Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt stellt sich immer wieder.

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Helmut S. - ADMIN
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Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt stellt sich immer wieder.
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Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt stellt sich immer wieder.

by Gerhard Mersmann | NEUE DEBATTE

Armin-Laschet-Dekadenz-CDU-Ueberheblichkeit-Wahldebakel-Wahlniederlage-Wahlpleite-Selbstueberschaetzung-Kritisches-Netzwerk-Amtsniederlegung-Amtsverzicht-VersagerWann sollten Menschen, die in einer wichtigen Funktion sind, die sich in einer herausragenden Position befinden, die eine Führungsrolle wahrnehmen, selbst die Entscheidung ihrer Verabschiedung wählen oder wann ist es die Aufgabe der Organisation, in der diese wirken, darüber zu entscheiden, wann der Zeitpunkt da ist, sich voneinander zu trennen? Da spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: Emotionen, Selbstwertgefühl, Respekt, Nutzen und vor allem die Prognose auf eine positive Zukunft.

Menschen in den dem Individualismus verschriebenen Kulturen neigen dazu, bei der Beurteilung der Lage die subjektiven Eindrücke und Wünsche überzubewerten und die eigene Befindlichkeit ins Zentrum ihrer Überlegungen zu stellen.

Nur wenige bewahren sich die Fähigkeit, sich selbst in das Koordinatensystem zu stellen, das bei einer Beurteilung der Lage von Nutzen sein könnte. Zu diesem gehört die Einschätzung der eigenen Fähigkeiten, die Zweckausrichtung der Organisation, in der sie tätig sind, eine Analyse der Rahmenbedingungen, die sich permanent verändern und neue Herausforderungen mit sich bringen wie die Taxierung der Möglichkeiten, die neben dem Individuum die Organisation mit ihren Potenzialen selbst in sich bergen.

► Individuum und Mikrosysteme

Ist das Individuum selbst aus der Zeit gefallen und verspricht es nicht, mit den ständigen Umwälzungen standzuhalten, dann muss die Organisation dafür sorgen, dass der richtige Zeitpunkt einer Trennung getroffen wird. Kommt die der Organisation vorstehende Persönlichkeit zu der Einsicht, dass sie in der Lage wäre, die notwendigen Veränderungen innerhalb der Organisation vorzunehmen, die Organisation allerdings durch eine systemerhaltende Eigendynamik dieses zu verhindern in der Lage ist, dann ist es klug, selbst den Hut zu nehmen.

Time-to-say-Goodbye-Abgang-Abdankung-fuck-off-Amtsniederlegung-Amtsverzicht-Entmachtung-Kuendigung-Rauswurf-Kritisches-Netzwerk-Versager-Rauswurf-und-tschuess

Das Gemeinsame, das Führungsindividuum und Organisation aufweisen, ist immer temporär. Ist dieses weder dem Individuum noch der Organisation bewusst, dann ist ein Ende mit Schrecken unausweichlich. Misserfolge stellen sich ein, Schuldige werden gesucht, Fortschritte im Sinne einer gemeinsamen Zielerreichung bleiben aus.

Unter diesen Aspekten ist es immer interessant, sich das ganze Portfolio von Politik, Wirtschaft, Sport und die vielen Mikrosysteme einer Gesellschaft anzuschauen. Was überwiegt? Die kritische Analyse und das Zurückstellen der eigenen Befindlichkeit, der eigenen Wünsche und Motivlagen oder eine problematische Wahrnehmung der Gesamtlage und der Hang zur Nostalgie, der den Fokus auf bessere, goldene vergangene Zeiten richtet und sich in Durchhalteparolen verliert?

► Abgang und Wandel verpasst

Armin-Laschet-CDU-Selbstueberschaetzung-Kritisches-Netzwerk-Politdarsteller-Politeunuche-Amtsniederlegung-Amtsverzicht-Versager-Wahldebakel-Wahlniederlage-WahlpleiteDas besagte Portfolio bietet bei näherem Hinschauen einen Befund, der nicht zuversichtlich stimmen kann. Ob in der Politik, die sich von dem Instrument der Selbstkritik verabschiedet hat, ob in den wesentlichen Bereichen der Industrie, die sich am schalen Rausch vergangener goldener Zeiten labt, ob in der Verwaltung, die sich in einem längst verblichenen Ruf sonnt.

