Regelinsolvenzen in Deutschland
20,2 % mehr Unternehmensinsolvenzen im Jan. 2023 als im Jan. 2022
1,9 % mehr Verbraucherinsolvenzen im Jan. 2023 gegenüber Jan. 2022
Von 'Statistisches Bundesamt' (Destatis)
Pressemitteilung Nr. 162 vom 19. April 2023
WIESBADEN – Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im März 2023 um 13,2 % gegenüber dem Vormonat gestiegen, nachdem sie bereits im Februar 2023 um 10,8 % gegenüber Januar 2023 zugenommen hatte. Bei den Ergebnissen ist zu berücksichtigen, dass die Verfahren erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik einfließen.
Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liegt in vielen Fällen annähernd drei Monate davor. Die Insolvenzstatistik bildet nur Geschäftsaufgaben ab, die im Zuge eines Insolvenzverfahrens ablaufen, nicht jedoch solche aus anderen Gründen beziehungsweise vor Eintritt akuter Zahlungsschwierigkeiten. Diese und weitere Hinweise sind bei der Interpretation der Insolvenzstatistik zu beachten.
► 20,2 % mehr Unternehmensinsolvenzen im Januar 2023 als im Vorjahresmonat
Im Januar 2023 haben die deutschen Amtsgerichte nach endgültigen Ergebnissen 1 271 beantragte Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Das waren 20,2 % mehr als im Januar 2022. Im Dezember 2022 war die Zahl der Unternehmensinsolvenzen bereits um 19,7 % gegenüber Dezember 2021 gestiegen.
Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus den im Januar 2023 gemeldeten Unternehmensinsolvenzen bezifferten die Amtsgerichte auf knapp 2,3 Milliarden Euro. Im Januar 2022 hatten die Forderungen bei über 1,4 Milliarden Euro gelegen.
► Baugewerbe mit den meisten Insolvenzen
Die meisten Unternehmensinsolvenzen gab es im Januar 2023 im Baugewerbe mit 246 Fällen (Januar 2022: 206; +19,4 %). Danach folgte der Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) mit 204 Verfahren (Januar 2022: 160; +27,5 %).
► 1,9 % mehr Verbraucherinsolvenzen im Januar 2023 als im Vorjahrjahresmonat
Die Zahl der beantragten Verbraucherinsolvenzen ist im Januar 2023 um 1,9 % gegenüber Januar 2022 gestiegen. Die Entwicklung der Verbraucherinsolvenzen ist seit Mitte des Jahres 2020 im Zusammenhang mit einem Gesetz zur schrittweisen Verkürzung von Restschuldbefreiungsverfahren von sechs auf drei Jahre zu betrachten. [>> Gesetzestext].
Die Neuregelung gilt für seit dem 1. Oktober 2020 beantragte Verbraucherinsolvenzverfahren. Sie ermöglicht den Betroffenen einen schnelleren wirtschaftlichen Neuanfang im Anschluss an ein Insolvenzverfahren. Daher ist davon auszugehen, dass viele überschuldete Privatpersonen ihren Insolvenzantrag zunächst zurückhielten, um von der Neuregelung zu profitieren. Dieser Nachholeffekt sorgte ab Anfang 2021 für einen starken Anstieg der Verbraucherinsolvenzen und scheint inzwischen beendet.
► Methodische Hinweise:
Die vorläufigen monatlichen Angaben zu Regelinsolvenzverfahren, hier für März 2023, basieren auf aktuellen Insolvenzbekanntmachungen aller Amtsgerichte in Deutschland. Sie weisen noch nicht die methodische Reife und Belastbarkeit amtlicher Statistiken auf und zählen daher zu den experimentellen Daten. Als Frühindikator gibt die Zahl der beantragten Regelinsolvenzverfahren jedoch Hinweise auf die Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen nach der amtlichen Insolvenzstatistik, deren Ergebnisse erst rund zwei Monate später verfügbar sind.
