Die Zentralbanken – Retter oder Totengräber des globalen Finanzsystems?

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Ernst Wolff
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Die Zentralbanken – Retter oder Totengräber des globalen Finanzsystems?
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Die Zentralbanken

Retter oder Totengräber des globalen Finanzsystems?

Zehn Jahre nach dem Höhepunkt der Krise von 2007/08 gibt es im Großen und Ganzen drei unterschiedliche Bewertungen der aktuellen Situation im Finanzsystem: Zum einen wird behauptet, das System habe sich erholt, die Probleme seien überwunden und sämtliche Crash-Propheten damit widerlegt. Zum anderen heißt es, keines der Probleme sei gelöst und wir stünden vor einer neuen, weitaus schlimmeren Krise als vor zehn Jahren. Einer dritten Meinung zufolge zufolge sind die Probleme zwar nicht gelöst, die Verantwortlichen aber in der Lage, das System durch gezielte Maßnahmen unbegrenzt am Leben zu erhalten.

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Dass sich drei so unvereinbare Standpunkte herausbilden konnten, liegt am Finanzsystem selbst: Es befindet sich derzeit auf absolutem Neuland, da es seit dem Beinahe-Crash von 2008 fast ausschließlich von einem einzigen Phänomen beherrscht wird: der allumfassenden Manipulation durch die Zentralbanken.

► Der Preis für die Rettung des Systems: Mehr Schulden, höhere Risiken

Nachdem die von der Krise betroffenen Staaten 2008 zahlreiche Banken und Großkonzerne vor dem Untergang gerettet und ihre finanziellen Möglichkeiten erschöpft hatten, griffen die Zentralbanken ein, schöpften immer größere Summen Geld und vergaben sie zu immer niedrigeren Zinssätzen.

Damit retteten sie das System in der Tat vor dem Zusammenbruch, lösten aber keines der Probleme, die in die Krise geführt hatten. Im Gegenteil: Das neu geschöpfte Geld wanderte zum überwiegenden Teil erneut in die Spekulation, erzeugte riesige Blasen an den Finanzmärkten und führte zu einer nie dagewesenen Verschuldung. Das Ergebnis: Die Risiken im System sind heute nicht nur höher als damals, es sind auch neue hinzugekommen.

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Hier zwei Beispiele für neu entstandene Risiken: Zum einen sind Rentenkassen und Pensionsfonds, die ihre Gelder jahrzehntelang sicherheitsbetont verwaltet haben, durch Niedrig- und Nullzinsen gezwungen worden, sich immer stärker am internationalen Finanzcasino zu beteiligen. Sollte es zu einer größeren Korrektur oder gar einem Einbruch an den Märkten kommen, würde das für sie riesige Ausfälle bedeuten – mit unabsehbaren Konsequenzen für die betroffenen Senioren.

Zum anderen haben die niedrigen Zinsen so viele Investoren wie nie zuvor dazu verleitet, mit geliehenem Geld zu spekulieren. Sollten die Märkte plötzlich einbrechen und die Gläubiger ihr Geld zurückfordern, hätte das angesichts des rekordhohen Schuldenberges wesentlich schlimmere Auswirkungen als vor zehn Jahren und könnte das gesamte System sogar zum Einsturz bringen.

► Sind die Zentralbanker inzwischen allmächtig?

Hinzu kommt noch die Tatsache, dass die Zentralbanken in großem Stil Staats- und Unternehmensanleihen sowie Aktien gekauft haben. Zwar haben sie auf diese Weise mehrmals die Märkte stabilisiert, dafür aber auch notwendige Korrekturen verhindert, so dass wir es seit über elf Jahren, von kleinen Unterbrechungen abgesehen, mit steigenden Kursen zu tun haben. Diese wiederum haben zur Folge, dass Investoren selbst auf Höchstständen in die Märkte einsteigen und die Rallye weiter vorantreiben.

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Diese durch die Zentralbanken künstlich angetriebene Entwicklung hat die Instabilität im globalen Finanzsystem also gefördert und die Risiken erheblich erhöht. Doch droht tatsächlich ein Crash? Oder ist es möglich, dass die verantwortlichen Zentralbanker das System inzwischen so gut beherrschen, dass sie seinen Zusammenbruch auf Dauer verhindern können?

Werfen wir hierzu einen Blick auf ihre derzeitige Geldpolitik: Die Zentralbanker versuchen seit einiger Zeit, die Politik des „billigen Geldes“ zu beenden und zu einer Normalität im Finanzsystem zurückzukehren. Grund für diese Umkehr ist das Wissen um die Gefahren einer massiven Korrektur, eines Crashs oder auch einer auf Grund der Geldschwemme drohenden Hyperinflation – drei Phänomene, die mit der bisherigen Strategie schwer oder nicht mehr zu beherrschen wären.

ernst_wolff_finanztsunami_wie_das_globale_finanzsystem_uns_alle_bedroht_kritisches_netzwerk_tsunami_finanzcrash_finanzelite_finanzindustrie_neoliberalismus_bretton_woods_deregulierung.jpg Diese „Straffung“ der Geldpolitik hat allerdings Folgen, die das System noch tiefer in die Krise führen: Sie erschwert nämlich die Bedienung von Schulden, verhindert die Aufnahme neuer Kredite, bremst damit die Wirtschaft und die Aktivitäten an den Finanzmärkten aus, führt zur Flucht aus schwächeren Währungen, treibt den Kurs der Fluchtwährungen in die Höhe und schadet der Exportwirtschaft.