Oder ob in den großen Organisationen des Sports und in vielen kleinen Gesellschaften und Vereinen: die gravierenden globalen Veränderungen haben bis heute nicht dazu geführt, dass die wichtigsten Funktionsträger wie die Organisationen selbst den Weg frei gemacht hätten, sich auf eine Standortbestimmung zu konzentrieren, die die eigenen Defizite, Potenziale und Ressourcen einer kritischen Revue passieren ließen, um den Weg für eine positive Zukunftsgestaltung frei zu machen.

Stattdessen herrscht eine Apologetik vor, also die Verteidigung einer (Welt-)Anschauung, die alte, nicht mehr zielführende Prinzipien hoch- und an dem zunehmend überforderten Personal festhält. Das Gros des führenden Personals wie die gesellschaftlich wichtigen Organisationen erliegen dabei einer flächendeckenden Emotionalisierung, die zu Hysterie und Schuldzuweisung führt. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel, doch der richtige Zeitpunkt für den Abgang und die Einleitung des Wandels wird zuverlässig verpasst. 

Gerhard Mersmann


Quelle: Dieser Artikel wurde am 1. Juli 2021 erstveröffentlicht auf der Webseite NEUE DEBATTE - "Journalismus und Wissenschaft von unten" >> Artikel. Alle auf NEUE DEBATTE veröffentlichten Werke (Beiträge, Interviews, Reportagen usw.) sind – sofern nicht anders angegeben oder ohne entsprechenden Hinweis versehen – unter einer Creative Commons Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International; CC BY-NC-ND 4.0) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen dürfen diese von Dritten verbreitet und vervielfältigt werden.

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Gerhard Mersmann, Dr. phil., (Jahrgang 1956), gebürtiger Westfale, ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen.

Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Publizistische Aktivitäten durchziehen seine gesamte Biographie. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen. Mersmanns persönliches Blog >> https://form7.wordpress.com/ .


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1. Armin Laschet (CDU) zeigt seinen kleinen Finger: Fotograf / Urheber: Dirk Vorderstraße, 59192 Bergkamen. Quellen: Flickr und vorderstrasse.de. Das Foto "Armin Laschet (CDU) zeigt seinen kleinen Finger" mit der Foto-ID 13047 ist urheberrechtlich geschützt und kann unter der Creative Commons–Lizenz Attribution 3.0 Unported-Lizenz - kurz CC BY 3.0 - verwendet werden. Dies bedeutet, dass Sie das Foto sowohl privat als auch kommerziell kostenlos verwenden können, wenn Sie den Namen des Urhebers und den Werktitel nennen und zusätzlich das Werk und auch die Lizenzbedingungen verlinken.

2. TIME TO SAY GOODBYE. Es ist Zeit zu gehen - FUCK OFF ARMIN!  Grafik: geralt / Gerd Altmann, Freiburg. Quelle: Pixabay. Alle Pixabay-Inhalte dürfen kostenlos für kommerzielle und nicht-kommerzielle Anwendungen, genutzt werden - gedruckt und digital. Eine Genehmigung muß weder vom Bildautor noch von Pixabay eingeholt werden. Auch eine Quellenangabe ist nicht erforderlich. Pixabay-Inhalte dürfen verändert werden. Pixabay Lizenz. >> Foto.

3. Armin Laschet (* 18. Februar 1961 in Aachen, Ortsteil Burtscheid) wurde 2017 elfter Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen. Seit Januar 2021 ist Laschet der neunte Bundesvorsitzende der CDU und seit dem April desselben Jahres Kanzlerkandidat der Union für die Bundestagswahl 2021. Im Mai 2021 äußerte Laschet, dass er bei der Ausgestaltung und Höhe der Regelsätze von Hartz IV keinen Änderungsbedarf sehe (im Gegensatz zu den anderen Bewerbern für das Kanzleramt bei der Bundestagswahl 2021). Er sagte dazu: „[...] sozial gerecht ist nicht Hartz 4 zu erhöhen, sondern jemanden, der in Hartz 4 ist, insbesondere den Kindern, heraus zu helfen, dass sie in Zukunft, im Gegensatz zu ihren Eltern, das vielleicht selbst schaffen.Bildbearbeitung: Wilfried Kahrs (WiKa).