Von den Insolvenzverfahren in Deutschland sind rund 30 % Regelinsolvenzverfahren, zu denen in erster Linie alle Verfahren von Unternehmen zählen (rund 55 % aller Regelinsolvenzverfahren). Außerdem findet das Regelinsolvenzverfahren Anwendung bei Personen, die wirtschaftlich tätig sind. Dazu gehören unter anderem die persönlich haftenden Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft (oHG), Mehrheitsgesellschafter einer Kapitalgesellschaft sowie ehemals selbstständig Tätige, deren Vermögensverhältnisse als nicht überschaubar eingestuft werden. Zusätzlich werden beim Frühindikator aus technischen Gründen auch die Nachlass- und Gesamtgutinsolvenzverfahren miteinbezogen.
Die Insolvenzstatistik erfasst keine Unternehmensschließungen, die unabhängig von einer Insolvenzantragspflicht aus anderen Gründen erfolgen.
► Sonderregelungen in den Jahren 2020 und 2021 durch Corona und Hochwasser
Beim zeitlichen Vergleich der Insolvenzzahlen für Unternehmen ist zu beachten, dass das Insolvenzgeschehen in den Jahren 2020 und 2021 von Sonderregelungen geprägt war. Von Anfang März 2020 bis Mai 2021 war die Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen infolge der Corona-Pandemie ganz oder teilweise ausgesetzt. Beruhte der Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf den Auswirkungen der Starkregenfälle oder des Hochwassers im Juli 2021, war die Insolvenzantragspflicht bis 31. Januar 2022 ausgesetzt.
Weitere wichtige Hinweise zur Interpretation und Vergleichbarkeit der Insolvenzstatistiken bietet der Bereich „Methoden“ auf der Themenseite „Gewerbemeldungen und Insolvenzen“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes.
► Weitere Informationen:
Detaillierte Daten können über die Tabellen 52411 (Insolvenzen) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden. Weitere Ergebnisse und methodische Hinweise bietet die Fachserie 2, Reihe 4.1.
'Statistisches Bundesamt' (Destatis)
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► Quelle: Dieser Text erschien als Pressemitteilung Nr. 162 vom 19. April 2023 des Statistischen Bundesamtes, Wiesbaden.
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► Bild- und Grafikquellen:
1. Grafik: Beantragte Regelinsolvenzen. Copyright ©️ Statistisches Bundesamt (Destatis), Gustav-Stresemann-Ring 11, 65189 Wiesbaden
2. Dominoeffekt (mit in den Abgrund reißen infolge einer Kettenreaktion): Ein Unternehmen, das seine Pforten schließt, gibt folglich keine Marktanteile an die Konkurrenz ab. Dies hat zur Folge, dass auch bei Zulieferern – im weitesten Sinne beginnt das beim Vermieter der Geschäftsräume und der beauftragten Putzkolonne – Umsätze ausfallen, die nicht so leicht an anderer Stelle neu zu akquirieren sind.
Auch zahlreichen Branchen haben im vergangenen Jahr unzählige Unternehmen mindestens die Flucht aus Deutschland angetreten. Deutschland und weite Teile Europas werden von einer Verhinderungsbürokratie stranguliert, die jede Innovation unmöglich macht. Zudem sind große und kleine Unternehmen den ideologischen Wahnprojekten wirtschaftsfremder Politiker ausgesetzt, die sich in einer Mischung aus Fanatismus und Opportunismus permanent in wirtschaftliche Abläufe einmischen, von denen sie nichts verstehen.
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3. Banknoten dargestellt als Kugeln. Die Angst vor einer neuerlichen, katastrophalen Wirtschafts- und Finanzkrise geht schon länger um und wird immer wieder neu befeuert. Überall, wo sich die Finanzwirtschaft in der Ära des Wirtschaftsliberalismus (Neoliberalismus) die Pole Position gesichert hat, kommt es zu gewaltsamen Ausbrüchen. Urheber: geralt / Gerd Altmann, Freiburg. Quelle: Pixabay. Alle Pixabay-Inhalte dürfen kostenlos für kommerzielle und nicht-kommerzielle Anwendungen, genutzt werden - gedruckt und digital. Eine Genehmigung muß weder vom Bildautor noch von Pixabay eingeholt werden. Auch eine Quellenangabe ist nicht erforderlich. Pixabay-Inhalte dürfen verändert werden. Pixabay Lizenz. >> Bildgrafik.
