Drei Handwerksbranchen heben ab 1. Mai ihre Mindestlöhne an
von Markus Krüsemann / miese-jobs.de
Die ab heute (1. Mai 2018) erneut steigenden Branchenmindestlöhne im Maler- und Lackiererhandwerk, im Gerüstbauerhandwerk sowie im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk liegen länger schon auf Niveaus deutlich oberhalb des gesetzlichen Mindestlohns. Im Hinblick auf eine auskömmliche Rente im Alter besteht aber weiterhin Nachbesserungsbedarf.
Vom heutigen Tag an gelten im Maler- u. Lackiererhandwerk (ca. 115.000 Beschäftigte) höhere Mindestlöhne. Ungelernte ArbeitnehmerInnen erhalten jetzt bundesweit 10,60 Euro, statt zuvor 10,35 Euro, das entspricht einem Plus von 2,4 Prozent. Für Gesellen in Westdeutschland (inkl. Berlin) steigt die untere Entgeltgrenze nur um magere 1,5 Prozent und zwar von 13,10 auf 13,30 Euro.
Davon sind Gesellen im Osten noch deutlich entfernt. Sie erhalten ab heute mindestens 12,40 Euro. Immerhin ist das gegenüber dem bisherigen Stundenlohn vom 11,85 Euro eine Anhebung um 4,6 Prozent, was eine Annäherung an die Westlöhne bedeutet. Die endgültige Entgeltgleichheit ist allerdings erst für den Mai 2020 zwischen den Tarifpartnern verabredet.
Seit August 2013 hat das Gerüstbauerhandwerk, das etwa 21.000 ArbeitnehmerInnen beschäftigt, eine eigene Lohnuntergrenze. Gestartet ist man damals mit 9,50 Euro (siehe 17.07.2013). Heute steigt der bundesweit einheitliche Mindestlohn von 11,00 auf 11,35 Euro, ein Plus von knapp 3,2 Prozent.
Die Allgemeinverbindlicherklärung durch die Bundesregierung steht allerdings noch aus. Erst durch sie wird er auch für Beschäftigte in nicht tarifgebundenen Betrieben und für Beschäftigte, die aus dem Ausland entsendet werden, verpflichtend.
Im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk steht ebenfalls ein höherer Mindestlohn ins Haus. Der beschränkt sich allerdings auf die neuen Bundesländer. Während es im Westen (inkl. Berlin) bei 11,40 Euro bleibt, schließen die Beschäftigten der neuen Bundesländer mit einem Plus von 20 Cent pro Stunde endlich zu ihren KollegInnen im Westen auf, sodass die Entgeltgleichheit nun auch hier vollzogen ist. Die ersten allgemeinverbindlichen Lohnuntergrenzen wurden im Herbst 2013 eingeführt. Sie lagen damals schon bei vergleichsweise hohen 10,13 in Ostdeutschland und 11,00 Euro pro Stunde im Westen (siehe 18.09.2013).
► Zum Leben genug - auch im Alter?
Große Sprünge sind bei den neuen Lohnniveaus zwar nirgends drin, doch wird in allen drei Gewerken deutlich oberhalb des gesetzlichen Mindestlohns gezahlt, der derzeit bei viel zu niedrigen 8,87 Euro/Stunde (brutto) liegt. Mit Ausnahme der Lohngruppe der ungelernten Maler und Lackierer liegen die Mindestentgelte auch allesamt oberhalb der Niedriglohnschwelle, die nach aktuellen Berechnungen von Forschungsinstituten der Hans-Böckler-Stiftung im Jahr 2016 bei 10,78 pro Stunde gelegen hat.
Fest steht außerdem, dass die jetzt gültigen Branchenmindestlöhne in den allermeisten Fällen ausreichen, damit rechnerisch zumindest die alleinstehenden HandwerkerInnen ihre Existenz aus eigener Kraft sichern können. Dies gilt auch in Großstadtregionen, in denen die Lebenshaltungskosten auf Grund der oft enorm gestiegenen Mietkosten besonders hoch ausfallen. Einzige Ausnahme: die Stadt München. Hier müsste ein/e alleinstehende/r Vollzeitbeschäftigte mit einer 40-Stunden-Woche (dies ist etwa die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Maler- und Lackiererhandwerk) schon mindestens 12,03 Euro pro Stunde verdienen. Da reichen dann auch die Mindestlöhne im Gerüstbauer- sowie im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk nicht mehr hin.
