistan, Nicaragua, Panama, Grenada, Falkland Inseln, Vietnam usw.. Diese «Verteidigungsministerien» verbraten in vielen Ländern Milliarden für die Aufrüstung und sorgen dafür, dass mit Waffenlieferungen der Krieg in der Ukraine, im Gaza und die vielen anderen Kriege weitergehen können. Früher war man ehrlicher man sprach von «Kriegsministerien» wenn es darum ging ein Land militärisch unter Kontrolle zu bringen, um es wirtschaftlich auszubeuten zu können.

Heinrich Frei

16. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Riegel,

in Ihrem Kommentar haben Sie, in dankenswerter Weise, sehr klar und unmissverständlich dargelegt, dass die Worte des Papstes Wirkung zeigen, indem sie die grünen, schwarzen und gelben Sofa-Soldaten dazu zwingen, ihre höchst verwerflichen, gefährlichen  und unmoralischen Positionen in aller Öffentlichkeit zu verteidigen! Geradezu erschreckend sind die Statements von Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), des CDU-Hardliners Roderich Kiesewetter  – “wir müssen den Krieg nach Russland tragen” – und  des CDU-Bundestagsabgeordneten Matthias Heuer. Als evangelischer Christ schmerzt es mich, dass in diesem Chor der Hardliner  auch vermeintliche Christen wie Katrin Göring-Eckardt und Anja Siegesmund, Präsidentin des evangelischen Kirchentages 2025 in Hannover, gehören!

Zur Erinnerung:

Ende September 2022 hat der ukrainische  Präsident Wolodymyr  Selenskyj  Verhandlungen mit der russischen Föderation unter Wladimir Putin per Dekret verboten, bis alle von Russland besetzten ukrainischen Gebiete in den Grenzen von 1991 , einschließlich der Halbinsel Krim, befreit sind. Dass ausgerechnet Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt –  die immerhin verschiedene hohe Ämter in der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vor Jahren innehatte –  offensichtlich bewusst die Äußerungen von Papst Franziskus fehlinterpretiert, ist mehr als beschämend, wobei sich Göring-Eckardt in die Reihe bundesdeutscher Militär- Hardliner einreiht. Es gehört leider zur weitestgehend vernachlässigten Kernkompetenz der christlichen Kirchen, sowohl seitens der katholischen, als auch seitens der evangelischen Kirche, die Botschaft des Friedens ihres Religionsstifters, Jesus Christus, laut und kraftvoll zu verkünden: So heißt es in der Bergpredigt der Bibel, Kapitel 5 Vers 9, Evangelium nach Matthäus: “Selig sind die Friedensstifter, denn sie werden Gottes Kinder heißen”. Und in der evangelischen Kirche (EKD) gebot die Jahreslosung 2019: „Suche Frieden und jage ihm nach” (Psalm 34 Vers 15) . Wer das vorab veröffentlichte Transkript des Interviews von Papst Franziskus vorurteilsfrei  liest, wird nicht umhin können , dass von Kapitulation und Unterwerfung nicht die Rede sein kann! Der Pontifex wörtlich: “Das Wort verhandeln ist” -so Franziskus  – “ein mutiges Wort. Wenn man sieht, dass man besiegt ist, dass die Dinge nicht gut laufen, muss man den Mut haben zu verhandeln.“ Und weiter „Aber ich glaube, dass derjenige am stärksten ist, der die Situation betrachtet, an die Menschen denkt und den Mut hat, eine weiße Flagge zu hissen und zu verhandeln”. Der Interviewer verwendete in seiner Fragestellung den Begriff „weiße Flagge“. Franziskus wurde nach seiner Meinung zu der laufenden Debatte gefragt. “Soll die Ukraine aufgeben oder würde dies die Taten der Angreifer legitimieren?” . Bereits Ende März/Anfang April 2022, also wenige Wochen nach Ausbruch des Ukraine-Krieges, lag, nach übereinstimmenden Pressemitteilungen, ein paraphiertes Papier vor, das von den Unterhändlern der Ukraine und der Russischen Föderation in Istanbul ausgehandelt worden war und den Stellvertreterkrieg zwischen den USA und der Russischen Föderation  beendet hätte. Mutmaßlich auf Druck des Westens wurde diese Chance jedoch nicht genutzt. Der Papst zur aktuellen Situation in der Ukraine: “Schämt euch nicht, zu verhandeln, bevor es noch schlimmer wird”!

Mit freundlichem Gruß
Wilfried Böckmann

17. Leserbrief

Liebes Nachdenkseiten Team,

ich bin entsetzt über die Reaktionen unserer Politiker und der ÖRM auf die Rede von Papst Franziskus. 

Ich verstehe gar nicht mehr, was in unserem Land in den letzten Jahren passiert ist und wie es möglich sein kann, dass Politiker und große Teile der Medien sich in „diesem unserem Land“ so äußern dürfen und können, ohne dass es einen kollektiven Aufschrei der Empörung gibt. 

Es macht mir zunehmend Angst, dass und wie diese „Zeitenwende“ in großen Teilen der Bevölkerung und der Öffentlichkeit wirkt.

Das hatten wir so ähnlich schon einmal in Deutschland.

Am Vorabend des 1. Weltkrieges war die Stimmung ja schon einmal so euphorisch was den Krieg anging.

Aber nach 2 verlorenen Kriegen mit unzähligen Toten, unermesslichen Zerstörungen und Leid,

sollte man doch klüger geworden sein, oder?

Es ist für mich unfassbar, dass ich auf meine alten Tage als nicht überzeugter Kirchgänger, noch Partei ergreifen muss für einen Papst, der doch nur humanistische und christliche Werte predigt – und der von der medialen Öffentlichkeit und vielen – auch christlichen Politikern – dafür zumindest verbal, gesteinigt wird. 

Nein, das darf so nicht weitergehen. Wir müssen gemeinsam wieder zur Besinnung kommen und es muss klar sein, dass Krieg Töten und Zerstörung bedeutet, und dass es daran gar nichts, aber auch gar nichts, Gutes noch Richtiges gibt. 

P.S. wie sind denn die Reaktionen im Ausland auf die Papst Rede?

Ist es dort auch so katastrophal wie in Deutschland, oder gibt es da draußen auch noch normale Menschen?

Jens Biester

18. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Riegel,

Bravo!

Vielen Dank für diesen charakterstarken Artikel.

Die besten Grüße,
Peter Palec

19. Leserbrief

Lieber Herr Riegel,

seit der Zeitenwende gilt, wie im Mittelalter, wieder der große Glauben, die Anwendung des Verstandes ist Ketzerei.

Da wirkt  der Aufruf des Papstes schädlich und verdammenswert.

Denn wenn man die Dauerbeschwörung vom Dämon Putin, der die ganze Welt an sich reißen wird, wenn die Ukraine nicht “gewinnt”, aufgäbe, würden die Erzählungen, dass eine massive Aufrüstung der EU-Länder zur weiteren Existenz zwingend geboten ist, dass man mehr als 2% des BIP für “Verteidigung” ausgeben muss, ad absurdum geführt.

Dann hätten die Kriegstreiber es schwerer, dem blöden Volk die Notwendigkeit der Kriegsertüchtigung zu verkaufen.

Doch das muss weiterlaufen – zum Wohle der Triade aus Kriegsindustrie, Politik und MSM.

Profit finanzieller Natur, Karrierechancen, Macht, narzisstische Selbstbefriedigung… Jedem sein Scherflein.

Dem Aufruf des Papstes kann ich von Herzen zustimmen! Aber denen, die sich christlich nennen, doch das Wesen des Christentums mit Füßen treten, kann ich nur raten, den Spruch aus meiner Jugendzeit zu beherzigen: Vor Inbetriebnahme der Mundwerkzeuge das Gehirn einschalten!

Hoffnungsvolle Friedenshetzergrüße
Karin Heil

20. Leserbrief

Lieber Herr Riegel!

Es ist schon erstaunlich, dass ein Papst so mutig ist und sich der europäischen und nordamerikanischen Kriegstreiberei entgegenstellt. Vor einiger Zeit hatte er ja bereits schon den negativen Einfluss der USA auf den Ukrainekonflikt hervorgehoben. Davon erfuhr man bei den Öffentlich-Rechtlichen (Tagesschau/Tagesthemen und Heute-Sendung und Heute-Journal) nichts, sondern nur im Rundfunk, sozialen Medien und einigen Zeitungen. Diesmal entschloss man sich dann doch im Fernsehen auf unliebsame Äußerungen des katholischen Kirchenoberhaupts einzugehen, um sich nicht verdächtig zu machen. Natürlich erhielt Franziskus dabei kein Lob, sondern es wurden Bemerkungen von solchen Kriegstreibern wie Strack-Zimmermann und Kiesewetter eingeblendet. Zustimmung bekam der Papst allerdings vom sächsischen Ministerpräsident Kretschmer, welcher der einzige in der CDU (neben Armin Laschet) ist, der auch mal Verständigung mit dem russischen Präsidenten sucht. Es ist regelrecht bewundernswert, welchen Weg Franziskus einschlägt, wobei sich doch die katholische Kirche bereits im Mittelalter mit den Kreuzzügen als kriegswillig gezeigt hat. Nun muss man sagen, dass das derzeitige Kirchenoberhaupt aus Südamerika kommt, einem Kontinent auf dem man sich wohl auch heute noch an die negativen Auswirkungen des Imperialismus erinnert oder wo sie vielleicht noch spürbar sind. Nicht nur in Argentinien, sondern auch im benachbarten BRICS-Staat Brasilien hat man Verständnis für die Haltung Russlands bzw. sieht die Ursachen für den Konflikt im Westen. Der frühere Papst Johannes-Paul II hätte sich wohl diesbezüglich nicht zum Ukrainekrieg geäußert. Als Karol Jozef Wojtyla stammt er aus Polen und hatte damals demzufolge einen negativen Blickwinkel auf Russland bzw. auf die damals noch vorhandene Sowjetunion gehabt. Angeblich soll ja sein Einfluss mit dazu beigetragen haben, dass die kommunistische Regierung dort mit Hilfe der polnischen Gewerkschaft gestürzt wurde. So ist es auch verständlich, dass das Land, aus dem ein Papst stammt, auch dessen Gesinnung prägt und damit seine Haltung zu einem bestimmen Konflikt verdeutlicht. Der derzeitige Papst ist in vielerlei Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung, der sich auch nicht dem in seiner eigenen Kirche vorgegebenen Mainstream unterwirft. Das ist auch gut so. Solche Menschen, vor allem Päpste, brauchen wir mehr.

Mit freundlichem Gruß
Harald Pfleger

21. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Riegel, liebe Redaktion,

der Papst geht bei seinen Äußerungen ja schlicht von den militärischen Realitäten aus und möchte auf deren Basis das Leben möglichst vieler Menschen auf beiden Seiten bewahren. Aber schnöde Realitäten interessieren die Kriegstreiber in Politik und Medien nicht. Der Westen und allen voran Deutschland haben ja die vermeintlich überlegenen Werte (unter anderen wohl den der Kapitalrendite) und denen muss zur Geltung verholfen werden, koste es was es wolle, vielleicht am Ende auch unser aller Leben.

Ich warte nun nur noch darauf, dass Frau Strack-Zimmermann und Herr Thierse einen Gemeinschaftstweet absetzen: “Als Katholiken schämen wir uns für die unverantwortlichen Aussagen von Jesus Christus zum Hinhalten der anderen Wange, die er in einer als Bergpredigt bezeichneten Rede äußerte. Damit ermuntert er lediglich den Aggressor, weitere Verbrechen zu begehen.”

Hauke Dressel

22. Leserbrief

Werte NDS,

die Menschen, die sich da Christen schimpfen, sind mit Sicherheit alles, aber keine Christen. Wer andere für seine Interessen über die Klinge springen lässt, ist höchstens Antichrist.

Die Leute gehören alle in eine psychiatrische Anstalt, wahlweise auch an die Front.

Die sind von ihrer eigenen Propaganda und Hybris so gehirngewaschen, die glauben den Unsinn tatsächlich, den sie da verzapfen. 

Kann hier nur wieder auf den Psychologen Hans-Joachim Maaz hinweisen, der erklärt, woher dieses kranke Verhalten kommt. 

Kaputte Gesellschaft und es wird nicht besser. Kranke Menschen “erziehen” ja wieder kranke Menschen. Man sieht ja, dass man mit LGBTQ und Gendergaga immer mehr abgleitet und der Absturz wird sich beschleunigen. Der gesamte Staat verblödet immer mehr, inklusive der Eliten bis es irgendwann knallt. Dann bin ich hoffentlich bereits woanders mit der Familie.

Beste Grüße 
H. Dietrich 

23. Leserbrief

Lieber Tobias Riegel,

als Katholik habe ich mich über Ihren meiner Meinung nach so zutreffenden Kommentar sehr gefreut. Die zitierten Aussagen von Papst Franziskus stehen aus meiner Sicht in direktem Zusammenhang zu seiner Weihnachtsbotschaft 2023, die mich sehr bewegt hat. Papst Franziskus betont dort: “Mit fest auf das Jesuskind gerichtetem Blick flehe ich um Frieden für die Ukraine. Wir bekunden erneut unsere geistliche und menschliche Nähe zu ihrem gepeinigten Volk, damit es durch die Unterstützung eines jeden von uns die Konkretheit der Liebe Gottes spüre.” (Quelle: dbk.de).

Waffen aber sind keine Lösung, wie der Papst hervorhebt: “Zum Fürst des Friedens „Ja“ zu sagen, bedeutet also, „Nein“ zum Krieg zu sagen, zu jedem Krieg, zur Logik des Krieges selbst, der eine Reise ohne Ziel, eine Niederlage ohne Sieger und ein Wahnsinn ist, für den es keine Entschuldigung gibt. Um aber „Nein“ zum Krieg zu sagen, muss man „Nein“ zu den Waffen sagen. Denn wenn der Mensch, dessen Herz unstet und verwundet ist, Werkzeuge des Todes in Händen hält, wird er sie früher oder später einsetzen. Und wie kann man von Frieden sprechen, wenn Produktion, Verkauf und Handel von Waffen zunehmen? Wie zur Zeit des Herodes, bewegen sich heute die Machenschaften des Bösen, die sich dem göttlichen Licht widersetzen, im Schatten der Heuchelei und des Heimlichen: Wie viele bewaffnete Massaker ereignen sich in ohrenbetäubender Stille, ohne dass viele davon erfahren! Die Menschen, die keine Waffen, sondern Brot haben wollen, die sich abmühen, um über die Runden zu kommen und um Frieden bitten, wissen nicht, wie viel öffentliches Geld für Rüstung ausgegeben wird. Doch sie sollten es wissen! Darüber soll man sprechen, darüber soll man schreiben, damit die Interessen und Gewinne bekannt werden, die die Drahtzieher der Kriege sind.” (Quelle: ebd.). So äußert sich kein “Putins Papst”, sondern ein Mensch, der authentisch und aus Überzeugung versucht, die christliche Botschaft zu leben und damit bereits viele Menschen bewegt hat.

Meines Wissens war der Papst schon seit Beginn des Ukraine-Krieges im Jahr 2014 das einzige Staatsoberhaupt, das seitdem regelmäßig öffentlich diesen Konflikt thematisierte und immer wieder an die Verantwortlichen appellierte, endlich einen Weg zum Frieden zu suchen und zu gehen. Was tat die Bundesregierung für den Frieden, was taten die von Ihnen zitierten Personen Göring-Eckardt, Strack-Zimmermann, Heuer, Thierse, Siegesmund, Kiesewetter? Von den genannten Personen bekennen sich doch mindestens fünf zum christlichen Glauben. Ich frage mich, wie diese Menschen ihre Haltung überhaupt mit der Frohen Botschaft vereinbaren, in der es z. B. heißt: “Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.” (Matthäus 5,9). Stattdessen hört man von den genannten Leuten nur die Forderung nach Waffenlieferungen. Jedes Menschenleben ist kostbar, kostbarer als irgendwelche Landesgrenzen oder das Gefühl, juristisch Recht zu haben. Gerade, weil jeder Krieg ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist und nur Blutvergießen fordert, ist der christliche Auftrag so elementar, die Friedensbotschaft Jesu Christi in die Welt zu tragen und zu leben. Und dies hat Papst Franziskus in seinem Interview gezeigt.

Herr Riegel, Sie schreiben: “Die Worte des Papstes zeigen Wirkung: Sie stärken die Menschen, die das sinnlose Sterben im Stellungskrieg schnell beenden wollen.” Mögen es viele und immer mehr Menschen sein.

Viele Grüße
Eduard Wiesenfeld

24. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Riegel,

Bitte veröffentlichen Sie diesen Leserbrief. Danke!

Von früher Jugend an, seit ich in der Schule mit dem behelligt wurde, was in Deutschland als Christentum galt, hat mich die Dummheit, Ignoranz und Verlogenheit der meisten hiesigen Christen angewidert und mein Verhältnis zu deren Glauben massiv geprägt.

Mich hat aber immer für den christlichen Glauben positiv eingenommen, dass in den 10 Geboten das Gebot, du sollst nicht töten, an prominenter Stelle steht.

Im Grunde genommen braucht es in einer Religion nicht viel mehr als diesen einen Grundsatz, du sollst nicht töten.

Die in dem Artikel zur Sprache gekommenen Kritiker des Papstes wollen, dass andere gegen diesen Grundsatz verstoßen. Sie wollen, dass Menschen getötet werden. Mehr muss man über diese Leute eigentlich nicht wissen bevor man sich mit Ekel von ihnen abwendet.

Mich interessiert allenfalls eine einzige Information über Kiesewetter, Strack-Zimmerman und die anderen aus deren Riege. Ich würde gerne wissen wie viel verdient man je toten Soldat. Wie viel Geld bekommt man dafür, dass man seine Seele verkauft? Ich nehme an, man redet in christlichen Kreisen noch über Seele, ewiges Leben, Gott. Glaubt irgendjemand wirklich, dass der christliche Gott, sollte es ihn wirklich geben, zulässt, dass sein Wohnzimmer auf alle Zeit von Kiesewetter und Co beschmutzt wird?

Roland Kaschek

25. Leserbrief

Liebe Nachdenkseiten, 

einmal mehr hat der “Werte”-Westen seine Maske fallen gelassen. Nun ist ja hinreichend bekannt,  als wes Geistes Kind sich der Großteil von Politik, Wirtschaft und Medien in seinem Agieren zeigt, zumal die “werten” Herrschaften ja gar nicht in das unmittelbare Geschehen vor Ort am Kriegsschauplatz involviert sind. Was mich allerdings noch betroffener und wütender macht, ist die Tatsache, daß sich die letztlich nur noch als aufwieglerisch zu bezeichnende Kriegslüsternheit bis in die Mitte unserer Kirchen hinein breit gemacht hat. So widerspricht sich beispielsweise der Chef der Düsseldorfer Staatskanzlei, Nathanael Liminski, selbst, wenn er anläßlich der Amtseinführung des neuen Paderborner Erzbischofs Udo Bentz die Kirche zu mehr Engagement für das Gemeinwohl ermahnt, gleichzeitig aber in einer Nebenbemerkung Unverständnis äußert über die Bemerkung von Papst Franziskus, die Ukraine solle in Verhandlungen mit Rußland eintreten. Dieses Statement geht völlig gegen den Wahlspruch von Erzbischof Bentz, “Gott die Ehre – Friede den Menschen”! Ähnliches gilt für die Äußerung von Anja Siegesmund… Was hat Papst Franziskus denn Schlimmes gesagt? Ist es so verwerflich zu erkennen, wie die Dinge wirklich stehen, konkret: die Aussichtslosigkeit hinsichtlich eines Sieges der Ukraine geschichtsbewußt beim Namen zu nennen, und daraus resultierend für Waffenstillstand und Friedensverhandlungen zu werben? Mitnichten, der Pontifex folgt mit seinen Aussagen lediglich der Botschaft, welcher er sich Kraft seines Glaubens und Amtes als Stellvertreter Christi verpflichtet fühlt. So heißt es i14. Kapitel des Johannes-Evangeliums: “Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch”. Also erweist sich Franziskus seiner Titulierung als “Pontifex” in diesem Punkt mehr als würdig, denn diese bedeutet übersetzt nichts anderes als “Brückenbauer”. Und solche braucht unsere Zeit mehr denn je. Daraus folgt, daß die Unterstellung, Franziskus sei ein “scheinheiliger Friedensprediger” nicht nur infam falsch ist, sondern im Gegenteil wiederum einmal Zeugnis gibt von der Scheinheiligkeit unserer Politiker wie so mancher maßgeblicher Kirchenvertreter, welche , unterstützt von den meisten Medien, mit ihren Reaktionen auf die im konkreten Fall prophetisch zu nennenden Worte des Papstes neuerlich der orwellianischen Sprachverdrehung “Krieg ist Frieden” willfährig sind. Wenn sich also Leute wie etwa der CDU-Mann Heuer, ähnlich wie Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP, als Christen schämen für das Versagen der römisch-katholischen Kirche an zentraler Stelle, so disqualifizieren sie sich damit unweigerlich selbst als heuchlerische Hassprediger. Und für solche Mitmenschen schäme i c h mich als katholischer Christ –  und zwar in Grund und Boden. Einfach nur noch widerlich,  das Ganze! 

Herbert Weß

26. Leserbrief

Zitat:

“Die „Argumente“ der Gegner von Waffenstillstand und Verhandlungen im Ukrainekrieg sind vorerst nur Behauptungen.”

Wieso wird das nicht als Verschwörungstheorie bezeichnet.Medien und Regierung  benutzen diese Vokabel ständig. Aber von kritischer Seite wird immer sehr vorsichtig argumentiert.: Beispiele die mir einfallen. Man muß immer wieder betonen,das das ein Angriffskrieg ist. Gazakrieg : Angriff der Hamas……

In den Mainstreammedien werden Zusammenhänge,Ursachen oder zeitlicher Ablauf eines Konflikts so gewählt,das die gegnerische Partei/Regierung als Schuldige oder Verursacher dastehen. Ich denke es ist an der Zeit möglichst Klartext zu sprechen.

Hier noch ein Spruch von Jesus an Pontius Pilatus aus dem Nikodemusevangelium: “Du siehst doch,wie die,welche die Wahrheit sagen,von denen verurteilt  werden,die die Macht auf der Erde haben.”

Mit freundlichen Grüßen
J-PKruchen

27. Leserbrief

Ich bin alt genug, um die Kuba-Krise mit erlebt zu haben. Damals versuchten die Russen sich sozusagen im Vorgarten der USA militärisch einzurichten, worauf die USA äußerst dünnhäutig reagierten. Immerhin betrachten sie die gesamte Karibik als ihr Einflussgebiet, in dem keine unfreundliche Macht etwas zu suchen hat. Ich stand damals auf Seiten der USA, deren Besorgnis ich gut verstehen konnte. Heute stehe ich aus den gleichen Beweggründen auf der Seite Russlands. Warum müssen die sich eigentlich bieten lassen, was den Amis nicht zuzumuten ist? Und warum sind die Angriffskriege der USA so sehr viel besser als die der Russen?

Aber diese Meinung wage ich schon kaum noch laut zu sagen, sonst befinde ich mich in der gleichen Situation wie jemand, der im Dritten Reich offen sagte, seiner Ansicht nach wären die Juden doch gar nicht so schlimm. Der musste damit rechnen, fortan gemieden zu werden, denn niemand wollte die „Kontaktschuld“ auf sich nehmen. Ob wir jemals lernen, dass es zu einfach ist, die politische Welt in „die Guten“ und „die Bösen“ aufteilen zu wollen?

H. Wegener

28. Leserbrief

Sehr geehrtes Team der NDS,

Greift der Kriegswahn weiter um sich? Keine nüchterne Stimme in der BRD? Und: Putin würde “weitermachen”? Da frage ich mich: Was will Her Putin mit diesem maroden Europa, mit einer abstürzenden BRD? Glaubt jemand ernstlich, das wäre eine “lohnende Beute”. Wer würde so dumm sein, das zu wollen. Gandhi: Eine der sieben Todsünden ist “Wissen ohne Moral”.

Mit freundlichem Gruß,
H. Polster

29. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Riegel,

das sind seltsame Zeiten.

Der Papst wird angefeindet, weil er predigt, lieber zu verhandeln statt noch mehr Opfer in Kauf zu nehmen. Wenn man Etwas vom Papst erwarten kann, dann ja wohl genau das.

Die Reaktionen dieser Kriegstreiber zeugen damit von ausgeprägter Unreife. Diese Leute sind im Grunde unfähig, ihre politischen Mandate adäquat zu bekleiden.

Sie können sich anscheinend nicht einmal in die Position des Papstes hineinversetzen und/oder seine Verlautbarungen einfach nur (gleichmütig?) zur Kenntnis nehmen, ohne das eigene Geltungsbedürfnis hinauszuposaunen. Und einige nennen sich dabei auch noch Christen und beanspruchen die eigene Sicht der Dinge offenbar als maßgebend für die gesamte Christenheit, da sie sogar das (angeblich) eigene religiöse Oberhaupt als Instanz zur Kalibrierung des eigenen moralischen Kompasses diskreditieren.

Es ist notwendig, solche Politiker abzuwählen.

Mit freundlichen Grüßen
Pierre Lutomski

30. Leserbrief

Lieber Herr Riegel,

der arme Papst! Hat er sich spät aus seinem Vatikanischen Gartenparadies getraut und als geistliches Oberhaupt ziemlich vieler Menschen auf dieser Erde wider dem Krieg in der Ukraine gepredigt und zu Friedensverhandlungen aufgerufen, muss er sich für diese moralische Wahrheit nun von Schafen seiner Herde dafür als Ketzer brandmarken lassen! Pfui Deibel! Aber so sind sie, die christlichen (katholischen) Kriegshetzer vom Schlage einer Strack-Zimmermann: Heute den “Feind” am liebsten brennen sehen (auch wenn es der eigene Oberhirte ist), morgen zur Beichte gehen, um die besudelte Weste wieder reinwaschen zu lassen und übermorgen so weitermachen wie vorgestern. Business as usual eben. Gottlose Verblendung, da hilft nur beten: Lieber Gott, ich wünsche dem amtierenden Stellvertreter Deines Sohnes auf Erden noch ein langes Leben im Diesseits. Beschütze ihn mit den Himmlischen Herrscharen, auf dass ihm das Schicksal der Offen-“Barung” früherer Vorgänger erspart bleibt! Und vergebe seinen Widersachern A.D. 2024 nicht, denn sie wissen genau, was sie tun! Amen!
Ja, die Kriegshetzer heute wissen genau, was sie tun! Sie wissen auch, dass der russische Präsident nicht “über Europa herfallen wird”, um seinen “Imperialismus” fortzusetzen (Wolfgang Thierse). Was sollte er hier wollen? Sich einen durch und durch maroden Klotz ans Bein binden? Und den dann mit russischem Rubel alimentieren, während die US-Marionetten ihn feindlich anglotzend ans Bein pinkeln? Das hat V. Putin als Präsident des größten Landes der Erde nun wirklich nicht nötig. Imperialistisches Treten und Zertreten ist das Erfolgsmodell des US-Werte-Westens. Und dieses Erfolgsmodell muss am Laufen gehalten werden, koste es, was es wolle! Auch das wissen die westlichen Kriegstreiber. Und V.Putin sowieso.

Im Sinne von Papst Franziskus friedliche Grüße an Sie und meine Nachbarn im Osten,

Claudia L.

31. Leserbrief

Hallo Tobias Riegel,
hallo Autoren der NachDenkSeiten,

wieso schämt man sich als katholischer Christ, wenn sich der Vertreter Gottes auf Erden ein Kriegsende und Friedensverhandlungen wünscht. Die Bedeutung Christ bekommt einen ganz anderen/neuen Hintergrund.

Die Katholikin und Kriegspolitikerin Strack-Zimmermann schafft es sogar, den Papst und Satan mal locker in einen Satz zu packen (ob es da einen Zusammenhang gibt?).
Nach Aussage von Strack-Zimmermann gibt es ausschließlich brutale russische Täter und ausschließlich ukrainische Opfer. Die Russen sind also grundsätzlich brutal. Und die Ukrainer werfen mit Wattebäuschchen?!? Übrigens: Einige der Wattebäuschchen-Werfer sind begeisterte Anhänger des Nationalsozialismus, pflegen diesen und stellen diese Ideologie unter anderem mit Symbolik zur Schau. Strack-Zimmermann scheint das nicht zu wissen. Man sollte sie darüber informieren.

Strack-Zimmermann schämt sich als Katholikin, weil sich das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche für Frieden einsetzt. Kritik zu üben, ist ihr gutes Recht. Dem Heiligen Vater abzusprechen, seine Meinung zu äußern und ihn zurechtzuweisen, ist schon beleidigend.

Der noch amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz hat im August 2023 Pazifisten und Kriegsgegner beschuldigt, sie seien gefallene Engel, die aus der Hölle kommen, weil sie letztendlich einem Kriegstreiber das Wort reden.

Vielleicht ist auch Strack-Zimmermann ein gefallener Engel, der aus der Hölle kommt? Und zwar, weil sie selbst eine Kriegstreiberin ist. Eine Antwort könnten eventuell gläubige Christen liefern.
Sie selbst hat sich erfreulicherweise nur als Katholikin bezeichnet. Einen christlichen Hintergrund hat sie nicht erwähnt.

Strack-Zimmermann und Scholz haben eine außerordentliche bizarre Vorstellung von Religiosität oder des Katholizismus oder des Christentums.

Opfer und Täter: Die im Krieg eingesetzten Soldatinnen und Soldaten sind Opfer, Russen wie Ukrainer. Auch die durch den Krieg in Mitleidenschaft gezogene Zivilbevölkerung ist Opfer. Die Täter (Kriegspolitiker und Kriegspolitikerinnen) und Kriegsgewinnler (Waffen- und Munitionshersteller/innen) sitzen ungefährdet weit weg in Sicherheit und bestreiten ihren luxuriösen Lebenswandel mit der Herstellung und des Handels mit Materialien (Waffen) zu Kriegszwecken, die unzählige Opfer hervorbringen. Sie sind also wissentlich mitverantwortlich für jedes Opfer.

ICH HISSE DIE WEISSE FAHNE

Vielen Dank an Tobias Riegel und die Betreiber der NachDenkSeiten!

Gruß
Holger Wixfort

32. Leserbrief

Sehr geehrte Redaktion, sehr geehrter Herr Riegel,

es ist aus meiner Sicht bemerkenswert, dass die heftigste Kritik am Papst ausgerechnet von Politikern kommt, die selbst Mitglied der Katholischen bzw. der Evangelischen Kirche sind. Was will uns das sagen?

Könnte man daraus schließen, dass die pazifistische Lehre Jesu in der Katholischen und Evangelischen Kirche keine Rolle mehr spielt bzw. nie gespielt hat?

Dass Jesus tatsächlich Pazifist und seine Lehre tatsächlich pazifistisch war, wird u.a. durch die Tatsache belegt, dass die Christen in den ersten drei Jahrhunderten nach Jesus streng pazifistisch gelebt haben. Der Kirchenkritiker Karlheinz Deschner schreibt dazu:

»Im Neuen Testament sollen die Christen nur “den Schild des Glaubens” ergreifen, “den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes”. Und in Übereinstimmung mit den neutestamentlichen Tötungsverboten wird im Christentum der ersten drei Jahrhunderte nirgends der Kriegsdienst erlaubt!

Justin, Tatian, Athenagoras, Tertullian, Origenes, Cyprian, Arnobius, Laktanz, wie unterschiedlich auch immer menschlich und theologisch, ob sie “Ketzer” geworden, “verketzert” worden, “rechtgläubig” geblieben sind, sie alle ermüden nicht, der Welt Gewaltlosigkeit zu verkünden. Sie alle versichern, wie Athenagoras, daß Christen “ihre Feinde nicht hassen, sondern sogar lieben … sie sogar segnen und für die, welche ihnen nach dem Leben streben, sogar beten”, daß sie “geschlagen nicht wieder schlagen, ausgeraubt nicht prozessieren”. “Wir dürfen so nicht Widerstand leisten”, kommentiert der hl. Justin die Bergpredigt.

Der Kaiser könne kein Christ, ein Christ niemals Kaiser sein. Scharf konfrontiert Tertullian Christenpflicht und Kriegsdienst, göttlichen und menschlichen Fahneneid, “das Feldzeichen Christi und das Feldzeichen des Teufels, das Lager des Lichts und das Lager der Finsternis”. Er nennt sie “unverträglich” und erklärt jede Uniform “bei uns verboten, weil sie das Abzeichen eines unerlaubten Berufs ist”. “Wie kann man Krieg führen, ja selbst im Frieden Soldat sein ohne das Schwert, das der Herr fortnahm?” Er nämlich habe “Petrus entwaffnet und damit jedem Soldaten das Schwert genommen”.« [1]

»Athenagoras berichtet, daß die Christen “es nicht einmal über sich bringen, bei einer gerechten Tötung zuzusehen”. Mache es doch nach ihrer Auffassung “keinen großen Unterschied, ob man bei einer Tötung zuschaut oder sie selbst vollzieht, und deshalb haben wir den Anblick solcher Szenen verboten. Wie sollten also wir, die nicht einmal zusehen, damit uns nicht Blutschuld und Frevel beflecke, jemand töten können?”« [2]

Die ersten Christen lebten tatsächlich streng pazifistisch und waren sich trotz unterschiedlicher Glaubensauffassungen in anderen Dingen darin einig. Sage und schreibe drei Jahrhunderte dauerte das pazifistische Urchristentum an, bis sich mit Kaiser Konstantin alles änderte. Der Legende nach hatte Konstantin einen Traum, in dem angeblich Christus zu ihm sprach: “In diesem Zeichen wirst du siegen.” Daraufhin habe Konstantin befohlen, das sogenannte Labarum als Feldzeichen zu verwenden, worauf er aus der Schlacht bei der Milvischen Brücke gegen seinen Rivalen Maxentius im Jahr 312 als Sieger hervorging.