Eine „Umkehr“ führt also direkt in die nächste Krise, aus der es wiederum nur einen Ausweg geben kann: Die Rückkehr zur lockeren Geldpolitik. Dann aber wird es richtig schwierig, denn zum Auffangen des Systems müssten die Zinsen kräftig gesenkt werden. Die aber sind bereits so niedrig, dass eine Zinssenkung kaum Wirkung zeigen würde. Also bliebe den Verantwortlichen nur noch ein allerletztes Mittel: Es müssten noch größere Summen als bisher ins System gepumpt und damit alle Schleusen für eine zukünftige Hyperinflation geöffnet werden.

Die Analyse zeigt also: Die Zentralbanken haben das System zwar gerettet, aber ihre Maßnahmen haben es gleichzeitig weiter untergraben und ausgehöhlt. Egal, ob lockere oder straffe Geldpolitik: Der endgültige Zusammenbruch des Systems kann nicht mehr verhindert, sondern nur noch aufgeschoben werden – wobei der finale Crash umso heftiger ausfallen wird, je länger die Mega-Manipulation der Märkte durch die Zentralbanken noch andauert.

Ernst Wolff, Berlin


► Bild- und Grafikquellen:

1. 500-US-Dollar-Schein. Grafik: geralt / Gerd Altmann, Freiburg. Quelle: Pixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden. >> Grafik.

2. Finanzblasen. Foto: geralt  / Gerd Altmann, Freiburg. Quelle: Pixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden. >> Bild.

3. PROFIT - LOSS - RISK. Foto: freeGraphicToday / Gino Crescoli, Hua Hin/Thailand. Quelle: Pixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden. >> Bild.

4. Buchcover: "Finanztsunami - wie das globale Finanzsystem uns alle bedroht" von Ernst Wolff. ISBN: 978-3-94131-081-0. Verlag: edition e. wolff;  Bestellung z.B. bei hugendubel.de - weiter. (portofrei) >> zur Buchvorstellung im KN.

Das Finanzwesen erschließt sich nur Fachleuten und braucht euch Normalbürger nicht zu interessieren, weil es euer Alltagsleben nur am Rande berührt“ – so wurde es uns jahrzehntelang eingebläut. Das Gegenteil ist der Fall: Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, hat sich die Finanzindustrie zur mächtigsten Größe auf unserem Planeten entwickelt. Dabei bleibt ihr Führungspersonal im Dunkeln und lenkt die Geschicke der Welt auf eine Weise, die selbst bei genauer Betrachtung nur schwer zu durchschauen ist.

Mit seiner packenden Darstellung der Machenschaften und Akteure der Finanzwirtschaft weist Ernst Wolff ein weiteres Mal auf sein zentrales Anliegen hin: die Herrschaft einer übermächtigen Elite zu beenden, deren Gier unsere Lebensgrundlagen zerstört und unsere Zukunft gefährdet.

Inhalt:

1. Die neue Supermacht: Die Finanzmärkte
2. Eine erste Kurz-Diagnose
3. Der Ursprung des Systems: Bretton Woods
4. Die Macht hinter dem System: Die Federal Reserve
5. Ziemlich beste Freunde: US-Finanzwirtschaft und US-Politik
6. Der Erste Weltkrieg und seine heimlichen Finanziers
7. Nach dem Krieg: Die Wall Street hilft Deutschland wieder auf die Beine
8. Das Wall-Street-Prinzip: Profitieren und destabilisieren
9. Die Russische Revolution - erkauft und aus dem Ruder gelaufen
10. Deutschlands Finanzelite entscheidet sich für den Krieg
11. Ausländisches Geld hilft, Hitlers Kriegsmaschinerie zu ölen
12. Der Zweite Weltkrieg schafft die erste globale Supermacht
13. Neue Feindbilder müssen her: Sowjetunion und Kommunismus
14. Die Rüstungsindustrie will Krieg - und bekommt den »Kalten Krieg«
15. Die neue Finanzordnung: Der US-Dollar erobert die Welt
16. Der US-Dollar verliert seine Grundlage - und wird trotzdem stärker
17. Der Boom geht, der Neoliberalismus kommt
18. »Finanzielle Massenvernichtungswaffen« zeigen ihre Wirkung
19. Ein neuer Aufrüstungs­grund: Der »Krieg gegen den Terror«
20. Die Welt am Rande des Finanz-Abgrundes
21. Der verzweifelte Kampf gegen den Untergang
22. Was passiert, wenn der Tsunami einsetzt?
23. Sind wir machtlos?
Endnoten
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