Unsere Oligarchen. Die Quellen des Reichtums und weitgehende Macht deutscher "Familienunternehmen"

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Unsere Oligarchen. Die Quellen des Reichtums und weitgehende Macht deutscher "Familienunternehmen"
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Unsere Oligarchen.

Die Quellen des Reichtums und weitgehende Macht deutscher "Familienunternehmen."

von Richard Corell und Stephan Müller / UZ- Unsere Zeit

Wer sind im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts die deutschen Finanz­oligarchen? Zwölf davon, die die Szene bestimmen, sind in einer monatlichen Kolumne in dieser Zeitung unter dem Titel „Unsere Oligarchen“ vorgestellt worden. Oft sind es die Erben der Finanzoligarchen, die die Weltkriege angezettelt haben. Aber sie haben dazugelernt: Diesmal soll die Frage nach der Weltmacht erst offen ausgesprochen werden, wenn nach der wirtschaftlichen auch die politische und militärische Hegemonie in Europa gesichert ist, durch das „Friedensprojekt“ EU.

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Worauf gründet sich ihre ökonomische Macht? Wer sind ihre Bündnispartner im In- und Ausland, wo spannen sie ihre Netzwerke, wer sind ihre Hauptkonkurrenten? Die 12 heißen Siemens und Porsche, Quandt und Mohn (Bertelsmann), Kröner (Fresenius) und Oetker, Bosch und Plattner (SAP), Voith und von Brandenstein-Zeppelin, Schaeffler und Henkel.

Die Oligarchen, die wir hier zusammengetragen haben, sind in der Tat die „Spitze des Eisbergs des Finanzkapitals“.

► Henkel half Hitler an die Macht

Wer die Wäsche mit Persil wäscht, macht dabei ganz nebenbei die Henkels reicher; auch mit Pattex klebt man für Henkel mit; und eine Schwarzkopf-Haarpflege treibt die Henkel-Dividende hoch.

Wie viele der heutigen Großkonzerne wurde Henkel nach der Schaffung des Deutschen Reiches unter preußischem Stiefel gegründet. Seit 1878 sitzt Henkel in Düsseldorf, Standort damals auch von Mannesmann und Rheinmetall. 1907 kommt Persil auf den Markt. Im 1. Weltkrieg ist Henkel schon so wichtig, dass Kriegsgefangene zugewiesen und ausgebeutet werden. Henkel kommt gut durch Inflation und Weltwirtschaftskrise. Der Enkel des Firmengründers, Jost Henkel, wollte mehr – und setzte auf Hitler. Den stellte er als Präsident am 26.1.1932 seinem elitären Industrie-Club vor. Hitlers Auftritt in Henkels Club gilt als Durchbruch zur Machtübertragung 1933.

Der Düsseldorfer Kommunist Jupp Angenfort führte dazu aus: „Hitler legte in einer Rede seine Konzeption vor. Er versprach, den Marxismus auszurotten, die Gewerkschaften zu zerschlagen, die Parteien zu verbieten und demokratische Wahlen abzuschaffen. Er versprach, die Reichswehr auszubauen, aufzurüsten und ‚Lebensraum im Osten‘ zu erobern. Industrielle und Bankiers dankten, wie Presse und Augenzeugen berichteten, mit lang anhaltendem Dauerbeifall. Von nun an flossen riesige Spenden an die Nazipartei. Es müsste im Industrie-Club eine Tafel angebracht werden mit dem Text: ‚Hier bekam Hitler von Großindus­triellen und Bankiers Beifall und Geld, hier wurden die Weichen zum Krieg gestellt‘ Unter den Arbeiterinnen und Arbeitern, die vor dem Industrie-Club protestierten, war auch die Kommunistin Maria Wachter.

Anwesend beim Protest am 26. Januar vor dem Industrie-Club war auch Werner Stertzenbach. Als die Nazis an die Macht geschoben worden waren, wurde Maria Wachter wegen ihres Widerstandes gegen die Nazidiktatur für fünf Jahre ins Zuchthaus geworfen. Der Jude und Kommunist Werner Stertzenbach kam ins Konzentrationslager. Jost Henkel aber, der Persil-Boss, der Hitler zum Industrie-Club eingeladen hatte, wurde Wehrwirtschaftsführer. >> bitte hier weiterlesen.

► Nathalie von Siemens

Seit 2015 vertritt Nathalie von Siemens die ca. 300 Siemens Erben im Aufsichtsrat der Siemens AG, als Nachfolgerin von Gerd von Brandenstein, ebenfalls Gründer-Ururenkel, der seinerseits nach Peter von Siemens kam. Der hatte das Prinzip öffentlich gemacht, mit dem die Siemens Erben als Großaktionär mit ihren 6 Prozent Aktienanteil die Führung beanspruchen: Mehr Profit als General Electric (GE), aber ohne die Einbindung der Gewerkschaftsvertreter in die „Sozialpartnerschaft“ zu gefährden.

Damit repräsentiert Siemens die derzeitige Leitkultur des deutschen Imperialismus wie schon seit dem Aufstieg um 1900, Hand in Hand mit dem Staat. Gründer Werner von Siemens nutzte seine Position in der preußischen Telegraphenkommission um eine Telegraphen-Bau-Anstalt zu gründen. Bald baute sie auch am russischen Telegraphennetz. Zur Telekommunikation kamen Kraftwerke, Bahntechnik, Rüstung und Korruptionsskandale.

Siemens‘ Kampf um den Weltmarkt mit Edisons GE Gruppe diente Lenin als Beispiel für den „Imperialismus…“. 1939 war Siemens der größte Elektrokonzern der Welt, dann am Standort Deutschland mit Rüstung voll ausgelastet. Produziert wurde jetzt auch im KZ „Siemenslager Ravensbrück“ und in Auschwitz. 1945 wurde der damalige Erbenchef Hermann von Siemens als Kriegsverbrecher verhaftet, konnte aber bald wieder am Wiederaufstieg arbeiten. Die Leitkultur verlangte jetzt Einstieg in Atomtechnologie und Datenverarbeitung. Wie bisher wurden Firmen im Dutzend geschluckt. Auch rechtzeitiges Abstoßen von profitschwachen Bereichen mitsamt Belegschaft hat bei Siemens Tradition: „Entlassungen sind Gift für den sozialen Frieden“ heißt es im Management. „Die Drecksarbeit überlässt man anderen“ formulierte ein IG Metaller. Selbst in der Kette der aufgeflogenen Korruptionsaffären zeigt sich das Leitmotiv: Profit und Weltmarktanteile rauf, Betriebsrat ruhigstellen.