Sehr viel problematischer sieht es allerdings mit Blick auf die Alterssicherung aus. Nach Berechnungen des Politikwissenschaftlers Florian Blank hätten Vollzeitbeschäftigte bereits im Jahr 2015 einen Stundenlohn von mehr als 11,42 Euro erhalten müssen, um nach langen 45 Beitragsjahren eine Rente zu erzielen, die oberhalb der staatlich sichergestellten Grundsicherung im Alter liegt. Für eine Rente oberhalb der Armutsgefährdungsschwelle wären sogar mehr als 14,40 Euro nötig gewesen. Dabei ist ein in Zukunft mögliches Absinken des derzeitigen Rentenniveaus noch gar nicht berücksichtigt. In Hinblick auf eine drohende Altersarmut der auch langjährig in Vollzeit Beschäftigten besteht also in allen drei Branchen noch erheblicher Nachholbedarf bei den Lohnuntergrenzen.
Markus Krüsemann
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Quellen:
- „Mindestlohn für Maler und Lackierer: Das gilt ab Mai 2018“, Deutsche Handwerkszeitung online vom 22.03.2018. >> weiter.
- „Mindestlohn für Gerüstbauer steigt ab Mai 2018“, Deutsche Handwerkszeitung online vom 19.04.2018. >> weiter.
- „Mindestlohn für Steinmetze und Steinbildhauer: Das gilt ab Mai 2018“, Deutsche Handwerkszeitung online vom 22.03.2018. >> weiter.
- Herzog-Stein, A./ Lübker, M. u.a. (2018): „Der Mindestlohn: Bisherige Auswirkungen und zukünftige Anpassung“. WSI Policy Brief, Nr. 24, Düsseldorf. >> weiter.
- Blank, F. (2017): „Das Rentenniveau in der Diskussion“. WSI Policy Brief, Nr. 13, Düsseldorf. >> weiter.
Weiterlesen:
WSI-Tarifarchiv: Mindestlöhne in Deutschland nach Mindestlohngesetz (MiLoG) / Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) / Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) / Tarifvertragsgesetz (TVG). >> weiter.
► Quelle: Erstveröffentlicht durch Markus Krüsemann am 01. Mai 2018 auf dessen Infoportal miese-jobs.de >> Artikel. Verbreitung des Textes unter der CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland (CC BY-NC-ND 3.0 DE). Die beiden Grafiken sind Bestandteil des Originlartikels.
► Bild- und Grafikquellen:
Startseitenfoto: Wand- und Fassadenmaler (house painter) auf einem Gerüst. Foto: Axel / glasseyes view. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0).
1. Im Maler- und Lackiererhandwerk (ca. 115.000 Beschäftigte) höhere Mindestlöhne. Ungelernte ArbeitnehmerInnen erhalten seit 1. Mai 2018 bundesweit 10,60 Euro, statt zuvor 10,35 Euro, das entspricht einem Plus von 2,4 Prozent. Für Gesellen in Westdeutschland (inkl. Berlin) steigt die untere Entgeltgrenze nur um magere 1,5 Prozent und zwar von 13,10 auf 13,30 Euro. In Hinblick auf eine drohende Altersarmut der auch langjährig in Vollzeit Beschäftigten besteht dennoch erheblicher Nachholbedarf bei diesen Lohnuntergrenzen. Foto: rauter25. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung-Nicht kommerziell 2.0 Generic (CC BY-NC 2.0).
2. ARM TROTZ ARBEIT - WORKING POOR dank der verfehlten zunehmend liberalisierten Lohn- und Arbeitsmarktpolitik (Niedriglohn, Leiharbeit, Zeitarbeit, lächerlich geringer Mindestlohn und andere politische Fehlentscheidungen). Grafik: schuldnerhilfe - Horst Tinnes, Linz/Österreich. Quelle: Pixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden. >> Bild (ohne Textinlet). Das Textinlet wurde von Wilfried Kahrs (WiKa) eingearbeitet.
3. Wand- und Fassadenmaler (house painter) auf einem Gerüst. Foto: Axel / glasseyes view. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0).