Elektroschrott: Deutschlands mutloses Recyclinggesetz

1 Beitrag / 0 neu
Bild des Benutzers Helmut S. - ADMIN
Helmut S. - ADMIN
Online
Verbunden: 21.09.2010 - 20:20
Elektroschrott: Deutschlands mutloses Recyclinggesetz
DruckversionPDF version

Elektroschrott: Deutschlands mutloses Recyclinggesetz

Das Schweizer System gilt als vorbildlicher.

von Daniela Gschweng, Lörrach für die Online-Zeitung INFOsperber     

Elektroschrott-Overdose-Overconsumption-Elektroschrottberg-Muellberge-Ueberflussgesellschaft-Wegwerfgesellschaft-Wegwerfindustrie-Kritisches-Netzwerk-ElektrogeraeteDeutschland agiert beim E-Recycling zögerlich, während Frankreich vorwärts macht. Die Rückgabe von Elektroschrott soll in Deutschland künftig einfacher werden. Am 15. April 2021 hat der deutsche Bundestag eine Änderung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes  (ElektroG > Gesetzestext) beschlossen (Pressemitteilung des BMU), die Supermärkte, Discounter und Onlinehändler verpflichtet, Elektrogeräte zurückzunehmen. Die Änderung, die voraussichtlich nächstes Jahr in Kraft tritt, ist begrüssenswert. Ein grosser Wurf ist sie allerdings nicht.

Märkte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 Quadratmetern müssen Elektrogeräte künftig zurücknehmen, wenn sie selbst wenigstens gelegentlich solche anbieten. Falls die Geräte eine Kantenlänge von mehr als 25 Zentimetern haben, muss der Kunde gleichzeitig ein neues Gerät kaufen.

► Massnahmen gegen den E-Müllberg

Deutschland will damit die viel zu niedrige E-Recyclingquote von 43 Prozent deutlich anheben. Die EU schreibt 65 Prozent vor – und auch das ist wenig. Weltweit wird immer mehr Elektromüll produziert, die pro Kopf grösste Menge fällt dabei in Europa an. Vom nicht nachvollziehbar entsorgten oder recycelten E-Müll fehlt zu grossen Teilen jede Spur (Infosperber berichtete).

Die Gesetzesänderung wurde mit den Stimmen der CDU/CSU und der SPD angenommen. Die Opposition stimmte geschlossen dagegen. Das rechtfertigt einen näheren Blick – nämlich auf das, was nicht im Gesetz steht:

Der deutsche Bundesrat hatte vorgängig vorgeschlagen, fest verbaute Akkus in Produkten wie Laptops und Handys zu verbieten. Die Länderkammer wollte ein Gesetz, das es Konsumenten erlaubt, den Akku selbst zu wechseln. Die EU-Kommission und das Bundesumweltministerium waren ebenfalls dafür.

Gescheitert ist dies vermutlich an der Macht der Hersteller. Samsung etwa warnte laut «heise» bei einer Anhörung, dass dann spezielle Geräte für den deutschen Markt entwickelt werden müssten, die dann «etwas klobiger ausfallen könnten». Dass es bereits Handys mit austauschbaren Akkus gibt, fiel unter den Tisch.

Elektroschrott-Handyschrott-Altgeraete-Festakku-Handies-Mobiltelefone-Smartphones-fest-verbaute-Akkus-Ueberflussgesellschaft-Wegwerfgesellschaft-Kritisches-Netzwerk

Die Grünen und Die Linke hatten beantragt, ein Elektronik-Pfand für Smartphones und Tablets einzuführen, um einen Anreiz zu schaffen, ausgediente Geräte korrekt zu entsorgen. Derzeit ist das nicht einmal bei der Hälfte der Altgeräte der Fall. Der Antrag scheiterte.

Ein Recht auf Reparatur wird es in Deutschland vorerst ebenfalls nicht geben.

Eine Bewertung der Langlebigkeit von Elektrogeräten oder Vorgaben für ein recyclingfreundliches Design, bei dem einzelne Teile besser voneinander getrennt werden können, auch nicht.

Ein beherzter Schritt in die Kreislaufwirtschaft ist das also nicht. Andere Länder sind da mutiger, zuletzt beispielsweise Frankreich mit der Einführung des Reparierbarkeits-Indexes, einer der Vorschläge des französischen Klima-Bürgerrates, der kürzlich umgesetzt wurde (Infosperber berichtete).