Bemerkenswert war der Ausstieg bei der französischen Areva, als sich zeigte, dass dort keine strategische Position im Atomgeschäft zu erreichen war. Telefonie und auch der diskrete 49 Prozentanteil an der Panzerschmiede Krauss-Maffei Wegmann (KMW) sind passé, Halbleiter sind an Infineon und Lampen an Osram ausgegliedert, die Bahntechnik steht zur Diskussion. Neu gekauft sind mehrere Turbinenbauer und natürlich Softwareproduzenten für die digitale Fabrik und den Cyberwar.

Das Projekt „Industrie 4.0“ wird mit der Deutschen Telekom, Bosch, SAP, Merkel, Gabriel und EU-Kommissar Günther Oettinger vorangetrieben; die Führung in Europa ist Voraussetzung, um der seit 1945 erduldeten US-Dominanz zu entkommen. Nathalie von Siemens will „die Tradition der Gründerväter lebendig halten“: ein klares Drohprogramm nicht nur für die 350.000, die den Siemens-Profit erarbeiten. Das Management hat verstanden und bekennt blumig eine „kontinuierliche Selbstreflexion in Bezug auf Wertschöpfungspotenziale“ (Handelsblatt, 31.1. 2016).

► Porsche und Piëch - Die Spitzen des deutschen Finanzkapitals

Wolfgang Porsche und Ferdinand Piëch heißen die Zuchtmeister der beiden Familienstämme von Ferdinand Porsches 36 Urenkeln. Der Clan kontrolliert die Volkswagen AG, das größte deutsche Unternehmen mit 600 000 Beschäftigten und einem Umsatz von rund 200 Milliarden Euro; der Profit lag zuletzt bei 11 Milliarden Euro. Er hält über die Porsche Automobil Holding über 52 Prozent der Stimmrechte am zweitgrößten Autobauer der Welt und stellt mit Wolfgang Porsche den Aufsichtsratsvorsitzenden.

„Ihr“ Werk wurde im Auftrag der Nazis nach der Zerschlagung des ADGB mit der enteigneten Gewerkschaftskasse gebaut. Dazu durften die Arbeiter, nun Zwangsmitglieder der Naziorganisation „Kraft durch Freude“, Spargelder liefern für den KdF-Wagen, den Ferdinand Porsche entworfen hatte.[1]

Gebaut wurden im Werk aber Kübelwagen und anderes Kriegsgerät. Anton Piëch, Nazi der ersten Stunde, hatte 1928 Porsches Tochter geheiratet und leitete von 1941–45 das Stammwerk mit angegliedertem KZ. Am 10. April 1945 flieht der Betriebsführer und Volkssturmkommandeur mit der Kasse nach Zell am See aufs „Schüttgut“ der Porsches, wo sich auch heute noch die Erben treffen, um die Marschroute abzusprechen. Mitbekommen hatten sie von Anton und Ferdinand, die kurz als Kriegsverbrecher einsaßen, auch deren asoziale Skrupellosigkeit. Im „Kalten Krieg“ waren Rüstungsbetriebe gefragt und die Nazibande, die sie betrieb, war den Briten willkommen: Die Erben schöpften bald wieder aus den Profitquellen des VW-Werks.

1950 wurde VW an den Adenauer-Staat und nicht etwa an den DGB „rück“übereignet. 1961 dachte sich Ludwig Erhard die „Volksaktie“ aus: 60 Prozent der VW-Anteile wurden an „kleine Leute“ verkauft; Niedersachsen übernahm 20 Prozent, die das Land heute noch hat. Die Proletarier verkauften die Aktien meistens, weil sie inzwischen z.B. einen VW brauchten. Unter den Käufern waren auch die Porsche- und Piëch-Erben. Die hatten gewaltig profitiert von Lizenzgebühren, lukrativen Entwicklungsaufträgen und günstigen Zulieferungen und über die Porsche Automobil AG in Salzburg, das heute größte europäische Autohandelsunternehmen mit Vertriebsmonopol für VW in Österreich und Osteuropa.

Diese für den Clan so lukrative Zusammenarbeit managte Ferdinand, der Sohn des KdF-KZ-Managers Anton Piëch, von 1993 bis 2015 erst als Vorstands-, dann als Aufsichtsratsvorsitzender. Er tat sich insbesondere mit der Einbindung von SPD, IG Metall und Betriebsrat hervor: Stichworte Schröder, Hartz und Brasilien-Volkert. Berthold Huber wurde sogar sein Nachfolger als Aufsichtsratschef nach dem plötzlichen Rücktritt im April 2015.

Da war VW schon fest in Oligarchenhand: Bis 2009 hatte sich der Clan mit gerichtsnotorischer Skrupellosigkeit in den Besitz der Mehrheit der Stimmrechte gebracht. Einen Gegner haben sie vielleicht unterschätzt: Mit der überfallartigen Abwerbung eines Opel-Teams wurde General Motors in Deutschland geschwächt. Der Angriff auf GM in den USA mit „Clean Diesel“ hat nun unerwartet harte Gegenwehr erzeugt. Die IG Metall ist diesmal nicht bereit, den Preis für den Clan zu bezahlen.

► Oetker: Pudding für die Heimatfront

Wer den Namen Oetker hört, denkt erst mal an Pudding und Kuchen. Wir werden sehen, wie aus Backpulver nicht nur Torten wachsen können, sondern Macht und Milliarden.

Dabei hat der Firmengründer August Oetker das Backpulver gar nicht erfunden, aber er verkaufte es ab 1891 in 10-Pfennig-Tüten in seiner Apotheke zu Bielefeld. Im Jahr 1900 wurde dort die Fabrik errichtet, in der nun auch Puddingpulver, Aromen u.a. hergestellt wurde. Im 1. Weltkrieg warb Oetker mit: „Deutsche Hausfrauen! Kauft von jetzt an nur noch das deutsche Gustin statt des englischen Mondamin.