Ist das glaubhaft – Christus als Kriegsgott? Und wem eigentlich soll hier der Friedefürst zu einem militärischen Sieg verholfen haben? Konstantin war ein brutaler Machtpolitiker, der seine Feinde in der Arena den Tieren zum Fraß vorwarf und auch vor Verwandtenmord nicht zurückschreckte.

Karlheinz Deschner schreibt dazu:

»Aber: “Nichts ist so schnell in Vergessenheit geraten”, klagt Katholik Kühner, “wie die ersten drei Jahrhunderte.” Noch im frühen 4. Jahrhundert zwar versagt die Synode von Elvira jedem Gläubigen, der auch nur durch Anzeige (rechtmäßig oder nicht!) zu einer Hinrichtung oder Ächtung beitrug, zeitlebens, selbst in der Todesstunde, die Kommunion. Dann aber erlassen 313 Konstantin und Licinius ihr Toleranzedikt, wird das Christentum aus einer unerlaubten Religion eine erlaubte (um nun bald alle andren erlaubten unerlaubt zu machen). Und über Nacht vollzieht sich die wunderbare Metamorphose dieser Pazifisten in Feldpfaffen!

Taten sie vordem alles, um den Kriegsdienst der ihren zu unterbinden, wurde mancher deshalb sogar Märtyrer, erschien ihnen Töten plötzlich notwendig. Kaum vom Staat anerkannt [und privilegiert!], beschließt 314 die Synode von Arelate (Arles), “mit dem Heiligen Geist und seinen Engeln im Verein”, die Exkommunikation desertierender Christen. Wer die Waffen wegwarf, wurde ausgeschlossen. Vordem schloß man aus, wer sie nicht wegwarf. […]

Die Namen der Soldatenmärtyrer flogen jetzt schleunigst aus den kirchlichen Kalendern; Soldatengötter, Christus selber, Maria, diverse Heilige, kamen hinein und übernahmen genau die Funktion der heidnischen Kriegsidole. Der Soldateneid hieß: sacramentum!«

Bei der Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian sollen die Christen, die den Kriegsdienst verweigert haben, das Gros der Märtyrer ausgemacht haben. [3]

Wenn heute im Religionsunterricht den Kindern erklärt wird, was ein Märtyrer ist, wird ihnen erzählt, das waren Christen, die sich geweigert haben, heidnische Götter anzubeten. Was glauben Sie, warum die Soldatenmärtyrer heute nicht mehr so verehrt werden?

Quellen:
[1] Karlheinz Deschner, Kriminalgeschichte des Christentums, Band 1 (Die Früzeit), Rowohlt Taschenbuch Verlag, Februar 1996, Seite 249
[2] wie [1], Seite 251
[3] wie [1], Seite 252

Nachdem die Christen in den ersten drei Jahrhunderten den Kriegsdienst konsequent verweigert hatten, ist es seit der Entstehung der katholischen Kirche unter Kaiser Konstantin zu einer der Hauptaufgaben der jetzt quasi schon staatskirchlichen Theologen geworden, die Kriege der Obrigkeit zu legitimieren. Und so hat der bis heute hochverehrte “heilige” Augustinus die Lehre vom “gerechten Krieg” erfunden.

“Glaube nicht, dass jemand, der mit den Waffen Kriegsdienst verrichten will, Gott nicht gefallen könnte”, belehrt uns Augustinus oder auch in unüberbietbarem Zynismus: “Was hat man denn gegen den Krieg? Etwa dass Menschen, die doch einmal sterben müssen, dabei umkommen?”

Einen friedvollen, barmherzigen Gott der Liebe konnten die römischen Kaiser nicht gebrauchen. Konstantin benötigte zuallererst einen Kriegsgott – so wie später auch der Frankenkönig Chlodwig, als er sich zum katholischen Glauben bekehrte. Die Theologen der Kirchen haben der jeweiligen Obrigkeit immer den passenden Gott bzw. die passenden Rechtfertigungsmöglichkeiten geliefert.

Diese zur Lehre Jesu in krassem Widerspruch stehende Rechtfertigungslehre des Krieges war es, die unsere Geschichte bis heute geprägt hat, und nicht das Christentum wie es Jesus lehrte.

Martin Luther, der als Augustiner-Mönch die Lehren Augustinus verinnerlicht hatte, knüpfte an diese an, als er 1526 in einer Schrift “Ob Kriegsleute in seligem Stande sein können” u.a. folgendes postulierte:

“Diesem allgemeinen Unfrieden auf der ganzen Welt, der keinen Menschenverschont, muss der kleine Unfriede, der Krieg oder Schwert heißt, wehren. Darum ehrt auch Gott das Schwert mit so hohen Worten, dass er es seine eigene Ordnung nennt (Römer 13, 1) und nicht will, dass man sage oder denke, die Menschen hatten [hätten] es erfunden und eingesetzt. Denn die Hand, die das Schwert führt und tötet, ist dann auch nicht mehr eines Menschen Hand, sondern Gottes Hand, und nicht der Mensch, sondern Gott henkt, rädert, enthauptet, tötet und führt den Krieg. Das alles sind seine Werke und sein Gericht.”

https://www.glaubensstimme.de/doku.php?id=autoren:l:luther:o:ob_kriegsleute_in_seligem_stande_sein_koennen

Wie in den meisten Fällen begründet Luther auch hier seine Lehre mit Paulus, weil sich bei Jesus keine Rechtfertigung des Kriegshandwerks finden lässt. Trotzdem lügt man dem Kirchenvolk bis heute dreist ins Gesicht: Solus Christus!

Mit freundlichen Grüßen
Ralf Böhm

33. Leserbrief

Vielen Dank für diesen Artikel.

Die katholische Kirche, insbesondere deren Vertreter, haben sich in der Vergangenheit in moralischen Fragen und hinsichtlich der Orientierung am Evangelium, sprich der Nachfolge Christi, nicht immer mit Ruhm bekleckert. Im Gegenteil: Von den Kreuzzügen über die Hexenverfolgungen, die Waffensegnungen und die Mißbrauchsfälle in letzter Zeit durch katholische Priester, die noch durch ihre Bischöfe „geschützt“ wurden, erstreckt sich eine erschreckende Folge unchristlicher Verfehlungen von den Anfängen des Christentums bis heute.

Wenn der Papst nun aber in diesen säkularisierten Zeiten, in denen vor allem von westlicher Seite mit unterstellten moralischen Ansprüchen ein Krieg geführt wird, bei dem es wesentlich um die Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO bzw. alternativ um deren Neutralität geht, Partei für den Frieden und für Waffenstillstand und Friedensverhandlungen ergreift, bevor die Ukraine den Krieg gewonnen hat, was ja grundsätzlich gar nicht möglich sein kann, wenn Russland eine Bedrohung für die NATO darstellen würde, sind alle Kriegstreiber und Propagandisten für die NATO-Osterweiterung um die Ukraine auf dem Plan und verurteilen lautstark die päpstliche Friedensmission in der Sache.

Dabei vertritt der Papst in der Sache, was ja auch seine eigentliche Aufgabe ist, doch eine genuin christliche Position, die wesentlich in der Nächstenliebe (liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst), die im wesentlichen auch die Grundlage unserer moralischen Orientierungen in der westlichen Welt sein sollte.

Dass der Papst um Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit bemüht ist und gegen das Gemetzel, das ja in unseren Medien im wesentlichen totgeschwiegen wird, weil es sicher nicht mehrheitsfähig wäre und mit der eigenen moralischen Attitüde unerwünscht kontrastieren würde, und deshalb Partei ergreift für den Frieden und die Mitmenschlichkeit und gegen die unseeligen politischen nationalstaatlichen Perspektiven und Fantasien, die nationale Zugehörigkeit zu geostrategischen Blöcken höher bewerten als Millionen von Menschenleben und vieler zusätzlicher gräßlicher körperlich und seelisch verstümmelter und verwundeter Menschen, sollte uns nachdenklich und versöhnlich stimmen.

Diejenigen, die gegen die Vorschläge des Papstes wettern, und die diesen Krieg solange auf Kosten der Menschen in der Ukraine und in der ganzen Welt, und das beinhaltet auch einen Wohlstandverlust in Deutschland, fortführen wollen, bis Russland besiegt ist und die Ukraine in ihren ursprünglichen (?) Grenzen der NATO beigetreten ist, haben in diesem Krieg mitnichten die moralischen Argumente auf ihrer Seite. Was auch immer sie bewegen mag, wirkliche Mitmenschlichkeit und Moral sind es nicht.

Man kann ja vielleicht der Meinung sein, es gäbe wichtigeres als Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit jetzt in der Welt, also z.B. geostrategische Perspektiven, die die ungefährdete Herrschaft des Westens (der USA) über die ganze Welt als wünschbar erscheinen lassen, wozu dann die Werte der Aufklärung inklusive eines ungebändigten Kapitalismus, notfalls mit Krieg und Gewalt gegen Andersdenkende weltweit durchgesetzt werden müssten. Man sollte dabei dann aber auch an die Dialektik der Aufklärung denken und vielleicht auch an den Ewigen Frieden, wie immer man sich den dabei vorstellen mag, die in dem Kontext eine Rolle spielen könnten.

Die Geschichte des Christentums zeigt sehr gut, dass im Namen oder doch zumindest trotz der vertretenen christlichen Werte (des moralisch Guten) große Gräueltaten geschehen sind. In der jetzigen Situation scheint der Papst als oberster Vertreter der katholischen Kirche aber tatsächlich auf der Seite der christlichen Lehre zu stehen und sich im Sinne der Mitmenschlichkeit gegen den falschen moralischen Schein zu wenden. Dieser Krieg des Westens für das Gute (Demokratie, Freiheit Souveränität der Ukraine) gegen das Böse (Putin, Russland) hat viele Ähnlichkeiten mit den Kreuzzügen, in denen das heilige Land von den Ungläubigen befreit werden sollte und wirft ein Licht auf die unseelige Zeiten des europäischen Kolonialismus, der neben der Ausbeutung auch die westlichen Werte in die ganze Welt bringen wollte und diese Werte waren es wesentlich, die den Kolonialismus legitimiert haben. Diese historische Parallele zur jetzigen Situation kann uns aber nicht davor bewahren, die Wertefrage heute neu zu stellen und den Krieg mit seinem unsäglichen Leid davor zu beurteilen.

Fritz Gerhard

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Kategorien: Externe Ticker

Kein Scherz: Sarah „Blinddarm“ Bosetti erhält Grimme-Preis

15. März 2024 - 13:13

Die „Satirikerin“ Bosetti hat bereits harte Meinungsmache gegen Andersdenkende und Regierungskritiker verbreitet – unter anderem bei den Themen Corona und Ukrainekrieg. Sie praktizierte eine von Bürgergebühren wohlfinanzierte Form der „Satire”, die von der großen TV-Bühne herab teilweise nach unten tritt und gegen im Meinungskampf benachteiligte Bürger austeilt. Die Auszeichnung mit dem Grimme-Preis ist das Gegenteil von Versöhnung und Aufarbeitung. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Sarah Bosetti wird in diesem Jahr für ihre »Late Night«-Show bei ZDF und 3sat mit dem Grimme-Preis in der Kategorie „Unterhaltung“ ausgezeichnet, wie Medien berichten. Warum diese Auszeichnung für viele Bürger das Gegenteil von Versöhnung und Aufarbeitung darstellt, wird weiter unten beschrieben.

Laut dpa wird der allseits als „renommiert“ bezeichnete Grimme-Preis in vier Kategorien vergeben, zusätzlich gebe es drei Sonderpreise. Insgesamt werden 17 Produktionen und Leistungen ausgezeichnet – 64 seien nominiert gewesen. Die Auszeichnung wird seit 1964 jährlich verliehen. Die Privatsender gehen dieses Jahr leer aus, das habe es in den vergangenen 20 Jahren nur 2011 und 2015 gegeben. Die Preisverleihung findet am 26. April in Marl statt. Ausgezeichnet werden sollen Fernsehsendungen und -leistungen, „die für die Programmpraxis vorbildlich und modellhaft sind“, wie es heißt.

„Satiriker“, die nach unten treten

Infos der Initiatoren des Preises und zur Begründung der Auszeichnung für Bosetti finden sich hier. Dort heißt es etwa, die Autorin und „Satirikerin“ beweise nun auch vor Publikum, „wie gut sie ihr Handwerk versteht“. Erklärtes Ziel der Bosetti-Show sei es, „nicht nur selbst über Gendern, Cancel Culture, Klima und Wärmepumpen zu sprechen, sondern darüber, wie in Politik und Gesellschaft über diese Themen gesprochen wird“. Die Themen Kriegstreiberei, Hetze gegen Kritiker der Corona-Politik und die daraus voraussehbar entstehenden gesellschaftlichen Spaltungen fehlen leider in dieser Aufzählung – denn bei diesen Themen hätte man auch Bosetti selber als problematischen Akteur in der gesellschaftlichen Debatte erwähnen können.

Gekonnt nehme „Bosetti aktuelle Themen der Gesellschaft auseinander“, vor allem „in ihren satirischen Monologen“, die sie schon in den vergangenen Jahren „perfektioniert“ habe, so die Grimme-Beschreibung. Auf zwei Aspekte soll an dieser Stelle eingegangen werden. Zum einen stellt Bosettis Programm meiner Meinung nach teilweise keine „Satire“ dar. Dazu habe ich kürzlich im Artikel Jämmerliches „Kabarett“: TV-Satiriker schützen die Kriegspolitik geschrieben:

Einige der von Bürgergebühren bezahlten TV-‚Satiriker‘ haben die eigene Berufsbezeichnung nicht verstanden: Satire sollte sich eigentlich vornehmlich gegen Fehltritte von mächtigen Akteuren richten, nur dann ‚darf sie alles‘. Wer aber gemeinsam mit Regierung und großen Medien gegen die im Meinungskampf bereits schwer benachteiligte Friedensbewegung nachtritt, der macht Propaganda, keine Satire.

Zum anderen soll hier noch einmal ein geradezu berüchtigtes Beispiel für die von der Grimme-Jury erwähnten „perfektionierten“ Bosetti-Monologe in Erinnerung gerufen werden: Die Verharmlosung gesellschaftlicher Gräben und die Diffamierung von Andersdenkenden als (für die Gesamtgesellschaft nicht zwingend überlebensnotwendigen) „Blinddarm“ durch Bosetti in der ZDF-Sendung „Bosetti will reden“:

Wäre die Spaltung der Gesellschaft wirklich etwas so Schlimmes? Sie würde ja nicht in der Mitte auseinanderbrechen, sondern ziemlich weit rechts unten. Und so ein Blinddarm ist ja nicht im strengeren Sinne essenziell für das Überleben des Gesamtkomplexes.“

Grimme-Preis gegen die Versöhnung

Der Fairness halber soll hier betont werden, dass sich der Grimme-Preis aber auf das aktuelle Bosetti-Programm bezieht. Und: Wie lange muss man für einen öffentlichen Fehltritt „büßen“? Ich finde, man darf sich als Medienakteur auch mal total im Ton vergreifen – wenn das nicht gestattet ist, würde sich eine ungesunde Vorsicht ausbreiten. Es kommt aber sehr darauf an, wie man hinterher mit einem solchen Fehltritt umgeht. Und da man die sogenannte „Entschuldigung“ Bosettis für ihre „Blinddarm“-Hetze nur als eine weitere Provokation bezeichnen kann, ist es angemessen, wenn sich die „Satirikerin“ noch lange (bis zu einer echten Distanzierung) für das Blinddarm-Video wird rechtfertigen müssen.

Ich könnte mir vorstellen, dass viele Bürger den Grimme-Preis für Bosetti als Provokation empfinden. Die Auszeichnung dient nicht der Versöhnung oder Aufarbeitung, sondern sie bewirkt das Gegenteil: Bosetti ist für viele Menschen ein prominentes Symbol, weil sie sich nicht nur vollumfänglich an das offizielle Corona-Narrativ angebiedert hat, sondern zusätzlich hart gegen Bürger ausgeteilt hat, die anderer Meinung waren als sie – und das aus einer komfortablen, von Bürgergebühren finanzierten und von Mainstreammedien beschützten Position heraus, die keinen Mut verlangt. Dieses Verhalten Bosettis hat sich etwa bei der Debatte um die Friedensdemo von Wagenknecht und Schwarzer wiederholt.

Das ist auch eine Art, die Corona-Politik und die begleitende Hetze gegen Andersdenkende rückwirkend weiß zu waschen: Indem ein heilender Dialog nicht begonnen wird und gleichzeitig einige der härtesten Meinungsmacher (wie Bosetti oder Karl Lauterbach) mit Grimme-Preisen bzw. Beförderungen ins Ministeramt belohnt werden. Das kann indirekt signalisieren: Wenn sogar diese Leute jetzt noch in Amt und Würden sind und sogar Beförderungen und Preise erhalten, dann kann ihr Handeln und damit die ganze Corona-Politik ja so schlimm nicht gewesen sein. Aufreizend kommt zu dieser großzügigen Absolution für Meinungsmacher und andere Beteiligte hinzu, dass gleichzeitig immer noch Kritiker der Corona-Politik juristisch verfolgt und/oder medial diffamiert werden.

„Lob der Spaltung“ von der Kanzel des öffentlich-rechtlichen Rundfunks herab

Dieser Text ist übrigens keine Forderung nach Cancel-Culture – Bosettis Beiträge müssen ausgehalten werden und dürfen (wenn sie nicht von einem ordentlichen Gericht als beleidigend, verhetzend etc. klassifiziert werden) ebensowenig zensiert werden, wie das eigentlich auch bei Regierungskritikern der Fall sein sollte. Aber Aushalten einerseits und Auszeichnung mit einem „renommierten“ Medienpreis sind zwei Dinge.

Außerdem ist die von Bosetti vertretene Weltsicht (etwa zu Corona und Ukraine) extrem dominant im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Meine Kritik entzündet sich eher an dieser Dominanz in der Programmgestaltung als an den Inhalten Bosettis: Würde den Kritikern ebensoviel Raum in den großen Medien eingeräumt werden wie den schrillen Verteidigern von Lockdowns, Spaltung und Aufrüstung, wäre dieser Artikel hier überflüssig: Denn dann könnten die verschiedenen Sichtweisen in einen fairen Meinungskampf eintreten und sich messen. Da diese Fairness im Meinungskampf nicht gegeben ist, bedeutet es auch momentan keinen „Mut“, provokant auf Regierungskritiker einzuprügeln.

Die Auszeichung für Bosetti ist zusätzlich besonders absurd in einer Zeit, in der tagein tagaus „Hass und Hetze“ beklagt wird: Ich finde einige Äußerungen Bosettis in ihrer tabu-brechenden und verrohenden Wirkung viel weitreichender als problematische Online-Kommentare von Bürgern. Denn Bosetti hat ihr angeblich satirisches Lob der gesellschaftlichen Spaltung von der Kanzel des stets als vorbildlich dargestellten öffentlich-rechtlichen Rundfunks herab gepredigt.

Titelbild: Screenshot/„Bosetti will reden“

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Rosa Leibchen zur Heim-EM – wurde der DFB von Trollen übernommen?

15. März 2024 - 10:55

Im Juni beginnt die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland und wie gestern bekannt wurde, wird der Gastgeber auch in pink auflaufen – oder nicht, das wird sich noch zeigen. Man muss kein homophober Rechter sein, um diese Farbauswahl auch abseits ästhetischer Kritikpunkte fragwürdig zu finden. Fußball lebt nun einmal von der Tradition. Warum legt es der DFB derart darauf an, mit seiner ja durchaus ruhmvollen Tradition zu brechen? Fußball soll auch zusammenführen. Warum tut der DFB alles in seiner Macht Stehende, um ein politisches Statement zu setzen und zu spalten, anstatt zu vereinen? Am Ende wird die Welt – wieder einmal – über Deutschland und seinen Fußball lachen. Aber was soll’s, Dabeisein ist ja schließlich alles und Fremdschämen kann ja auch Spaß machen. Ein Kommentar von Jens Berger.

Früher war nicht alles besser, aber zumindest im Fußball gab es noch Traditionen. Die deutsche Fußballmannschaft spielte in Weiß und wenn sie auswärts mal auf einen Gastgeber mit hellen Trikots traf, trugen die Spieler zur besseren Unterscheidung ein grünes Leibchen. Those were the days, my friend. We thought they’d never end. Doch mit dem Einzug des Kommerzwahns endete diese Tradition. Zwar wagte sich der DFB nicht an die weißen Heimtrikots, die als Markenzeichen auch heute noch sakrosankt sind, aber beim Auswärtstrikot zeigte man sich nun experimentierfreudig. 2004 lief man in lebensfrohem Schwarz auf, 2008 wich das Schwarz einem völlig DFB-untypischen Rot, 2012 kehrte das gute alte Grün zurück, nur um 2021 abermals gegen ein zur Performance passendes Schwarz eingetauscht zu werden. Und nun, bei der Heim-EM 2024, gibt es den kompletten Bruch mit dem traditionellen Farbschema – Rosa-Pink-Lila soll nun die Farbe sein, mit der Julian Nagelsmanns Jungs in das Turnier gehen.

Rosa? Pink? Lila? Mir persönlich ist nur der amerikanische Retortenclub Inter Miami bekannt, der in dieser Farbkombination aufläuft. Und das hat natürlich nicht nur ästhetische, sondern auch traditionelle Gründe. Pink ist ja vom Klischee her eher eine weibliche Farbe; und das sehen neben alten weißen Männern ja offenbar auch LGBTQ-Aktivisten so, die sich gerne in pink kleiden. Völlig klar – das rosa Leibchen ist eine politische Entscheidung, die gewollt mit alten Traditionen und männlichen Stereotypen brechen soll. Wer identitätspolitisch unterwegs ist, mag das nun mutig finden. Ich finde es einfach nur dumm. Und das ganz sicher nicht, weil ich homophob oder ewiggestrig bin; sondern weil ich der festen Überzeugung bin, dass Sport möglichst frei von politischer Einflussnahme sein sollte und die Menschen nicht trennen, sondern zusammenbringen sollte.

Das rosa Leibchen soll aber gar nicht die Menschen zusammenbringen. Es soll ein Zeichen setzen und nicht vereinen, sondern trennen. Die Nationalmannschaft soll also mal wieder als Botschafter eines woken Lebensgefühls missbraucht werden. Vereinzelte Linksliberale werden jubeln, Rechte und Konservative werden vor Wut im Karree springen und der Großteil der Bevölkerung, dem dieser Kulturkampf herzlich schnuppe ist, wird wohl einfach nur verständnislos den Kopf schütteln und sich mehr und mehr vom Fußball abwenden. Der angestrebte progressive Impact bleibt ohnehin aus. Oder glaubt irgendein DFB-Funktionär ernsthaft, dass der homophobe Nazi aus Dortmund oder Zwickau nun sich selbst und seinen Hass hinterfragt, weil „seine“ Mannschaft in pink aufläuft? Sicher nicht. Aber es geht hier ja auch nicht um Randgruppen, sondern um Image und Marketing. Der DFB will nicht mehr als Verband piefiger alter weißer Männer wahrgenommen werden und sich seinen Werbepartnern möglichst modern und weltoffen präsentieren. Dagegen ist ja auch nichts einzuwenden, aber mit der Holzhammermethode wird das ganz sicher nichts.

Passend zur Vorstellung des neuen Trikots hat Ausrüster Adidas zusammen mit dem DFB auch gleich das passende Imagevideo gelauncht … interessant ist, dass man sich hier auf das traditionelle weiße Heimtrikot beschränkt hat. Offenbar will man beim DFB und bei Adidas den absehbaren kommerziellen Flop in Grenzen halten. Im Video geht es dann auch nicht wirklich um Fußball, sondern um die fast schon philosophische Frage „Was ist typisch deutsch“?

Auch hier soll mittels Selbstironie mit alten Klischees gebrochen und Deutschland irgendwie hip, multikulturell und modern geframt werden. Albern. Dass der Döner heute „deutscher“ als Eisbein mit Sauerkraut ist, wissen wir selbst. Das müssen Adidas und der DFB uns nicht in einem Imagevideo sagen. Wer sich selbst in einem Imagevideo als hip und modern darstellen will, ist weder hip noch modern. Dass das moderne Deutschland wenig mit alten Klischees zu tun hat, sollte eigentlich selbstverständlich sein. Wenn etwas typisch deutsch ist, dann ist es wohl eher die Unfähigkeit zu Ironie und Coolness. Uns fehlt halt das Leichte. Sowohl das rosa Leibchen als auch das peinliche Imagevideo stehen mehr in der Tradition der Pickelhauben und röhrenden Hirsche, als es den verantwortlichen Marketingstrategen lieb sein kann.

Entweder man ist weltoffen und modern oder man stellt sich selbst permanent als weltoffen und modern dar. Beides gleichzeitig macht keinen Sinn. Und dass ausgerechnet die sportlich desolate Nationalmannschaft sich in Selbstironie versucht, lädt ebenfalls zum Fremdschämen ein. „Grau is’ im Leben alle Theorie – aber entscheidend is’ auf’m Platz“, wusste schon Fußballlegende Alfred Preißler.

Aber zurück zur EM. Ein Gutes hat das rosa Leibchen ja. Wir werden es aller Voraussicht nach bei der EM niemals zu Gesicht zu bekommen. Bekanntlich trifft die deutsche Mannschaft in der Vorrunde auf Schottland (blau), Ungarn (rot) und die Schweiz (rot) und wird in allen Spielen ohnehin mit dem weißen Heimtrikot auflaufen dürfen. Und dass das deutsche Team die Vorrunde nicht übersteht, ist ja eine jüngere Tradition, an die sich die DFB-Kicker sicher auch diesmal halten werden. „Viel Lärm um nichts“ könnte man also sagen. Dies wird aber sicher nicht der letzte Grund zum Fremdschämen über das DFB-Team und das Marketing der kommenden EM sein.

Wer will, kann das rosa Leibchen übrigens ab jetzt zum Spottpreis von 160 Euro beim DFB käuflich erwerben. Als Outfit, um „gekonnt“ selbstironisch gegen die AfD zu demonstrieren, taugt es sicher. Aber wer kauft sowas sonst? Man kann für den DFB und Adidas nur hoffen, dass sie nicht zu viele Trikots vorproduziert haben. Früher hätte man das Trikot wohl nach dem Ausscheiden in der Vorrunde als kostenlose Dreingabe beim Kauf einer Kiste Bier der DFB-Sponsoren Bitburger und Krombacher dazugegeben. Das geht nun nicht mehr, da der DFB noch nicht einmal deutschen Brauern mehr als Werbepartner attraktiv genug ist.

Titelbild: DFB

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„Mit Russland habe ich mir das schwerste Land ausgesucht“

15. März 2024 - 10:00

Ulrich Heyden, ein (west-)deutscher Journalist zwischen zwei Kulturen: Nach 30 Jahren journalistischer Erfahrung in Russland – auch in Kriegs- und Krisengebieten – sind seit 2014 seine Kenntnisse des Landes, seine Berichte kaum mehr gefragt. Selbst Freunde in Deutschland sind oft besorgt, dass er sich Russland vermeintlich zu sehr annähere. Die Russlandfeindschaft wird aus seiner Sicht „in ein progressives Mäntelchen gekleidet“. Heyden macht sich wiederum um Deutschland Sorgen. Über seinen Weg nach Russland und seine Erfahrungen mit dem Land hat er ein Buch mit dem Titel „Mein Weg nach Russland“ geschrieben. Im Interview erzählt er über seine innige Beziehung zu Russland und dessen Menschen sowie zur russischen Kultur. Er berichtet von Erfahrungen, die viele Deutsche sich gar nicht vorstellen können, und erklärt, was westliche Medien von Journalisten in Russland erwarten. Wir haben ihn auch nach den deutsch-russischen Beziehungen gefragt und danach, ob Russland zu Europa gehört. Das Interview mit Ulrich Heyden führte Éva Péli.

Éva Péli: Herr Heyden, wie lange leben Sie schon in Russland?

Ulrich Heyden: Ich lebe und arbeite seit 1992 in Russland als freier Journalist. Teilweise hatte ich auch feste Abnehmer, mit der Sächsischen Zeitung 13 Jahre lang sogar einen Vertrag, von 2001 bis 2014.

Wann hat der Weg nach Russland begonnen? Gab es ein Ereignis, einen Anlass, was zu dieser Entscheidung geführt hat?

Der Anlass dafür, dass ich mich physisch nach Russland bewegte, war die Wiedervereinigung Deutschlands und die Auflösung der Sowjetunion. Ich war nicht gegen die Wiedervereinigung, aber ich spürte in Westdeutschland so ein Siegesgefühl. Das war für einen, der immer links aktiv war, sehr suspekt. Als ausgebildeter Historiker hatte ich mich immer für die Sowjetunion interessiert. Als die dann zerfiel oder aufgelöst wurde, hatte ich den großen Wunsch, diesen Prozess journalistisch zu begleiten. Ich bildete mir ein, da könnte etwas Neues entstehen, was die Welt noch nicht kennt – also weder Kapitalismus, wie wir ihn kennen, noch Realsozialismus, den man schon kannte und der gescheitert ist. Heute würde ich sagen, dass ich die Illusion hatte, fairer berichten zu können. Mein Verhältnis zu den Medien war immer sehr kritisch. Ich habe die deutschen Zeitungen gelesen, aber nur wenige davon wirklich geschätzt. Damals herrschte diese Stimmung „Europa kommt zusammen, wir gehen auf Augenhöhe aufeinander zu“. Ich habe gedacht, dass das heißt, dass sich auch die Medien für die Russen interessieren und ohne Vorurteile an sie rangehen.

Waren Sie vorher auch journalistisch tätig?

Ich habe immer geschrieben: Im Internat habe ich für die Schülerzeitung geschrieben, später für die Zeitungen des „Kommunistischen Bundes“, einer 1971 gegründeten Organisation, die sich 1991 auflöste. Etwa 20 Jahre habe ich journalistisch geschrieben, aber ohne Geld, aus Enthusiasmus, aus der Lust, Dinge zu analysieren und auch für eine bessere Welt einzutreten.

Würden Sie die Entscheidung heute noch mal treffen, nach Moskau auszuwandern?

Ich glaube schon. Das hängt von der historischen Situation ab. Die Frage ist: „Warum sollte ich?“ Wenn ich heute in Deutschland leben würde, gäbe es neue Gründe, nach Russland zu gehen, wie zum Beispiel die Russophobie, die in Deutschland herrscht und die nicht auszuhalten ist. Aber ich hatte immer ein Interesse, im Ausland zu leben. Ganz früher wollte ich nach Frankreich gehen. Deutschland ist zwar ein schönes Land, aber das war mir zu wenig. Ich wollte mehr von der Welt sehen. Mit Russland habe ich mir das schwerste Land ausgesucht. Die russischen Sitten, die russische Kultur, die russische Geschichte unterscheiden sich sehr stark von den deutschen – westdeutschen – Lebensgewohnheiten und Einstellungen. Es braucht sehr viel Offenheit und Toleranz, in einem anderen Land die eigene Meinung zu behalten. Man muss nicht alles nachplappern, was die Leute da erzählen. Das finde ich ausgesprochen interessant. Die eigene Erfahrung trägt man in sich, aber man kommt auch in Kontakt mit der neuen Kultur, übernimmt vielleicht einiges davon, schätzt einiges davon. Dieser Prozess zwischen zwei Kulturen, diese Begegnung in meinem Herzen ist sehr schön, sehr bereichernd.

Welche prägnanten Ereignisse haben Sie in diesen 30 Jahren erlebt?

Das Prägnanteste, was mich persönlich berührt hat, war die Armut in Kiew und in Russland 1992. Die alten Frauen, die Babuschki, saßen in der Metro auf den Treppenstufen und haben gebettelt. Kinder haben Autoscheiben geputzt, um ein bisschen Geld zu verdienen. Der Staat brach einfach zusammen, die Menschen waren sich selbst überlassen. Die Betriebe machten zu, und es wurden keine Löhne gezahlt. Der sowjetische Mensch, der es gewohnt war, dass der Staat alles für ihn regelt, wurde ohne Vorwarnung sich selbst überlassen. Das hat zu schrecklichen Tragödien geführt, Frauen, Kinder, Rentner blieben sozial ungeschützt. Für viele Deutsche ist das unvorstellbar, was Armut tatsächlich bedeutet.