Elektroschrott-Recyclinghof-Elektromuellberge-Elektroschrottberg-Ueberflussgesellschaft-Wegwerfgesellschaft-Wegwerfindustrie-Kritisches-Netzwerk-Elektrogeraete

► Deutsche Discounter müssen Kleingeräte zurücknehmen

Immerhin müssen Aldi, Lidl, Rewe und Co. die elektrische Zahnbürste und den kaputten Fön voraussichtlich ab nächstem Jahr zurücknehmen, auch Tonerkartuschen und Druckerpatronen. Zumindest in grösseren Filialen, und falls der Fön nicht länger als 25 Zentimeter ist. Das gilt auch für den Onlinehandel, der eigentlich schon seit Jahren Recyclingmöglichkeiten anbieten muss.

Für die Waschmaschine führt der Weg dann nach wie vor zum Recyclinghof, wenn nicht gleichzeitig eine neue gekauft wird. Dort sollen Container, in denen E-Müll gesammelt wird, in Zukunft sorgfältiger befüllt werden. Bisher landet vieles mit Schwung in der Mulde und geht dabei kaputt, was immer wieder für Brände oder das Austreten giftiger Inhaltsstoffe sorgt.

Elektroschrott-Alteisen-Altmetall-Recycling-Recyclinggesetz-Elektromuellberg-Kritisches-Netzwerk-Elektrogeraete-Konsumgesellschaft-Elektroaltgeraete-Ueberkonsum

► Schweizer System hat bessere Rücklaufquote

Das unkomplizierte Schweizer System, das über den vorgezogenen Recyclingbeitrag die Rücknahme von Elektromüll beim Händler finanziert, ist da nicht nur ökologisch erfolgreicher. Bei einer Rücknahmequote von 95 Prozent gehen viel weniger wertvolle Rohstoffe verloren. Allerdings ist der Konsum von Elektronikprodukten in der Schweiz sehr hoch.

In Deutschland gekaufte Elektrogeräte können auch künftig in der Schweiz zurückgegeben werden. Der Konsument bezahlt in diesem Fall zwar keine Recyclingabgabe, das ist jedoch nicht weiter schlimm. «Für das Schweizer Recycling-System ist das keine grosse Belastung», sagt Chris Ruegg von 'Swiss Recycling'. Ein paar ausländische Elektrogeräte von Privaten könne die Schweiz verkraften. Wichtiger sei, dass sie korrekt entsorgt würden. Das weit grössere Problem seien gewerbliche Einfuhren. Etwa, wenn für grosse Bauvorhaben viele Elektrogeräte aus dem Ausland importiert würden, die dann in zehn, fünfzehn Jahren als Elektroschrott anfallen.

Daniela Gschweng, Lörrach


Weiterführende Infos: (bitte lesen und weiterverteilen!)

«Thüringen bezahlt halbe Reparatur von Elektrogeräten. Wer in Thürigen lebt, kann seit Mitte Juni 2021 fünfzig Prozent der Reparaturkosten für Elektrogeräte erstattet bekommen». Von Daniela Gschweng, Lörrach, für die Online-Zeitung INFOsperber, im KN am 05. August 2021 Mai 2021 >> weiter.

«Elektroschrott: Deutschlands mutloses Recyclinggesetz. Das Schweizer System gilt als vorbildlicher». Von Daniela Gschweng, Lörrach, für die Online-Zeitung INFOsperber, im KN am 13. Mai 2021 >> weiter.

«Bundestag beschliesst Gesetz gegen Elektroschrott ohne wechselbare Akkus», elektrogesetz.de/ >> weiter.

«Discounter müssen künftig alte Handys, Taschenlampen und Rasierer zurücknehmen», Pressemeldung des deutschen Bundesumweltministeriums >> weiter.

Reparaturanleitung-Reparaturcafes-Reparaturhilfe-Reparaturinitiativen-Entschleunigung-Massenkonsum-Kritisches-Netzwerk-Konsumkritik-Obsoleszenz-Muellvermeidung «Austauschbare Akkus: Samsung warnt vor klobigen Smartphones. Versiegelte Handy-Gehäuse können flacher gebaut werden und gehen seltener kaputt. Das erklärte ein Samsung-Manager bei einer Anhörung zu Elektroschrott.» von Stefan Krempl, 25. März 2021, heise.de >> weiter.

«Liberté, Égalité, Réparabilité: Elektroschrott-Berg wächst jedes Jahr», von Daniela Gschweng, Lörrach, für die Online-Zeitung INFOsperber, im KN am 17. Januar 2021 >> weiter.