Lukrative Heeresaufträge versüßten den Alltag an der Heimatfront, während Sohn Rudolf bei Verdun sein Leben ließ. Die Inflation nach dem Krieg machte das Unternehmen schuldenfrei. Und mit der Stabilisierung der Währung ging die Expansion richtig los. Der eingeheiratete Geschäftsführer Richard Kaselowsky knüpfte Verbindungen u.a. zu Henkel und saß in verschiedenen Aufsichtsräten, nicht zuletzt bei der Deutschen Bank. Die Weltwirtschaftskrise überstand das Unternehmen mit wenigen Blessuren.

Nach der Machtübertragung an die Faschisten ließ Kaselowsky 1933 an der Bielefelder Kunsthalle ein riesiges leuchtendes Hakenkreuz und ein Hitler-Porträt anbringen. Er selbst war Mitglied im „Freundeskreis Reichsführer SS“. Die Oetker-Produktion florierte im Krieg dank Ausbeutung von Zwangsarbeitern, der Absatz wurde durch Puddingpulver auf Lebensmittelkarte garantiert. Unvergessen sind die Proteste der Bielefelder Antifaschisten, als 1968 die Kunsthalle in Bielefeld nach Kaselowsky benannt werden sollte. Sie führten dazu, dass der Ministerpräsident von NRW Heinz Kühn und der Komponist Werner Henze ihre Teilnahme an der Einweihungsfeier absagten. Kaselowskys Nachfolger Rudolf August Oetker war als SS-Offizier beim Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion dabei. Er war bis 1947 interniert. Ab 1950 saß er in Bielefeld wieder fest im Sattel. Bekannt wurden seine Spenden für die NPD. Als 1998 (!) die SPD-Grünen-Stadtratsmehrheit den Namen Kaselowsky tilgte, ließ R. A. Oetker sämtliche Bilder-Leihgaben aus der Kunsthalle abholen.

Und Oetker florierte: die Reederei-Sparte wurde ausgebaut (heute unter den zehn größten Containerflotten der Welt), die Biermarken Dortmunder Actien Bräu, Binding und Berliner Kindl wurden aufgekauft. Luxushotels kamen dazu. Inzwischen gehören z.B. Henkell und Selters zu Oetker, Radeberger (nach dem Raubzug in der DDR) und Bionade; und mit dem Bankhaus Lampe auch die eigene Geldschöpfungsanlage.

Heute gehören rund 400 Firmen zum Oetker-Konzern. Über 28 000 Werktätige sorgen für 11 Milliarden Euro Umsatz (2014). Sie schaufelten dem Clan die Profite in die Tasche, zu denen noch immer keine Angaben gemacht werden müssen, da die Holding die Rechtsform einer Kommanditgesellschaft hat und damit bei der Aufsichtsratsmitbestimmung außen vor bleibt. Das Vermögen der Erben wird auf 7,7 Milliarden Euro taxiert.

Mit der Finanzoligarchie sind die Oetkers fest verbunden und mischen sichtbar mit u. a. im Präsidium der Monopolverbände BDI und BDA, in der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" (INSM), in der Atlantik-Brücke, in der "Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik" (GDAP), in der Trilateralen Kommission und auch als Mitglieder und Großspender der CDU.

► Liz Mohn: Leitkulturschaffende

Deutschlands Medienoligarchin Liz Mohn kann auf einen Aufstieg zurückblicken, der sich für die Boulevard-Presse eignet: Als Telefonistin im Bertelsmann-Konzern wurde sie eine der Geliebten des Bertelsmann Erben Reinhard Mohn, 1963 Scheinehe mit einem Bertelsmann-Lektor, 1982 wurde sie Mohns zweite Ehefrau, um ihn 2009 zu beerben.

liz_mohn_elisabeth_bertelsmann_stiftung_reinhard_kritisches_netzwerk_medienmacht_medienimperium_meinungsfreiheit_monopolist_mediokratie_massenmedien_leitkultur_medienkonzern_leitmedien.jpgIhre Medienmacht gründet sich auf die Kontrolle der Bertelsmann SE & Co. KGaA, Gütersloh, einem der zehn großen Medienkonzerne der Welt, in Europa der größte mit gut 17 Milliarden Euro Umsatz (2015) durch über 100 000 Beschäftigte. Der Gewinn ist nicht zu ermitteln, weil die Mohns den Konzern über eine nicht börsennotierte Konstruktion kontrollieren.

Alle Stimmrechte liegen bei der Bertelsmann Verwaltungs GmbH (BVG), die sechs Gesellschafter hat, drei davon Mohns. Der vierte, Dieter H. Vogel, hat sich in seiner Karriere bei Bertelsmann als zuverlässiger Strohmann des deutschen Finanzkapitals bewährt. Nr. 5, Jürgen Strube, war BASF-Chef und Aufsichtsrat unter vielen anderen bei BMW und Allianz. Er hat den Überblick, damit in der „Meinungsfreiheit“, d. h. der Freiheit der Mohns ihre Meinung zu verbreiten, die Interessen des deutschen Finanzkapitals umfassend berücksichtigt werden. Nr. 6, Werner J. Bauer war Verwaltungsrat bei Nestlé und L’Oreal. Der Bettencourt-Clan, der L’Oreal mit Nestlé kontrolliert, spielt seit Generationen in der französischen Politik eine ähnliche Rolle wie Bertelsmann in Deutschland:

Maximale Unterstützung der jeweils reaktionärsten Europa-Politiker, ob sie  Pétain oder Hitler, Sarkozy oder Merkel heißen. Die Frankreich-Connection ist für das Teekränzchen inter­essant, das Liz Mohn mit ihrer Konkurrentin, der bekennenden Transatlantikerin Friede Springer und Angela Merkel pflegt.

Über die diskrete BVG wird steuergünstig der Geldfluss zur gemeinnützigen(!) Bertelsmann Stiftung gesteuert. Dort wird die „Leitkultur“ des deutschen Finanzkapitals auf die Schiene gesetzt, zunächst in Gesprächskreisen der Konzern- und Politik-“Eliten“. Deren Ziele werden von gesponserten Wissenschaftlern mit geeigneten Statistiken unterfüttert und in internationalen Studien in einen Rahmen gestellt, in dem sie alternativlos erscheinen. Verbundene Medien und davon abhängige Politiker setzen die Empfehlungen um. Ihr bisher größter Erfolg war die Agenda 2010. Über das "Centrum für Hochschulentwicklung" (CHE) nimmt Bertelsmann derzeit massiv Einfluss auf Forschung und Lehre an deutschen Hochschulen, nicht zuletzt über die sogenannten Rankings.

