Unsichtbare Hände - Sklaverei heute
Die Opfer unserer Konsum- und Wegwerfgesellschaft
Sklaverei ist heute erschreckend aktuell und weltweit ein boomendes Geschäft, denn ohne Sklavenarbeit wäre ein Großteil unsere Produkte, die wir im Alltag konsumieren erheblich teurer.
Offiziell ist die Sklaverei in der ganzen Welt abgeschafft. Doch diese Abschaffung existiert nur auf dem Papier. Formen moderner Sklaverei sind politische Gefangenschaft, Kinderarbeit, Rekrutierung von Kindersoldaten sowie die klassischen Formen der Leibeigenschaft und wirtschaftlichen Ausbeutung. Der renommierte Sklavenexperte Professor Kevin Bales von der University of Roehampton in London rechnete 2015 mit ca. 27 Millionen klassischen Sklaven weltweit.
Die australische NGO "Walk Free Foundation" hatte bereits 2013 und 2014 einen faktenreichen "Global Slavery Index" herausgegeben, in deren 2016er Ausgabe mit 216 Seiten spricht WFF bereits von geschätzten 45,8 Millionen Menschen, die auf die ein oder andere Weise Opfer moderner Sklaverei geworden sind. Dazu kommen laut diversen Hilfsorganisationen mehr als 100 Millionen Menschen, die in sklavereiähnlichen Verhältnissen leben.
Die Wenigsten vermuten, dass Produkte, die sie in Supermärkten und Warenhäusern kaufen, direkt oder indirekt aus einer Sklavereikultur stammen. In Wirklichkeit ist es aber so.
Kevin Bales erklärt:
"Sklaven in Pakistan haben möglicherweise die Schuhe gefertigt, die Sie tragen, und den Teppich gewirkt, auf dem Sie stehen. Sklaven in der Karibik könnten dafür gesorgt haben, dass in Ihrer Küche die Zuckerdose gefüllt ist und Ihre Kinder Spielzeug haben. In Indien wurde vielleicht das Hemd genäht, das Sie am Leib tragen, und der Ring an Ihrem Finger poliert. Lohn erhalten diese Menschen dafür keinen.
Auch indirekt spielen Sklaven eine Rolle in Ihrem Leben. Sie haben die Ziegel für die Fabrik gebrannt, in der Ihr Fernsehapparat angefertigt wurde. In Brasilien haben Sklaven die Holzkohle hergestellt, mit der man den Stahl für die Federung Ihres Autos und die Schneide Ihres Rasenmähers härtete. Sklaven haben den Reis angebaut, von dem die Frau sich ernährt, die den wunderschönen Stoff für Ihre Vorhänge gewebt hat. Ihr Effektenportefeuille und Ihre Lebensversicherung werden von Unternehmen verwaltet, die Aktien von Firmen besitzen, die in den Entwicklungsländern Sklaven für sich arbeiten lassen. Sklaven halten Ihre Kosten niedrig und steigern die Rendite Ihrer Anlagepapiere."
Die Liste von Bales lässt sich beliebig fortsetzen. Ob Smartphones, Playstation, Baumwolle oder Kakao. Die Elfenbeinküste ist der größte Kakaoproduzent der Welt. Rund 80% des Kakaos der Schokolade, die in europäischen Supermärkten verkauft wird, stammt von dort. Geerntet von Kindersklaven. Laut einem UNICEF -Bericht sollen in Westafrika pro Jahr rund 200 000 Kinder verschleppt werden. Viele davon in Sklaverei.
Doch Sklaverei ist nicht nur ein Problem ferner Armutsregionen, es gibt sie auch in Deutschland. Heike Rabe vom Projekt Zwangsarbeit des "Deutschen Instituts für Menschenrechte" (DIMR) in Berlin weiß: "Menschenhandel findet in Deutschland statt unter den Augen der Öffentlichkeit und hinter einer legalen Fassade. Also Betroffene haben zum Teil sogar ganz legale Papiere, Aufenthaltserlaubnis, Arbeitspapiere. Sie arbeiten auf öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen, wie Baustellen oder in Betrieben."
War es früher vor allem Zwangsprostitution, so stoßen Ermittler heute immer öfter auf Sklaverei-Verhältnisse im Industrie - und Dienstleitungssektor. In der Fleisch verarbeitenden Industrie, in der Landwirtschaft, im Baugewerbe, in asiatischen Massagesalons und Nagelstudios. Die Strukturen ähneln der Zwangsprostitution. Falsche Versprechungen. Die Papiere werden ihnen genommen. Sie werden mit Gewalt bedroht. Fliegen sie auf, werden sie abgeschoben und durch neue Sklaven ersetzt. Der deutsche Rechtsstaat fühlt sich nicht zuständig. Allzu schnell wird die Schuld dem Verbraucher zugeschrieben, der in seiner "Geiz-ist-geil" -Kultur scheinbar der Nutznießer moderner Sklaverei sei.
Sklaverei ist weltweit geächtet und verboten, aber die Zahlen der Sklaven steigen trotzdem weiter. Es ist vor allem ein politisches Problem. Die USA verabschiedeten bereits unter Bill Clinton ein Gesetz, das Ländern, die nicht aktiv gegen Sklaverei vorgehen, mit Sanktionen drohte. Angeprangert wurden aber nur politisch unliebsame Regierungen. Sanktionen gegen Japan, das nichts gegen die rund 120.000 Sexsklavinnen im Land unternimmt oder die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), die als strategischer Partner zählen, wurden abgelehnt.
Auch hierzulande mangelt es an politischem Willen. Das Bundeskabinett hat erst im Juni 2011 den Entwurf eines Zustimmungsgesetzes zum Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels beschlossen. Nach sechs Jahren Beratungen. Denn bereits 2005 waren alle EU Länder aufgefordert worden, das Gesetz zu ratifizieren. Zähes politisches Prozedere um die elementarsten Rechte.
Das Gerangel um eine gemeinsame europäische Strategie zur Bekämpfung der Sklaverei hält bis heute an – mit offenem Ende?
Bitte die 4 nachfolgenden Dokumentationen anschauen!
► Unsichtbare Hände - Sklaverei heute im 21. Jahrhundert - Billige Arbeitskräfte im Verborgenen - 3sat (Doku 43:55 Min.)
► Slavery: A 21st Century Evil - Bonded Slaves (Doku in Englisch, 25:03 Min.)
► DIE BILLIGE MASCHE VON H&M (sehenswerte Doku, 52:37 Std.)
► Wie Primark, H&M, Adidas, KiK & Co an der Ausbeutung der TextilarbeiterInnen in Bangladesh verdienen (Dauer 43:59 Min.)
(Text-Quelle: YOUTUBE-Profil von M. Molli, redigiert durch KN-ADMIN H.S.)
► Bild- und Grafikquellen:
1. Kinderzwangsarbeit ist in Pakistan - wie auch weltweit - zwar verboten, aber behördliche Kontrollen werden nicht konsequent umgesetzt. Foto: International Labour Organization (ILO) in Asia and the Pacific. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0).
2. Ausbeutung kennt keine Altersbegrenzung, wenn der Profit maximiert werden kann. Foto: vipez. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0).
3. Afghan brick kiln mud. Two workers at an Afghan brick kiln forming mud into bricks. Foto: International Labour Organization (ILO) in Asia and the Pacific. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0).