«Global E-Waste Monitor: Schon wieder mehr Elektroschrott. Die Welt produziert immer mehr Elektromüll, vor allem in reichen Ländern. Die pro Kopf grösste Menge fällt in Europa an», von Daniela Gschweng, Lörrach, für die Online-Zeitung INFOsperber, 21. Juli 2020 >> weiter.

»Postwachstumsökonomie (Degrowth). Wie eigentliche Probleme ausgeblendet werden.« von Christian Jakob, 20. Mai 2019 >> weiter.

»Repair Cafés gegen die Kultur des Wegwerfens. Kulturen des Reparierens: Dinge – Wissen – Praktiken.« von Sigrid Kannengießer. 6. November 2018 >> weiter.

»Werbung und Konsum: Zwei Seiten einer Medaille. Sind wir uns bewusst, dass wir mit Konsum künstlich erzeugte Begehrlichkeiten stillen?« von Peter Frey >> weiter.

»Kulturen des Reparierens. Dinge, Wissen, Praktiken«, ein Buch von Stefan Krebs, Gabriele Schabacher, Heike Weber - 410 Seiten >> weiter. (PDF)

pin_green.gifNetzwerk Reparatur-Initiativen (Dauer 4:12 Min).

Reparatur-Initiativen (Reparatur-Treffs, Repair Cafés etc.) organisieren Veranstaltungen, bei denen defekte Alltagsgegenstände in angenehmer Atmosphäre gemeinschaftlich repariert werden. Elektrische und mechanische Haushaltsgeräte, Unterhaltungselektronik, aber auch Textilien, Fahrräder, Spielzeuge und andere Dinge. Diese Treffen sind nicht-kommerzielle Veranstaltungen, deren Ziel es ist, die Nutzungsdauer von Gebrauchsgütern zu verlängern und dadurch Müll zu vermeiden, Ressourcen zu sparen und nachhaltige Lebensweisen in der Praxis zu erproben. Interessierte und Tüftelerinnen können dort Erfahrungen austauschen und eine gute Zeit miteinander verbringen. Daher sind Kaffee und Kuchen ebenso wichtiger Bestandteil wie Schraubenzieher und Lötkolben.

repaircafe.org/de/

reparatur-initiativen.de/ .

pin_green.gif Kaufen für die Müllhalde: Geplante Obsoleszenz - arte Thema auf arte vom 15.02.2011 (Dauer 1:14:52 Std.)

Heute gekauft und morgen schon Schrott? Die Haltbarkeit technischer Produkte ist oft kurz. Teilweise ist dies von den Herstellern gewollt, doch auch die Haltung vieler Verbraucher hat sich verändert. ARTE schaut auf die Wegwerfgesellschaft. Glühbirnen, Nylonstrümpfe, Drucker, Mobiltelefone - bei den meisten dieser Produkte ist das Abnutzungsdatum bereits geplant. Die Verbraucher sollen veranlasst werden, lieber einen neuen Artikel zu kaufen, als den defekten reparieren zu lassen.

Die bewusste Verkürzung der Lebensdauer eines Industrieerzeugnisses, um die Wirtschaft in Schwung zu halten, nennt man "geplante Obsoleszenz". Bereits 1928 schrieb eine Werbezeitschrift unumwunden: "Ein Artikel, der sich nicht abnutzt, ist eine Tragödie fürs Geschäft".

Gestützt auf mehr als drei Jahre dauernde Recherchen, erzählt die Dokumentation die Geschichte der geplanten Obsoleszenz. Sie beginnt in den 20er Jahren mit der Schaffung eines Kartells, das die Lebensdauer von Glühbirnen begrenzt, und gewinnt in den 50er Jahren mit der Entstehung der Konsumgesellschaft weiter an Boden. Heute wollen sich viele Verbraucher nicht mehr mit diesem System abfinden.

Als Beispiel für dessen verheerende Umweltfolgen zeigt die Dokumentation die riesigen Elektroschrottdeponien im Umkreis der ghanaischen Hauptstadt Accra. Neben diesem schonungslosen Blick auf die Wegwerfgesellschaft stellt Filmemacherin Cosima Dannoritzer auch die Lösungsansätze von Unternehmern vor, die alternative Produktionsweisen entwickeln. Und Intellektuelle mahnen an, die Technik möge sich auf ihre ursprüngliche Aufgabe zurückbesinnen, auf die dauerhafte Erleichterung des Alltags ohne gleichzeitige Verwüstung des Planeten.

Indice de réparabilité >> weiter. (frz.)

Halte à l’Obsolescence Programmée (HOP) >> weiter. (frz.)