Die Bertelsmann Stiftung spielt sich die Bälle zu mit den Konzerngruppen, wo das Geld gemacht wird: Die RTL Group hat 32 Sender europaweit und 200 Millionen Zuschauer pro Tag. Gruner + Jahr, der größte europäische Printverlag (Stern etc.) hat Kooperationen mit Holtzbrinck (Zeit, Handelsblatt etc.) und eine Sperrminorität von über 25 Prozent im Spiegel-Verlag. Random House ist die weltweit führende Buchverlagsgruppe mit ca. 120 Einzelverlagen: z. B. DVA, wieder mit Kooperationen mit Holtzbrinck-Verlagen wie Rowohlt, S. Fischer, usw. Arvato, einer der weltgrößten IT-Dienstleister, liefert z. B. sämtliche Module für das Management von Kunden- aber auch Bürgerbeziehungen, für öffentliche Verwaltungen. Der Einstieg in öffentliche Verwaltungsaufgaben, auch im Bildungsbereich, ist eines der wichtigsten Umsatz-Wachstumsziele.

► Aufstieg und Sinkflug des Zeppelin-Clans: Die Spitzen des deutschen Finanzkapitals

Der Aufstieg der Zeppelins als Oligarchen begann mit dem Absturz des Fluggerätes des Grafen Ferdinand 1908. Die als Folge ausgerufene nationale Zeppelinspende erbrachte sechs Millionen Mark, dem heutigen Goldpreis entsprechend gut 60 Millionen Euro. So wurde sozusagen per Crowdfunding im Rahmen der ersten Großaufrüstung des deutschen Imperialismus die Grundlage für die Zeppelinstiftung gelegt. Der gehört heute die Zahnradfabrik Friedrichshafen (ZF), Zulieferer zur Produktion von Fahrzeugen von VW bis Leopard, ein Koloss mit einem Umsatz über 30 Milliarden Euro. 2014 wurde die US-Firma TRW Automotive übernommen, die Zahl der Beschäftigten wuchs von 71000 auf 138 000. Mit Bosch und Schäffler / Continental gehört ZF zu den vier großen Fahrzeugzulieferern der Welt.

Für Verdruss sorgen beim Urenkel des Grafen, Albrecht von Brandenstein-Zeppelin (Cousin von Gerd von Brandenstein, bis 2015 Sprecher der Familie Siemens) immer noch die Weltkriegs-Niederlagen des deutschen Imperialismus, besonders die zweite. 1947 wurde der Zeppelinstiftungszweck „Forschung in den Bereichen Luftschiffbau und Luftfahrt“ gestrichen zugunsten der Stadt Frie­drichshafen, der die Stiftung übertragen wurde. Geblieben war den Zeppelins neben Landsitzen, Ländereien und einem sehr katholischen Buchverlag auch eine knapp 5-Prozent-Beteiligung an der "Maschinen und Turbinen Union" (MTU). Die MTU, der ehemalige Zeppelin-Motorenbauer Maybach, hatte als Triebwerklieferant der Naziwehrmacht „Weltruf“ erlangt. >> bitte hier weiterlesen.

► Voith verdient(e) auch an Kriegen: Die Spitzen des deutschen Finanzkapitals

Ein Aktienpaket von über 25 Prozent wechselt nach eineinhalb Jahren den Besitzer. Der steckt dadurch über Nacht 1,2 Milliarden Euro ein, 600 Millionen mehr als beim Erwerb Ende 2014. Spekulant? „Heuschrecke“? Es handelt sich um die Voith GmbH. Sie hat im Juni ihre Anteile am Roboterhersteller KUKA AG dem chinesischen Unternehmen Midea verkauft. Wirtschaftsminister Gabriel hatte sich noch gegen einen Verkauf geäußert: „Ich bin jedenfalls nicht bereit, Arbeitsplätze und Unternehmen auf dem Altar offener Märkte Europas zu opfern“. Seitdem aber auch Siemens-Statthalter Kaeser den Verkauf abgenickt hatte, war aus dieser „dicken Hose“ nichts mehr zu hören. Bieten doch die neuen chinesischen Mehrheitsaktionäre auch für die Beschäftigten Garantien, die gewöhnliche Kapitalisten nicht bereit waren zu geben.

Voith-Chef Hubert Lienhard jedenfalls sieht sich als Gewinner, strahlt über die „prall gefüllte Kriegskasse“ und betont, dass die Eigentümer „klug entschieden“ hätten. Wer sind die Eigentümer? Die Voith GmbH (bis 2010 J.M. Voith AG, Umwandlung zur Umgehung von Mitbestimmungsrechten) ist zu hundert Prozent in der Hand der Familie Voith. Deren Firmensitz ist im schwäbischen Heidenheim an der Brenz.

Dort begann der Aufstieg 1825 mit einer Schlosserwerkstatt und fünf Handwerkern unter dem Kommando des Johann Matthäus Voith. Wirklich groß mit über tausend Lohnabhängigen wird Voith erst nach der Schaffung des gesamtdeutschen Markts durch „Blut und Eisen“ im Bismarckschen Deutschen Reich.

1870 wird die erste Wasserturbine gebaut, 1886 die erste Papiermaschine. Im ersten Weltkrieg verdient Voith auch als Munitionshersteller dazu. Sie kommen mit „schwarzen Zahlen“ auch durch die Weltwirtschaftskrise. Die Firmengeschichte im Tausendjährigen Reich wird „geglättet“. Der Firmenpatriarch Hanns Voith war bekennender Anthroposoph, was nicht daran hinderte, zum Wehrwirtschaftsführer ernannt zu werden und mit Rüstungsproduktion am Krieg zu profitieren und dabei schamlos Zwangsarbeiter auszubeuten. > bitte hier weiterlesen.