4. Insolvent: Insolvenzgründe sind Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten zu bedienen. Grafik: kai kalhh, Hamburg. Quelle: Pixabay. Alle Pixabay-Inhalte dürfen kostenlos für kommerzielle und nicht-kommerzielle Anwendungen, genutzt werden - gedruckt und digital. Eine Genehmigung muß weder vom Bildautor noch von Pixabay eingeholt werden. Auch eine Quellenangabe ist nicht erforderlich. Pixabay-Inhalte dürfen verändert werden. Pixabay Lizenz. >> Grafik.
Über 30.000 Einkommensmillionäre in Deutschland
Von Holger Balodis und Dagmar Hühne
Vorsorgelüge-Newsletter 5/2023 vom 15.5.2023
Gute Nachricht: Die Zahl der Einkommensmillionäre hat hierzulande die 30.000er Marke überschritten. Jeder Einzelne erzielt dabei im Durchschnitt ein Jahreseinkommen von rund 3 Millionen Euro. Die schlechte Nachricht: Kein einziger dieser Topverdiener zahlt vermutlich davon auch nur einen einzigen Cent in die gesetzliche Rentenkasse. Und das völlig legal. Unternehmer und Spitzenmanager müssen keine Rentenbeiträge zahlen. Ebenso wie Beamte, Politiker und die meisten Freiberufler. Natürlich bekommen sie dann auch keine Rente, doch ihre Versorgung fällt in der Regel um ein vielfaches besser aus als die der gesetzlichen Rentner.
Sie kassieren üppige Gelder aus Unternehmensbeteiligungen, genießen Rentenzusagen ihrer früheren Arbeitgeber, sind in berufsständischen Versorgungswerken organisiert oder werden großzügig aus der Staatskasse alimentiert. Das zu ändern wird unter dem Ziel einer Erwerbstätigenversicherung diskutiert. Alle würden dann in ein Alterssicherungssystem, die Deutsche Rentenversicherung, einzahlen.
Gleiche Spielregeln und gleich hohe Renten bei vergleichbaren Berufskarrieren wären die Folge. Kurzum: mehr Gerechtigkeit.
Die Zahl der Beitragszahler könnte, würde man auch alle Minijobber konsequent beitragspflichtig machen, um über 10 Millionen steigen. Die Einnahmen würden kräftig steigen, und das für eine sehr lange Zeit.
Denn ein gern vorgebrachtes Gegenargument zieht nicht: Die Selbstständigen und Beamten bekämen – so wird oft gesagt - auch gute Renten, was die Mehreinnahmen wieder auffresse. Doch es ist keineswegs ein Nullsummenspiel. Jahrzehntelang zahlen die neuen Versicherten ein und sorgen so für erhebliche Mehreinnahmen. Ihre Renten werden hingegen erst nach Ende des Berufslebens fällig. Unterm Strich verschafft die schrittweise Eingliederung neuer Versicherter nachweislich über einen Zeitraum von rund 70 Jahren ein deutliches Plus für die Rentenkasse. Es würde dafür sorgen, dass die Rentenversicherung endlich dem Begriff Sozialversicherung gerecht werden kann. Höhere, armutsvermeidende Renten für alle mit einem viel stärkeren Sozialausgleich von reich zu arm wären möglich.
Dass es wirklich funktioniert, zeigt das Beispiel Österreich. Dort zahlen bereits alle ein. Im Ergebnis liegen die Pensionen in vielen Fällen rund 1.000 Euro über den Renten in Deutschland und es gibt eine Mindestrente, die Altersarmut von Geringverdienern wirksam bekämpft. Der Sozialausgleich funktioniert vor allem dadurch, dass die Arbeitgeber einen deutlich höheren Beitrag zahlen als die Arbeitnehmer. Einen anderen Weg geht die Schweiz. Dort zahlen auch alle ein und es gibt keine Beitragsbemessungsgrenze. Einkommen sind damit praktisch unbegrenzt beitragspflichtig. Auch die Einkommensmillionäre zahlen damit in voller Höhe ihren Beitrag in die Rentenkasse.
Die Beispiele zeigen: Solidarität und Sozialstaat sind möglich.
Man muss es nur wirklich wollen.
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Holger Balodis und Dagmar Hühne
h.balodis@netcologne.de
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