Factsheet französischer Reparaturindex, Germanwatch (PDF) >> weiter. (deutsch)

Runder Tisch Reparatur e.V.: Zusammenschluss zivilgesellschaftlicher, wissenschaftlicher Organisationen und Handwerksbetriebe, die sich für die Förderung von Reparatur einsetzen. Kontakt: Katrin Meyer, runder-tisch-reparatur.de/.


► Quelle: Der Artikel von Daniela Gschweng wurde am 08. Mai 2021 erstveröffentlicht auf INFOsperber >> Artikel.

Hinter der Plattform Infosperber.ch (siehe Impressum) steht die gemeinnützige «Schweizerische Stiftung zur Förderung unabhängiger Information» SSUI. Die Stiftung will einen unabhängigen Journalismus in der ganzen Schweiz fördern, insbesondere journalistische Recherchen von gesellschaftlicher und politischer Relevanz. Die Online-Zeitung Infosperber ergänzt grosse Medien, die z.T. ein ähnliches Zielpublikum haben, mit relevanten Informationen und Analysen. «Infosperber sieht, was andere übersehen.»

Die Stiftung ist auf Spenden der Leserschaft angewiesen. Infosperber finanziert sich mit Spenden, die zu 90 Prozent der redaktionellen Arbeit zugute kommen. Journalistinnen und Journalisten im erwerbsfähigen Alter, welche ihre Beiträge selber im Administrationsbereich produzieren, können Honorare und Spesen erhalten.

ZUR STIFTUNG SSUI

© Das Weiterverbreiten sämtlicher auf dem gemeinnützigen Portal www.infosperber.ch enthaltenen Texte ist ohne Kostenfolge erlaubt, sofern die Texte integral ohne Kürzung und mit Quellenangaben (Autor und «Infosperber») verbreitet werden. Bei einer Online-Nutzung ist die Quellenangabe möglichst schon am Anfang des Artikels mit einem Link auf infosperber.ch zu versehen.

ACHTUNG: Die Bilder und Grafiken sind nicht Bestandteil der Originalveröffentlichung und wurden von KN-ADMIN Helmut Schnug eingefügt. Für sie gelten ggf. folgende Kriterien oder Lizenzen, s.u.. Grünfärbung von Zitaten im Artikel und einige zusätzliche Verlinkungen wurden ebenfalls von H.S. als Anreicherung gesetzt.


► Bild- und Grafikquellen:

1. OVERCONSUMPTION- Overdose: Too much seems to be never enough. - Überkonsum / Überverbrauch und vorzeitiges Kaputtgehen (Geplante Obsoleszenz) führen weltweit zu Elektroschrottmüllbergen: Zu viel scheint nie genug zu sein. Grafik: Christopher DOMBRES, a French Artist born in 1968 in Sète. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz CC0 1.0 Universell (CC0 1.0) Public Domain Dedication  - Kein Urheberrechtsschutz.

2. Alte Handys liegen zu hunderttausenden in Schubladen europäischer Haushalte. Foto: andreahuyoff. Quelle: Pixabay. Alle Pixabay-Inhalte dürfen kostenlos für kommerzielle und nicht-kommerzielle Anwendungen, genutzt werden - gedruckt und digital. Eine Genehmigung muß weder vom Bildautor noch von Pixabay eingeholt werden. Auch eine Quellenangabe ist nicht erforderlich. Pixabay-Inhalte dürfen verändert werden. Pixabay Lizenz. >> Foto.

3. Altmetallberge in einer Recyclinganlage. Foto: MichaelGaida / Michael Gaida, Düsseldorf. Quelle: Pixabay. Alle Pixabay-Inhalte dürfen kostenlos für kommerzielle und nicht-kommerzielle Anwendungen, genutzt werden - gedruckt und digital. Eine Genehmigung muß weder vom Bildautor noch von Pixabay eingeholt werden. Auch eine Quellenangabe ist nicht erforderlich. Pixabay-Inhalte dürfen verändert werden. Pixabay Lizenz. >> Foto.

4. Metallschrott auf einem Freigelände. Foto: Alexas_Fotos. Quelle: Pixabay. Alle Pixabay-Inhalte dürfen kostenlos für kommerzielle und nicht-kommerzielle Anwendungen, genutzt werden - gedruckt und digital. Eine Genehmigung muß weder vom Bildautor noch von Pixabay eingeholt werden. Auch eine Quellenangabe ist nicht erforderlich. Pixabay-Inhalte dürfen verändert werden. Pixabay Lizenz. >> Foto.

pixabay_hans_braxmeier_simon_steinberger_kritisches_netzwerk_alternative_medien_freie_presse_helmut_schnug_gesellschaftskritik_medienportal

5. Buchcover: »Kulturen des Reparierens. Dinge – Wissen – Praktiken«, von Stefan Krebs / Gabriele Schabacher / Heike Weber (Hg.). transcript-verlag 2018, 410 Seiten, Print-ISBN: 978-3-8376-3860-8. Printausgabe 39,99 €.