► Bosch – führende Rolle im deutschen Monopolkapital (Zusammengehörigkeitsgedanken)

Wer Bosch nur mit Zündkerzen und Schlagbohrmaschine in Verbindung bringt, kennt nur ein Zipfelchen des Ganzen. Bosch ist der größte Autozulieferer der Welt und greift jetzt buchstäblich nach den Wolken: „Bosch steigt in das Cloud-Geschäft ein und bietet damit alles aus einer Hand für das Internet der Dinge“, hieß es im März in der deutschen Wirtschaftspresse. „Cloud“ (deutsch: Wolke) steht dabei für ein rechner-, unternehmens- und länderübergreifend zur Verfügung stehendes Riesenrechenzentrum (hinter dem wieder viele einzelne Rechenzentren stehen können), in dem Daten und Programme (Apps) Informationen liefern, entsprechend den Bedürfnissen der Benutzer. Die automatisierte Parkplatzsuche z.B. wird als mögliche Wunderanwendung angepriesen. Was auch immer davon letztlich realisiert wird, Bosch begibt sich in Konkurrenz zu Amazon, Apple, Google, Microsoft und auch SAP, die schon um die Größe des Abteils in der Wolke kämpfen. Das kostet Geld und das hat Bosch. Auf 15 Mrd. Euro wird die zu Recht als Kriegskasse bezeichnete Finanzreserve beziffert.

Wie ist Bosch in die Position gelangt, dass ein einzelnes Unternehmen über solche Mittel und über solche Macht verfügt, Vorzeigemonopole des US-Finanzkapitals herauszufordern?

Der 25-jährige Robert Bosch gründet 1886 die Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik. Der Aufstieg ist entscheidend mit den Verbesserungen der Zündkerze verbunden, die von Mitarbeitern Boschs erfunden wurden. Der Aufstieg ist so rasant und eng verbunden mit der Entwicklung der deutschen Automobilindustrie nicht zuletzt in Konkurrenz zu Ford, dass Bosch schon 1913 Niederlassungen auf allen fünf Kontinenten hatte und über 80 Prozent des Umsatzes im Ausland erzielt wurden. Und: Bei Kriegsbeginn ist fast alles motorisierte Kriegsgerät aller kriegführenden Länder mit Bosch-Zündkerzen ausgerüstet.

Bosch galt bis dahin als dem demokratischen und sozialen Fortschritt zugetaner Kapitalist. Karl Kautsky wohnte nach Aufhebung des Sozialistengesetzes bei ihm, Clara Zetkin hatte Verbindung ins Haus Bosch. Die Bosch-Tochter Paula wurde von Claras Mann, dem Maler Friedrich Zundel, porträtiert (und später geheiratet). Doch 1913 ist Krise auch beim Bosch. Es wird im Werk Feuerbach mit Lohnkürzungen, Verlängerung der Arbeitszeit, Entlassungen gedroht. Die Gewerkschaft (DMV) ruft zum Streik auf. Bosch sperrt aus und legt das Werk vorübergehend still. Hatte es bisher geheißen: Man muss auch den Arbeiter mitkommen lassen, damit er mehr zum „Gedeihen des Unternehmens“ (Profit für den Kapitalisten) beitragen kann, lernen die Arbeiter nun auch die Knute kennen. >> bitte hier weiterlesen.

► Hasso Plattner herrscht über SAP: „Ich bin ein guter Diktator“.

hasso_plattner_sap_softwarekonzern_softwareunternehmen_softwarehersteller_stiftung_guter_diktator_dietmar_hopp_kritisches_netzwerk_larry_ellison_henning_kagermann_hyperreiche.jpgHasso Plattner gehört zu den zehn reichsten Deutschen und übt seine Macht offen aus. „Ich bin ein Diktator, aber ein guter Diktator“ sagt er und meint nicht nur sein Wirtschaftsimperium, den Softwarekonzern SAP. Nach dem  Börsenwert von etwa 100 Milliarden Euro ist die SAP SE der derzeit größte Konzern Deutschlands. Den kontrolliert Plattner als größter Einzelaktionär und Aufsichtsratschef mit harter Hand.

Seine Nachfolger im Vorstand hat er im Dutzend verschlissen außer seinem treuen Stellvertreter und Nachfolger als Vorstandschef bis 2009, Henning Kagermann. Seit 2009 ist Kagermann Präsident von Acatech, der "Deutschen Akademie der Technikwissenschaften", und leitet de facto das Regierungsprojekt „Industrie 4.0“.

Dabei hat Plattners Mann nicht nur die Rolle des Wirtschaftsberaters der Bundeskanzlerin eingenommen. Er koordiniert über den „Steuerkreis“ des „Innovationsdialogs“ zwischen Bundesregierung, Wirtschaft und Wissenschaft die Leitkonzerne der Digitalisierung (außer SAP sind das Siemens, Bosch und die Deutsche Telekom) und bindet über SAP-dominierte Akademien den nichtmonopolistischen kapitalistischen „Mittelstand“  ein. Seit er gar von der IG-Metall-Führung in den Beirat „Zukunft der Arbeit“ berufen wurde, blinken bei erfahrenen Kollegen die „Agenda“-Warnlampen.

Hasso Plattner hatte 1972 als Assistent von Dietmar Hopp SAP mitgegründet. 1979 wurde er dort Cheftechniker und sieht sich auch heute noch so. Die SAP-Gründer kamen von IBM und arbeiteten von Anfang an eng mit Siemens zusammen, um sich gegen die US-Konkurrenz zu positionieren. Groß wurde SAP mit betriebswirtschaftlicher Standardsoftware von der Buchhaltung über Personal bis zur Produktion und Materialwirtschaft. Hopp und die anderen Mitgründer sind nicht mehr bei SAP aktiv. >> bitte hier weiterlesen.

► Im Bankenkrach neugeboren: „Wer marschiert hinter dem ersten Tank? Der Dr. Rasche von der Dresdner Bank!

So hieß ein Spottvers auf den Dresdner-Bank-Vorstand Karl Rasche, SS-Obersturmbannführer, der schon 1938 mit der Ausschlachtung der Nazi-Beute begann. Ein Wirtschaftsprüfer der Dresdner Bank, Wilhelm Schaeffler, stieß 1939 in diesem Rahmen im heute polnischen Kietrz auf die arisierten Davistan Werke, konnte den Laden übernehmen und gab ihm den Namen „Schaeffler AG“.

Heute gelten Maria-Elisabeth Schaeff­ler–Thumann und ihr Sohn Georg mit einem geschätzten Vermögen von über 20 Mrd. Euro als drittreichste Familie Deutschlands. 2015 wurde ihnen aus ihren Anteilen an Continental und Schaeffler 549 Mio. Euro Dividende ausgeschüttet, erarbeitet von rund 300 000 Kollegen. Wie der Gründervorfahr und Bankangestellte damals den Kauf von immerhin vier Werken finanzierte, ist unklar, vielleicht über seinen Arbeitgeber, die Dresdner Bank, die auch in der weiteren Entwicklung eine zentrale Rolle spielen wird.

Erst mal ging es geschäftlich steil bergauf, die Panzerketten rollten auf Schaefflers Nadellagern, die Wehrmacht war der beste Kunde. Als die Rote Armee vorrückte, ließ man in 40 Waggons die wichtigsten Maschinen nach Franken bringen. Die INA (Industrienadellager) der Brüder Wilhelm und Georg Schaeffler wurde ein wichtiger Automobilzulieferer und wuchs immer wieder durch Übernahme von Konkurrenten. Die „Welteroberung“ lief über Exporte und Produktionsstätten in der ganzen Welt. Als nach Wilhelm auch Georg Schaeffler 1996 starb, erbte seine Witwe Maria-Elisabeth, ein Spross der k. u. k. Bourgeoisie (Skoda, Generali), eines der größten Familienunternehmen Deutschlands. Sohn Georg jr., dem jetzt schon ca. 80 Prozent der Anteile gehören, lebt vorwiegend in den USA. 2014 heiratete die Witwe in Kitzbühel den Unternehmer und ehemaligen Präsidenten des BDI Jürgen R. Thumann. >> bitte hier weiterlesen.

► Die Geschwister Quandt: Geld aus der Sklavenarbeit diente zur Sanierung der heutigen Ertragsperle BMW  

Auf eine Milliarde arbeitsloses Einkommen brachten es die Geschwister Stefan Quandt und Susanne Klatten dank der im vergangenen Jahr ererbten 47 Prozent an der Autofirma BMW. Die Dividenden aus ihren anderen Unternehmen sind dabei noch nicht mitgerechnet. Allerdings: „Wenn man Mittel in dieser Höhe hat, muss man sich auch darum kümmern. Das ist ja nichts, was man ausgeben kann“, stellt Frau Klatten fest. Die ist dem breiten Publikum durch Sexabenteuer etwas besser bekannt als ihr Bruder. Beide kümmern sich aber um die Vermehrung ihrer Mittel eher im Stillen. Auch, weil die Herkunft der Mittel erst 2007 durch das TV-Feature „Das Schweigen der Quandts“ der Öffentlichkeit bekannt wurde:

bmw_nationalsozialismus_drittes_reich_stefan_quandt_susanne_klatten_familienclan_familienholding_superreiche_hyperreiche_kritisches_netzwerk_zwangsarbeiter_kz-haeftlinge.png Vater Herbert Quandt hatte BMW-Aktien gekauft mit Geld aus dem Quandt-Nazirüstungskonzern, aufgebaut auf skrupellose Arisierungen und Sklavenarbeit von 50 000 Zwangsarbeitern. Herbert Quandt war dort als Junior- und Personalchef persönlich zuständig z.B. für das KZ der Akkumulatorenfabrik AFA (heute Varta), geschätzte Überlebensdauer der Häftlinge dort sechs Monate. Die Betriebe waren so kriegswichtig, dass die britische Besatzungsmacht in der Erwägung eines Angriffs auf die Sowjetunion lieber die Quandts weitermachen ließ, als sie in Nürnberg als Kriegsverbrecher anzuklagen. Als der Quandt-Freund und Goebbels-Stellvertreter Werner Naumann dann doch 1953 von den Briten gehindert wurde, mit der FDP in NRW die NSDAP wieder zu beleben, wurde er als Direktor in die Quandt-Firma Busch-Jaeger übernommen.

1959 konnte Herbert Quandt dank gut gepflegter Vernetzung in Branche und Politik den Coup mit der „Rettung“ des siechen BMW-Konzerns landen: Er hatte die Perle dieses Konzerns, die BMW-Triebwerksbau-GmbH im Auge. Dort winkte die damals ungeheure Auftragssumme von 400 Mio. DM für Starfighter-Triebwerke. Der Verkauf der Triebwerks-GmbH an MAN – später wurde die MTU daraus – reichte, um BMW in den 60er Jahren zu sanieren. Aus den Quandtschen Waffenfabriken entstanden die IWK (heute Kuka), die an BMW modernste Produktionsanlagen lieferte.

Auch in der Personalpolitik passten sich die Quandts an: Der aggressive Antikommunismus wurde in ein Umwerben rechter Sozialdemokraten verpackt. Ko-Management mit dem Betriebsrat gehört bei BMW wie bei VW zur Geschäftspolitik. Über die Methode, wie Mehrwert aus lebendiger Arbeit gepresst wird, kann gestritten werden, letztlich geht es Finanzoligarchen um Profit, gerechnet in Milliarden. Erbe Stefan Quandt formuliert das so – in der Antwort auf die Frage, ob er nach Bekanntwerden der KZ-Verantwortung weiter den Quandt-Preis für marktwirtschaftlichen Journalismus nach seinem Vater benennen wolle: „Wenn man sein Lebenswerk sieht, denke ich nach wie vor, dass man zu einem Gesamtbild kommt, das es rechtfertigt, einen Herbert Quandt-Medien-Preis zu verleihen.

Im Mehrwertauspressen sind die Quandts weiter vorn dran: 2003 lieferten 105 000 Beschäftigte 1,1 Millionen Autos. 2015 brachten es kaum mehr – 122 000 Lohnabhängige – auf die doppelte Zahl BMW-Autos. Entsprechend stieg der Gewinn auf 9,2 Mrd. Euro. Das ist genug, um sich großzügig zu zeigen: Zum Beispiel gegenüber der TU München: Die liefert nicht nur Nachwuchs; ein wichtiger Teil der Forschung wird dort in Spendendankbarkeit abgearbeitet. Auch Merkel war dankbar: Fünf Tage nach Eingang einer Spende von 690 000 Euro waren 2013 in der EU drohende Abgasnormen vom Tisch. Von Kardinal Marx bis Elmar Brok (EU-Parlament und Bertelsmann) trifft sich, wer für die Quandts wichtig ist, jährlich beim Munich Economic Summit, den sie mit dem Ifo-Institut veranstalten. Hofknicks ist dort noch nicht vorgeschrieben.

Das Schweigen der Quandts - Vollversion!

Frontal 21: BMW sponsert Betriebsrat - schwarze Kassen

► Die guten Werke von Fresenius: Dialyse-Monopolist und größter Krankenhauskonzern Europas

Auf Platz 7 der „Liste der großen deutschen Familienunternehmen“ der FAZ steht mit einem Umsatz von über 25 Mrd. Euro und über 220 000 Beschäftigten die Fresenius KG auf Aktien. Sie kontrolliert gleich zwei im Deutschen Aktienindex DAX gelistete Konzerne: die Fresenius SE mit Helios, dem größten Klinikkonzern Europas, und Fresenius Medical Care (FMC), Weltmarktführer in der Dialysebehandlung von Patienten mit chronischem Nierenversagen. Hinter der KG steckt die 1983 gegründete steuersparende, weil „guten Werken“ gewidmete (dazu unten) Else-Kröner-Fresenius-Stiftung.

1872 gelangte die Hirsch-Apotheke (eröffnet 1462) in Frankfurt in die Hände der Familie Fresenius. Eduard Fresenius gründete 1902 eine kleine Pillendreherei. Der wirkliche Aufstieg begann erst nach seinem Tod 1946. Seine Erbin und Adoptivtochter Else Fernau heiratete 1964 ihren Wirtschaftsberater Hans Kröner. Der war über die NSDAP und nach 1945 über die Bank des Hitler-Financiers August von Finck sen. zum Leiter des Vorstandsbüros des IG-Farben-Nachfolgers Hoechst aufgestiegen.

Als Else Kröner 1988 starb, vermachte sie ihre Firma der Stiftung. Hans Kröner spielte aber bis zu seinem Tod 2006 die entscheidende Rolle in Firma und Stiftung. Als Nachfolger in Vorstand und Aufsichtsrat setzte er den Ingenieur Gerd Krick ein, bis heute im Amt. Unter seiner Leitung wurde in den 80er Jahren ein technisch fortgeschrittener Dialysefilter mit Polysulfonfasern entwickelt. Der war günstig zu produzieren, ein klarer Wettbewerbsvorteil. Davon konnten bis heute fast eine Milliarde verkauft werden, weil Krick mit der Übernahme von über 25 Dialysefirmen in aller Welt (insbesondere der US-Firma National Medical Care) mit der FMC die Marktbeherrschung erreichte. Federführend bei der Expansion von Fresenius war die WestLB. Bei der stand Fresenius so hoch in der Kreide, dass der zuständige Vorstand versuchte, Krick zu stürzen, was wegen bankinterner Probleme nicht gelang.>> bitte hier weiterlesen.

Richard Corell und Stephan Müller / UZ - Unsere Zeit


► Quelle: Erstveröffentlicht als 12 eigenständigen Einzeldossiers in UZ- Unsere Zeit, eine 16-seitige Wochenzeitung der DKP. >> Artikel auf der UZ-Webseite. An dieser Stelle wird ausdrücklich erklärt, daß der Betreiber des Kritischen Netzwerks KEINE Affinität für die DKP oder für irgend einen anderen in Deutschland als Partei zugelassenen politischen Verband hegt noch in irgendeinerweise werbend unterstützt - NO WAY! Dennoch sind Artikel wie der Obige nunmal zutreffend recherchiert und von daher auch im KN lesens- und veröffentlichungswert. H.S.

► Hinweis: Die Subheadline "Die Quellen des Reichtums und weitgehende Macht deutscher Familienunternehmen" wurde vom KN-ADMIN gesetzt, ebenso alle Verlinkungen und Hervorhebungen im Text und - wie bei allen im KN veröffentlichten Artikeln - die Bilder und Grafiken. H.S.

[1] Anmerkung ADMIN H.S.: Im Artikel wird - wie häufig in den Medien und Büchern - Ferdinand Porsche als der Konstrukteur genannt, jedoch sollten überaus wichtige Vordenker, Visionäre und technische Entwickler des VW-Käfers nicht unerwähnt bleiben.

Da wären z.B. der in Budapest geborene Ingenieur Josef Ganz. Der niederl. Ing. und Autor Paul Schilperoord (hier seine Seite) stieß bei seinen Recherchen für sein leider inzw. vergriffenes Buch (engl. Ausgabe aber noch erhältlich!) auf nie zuvor veröffentlichtes Bildmaterial und auf unzählige Dokumente. Er beschreibt, wie Josef Ganz, von der Gestapo verfolgt, in der Schweiz landete. Wie sich die Nazis nicht nur den Besitz von Josef Ganz unter den Nagel rissen, sondern auch seine Patente. Und er zeigt, wie Ferdinand Porsche im Volkswagen wesentliche Entwicklungen weiterführte. Hitler, der die Forderungen und Arbeiten des prominenten Motor-Kritikers und Entwicklers Josef Ganz kannte, machte nach der Machtübernahme kurzen Prozess. Er diktierte der Automobilindustrie das Projekt "Volkswagen". Aber anders, als Josef Ganz erhoffte, wurde nicht er Chef eines firmenübergreifenden Entwicklerteams. Diesen Posten bekam Ferdinand Porsche. Denn Josef Ganz war Jude.

Der Konstrukteur Béla Barényi, der als einer der Begründer der passiven Sicherheit im Automobilbau gilt, ist hier ebenfalls zu nennen. 1953 setzte Barényi seine Ansprüche auf die von Ferdinand Porsche angemeldeten Patente vor Gericht durch. Barényi konnte nachweisen, dass er bereits in den 1920er Jahren das Konzept des Käfers detailliert dargelegt, aber nicht ausreichend durch Patente abgesichert hatte. 1955 verklagte Barényi die Volkswagenwerk G.m.b.H., heute VW AG). auf Urheberrechtsverletzung, woraufhin seine Urheberschaft am VW Typ 1 gerichtlich anerkannt wurde.

Unbedingt genannt werden muß auch der in Niederösterreich geborene Hans Ledwinka, wichtiger Chefkonstrukteur für die Automobilproduktion. Siehe hierzu auch weiterführende Informationen auf den folgenden Seiten: KdF-Wagen, TATRA Typ V 570, Typ 77 und Typ 87 und Typ 97.

Literatur-Tipp für automobil-affine Historiker: "Die wahre Geschichte des VW-Käfers. Wie die Nazis Josef Ganz die VW-Patente stahlen" von Paul Schilperoord; Verlag: Huber, Frauenfeld  - ein Imprint von Orell Füssli, Zürich 2011, ISBN 978-3-7193-1565-8. (komplett vergriffen, auch gebraucht extrem selten zu bekommen! Die engl. Ausgabe ist noch erhältlich.)


► Bild- und Grafikquellen:

1. "DIE GI€R DER SCHAMLOSEN IST SCHIER UNERSÄTTLICH". Grafik: Wilfried Kahrs (WiKa).

2. Persil ist eine Marke für ein Waschmittel des Henkel-Konzerns, benannt nach seinen ursprünglichen Hauptbestandteilen Perborat (Natriumperborat, als Bleichmittel) und Silikat (Natriumsilikat, als Schmutzlöser). Einen Persilschein zu besitzen oder zu erhalten, bedeutet eine weitreichende Erlaubnis, einen Freibrief, um einem lukrativen Geschäft oder einem zuvor moralisch oder rechtlich angezweifelten Interesse nachgehen zu können.

Der Begriff entstammt dem militärischen Sprachgebrauch und ist auf das Waschmittel Persil zurückzuführen. So war es üblich, dass Rekruten einen leeren Karton für die Rücksendung ihrer Zivilkleidung an ihre Familie zur Kaserne mitbringen mussten, wofür wohl oft Kartons mit einem Werbe-Aufdruck des weit verbreiteten Waschmittels Persil verwendet wurden. Im Soldatenjargon wurde so aus dem eigentlichen Gestellungsbefehl der Ausdruck Persilschein. Im späteren Sprachgebrauch wurde die Bedeutung des Begriffes Persilschein (in etwa der Bedeutung von „Freibrief”) auch verallgemeinert für Formulare und Bescheinigungen verwendet, deren Nutzen umstritten ist bzw. deren Beschaffung kein Problem darstellt.

Das Bild zeigt ein altes Emaille-Werbeschild der Fa. Henkel. Foto: Alf van Beem. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei wird unter der Creative-Commons-Lizenz „CC0 1.0 Verzicht auf das Copyright“ zur Verfügung gestellt.

3. Texttafel HÄNDLER DES TODES - SIEMENS. Grafik: Wolfgang Blaschka (WOB), München.

4. Dein KdF-Wagen. [Hrsg. vom Volkswagen Werk Berlin. Deckelillustration von Axster-Heudtlaß. Werbebroschüre bzw. Sparer-Prospekt] - Moes, Eberhard; Verlag der Deutschen Arbeitsfront, o.J.[1938], 1. Auflage. Der KdF Wagen der NS Organisation "Kraft durch Freude" konnte durch ein Sparsystem erworben werden, das in der Broschüre vorgestellt wird. Außerdem werden auf 38 Seiten Ausstattung und Technik des Wagens dargestellt. Die einzelnen Seiten dieser Broschüre sind hier eingescannt >> kdf-wagen.de/ >>Broschüre.

5.  Dr. Oetker Sterbemittel - Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs (WiKa). Lesetipp: "Backpulver-Dynastie Dr. Oetker investiert in Sterbemittelindustrie" >> weiter.

6. Nicht das Washingtoner Weiße Haus, dennoch recht mondän: Das Rittergut Hornoldendorf ist ein ehemaliges Rittergut im Detmolder Ortsteil Hornoldendorf. Das Herrenhaus von 1840 ist mit der Nummer A629 in der Denkmalliste der lippischen Stadt Detmold in Nordrhein-Westfalen eingetragen. Am 16. Februar 1939 schließlich kaufte der Landwirt Ernst Oetker aus Pattensen das nun rund 271 Hektar große Gut für 900.000 Reichsmark. Es wird heute durch die Immobilienverwaltung seines Sohnes Arend Oetker verwaltet. Das Foto zeigt das Herrenhaus von der Gartenseite. Foto / Urheber: Tsungam. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert.

7. Liz Mohn, Mitglied des Vorstands der Bertelsmann Stiftung, Mitglied des Aufsichtsrats des Bertelsmann-Konzerns, Januar 2017. Urheber: © Jan Voth / Bertelsmann Stiftung. Genehmigung: released by the Bertelsmann Stiftung. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland“ lizenziert.  

8.  PROFIT TÖTET! Grafik: Wilfried Kahrs / QPress.

9. Texttafel: "FÜR DEN PROFIT DER REICHEN GEHEN SIE ÜBER LEICHEN." Grafik: Wolfgang Blaschka (WOB), München.

10. Finanzfaschismus: "Die Verbindung hochkonzentrierter Unternehmensmacht mit einem autoritären Staat, der die politisch-ökonomische Elite auf Kosten des Volkes bedient, muss korrekterweise als ›Finanz-Faschismus‹ bezeichnet werden." (Robert Scheer, Financial Fascism, The Nation, 24.9.2008 ⇒ Artikel).

Engl. Originalversion: "The marriage of highly concentrated corporate power with an authoritarian state that services the politico-economic elite at the expense of the people is more accurately referred to as “financial fascism. After all, even Hitler never nationalized the Mercedes-Benz company but rather entered into a very profitable partnership with the current car company’s corporate ancestor, which made out quite well until Hitler’s bubble burst."

Grafik nach einer Idee von KN-ADMIN Helmut Schnug; technische Umsetzung: Wilfried Kahrs / QPress.

11. Hasso Plattner (* 21. Januar 1944 in Berlin) ist ein deutscher Unternehmer, Philanthrop und Mäzen. Gemeinsam mit Dietmar Hopp, Claus Wellenreuther, Hans-Werner Hector und Klaus Tschira gründete er 1972 das Softwareunternehmen SAP, die heutige SAP SE in Walldorf. Er war bis 2003 Vorstandsvorsitzender und ist seitdem Vorsitzender des Aufsichtsrats dieses Unternehmens. Foto: Michael Krigsman. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung-Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-ND 2.0).

12. BMW-Autoplakette mit Blutspritzer. Selbst wenn in den untertänigen Medien mal zaghaft an die Nazi-Quandts erinnert wurde, blieb die moderne, schicke, neoliberale Sklavenarbeit in den Medien außen vor. Leiharbeiter und Werksvertragsarbeiter – Menschen im Niedriglohnsektor – sichern BMW heute prima Gewinne.

Nein, man hängt heute niemanden mehr auf, um das Arbeitstempo zu steigern. Man stellt Leute ein, die der Belegschaft eine lebende Mahnung sind: Mucke ja nicht auf, sonst gehörst Du auch zu denen, die umgehend gefeuert werden können und schlechtere Löhne bekommen. Foto: bernardsie. Quelle: Pixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden. Die Grafik wurde nach einer Idee von KN-ADMIN H.S. mit Blutspritzern digital durch Wilfried Kahrs (WiKa) verändert.