Prägnant waren auch die Kriege, die ich als Reporter erlebt habe, vor allem der Tschetschenienkrieg, wo ich sehr oft war. In meinem tiefsten Innern habe ich gehofft, dass ich durch meine Berichte dazu beitragen kann, zwischen den Tschetschenen und den Russen zu vermitteln. Auch im Donbass war ich ab 2014 sehr oft, das waren eigentlich die stärksten Eindrücke. Da ging es um Leben und Tod.

Mir war immer wichtig, dass ich nicht einseitig bin und mit meinen Berichten ein Gesamtbild gebe. Im Frühjahr 2022, wenige Monate nach der russischen Invasion in die Ukraine, habe ich ein Buch herausgegeben. Darin habe ich meine Reportagen, die ich von 2014 bis 2021 in den Volksrepubliken Donezk und Lugansk geschrieben habe, zusammengefasst und mit neuen Texten ergänzt. Meines Wissens ist es bis heute das einzige Buch in deutscher Sprache über den Teil des Donbass, der sich gegen Kiew erhob. Das Buch enthält Augenzeugenberichte, Reportagen und Analysen und ist nach journalistischen Kriterien verfasst. Es werden verschiedene Positionen dargestellt.

Die Journalisten der großen deutschen Medien haben den Donbass seit 2014 nicht mehr besucht. Die Volksrepubliken Donezk und Lugansk wurden zum weißen Fleck, von außen unvorstellbar und unfassbar. Die westlichen Medien haben sich immer gerühmt, dass sie ihre Journalisten überall hinschicken, wo Kriege sind. Aber auf die andere Seite des Krieges im Donbass wurde niemand hingeschickt.

War es in früheren Kriegen anders? Gab es da westliche Journalisten?

Ja, der Tschetschenienkrieg war ein Medienhype sondergleichen. Wenn du damals mit dem Flugzeug von Moskau nach Grosny geflogen bist, waren da unter den Passagieren bestimmt immer zehn westliche Journalisten von den großen deutschen Fernsehkanälen – wie dem ZDF –, privaten Fernsehkanälen und natürlich von den US-amerikanischen und französischen Kanälen.

Vor allen Dingen im ersten Tschetschenienkrieg von 1994 bis 1996 gab es in Deutschland den Gedanken, dass Russland zerfällt und sich auch noch andere russische Regionen unabhängig machen. Offen wurde das natürlich nicht gesagt. Aber das war so schon zu spüren durch die Intensität, mit der über Tschetschenien berichtet wurde. Die Namen der tschetschenischen Feldkommandeure und auch der Politiker waren den deutschen Medien-Konsumenten damals geläufig, wie etwa der Name des Separatisten Aslan Maschadow. Er wurde 1996 zum Präsidenten von Tschetschenien gewählt. Einfache Orte in einer kleinen Kaukasusrepublik waren plötzlich international bekannt. Heute denke ich, die wollten diesen Tschetschenienkrieg von außen auch puschen – wie sie eben den Maidan gepuscht haben.

Es gab schon Gründe für die nationale Unabhängigkeit für Tschetschenien, wie die Unterdrückung der tschetschenischen Kultur und des Islam während der Sowjetzeit. Das kann ich teilweise nachvollziehen. Aber der Westen hat sich da eingemischt, indem er die tschetschenische Unabhängigkeitsbewegung hochgejubelt hat. Die westlichen Medien verschwiegen auch, dass ab 1998 Islamisten in Tschetschenien eine Schlüsselrolle spielten. Am Anfang war das nur Separatismus und noch nicht so stark religiös unterfüttert. Der tschetschenische Separatismus wurde dann immer mehr auch von Wahhabiten aus arabischen Ländern finanziert und infiltriert. Wenn aus der Russischen Föderation ein Stück herausgebrochen worden wäre, hätte das eine Kettenreaktion in Gang setzen können. Ich war schon damals dagegen. Ich habe mir gewünscht, dass die Tschetschenen vielleicht Autonomie bekommen, aber herausbrechen, das schien mir völlig unsinnig.

Stichwort Medien: Eine ganze Reihe deutscher Medien, für die Sie gearbeitet haben, nehmen Ihre Erfahrungen nicht mehr in Anspruch. Was ist da geschehen?

Es ging 2013 los, als ich über den Maidan relativ nüchtern, ohne Euphorie berichtete und so am Rande erwähnte, dass da auch Nationalisten mitmischen. Ich betone, ich war nicht gegen den „Maidan“. Das ist ja eine reale Bewegung gewesen. Die nationalistische Gewalt und die Verfolgung von Andersdenkenden war da am Anfang – also im November, Dezember 2013 – erst in Ansätzen zu spüren. Der Nationalismus wurde dann aber schnell immer stärker.

Selbst Freunde in Deutschland waren oft besorgt, dass ich mich zu sehr Russland annähere. Warum eigentlich? Sie erwarteten, dass ich mehr im Sinne der großen deutschen Medien berichte. Mir fiel es aber immer schwerer, die Erwartungen meiner deutschen Redaktionen zu erfüllen. Die Medien wollten die ganzen 30 Jahre, die ich aus Russland berichtet habe, dass ich das Bild des Westens bestätige. Demnach ist der Westen der Sowjetunion beziehungsweise Russland und den osteuropäischen Ländern überlegen: Nicht nur technologisch, sondern auch auf allen anderen Ebenen hat der Westen angeblich mehr Erfahrungen, mehr Fähigkeiten und mehr Kenntnisse. Das sollte immer wieder bestätigt werden.

Wie kann man sich das vorstellen?

Der Journalist wird losgeschickt und soll über die Probleme vor Ort berichten. Aber die Chefredaktionen sind meist nicht am Kontext bestimmter Probleme in Russland interessiert. Wenn ich zum Beispiel darüber berichte, dass in Russland in den 90er-Jahren massenweise Flugzeuge abgestürzt sind. Da drängt sich die Frage auf, soll man jetzt nur über einen Flugzeugabsturz berichten oder diesen Absturz in einen größeren Zusammenhang stellen? Haben die Flugzeugabstürze nicht auch damit etwas zu tun, dass ein Staat zerfallen ist? Hat es nicht auch damit was zu tun, dass alle ehemaligen Sowjetrepubliken den Warenverkauf auf einmal nur noch über Dollar abrechnen wollten? In der Sowjetunion und den osteuropäischen Staaten waren alle Fabriken über den Rat der gegenseitigen Wirtschaftshilfe (RGW) technologisch verbunden. Dadurch, dass nun nicht mehr der Rubel, sondern der Dollar das Zahlungsmittel wurde, wurden Produktionsketten zerschlagen. Russland wurde sozusagen das Blut aus den Adern genommen, und das Land stand kurz vor dem Zusammenbruch.

Aber das Wichtigste war damals, dass die Sowjetunion aufgelöst werden sollte. Das wünschten sich russische Liberale, die sehr mit den US-amerikanischen Monetaristen sympathisierten. Das war auch der Wunsch von bestimmten politischen Kräften im Westen, denen Russland zu stark war. Wir Journalisten wurden dann vor Ort darauf angesetzt, das soziale Elend auf den Straßen zu zeigen und den Schmutz, weil nichts mehr gesäubert wurde. Aber das war ja alles eine Folge von staatlicher Zerrüttung. Wenn ich aber diesen Zusammenhang nannte, setzte ich mich der Gefahr aus, dass ich der Sowjetunion – nach westlichem Sprachgebrauch einem reaktionären, diktatorischen Staatswesen – nachtrauere. Unterschwellig berichteten die großen deutschen Medien in den 1990er-Jahren in einer Tonlage, dass Russland nun mal Opfer bringen müsse. Anders sei ein demokratischer Staat mit Privateigentum und Marktwirtschaft nicht zu haben.

Wie schätzen Sie als Deutscher, der seit 30 Jahren in Russland lebt, die deutsch-russischen Beziehungen heute ein? Die offiziellen und die gesellschaftlichen.

Ich glaube, dass die deutsch-russischen Beziehungen auf einer menschlichen Ebene immer noch existieren. Viele Menschen spüren einfach, dass sie zusammen an einem Strang ziehen müssen. Viele Menschen, vor allem in Ostdeutschland, können sich aus meiner Sicht in die Lage der Russen viel eher hineinversetzen und verstehen, dass Russland sich von der NATO bedroht fühlt. Es gibt bestimmt viele Millionen Deutsche, die in ihrem Herzen noch eine gewisse Achtung vor Russland und keine Verachtung hegen.

Aber die auf der offiziellen Ebene und auch wahrscheinlich ein Großteil der deutschen Bevölkerung haben sich der Russophobie unterworfen, die von den großen Medien gepredigt wird. Sie bekommen keine anderen Informationen, haben vielleicht sogar Angst, alle Informationen zu bekommen, indem sie mal kritische alternative oder russische Webseiten aufsuchen. Es ist auch so ein Herdentrieb. Das, was ich hier in Deutschland von Menschen höre, das ist einfach erschreckend. Das Erschreckendste ist, dass die Russlandfeindschaft in ein progressives Mäntelchen gekleidet wird. Es heißt, wir sind die Progressiven, wir haben sexuelle Vielfalt, wir haben Fahrradwege, wir ernähren uns vegan, wir haben 15 verschiedene Geschlechter. Aber warum sollen das andere Länder alles unbedingt nachvollziehen? Warum wollen wir allen anderen Ländern diese Messlatte aufzwingen? Dann wird man am Ende ganz allein dastehen und sich wundern, dass das Ausland Deutschland verachtet. Kein Volk in Asien und Afrika wird auf die Dauer so einen Quatsch mitmachen. Also vielleicht nur noch bestimmte US-Amerikaner und Engländer, aber das war es dann.

Ist die Verschlechterung der Beziehungen nur auf deutscher Seite zu spüren? Ist Deutschland dafür verantwortlich?

Auf jeden Fall. Russland hat sich sehr viel von der NATO und vom Westen bieten lassen. Russland hat es immerhin zugelassen, dass die NATO 16 neue Mitglieder aufgenommen hat und damit immer näher an Russland herangerückt ist. 2001 wurde der erste Rüstungskontrollvertrag von den USA gekündigt, der ABM-Vertrag. Zugegeben, in den letzten zwei Jahren hat die russische Rhetorik sehr an Fahrt zugenommen. Aber das ist ja auch wiederum logisch, dass Russland als Staat sich nicht alles gefallen lässt. Es will nicht schweigend hinnehmen, wie Söldner aus Frankreich, Polen und England in der Ukraine direkt vor der russischen Grenze kämpfen. Russland würde ich absolut freisprechen von dem Vorwurf, Russland verschärfe die Lage. Putin sagt doch in seinen Reden immer wieder, Moskau sei zu Verhandlungen bereit. Ihn als Kriegseinpeitscher zu dämonisieren, ist lächerlich. Das können nur diejenigen tun, die Putins Reden nicht kennen oder sie verschweigen.

Wie gehen Sie damit um, dass Sie als „Russlandversteher“ anscheinend gemieden werden, so wie andere? Was halten Sie überhaupt von diesem Begriff?

In Handelsbeziehungen, in der Diplomatie müssen wir einfach wissen, mit wem wir es zu tun haben, was für Sitten in anderen Ländern herrschen. Von daher ist dieses Wort „Russlandversteher“ für mich absolut positiv. Aber es wird nur im negativen Kontext benutzt. Es wird unterstellt, wer Russland versteht, akzeptiert schon alles, was in Russland passiert. Wer nicht zu verstehen in der Lage ist, sollte auch keinen Staat lenken und sollte keine Politik machen – sollte vor allem nicht Außenministerin werden oder Außenminister. Jede leitende Tätigkeit hängt eben mit Analyse, auch mit Verstehen zusammen. In jeder Familie ist auch Verstehen wichtig. Es ist bedrückend, dass Deutschland, das zwei Weltkriege mit Russland angefangen hat, der letzte mit 27 Millionen toten Sowjetbürgern, das Wort „Russlandversteher“ ausschließlich im negativen Kontext benutzt. Das zeigt, dass Deutschland eigentlich bis heute nicht die Chance genutzt hat, aus einer Niederlage im Krieg gegen die Sowjetunion zu lernen und zu erklären: „Wir wollen nie wieder mit Russland Krieg führen.“ Das heißt nicht, dass man Russland unkritisch sehen soll.

Die Leute, die heute Waffenlieferungen in die Ukraine unterstützen, die wollen offenbar riskieren, dass es wieder Millionen Tote gibt. Das ist einfach eine schreckliche Vorstellung. Selbst die Väter und Großväter dieser Leute, die uns Deutschen die Waffenlieferungen an die Ukraine als notwendigen Schritt einreden, sind im Krieg gestorben oder wurden schwer verletzt. Das heißt, diese Leute sind offenbar der Meinung, dass Krieg etwas Normales ist. Aber sie stellen sich dar als Friedensbringer. Die maskieren sich einfach.

Welche Chancen sehen Sie, dass sich die deutsch-russischen Beziehungen eines Tages wieder verbessern? Was müsste dafür geschehen?

Dafür müsste viel geschehen. In Deutschland müsste es sehr große Friedensdemonstrationen geben. Es müsste einen Ruck durch die Gesellschaft geben. Menschen müssten sich einen Ruck geben – aus Angst vor Krieg, aus logischem Nachdenken, aus Achtung vor unserer deutschen Geschichte – und sagen, so geht es nicht weiter. Wir brauchen auch Menschen aus der Elite, die sich öffentlich hinstellen und zugeben: „Wir haben Fehler gemacht, so geht es nicht weiter.“ Wir müssen Deutschland letzten Endes retten, weil auch die deutsche Industrie zerstört werden kann. Sie ist jetzt schon geschrumpft, ohne dass in Deutschland Krieg herrscht. Aber dazu braucht es Mut, gegen den Strom zu schwimmen und gegen das Diktat der Medien aufzustehen. Diesen Mut gibt es bisher leider nur in Ansätzen. Ich hoffe, dass die große Masse der Deutschen nicht erst dann aufwacht, wenn es schon zu spät ist – dann, wenn die Kriegsdynamik bis nach Europa reicht und vielleicht die ganze Welt zerstört.

Es ist offensichtlich, dass die Medien und die Politik heute in Deutschland sehr professionell arbeiten. Wie kann es sein, dass es zum Beispiel nach der russischen Invasion Friedensdemonstrationen gab, auf denen nur ukrainische Flaggen gezeigt wurden? Wie kann es sein, dass sich diese reaktionäre und gegen den Frieden gerichtete Politik mit Jugendlichen schmückt, die auf die Straße gehen und andere angreifen, weil sie angeblich Russland unterstützen? Das heißt, dieser rebellische Impetus, der bei der Jugend immer da ist, der sich früher, als ich noch jung war, gegen die NATO, gegen den US-Imperialismus, gegen den Vietnamkrieg, gegen reaktionäre Strukturen richtete, ist jetzt umgedreht worden. Diese Form der Dissidenz wird jetzt benutzt, um die eigenen reaktionären Interessen gegen Russland und andere Länder durchzusetzen. Mit revolutionären Worten wird also eine reaktionäre Politik gemacht. Es ist schrecklich, das mit anzusehen.

Wie sehen Sie die die geopolitische Situation Russlands? Ist der Weg Richtung Europa versperrt?

Das ist eine wichtige Frage. Die Tatsache, dass die westlichen Staaten, auch die NATO, die Ukraine unterstützen, zwingt Russland dazu, sich auch ideologisch neu zu orientieren. Obwohl ich es mir ehrlich gesagt gar nicht vorstellen kann. Russland, die russische Kultur, die Musik, die Mode, die Business-Kultur, alles ist mit Europa verbunden. Die Zaren waren teilweise deutscher Herkunft. Es gab deutsche Kaufleute, deutsche Siedler in Russland, in Sankt Petersburg. Das hinterlässt Spuren überall. Selbst in der russischen Sprache finden Sie massenweise deutsche Wörter, vor allen Dingen in militärischen Bereichen, aber auch in der Schifffahrt, dem Buchdruck und vielen anderen Bereichen.

Dass diese Trennung von Europa im Grunde nicht funktioniert, das ist auch daran zu sehen, dass russisches Flüssiggas über Drittländer nach Deutschland kommt. Russland hat jetzt neue Freunde in den Staaten des Globalen Südens und engagiert sich dort sogar militärisch. Es hilft afrikanischen Staaten, von westlichen Staaten unabhängiger zu werden. Aber die Loslösung von Europa und vom Westen scheint mir doch nicht möglich. Wir leben doch in einer medialen Welt. Die Russen nutzen Google, sie nutzen YouTube. Es ist nicht abgeschaltet bisher. Zwei, drei Generationen von Russen sind aufgewachsen mit Hollywoodfilmen. Sie kennen amerikanische Schauspieler und die Trends in der Mode besser als ich. Diese Welttrends sind so stark, die lassen sich nicht einfach abschneiden, selbst wenn es aus russischer Sicht nützlich wäre, jetzt auf die chinesische Freundschaft zu setzen. Aber China und die afrikanischen Staaten sind doch Russland sehr unähnlich in ihrer Kultur.

Vergessen wir nicht, dass das russische Management die Unternehmen in den letzten 30 Jahren nach US-amerikanischen und deutschen Methoden aufgebaut und sein Marketing entwickelt hat. Das ist alles Handschrift des Westens. Die russische Verfassung von 1993 wurde unter Mitwirkung von deutschen Verfassungsrechtlern geschrieben. Ich denke, die Trennung von Europa oder vom Westen ist nicht möglich.

Ulrich Heyden: „Mein Weg nach Russland“, Verlag Promedia 2024, 272 Seiten, ISBN: 978-3-85371-528-4, 25 Euro.

Titelbild: Ulrich Heyden

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Regierungssprecher: Kanzler überzeugt, dass Israel sich weiterhin in Gaza an das Völkerrecht hält

15. März 2024 - 9:00

Laut aktuellen UN-Angaben hat die israelische Armee seit Beginn ihrer Militäroperation in Gaza vor 158 Tagen (Stand 13. März) mindestens 13.000 Kinder und 9.000 Frauen getötet. Die Gesamtzahl der Toten wird mit 31.000 angegeben. Die Lieferung von lebensnotwendigen humanitären Gütern auf dem Landweg wird selbst mutmaßlich engen Partnern wie den USA und Deutschland verweigert. Laut Angaben von UN-OCHA sind bereits zwei Dutzend palästinensische Kinder den Hungertod gestorben. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, ob der Kanzler nach wie vor zu seiner öffentlichen Einschätzung steht, dass Israel sich in Gaza vollumfänglich an das Völkerrecht halte. Der Regierungssprecher bejahte dies wider allen Fakten vor Ort. Von Florian Warweg.

Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz zum Themenpunkt Gaza

Warweg
Herr Hebestreit, neben den USA ist jetzt auch Deutschland gezwungen, als mutmaßlich enger Partner Israels den Palästinensern humanitäre Hilfe via Luftabwurf zukommen zu lassen. Da würde mich generell interessieren – es wäre nett, wenn Sie mich auch ansehen -: Steht Kanzler Scholz immer noch zu seiner Aussage von Ende Oktober 2023, er hege keinerlei Zweifel daran, dass Israel sich bei seinem militärischen Vorgehen im Gazastreifen vollumfänglich an das Völkerrecht hält?

Regierungssprecher Hebestreit
Ich habe Sie nicht angesehen, weil ich sehr genau zugehört habe, damit mir keine von all den Unterstellungen, die Sie in Ihre Fragen zu packen versuchen, entgeht.

Die Bundesrepublik Deutschland steht eng an der Seite Israels. Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson, und da gibt es auch keine Veränderung der Haltung. Sie haben auch mitbekommen, dass wir von dieser Stelle und verschiedentlich auch von anderen Stellen aus – auch der Bundeskanzler – an die israelische Regierung appelliert haben, die humanitäre Situation in Gaza deutlich zu verbessern. Er hat auch dazu aufgerufen, dass es keine Bodenoffensive auf Rafah geben soll. Er hat auch den Zugang humanitärer Hilfe über verschiedene Grenzübergänge angemahnt und das nicht nur öffentlich, sondern auch in den Gesprächen mit unseren israelischen Gesprächspartnern immer wieder deutlich gemacht. Wir sehen, dass die Situation in Gaza immer schlimmer wird, und haben uns jetzt entschieden, mit unseren Freundinnen und Freunden, auch mit der jordanischen Regierung zusammen zu diesem bestenfalls zweitbesten Mittel zu greifen, weil solche Hilfslieferungen, ob sie nun über den Seeweg oder über die Luft erfolgen, weder zielgerichtet sind, noch die Betroffenen in dem Maße erreichen können. Deswegen bleibt es bei unserem Plädoyer und unserer Aufforderung, dass Israel es ermöglicht, dass mehr substanzielle humanitäre Hilfe nach Gaza kommt. Gleichzeitig bleibt unser Aufruf an die Hamas, die noch mehr als 100 verbliebenen Geiseln, die dort seit über fünf Monaten in Geiselhaft genommen sind, endlich freizugeben, um damit auch den Weg für eine Waffenpause freizumachen, die dringend benötigt wird.

Zusatzfrage Warweg
Meine Frage war allerdings, ob angesichts der Ereignisse der letzten Wochen und Monate – wir sind mittlerweile bei 13.000 getöteten Kindern, 9.000 getöteten Frauen, 125 getöteten Journalisten, die eigentlich auch einem besonderen völkerrechtlichen Schutz unterliegen, und zwei Dutzend Kindern, die ebenfalls laut UN-Angaben mittlerweile einen Hungertod gestorben sind – der Kanzler weiterhin bei seiner Einschätzung bleibt, dass sich Israel bei seinem Vorgehen im Gazastreifen vollumfänglich an das Völkerrecht hält. Ihre Antwort diesbezüglich hat sich mir noch nicht vollumfänglich erschlossen.

Hebestreit
Der Kanzler hat gesagt, er sei überzeugt, dass sich Israel an das Völkerrecht hält, und daraus gibt es keine veränderte Position.

Tilo Jung
Herr Fischer, können Sie etwas zu den deutschen Geiseln der Hamas in Gaza sagen? Wie viele sind es? Nach meinem Stand sind es 16. Können Sie das bestätigen?

Fischer (AA)
Bei den von der Hamas nach Gaza verschleppten Deutschen gehen wir von einer in der Tat niedrigen zweistelligen Zahl von deutschen Staatsangehörigen aus, die immer noch in den Händen der Hamas sind. Deshalb unterstützen wir auch die Gespräche über eine Waffenpause, darüber, dass mehr humanitäre Hilfe nach Gaza kommt und dass vor allen Dingen die Geiseln endlich freikommen, die in den letzten Monaten auch in den Kellern der Hamas Unerträgliches durchgemacht haben.

Zusatzfrage Jung
Können Sie die Zahl 16, die ich genannt habe, bestätigen oder dementieren? Wie viele von den deutschen Geiseln sind seit dem 7. Oktober eingebürgert worden?

Fischer (AA)
Das eine ist: Ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe: eine niedrige zweistellige Zahl.

Was die Fragen von Einbürgerungen und anderen Dingen angeht, würde ich darauf verweisen, dass das Dinge sind, die die Personen selbst betreffen und über die diese, wenn sie es denn können, bzw. ihre Familien selbst Auskunft geben müssten.

Frage (ARD-Hauptstadtstudio)
Wir wollten fragen, ob Sie es so sehen, dass es für den Einsatz, für den Boris Pistorius jetzt anscheinend grünes Licht gegeben hat, einen Parlamentsvorbehalt gibt, dass er also einer Mandatierung durch den Bundestag bedarf.

Noch einmal die völkerrechtliche Frage – es ging schon ein bisschen in die Richtung -: Wird durch die Bundesregierung die völkerrechtliche Verpflichtung anerkannt, dass Israel eigentlich die Zivilisten, die Menschen im Gazastreifen versorgen müsste? Gibt es andere Möglichkeiten, um auf die Regierung einzuwirken, sich dieser Verpflichtung auch anzunehmen?

Collatz (BMVg)
Dann fange ich einmal mit der Mandatierung an. Gern nehme ich die Frage auf und weise noch einmal auf die eindeutigen Bestimmungen dazu hin. Das Parlament ist dann gefragt, wenn die Bundeswehr einen Auftrag erhält, der im Eventualfall nur mit Waffengewalt durchzusetzen ist. Dafür ist dann auf jeden Fall ein Mandat des Bundestages erforderlich. Das ist hier nicht der Fall. Es handelt sich um einen humanitären Hilfsfall, sozusagen in Amtshilfe auch auf Anfrage des Auswärtigen Amtes in Absprache mit unseren Partnern. Wir informieren dann natürlich das Parlament, aber eine Zustimmung ist dafür nicht erforderlich.

Es gibt noch einen Sonderfall. Dazu habe ich mich auch erkundigt. Auch dann, wenn man bestimmte Mindestflughöhen über einem fremden Staatsgebiet unterschreitet, ist eine Zustimmung des Bundestags erforderlich. Aber das ist in diesem Fall nicht so. Wir halten alle Bestimmungen ein. Deswegen ist das nicht mitbestimmungspflichtig für das Parlament.

Hebestreit
Ich habe an dieser Stelle auch schon mehrfach auf unsere Mahnung an Israel verwiesen, sich an das humanitäre Völkerrecht zu halten. Darin sind alle Aspekte eingeschlossen, die es dazu zu beachten gilt.

Zusatzfrage
Heißt das, dass nicht mit anderen Mitteln eingewirkt wird, sondern es bei dieser verbalen Ermahnung bleibt?

Hebestreit
Nicht nur von dieser Stelle, wir sprechen auch direkt mit unseren israelischen Freundinnen und Freunden. Die Außenministerin war mindestens viermal, vielleicht auch schon häufiger in der Region und hat dort vor Ort gesprochen. Der Bundeskanzler steht im regelmäßigen Kontakt mit dem israelischen Ministerpräsidenten, mit anderen Teilen des Kriegskabinetts und auch mit dem israelischen Präsidenten. Das sind alle unsere Gesprächspartner, mit denen wir das auch bereden.

Fischer (AA)
Wenn ich ergänzen darf: Die Außenministerin war, glaube ich, seit dem 7. Oktober mittlerweile fünf Mal in Israel.

Zu Ihrer Frage: Israel darf die Lieferung von humanitärer Hilfe in Gaza nicht willkürlich behindern, sondern ist im Rahmen des Völkerrechts tatsächlich dazu verpflichtet, die Versorgung der Zivilbevölkerung zu ermöglichen. Das ist das, was wir hier von dieser Stelle aus auch schon häufig gesagt haben, was die Außenministerin eingefordert und auch sehr klargemacht hat, dass die israelische Armee nach dem Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung in weiten Teilen des Gazastreifens sicherstellen muss, dass die Verteilung von humanitärer Hilfe gelingen kann. Wir haben Israel mehrfach von dieser Stelle aus, aber auch die Außenministerin in ihrer Pressekonferenz, aber natürlich auch in ihren Gesprächen – – Sie war ja zuletzt vor etwas über zwei Wochen in Israel und hat dort unter anderem mit dem israelischen Ministerpräsidenten und dem Außenminister gesprochen und noch einmal deutlich gemacht, wie wichtig es ist, dass Israel mehr humanitäre Hilfe zulässt und es ein funktionierendes System zur Koordinierung der humanitären Hilfe und auch der Sicherheit der humanitären Helfer vor Ort gibt. Daran arbeiten wir weiter.

Frage
Ich habe zwei Fragen zu Gaza. Herr Fischer, der EU-Außenbeauftragte hat Israel beschuldigt, den Hunger als eine Waffe gegen die palästinensische Zivilbevölkerung einzusetzen.

Die zweite Frage: Sie haben die Hilfsleistungen angesprochen. Wird es auch weiterhin Waffenlieferungen an Israel geben? Auf der einen Seite versucht Deutschland, das Leben der Palästinenser zu retten, aber auf der anderen Seite werden deutsche Waffen eingesetzt, um Palästinenser zu töten. Wie erklären Sie diesen zynischen Widerspruch?

Fischer (AA)
Wir nehmen die Äußerungen des Hohen Vertreters zur Kenntnis. Klar ist: Hunger darf niemals als Waffe eingesetzt werden. Sie kennen unsere Forderungen, die wir immer wieder erheben, dass mehr humanitäre Hilfe nach Gaza hineinkommen muss. Dabei bleiben wir, und das sehen wir so. Wir haben – das habe ich vorhin schon erwähnt – Israel aufgefordert, mehr zu tun, um eine sichere Versorgung der Zivilbevölkerung in Gaza zu ermöglichen, insbesondere mehr Grenzübergänge zu öffnen und die strikten Kontrollen und Vorgänge auf das Nötigste zu beschränken.

Wir sind ja mit einer Situation konfrontiert, in der immer noch zu wenige Hilfsgüter nach Gaza hineinkommen. Wir als internationale Gemeinschaft gehen davon aus, dass ungefähr 500 Lastwagenladungen pro Tag notwendig sind. Diese Menge erreichen wir derzeit bei Weitem nicht. Auch Israel hat es in der Hand, durch die Öffnung neuer Grenzübergänge und durch schnellere Kontrollen der Güter, die hineinkommen, mehr humanitäre Hilfe hineinzulassen. In der Tat hat es jetzt erstmals ein Pilotprojekt, wie Israel es nennt, gegeben, um gestern Hilfe nach Nordgaza zu bringen. Das war sicherlich ein wichtiger Schritt. Wir hoffen sehr, dass auch diese neue Route jetzt intensiver und häufiger genutzt wird. Denn es ist so, wie Steffen Hebestreit es gerade ausgeführt hat, dass das, was wir über den Seekorridor oder über den Abwurf von Hilfsgütern, woran wir uns schon länger beteiligen – das Auswärtige Amt hat zum Beispiel Abwürfe des World Food Programme finanziert und unterstützt die jordanische Luftwaffe bei ihren Abwürfen -, aufzubauen versuchen, am Ende nur die zweitbeste Lösung ist oder, wie ich in der vorigen Regierungspressekonferenz gesagt habe, letztlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Zusatzfrage
Herr Fischer, der Vorwurf ist sehr erheblich. Das wäre ein Kriegsverbrechen. Noch einmal meine Frage: Stimmen Sie Herrn Borrells Äußerungen zu?

Fischer (AA)
Ich habe mich dazu gerade schon geäußert.

Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten

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15. März 2024 - 8:35

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  1. Macron: Bodentruppen in der Ukraine möglich
  2. So funktionieren am Wochenende die Wahlen in Russland
  3. ZDF blamiert sich mit Video zur Nordstream-Sabotage bis auf die Knochen
  4. Der Putsch auf dem Maidan ist keine Verschwörungsphantasie
  5. Warum die Enteignung russischer Vermögen zur globalen Finanzkrise werden könnte
  6. Weniger Rente und Bürgergeld dafür mehr Waffen: Lindner macht Gleichung eines Kleinkindes auf
  7. Ein Gesetz wie Hohn für junge Forschende: So wird das nichts mit fairer Arbeit an den Unis
  8. Ausbildungsmarkt: Berufsorientierung kommt zu kurz
  9. 280 Prozent mehr Streiks: Deutschland jammert, in den USA wird gekämpft
  10. Inflationsrate steigt auf mehr als 270 Prozent
  11. Sudan – der nächste zerstörte afrikanische Staat
  12. Otfried Preußler und die Preußen in Bayern
  13. Krankenhäuser wollen kräftige Finanzspritze von Lauterbach
  14. Corona-Pandemie und die Warenhäuser: Warum wir eine gründliche Aufarbeitung brauchen
  15. Zu guter Letzt: Geballte Frauenpower in der deutschen Politik – Küppersbusch TV

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Macron: Bodentruppen in der Ukraine möglich
    Der französische Präsident Emmanuel Macron hat erneut bekräftigt, dass er ein Entsenden westlicher Bodentruppen in die Ukraine zur Abwendung eines russischen Siegs nicht ausschließt. “Alle diese Optionen sind möglich”, sagte Macron am Donnerstagabend den Fernsehsendern TF1 und France 2. “Um den Frieden in der Ukraine zu erreichen, darf man nicht schwach sein.” Gleichzeitig betonte er aber auch, dass das unter den derzeitigen Bedingungen nicht erforderlich sei.
    Quelle: ZDF

    dazu: Olaf Scholz empfängt Emmanuel Macron und Donald Tusk zum Krisentreffen
    Die letzte Begegnung des Kanzlers mit dem französischen Präsidenten endete im Eklat. Nun treffen sie sich wieder – und Macron bekräftigt vorab umstrittene Äußerungen.
    Quelle: Zeit Online

    dazu auch: Waffen-Streit zwischen Scholz und Macron: Was liefert Frankreich überhaupt an die Ukraine?
    Heute kommt es in Berlin zum Spitzentreffen des Weimarer Dreiecks. Der Waffen-Streit zwischen Deutschen und Franzosen überschattet derweil die Gespräche.
    Quelle: Berliner Zeitung

  2. So funktionieren am Wochenende die Wahlen in Russland
    Während der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj die Wahlen, die jetzt im März 2024 hätten stattfinden sollen, des Krieges wegen einfach abgesagt hat, das Risiko einer schwachen Stimmbeteiligung und eines für ihn nicht besonders guten Resultates also gar nicht erst eingehen wollte, lässt sich der russische Staatspräsident Wladimir Putin einmal mehr ordentlich wählen. Die große Mehrheit der Bevölkerung ist auch mit seiner Politik gegenüber der Ukraine einverstanden, denn die Provokationen insbesondere der USA, Großbritanniens und der NATO sind in Russland Ende 2021 und Anfang 2022 verstanden worden.
    Quelle: Globalbridge

    dazu auch: Präsidentenwahl in Russland: “Die am stärksten manipulierte Wahl seit 30 Jahren”
    Ein Präsident ohne Programm, blasse Gegenkandidaten, dubiose Abstimmungsbedingungen: Das Ergebnis der Wahl in Russland werde in jeder Hinsicht manipuliert sein, sagt die Russland-Expertin Sabine Fischer. Was aber geschieht danach?
    Quelle: tagesschau

    Anmerkung Albrecht Müller: An diesem Interview wird sichtbar, wie hierzulande mit Fragen manipuliert wird, mit der Auswahl der interviewten Personen sowieso – Stiftung Wissenschaft und Politik, ein westlicher Lobbyhaufen.

  3. ZDF blamiert sich mit Video zur Nordstream-Sabotage bis auf die Knochen
    Das ZDF hat ein 18-minütiges Video gedreht, das wie Satire aussieht, aber ernst gemeint ist. Es geht darum, das junge Publikum zu überzeugen, dass es entgegen allem Anschein und aller Plausibilität wohl die Russen waren, nicht die USA oder ihre Verbündeten, die die Gasleitung Nordstream in die Luft gesprengt haben.
    Der ZDFHeute Backgroundcheck von Nils Metzger, dem Pendant zum bei der ARD für dummdreiste Nato-Propaganda zuständigen Faktenerfinder Pascal Siggelkow, hatte am Morgen des 14.3., zwei Tage nach Veröffentlichung, allein auf Youtube schon 300.000 Aufrufe und 5.000 Kommentare. Fast alle Kommentare sind kritisch bis höhnisch, aus gutem Grund.
    Quelle: Norbert Häring
  4. Der Putsch auf dem Maidan ist keine Verschwörungsphantasie
    Medien sollten alle Seiten hinterfragen – auch den Mythos der «friedlichen Revolution». Der Krieg wird damit nicht gerechtfertigt.
    Manche halten es für ausgeschlossen, dass US-Geheimdienste im Jahr 2014 am Putsch gegen den Präsidenten Janukowitsch beteiligt waren. Nachher wurde die Ukraine mit Hilfe der Nato aufgerüstet und die Absicht erklärt, die Ukraine in die Nato aufzunehmen. Doch dass dies für Putin Gründe waren, in die Ukraine einzumarschieren und sich den Donbas und die Krim zu sichern, halten manche für ausgeschlossen. Sie können auf die Lektüre dieses Beitrags verzichten.
    Quelle: Infosperber
  5. Warum die Enteignung russischer Vermögen zur globalen Finanzkrise werden könnte
    In der Frage der eingefrorenen russischen Vermögen spielt die EU mit dem Feuer. Warum mit einer Enteignung das globale Finanzsystem Schaden nehmen könnte.
    Noch immer sind russische Vermögenswerte in der Europäischen Union eingefroren, und noch immer gibt es keine Einigung darüber, was mit diesen Geldern geschehen soll. Führende Politiker in Deutschland, den USA und der EU liebäugeln mit der Idee, sie der Ukraine zu übergeben.
    Aus moralischen Gründen wähnt man sich im Recht. Schließlich wurde die Ukraine völkerrechtswidrig angegriffen und muss wieder aufgebaut werden. Doch diese Idee krankt an der Realität und den verheerenden Folgen, die sie hätte.
    Quelle: Telepolis
  6. Weniger Rente und Bürgergeld dafür mehr Waffen: Lindner macht Gleichung eines Kleinkindes auf
    Sobald es Lücken im Staatshaushalt oder Konjunktureinbrüche gibt, werden reflexartig Kürzungen im Sozialbudget gefordert. Jetzt hat Christian Lindner bei Maybrit Illner im ZDF angekündigt, die Unterstützung der Ukraine mit Einschränkungen von Sozialleistungen finanzieren zu wollen. Im Klartext heißt das, dass weitere Waffenlieferungen auf Kosten von Rentnern, Pflegebedürftigen und Bürgergeldempfängern gehen sollen. Damit leitet der Finanzminister Wasser auf die Mühlen der AfD.
    Quelle: FR Online
  7. Ein Gesetz wie Hohn für junge Forschende: So wird das nichts mit fairer Arbeit an den Unis
    Warum sollten sich gut ausgebildete Menschen in der Wissenschaft engagieren? Die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes wird keinen Anreiz dafür geben: Ein Versagen der Bundesregierung.
    Wie fair sind künftig die Arbeitsbedingungen für junge Forschende? Die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, das bei der Frage entscheidend ist, hat lange gedauert. Wer allerdings denkt, was lange währt, wird endlich gut, wird enttäuscht. Die Bedingungen für Postdoktoranden (Postdocs) verschlechtern sich trotz erstmaligen Mindestvertragslaufzeiten signifikant.
    Quelle: Tagesspiegel
  8. Ausbildungsmarkt: Berufsorientierung kommt zu kurz
    Die niedersächsischen Auszubildenden sind unzufrieden mit der schulischen Berufsorientierung. Es hapert an einem Angebot, das den Übergang von der Schule in den Beruf systematisch organisiert. Deshalb haben die Sozialpartner zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit konkrete Verbesserungsvorschläge erarbeitet. Das #schlaglicht 10/2024 gibt einen Überblick.
    Quelle: DGB Niedersachsen #schlaglicht
  9. 280 Prozent mehr Streiks: Deutschland jammert, in den USA wird gekämpft
    Studien zeigen: Arbeitskämpfe und Organisation nehmen in den USA zu. Nachholeffekt nach Corona. Über eine Entwicklung, die von Europa aus kaum wahrgenommen wird.
    Im vergangenen Jahr haben die USA eine wahre Streikwelle erlebt. Mehr als 16,2 Millionen Beschäftigte waren 2023 gewerkschaftlich organisiert, 191.000 mehr als 2022. Die Beschäftigten reichten eine Rekordzahl von Kandidaturen für Gewerkschaftswahlen ein und erreichten durch Arbeitsniederlegungen und Tarifverhandlungen erhebliche Lohnerhöhungen. Diese Entwicklung wird in Europa kaum wahrgenommen, wo der Blick vor allem auf der Präsidentschaftswahl im November sowie den beiden Kandidaten, Joe Biden und Donald Trump, ruht.
    Quelle: Telepolis

    dazu auch: Streiks und Arbeitszeiten: Habecks Ressentiments
    Der Vizekanzler meint, es werde zu viel gestreikt, und weniger Arbeit sei keine gute Idee. Bedenklich, wenn ein Grüner das sagt.
    Quelle: taz

  10. Inflationsrate steigt auf mehr als 270 Prozent
    Die Teuerung in Argentinien hat ein neues Rekordhoch erreicht. Die radikalen Sparmaßnahmen von Präsident Javier Milei dürften die Preise auch im März steigen lassen.
    Quelle: Zeit Online
  11. Sudan – der nächste zerstörte afrikanische Staat
    In Afrika kämpfen verschiedene Akteure verbittert um Einflusszonen, ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung. Der derzeitig blutigste Schauplatz ist der Sudan, wo es um geostrategische Interessen und um die Ressource Gold geht. […]
    Inzwischen haben laut den Vereinten Nationen die militärischen Auseinandersetzungen zwischen dem offiziellen sudanesischen Militär SAF und den paramilitärischen Milizen der RFS tausende Menschenleben gefordert und mehr als sechs Millionen von Kriegsflüchtlingen innerhalb des Landes erzeugt, weitere 1,7 Millionen Menschen mussten in die Nachbarländer fliehen.
    Quelle: Gela News
  12. Otfried Preußler und die Preußen in Bayern
    In Pullach will man den Namen der Otfried-Preußler-Schule ändern. Der Kinderbuchautor sei schließlich als Teenager in der Wehrmacht gewesen. Darüber entscheiden Leute, die immer ihren Hintern im Warmen behalten durften.
    Quelle: Overton Magazin
  13. Krankenhäuser wollen kräftige Finanzspritze von Lauterbach
    40 Krankenhäuser haben 2023 Insolvenz angemeldet – und in diesem Jahr sind bereits weitere sechs dazugekommen. Nun fordert der Dachverband der Kliniken ein Eingreifen der Politik und mehr Geld.
    Quelle: DER SPIEGEL

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Karl Lauterbach – und dem Rest der Bundesregierung – sind die Daseinsvorsorge und die Gesundheit der Bevölkerung offensichtlich vollkommen egal. Am Geldmangel kann es nun ganz sicher nicht liegen, wenn man die massive und sauteure Aufrüstung betrachtet.

  14. Corona-Pandemie und die Warenhäuser: Warum wir eine gründliche Aufarbeitung brauchen
    Wir stolperten in die Pandemiebewältigung ohne klare Konzepte, erlebten, wie Freiheitsrechte eingeschränkt wurden und die Auseinandersetzung darüber Risse in die Gesellschaft trieb. Nicht nur die Warenhäuser tragen noch an den Bürden jener Jahre, die ganze Gesellschaft tut es.
    Was unser Land braucht, ist eine gründliche Aufarbeitung des Handelns von Politik, Verwaltung, Medien. Nicht, um vermeintlich Schuldige für alte Fehler auszumachen, sondern um besser gerüstet neuen Herausforderungen zu begegnen. Nach der Pandemie ist vor der nächsten. Aufarbeitung tut Not, bevor wir uns nicht mehr erinnern können, was „Click & Go“ eigentlich war.
    Quelle: Nils Busch-Petersen in Der Tagesspiegel

    Anmerkung Christian Reimann: Erfreulich ist, dass der Tagesspiegel diese Forderung veröffentlicht. Noch besser wäre es jedoch, wenn der Handelsverband – aber auch zahlreiche andere gesellschaftliche Verbände – frühzeitig gegen die politischen Corona-Maßnahmen vorgegangen wäre. Nun wird u.a. mit den Worten “Nach der Pandemie ist vor der nächsten” eine Aufarbeitung gefordert. Die nächste Pandemie könnte allerdings drohen, wenn die WHO – wie bereits im Deutschen Bundestag beschlossen – weitere Vollmachten erhalten sollte sowie über die nächste Pandemie und deren Gegenmaßnahmen entscheiden könnte.

  15. Zu guter Letzt: Geballte Frauenpower in der deutschen Politik – Küppersbusch TV
    Was machen Frauen eigentlich gerade so in der Politik? Annalena #Baerbock sitzt bei Caren #Miosga rum, Alice #Weidel beklagt dummes Zeug und #StrackZimmermann muss nach #Europa.
    Außerdem Thema: Die besten Freundinnen Gerhard #Schröder & Oskar #Lafontaine.
    Viel Spaß und gute Unterhaltung!
    Quelle: Küppersbusch TV via YouTube
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Auf geht’s nach St. Petersburg!

14. März 2024 - 13:55

Leider nicht. Mit Freunden planen wir eine Reise nach Russland. Das täten wir gerne. Aber anders als noch vor fünf Jahren geht das nicht so einfach und auch nicht direkt. Wir müssen einen Umweg nehmen. Über Istanbul. Das sind von Frankfurt 1866 km Luftlinie nach Südosten, von dort nach Sankt Petersburg 2106 km nach Norden, macht zusammen 3972 km. Von Frankfurt direkt wären es nur 1745 km. Hinter der neuen Konfrontation steckt als Katalysator das alte Feindbild Russland. Es ist in den letzten Jahren massiv wiederbelebt worden. Es ist nichts Neues. Aber wir hatten diesen Wahnsinn überwunden. So dachten wir. Albrecht Müller.

Zum besseren Verständnis des irrsinnigen Charakters der jetzigen Situation und der eingetretenen Veränderung will ich eine einschlägige alte Geschichte erzählen:

Im Oktober 1969 war ich nach der von der SPD gewonnenen Bundestagswahl und nach der Wahl des ersten sozialdemokratischen Bundeskanzlers vom damaligen SPD-Bundesgeschäftsführer Wischnewski und von Willy Brandt gefragt worden, beim Parteivorstand der SPD die Leitung der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit zu übernehmen.

Mit diesem Job war auch die Betreuung der Umfragen verbunden. Dies wusste offensichtlich auch ein Mitarbeiter der sowjetischen Botschaft. Dieser Legationsrat mit Namen Abraschkin bat eines Tages im Jahre 1970 um einen Gesprächs-Termin. Sich mit Vertretern der Sowjetunion zu treffen, war damals kein Problem.

Abraschkin kam und erklärte mir sein Anliegen: Er müsse regelmäßig einen Bericht über die Stimmungslage in der Bundesrepublik Deutschland nach Moskau schicken. Insbesondere interessiere man sich dort für die Meinung der West-Deutschen zur neuen Ostpolitik, zum gerade abgeschlossenen Moskauer Vertrag und zu anderen Entscheidungen im Zuge der Entspannungspolitik. Die sowjetische Regierung wolle wissen, ob die neue Politik Willy Brandts Rückhalt im deutschen Volk finde.

Das Anliegen des Mitarbeiters der sowjetischen Botschaft leuchtete mir ein. Deshalb vereinbarten wir, dass er mich regelmäßig besuchen könne. So geschah es denn auch.

Als er einmal wieder in meinem Büro anrief, stand ich total unter Stress. Ich ließ ihm von meiner Sekretärin ausrichten, er solle mich halt am kommenden Samstag zu Hause besuchen. Also kam Herr Abraschkin zu mir nach Bonn-Ückesdorf – bewaffnet mit einem Blumenstrauß und einer Flasche Wodka.

Wir hatten ein interessantes Gespräch – weit über die Umfragen zur Haltung der Deutschen zur Ostpolitik hinaus. Noch gut erinnere ich mich daran, dass Abraschkin meinte, wir Westdeutschen würden den damaligen Generalsekretär der SED, Walter Ulbricht, falsch einschätzen – beispielsweise viel zu negativ, was Ulbrichts Haltung zum deutsch-deutschen Miteinander betrifft.

Als ich am folgenden Montag in mein Büro in der sogenannten Baracke, dem Hauptquartier der SPD, kam, wies meine Sekretärin mich darauf hin, das Büro von Bundesgeschäftsführer Wischnewski habe angerufen, ich solle gleich mal vorbeikommen. 

Wischnewski stand lachend hinter seinem Schreibtisch und meinte, wenn ich schon den Vertreter der Russen am Wochenende in meiner privaten Wohnung empfinge, dann doch bitte nicht mit Blumenstrauß und Wodka.

Was lernen wir aus dieser Geschichte?

Auch damals waren die Dienste und ihre Arbeit von dem Gefühl der Gegnerschaft geprägt, so sehr, dass sie sogar die Gepflogenheiten des Abteilungsleiters einer politischen Partei und seinen Umgang mit einem Vertreter der sowjetischen Botschaft überwachten. Wir lernen aber auch, dass die politisch Verantwortlichen über diese der Entspannungspolitik widersprechenden Gewohnheiten der Geheimdienste lachen konnten. Würde so etwas wie damals in Bonn-Ückesdorf heute passieren, dann würde der entsprechende Abteilungsleiter nicht lachend über den Überwachungsvorgang informiert, sondern selbst genauer überwacht.

Der Umgang mit Russland ist auch ansonsten ziemlich auf den Hund gekommen. Vor allem fällt auf, dass eine Grunderkenntnis des Umgangs mit anderen Völkern nahezu völlig verlorengegangen ist: Vertrauen bilden. – Statt mit den Repräsentanten eines wichtigen Nachbarn wohlwollend und freundlich umzugehen, wird hierzulande ständig Öl ins Feuer gegossen: Wenn einer wie der Papst zur Verständigung rät, dann wird er attackiert. Außerdem wird der Konflikt über die Maßen personalisiert: Putin, dessen Rede im Deutschen Bundestag man vor 22 Jahren noch gefeiert hat,

wird heute als Verkörperung des Bösen betrachtet und so behandelt. – Miese Zeiten.

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Armin Laschet verrät – ohne es zu bemerken – worum es beim „Kampf gegen rechts“ auch geht

14. März 2024 - 12:02

Es ist schon seltsam. Da rutschen einem Spitzenpolitiker – ohne, dass er es merkt – ehrliche Sätze heraus und niemand merkt es. So geschehen gestern bei „Maischberger“ in der ARD. Dort interviewte die Gastgeberin den ehemaligen Kanzlerkandidaten Armin Laschet zum Thema „AfD-Verbot“. Ein Verbot lehnt Laschet ab, aber er warnte sehr eindringlich vor eine AfD-Regierungsbeteiligung oder gar AfD-Alleinregierung. Die könne dann, so Laschet, „die Demokratie vernichten“, indem sie Justiz, Medien und Exekutive mit ihren Parteigängern besetzt. Das ist richtig. Aber warum bemerkt niemand, dass Laschet hier genau die Praxis beschreibt, mit der heute Parteien wie die CDU diese „unabhängigen Staatsorgane“ in ihrem Sinne lenken? Trotz aller berechtigter Kritik an der AfD – wie demokratisch ist es eigentlich, wenn die CDU Justiz, Medien und Exekutive mit ihren Parteigängern besetzt? Ein Kommentar von Jens Berger.

Dann ernennt er erst mal Staatsanwälte und Richter. Er hat über die Medienaufsicht Kontrolle. Ist mit dem Innenminister Chef der Polizei. Man hat plötzlich viele Möglichkeiten, das demokratische System zu stabilisieren.“

So beschrieb Armin Laschet gestern bei Maischberger die Gefahr für die „Demokratie“, die seiner Meinung nach von einer AfD-Regierung in einem ostdeutschen Bundesland ausginge – dass er statt „destabilisieren“ „stabilisieren“ sagte, kann man wohl unter der Kategorie „Freud’scher Versprecher“ verbuchen. Ist diese Gefahr real? Selbstverständlich. Und es wären noch zahlreiche Funktionen hinzuzuzählen, die durch die Parteien kontrolliert werden.

Dass die Parteien in unserem politischen System eine zentrale Rolle eingenommen haben, die weit über die „politische Willensbildung des Volkes“ hinausgeht, die ihnen das Grundgesetz zubilligt, ist unstrittig. Schon in den 1980ern und 1990ern gab es eine lebhafte Debatte darüber, ob die Parteien nicht selbst ihre Machtbefugnisse zu Lasten der demokratischen Ideale ausgeweitet haben. Die Kritik verpuffte und die Parteien erweiterten sogar seitdem ihre Machtfülle. Die heutige Bundesrepublik ist ein Parteienstaat. Ämterpatronage ist allgegenwärtig und reicht im Staatswesen von der Besetzung politischer Beamtenstellen bis hin zu den Schulleitern und darüber hinaus auch in den Verbänden und Körperschaften – kein Geschäftsführer einer Sparkasse oder eines kommunalen Unternehmens wird heute ohne das „richtige“ Parteibuch oder zumindest gute Beziehungen zu den „richtigen“ Parteien ernannt. Gerade in den geisteswissenschaftlichen Fächern haben auch direkte und indirekte Parteistiftungen und Think Tanks eine unrühmliche Funktion eingenommen.

Zu diesem Thema wurde viel geschrieben und diskutiert – dabei wurde jedoch meist vergessen, dass die unverhältnismäßige Macht der Parteien auch für unliebsame Parteien wie die AfD ein Einfallstor zur Macht sein kann. Die Kritik daran ist natürlich berechtigt. Sollte die AfD beispielsweise über viele Jahre hinweg in einem Bundesland wie Thüringen auf kommunaler und Landesebene die Macht innehaben, würde sie ihre Parteigänger in nahezu allen Bereichen platzieren können. Dann wären in einigen Jahren die meisten Schulleiter, Leiter der Finanzbehörden, Sparkassenchefs, Medienwächter, Richter, Polizeichefs und viele mehr Parteigänger der AfD und könnten die jeweiligen Systeme nach ihren Vorstellungen umbauen – alles im Rahmen des Gesetzes wohlgemerkt. Dass es so kommen würde, steht für mich außer Zweifel. Auch „neue“ Parteien wie die Grünen (z.B. in Baden-Württemberg und Hessen) und die Linkspartei (z.B. in Brandenburg und Thüringen) haben ihre Parteigänger während ihrer Regierungszeit in den entscheidenden Posten positioniert. Ein Aufschrei blieb aus. Und nun soll das alles anders sein, weil die AfD in Reichweite der Futtertröge ist?

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich will die AfD weder verharmlosen noch verteufeln. Aber wer ernsthafte Sorgen um „unsere Demokratie“ hat, der darf nicht nur eine mögliche Ämterpatronage durch die AfD ablehnen, sondern muss die vorhandene Ämterpatronage generell ablehnen! Wer beispielsweise Schulleiter oder Polizeichef wird, darf keine Frage des Parteibuchs sein. Und wer Angst um „die Demokratie“ hat, sollte auch dann Angst haben, wenn „normale“ Parteien ihre Macht erweitern und sich den Staat Untertan machen – denn das ist nicht die Rolle, die das Grundgesetz den Parteien zuschreibt.

Nun darf man sich fragen, was genau Politikern vom Schlage eines Armin Laschet wirklich Angst einjagt. Die AfD? Oder die Sorge davor, dass die Parteigänger der CDU von den Futtertrögen der Macht verdrängt werden? Seien wir doch mal ehrlich – wer geht in eine Partei, um sich für die politische Willensbildung des Volkes zu engagieren, und wer geht in eine Partei, um sich selbst dadurch Karriereperspektiven zu eröffnen? Gerade bei der CDU dürfte zumindest ab der Funktionärsebene Letzteres gar nicht mal so selten vorkommen. Die Möglichkeit, Ämterpatronage zu betreiben, ist ein zentraler Bestandteil der Macht von Parteien und damit auch ein zentrales Motiv für Bürger, einer Partei beizutreten. Dass der ehemalige Parteichef Laschet diese Macht nicht hergeben will, ist verständlich. Demokratisch ist das aber nicht.

Nun hätte man sich natürlich gewünscht, dass Frau Maischberger diesen Widerspruch bemerkt und Laschet darauf angesprochen hätte. Das hat sie aber nicht. Und auch das Publikum applaudierte brav – es ging ja oberflächlich „nur“ gegen die AfD. Solange man gegen die undemokratische AfD ist, verklärt man gerne den hundsmiserablen Zustand unseres demokratischen Systems. Und dass Parteien wie die CDU aus schierer Machtgier das demokratische System entkernt haben und so der AfD auf dem Silbertablett präsentieren – darüber schweigen wir lieber. Kann es vielleicht sogar sein, dass es beim „Kampf gegen rechts“ vor allem um einen Kampf um die Futtertröge geht?

Titelbild: Screenshot ARD

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„Wir“ gegen „die anderen“, „russische Narrative“ und ein nicht sehr überzeugendes Dementi

14. März 2024 - 11:00

Am Montag hatte Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf die Frage eines Deutsche-Welle-Journalisten nach möglichen Zahlungen der Bundesregierung an die ukrainische Fremdenlegion erklärt: „Wir sind in diesem Raum heute ja unter uns, aber ab und an sind auch noch andere hier im Raum. Solche Fragen ziehen auch immer Berichterstattung nach sich.“ Anschließend riet er den Journalisten, zukünftig ihre Fragen „vorsichtiger“ zu formulieren. Vor diesem Hintergrund wollten die NachDenkSeiten wissen, auf wen sich der Kanzlersprecher konkret mit seiner Aussage bezogen hatte und ob er vollumfänglich ausschließen könne, dass deutsche Steuergelder in die Finanzierung der ukrainischen Fremdenlegion geflossen sind. Die Antworten gerieten in beiden Fällen nicht sehr überzeugend. Von Florian Warweg.

Hintergrund: Hebestreits ‚Wir versus die Anderen‘-Narrativ

Am 11. März hatte der Deutsche-Welle-Journalist Nikita Jolkver Regierungssprecher Steffen Hebestreit gefragt, ob sich die Bundesregierung „in welcher Form auch immer“ an der Finanzierung der ukrainischen Fremdenlegion (offizieller Titel „Internationale Legion“) beteiligt. Daraus entspann sich folgender „Dialog“:

Regierungssprecher Hebestreit:

„Ich weiß nicht, wen Sie ansprechen. Mir sind solche Zahlungen nicht bekannt. Ich wäre auch vorsichtig, solche Behauptungen in den Raum zu stellen.“

Jolkver:

„Ich behaupte nicht. Ich frage.“

Daraufhin erwiderte der Regierungssprecher:

„Wir sind in diesem Raum heute ja unter uns, aber ab und an sind auch noch andere hier im Raum. Solche Fragen ziehen auch immer Berichterstattung nach sich. Insofern wäre ich immer vorsichtig, solche Behauptungen hier ungeprüft und ungeschützt zu äußern.“

„Wir haben große russische Desinformationserfahrungen. Man kann Dinge sehr unterschiedlich formulieren. Sie können das machen, wie Sie wollen. Ich rate nur dazu, sehr vorsichtig zu formulieren, um nicht Dinge in den Raum zu stellen, die so nicht stimmen.“

"Wir sind in diesem Raum heute ja unter uns, aber…“
Anbei noch als Videoclip, der dokumentierte Versuch von @RegSprecher Hebestreit, Einfluss zu nehmen auf das Frageverhalten der Journalisten auf der BPK bei Themen, die der #Bundesregierung nicht genehm sind: pic.twitter.com/RomKocrn0H

— Florian Warweg (@FWarweg) March 12, 2024

Die NachDenkSeiten griffen dann bei der Bundespressekonferenz am 13. März diese unbeantwortet gebliebene Frage der Kollegen von der Deutschen Welle erneut auf. Und im Gegensatz zur „Antwort“ an den deutschen Auslandssender, der finanziell direkt dem Bundeskanzleramt untersteht, gab es diesmal eine recht klare Aussage. Allerdings bezeugen Mimik und stockender Sprachfluss, dass das Dementi, dem sonst doch recht eloquenten Regierungssprecher nicht so leicht über die Lippen kam. Zudem ist fraglich, ob die von ihm getroffene Aussage so haltbar ist.

Nachgewiesen: Geld und NATO-Waffen für rechtsradikale Söldner in der ukrainischen Fremdenlegion

Die ukrainische Fremdenlegion wird von zwei verschiedenen Kommandostellen geleitet. Ein Teil des Verbandes wird von der ukrainischen Armee geführt, finanziert und ausgerüstet, der andere Teil vom ukrainischen Militärgeheimdienst HUR. Letzterer zeichnet in diesem Zusammenhang verantwortlich für das rechtsextreme „Russische Freiwilligenkorps“ unter Führung von Denis Kapustin sowie die Legion „Freiheit Russlands“, die offiziell Teil der ukrainischen Fremdenlegion ist. Beide Einheiten griffen bereits mehrfach, nachweislich mit Waffen aus NATO-Beständen ausgerüstet, russisches Territorium an. Darüber berichteten unter anderem die Washington Post (WP) und DER SPIEGEL. Beim Blatt aus Hamburg heißt es dazu:

„Die Ukraine lässt rechtsextreme Kämpfer ins russische Grenzgebiet vordringen – wohl auch mit Fahrzeugen und Waffen aus Nato-Ländern. Toleriert der Westen das?“

Ein von der WP in dem genannten Artikel präsentiertes Video trägt folgende Beschriftung:

„Ein am 22. Mai vom Russischen Freiwilligenkorps, einer Anti-Putin-Miliz mit Neonazi-Anleihen, veröffentlichtes Video zeigt Kämpfer und einen MRAP nahe der Grenze zu Belgorod.“

MRAP steht für „Minen widerstehendes und Hinterhalt-geschütztes Fahrzeug“ und wurde auf Betreiben des United States Marine Corps entwickelt.

Weiter führt der Bericht aus, dass die WP die zu dem Überfall kursierenden Videos und Fotos ausgewertet und verifiziert hat:

Den von der Washington Post überprüften Fotos zufolge trugen die Kämpfer auch Gewehre aus Belgien und der Tschechischen Republik sowie mindestens eine AT-4-Panzerabwehrwaffe, die von den US-amerikanischen und westlichen Truppen häufig eingesetzt wird.“

Auch Mitglieder der deutschen Neonazi-Partei III. Weg sollen nach derzeitiger Informationslage in der „Internationalen Legion“ tätig sein.

Fazit

Angesichts der massiven Finanzhilfen durch die Bundesregierung (und die EU) an die Ukraine und der damit geleisteten Querfinanzierung der ukrainischen Armee und deren Geheimdiensten ist zumindest eine indirekte Finanzierung und Bewaffnung der ukrainischen Fremdenlegion und damit auch der dort tätigen Kämpfer aus dem rechtsradikalen Milieu durch bundesdeutsche Steuergelder kaum „vollumfänglich“ auszuschließen.

Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 13. März 2023

Warweg
Herr Hebestreit, ich war geradezu geschockt, als ich im Protokoll vom Montag nachlesen musste, wie Sie mit dem armen russischen Kollegen von der Deutschen Welle umgegangen sind. Den haben Sie ja behandelt, als würde er für die NachDenkSeiten fragen. In diesem Kontext hätte ich noch eine Verständnisfrage. Sie sagten: „Wir sind in diesem Raum heute ja unter uns, aber ab und an sind auch noch andere hier im Raum.“ Anschließend rieten Sie den Journalisten noch, entsprechend vorsichtiger zu formulieren. Da würde mich interessieren: Auf wen bezogen Sie sich konkret mit „Wir sind … unter uns“, und wer sind Ihrem Verständnis nach diejenigen, die an diesem Tag nicht in der BPK waren?

Regierungssprecher Hebestreit
Ach – ich glaube, alle, die im Raum waren, haben das genau verstanden. Wenn russische Narrative in diesem Raum unterbreitet werden und in dieser Phase dann über das Internet weiterverbreitet werden, dann ist das eine Phase, die man in einer freiheitlichen Demokratie aushalten muss, die man aber nicht befördern muss. Das sehen Sie sicherlich ganz genauso wie wir alle auch.

Warweg
Wie wir alle auch

Zusatzfrage Warweg
Dann möchte ich doch noch die Frage des Kollegen von der Deutschen Welle aufgreifen. Die entsprechende ukrainische bzw. internationale Legion bzw. die ukrainische Fremdlegion untersteht zu einem Teil dem militärischen Oberkommando und zum anderen dem Kommando des ukrainischen Geheimdienstes. Da würde mich interessieren: Können Sie vollumfänglich ausschließen, dass tatsächlich keine deutschen Steuergelder in die Finanzierung ausländischer Söldner in der Ukraine geflossen sind?

Hebestreit
Es werden keine deutschen Steuergelder in die Finanzierung ausländischer Söldner ge…gelenkt.

Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 13.03.2024

Mehr zum Thema:

Regierungssprecher Hebestreit: „Wir sind in diesem Raum heute ja unter uns, aber…“

Nach Frage zu Taurus: Kanzler-Sprecher hinterfragt Status der NachDenkSeiten als deutsches Medium

Lügt Kanzler Scholz oder Präsident Putin zu Friedensverhandlungen Russland-Ukraine?

Vortrag von General a. D. Harald Kujat in Berlin über Ukrainekrieg und den geopolitischen Wandel

„Keine Erkenntnisse“ – Bundesregierung widerspricht Angaben von US-Regierung und zahlreichen Medien zur Bewaffnung von Neonazi-Milizen mit NATO-Material

Bundesregierung zu ausgereisten deutschen Extremisten: „Der überwiegende Teil dieser Personen sympathisiert mit der ukrainischen Seite“

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Ein Leserbrief zur völkerrechtswidrig genannten Intervention Russlands in der Ukraine u.a.m.

14. März 2024 - 10:00

Wir erhalten von Leserinnen und Lesern der NachDenkSeiten immer mal wieder interessante Texte. So jetzt ein Brief von Dr. rer. nat. Bernhard Strauss an den CDU-Verteidigungspolitiker Kiesewetter. Er ist von allgemeinem Interesse. Deshalb veröffentlichen wir ihn. Albrecht Müller.

SAPERE AUDE
Immanuel Kant

März 2024
Sehr geehrter Herr Kiesewetter,

ich wende mich heute an Sie als deutscher Staatsbürger und Steuerzahler.

Mit großer Besorgnis verfolge ich, wie Sie als verteidigungspolitischer Sprecher der CDU immer wieder eine Intensivierung der militärischen Unterstützung der Ukraine durch Deutschland fordern.

  1. Ich habe mich anlässlich der völkerrechtswidrigen Invasion der Streitkräfte der Russischen Föderation in die Ukraine am 24.02.2022 darum bemüht, mich in der Sache möglichst ausgewogen kundig zu machen, um mir hier eine eigne Meinung bilden zu können. Je weiter ich dabei vorgedrungen bin, desto deutlicher wurde mir, wie einseitig hierbei wesentliche Zusammenhänge in den einflussreichen Medien wie ARD, ZDF, Frankfurter Allgemeine, Süddeutsche Zeitung und anderen großen Medien dargestellt werden. Ich habe es bis dahin nicht für möglich gehalten, dass die öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland derart unausgewogen über eine Sache berichten. Ich finde das heute sehr besorgniserregend, weil durch diese Berichterstattung Menschen, die nur wenig Zeit damit verbringen oder verbringen können, sich über die Vorgänge in Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine zu informieren, einseitig beeinflusst werden.
  2. Als ein Beispiel will ich anführen, dass durch die genannten Medien verbreitet wird, dass es der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin gewesen sei, der sich einer Verhandlungslösung im Vorfeld der Invasion am 24.02.2022 verweigert hätte. Heute weiß ich, dass es die US-Regierung Joe Biden war, die im Januar 2022 klar zum Ausdruck gebracht hat, dass sie nicht bereit ist, über den von Präsident Putin am 17.12.2021 vorgelegten Entwurf eines Sicherheitsabkommens zwischen den USA und der Russischen Föderation auch nur zu verhandeln.
  3. Als weiteres Beispiel will ich anführen, dass in den genannten Medien die Auffassung vertreten wird, dass der Machtwechsel in der Ukraine 2014 daraus resultierte, dass viele Ukrainer auf dem Maidan gegen die (demokratisch gewählte) Regierung Janukowytsch protestierten. Heute ist mir klar, dass die Vorgänge auf dem Maidan durch Scharfschützen angeheizt wurden, die u. a. am 20.02.2022 von oberen Stockwerken des Hotels Ukraina aus, das damals unter der Kontrolle der Demonstranten stand, sowohl auf Polizisten als auch auf Demonstranten tödliche Schüsse abgegeben haben. Die Mehrzahl der Todesopfer während der Maidan-Proteste 2014 war durch diese Scharfschützen verursacht [PS]. Viele Indizien sprechen dafür, dass diese Eskalation durch US-Verantwortliche zumindest wesentlich unterstützt worden ist (Stichwort: Telefonat Nuland). Der Umsturz der Regierung Janukowytsch war verfassungswidrig. Im Vorfeld wurde Janukowytsch bedroht und auf seine Anhänger im Parlament wurde durch eine nationalistisch orientierte Untergruppe der Demonstranten Druck ausgeübt [PK]. Die neuen Machthaber wurden von der US-Regierung (und ebenso von der EU) umgehend als rechtmäßige Machthaber anerkannt.

    Der ehemalige UN- und OSZE-Mitarbeiter Graf Michael von der Schulenburg formuliert hierzu am 06.03.2023 wie folgt: “Nach Angaben von Victoria Nuland, heute stellvertretende Außenministerin der USA, hatten die USA seit 1991 fünf Milliarden US-Dollar für Reformen und die Westorientierung der Ukraine investiert. In Wirklichkeit dürfte das ein noch wesentlich höherer Betrag gewesen sein. Ein Teil dieses Geldes ist in die Beeinflussung von Wahlen und den Aufbau US-freundlicher Kräfte geflossen, wie auch geleakte US-Drahtberichte bestätigen. Nuland, Senator McCain und andere westliche Regierungsvertreter haben es sich nicht nehmen lassen, die Demonstranten auf dem Maidan Platz persönlich anzufeuern und recht unverhohlen eine zukünftige pro-westliche Regierung für die Ukraine nach dem Umsturz zu planen. Auch das ist eine grobe Verletzung der Souveränität der Ukraine und damit ein Bruch der UN-Charta“ [GS].

    Nach dem Umsturz haben US-Verantwortliche in erheblichem Ausmaß Waffen in die Ukraine geliefert und begonnen, das Ukrainische Militär an NATO-Strukturen anzupassen. Seit 2016 ist, wie jüngst bekannt wurde, die CIA in der Ukraine tätig. Demgegenüber war die Bekämpfung der Korruption, ein vorrangiges Anliegen der Mehrheit der Demonstranten auf dem Maidan 2014, für die US-Verantwortlichen offensichtlich – sofern überhaupt – deutlich weniger relevant.

    Es ist mir schlichtweg nicht möglich zu erkennen, dass es Ziel der US-Politik gewesen wäre, demokratische Strukturen in der Ukraine zu stärken.

  4. Auch wird in den oben genannten Medien das Verhalten der ukrainischen Regierung vor dem 24.02.2022 allenfalls sehr marginal thematisiert. Heute ist mir beispielsweise bewusst, dass das ukrainische Parlament am 16.07.1990 die staatliche Souveränität erklärte und die Absicht beurkundete, ein dauerhaft neutraler Staat zu werden, der sich nicht an Militärblöcken beteiligt [PS]. Am 05.09.2014 wurde das Minsker Abkommen unterzeichnet und am 17.02.2015 durch Verabschiedung der Resolution 2022 (2015) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen ein völkerrechtlich geltender Vertrag. Offensichtlich hatte jedoch die ukrainische Regierung nur deutlich begrenztes Interesse daran, ihre hier eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen. Am 24.03.2021 hat Präsident Selenskyj ein Dekret des Nationalen Sicherheitsrates der Ukraine zur militärischen Rückeroberung der Krim unterzeichnet. Im Weiteren kam es zu einem massiven Truppenaufmarsch der ukrainischen Streitkräfte im Südosten der Ukraine. Zwischen dem 16.02.2022 und dem 20.02.2022 (also kurz vor der Invasion der russischen Streitkräfte am 24.02.2022) kam es zu einem massiven Anstieg des Artilleriebeschusses im Donbas durch die ukrainischen Streitkräfte. Graf von der Schulenburg formuliert hierzu: “Die ukrainische Regierung antwortete im Februar 2022 sogar mit massivsten Bombardierungen des von pro-russischen Rebellen gehaltenen Donbas und der dortigen Zivilbevölkerung“ [GS].
  5. Am 04.10.2022 hat Präsident Selenskyj ein Dekret unterzeichnet, mit dem offiziell festgehalten wird, dass sein Land offen für einen Dialog mit Russland ist, allerdings nicht mit Präsident Putin.
  6. Mit Bezug auf den aktuellen Stand kommt General a. D. Harald Kujat, der unter anderem als Vorsitzender des Nato-Militärausschusses und als Vorsitzender des Nato-Russland-Rates sowie des Euro-Atlantischen-Partnerschaftsrates der Generalstabschefs tätig war, am 22.12.2023 zu folgender Einschätzung: „Dass Russland beabsichtigt, nach einem militärischen Sieg über die Ukraine Nato-Staaten anzugreifen, und dazu in wenigen Jahren auch in der Lage sei, ist offensichtlich nicht die Erkenntnis dafür qualifizierter und verantwortlicher militärischer Stäbe aus einer komplexen gesamtstrategischen Lagebeurteilung, sondern eine Vermutung von „Militärexperten“ [K1]. Mit Bezug auf die militärische Lage gibt er am 02.03.2024 die folgende Einschätzung: „Wer die Ukraine retten will, wer eine katastrophale militärische Niederlage vermeiden will, der kann das nur, indem er Verhandlungen mit Russland aufnimmt“ [K2].

    Ich sehe heute für mich keinen vernünftigen Grund, an diesen Einschätzungen von Herrn Kujat zu zweifeln. Zwischenzeitlich habe ich etliche Beiträge von Herrn Kujat gelesen und gehört und nach meinem Ermessen trägt Herr Kujat stets ausgesprochen substanziiert vor. Beispielhaft nenne ich hier die drei unten angegebenen Quellen [K1], [K2] und [K3].

    Sicherlich wäre es einer sachorientierten Diskussion sehr förderlich, wenn Sie, Herr Kiesewetter in Ihrer Funktion als verteidigungspolitischer Sprecher der CDU, in der Sache auf die Beiträge von Herrn Kujat eingehen könnten.

    Aber auch ohne militärische Expertise wird man doch unter Nutzung des gesunden Menschenverstands zu der Einschätzung gelangen, dass Herr Putin kaum in Passivität oder eine Art Schockstarre verfallen würde, wenn ein aus deutscher Produktion stammender Taurus-Fluglenkkörper in der Kertsch-Brücke einschlagen würde.

    Es ist hier nicht meine Absicht, Verhaltensweisen der russischen Seite zu rechtfertigen, sondern vielmehr, mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass es jedenfalls ein elementares Erfordernis darstellt, zunächst das Verhalten aller Akteure möglichst objektiv zu beurteilen, wenn man ehrlich daran interessiert ist, dazu beizutragen, dass eine Lösung gefunden wird, durch die der Konflikt gerecht und dauerhaft beendet wird.

  7. Ein letztes Beispiel will ich noch anführen. Oft wird die Position vertreten „Die NATO hat Russland nie bedroht“ (z. B. [KE]). Ich denke, das ist ein besonders wichtiger Punkt.

    Zunächst sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass die NATO unter der Führung der USA und der Teilnahme Deutschlands 1999 einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Serbien geführt hat. Hier hat die NATO der Welt demonstriert, dass sie kein reines Verteidigungsbündnis ist.

    Abgesehen davon ist mir aber folgender Aspekt besonders wichtig: Im Rahmen der Gespräche, die zum so genannten Zwei-Plus-Vier-Vertrag geführt haben, wurde von den US-Verantwortlichen (u. a. Außenminister James Baker) der sowjetischen Seite (u. a. Präsident Gorbatschow) versprochen, dass sich die NATO nach der deutschen Wiedervereinigung nicht nach Osten ausdehnen werde. Dass dieses Versprechen gegeben worden ist, kann heute nicht mehr bezweifelt werden. Zutreffend ist, dass dieser Punkt seinerzeit offensichtlich nicht schriftlich festgehalten worden ist. Das bedeutet, dass hier von russischer Seite der US-amerikanischen Seite Vertrauen entgegengebracht worden ist. Wie die nachfolgende NATO-Osterweiterung gezeigt hat, ist dieses Vertrauen von den US-Verantwortlichen missbraucht worden.

    Zwischenzeitlich haben die US-Verantwortlichen Raketenbasen in Polen (NATO-Mitglied seit 1999) und Rumänien (NATO-Mitglied seit 2004) aufgebaut, die durch das US-Militär zweifelsfrei dazu verwendet werden können, Atomwaffen-bestückte Raketen in Richtung Moskau abzuschießen. Die Flugzeiten würden hierbei jeweils etwa 10 Minuten betragen.

    Diese Raketenbasen stellen bereits aufgrund ihrer inhärenten Struktur eine Bedrohung für die russische Seite dar. Insbesondere muss man zu dieser Einschätzung gelangen, wenn man bedenkt, dass niemand wissen kann, wer der nächste oder der übernächste US-Präsident sein wird und wenn man bedenkt, dass niemand weiß, in welche Hände diese Anlagen in Zukunft fallen werden.

    Mit dieser Einschätzung bin ich sicherlich nicht allein. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den früheren deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt, der im August 1993 sagte: „Wenn ich ein sowjetischer Marschall wäre oder ein Oberst, würde ich die Ausdehnung der NATO-Grenze, erst von der Elbe bis an die Oder und dann über die Weichsel hinaus bis an die polnische Ostgrenze, für eine Provokation und eine Bedrohung des Heiligen Russland halten. Und dagegen würde ich mich wehren. Und wenn ich mich heute dagegen nicht wehren kann, werde ich mir vornehmen, diese morgen zu Fall zu bringen“ [PK].

  8. Die Vereinten Nationen haben sich u. a. das Ziel gesetzt, freundschaftliche, auf der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln (UN-Charta, Kapitel I, Artikel 1, Punkt 2.). Wenn man sich in Erinnerung ruft, dass die US-Regierung während der Kuba Krise nicht bereit war, den Aufbau von Raketenbasen in Kuba zu tolerieren, jetzt aber von US-Seite erwartet wird, dass die russische Seite Raketenbasen in Polen und Rumänien oder gar in der Ukraine tolerieren soll, entspricht das offenkundig nicht dem Grundsatz der Gleichberechtigung. Hieran kann es doch nicht den geringsten Zweifel geben. Daher widerspricht das Verhalten der US-Verantwortlichen in Form der NATO-Osterweiterung seit 1990 klar und deutlich dem Geist der UN-Charta.

    Ich gehe davon aus, dass diese Haltung der US-Verantwortlichen bis heute eine Konstante darstellt. 2014 hat Jack F. Matlock, ehemaliger US-Botschafter in der Sowjetunion und Direktor für europäische Angelegenheiten im Nationalen Sicherheitsrat der USA folgende Einschätzung abgegeben: „Wenn China anfangen würde, eine Militärallianz mit Kanada und Mexiko zu organisieren, würde die USA das nicht tolerieren. Wir würden uns auch nicht auf abstrakte Prinzipien von internationalem Recht beschränken lassen. Wir würden das verhindern, mit jedem Mittel, das wir haben“ [JM]. Diese Einschätzung hat jüngst an Aktualität gewonnen, da die mexikanische Regierung zwischenzeitlich ihr Interesse an einem zukünftigen Beitritt zum Verbund der BRICS-Nationen bekannt gegeben hat.

  9. Noch einmal zitiere ich Graf von der Schulenburg wie folgt: „Und dann gab es die ukrainisch-russischen Friedensverhandlungen, bei denen sich beide Seiten bereits in der dritten Märzwoche, also nur einen Monat nach Ausbruch des Krieges, auf die Grundzüge einer Friedensvereinbarung geeinigt hatten: Die Ukraine versprach, der NATO nicht beizutreten und keine Militärbasen ausländischer Mächte auf ihrem Territorium zuzulassen, während Russland im Gegenzug versprach, die territoriale Unversehrtheit der Ukraine anzuerkennen und alle russischen Besatzungstruppen abzuziehen. Für den Donbas und die Krim gab es Sonderregelungen. Auf einer für den 29.03.2022 geplanten Friedenskonferenz in Istanbul sollten diese Grundzüge weiterentwickelt werden. Doch dann zog sich die Ukraine auf Druck der USA und des Vereinigten Königreichs von den Friedensverhandlungen zurück. Wie viel Leiden, wie viele Menschenleben und wie viele Zerstörungen hätten vermieden werden können, wenn sich die NATO im März hinter die ukrainisch-russischen Friedensbemühungen gestellt hätte? Dafür, dass sie diese aber verhindert hat, tragen die NATO-Länder eine schwere Mitschuld an den Opfern des Krieges seit dieser Zeit.“ [GS]. Auch Herr Kujat stellt das in ganz ähnlicher Weise dar [K3].

    Selenskyj brach die genannten Verhandlungen unmittelbar nach dem Besuch von Boris Johnson (Vier-Augen-Gespräch) am 09.04.2022 ab, nicht nach der Enthüllung der Kriegsverbrechen in Bucha am 30.03.2022. Vielmehr erklärte Selenskyj noch nach seinem Besuch am 04.04.2022 in Bucha seine Bereitschaft, die Verhandlungen fortzusetzen [PK], [K3].

    Ich fände es jedenfalls indiziert, wenn der deutsche Kanzler Olaf Scholz die Regierung des Vereinigten Königreichs mit der Frage konfrontieren würde, wer für den von Boris Johnson am 09.04.2022 verursachten Schaden aufkommen soll. Denkbar schlecht finde ich, dass hier offenbar mit einer gewissen Selbstverständlichkeit davon ausgegangen wird, dass sich die Deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler hier beteiligen. Ich habe jedoch den Eindruck, dass das bereits so auf den Weg gebracht ist. Und ich habe auch den Eindruck, dass sich in diesem Punkt die CDU ebenso gegen die Interessen der deutschen Bürgerinnen und Bürger positioniert hat.

  10. Aus meiner heutigen Sicht ist der Konflikt in der Ukraine letztlich dadurch verursacht, dass US-Verantwortliche seit spätestens 2008 darauf hinarbeiten, den territorialen Einflussbereich des US-Militärs auszudehnen, und zwar unter Zuhilfenahme einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine. Deshalb bin ich der Überzeugung, dass es auf der Seite des so genannten Westens in erster Linie die Aufgabe der US-Verantwortlichen ist, Initiative für einen Weg zum Frieden zu ergreifen.

    Deshalb bin ich auch davon überzeugt, dass es für die deutsche Regierung im Februar 2022 viel besser gewesen wäre, eine neutrale Position einzunehmen und nach Möglichkeit auf die US-Seite einzuwirken, um sie dazu zu animieren, doch noch eine Verhandlungslösung anzustreben. Das wäre insbesondere auch zum Wohle und zum Nutzen der ukrainischen Seite gewesen. Leider hat sich die Regierung Scholz jedoch dazu entschlossen, durch militärische Unterstützungs-Maßnahmen in Form von Waffenlieferungen an die Ukraine Stellung auf der Seite der USA zu beziehen.

  11. Bundeskanzler Scholz hat das am 27.02.2022 in seiner viel-zitierten „Zeitenwende“-Regierungserklärung kundgetan. Ich wundere mich heute sehr darüber, wie wenig von vielen Seiten die Scholz´sche „Zeitenwende“ als solche hinterfragt wird, offensichtlich auch nicht von der CDU. Gab es im Jahr 1999 – Stichwort „Krieg in Europa“ – auch eine Zeitenwende? Haben wir uns damals auch irgendwelche Aufgaben gestellt? Oder ist die völkerrechtswidrige Bombardierung von serbischem Territorium durch NATO-Einheiten als „humanitäre Hilfsaktion“ zu klassifizieren?

    Noch wichtiger ist aus meiner Sicht aber die Feststellung, dass von Politikern der Regierung Scholz der Begriff „Zeitenwende“ als Rechtfertigungsversuch dafür verwendet wird, Versprechungen der letzten Parteiprogramme über Bord werfen zu dürfen. Ich erinnere hier beispielsweise an das „Exporte von Waffen und Rüstungsgütern in Kriegsgebiete verbieten sich“ aus dem Parteiprogramm der Grünen.

    Die Frage der rechtlichen oder moralischen Beurteilung des Vorgehens des russischen Militärs seit dem 24.02.2022 ist zu trennen von der Frage, ob ein verantwortungsbewusster Politiker vor der letzten Bundestagswahl mit der Möglichkeit rechnen musste, dass Präsident Putin, das, was er seit vielen Jahren angekündigt hat, auch tatsächlich ausführt. Letzteres ist ohne Zweifel zu bejahen. Deshalb mussten die deutschen Wählerinnen und Wähler vor der letzten Bundestagswahl vernünftigerweise davon ausgehen können, dass das, was Ihnen in den Wahlprogrammen versprochen wurde, auch unter Umständen eingehalten wird, wie sie heute gegeben sind.

  12. Die hier in Frage stehenden Waffen, jedenfalls soweit sie aus Bundeswehrbeständen stammen, sind mit Hilfe deutscher Steuergelder zur Landes- und Bündnisverteidigung Deutschlands angeschafft worden. Wenn diese Waffen in nicht-deutsche Hände übergeben werden, stellt das somit eine Zweckentfremdung der Waffen und damit von Steuergeldern dar. Ich sage an dieser Stelle in aller Deutlichkeit: Mit dieser Zweckentfremdung bin ich nicht einverstanden. Im Übrigen sehe ich auch keine demokratische Legitimation für diese Waffen-Zweckentfremdung, und zwar aus den oben dargelegten Gründen.
  13. Jede und jeder Deutsche mit der Überzeugung, dass es jetzt geboten sei, das ukrainische Militär zu unterstützen, hat grundsätzlich die Möglichkeit, sich in die Ukraine zu begeben und dort als Freiwillige bzw. Freiwilliger mitzuwirken. Ich kann ein solches Vorgehen nicht gutheißen, aber es wäre jedenfalls mir gegenüber respektvoller als Ihr Ruf nach weiteren Waffenlieferungen, weil es ein Vorgehen ohne Zuhilfenahme der von der deutschen Gesamtgemeinschaft finanzierten Waffen wäre.
  14. Sehr deutlich plädiere ich dafür, demokratische Werte zu verteidigen. Nach meiner festen Überzeugung tut man dies am wirkungsvollsten dadurch, dass man diese Werte vorlebt.
  15. Sicher bin ich kein Bibel-Spezialist, aber ich verstehe das „Liebet Eure Feinde und bittet für die die Euch verfolgen“ (Matthäus, 5-44) so, dass man auch seine Feinde lieben soll. Oder gilt das nur, wenn es die Umstände zulassen? Vor diesem Hintergrund ist es für mich völlig unverständlich, dass Sie als Vertreter einer Partei, die sich laut ihrer Namensgebung christlicher Werte verpflichtet hat, Waffenlieferungen fordern können und sich in diesem Zusammenhang gegen den Papst positionieren.

Abschließend erinnere ich an die vielen Menschen, die 1989 in der damaligen DDR friedlich protestiert haben und auf diese Weise den Weg hin zu einem unblutigen Wechsel des gesellschaftlichen Systems geebnet haben. Ich finde, jeder dieser Menschen hat im wörtlichen Sinn ein „Denk-mal“ verdient.

Sind die Worte von Bertha von Suttner, Mahatma Gandhi und Martin Luther King mit der deklarierten „Zeitenwende“ nun verhallt?

Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass ich dieses Schreiben öffentlich zugänglich machen werde.

In der Hoffnung auf eine friedlichere Welt

Dr. rer. nat. Bernhard Strauss

[K1] Harald Kujat: „Die Ukraine ist in einer Sackgasse“, Zeitgeschehen im Fokus, 22.12.2023

[K2] Die Weltwoche, 02.03.2024

[K3] Talk im Hangar-7: Zwei Jahre Krieg: Waffen oder Verhandlungen? 22.02.2024

[GS] Michael von der Schulenburg: „UN-Charta: Verhandlungen!“, EMMA, 06.03.2023

[PS] Jeffrey Sachs: „Sie russische Propaganda?“ in eXXpress, 14.06.2023

[KE] Katrin Eigendorf, in radiobremen, 3nach9, 02.09.2022, bei Minute 52

[PK] Ivan Katchanovski: The Russia-Ukraine War and the Maidan in Ukraine, Annual Meeting of the American Political Science Association, Montreal, September 15-18, 2022

[TK] Thomas Karlauf: Was würde Helmut Schmidt dazu sagen? Die Zeit, Nr. 22 vom 29.05.2022

[JM] Jack F. Matlock zit. n. Dorothea Hahn: “Das ist ein Familienstreit“, in: taz, 09.09.2014

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Paul-Unehrlich-Institut? „Wir erleben ein bewusstes Verschließen der Augen vor den Realitäten.“

14. März 2024 - 9:00

Seit über zwei Jahren blitzen fünf Chemieprofessoren aus Deutschland und der Schweiz bei ihrem Bemühen ab, von Behörden und dem Pharmaunternehmen BioNTech Informationen zur möglichen Toxizität des Corona-Impfstoffs Comirnaty zu erhalten. Ihre Wissbegierde quittierte das Paul-Ehrlich-Institut inzwischen sogar ausdrücklich mit einer „Nachrichtensperre“. Dabei tauchen fast täglich neue Hinweise dafür auf, dass die genbasierten Covid-19-Vakzine risikobehaftet sind und ernste Schäden bei einer Vielzahl von Geimpften verursacht haben könnten. „Verrückt“ sei nur, dass dies alles „keinerlei Konsequenzen“ für die Beteiligten habe, wundert sich Martin Winkler von der Zürcher Hochschule der angewandten Wissenschaften im Interview mit den NachDenkSeiten. Seinem Mitstreiter Jörg Matysik von der Universität Leipzig macht es „Angst“ zu sehen, „wie einfach Gesetze, die zu unserem Schutz erlassen wurden, umgangen werden können“. Mit beiden sprach Ralf Wurzbacher.

Zu den Personen

Jörg Matysik, Jahrgang 1964, ist Professor für Analytische Chemie und Molekülspektroskopie, Direktor des Instituts für Analytische Chemie der Universität Leipzig, Leiter des Aufbau-Studiums „Analytik & Spektroskopie“ und Sprecher eines Sonderforschungsbereichs der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Matysik schreibt den Blog: cidnp.net/blog.

Martin Winkler, Jahrgang 1968, ist Professor am Institute of Materials and Process Engineering an der Zürcher Hochschule der angewandten Wissenschaften (ZHAW).

Gemeinsam mit drei weiteren Chemieprofessoren bemühen sich Matysik und Winkler seit über zwei Jahren, vom Herstellerunternehmen BioNTech sowie dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) – zuständig für die Zulassung und Überwachung der Sicherheit von Impfstoffen und biomedizinischen Arzneimitteln in Deutschland – Informationen zu Eigenschaften, zur Qualitätskontrolle und zur möglichen Toxizität des Covid-19-Impfstoffs Comirnaty (BioNTech/Pfizer) zu erhalten. Ihre drei Mitstreiter sind: Prof. Gerald Dyker (Ruhr-Universität Bochum), Prof. Andreas Schnepf (Universität Tübingen) und Prof. Tobias Unruh (Universität Erlangen-Nürnberg).

Ralf Wurzbacher: Herr Matysik, Sie sind inzwischen eine Art Dauergast bei den NachDenkSeiten. Zum jetzt dritten Mal treten Sie zum Interview an, um zu berichten, ob und inwieweit das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) sowie das Mainzer Pharmaunternehmen BioNTech Informationen zur Qualitätskontrolle und hinsichtlich einer möglichen Toxizität des Covid-19-Impfstoffs Comirnaty preisgeben. Wie ist der aktuelle Stand?

Matysik: Wir, das ist eine Gruppe aus fünf Chemie- und Physikprofessoren deutscher und Schweizer Universitäten, hatten uns zunächst an die Hersteller BioNtech und dann an das deutsche Paul-Ehrlich-Institut (PEI) mit Fragen gewandt, da wir in den veröffentlichten Dokumenten Dinge sahen, die uns nicht nachvollziehbar erschienen. Das war zum Beispiel die Angabe, dass der Impfstoff bei „ungewünschter Verfärbung“ zu verwerfen sei. Uns war aber klar, dass Nanopartikel Rayleigh-Streuer sind und deshalb Farberscheinungen zeigen müssen. Daher war die Information irreführend, und wir hätten gerne geholfen, die Information zu verbessern.

Eigentlich ist es unter Naturwissenschaftlern ganz normal, dass man sich gegenseitig Hinweise gibt. Ein Virologe muss ja nicht die Streutheorien von Rayleigh oder Mie kennen. Wenn man dann aber mit seinem Hilfeangebot abgewiesen wird, wird man auch misstrauisch und fragt nach. Wir haben in mehreren Briefen, von denen einige in der Berliner Zeitung veröffentlicht wurden, dem PEI nach dem Informationsfreiheitsgesetz Fragen gestellt, bei denen wir bei den Themen blieben, die wir selbst gut beurteilen können: Farbe, Analytik, Toleranzen, Toxizität. Leider haben wir vom PEI nur nichtssagende oder irreführende Antworten erhalten.

Man könnte auch sagen: BioNTech und die für die Zulassung und Überwachung der Sicherheit von Impfstoffen und biomedizinischen Arzneimitteln maßgebliche Behörde in Deutschland mauern. Überrascht Sie das noch?

Matysik: Ja, es wird gemauert. Das ist nicht gut. Dann vermutet man, dass es etwas zu verheimlichen gibt. Dann entstehen Gerüchte. Transparenz ist wichtig, und das Informationsfreiheitsgesetz verlangt das ja auch aus gutem Grund. Am 2. Juli 2022 erhielten wir aber abschließend einen ablehnenden Bescheid, also die Antwort, dass wir keine Information bekommen sollen. Dagegen habe ich geklagt. Der Gerichtstermin steht noch nicht fest. Die Teilantworten, die wir erhielten, waren zum Teil grotesk falsch. Sie verwiesen zum Beispiel auf den Erweichungspunkt von Zäpfchen.

Winkler: Inzwischen sind zahlreiche Dokumente bekannt geworden, geleakt oder per Gericht freigeklagt. Das Bild, was sich bietet, ist verheerend: Die Politik wusste, dass der Impfstoff nicht auf Wirkung und Nebenwirkung geprüft war, sie übernahm die volle Verantwortung für alle Schäden. Inzwischen wird deutlich, dass viele Sorgen berechtigt waren: Die Substanz verbleibt nicht im Muskel, verbreitet sich im Körper, kann ins Gehirn eindringen, reichert sich in bestimmten Organen an, kann zu Entzündungen führen, führt zur Bildung sinnloser Proteine.

Matysik: Ob mich das Mauern überrascht? In der Zwischenzeit überrascht mich nichts mehr.

Ist Mauern eine deutsche Besonderheit? Herr Winkler, welche Erfahrungen machen Sie in der Schweiz?

Winkler: In der Schweiz ist Swissmedic für die Zulassung, Überwachung – Pharmakovigilanz – und Qualitätskontrolle von Arzneimitteln zuständig. Sie ist wie in Deutschland das Robert Koch-Institut und das PEI eine weisungsgebundene Behörde. Bereits vor der Corona-Pandemie wurden Stimmen laut, dass Swissmedic stark die Interessen der Pharmaindustrie wahrnimmt. Auch hierzulande wurden im Zusammenhang mit der Wirkungsweise der modRNA-Stoffe Anfragen an diese Behörde gestellt, die meist aber keinen großen Widerhall in der Presse gefunden haben.

Matysik: Wie bei uns in Deutschland …

Winkler: Am bekanntesten ist die Anfrage von Herrn Pascal Najadi. Es ging um die Menge gebildeter Spikes nach einer Impfung. Hier lässt sich dasselbe Muster erkennen, das wir auch beim PEI erleben. Zuerst werden schulmeisterliche Antworten gegeben und auf „Factsheets“ auf der Homepage verwiesen. Fragt man weiter nach, wird die Kommunikation abgebrochen. Zitat: „So können wir nicht sagen, wie viel Protein bei Ihnen gebildet wird. Wir weisen Sie zudem darauf hin, dass unser Austausch damit beendet ist. Ein quasi-wissenschaftlicher Austausch über solche Anfragen sprengt unsere Ressourcen, die wir insbesondere in dieser Krisenzeit auf unsere Kernaufgaben zu richten haben.“

Auch eine Nachfrage des Schweizer Portals Infosperber in Bezug auf die DNA-Verunreinigungen läuft ins Leere. Swissmedic verlässt sich wie auch das PEI auf die Selbstkontrolle der Hersteller. Es würde nur geprüft, wenn es offensichtliche Qualitätsmängel aus der Marktüberwachung gäbe. Und die gibt es natürlich nicht, wenn man nicht hinschaut …

Die EMA, die europäische Arzneimittelagentur, hat mittlerweile immerhin mit der Erzählung aufgeräumt, die Corona-Impfstoffe könnten vor einer Ansteckung schützen. Dafür habe es vor der Notfallzulassung keinen einzigen Beleg gegeben. Ist das nicht entwaffnend ehrlich?

Matysik: Das ist eine sehr ernste Angelegenheit: Im deutschen Fernsehen wurde, strafrechtlich nicht belangt, verbreitet, dass ungeimpfte Kinder „Ratten“ seien, die die Pest verbreiteten! Nun ist klar, dass es für die Verhinderung der Ansteckung durch Impfung keine Belege gibt! Das Hetzen gegen ungeimpfte Kinder war ohne jede empirische Basis. Das ist widerlich. Hier gibt es eine politische Verantwortung. Kinder als „Ratten“ zu brandmarken, ist völlig inakzeptabel.

Dabei ist das nur ein kleiner Teil einer umfassenden Desinformationskampagne. Alle Slogans waren falsch: „Impfen schützt vor Erkrankung“, „Impfen schützt vor Verbreitung“, „einmal geimpft und frei”, dann hieß es „doppelt geimpft ist vollständig geimpft”, dann brauchte man Booster, einmal, zweimal, immer … Desgleichen hieß es, „Impfstoff verbleibt im Muskel”, „Impfstoff wird schnell abgebaut”, „Impfstoff ist geprüft und sicher” oder „dass diese für Wechselwirkung mit RNA optimierten Lipide genotoxisch sind, ist nicht zu erwarten”. Man fragt sich, warum das Recherchezentrum Correctiv nicht gegen diese massiven Fake News vorging …

Winkler: Ich glaube nicht, dass die EMA den fehlenden Fremdschutz freiwillig eingeräumt hat. Vielmehr waren die Behörden dazu gezwungen, nachdem sogar eine Vertreterin von Pfizer dies bei einer öffentlichen Anhörung im Europäischen Parlament eingestehen musste. Verrückt ist nur, dass diese „Enthüllung“ keinerlei Konsequenzen für die Beteiligten hat. Übrigens war von Anfang an klar und wurde auch von kritischen Wissenschaftlern immer wieder betont, dass genau der Aspekt des Fremdschutzes nicht aus den Zulassungsstudien hervorgeht.

Trotzdem wurde eine beispiellose Impfkampagne mit eben diesem Argument gefahren, während Politik und Medien die sich häufenden Hinweise auf mögliche Impfkomplikationen und -schäden rigoros abstritten beziehungsweise gar nicht zur Kenntnis nahmen – mit Abstrichen gilt das bis heute. Was meinen Sie: Gibt es in puncto Impfung und Impfschäden ein Schweigekartell?

Winkler: Ich glaube nicht, dass es ein Schweigekartell gibt. Vielmehr spielen einfache psychologische Mechanismen eine Rolle. Die meisten Menschen haben in der „Impfung“ eine Art Erlösung gesehen. Das hatte durchaus religiös überhöhte Züge. Fast alle haben mitgemacht. Wenn jetzt das Narrativ zusammenbricht, bricht für diese Menschen ihr Weltbild zusammen. Deshalb wird das Narrativ aufrechterhalten, dass man es nicht besser wissen konnte, dass Long Covid die eigentliche Gefahr sei und die Impfung Millionen Leben gerettet hätte. Rückendeckung erhält man durch „Studien“ im Auftrag der WHO oder des Gesundheitsministers. Wir erleben ein bewusstes Verschließen der Augen vor den Realitäten.

Beim PEI und RKI liegt die Sachlage anders. Als weisungsgebundene Behörden produzieren sie die Ergebnisse, die von ihrem Chef verlangt werden. Was passiert, wenn man nur ansatzweise an diesen Befehlen zweifelt, zeigt die Neubesetzung der Ständigen Impfkommission, der STIKO. In der Schweiz werden seit Langem außerparlamentarische Untersuchungskommissionen zur Aufarbeitung der Corona-Zeit gefordert. Bis heute gibt es diese nicht. Im vergangenen Jahr wurde eine „Aufarbeitungsinitiative“ lanciert, die Sammelfrist für die nötigen 100.000 Unterschriften dafür läuft im August dieses Jahres aus. Hoffen wir, dass diese Initiative vors Volk kommt. Und in Italien scheint es nun zumindest eine parlamentarische Untersuchungskommission zu geben. Was dabei herauskommt, werden wir sehen.

Matysik: Ja, das ist das Gute an der Internationalisierung. Pfizer hat mit vielen Staaten einen Vertrag abgeschlossen. Einige Staaten haben diesen Vertrag veröffentlicht: Der Text war immer sehr ähnlich: „Wir wissen nicht, ob die Injektion hilft. Wir wissen nicht, ob die Verbreitung eingedämmt wird. Wir haben keine Ahnung über Nebenwirkungen. Aber wir, die öffentliche Hand, übernehmen die völlige Verantwortung.“ Das ist historisch neu und bedarf demokratischer Legitimation.

Wie Sie sagten, zeigte sich das PEI anfangs noch recht zugänglich, jetzt nur noch abweisend und verschlossen. Hat das damit zu tun, dass immer mehr Ungereimtheiten zu den mRNA-Impfstoffen ans Licht kommen?

Winkler: Ich bin mir nicht sicher, ob es an der Menge der Ungereimtheiten liegt. Ich denke, am Anfang war die Strategie, uns mit Allgemeinplätzen abzuspeisen. Als das nicht gefruchtet hat und wir zeigen konnten, dass die Antworten des PEI inhaltslos waren, wurde die Strategie geändert. Lieber nichts mehr sagen, als in der Öffentlichkeit mit Halbwahrheiten dazustehen. Wobei, dem Bundesgesundheitsminister scheint es nichts auszumachen, dass er mehrfacher Falschinformationen überführt worden ist.

Matysik: Neulich erschien ein Artikel in der wissenschaftlichen Zeitschrift Nature, der zeigte, dass die chemische Modifikation der RNA – eine Methylierung –, deshalb auch modRNA, beim Auslesen durch einen „Shift”, also eine Verschiebung, zur Bildung von Proteinen führt, von denen niemand weiß, was sie tun. Könnten sie zu einer neuen Form sinnloser Proteine führen, wie sie etwa bei Alzheimer-Erkrankungen diskutiert werden? Wir wissen es nicht. Zu behaupten, dass sie keine Funktion haben können, ist jedoch dreist und vermessen, scheint aber damals einfach so vorausgesetzt worden zu sein.

Dazu kommt eine weitere Veröffentlichung, nach der modRNA-Impfstoffe die Wahrscheinlichkeit, zumindest bestimmte Krebszellen im Körper zu verbreiten, erhöhen. Zudem ist bekannt, dass Nanopartikel schlicht aufgrund ihrer Größe biologische Schranken überwinden und als „trojanische Pferde“ gefährliche Substanzen, auch Viren und Bakterien, in Körper und Hirn eintragen können.

Für Julian Schulze zur Wiesch vom Universitätsklinikum in Hamburg-Eppendorf ist dieses „Shift“-Phänomen nicht ungewöhnlich und auch „nicht gefährlich oder beunruhigend“. Das sei dahingestellt. Aber was sagt das PEI dazu?

Winkler: Das PEI sagt eben nichts dazu, das ist ja das Problem. Normalerweise würde ich von einer Behörde, die für Arzneimittelüberwachung zuständig ist, erwarten, dass sie, sobald ein Verdacht auf eine Nebenwirkung bekannt wird – und es dazu noch eine physiologisch sinnvolle kausale Erklärung gibt –, diesen Dingen nachgeht und sie untersucht beziehungsweise die Zulassung dieses Medikaments zumindest so lange zurückzieht, bis die Zweifel ausgeräumt sind. Wie Herr Schulze zur Wiesch auf diese Aussage kommt, erschließt sich mir nicht. Die modRNA-Technologie ist neu. Wie kann man dann davon reden, dass das Phänomen nicht ungewöhnlich ist? Und wenn diese Gefahr tatsächlich schon lange bekannt war, warum hat man diese nicht vor Zulassung dieser Stoffe abgeklärt?

Matysik: Für mich sieht das so aus, als ob eine Beweislastumkehr beim PEI und im Denken einiger Wissenschaftler stattgefunden hat. Heute muss die Kohorte der Geimpften beweisen, dass diese Impfung Schaden anrichtet. Erst wenn sich dies nicht mehr leugnen lässt, scheint das PEI zu reagieren. Das Gegenteil müsste der Fall sein: Hersteller und Zulassungsbehörden sind in der Pflicht zu zeigen, dass die Stoffe sicher sind.

Nun ist die Sache mit dem „Frameshift“ ja nur ein Punkt einer ganzen Liste von möglichen Mängeln und Risiken der Corona-Impfstoffe. Was bereitet Ihnen die größten Sorgen?

Winkler: Die modRNA-Technologie war von Anfang an mit großen Risiken behaftet. Diese Risiken wurden nie vor der Zulassung sauber abgeklärt. Wie konnte ein weitgehend funktionierendes Arzneimittelüberwachungssystem so umgangen werden? Wie kann es sein, dass man auch jetzt, nachdem Milliarden von Spritzen weltweit verabreicht worden sind, die Augen davor verschließt, welcher Schaden entstanden ist? Es ist unverantwortlich, hier nicht hinzusehen.

Da man die Placebogruppe der Zulassungsstudie vorzeitig aufgelöst hat, ist man auf retrospektive Studien angewiesen, die nie die Qualität einer placebokontrollierten Doppelblindstudie erreichen können. Deshalb wird es nie den Beweis einer Kausalität für Nebenwirkungen geben. Deshalb werden auch so viele Impfopfer allein gelassen. Eine Korrelation für sich sagt nichts aus, aber wenn man viele Korrelationen findet, sollte man diese als Indiz nehmen, dass hier etwas nicht stimmt.

Was alles stimmt nicht nach Ihrem Ermessen?

Winkler: Es gibt mehrere Sicherheitssignale, denen einfach nicht nachgegangen wird. Ein paar Beispiele: eine seit 2021 auftretende Übersterblichkeit, nur langsam abflachend, auch in jüngeren Altersgruppen; gerade auch in der Schweiz ein anhaltender Geburtenrückgang, statistisch ausgewertet in Deutschland von Matthias Reitzner und Christoph Kuhbandner, in der Schweiz von Konstantin Beck; ein Anstieg der Krebsrate; Häufungen von Myokarditis und Perikarditis, inzwischen offiziell anerkannt; Thrombosen; vermehrte Fälle von plötzlichen und unerwarteten Todesfällen. Allein in meinem Umfeld sind in den zurückliegenden drei Jahren zwei Bekannte plötzlich gestorben, im Alter von 61 und 55 Jahren, dazu kommen in der Verwandtschaft zwei neue Krebsfälle, einer davon tödlich. Das kann Zufall sein oder auch nicht.

Matysik: Aus meinem persönlichen Umfeld kann ich Ähnliches berichten. Es macht mir Angst zu sehen, wie einfach Gesetze, die zu unserem Schutz erlassen wurden, umgangen werden können und mit welcher Selbstverständlichkeit man Gesetze erlassen kann, die nicht mehr dem Schutz der Bevölkerung dienen, sondern diese gefährden. Ich denke hier nur an die Impfpflicht und die vielen willkürlichen Änderungen des Infektionsschutzgesetzes mit zum Teil tiefgehenden Einschnitten in die Grundrechte.

Jüngst hat eine riesige Kohortenstudie, in deren Rahmen Daten von über 99 Millionen Geimpften ausgewertet wurden, 13 Krankheitsbilder identifiziert, deren Auftreten offenbar kausal mit der Impfung in Zusammenhang steht. Dazu zählen die bekannten Beschwerden Myokarditis oder Perikarditis wie auch das Guillain-Barré-Syndrom, Gesichtslähmung oder Lungenembolie. Für all diese Leiden haben die Forscher „Sicherheitssignale“ ausgemacht, es zeigte sich also eine signifikante Häufung an Fällen, verglichen mit der Zeit vor der Massenimpfkampagne. Das sogenannte Überwachungssystem des PEI hat für das Gros der Erkrankungen dagegen keinen Alarm gegeben. Wie kann das sein?

Matysik: Ja, es scheint, dass die Impfung verheerende Schäden angerichtet hat. Den offenbar durchweg geimpften Betroffenen wird gesagt, sie litten an „Long Covid“.

Winkler: Diese riesigen Mengen an Nebenwirkungen überraschen eigentlich nicht. Bereits die Zahlen, die vom damaligen Vorstand von der BKK ProVita, Andreas Schöfbeck, ausgewertet worden waren, wiesen in die Richtung eines katastrophalen Nebenwirkungsprofils. Die Folge war: Er wurde als Vorstand entlassen. Dass das PEI Mühe mit der Berechnung eines Sicherheitssignals hat, zeigt sich auch in der verwendeten „Observed-versus-Expected“-Methode.

Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein, auf juristischem Weg die Herausgabe von Informationen zu erzwingen?

Matysik: Meine Klage liegt vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt. Ich bin sehr gespannt. Ich bin ja nicht nur als Chemie-Professor theoretisch interessiert, sondern als zweifach Geimpfter auch ein Betroffener. Aber auch wenn wir gewinnen: Wir werden ein paar Messdaten bekommen, die sicherlich illustrieren werden, wie wenig Ahnung und wie wenig Interesse man hatte. Ob das helfen wird, die Verantwortlichen vor ein Gericht zu stellen? Man wird sehen.

Winkler: In der Schweiz hat Rechtsanwalt Philipp Kruse bereits 2022 Strafanzeige gegen Swissmedic gestellt und ein umfangreiches Dossier dazu eingereicht. Der Evidenzreport mit Stand Juni 2022 ist dort einsehbar. Die Anzeige wurde angenommen, und jetzt wird, soweit ich weiß, auf Zeit gespielt. Es geht um Zuständigkeiten und das Verteilen der Anzeige auf Kantone. Ich hoffe, dass diese Anzeige zu einer Aufarbeitung führen wird.

In Deutschland sind bis dato sämtliche Klagen von mutmaßlich Impfgeschädigten vor den Gerichten gescheitert. Ist also auch die Justiz Teil eines Schweigekartells?

Matysik: Beim Prozess zur Impfpflicht von Soldaten vor dem Leipziger Bundesverwaltungsgericht sollte das Urteil am 7. Juli 2022 um 10 Uhr verkündet werden. Der Focus publizierte die Entscheidung schon am selben Tag um 6.48 Uhr in der Frühe mit der Meldung: „Klagen abgewiesen. Corona-Impfung für Bundeswehrsoldaten bleibt verpflichtend.“ Später wurde die Meldung gelöscht. Was soll man dazu sagen?

Winkler: Ich kann mir durchaus vorstellen, dass hier Druck auf die Justizbehörden ausgeübt wird. Insbesondere die Verwaltungsgerichte, so mein Eindruck, machen „Dienst nach Vorschrift“. Wissenschaftliche Argumente werden bei einer Entscheidung nicht zugelassen, man klammert sich an den Buchstaben des Gesetzes. So geschehen bei vielen Verfahren gegen Ärzte, die Maskenbefreiungsatteste ausgestellt haben, mit zum Teil irrsinnigen Strafen für die Angeklagten. Das hat für mich schon eine politische Dimension, der Staat zeigt seine harte Schulter.

Was bleibt Ihnen bei all dem noch an Hoffnung?

Matysik: Natürlich wird es zur Aufklärung kommen. Es mag ein bisschen Zeit kosten, ein bisschen dauern. Aber das ist das Gute an der modernen vernetzten Welt: Wenn in einem Land etwas an die Öffentlichkeit kommt, weiß es die ganze interessierte Welt. Abraham Lincoln sagte: „Man kann alle Leute eine Zeitlang an der Nase herumführen, und einige Leute die ganze Zeit, aber nicht alle Leute alle Zeit.“

Winkler: Auch wenn sich bei uns nicht viel zu bewegen scheint: Im Ausland, gerade in den USA, kommen immer mehr Fakten auf den Tisch. Das wird auch nicht vor der deutschsprachigen Öffentlichkeit geheim gehalten werden können. Am Ende hatten Lügen schon immer kurze Beine.

Das heißt: Sie bleiben am Ball.

Matysik: Selbstverständlich. Das ist unsere Pflicht. Ich habe einen Eid auf unser gutes deutsches Grundgesetz und die gute Verfassung des Freistaates Sachsen geschworen. Mein Fachwissen muss den Menschen dienen.

Winkler: Letztendlich sind wir unserem Gewissen verpflichtet. Und ich möchte mir in der Zukunft nicht vorwerfen lassen, dass ich damals trotz besseren Wissens geschwiegen hätte.

Titelbild: nitpicker/shutterstock.com

Die beiden vorangegangenen, bei den NachDenkSeiten erschienenen Interviews mit Jörg Matysik:

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14. März 2024 - 8:41

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  1. Deutsche Israelpolitik: Verpanzerte Herzen
  2. UN beschuldigt Israel, Mitarbeiter gefoltert zu haben, um “Informationen” über die Hamas zu erhalten
  3. Der Inhalt des abgehörten Gesprächs ist der Skandal, nicht die Abhörung und Veröffentlichung
  4. “Für manche gleicht das einer fristlosen Kündigung”
  5. Die Rente rettet man nicht an der Börse
  6. Was bringt das Rentenpaket II?
  7. Wir brauchen einen neuen Plan für das E-Auto
  8. Bar oder mit Karte? Zur bevorstehenden Einführung der Bezahlkarte im Asylbewerberleistungsrecht
  9. Armutsgefährdung bringt rechtsextremen Parteien laut Studie Zulauf
  10. Regierung verweigert Auskunft über Potsdamer Treffen: „Interessen der Bundesrepublik“ in Gefahr
  11. Spiel mit dem Feuer
  12. Wehrpflicht deutlich länger und auch für Frauen
  13. Ukraine: Geringverdiener an die Front
  14. Die Jugend des Globalen Südens strömt ins “isolierte” Russland
  15. Russland lacht über Sanktionen: Ölgeschäft blüht prächtiger denn je

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Deutsche Israelpolitik: Verpanzerte Herzen
    Die Ministerin, die in eigenen Worten »aus dem Völkerrecht kommt« und für eine wertebasierte Außenpolitik stehen möchte, nimmt erstaunlich lange schon in Kauf, dass sich Israel ums Völkerrecht nicht sonderlich zu scheren scheint. Baerbocks Mahnungen haben mitunter Treppenwitz-Charakter: Mitte Februar, der Krieg tobte bereits im fünften Monat, warnte sie: Eine Offensive in Rafah sei »eine humanitäre Katastrophe mit Ansage«.
    Fünf Mal war sie seit Beginn des Krieges bereits in Israel, das Ergebnis ihrer Pendeldiplomatie, wenn man das so nennen möchte: Deutsche Rüstungslieferungen nach Israel haben sich im Vergleich zu 2022 verzehnfacht. Deutschland beteiligt sich also bereits mit Waffenexporten am Krieg; zugleich befürwortet Baerbock aber auch eine deutsche Beteiligung an der internationalen Seebrücke für die Not leidende Bevölkerung in Gaza.
    Ein Widerspruch, aber kein Witz: Bomben und Brot, die USA machen es vor. Zynischer kann Außenpolitik kaum daherkommen.
    Quelle: DER SPIEGEL

    Anmerkung André Tautenhahn: Lesenswert. Leider hinter der Bezahlschranke.

  2. UN beschuldigt Israel, Mitarbeiter gefoltert zu haben, um “Informationen” über die Hamas zu erhalten
    Zu den Folterungen gehörten Waterboarding, Schläge und Drohungen gegenüber der Familie
    Einem Bericht der Vereinten Nationen zufolge wurden zumindest einige der Beweise, die Israel verwendet, um Verbindungen zwischen dem UN-Palästinenserhilfswerk (UNRWA) und der Hamas zu behaupten, durch die Folterung von Mitarbeitern der Organisation gewonnen. Nachdem die Israelis diese Anschuldigungen erhoben hatten, strichen die USA die Mittel für das UNRWA. Außenminister Antony Blinken bezeichnete die israelischen Behauptungen zunächst als “sehr, sehr glaubwürdig”.
    Am Freitag berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, dass sie eine 11-seitige UN-Untersuchung zu den Behauptungen, das UNRWA habe enge Verbindungen zur Hamas, eingesehen habe.
    Quelle: Antikrieg
  3. Der Inhalt des abgehörten Gesprächs ist der Skandal, nicht die Abhörung und Veröffentlichung
    Nach deutschem Recht gehörten die abgehörten deutschen Generäle ins Gefängnis: Erstens weil sie zwar nicht absichtlich, aber absolut fahrlässig militärische Geheimnisse ausgeplaudert haben, und zweitens, weil sie einen Angriffskrieg vorbereitet haben – siehe die juristische Beurteilung hier. Aber der ihnen vorgesetzte deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius deckt sie. Und in den deutschsprachigen Medienberichten über die Abhörung wird nur das Vorgehen Russlands kritisiert, der Inhalt des abgehörten Gesprächs aber ist kein Thema. Doch zumindest von außen gibt es bemerkenswerte Kommentare – zum Beispiel aus Nordirland.
    Quelle: Globalbridge
  4. “Für manche gleicht das einer fristlosen Kündigung”
    t-online: Herr Bofinger, wie sehr fürchten Sie als Ökonom, dass Donald Trump erneut US-Präsident wird?
    Peter Bofinger: Als Ökonom gar nicht so sehr. In der Wirtschaftspolitik ist der Unterschied zwischen Donald Trump und Joe Biden weniger groß, als manche vermuten. Biden verfolgt wie Trump eine America-first-Politik – er nennt es “Made in America”. Sein “Inflation Reduction Act” fördert ganz gezielt die heimische Wirtschaft. Das würde Donald Trump genauso fortsetzen, da würde sich für die deutsche Wirtschaft wenig ändern.
    Aber Trumps Politik dürfte doch vermutlich noch protektionistischer werden, etwa durch höhere Einfuhrzölle.
    Das mag sein, aber das wäre immerhin derselbe Kurs, die bekannte Richtung.
    Quelle: t-online
  5. Die Rente rettet man nicht an der Börse
    Das wahre Rentenproblem hat nichts mit der Börse so zu tun. Die 200 Milliarden Euro der Aktienrente wären in Kitas und Schulen besser angelegt als in Aktien.
    Quelle: Maurice Höfgen auf Jacobin
  6. Was bringt das Rentenpaket II?
    Die Bundesregierung hat sich auf eine Stabilisierung des Rentenniveaus geeinigt. Keine Selbstverständlichkeit, sagt Gerhard Bäcker, Senior Professor am Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen im Interview. Auch die Folgen des Generationenkapitals und der Beitragserhöhung schätzt er im Gespräch mit sozialpolitikblog ein.
    Quelle: sozialpolitikblog
  7. Wir brauchen einen neuen Plan für das E-Auto
    Dass der Mercedes-Chef in Sachen E-Auto kommunikativ auf die Bremse tritt, ist symptomatisch. In den Chefetagen der Autoindustrie hat sich Ernüchterung breitgemacht. Die Unternehmen haben für viele Milliarden Euro neue E-Modelle entwickelt, Fabriken und Know-how aufgebaut. Aber draußen auf den Straßen kommt die Elektrorevolution viel langsamer voran als noch vor Kurzem erhofft. Das gilt für Europa und die USA. Und auch im chinesischen E-Auto-Markt, dem mit Abstand größten der Welt, gibt es Schwächesignale.
    Quelle: FAZ

    dazu: Ich habe diese Debatte noch nie verstanden:
    Man muss einfach ein Elektroauto bauen, das die Kunden überzeugt. Aber man kann das auch lassen, um ein Auto zu vermarkten, das Regierungen gefällt, nur einen nicht besser von A nach B bringt. Geht auch – nicht.
    Quelle: Frank Lübberding via Twitter/X

  8. Bar oder mit Karte? Zur bevorstehenden Einführung der Bezahlkarte im Asylbewerberleistungsrecht
    Seit nunmehr dreißig Jahren zielt der Gesetzgeber mit dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) darauf ab, (vermeintlichen) Pull-Faktoren entgegenzuwirken und existenzsichernde Sozialleistungen für Asylsuchende einzuschränken. Das neueste Kapitel in dieser Entwicklung: die Einführung der sogenannten Bezahlkarte. […]
    Bereits Ende Januar hatten 14 der 16 Bundesländer ein gemeinsames Vergabeverfahren für die Bezahlkarte angestoßen. Einige der diskutierten Bezahlkartenmodelle werden den verfassungsrechtlichen Vorgaben allerdings nicht gerecht: Es droht eine Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums.
    Quelle: Verfassungsblog

    dazu auch: Plötzlich blockieren Grüne die Bezahlkarte für Flüchtlinge: SPD und FDP stinksauer
    Wieder gibt es Streit in der Ampel um die Bezahlkarte für Flüchtlinge: Die Grünen stellen sich quer, wollen sie doch nicht gesetzlich verankern. Was ist da los?
    Quelle: Berliner Zeitung

  9. Armutsgefährdung bringt rechtsextremen Parteien laut Studie Zulauf
    e mehr Menschen in einer Region von Armut bedroht sind, desto mehr Zulauf erhalten dort laut Berechnungen des Münchner Ifo-Instituts rechtsextreme Parteien. „Wenn der Anteil von Haushalten unter der Armutsgrenze um einen Prozentpunkt steigt, steigt der Stimmenanteil von rechtsextremen Parteien um 0,5 Prozentpunkte bei Bundestagswahlen“, erklärte das Institut am Mittwoch.
    Dies sei statistisch und politisch bedeutsam, sagte Ifo-Forscher Florian Dorn. Denn zwischen 1998 und 2017 sei der Anteil der ärmeren Haushalte um 1,9 Prozentpunkte gestiegen. In Deutschland gilt demnach als arm, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verdient.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung JK: Man darf aber sicher sein, dass gerade die Grünen diese nun überhaupt nicht neue Erkenntnis, nicht im mindesten beeindrucken wird. Diese werden weiter an ihrer Wahnidee einer klimaneutralen, multikulturellen Gesellschaft festhalten. Auch gerade, wenn sich dadurch die Lebensumstände der weniger wohlhabenden Bevölkerung etwa durch massiv steigende Energiekosten und der Abwanderung von Industrie massiv verschlechtern.

  10. Regierung verweigert Auskunft über Potsdamer Treffen: „Interessen der Bundesrepublik“ in Gefahr
    Hat der Verfassungsschutz das rechte „Geheimtreffen“ observiert? Gibt es einen Maulwurf in der AfD? Ein Schreiben aus dem Faeser-Ministerium wirft Fragen auf. […]
    Das Bundesinnenministerium lässt bewusst offen, ob beziehungsweise wie das Bundesamt für Verfassungsschutz in die Überwachung der Veranstaltung involviert gewesen sein könnte und woher es seine Informationen bezog. Anstatt Klarheit zu schaffen, dürfte die Bundesregierung mit ihrem Verweis auf „überwiegende Belange des Staatswohls“ nur für weitere Spekulationen sorgen.
    Quelle: Berliner Zeitung
  11. Spiel mit dem Feuer
    Deutschland wird die Philippinen, die sich zur Zeit in das antichinesische Bündnissystem der USA am Pazifik einreihen, militärisch unterstützen und im September zwei Kriegsschiffe nach Manila entsenden. Dies wurde beim Besuch von Präsident Ferdinand Marcos Jr. am Dienstag in Berlin diskutiert. Demnach tauschten sich Marcos sowie Bundeskanzler Olaf Scholz unter anderem über künftige Ausbildungshilfen der Bundeswehr für die philippinischen Streitkräfte aus. Marcos, der sein Amt am 30. Juni 2022 angetreten hat, hat die Philippinen auf US-Kurs gebracht und den USA Militärstützpunkte nahe umstrittenen Inseln im Südchinesischen Meer und vor allem nahe Taiwan zur Verfügung gestellt. Zudem hat er gemeinsame US-amerikanisch-philippinische Manöver gestärkt und begonnen, die Militärkooperation mit anderen US-Verbündeten am Pazifik zu intensivieren, insbesondere mit Japan und mit Australien. Manila wird in den nächsten Jahren 35 Milliarden US-Dollar in die Aufrüstung investieren. Als Waffenlieferanten kommen auch deutsche Waffenschmieden in Betracht. Im September sollen zudem zwei deutsche Kriegsschiffe auf einer ausgedehnten Asien-Pazifik-Fahrt in Manila Station einlegen.
    Quelle: German Foreign Policy
  12. Wehrpflicht deutlich länger und auch für Frauen
    Die Wehrpflicht in Dänemark soll von vier auf elf Monate verlängert und die Zahl der Wehrpflichtigen in der Grundausbildung von 4700 auf 5000 erhöht werden. Das kündigte Ministerpräsidentin Mette Frederiksen am Dienstag an. Außerdem sollen Frauen künftig genauso obligatorisch zur Musterung erscheinen wie Männer und auch eingezogen werden können, schließlich, so Frederiksen, wolle die Regierung “volle Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern”.
    Quelle: Süddeutsche

    Anmerkung unserer Leserin S.B.: Kriegspolitik, wohin ich auch schaue. Und hier zeigt sich, dass die Gleichberechtigung durchaus ihre Schattenseiten haben kann.

  13. Ukraine: Geringverdiener an die Front
    Die Ukraine benötigt Steuereinnahmen und Soldaten, nach Auskunft eines Abgeordneten der Präsidentenpartei sollen die Gutverdiener und die Beamten zahlen, aber keinen Kriegsdienst leisten müssen. […]
    Das Mobilisierungsgesetz, mit dem neue Soldaten an die Front gebracht werden sollen, um die Verluste zu ersetzen und Einheiten an der Front, die seit langem kämpfen, abzulösen, ist weiter in Bearbeitung und höchst umstritten. Die Rada drückt sich vor der Verabschiedung, es ist nicht bekannt, wann das Parlament wieder tagen wird. Wer sich bislang nicht freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet hat, wird nicht begeistert sein, unter Zwang eingezogen zu werden. Die Abgeordneten und der Präsident erwarten, dass die Wehrpflichtigen und deren Angehörigen revoltieren könnten.
    Quelle: Overton Magazin

    Anmerkung unserer Leserin S.B.: Es ist so wie es schon seit Urzeiten ist: Die Waffen liefern die Reichen, die Armen liefern die Leichen. Und unsere „Lumpenbellizisten“ stehen auf den Bergen von Toten und Verwundeten und rufen „nicht kriegsmüde werden“.

  14. Die Jugend des Globalen Südens strömt ins “isolierte” Russland
    Nach jedem Maßstab ist das Weltjugendfestival, das auf dem Sirius-Bundesgelände (Sotschi, Südrussland) vom 1. bis 7. März stattfand, eine verblüffende Errungenschaft: eine Art kultureller Spezialoperation, die den jungen Globalen Süden umfasst
    Quelle: Seniora.org
  15. Russland lacht über Sanktionen: Ölgeschäft blüht prächtiger denn je
    Trotz globaler Sanktionen setzt Russland seinen Ölexport ungebremst fort. Handel floriert, als hätte es nie Einschränkungen gegeben. Das sind die aktuellen Daten.
    Russland trotzt weiterhin den Sanktionen des Westens und die Rohölexporte auf dem Seeweg florieren. Gemessen am Bruttowert haben sie den höchsten Stand seit Oktober erreicht, berichtet die Finanzagentur Bloomberg.
    Quelle: Telepolis
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Leserbriefe zu „Links-grün versifft?“

13. März 2024 - 16:15

Frank Blenz diskutiert in diesem Beitrag über die These, dass „unsere Gesellschaft“ sich „in einem gefährlichen, enorm eskalierten Zustand des Auseinanderdriftens“ befinde. Die Wortwahl der Menschen werde krasser und krasser, aus Diskussionen würden heftige Streitereien, später trete Schweigen, Funkstille ein. Bei all der ausufernden Rage und bei allem Schimpfen gerate „jedoch das Wesentliche in den Hintergrund: die Ursachen und das Treiben der Verursacher für den bedenklichen Zustand der Gesellschaft“. Wir danken für die interessanten Leserbriefe, in denen auch abweichende Meinungen mitgeteilt werden. Es folgt nun eine Auswahl, die Christian Reimann für Sie zusammengestellt hat.

1. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Blenz.

Ich kann mit den Links/Rechts/Mitte Klischees nichts mehr anfangen, sind sie doch mittlerweile obsolet. Ich bin weder das eine, noch eins von den anderen, ich bin Vorn! In erster Linie Humanist und sonst nichts! Das mache ich nicht von Parteien, oder öffentlichen Meinungen abhängig, ich denke selbst.

Hochachtungsvoll, Ulrich Erich.

2. Leserbrief

Lieber Herr Blenz,

Sie schreiben:

“Wie wäre es, für eine ordentliche Politik zu demonstrieren?”

Der Papagei ist tot! (*) Da hilft kein gutes Zureden mehr. Der ist mausetot!

Mit anderen Worten: Die Politik dieser Regierung ist pervers, menschenverachtend, kriminell, gefährlich, tödlich, in vielfacher Hinsicht. Das trifft auch auf einen großen Teil der “Opposition” zu. Wenn man protestiert, dann für etwas Konkretes. Für eine “ordentliche Politik” zu demonstrieren, reicht nicht mehr. Die muss konkret formuliert werden. In der herrschenden Politikblase ist das sicherlich nicht  möglich, die ist so narzisstisch und realitätsentfernt, die kann nur Sprechblasen, Pöstchengerangel und Intrigen. Wenn protestieren, dann, z.B.,  mit den Bauern, Lokführern, Ärzten, Apothekern.

Es braucht dringend eine außerparlamentarische Bewegung, die das wieder gerade rückt. Das bedeutet zuerst: Schluss mit der Aggression gegen Russland! Und dann konkrete Maßnahmen, um die Energieversorgung wieder sicher zu stellen. Ebenso die Infrastruktur, die Wirtschaft, das Gesundheitswesen, den Sozialstaat. Und natürlich, Schluss mit der Besatzung durch US-Militär und raus aus der NATO.

Alles andere wäre nur Kosmetik. Oder, um auf das obige Bild zurück zu kommen, ein Streicheln des toten Papageis.

Ein akademischer Streit um Etiketten hilft auch nicht weiter. “Linksgrün versiffft”? Natürlich sind die “Versifften” weder “links” noch “grün”. Aber “versifft” stimmt schon, auch wenn die Wissenschaft das “narzisstisch” nennt.

(*) siehe Monty Python: “The Dead Parrot”.

Viele Grüße,
Rolf Henze

3. Leserbrief

Ich grüße sie, habe mir lange überlegt, ob ich auf diesen Artikel reagieren sollte. Ich bin ein täglicher Leser der NDS. Es würde mir was fehlen. Aus den ÖR habe ich mich zurück gezogen.

Ich las den Artikel mit Aufmerksamkeit. Alle gut – dann – “wie bei de Kommunisten” Ich habe 37 Jahre in diesem “Karrieristenstaat” gelebt. Wo nimmt Herr Blenz nur diese Aussage her: siehe diesen Absatz .

Leider habe ich nichts über die Sozialisierung des Herrn Blenz im Netz gefunden. Ich nehme an, ein Wessi.

Geschichtskenntnis wäre heut zu tage nicht schlecht. Oder nur Polemik? Man müßte sich über so vieles in der deutschen Geschichte auseinander setzen. Ohne Schaum!!

Ich will bei der Gründung der DDR gar nicht an die ganzen Karrieristen erinnern: W. Pieck, H. Axen, A. Norden, W. Ullbricht uvm.

Leider kann man sich auch heute noch nicht über die Geschichte der beiden deutschen Staaten wertfrei austauschen.

Ulrich Wallrodt

4. Leserbrief

Links-grün-versifft (1) & Die totalitären Neigungen der „anständigen“ Mitte (2)

Die heftiger werdende Spaltung unter uns fällt immer mehr auf. Vor allem deshalb, weil sie von Seiten der öffentlichen Medien und der Regierung stark angefacht wird. Was noch gesagt werden darf und was nicht, führt in Anbetracht der neuen Gesetze zu Verunsicherung. Und wenn dann – wie in (1) beschrieben – im Eifer des Gefechts ein “Modebegriff” raus rutscht, ist gefühlt schon ein Bein im Gefängnis. Und so ist die beschriebene Diskussion auf sachlicher Ebene mehr als wünschenswert.

Etwas über das Ziel hinausgeschossen erscheint mir dabei die Beschreibung der geldgierigen Vermieter – die gibt es sicher. Aber es gibt auch die anderen. Und alle müssen die gesetzlichen Auflagen erfüllen. Es ist meist komplexer, als es die schnell gewählten Worte darstellen (s.o.).

Die Nachfrage bestimmt das Angebot und im Falle der Wohnungen läßt sich das nicht einfach erhöhen. Und bei immer mehr Wohnungsinteressenten wird die Situation sicher nicht besser.

Aber verständlicherweise kann man sich über die hohen Kosten ärgern. Auch mich stört offensichtliches Abgezocke. Nur gab es das schon immer und ich glaube nicht, daß es in letzter Zeit zugenommen hat. Allerdings fällt in Anbetracht der Teuerungen einfach mehr auf, was auch am eigenen Geldbeutel beobachtet werden kann: Der Geldabfluß erhöht sich immer mehr und der Geldzufluß nimmt kaum zu.

Doch dann stolpere ich wieder: Warum sind ist man sich einig, daß man etwas gegen die AFD tun muß? Ist das keine demokratische Partei? Leider rutscht die gut angefangene sachliche Diskussion hier kurz in ein Klischee ab. Gleiches ist auch in (2) passiert. Udo Brandes schätze ich sehr, da immer wieder gute Buchtipps von ihm kommen. Aber warum wird die AFD mit dem Titel des “Rechtsextremismus” gebrandmarkt?

Ich fühle mich durch die Parteien = Linke, SPD, FDP, CDU und v.a. die Grünen, die ich früher gewählt hatte, heutzutage bedroht. Und ich sehe keine Bestrebungen in dieser Parteiengruppe zu einer wirklichen Änderung der aktuell gewählten Richtung.

Um es ganz klar zu sagen: Die Unterdrückungen, Lügen und Unverschämtheiten, die ich während der Corona-Zeit erleben mußte und an die sich fortwährend weitere Punkte mit massiven zukünftigen Eingriffen in das Privatleben ergänzen lassen (Klima, Auto, Heizung, …) haben mich in dem Entschluß gefestigt, genau das zu sein: Der üble Protestwähler, in der Hoffnung einen (Auf-)Bruch zu bewirken.

Vielleicht verrenne ich mich, Neoliberalismus halte ich für kritisch und übersehe den Rechtsextremismus dabei, den mir halt bisher keiner plausibel aufzeigen konnte.

Danke an die Nachdenkseiten und ich bin sehr froh, daß es Sie – und weitere freie Medien – (noch) gibt.

R.K.

5. Leserbrief

Liebes NDS-Team,

im Artikel “Links-grün versifft?” arbeitet sich nun nach Jens Berger auch Frank Blenz an diesem Ausdruck ab.

Aber ist der Begriff wirklich so falsch? “Die Grünen” haben die Farbe im Namen, “Die Linke” eben das “links” (unabhängig davon, ob sie wirklich noch “linke” oder “grüne” Politik machen), und die SPD hält sich selbst für links – so wie zur Zeit anscheinend jeder außer der AfD, weil die sind ja “Rechts”. Weiterhin schreiben meiner Erfahrung nach viele insbesondere ältere Menschen denen immer noch das Attribut “links” zu aufgrund der früheren Politik.

Ob man die eindeutige politische Präferenz sämtlicher Leit – bzw.- Massenmedien jetzt “versifft” nennen will, oder lieber “durchseucht”, an der Tatsache ändert das wenig. Jedenfalls ist es mehr als nur eine leichte “Tendenz” in deren Richtung, da ist ein starker beschreibender Begriff schon angebracht.

Der Begriff “Links-grün versifft” ist mittlerweile – auch wenn vielleicht nicht ganz korrekt – etwas, das den Großteil der veröffentlichten Meinung und die dahinterstehenden Parteien und Medien beschreibt, und mittlerweile etabliert ist. 

Wollen Sie in jeder Diskussion zunächst minutenlang einen Vortrag halten, dass der Begriff vielleicht nicht ganz passt? Belehren Sie auch jeden, der “Schraubenzieher” sagt dahingehend, dass es ein “Schraubendreher” ist? Beides ist wenig zielführend, und wird m.E. (zumindest innerlich) mit einem “jaja, ist ja gut” abgetan.

Beste Grüße,
H.B.

6. Leserbrief

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit großer Freude habe ich die Analyse von Herrn Frank Blenz zur Situation unserer Gesellschaft gelesen. Ich muss zugeben auch ich habe mich des Öfteren dabei erwischt, vor allem seit der Corona Politik, sehr abwertend über meine Mitmenschen nachzudenken. Wer ist davor schon gefeit angesichts der massiven Ausgrenzung und Beschimpfung Andersdenkender?

Allerdings begreife ich desto älter ich werde, welches Spiel hier gespielt wird. Kurz Erwähnung sollte hierbei finden, dass ich mit meinen 25 Jahren noch nicht über diese Lebenserfahrung verfüge, wie einige andere kritische Denker in diesem Land. Aber ich habe in den letzten Jahren meines Politisierungsprozesses festgestellt, dass die “alten” Begriffe “links” und “rechts” für mich sehr aus der Zeit gefallen sind. Ich kann mich weder mit dem einen, noch mit dem anderen identifizieren. Dies macht es auch schwer für mich eine politische Heimat zu finden. Vor allem da die politische Krisenthemen immer komplexer werden.

Das Dilemma lässt sich mMn an zwei Themenkomplexen festmachen:

  1. Die Kriegsthematik

    Ich habe mich selbst (wie vermutlich der Großteil der Menschen) als Pazifist verstanden. Eine früher klar linke Position, welche heute hauptsächlich von rechts oder den sogenannten “Altlinken” vertreten wird. Hier kommt man nun in das Dilemma, dass es für mich eigentlich nichts mit links oder rechts zu tun hat, ob man für Frieden ist oder nicht. Das sollte meiner Ansicht nach Konsens sein aber eben jener ist nicht mehr gegeben und ich befürchte, dass sich durch die zunehmende Stigmatisierung von Kriegsgegner oder besser gesagt, Diplomatie Befürwortern, die Masse in einen neuen Krieg “nudgen” lässt.

  2. Die Asylpolitik

    Hier ist die Abgrenzung in rechts und links schon etwas einfacher, jedoch hängt an diesem gewaltigen Themenblock, vor allem ein Themenbereich mit dran, die soziale Frage. Ich sehe mich hierbei auf Seiten der politischen Rechten, wenn es um die massenhafte Einwanderung aus muslimischen Ländern geht. Einerseits aufgrund des kulturellen Aspekts, dass ich denke die muslimische Kultur wird auf lange Sicht keine andere neben sich akzeptieren. Andererseits (und hier wird es wieder ein Dilemma) aus der sozialen Frage heraus. Die Statistiken aus Dänemark sind bekannt (MENAPT) und ich befürchte wir steuern immer weiter auf das Versagen des Sozialstaats zu, wenn wir die unkontrollierte Einwanderung nicht stoppen. Da kommt in mir der klassische Linke hervor, da ich der Meinung bin, dass wir einen funktionierenden Sozialstaat brauchen. Allerdings kann es nicht funktionieren, wenn jeder in diesen einwandert.

Ich kann und will mich in diesen Fragen nicht klar als links oder rechts definieren und eine vernünftige Diskussion, ohne Anfeindungen ist kaum noch möglich. Dies nehme ich aktiv in meinem Freundeskreis wahr. Wo früher ein aktiver Austausch über Themen stattfand (auch mit unterschiedlichen Meinungen) ist heute ein plumpes Schweigen über diese Themen, um nicht die Freundschaften zu gefährden. Dabei sollte gerade unter jungen Menschen ein reger Austausch über jene Themen geführt werden, schließlich geht es um unsere Zukunft.

Ich versuche trotzdem weiter positiv zu denken und verbleibe

mit freundlich Grüßen.

Von unserem Leser J.R.

7. Leserbrief

Mein Kollege Jens Berger schrieb kürzlich, dass es einstweilen um die ultimative Rettung der Demokratie und der Grundrechte ginge. Jens Berger und wir, mein guter Freund und ich, fragten uns aber auch: Wo waren diese braven Menschen eigentlich, als vor gar nicht allzu langer Zeit die Grundrechte durch die Coronamaßnahmen tatsächlich unter Beschuss lagen?

Eine mögliche Antwort könnte sich im Anhang finden…

P.S. Großer Dank an euch alle!

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Helmut Adams

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Das passt gut: Strack-Zimmermann als „Oma Courage“

13. März 2024 - 12:23

Die FDP bezeichnet ihre EU-Spitzenkandidatin auf neuen Plakaten als „Oma Courage“. Dieser Versuch, sich ans Erbe Bertolt Brechts anzubiedern, ist nach hinten losgegangen: Wussten die PR-Leute nicht um den problematischen Charakter von Brechts „Mutter Courage“? Oder ist das alles ein geplanter Coup, um die FDP ins Gespräch zu bringen? Wie auch immer: Wenn Strack-Zimmermann sich schon selber in die Nähe einer der bekanntesten Kriegsprofiteurinnen des Theaters rückt, dann sollte man diese Steilvorlage dankend annehmen. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

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Die FDP bestreitet den EU-Wahlkampf unter anderem mit einem Plakat der Kandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, auf dem diese als „Oma Courage“ angepriesen wird – eine klare Anspielung auf das 1938/39 von Bertolt Brecht geschriebene Theaterstück „Mutter Courage und ihre Kinder“. Wahlkämpfe sind oft Zeiten der peinlichen Selbstüberhöhung. Doch diese Kampagne der FDP verdient dann doch kurze Aufmerksamkeit.

Zunächst ist der Vorgang Ausdruck einer Zeit der Begriffsverwirrungen: Die FDP besitzt mittlerweile die Dreistigkeit zu versuchen, sich sogar indirekt am Erbe Brechts zu vergreifen, einem expliziten Gegner von neoliberaler Politik und Kriegstreiberei. Aber dieser Versuch der Brecht-Vereinnahmung ist für die FDP erwartungsgemäß nach hinten losgegangen: Die Schöpfer der Kampagne waren gedanklich wohl eher bei aktuellen pseudolinken Phänomenen wie den „Omas gegen Rechts“ als bei der Figur der Mutter Courage – denn diese Figur ist ein problematischer Charakter, der sich unbelehrbar am 30-jährigen Krieg bereichern möchte. Dass das Theaterstück eine Warnung an jene Menschen ist, die hoffen, durch geschicktes Handeln von einem Krieg profitieren zu können, und dass Bertolt Brecht mit dem Werk zusätzlich prinzipielle Abscheu vor Kriegen vermitteln wollte, das hat aktuell etwa der Schauspieler Gerd Buurmann in einem Artikel im Medium Achgut beschrieben.

Brecht-Bezug? Wie kommen Sie denn darauf…?

Der Vorgang beinhaltet neben dem Versuch, Brecht zu vereinnahmen, eine weitere Dreistigkeit: Konfrontiert mit der literarischen Fehldeutung, wird der mutmaßlich angestrebte „Brecht-Effekt“ nun von FDP-Seite einfach abgestritten. Auf die öffentliche Häme, die PR-Leute der FDP hätten da ein ziemliches Eigentor fabriziert, antwortet Strack-Zimmermann mit der Unterstellung, das Publikum würde die tatsächlichen Bezüge des Slogans einfach nicht kapieren:

Vielleicht ist es auch einfach ein Eigentor, wenn man einen Zusammenhang herstellt, der nicht existiert und stattdessen den Zusammenhang zwischen Oma, Europa und Courage nicht versteht.

Zusammengefasst: Erst möchten die PR-Strategen der FDP mutmaßlich auf die Unwissenheit des Publikums setzen, indem sie versuchen, sogar beim nicht gerade als neoliberalem oder kriegstreiberischem Vordenker bekannten Dichter Bertolt Brecht zu wildern. Dabei kommt ihnen allerdings die eigene Unwissenheit über den Inhalt des assoziierten Theaterstücks in die Quere. Als sich deshalb abzeichnet, dass das Plakat nach hinten losgehen könnte, weil Brechts Mutter Courage eine ziemlich unsympathische Kriegsprofiteurin ist, wird der Brecht-Bezug eilig zurückgewiesen. Um die Farce perfekt zu machen, wird nun, um nicht den Eindruck eines peinlichen Irrtums zu erwecken, ausgerechnet mit diesem Plakat eine Flucht nach vorne angetreten: Strack-Zimmermann posiert in diesem Video davor (ab Minute 1:05) und laut Medien findet der FDP-Generalsekretär das „Oma-Courage“-Motiv „besonders gut“.

Sie glaubt an den Krieg bis zuletzt“

Ist der Vorgang vielleicht gar kein Versehen, sondern eine gewiefte Taktik, um die in deutschen Umfragen bei etwa fünf Prozent liegende FDP ins Gespräch zu bringen? Geht man Strack-Zimmermann auf den Leim, wenn man das nun thematisiert und sie damit noch bekannter macht?

Diese Risiko gehe ich ein – denn die FDP hat eine schöne Steilvorlage für politische Kontrahenten geschaffen, indem sie Strack-Zimmermann indirekt in eine Reihe mit „Mutter Courage“ gestellt hat. Laut Buurmann sagte Brecht selber zur Mutter Courage:

Sie glaubt an den Krieg bis zuletzt. (…) Sie lernt so wenig aus der Katastrophe wie das Versuchskarnickel über Biologie lernt.

Titelbild: Screenshot bei „X“

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Stimmen aus der Ukraine: Noch glaubt Selenskyj an Revanche

13. März 2024 - 10:00

Die Moral der ukrainischen Armee ist durch die Niederlagen geschwächt, aber von einem Zusammenbruch ist nicht die Rede. Die ukrainische Gesellschaft glaubt immer weniger an einen Sieg, würde aber Verhandlungen als Kapitulation ansehen. Einige in der politischen Elite wären zu Kompromissen bereit, aber Wolodymyr Selenskyj glaubt noch immer an eine Revanche und würde bis zum Ende durchhalten. Der Westen hat es nicht eilig, Kiew zum Verhandeln zu bewegen, ebenso wenig wie Moskau, das auf die Zermürbung setzt.
Zwei Jahre nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine sprach der Chefredakteur des ungarischen Fachportals #Moszkvatér, Gábor Stier, mit dem ukrainischen Politikwissenschaftler Konstantin Bondarenko, Leiter der Stiftung Ukrainskaya Politika, über die vergangenen zwei Jahre, die Lage in der Ukraine und die Aussichten. Den Text hat Éva Péli ins Deutsche übersetzt.

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Gábor Stier: Der Krieg dauert nun schon zwei Jahre an, und ein Ende ist immer noch nicht absehbar. Aber eins scheint sicher zu sein: Die Ukraine ist in einer schlechten Position und kann diesen Krieg nicht gewinnen, wenn das Kräfteverhältnis und die aktuellen Trends anhalten. Sie hat das Recht, ihr Territorium zu verteidigen, aber meinen Sie nicht, dass es für Kiew sogar günstig wäre, wenn der Konflikt entlang der derzeitigen Frontlinien eingefroren würde?

Konstantin Bondarenko: Ja, dieser Gedanke wird zunehmend diskutiert, aber es gibt einige Hindernisse. Zunächst einmal verbietet ein Dekret des Präsidenten jegliche Verhandlungen mit Russland. Aber auch Moskau hat wiederholt deutlich gemacht, dass es nicht mit Kiew über die Beendigung des Konflikts verhandeln will, da die Ukraine nicht selbstständig ist, sondern mit den Vereinigten Staaten verbunden ist. Der Kreml bezieht sich dabei auf die Istanbuler Gespräche, die nach der Ausarbeitung des Abkommens im Frühjahr 2022 durch den Westen zum Scheitern gebracht wurden. Diese Lösung, die mit dem Friedensvertrag mit Finnland von 1940 verglichen werden könnte, liegt also in der Luft, aber Kiew will davon noch nichts wissen. Und Russland ist nur unter Berücksichtigung der Lage an den Fronten und der neuen Realitäten zu Verhandlungen bereit. Die Positionen liegen also weit auseinander.

Inzwischen würde Moskau lieber die Früchte seiner Zermürbungsstrategie ernten. Halten Sie einen Zusammenbruch der ukrainischen Armee für möglich?

Ja, aus Moskauer Sicht ist das offensichtlich eine Chance. Der Verlust von Awdijiwka, der russische Vormarsch an mehreren Fronten schwächt die Moral der ukrainischen Armee, aber es wäre stark übertrieben, von einem Zusammenbruch zu sprechen.

Es scheint, dass die ukrainischen Behörden die Flucht nach vorne ergreifen und nicht zu Friedensgesprächen bereit sind. Wie erklären Sie sich diese Entschlossenheit, die Realität zu ignorieren?

Präsident Selenskyj wird bei der Wiederherstellung der Grenzen von 1991 keine Kompromisse eingehen und glaubt, dass sich die Ukraine, wenn sie genügend hochwertige Technologie und Munition erhält, an Russland für 2014 und 2022 rächen kann. Kiew hofft also immer noch, genügend Waffen aus dem Westen zu bekommen und dass die aktuellen Schwierigkeiten mit der US-Finanzierung vorübergehend sind.

So viel zu der Macht. Aber was ist mit der Gesellschaft? Es scheint, als hätte sie auch nicht erkannt, dass die Ukraine diesen Krieg nicht gewinnen kann. Dass sie ihr Heimatland verteidigen, ist klar. Doch für Außenstehende erscheint dieses Beharren eher sinnlos. Wie lange kann aus Ihrer Sicht die Unterstützung für den Krieg noch anhalten?

Vor einem Jahr glaubten noch 83 Prozent der Ukrainer an einen Sieg, jetzt sind es nur noch 42 Prozent. Immer mehr Menschen sehen also der Realität ins Auge. Sie sehen, dass es an der Front schlecht aussieht und dass die Behörden mit Gewalt versuchen, die Menschen zu mobilisieren. Aber sie merken auch, dass die westlichen Gesellschaften und Eliten verunsichert sind, dass die Unterstützung schwindet.

Die Menschen sind immer weniger bereit, durch den Fleischwolf zu gehen, aber sie sind noch weit davon entfernt, sich gegen den Krieg aufzulehnen. Halten Sie es für möglich, dass sich die Gesellschaft nach einer gewissen Zeit gegen die Macht wendet und ein Ende des Krieges fordert?

Wir dürfen nicht vergessen, dass jede Kritik an den Behörden oder am Krieg, also jede Opposition heute als Unterstützung des Feindes strafbar ist. Selbst legitime Kritik wird von den Behörden als Unterstützung für Putin, als Verbreitung russischer Propaganda angesehen. Doch die Unzufriedenheit wächst, und es gibt vereinzelt leise Proteste, aber es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich die Gesellschaft gegen die Macht wendet. Natürlich ist nichts auszuschließen, denn 1916 dachte auch niemand in Russland daran, dass in wenigen Monaten die Revolution ausbrechen und der Zar zurücktreten würde. Aber die Situation in der Ukraine ist im Moment nicht revolutionär.

Das bedeutet, dass die Ukraine bereit ist, den Krieg fortzusetzen, wenn auch nicht mit dem gleichen Enthusiasmus wie früher.

Ja.

Dem Präsidenten geht langsam die Luft aus. Wie stabil ist die Situation von Selenskyj? Die Ablösung des Oberbefehlshabers Walerij Saluschnyj verlief zwar relativ ruhig, aber ist es völlig ausgeschlossen, dass sich die Armee gegen Selenskyj wendet?

Die Zukunft könnte davon abhängen, ob Saluschnyj politische Ambitionen hegt. Im Moment hat er weder ein Programm noch eine Ideologie, aber er hat die Unterstützung der Bevölkerung. Das erinnert mich ein wenig an den französischen General des späten 19. Jahrhunderts Georges Ernest Jean-Marie Boulanger, der vielen die Hoffnung auf Erneuerung und auf den Boulangismus versprach. Diese gesteigerte Erwartung an Saluschnyj, diese Hoffnung ist in gewisser Weise auch ein Zeichen für die Krise des Systems. Saluschnyj ist jedoch vorerst vorsichtig. Er zog sich zurück, aber er tritt vorerst nicht an, weil er merkt, dass es vorerst keine Wahlen geben wird, seine Zeit sei also noch nicht gekommen. Die Frage ist, ob sie überhaupt kommen wird. Was die Armee betrifft, so wird sie sich nicht gegen Selenskyj wenden. Aber im Mai läuft das Mandat des Präsidenten aus, und laut der Verfassung kann er es nicht einmal im Kriegszustand selbst verlängern. Das kann nur die Rada (das ukrainische Parlament, Anm. d. Red.) tun. Nach dem 20. Mai könnte Wolodymyr Selenskyj also in eine Legitimitätskrise geraten, die sein Ansehen im Westen beeinträchtigen könnte.

Genau. Der Präsident könnte auch dann scheitern, wenn seine westlichen Unterstützer ihn im Stich lassen. Wie lange, glauben Sie, wird Washington zu Selenskyj stehen? Wurde der Aufbau seines Nachfolgers bereits begonnen? Anders formuliert: Gibt es bereits einen Plan B für die irgendwann unvermeidlichen Waffenstillstandsgespräche?

Im Moment spricht Washington nicht über einen Plan B. Erst kürzlich hat sich Vizepräsidentin Kamala Harris in München für die Ukraine ausgesprochen. Was konkret Wolodymyr Selenskyj betrifft, so ist der Präsident zunehmend enttäuscht, woraus er keinen Hehl macht. Er gerät zunehmend mit den USA aneinander. Der Bruch erfolgte recht spektakulär auf dem NATO-Gipfel in Vilnius im Sommer 2023. Die Auseinandersetzung ist bereits so weit fortgeschritten, dass Selenskyj kürzlich erklärte, dass Kiew die Vereinigten Staaten nicht als strategischen Partner betrachten werde, wenn der Kongress nicht für ein Paket stimme, das die Unterstützung für die Ukraine einschließe. Gleichzeitig öffnet sich das Präsidialamt zunehmend gegenüber den Briten. Die Position von Selenskyj ist jedoch derzeit stabil. Diese Stabilität beruht auf der Tatsache, dass es keine Opposition gibt. Der Präsident nutzt den Kriegszustand und verhindert jeden politischen Wettbewerb mit der Begründung, er könnte den Feind unterstützen.

Bereits vor dem Ausbruch des Krieges hatte Selenskyj begonnen, ein autoritäres Regime aufzubauen …

Genau. Und zwar ein streng autoritäres Regime, das auf der Unterdrückung der Opposition, auf Korruption und Kompradorenverhalten beruht. Diese Macht schützt nicht die Interessen der Ukraine, sondern die der transnationalen Konzerne.

Da Sie diese Kräfte erwähnt haben: Inwieweit folgt der Krieg deren Interessen? Es gibt viele, die glauben, dass Washington nicht nur von geopolitischen Interessen geleitet wird, sondern auch von handfesten wirtschaftlichen Interessen.

Der US-Senator Lindsay Graham erwähnte – und auch Donald Trump hat sich dazu geäußert –, dass die Ukraine keine Unterstützung mehr erhalten wird, sondern Kredite, die mit Bodenschätzen wie Lithium, Kalium und Kobalt abgesichert sein werden. Diese Aussage hat in der Ukraine ernsthafte Debatten ausgelöst. Diese Bodenschätze gehören nämlich nach der Verfassung nicht dem Präsidenten, da sie nicht Eigentum des Staates, sondern des Volkes sind. Daher können diese Schätze ohne ein Referendum nicht als Garantien angeboten werden. Aber in der Ukraine sind bereits mit einem Portfolio von sechs Milliarden US-Dollar Vermögensverwaltungsriesen wie BlackRock oder Investoren in der Landwirtschaft wie Monsanto, Cargill und Dupont anwesend. Washington wird also von zwei Zielen angetrieben. Für den Staat geht es in erster Linie darum, Russland zu schwächen, während Investmentgruppen ein Auge auf das Territorium, das Land und die natürlichen Ressourcen der Ukraine geworfen haben. Für Letztere ist es das Beste, wenn so viele Ukrainer wie möglich auswandern. Das Problem der Arbeitskräfte wird durch Gastarbeiter gelöst werden.

Wir haben bereits gesehen, dass Washington und London sich nicht nur die Rollen teilen, sondern auch um Einfluss konkurrieren, und jeder hat seine eigenen Leute in der ukrainischen Elite.

Das ist richtig. Zum Beispiel ist Andrij Jermak, der Chef des Präsidialamtes, ein echter MI6-Agent, ein Brite, während die „Quartals“ mit grundlegend unterschiedlichen US-amerikanischen Machtgruppen „verbunden“ sind. Und Selenskyj ist sozusagen montags der Mann der US-Amerikaner und dienstags der Briten. Wir können in dieser Hinsicht nicht über Europa sprechen, weil es nicht wirklich in diesem Spiel mitspielt, sondern nur im Interesse der US-Amerikaner und der Briten.

Das wirft auch die Frage auf, wie unabhängig die Ukraine ist.

Seit dem zweiten Maidan im Jahr 2014 können wir nicht mehr von der Unabhängigkeit der Ukraine sprechen. Zu diesem Zeitpunkt begann die tatsächliche und effektive Kolonisierung der Ukraine. Die westlichen Institutionen haben im Wesentlichen die Kontrolle über die Ukraine übernommen. Russland war dazu nach 1991 nicht mehr in der Lage, und als das Land sich erholte und stärker wurde, wurde es von den westlichen Kolonialisten überholt.

Die Eliten des Westens bestehen immer noch darauf, die Ukraine rhetorisch zu unterstützen, aber Munition und Waffen werden immer knapper. Es gibt darüber hinaus in den westlichen Gesellschaften ein wachsendes Gefühl der Kriegsmüdigkeit. Nähert sich aus Ihrer Sicht die Zeit, in der der Westen die Ukraine an den Verhandlungstisch setzt?

Die USA sind weit weg, aber in Europa ist bereits Kriegsmüdigkeit zu spüren. Dies ist jedoch unter dem Gesichtspunkt, die Ukraine zu Verhandlungen zu zwingen, unerheblich, da Europa in diesem Spiel keine Karte in der Hand hält. Washingtons Wille ist wichtig, aber das Weiße Haus hat es nicht eilig, den Konflikt einzufrieren.

Ein Einfrieren des Konflikts ist nur möglich, wenn die direkt und indirekt Beteiligten dies als Sieg verkaufen können. Wie ist die Lage in dieser Hinsicht? Was kann ein Sieg für die jeweiligen Länder bedeuten?

Für Selenskyj bedeutet ein Sieg die Rückkehr zu den Grenzen der Ukraine von 1991, aber das ist realitätsfern. Ein neuer Präsident kann jedoch einen neuen Ansatz mit sich bringen. Denn es gibt Politiker in der Ukraine, sogar in Selenskyjs Umfeld, die zum Beispiel die Beibehaltung von Kiew und Odessa als Sieg betrachten und mit dem Verlust der Krim und der beiden Donbass-Regionen einen Waffenstillstand unterzeichnen würden.

Wladimir Putin hat mir jedoch auf meine Frage beim Waldai-Treffen 2023 gesagt, dass Odessa eine russische Stadt sei. Was bedeutet das Ihrer Meinung nach, und was würde Moskau als Sieg verbuchen?

Odessa zu erobern, ist nicht einfach, denn dazu müssten zuerst Cherson und Mykolajiw eingenommen werden. Und wir haben noch nicht über die Tatsache gesprochen, dass Odessa eine Millionenstadt ist und die russischen Streitkräfte in ihrem jetzigen Zustand nicht in der Lage wären, vom Schwarzen Meer aus zu landen. Dies würde eine weitere Mobilisierung oder einen vollständigen Zusammenbruch der ukrainischen Armee erfordern. Russland wäre jedoch – wie Putin und Lawrow wiederholt erklärt haben – zu Verhandlungen bereit, wobei die Lage an den Fronten zu berücksichtigen wäre.

Womit würde sich denn Washington zufriedengeben?

Das Ziel der USA ist es, Russland so weit wie möglich zu schwächen. Doch die Ukraine ist nur einer der Schauplätze der russisch-US-amerikanischen Konfrontation. Da sind auch noch Syrien, Afrika, die Arktis oder sogar Europa und der Pazifik. Die Ukraine ist natürlich der heißeste Punkt dieser Konfrontation, aber eine Lösung des Konflikts ist nur in Verbindung mit den anderen Themen möglich. Wenn Moskau und Washington beispielsweise einen Kompromiss in Bezug auf die NATO, die strategische Stabilität in Europa und die Atomwaffen erzielen könnten, wären die Vereinigten Staaten bereit, die Ukraine dafür zu opfern.

Damit haben Sie ausgesprochen, was ich denke, nämlich dass die Vereinigten Staaten die Ukraine nur für ihre geopolitischen Zwecke benutzen und bereit sind, sie zu opfern, wenn die Situation es erfordert. Fühlen sich die Ukrainer nicht verraten?

Ich sage das schon seit 2014. Der Westen benutzt die Ukraine als Rammbock gegen Russland. Er denkt, dass die Ukrainer für ihn die Kastanien aus dem Feuer holen werden. Wolodymyr Selenskyj wurde im Wesentlichen für diese Rolle „angeheuert“.

Fügen wir noch hinzu, dass es angesichts der Vergangenheit der Ukraine und der Mentalität der Ukrainer nicht schwer war, Kiew übers Ohr zu hauen.

Die Ukraine wurde nicht zufällig ausgewählt.

Der bekannte amerikanische Analyst George Friedman hat gesagt: Der Krieg ist vorbei, aber niemand weiß, wie man aufhört zu kämpfen. Es ist wirklich einfacher, einen Krieg anzufangen, als ihn zu beenden. Wie lange kann dieser Krieg wohl noch dauern?

Friedman hat recht. Niemand ist gerne ein Verlierer. Um den Konflikt zu beenden, müssen wir also versuchen, dass alle beteiligten Parteien so weit wie möglich ihr Gesicht wahren.

Es ist schon jetzt klar, dass die Ukraine der größte Verlierer dieser zwei Jahre ist.

Sie hat bisher die größten Verluste erlitten, aber es ist zu früh, sie als den größten Verlierer zu bezeichnen. Der Krieg ist noch lange nicht vorbei.

Demographisch und wirtschaftlich gesehen ist die Lage katastrophal, der Staat wäre ohne ausländische Hilfe bankrott, er hat 18 Prozent seines Territoriums verloren …

Ja, das stimmt.

Wie hätte die Ukraine Ihrer Meinung nach diese Situation vermeiden können? Haben sie alles getan, um einen Krieg zu vermeiden?

Die Ukraine hatte mehrere Gelegenheiten, den Krieg zu vermeiden. Die erste war am 9. Dezember 2019, als Selenskyj Putin, Merkel und Macron in Paris traf. Es ging um das Minsker Abkommen, und Selenskyj verpflichtete sich, es umzusetzen. Nach seiner Rückkehr nach Kiew erklärte er dann, dass die Ukraine sich nicht an das Minsker Abkommen halten werde. Die zweite im Oktober 2020, als die beiden separatistischen „Volksrepubliken“ des Donbass einen Kompromissvorschlag unterbreiteten, wonach ihnen der im Minsker Abkommen garantierte Sonderstatus für 30 Jahre zuerkannt werden sollte. Danach hätte die Angelegenheit überprüft werden können.

Schließlich erklärte Präsident Selenskyj kurz vor der Invasion auf der Münchner Konferenz provokativ, dass Kiew vom Budapester Memorandum zurücktreten werde. Dies konnte in Moskau zu Recht so interpretiert werden, dass sich die Ukraine bereit erklärt, ihre eigene Atomschlagkraft aufzubauen. Selbst Joe Biden hatte Selenskyj zuvor davon abgeraten, in dieser angespannten Situation nach München zu reisen. Und was macht der ukrainische Präsident? Er fuhr nicht nur hin, sondern provozierte Moskau.

Wie kann Kiew in der gegenwärtigen Situation seine Verluste begrenzen?

Dafür ist es zu spät, die Verluste sind enorm. Und wenn Selenskyj morgen ankündigen würde, dass er mit Moskau verhandeln würde, würde die Mehrheit der Ukrainer dies noch nicht als vernünftigen Kompromiss, sondern als Kapitulation verstehen und ablehnen. Nach all dem Leid würden die Soldaten nicht aufgeben, viele würden um ihr Kriegsgeschäft fürchten, die Nationalisten würden bis zum Schluss durchhalten und diejenigen, die zu Kompromissen bereit wären, würden eingeschüchtert und schweigen.

Kann die Ukraine für diesen Krieg durch eine mögliche EU- und NATO-Mitgliedschaft entschädigt werden?

Die Ukraine wird kein vollwertiges Mitglied der NATO sein. Das wäre ein zu großes Risiko für die NATO, und sie will sicher nicht, dass Artikel 5 in diesem Zusammenhang angewandt wird. Was die europäische Integration anbelangt, so hat die Ukraine keine der Grundvoraussetzungen dafür erfüllt, da sie über keine stabile Wirtschaft und kein stabiles Sozialsystem verfügt, der Staat am Rande des Bankrotts steht, die demokratischen Institutionen schwach sind und nicht einmal ihre Grenzen klar sind.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der ungarischen Wochenzeitung Demokrata.

Titelbild: Shutterstock / Review News

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Mit Scheinsicherheit dem Krieg entgegen

13. März 2024 - 9:05

Mit Forderungen, einen Milliardenbetrag für die „zivile Infrastruktur“ (unter anderem auch Bunker etc.) bereitzustellen, die im Fall eines Krieges wichtig sei, wird indirekt der aktuelle Militarismus unterstützt. Der Ausbau des Zivilschutzes stellt außerdem lediglich eine Scheinsicherheit dar, da die nukleare und chemisch-industrielle Infrastruktur Europas eine nicht zu beherrschende Gefahr im Kriegsfall bedeutet. Von Bernhard Trautvetter.

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Der Hauptgeschäftsführer des Kommunalverbandes, André Berghegger (CDU), forderte am Samstag vom Bund systematische Vorkehrungen – darunter mehr Bunker – zum Schutz der Bevölkerung bei militärischen Konflikten, was umgangssprachlich „Krieg“ heißt. Zitat:

Jetzt kommt es nicht nur darauf an, die Bundeswehr verteidigungsfähig zu machen. Es geht (…) um den Schutz der Bevölkerung vor kriegsbedingten Gefahren.

Diese Wortmeldung fügt sich in die Strategie von Boris Pistorius, Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Anton Hofreiter sowie weiteren Akteuren der Militärlobby ein, einen Mentalitätswechsel der Bevölkerung hin zur Kriegstüchtigkeit zu erwirken. Die Kriegsvorbereitung führt die Gesellschaft potenziell in den finalen Weltkrieg. Es geht hier um ein Eskalationsrisiko, das einzugehen niemand jemals das Recht hat.

Pistorius’ Werbung zur Wiedereinführung der Pflicht zum Militärdienst, die Aufrüstung, die immer weiter forcierten Spannungen gegenüber Russland und im Hintergrund auch China erzielen ihre Wirkung: Die NATO, die Hochrüstung auch auf Kosten der Daseinsvorsorge und sogar die Atomrüstung – all das findet in der Bevölkerung laut Medien immer mehr Unterstützung:

Weit über die Hälfte der Deutschen befürwortet größere Investitionen in die Verteidigung der Bundesrepublik.

Kritik, die vorkommt, richtet sich teilweise gegen militärische Schwächen wie die mangelnde Abhörsicherheit und weniger gegen die Hochrüstung.

Milliardenbetrag für die „zivile Infrastruktur“

In die mediale Stimmungs- und Meinungsmache im Sinn des Militarismus, die Clemens Ronnefeldt, Referent des deutschen Zweigs des internationalen Versöhnungsbundes, schon 2020 kritisierte, also zwei Jahre vor der Invasion Russlands in die Ukraine, stößt nun der Städte- und Gemeindebund mit seiner Forderung, einen Milliardenbetrag für die zivile Infrastruktur vorzusehen, die im Fall eines Krieges wichtig sei.

So sollen die Menschen dafür gewonnen werden, maximale Ruhe zu bewahren, während die Staatsführung immer mehr auf Militär setzt. Die 1980er Jahre sitzen der Militärlobby noch in den Knochen, als der Widerstand der Friedensbewegung Millionen Menschen erfasste. Der Aufbau einer Infrastruktur des Zivilschutzes stellt allerdings lediglich eine Scheinsicherheit dar, da die nukleare und chemisch-industrielle Infrastruktur Europas eine besondere Gefahr im Kriegsfall bedeutet. Und darüber hinaus hebelt diese Strategie und Propaganda das Friedensgebot des Grundgesetzes sowie des Völkerrechts aus.

Was hier geschieht, ist in der Tat Kriegsvorbereitung im Atomzeitalter. Diese Strategie geht unter anderem auf Jahrzehnte alte Konzepte zurück, wie es zum Beispiel der US-Militärstratege Colin S. Gray 1980 in seinem ›Foreign Policy‹-Text »Victory is Possible« entwickelte. Er schrieb:

Ein Nuklearkrieg ist möglich. Aber im Gegensatz zu Armageddon, dem apokalyptischen Krieg, der als Ende der Geschichte prophezeit wird, kann ein Atomkrieg eine Vielzahl von möglichen Folgen haben. Viele Kommentatoren und hochrangige US-Regierungsbeamte halten ihn für ein nicht überlebensfähiges Ereignis. Die Popularität dieser Ansicht in Washington hat eine so durchdringende und bösartige Wirkung auf die amerikanische Verteidigungsplanung, dass sie für die Vereinigten Staaten schnell zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird. (…)

Schläge gegen die UdSSR sollten gezielt gegen die Evakuierungsbunker der höchsten politischen und administrativen Führung, … geführt werden, gegen unentbehrliche Kommunikationszentren … der Regierung; und gegen viele wirtschaftliche, politische und militärische Dokumentationszentren. Schon eine nur begrenzte Zerstörung einiger dieser Ziele und eine weitreichende Isolierung eines Großteils der Schlüsselkader, die überleben, könnte für das Land revolutionäre Folgen haben. …

Strategen … können immerhin für sich in Anspruch nehmen, dass eine intelligente amerikanische Offensivstrategie, in Verbindung mit Heimatverteidigung, die US-Verluste auf etwa 20 Millionen Menschen reduzieren würde. Dies würde strategische Drohungen der USA glaubwürdiger machen.  (…)

Eine Kombination von offensivem Entwaffnungsschlag, Zivilschutz und einem Abwehrsystem gegen ballistische Raketen bzw. Luftabwehr müssten die US-Verluste so niedrig halten, dass ein nationales Überleben und Wiederaufbau möglich sind.“

Auf diese Atomkriegsstrategie wies die Friedensbewegung schon früh hin, sie wurde und wird aber von der Kriegspropaganda übertönt.

Die Leichtfertigkeit der Angriffsplanspiele

Wir haben hier das Konzept einer Bereitstellung von Enthauptungsschlagwaffen – wie die für Überraschungsangriffe gegen Leitzentralen und Militärsilos geeigneten Marschflugkörper, zu denen aktuell die Taurus-Marschflugkörper zählen, die von der Ukraine aus Ziele in Moskau und alle Infrastruktur westlich davon ausschalten könnten. Für die Abwehr eines russischen Gegenschlages bauen die USA bereits in Polen und Ungarn Systeme auf, die gegen Russland gerichtet sind. Und jetzt kommt die Forderung für die dritte Säule hinzu: den „Zivilschutz“ genannten Scheinschutz für die Bevölkerung in einem Erdteil mit circa 170 Atomreaktoren.

Ein solches Konzept allen Akteuren zu unterstellen, wäre eine nicht belegbare Behauptung. Das geleakte Geheimgespräch hochrangiger Bundeswehrgeneräle offenbart allerdings, in welcher Eskalationsspirale wir uns hier befinden, wie leichtfertig Militärs aus militärischen Optionen Angriffsplanspiele ableiten, die existenzielle Risiken eines nicht mehr kontrollierbaren Flächenbrandes enthalten. Was hier geschieht, das erinnert an die Abschiedsrede des damaligen US-Präsidenten Eisenhower, in der er 1961 vor dem militärisch-industriellen Komplex warnte:

Wir müssen uns davor hüten, dass der militärisch-industrielle Komplex unbefugt Einfluss ausübt, ob dies nun beabsichtigt oder unbeabsichtigt geschieht. Das Potential für den katastrophalen Anstieg unangebrachter Macht besteht und wird weiter bestehen.

Titelbild: Photoroyalty / Shutterstock

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Hinweise des Tages

13. März 2024 - 8:40

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  1. Taurus-Lieferung: Wird Scholz dem Druck der Grünen nachgeben?
  2. Rüstungstreiber Europa
  3. Ukraine-Krieg: „Armageddon“ war nahe
  4. Werner Herzog: „Jeder einzelne von uns ist zur Wachsamkeit aufgerufen“
  5. Militärkolonnen gen Osten
  6. Schleim und Selbstmitleid: 25 Jahre NATO-Osterweiterung
  7. Die missliche Lage der palästinensischen Flüchtlinge inmitten des Völkermords
  8. Der Niedergang des US-Imperiums – begleitet von kostspieligen Illusionen
  9. Zauberlehrlinge
  10. Unternehmen fliehen vor deutschen Kostennachteilen
  11. Einkommen, Mitsprache, Anerkennung: Erfahrungen im Job können demokratische Einstellungen stabilisieren – oder unterminieren
  12. EU-Datenschutzaufseher rügt Nutzung von Microsoft 365 durch EU-Kommission
  13. Correctiv beauftragt Firma von Baerbocks Ehemann für “Kommunikationsberatung”
  14. Wem ist die neue STIKO verpflichtet?
  15. Mit einem Russland-freundlichen Buch quer durch Deutschland

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  1. Taurus-Lieferung: Wird Scholz dem Druck der Grünen nachgeben?
    Führende Grünen-Abgeordnete fordern die Taurus-Lieferung. Die russische Staatsduma ruft den Bundestag zum Dialog auf: „Direkte bewaffnete Konfrontation verhindern.“
    In Russland wird die Debatte um die Taurus-Lieferung genau verfolgt. Solche Entwicklungen könnten zu einem Kriegseintritt Deutschlands führen und der Bundestag müsse dem entgegenwirken, hieß es in einem am Dienstag veröffentlichten Appell der Staatsduma in Moskau. Die Bundesrepublik habe sich im „Zwei-plus-Vier-Vertrag“ von 1990 verpflichtet, „dass von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird“. Dagegen zeige das unlängst veröffentlichte Gespräch deutscher Offiziere mit Luftwaffen-Inspekteur Ingo Gerhartz zu einem möglichen Taurus-Einsatz gegen russische Ziele, dass hier eine Gefahr bestehe.
    Quelle: Berliner Zeitung

    dazu: Chronologie der deutschen Waffenlieferungen in die Ukraine – wie sich der Debattenraum verschoben hat
    Quelle: NachDenkSeiten

  2. Rüstungstreiber Europa
    Die Staaten Europas haben ihre Rüstungsimporte im vergangenen Fünfjahreszeitraum nahezu verdoppelt und treiben damit die Militarisierung weltweit an vorderster Stelle voran. Dies geht aus aktuellen Statistiken des Stockholmer Forschungsinstituts SIPRI hervor. Demnach sind in allen Großregionen weltweit von Afrika über den Mittleren Osten bis Südostasien die Waffeneinfuhren zuletzt teils deutlich zurückgegangen – nur in Europa schnellten sie um 94 Prozent in die Höhe.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu auch: Martin Sonneborn: Zornige Abrechnung mit der „Kriegswirtschaft“ der EU
    Die EU will Milliarden im militärisch-industriellen Komplex versenken. Der Schwenk in Richtung Kriegswirtschaft ist ein Skandal.
    Quelle: Berliner Zeitung

  3. Ukraine-Krieg: „Armageddon“ war nahe
    Ein beliebtes Argument der Hardliner im Ukraine-Krieg lautet, die russischen Drohungen mit Atomwaffen könne und dürfe man nicht ernst nehmen. Doch die USA tun dies durchaus – einmal schien das nukleare „Armageddon“ sogar verdammt nahe.
    Dies geht aus einem Bericht der „New York Times“ hervor. „Biden’s Armageddon Moment: When Nuclear Detonation Seemed Possible in Ukraine“ heißt der Artikel. Im Herbst 2022 habe sogar US-Präsident Biden eine nukleare Eskalation gefürchtet.
    Quelle: Lost in Europe
  4. Werner Herzog: „Jeder einzelne von uns ist zur Wachsamkeit aufgerufen“
    Der Regisseur Werner Herzog warnt vor Manipulationen und Potemkinschen Dörfern. Misstrauen sei angebracht, auch gegenüber der eigenen Regierung.
    Wir erreichen den Regisseur Werner Herzog via Videokonferenz in seinem Haus in Los Angeles. Er ist konzentriert und gibt geduldig Antworten – auch auf die Frage aller Fragen: Was ist Wahrheit? Der Filmemacher, der in seinem Leben immer an die Grenzen ging, will wissen: Wo werden wir manipuliert, wo erliegen wir Illusionen?
    Quelle: Berliner Zeitung
  5. Militärkolonnen gen Osten
    Die Bundeswehr hat in Norwegen mit dem ersten Teilmanöver der Kriegsübung Quadriga begonnen. Bereits seit Januar kommt es im Zusammenhang mit dem deutschen Großmanöver und dem übergeordneten NATO-Manöver Steadfast Defender zu Truppenbewegungen über deutsche Infrastruktur. Auch in den kommenden Monaten werde weiterhin „viel Militär auf den Straßen“ zu sehen sein, kündigen die Streitkräfte an. Bis voraussichtlich Mai sollen nach Angaben der Truppe „zehntausende“ Soldaten „sowie tausende Gefechtsfahrzeuge zeitgleich durch Deutschland fahren“.
    Quelle: German Foreign Policy
  6. Schleim und Selbstmitleid: 25 Jahre NATO-Osterweiterung
    Nach 25 Jahren indirektem und direktem Feldzug gegen Russland geht unter allen europäischen NATO-Mitgliedern die Angst um, die USA könnten das Interesse an ihnen und ihren mäßigen Ergebnissen im Russland-Krieg verlieren und sich dem gegen China zuwenden. Die Helfer fürchten, die Suppe allein auslöffeln zu müssen. Diese »Verbündeten« haben, wie Sevim Dagdelen richtig bemerkte, heute ungefähr den Status der lateinamerikanischen US-Vasallen in den 70er und 80er Jahren: Bei Hofe unbeliebt, weil außer Schleim und Selbstmitleid nichts rüberkommt und mit dem Pack keine Wahlen zu gewinnen sind. Das mit der »einzigen Weltmacht« hat sich für viele auf dem Globus erledigt, siehe Papst. Bei den NATO-Europäern wird sich das herumsprechen.
    Quelle: Arnold Schölzel in junge Welt
  7. Die missliche Lage der palästinensischen Flüchtlinge inmitten des Völkermords
    Der israelische Friedensaktivist Miko Peled erklärt die unhaltbare Lage der palästinensischen Flüchtlinge, die vor dem israelischen Völkermord in Gaza fliehen.
    Um den Völkermord im Gazastreifen vollständig zu verstehen, müssen wir uns ansehen, wie Israel sich strategisch von jeder Verantwortung für das Schicksal der palästinensischen Flüchtlinge distanziert hat. Israel hat immer wieder Lügen und Erfindungen benutzt, um die Schuld am Umgang mit den palästinensischen Flüchtlingen anderen zuzuschieben.
    Quelle: Antikrieg

    dazu auch: Ramadan unter Bomben
    Krieg in Gaza: Israel treibt Besetzung und Spaltung des Küstenstreifens auch im Fastenmonat voran.
    Quelle: Karin Leukefeld in junge Welt

    und: Seekorridor kann dauerhaften Waffenstillstand nicht ersetzen
    Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW begrüßt den geplanten Seekorridor für die Lieferung von Hilfsgütern in den Gazastreifen, an der sich auch die Bundesregierung beteiligen will. „Hilfslieferungen per Luft und See können einen dauerhaften Waffenstillstand aber nicht ersetzen“, erklärt die IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen. Von der Bundesregierung fordert die Ärzt*innenorganisation den Einsatz für eine dauerhafte Waffenruhe sowie die Wiederaufnahme der Zahlungen an das palästinensische Hilfswerk UNRWA. Die Bundesregierung müsse ihre Waffenlieferungen nach Israel einstellen und gemeinsam mit der EU und vor allem den USA Druck auf die israelische Regierung ausüben. Angesichts der Menschenrechtsverletzungen des israelischen Militärs solle Deutschland die EU-Länder unterstützen, die fordern das Assoziierungsabkommen mit Israel auszusetzen, das beide Partner auf die Achtung der Menschenrechte verpflichtet.
    Quelle: IPPNW

  8. Der Niedergang des US-Imperiums – begleitet von kostspieligen Illusionen
    Viele Länder sind dabei, ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und ihre Erwartungen an die Zukunft dieser Beziehungen zu überdenken und neu zu gestalten. Ebenso stellen gewichtige Unternehmergruppen in den USA ihre Investitionsstrategien infrage.
    Diejenigen, die im Rahmen des neoliberalen Globalisierungswahns des letzten halben Jahrhunderts stark im Ausland investiert haben, sind besonders ängstlich. Sie rechnen mit Kosten und Verlusten, wenn sich die Politik in Richtung wirtschaftlicher Nationalismus bewegt.
    Quelle: Telepolis
  9. Zauberlehrlinge
    Noch klammert sich die Bundesregierung an ihre eigene Prognose von 0,2 Prozent Wirtschafts»wachstum« im laufenden Jahr – nachdem die deutsche Wirtschaft im letzten Jahr nach offiziellen Zahlen um 0,3 Prozent schrumpfte. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer widerspricht und rechnet mit einem weiteren, sogar noch beschleunigten Rückgang von 0,5 Prozent für 2024. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck räumte am 14. Februar in Leipzig zerknirscht ein: »So können wir nicht weitermachen.« Die wirtschaftliche Lage sei »dramatisch schlecht«. Schuld sind andere: Vor allem natürlich die Russen (Wirtschaftswachstum 2023: 3,5 Prozent), der chinesische »Staatskapitalismus« (Wirtschaftswachstum: 5,2 Prozent) und das Bundesverfassungsgericht, das der Regierung verboten hätte, noch mehr Schulden zu machen, um die Wirtschaft anzukurbeln.
    Quelle: Manfred Sohn in Ossietzky
  10. Unternehmen fliehen vor deutschen Kostennachteilen
    Deutsche Unternehmen investieren zunehmend im Ausland, um den hohen Kosten am Standort Deutschland zu entgehen. Das ist das Kernergebnis einer Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) unter Mitgliedsunternehmen. 35 Prozent der Industrieunternehmen geben darin die Kosteneinsparung als Hauptmotiv für ihr Auslandsengagement an.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung Christian Reimann: Nicht erwähnt wird jedoch, dass die hohen Kosten hierzulande u.a. eine Folge der falschen Energiepolitik der Bundesregierung und der EU-Kommission ist.

  11. Einkommen, Mitsprache, Anerkennung: Erfahrungen im Job können demokratische Einstellungen stabilisieren – oder unterminieren
    Das Erstarken rechtsextremer und anti-demokratischer Einstellungen in Deutschland steht mit Erfahrungen sozialer Desintegration in Verbindung, mit denen sich ein relevanter Teil der Bevölkerung konfrontiert sieht. Dazu zählen unter anderem Befürchtungen, den eigenen Lebensstandard nicht halten zu können, Sorgen um die Alterssicherung und um die berufliche Zukunft, die beispielsweise bei Erwerbspersonen, die zur AfD tendieren, weit überdurchschnittlich verbreitet sind. Aber auch mangelnde Mitsprache am Arbeitsplatz und das damit verbundene Gefühl, mit tiefgreifenden Veränderungen in Arbeitsleben und Gesellschaft ohne Möglichkeit zur Einflussnahme nicht Schritt halten zu können – oder der Eindruck, dass die berufliche Leistung vom Arbeitgeber nicht ausreichend anerkannt wird, sind wichtige Faktoren.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung
  12. EU-Datenschutzaufseher rügt Nutzung von Microsoft 365 durch EU-Kommission
    Der Europäische Datenschutzaufseher (EPDR) hat entschieden, dass die EU-Kommission durch die Nutzung des Softwarepakets Microsoft 365 das EU-Datenschutzrecht verletzt, insbesondere weil Daten von EU-Bürgern auf unkontrollierte Weise in Gebiete und Institutionen außerhalb der EU transferiert werden, wo kein vergleichbarer Datenschutz gewährleistet ist. Er hat der Kommission bis Dezember Zeit gegeben, diesen gesetzwidrigen Datentransfer zu unterbinden. Die Rechtswidrigkeit dürfte gleichermaßen für die sehr weit verbreitete Nutzung von Microsoft 365 durch Unternehmen in der EU gelten.
    Quelle: Norbert Häring

    Anmerkung Christian Reimann: Die Zusammenarbeit von Frau von der Leyen und Herrn Gates funktioniert offensichtlich auf vielfältige Weise – nach Corona und Green Deal nun das.

  13. Correctiv beauftragt Firma von Baerbocks Ehemann für “Kommunikationsberatung”
    Der 10. Februar dieses Jahres sollte der ganze große Tag für das selbst deklarierte “Medienhaus für investigativen Journalismus” Correctiv werden. Dies bezogen auf den Veröffentlichungstermin des mittlerweile mehr als zu hinterfragenden “Enthüllungsartikels” eines gemutmaßten und willkürlich unterstellten “Geheimtreffens” von Privatpersonen aus dem Umfeld der AfD und der CDU. Ein diskreditierter Anwesender, CDU-Mitglied und Staatsrechtler Ulrich Vosgerau, erzielte mittlerweile einen juristischen Teilsieg gegen Correctiv. Deren Leitungsebenen mit dem federführenden Geschäftsführer Schraven und Chefredakteurin Dowideit erkennen nun anscheinend nach einer Aneinanderreihung unprofessioneller Reaktionen den dringenden Bedarf professioneller PR-Beratung.
    Quelle: Bernhard Loyen in RT DE

    Anmerkung Christian Reimann: Ein Skandal, bei dem die Hauptmedien ruhig bleiben. Bitte lesen Sie dazu auch Ex-Verfassungsgerichtspräsident Papier rät von AfD-Verbotsantrag ab sowie dazu auch: Was bräuchte es für ein AfD-Verbotsverfahren? Interview mit Staatsrechtler Waldhoff | ZDFheute live und: Ulrich Vosgerau: „Ich werde rechtlich gegen ‚Correctiv‘ vorgehen“ mit einer Anmerkung.

  14. Wem ist die neue STIKO verpflichtet?
    In dieser Woche kommt die neue Ständige Impfkommission zu ihrer ersten konstituierenden Sitzung zusammen. Mehr als zwei Drittel der Stellen wurden vom Gesundheitsministerium überraschend und gegen den Willen des Gremiums neu besetzt – in intransparenter Weise und mit Personen, die zum Teil der Pharmaindustrie oder der Bundesregierung nahestehen. Impfempfehlungen sollen künftig zügiger beschlossen werden. Nachfragen blockt das Ministerium ab.
    Quelle: Karsten Montag in Multipolar
  15. Mit einem Russland-freundlichen Buch quer durch Deutschland
    Ich lebe seit 32 Jahren als Journalist in Moskau und schreibe für deutsche Medien. Anfang Februar fuhr ich zwei Wochen mit meiner Frau Swetlana, einer Russin, mit dem Auto durch Deutschland, um mein Buch „Mein Weg nach Russland. Erinnerungen eines Reportes“ auf Lesungen vorzustellen. In dem Buch geht es auch um meine Familie und um meinen Vater, der nie bereut hat, dass er am Überfall auf Russland 1941 beteiligt war.
    Quelle: Globalbridge
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Leserbriefe zu „Rüstungsausgaben = Investitionen? Manipulation und Denkfehler“

12. März 2024 - 15:44

Jens Berger thematisiert hier die Erklärung, nach der Rüstungsausgaben „Investitionen in die Sicherheit“ seien. Sie werde vor allem von den Grünen und der FDP bemüht. Immer höhere Militärausgaben sollen über Schattenhaushalte an der Schuldenbremse vorbei finanziert werden. Beide Parteien würden stets behaupten, solche Ausnahmen seien möglich, wenn es um „Investitionen geht, die Werte schaffen“. Sie hätten offenbar im Grundstudium der Volkswirtschaftslehre nicht richtig aufgepasst, denn: „Rüstungsausgaben sind aus volkswirtschaftlicher Sicht keine Investitionen, sondern Konsumausgaben“. Hierzu haben wir interessante Zuschriften bekommen. Danke dafür. Es folgt nun eine Auswahl der Leserbriefe. Zusammengestellt von Christian Reimann.

1. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger

Kompliment für Ihren Artikel zur „Aufklärung“ des Zusammenhanges zwischen Rüstungsausgaben und Investitionen. Es ist richtig, dass Schulden für die Rüstung keine Investition sondern Konsum ist.

Es gibt jedoch ein Punkt, bei dem dem nicht so ist. Wenn durch die militärische Aufrüstung andere Länder „erobert“ werden können und Rohstoffe, Menschen etc. „Ausgebeutet“ werden, entsteht naturgemäss ein Mehrwert.

Dies sollten mindestens die Wirtschaftsjournalisten von FAZ und Co. eigentlich nachvollziehen können. Beim Wirtschaftsminister bin ich mir nicht sicher, sodass ich diesem keine unlauteren Absichten unterstellen kann.

Freundlich grüsst
Richard Bhend

2. Leserbrief

Sehr geehrter Her Berger,

es braucht kein Volkswirtschaftsstudium.

Rüstungsausgaben sind “Investitionen” in Wegwerfartikel

Die Granaten, Raketen und Marschflugkörper  werden produziert um sie zu verschießen.

Dabei werden Menschen getötet und Sachwerte zerstört.

Panzer und Flugzeuge halten im Frieden Jahrzehnte. Im Krieg vielleicht drei Wochen.

Mit freundlichem Gruß
Steinbusch

3. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

Ihrem Fazit „Mit jedem Euro, den Deutschland für Waffen und nicht für echte Investitionen ausgibt, fällt es wirtschaftlich in der Zukunft zurück“ ist zuzustimmen. Aber die Begründung „Rüstungsausgaben sind aus volkswirtschaftlicher Sicht keine Investitionen, sondern Konsumausgaben“ ist nicht aktuell. In einem Beitrag des Deutschen Institut für Wirtschaft (Köln) „VGR-Revision 2014: Was bedeuten die höheren Investitionen für die ökonomische Analyse?“  wird korrekt protokolliert, dass mit dieser Revision der VGR „Militärische Waffensysteme als Investitionen des Staates“ gelten. Bis dato waren es Konsumausgaben des Staates!

Da es keine verlässliche volkswirtschaftliche Theorie gibt (verständlicher Bericht in: econstor.eu/bitstream/10419/270875/1/Voegele_Volkswirtschaftslehre.pdf) muss eben die Statistik hier wissenschaftliche (politische) Hilfsdienste leisten.

Gruss
Alexander B. Voegele

4. Leserbrief

Lieber Herr Berger,

wenn ich es positiv betrachte, dann wünschte ich Sie wären Wirtschaftsminister. Kompetenz in Sachen Wirtschaft und Finanzen, analytischer Sach- und gesunder Menschenverstand, im Gegensatz zu Ihnen geht das dem Habeck völlig ab.

Aber eines haben Sie nicht berücksichtigt, die Grünen pflegen eine “ganzheitliche” Betrachtungsweise. Und aus diesem Blickwinkel kommt es nicht allein auf die Wirtschaft an. Rüstungsausgaben schaden auch der Infrastruktur und dem Sozialstaat (Gesundheitswesen, Rente, Bildungswesen). Es geht darum Deutschland  “ganzheitlich” zu zerstören, Wirtschaft allein reicht da nicht. Und außerdem sind Rüstungsausgaben nicht nur finanzielle Transaktionen, sie provozieren auch einen Krieg. Und der würde das Land sicherlich ganz, ganz, ganzheitlich zerstören.

Das ist nicht vereinbar mit Habecks Amtseid? Geschenkt, der geht dem völlig ab, sein Chef sitzt jenseits des Atlantiks. Und reibt sich schon lange die Hände, angesichts dieser perfekt, in seinem Sinne, funktionierenden Ampelregierung.

Wenn es nicht so traurig und böse wäre…

Gruß,
Rolf Henze

5. Leserbrief

Hallo! 

Vielen Dank für die Aufklärung über diese neue Manipulation der Bevölkerung zur Rechtfertigung unfaßbar gesteigerter Kriegsausgaben. Allerdings ist die in meinen Augen viel größere Manipulation die Rechnung in Prozent/BIP. 

Ich weiß nicht, wer damit begonnen hat, aber die berüchtigten 2% BIP werden seit Jahren vor allem im Zusammenhang einer “Selbstverpflichtung” der NATO-Staaten genannt, diesen Geldbetrag für “Verteidigung” ausgeben zu müssen. Der einzige Grund für die Verwendung dieser Bezugsgröße ist meines Erachtens die Absicht, den Betrag für die Kriegsausgaben den Bevölkerungen gegenüber möglichst klein erscheinen zu lassen. 

Zwei Prozent… was ist das schon? Von mir aus drei, wenn´s hilft! So denken wohl viele beim Lesen/Hören solcher Angaben. Aber das BIP ist eine rein virtuelle Bezugsgröße, denn es stellt bei Lichte betrachtet noch nicht einmal die wahre Wirtschaftskraft eines Landes dar, da es sich um eine Art volkswirtschaftliche Umsatzberechnung handelt, und nicht um gesamtwirtschaftliche Gewinne, wie das Teilwort “Produkt” suggeriert. Und da es in Geldwerten gerechnet wird, die ihrerseits Schwankungen unterliegen (Inflation), ist es auch nicht wirklich solide zu berechnen. 

Vor allem aber ist das BIP eben keine verfügbare Geldsumme! Niemand verfügt über dieses Geld, nicht der Staat, nicht die Wirtschaft und nicht die Bürger. Nun aber die Rüstungsausgaben an einem Wert zu messen, den der Staat weder besitzt noch ausgeben kann, ist die eigentliche Manipulation. Zieht man nämlich die einzige relevante Größe dafür heran – den Staatshaushalt nämlich – ergeben sich völlig andere Verhältnisse! 2% vom BIP, das sind bei 4,12 Billionen im Jahr 2023 82,4 Milliarden Euro. Der Bundeshaushalt beträgt für 2024 geplant (ohne “Sondervermögen”) 476,8 Milliarden Euro. Zwei Prozent davon wären also lediglich 4,76 Milliarden Euro. Die angestrebten 82,4 Milliarden wären demgegenüber 17,3 Prozent des Bundeshaushaltes. Rund jeder Fünfte Euro dessen, was der Bund überhaupt als Ausgabenmittel zur Verfügung hat, würde dann also in die Rüstung fließen! 

Das hört sich schon viel krasser an, oder? Und deshalb wird es auch nicht offen ausgesprochen.

Gruß, Ole.

6. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

ich werde jetzt mal die Position des advocatus diaboli einnehmen:

was, wenn die Rendite darin bestünde, gigantische Bodenschätze des Donbass potentiell unter die eigene Kontrolle zu bringen? Wären Rüstungsgüter dann so gesehen nicht auch als Investitionen zu betrachten?

Ein solcher Invest kann natürlich auch mal schiefgehen -und es scheint tatsächlich fast ausgeschlossen, dass „der Westen“ die angeblich beträchtlichen Lithiumreserven im Donbass jemals noch unter seine Kontrolle bringen könnte, indem die Ukraine diese Gebiete wieder erobert und sichert-, dann haben aber wenigstens die Rüstungskonzerne noch Umsatz und Profit gemacht. Abschreiben kann der Staat diese „Invests“ auch in beträchtlicher Höhe, solange man ihm noch zutraut, die Zinsen zu tragen.

Was natürlich insofern auch von einer üblichen Investition abweicht, indem hierbei ganze Staaten für die Interessen von Großkonzernen z.B. „investieren“, bzw. von ihren Bürgern bezahlen lassen.

Und es gibt noch einen anderen Punkt. Jede Granate, die im Donbass Dörfer zerstört, Häuser dem Erdboden gleich macht etc. wird zu immensen Wiederaufbaukosten führen. Vermutlich kann eine Granate das Vielfache seiner eigenen Kosten neu generieren. Diese Kosten sind wiederum auch die betriebswirtschaftlichen Einnahmen der (Groß-)Unternehmen, die damit betraut werden. Es gibt ja schon gewaltige Pläne, wie viele 100 Milliarden oder sogar Billionen der Wiederaufbau der zerstörten Gebiete der Ukraine verschlingen wird.

Außerdem ist die Ukraine in jedem Fall als Absatzmarkt für westliche Waffen bereitet worden. Von den Russen wird die Ukraine jedenfalls keinerlei Rüstungsgüter mehr einkaufen (das Gas fließt aber trotzdem noch…). Um für diese Kontaktlinie auch weiterhin und in Zukunft regelmäßig Waffen verkaufen zu können, musste der Westen erst mal stützend eingreifen. Und gleichzeitig kann im Westen auch wieder Neues angeschafft werden, wenn man Altes in der Ukraine „entsorgen“ lässt.

Volkswirtschaftlich und menschlich gesehen ist das eine völlige Katastrophe.

Aber dennoch: ist es sehr abwegig, anzunehmen, dass manche Gruppen von einflussreichen Personen solche Rechnungen aufmachen und die Entscheidungsträger so beeinflussen, dass die das durchziehen?

Diese haben in der Regel auch keine Ahnung von Volkswirtschaft, so scheint es. Oder sie dürfen keine Ahnung haben.

Ich erinnere auch an die kollektive Beschaffung von COVID-Präparaten, wo statt der dem Volk versprochenen ausreichenden zwei Dosen aber 8(!) eingekauft wurden und deren Haltbarkeit erst auf dem Papier verlängert und dann irgendwann folgerichtig zu einem großen Teil „verschenkt“ oder verbrannt werden mussten. Völlig irre, möchte man meinen, aber in der Logik der Konzerne und deren Handlanger völlig konform und nachvollziehbar.

Mit freundlichen Grüßen
Pierre Lutomski

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