PDF-ISBN 978-3-8394-3860-2. Dieses Werk ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivs 4.0 Lizenz (CC BY-NC-ND 4.0). Diese Lizenz erlaubt die private Nutzung, gestattet aber keine Bearbeitung und keine kommerzielle Nutzung.  

Reparieren und Instandhalten sind ökonomisch wie kulturell zentrale Praktiken im »Leben« technischer Dinge und Infrastrukturen.

Der Band rückt diese bislang wenig untersuchten Tätigkeiten in den Vordergrund und fragt nach den Wissensformen der unterschiedlichen Kulturen des Reparierens. Die Expertisen und politischen Ambitionen menschlicher Akteure finden dabei ebenso Berücksichtigung wie die Eigendynamik der Dinge. Die Beiträge untersuchen Praktiken wie die Uhr- oder Computerreparatur sowie Räume wie die Wohnung und das Krankenhaus, das Repair Café und die Stadt des Globalen Südens. Nicht zuletzt geht es um die Frage, inwiefern Reparieren und reparaturfreundliches Design zu mehr Nachhaltigkeit beitragen können. (Klappentext)

Inhalt

Kulturen des Reparierens und die Lebensdauer der Dinge
Stefan Krebs, Gabriele Schabacher und Heike Weber . . . . . . . . . 9

Dringlichkeit des Reparieres

Made to Break?

Lebensdauer, Reparierbarkeit und Obsoleszenz in der Geschichte des Massenkonsums von Technik
Heike Weber . . . . . . . . . 49

Elektroschrott und die Abwertung von Reparaturpraktiken

Eine soziologische Erkundung des Recyclings von Elektronikgeräten in Indien und Deutschland
Stefan Laser . . . . . . . . . 85

Das ›zweite Leben‹ von Mobiltelefonen und Fahrrädern

Temporalität und Nutzungsweisen technischer Objekte in Westafrika
Hans Peter Hahn . . . . . . . . . 105

Zwischen Überfluss und Mangel

Infrastrukturen am Beispiel der Wasserversorgung in Daressalam
Pia Piroschka Otte . . . . . . . . . 121

Technische Kulturen des Uhrenreparierens

Wissen, Produktion und Materialität (1700-1850)
Gianenrico Bernasconi . . . . . . . . . 141

Reparaturwissen und Akteure

Von Mühlenärzten, Turbinenwärtern und Eiswachen

Instandhaltungen am Technikensemble Wasserkraftanlage um 1900
Christian Zumbrägel . . . . . . . . . 165

Zwischen Kunst, Low-Budget und Nachhaltigkeit

Kleidungsreparatur in Zeiten von Fast Fashion
Heike Derwanz . . . . . . . . . 197

Reparaturwissen und Paratextualität
Jens Schröter . . . . . . . . . 225

Wissens-Appa/Repa/raturen

Ein epistemologisch-archäologischer Werkstattbericht von der Reparatur eines frühen Mikrocomputers
Stefan Höltgen und Marius Groth . . . . . . . . . 239

Bühnen der Alternativ-Industrie

Reparaturkollektive und das Vermächtnis der amerikanischen Gegenkultur der 1960er Jahre
Daniela K. Rosner und Fred Turner . . . . . . . . . 265

Praktiken des Reparierens

Repair Cafés

Orte gemeinschaftlich-konsumkritischen Handelns
Sigrid Kannengießer . . . . . . . . . 283

»Tansanier mögen keine unversehrten Sachen«

Reparaturen und ihre Spuren an alten Schuhen in Daressalam, Tansania
Alexis Malefakis . . . . . . . . . 303

Medizinische Reparaturkulturen

Zum Umgang mit (nicht) funktionierender Technik im laufenden Betrieb
Cornelius Schubert . . . . . . . . . 327

»Dann müssen wir es so lassen«

Reparatur ist (immer) mehr als die Wiederherstellung des Normalzustandes
Ignaz Strebel und Alain Bovet . . . . . . . . . 347

Reparieren nach der Revolution

Kulturtechniken der Un/Ordnung auf den Pariser Straßen des 19. Jahrhunderts
Tom Ullrich . . . . . . . . . 373

Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . 401

Tags: