Erdoğan droht den Êzîden im Nordirak mit neuer Militärintervention

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Erdoğan droht den Êzîden im Nordirak mit neuer Militärintervention
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Erdoğan droht den Êzîden im Nordirak mit neuer Militärintervention

von Peter Schaber für Civaka Azad

Es war Anfang April, als sich der türkische Autokrat Recep Tayyip Erdoğan mit einer Erfolgsmeldung zu Wort meldete: Die Militäroperation im Norden Syriens, die seine Armee im August 2016 unbestreitbar völkerrechtswidrig begonnen hatte, sei zu Ende und man habe alle Ziele erreicht, denn „Daesh“, der Islamische Staat, sei aus al-Bab vertrieben worden. Erdoğans Einschätzung verschwieg, dass das eigentliche Ziel des Einmarsches allerdings keineswegs die Eroberung al-Babs gewesen war.

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Vielmehr bezweckte die AKP-Regierung in Ankara die Schwächung der Föderation Nordsyrien und der Volksverteidigungseinheiten YPG/YPJ, weil sie sich dadurch eine Schwächung der kurdischen Bewegung rund um die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Südosten des eigenen Landes erhoffte. Der Einsatz der türkischen Streitkräfte verfehlte dieses Ziel aber nicht nur, politisch ging die kurdische Selbstverwaltung in Rojava sogar gestärkt aus dem Angriff hervor.

Von Moskau bis Washington, von Teheran bis Damaskus war man sich nicht in vielem einig, aber ein taktisches Übereinkommen traf man doch: Niemand wollte die türkische Besatzungsmacht und ihre dschihadistischen Verbündeten nach Minbic (Manbidsch) oder ar-Raqqa (Rakka) marschieren sehen.

Erdoğan also scheiterte auf ganzer Linie, während sich an die Ideen des PKK-Gründers Abdullah Öcalan anknüpfende Rätestrukturen weiter und weiter ausbreiteten. [Erg. ADMIN H.S.: siehe diverse PdF-Anhänge!] So konnte die „Erfolgsmeldung“ Anfang April nicht ohne Ankündigung neuer Angriffskriege bleiben. Der türkische Präsident drohte den „Terroristen“ von YPG und PKK, ohne genaue Marschziele zu nennen. In einem späteren Interview konkretisierte Erdoğan seine Ziele und nannte Tal Afar, Mossul und den Shengal (Sindschar) als Gebiete, für die die Türkei eine „Verantwortung“ habe.

► Selbstverwaltung im Shengal

Der Shengal ist Erdoğan nicht ohne Grund ein besonderer Dorn im Auge. Als 2014 die Terrormiliz Islamischer Staat in die êzîdischen Siedlungsgebiete einrückte, zogen sich die rund 12000 hier stationierten Peschmerga von Mesud Barzanis PDK zurück und überließen die dort lebenden Êzîdinnen und Êziden [1] einem grausamen Schicksal. Der IS mordete, vergewaltigte und raubte. Wer fliehen konnte, zog sich in den Schutz der Shengal-Berge zurück. Dort schützten zunächst zwölf Guerillakämpfer der Volksverteidigungskräfte "Hêzên Parastina Gel" (HPG) den Eingang zum Gebirge und verhinderten ein Eindringen der Dschihadisten. Aus den Bergen an der türkisch-irakischen Grenze kamen, damals auch noch auf Einladung Mesud Barzanis, Guerilla-Kräfte mit schweren Waffen nach.

Einige hundert Êziden gingen nach Rojava und wurden dort von den Volksverteidigungseinheiten (kurdisch Yekîneyên Parastina Gel) YPG bewaffnet. „Als der Genozid begann, sind aus meiner Familie sieben Männer nach Derik gegangen. Wir nahmen Waffen auf und sind gemeinsam mit der YPG zurückgegangen, um den Fluchtkorridor für die Bevölkerung frei zu kämpfen“, erinnert sich Heval Veysel, der heute im Bereich für Gesellschaftsarbeit der Êzîdeneinheit YBS tätig ist. Diese waren nach der Befreiung des Shengal unter Anleitung der HPG entstanden, heute sind tausende Êzîdinnen und Êzîden in ihnen organisiert.

Auf die Befreiung von den IS-Besatzern folgte aber nicht nur der Aufbau der militärischen Selbstverwaltung der Êzîden, es begann auch ein neues gesellschaftliches Projekt. Die Bevölkerung sollte sich von nun an selbst regieren, ihre eigenen Angelegenheiten selbst bestimmen. Dieses Projekt hat seit 2014 Fortschritte gemacht, wenn auch oft mit Widersprüchen und nicht immer schnell genug.

Der Türkei und ihrem lokalen Verbündeten, der KDP, gilt es als große Bedrohung. Seit Monaten verschärft sich die Rhetorik aus Erbil wie aus Ankara. Mehrfach sprach Erdoğan davon, im Shengal ein „zweites Kandil“ verhindern zu wollen, Barzani sekundierte und forderte die PKK auf, den Shengal zu verlassen.

► Erdoğans Befehl, Barzanis Bande

Parallel zu Erdoğans Säbelrasseln begannen Anfang März erste Provokationen gegen die êzîdische Selbstverwaltung im Shengal. Milizen, die in den meisten Medien einfach als „Peschmerga“ beschrieben wurden, versuchten in Khanasor, einer für die Êzîden bedeutenden Stadt im Shengal, einzumarschieren. „Was hier ankam, war eine Mischung aus verschiedenen Banden“, sagt Heval Veysel. „Da waren türkischsprachige Kämpfer dabei, Roj-Peschmerga aus Rojava und auch Turkmenen und Araber, die früher hier in der Region mit IS kooperiert hatten.“ Die Schreie der verletzten Gegner seien Türkisch und Arabisch gewesen.

Hinter der Attacke, bei der sieben Kämpfer von YBS und HPG fielen, vermutet auch Veysel die Türkei: „Sie haben zuerst den IS unterstützt, doch dieser wurde zurückgeschlagen. Dann haben sie sich der KDP bedient, aber auch die hatte keinen Erfolg. Jetzt droht Erdoğan an, eigene Truppen zu schicken. Ich sage, soll er doch. Wir wollen keinen Krieg, aber wir können uns hier verteidigen. Für Erdoğan ist es eine durchwegs feindliche Umgebung.

Tatsächlich sind die Verteidiger des Shengal gut vorbereitet. Auch der Angriff der KDP-nahen Banden Anfang März scheiterte, Tote auf Seiten von YBS und HPG gab es vor allem deshalb, weil diese versuchten, den Konflikt durch einen Dialog zu lösen. Sollte ein erneuter Angriff folgen, wird die Antwort, so hört man vor Ort, wohl anders ausfallen. „Wir wollen wirklich keinen Krieg, schon weil es bei den Peschmerga auch kurdische und êzîdische Soldaten gibt“, sagt Heval Militan, ein junger Guerillakämpfer. „Aber wenn sie angreifen, dauert es nicht lange. Das müssten sie selber eigentlich auch verstehen. Denn wir sind oben auf dem Berg und sie sind unten. Und wir wissen, wie man einen Guerilla-Krieg führt.

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Obwohl das Vorhaben von wenig Erfolg gekrönt sein wird, könnte der türkische Präsident kurz vor oder nach dem Referendum über die Präsidialdiktatur in der Türkei einen Angriff versuchen. Kürzlich bekundete er: „Wir werden entweder vorrücken oder wir sind dazu verdammt, zu verkümmern. Ich bin entschlossen, Schritte nach vorne zu machen.

Sollte das tatsächlich geschehen, wäre die internationale Öffentlichkeit gefragt. Denn ein durch irreguläre Milizen am Boden unterstützter Luftkrieg gegen den Shengal stellt nichts weniger dar, als den Versuch, den vom IS begonnenen Genozid an den Êzîden zu Ende zu führen.

Peter Schaber für Civaka Azad, 13.04.2017.

[1] alternative Schreibweise “Jesiden”.

Bitte um Beachtung der nachfolg. Buchvorstellungen und die 10 angehängten -Text-Dokumente am Seitenende !! 



Quelle:  Chivaka Azad - Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e. V. > Artikel.

Über Civaka Azad:

Seit Jahrzehnten gibt es in Kurdistan einen Krieg gegen das kurdische Volk. Dabei ist die Forderung der Kurden ausschließlich die Anerkennung ihrer Identität und ihrer Rechte. Allerdings ist diese Forderung Grund genug für die Regierungen der Staaten Türkei, Iran, Irak und Syrien, in denen die Kurden leben, um sie aufs Bitterste bekämpft. Und es ist ein Krieg, der in der Weltöffentlichkeit mehrheitlich keine Beachtung findet.

Das ermutigt die Staaten bei Gelegenheit auch auf eine „schmutzige Kriegsführung“ zurückzugreifen. So werden sowohl zivile Opfer billigend in Kauf genommen, als auch Waffen eingesetzt, die nach Genfer Kriegskonvention geächtet sind. Die Schaffung von Öffentlichkeit und ihre Sensibilisierung für die Geschehnisse in Kurdistan können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, diesen Krieg einzudämmen und mittelfristig den Weg für eine friedliche Lösung zu ebnen. Hierzu möchten wir als Civaka Azad unseren Beitrag leisten.

„Only bad news, are good news“, so lautet die Maxime vieler Mainstream Medien hierzulande. Die Ereignisse aus Kurdistan werden, wenn überhaupt, nur einseitig mit dem Fokus auf den Krieg beleuchtet. Allerdings werden in Kurdistan seit Jahren trotz permanenten Kriegszustands auch Projekte für eine kommunale Selbstverwaltung und zivilgesellschaftliche Organisierung der Bevölkerung vorangetrieben. Die Menschen fangen an die Probleme ihrer Region basisdemokratisch selbst zu lösen. Es keimt ein freiheitliches, demokratisches, ökologisches und geschlechterbefreiendes Bewusstsein in der Bevölkerung auf.

Mit diesem Bewusstsein und den fortschrittlichen Projekten bauen die Menschen aus Kurdistan ihre Civaka Azad – ihre freie Gesellschaft – gegen die permanenten Repressalien durch die jeweiligen Staatsapparate auf. Auch diesbezüglich haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, diese Projekte in eine breitere Öffentlichkeit zu tragen, um sowohl einen Schutz vor Repressalien zu bilden als auch Interessierten einen Einblick in das Projekt der Demokratischen Autonomie zu gewähren.

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Bild- und Grafikquellen:

1. Taree' al Bab " Aleppo " where the SKUD bombed, 3 March 2013. Credit: Basma / Foreign and Commonwealth Office. Source: Flickr. Verbreitung m. CC-Lizenz Namensnennung-Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-ND 2.0).

2. Jesidische Flüchtlinge aus dem Irak: Kine Haji, 37, ran with her children from her village near Sinjar city, carrying her youngest daughter on her shoulders. Her other children ran with her, barefoot. She fled after witnessing her husband killed by ISIL troops. “My hope for my family and me is to go to Europe”, she told me. “There is nothing for us in Sinjar. We do not feel safe and we don’t want to be attacked again.

“Right now, there is no good place to live. I have no milk to give to my children; I don’t have my husband any more and there is no-one to take care of us. We have no money. This place is not good, but at least its safe”, she added. Foto: Caroline Gluck / European Commission DG ECHO. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0).

3. Jesidische Flüchtlinge aus dem Irak: Large numbers of refugees stay in one room for shelter in this abandoned military barracks in Sirnak province, south-eastern Turkey. Around 1200 Yazidis,. who fled ISIL attacks in Northern iraq, are staying here. Foto: Caroline Gluck / European Commission DG ECHO. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0)

4. Yezidi YBS Fighters after the liberation of Shingal. Yekîneyên Berxwedana Şingal (YBŞ, deutsch Widerstandseinheiten Shingal) ist eine jesidische Bürgerwehr, die unter dem Eindruck der Sommeroffensive 2014 der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) und des von ihr verübten Völkermords an den Jesiden, von der YPG initiiert wurde. Credit/Foto: Kurdishstruggle (Team of Kurdish Photographers & Fighters). Source: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0).

5. Der kurdische Befreiungskampf wird an vielen Fronten gekämpft.  Das Ziel der kurdischen Bewegung ist aber heute nicht mehr die Gründung eines Nationalstaates. Sie will das Zusammenleben im Nahen/Mittleren Osten (und nicht nur dort) in nichtstaatlicher Form auf Basis einer Art Rätedemokratie organisieren, die sich Demokratischer Konföderalismus nennt. Bildquellen: arab.blogsport.de/ und  Chivaka Azad - Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e. V.

6. Buchcover: "Zivilisation und Wahrheiten. Maskierte Götter und verhüllte Könige. Manifest der demokratischen Zivilisation - Band 1." von Abdullah Öcalan. 1. Auflage März 2017. Taschenbuch-Ausgabe 320 Seiten, 978-3-945326-49-7. Als gebundene Ausgabe ISBN 978-3-945326-48-0. Erschienen in der "International Initiative Köln" www.ocalan-books.com in Zusammenarbeit mit Mezopotamien Verlags GmbH, Neuss. www.pirtuk.info . Vorwort von David Graeber. Übersetzer: Reimar Heider.

Öcalan kritisiert nicht nur den Kapitalismus, sondern weitet den Blick auf die zugrunde liegenden Strukturen der Zivilisation. Indem er die Methoden zum Verständnis von Gesellschaft, Wissen und Macht hinterfragt, bereitet er einer Soziologie der Freiheit den Boden. In diesem ersten Band des »Manifests der demokratischen Zivilisation« reflektiert Abdullah Öcalan seine Erkenntnisse aus 35 Jahren revolutionärer Theorie und Praxis und 10 Jahren Isolationshaft auf einer türkischen Gefängnisinsel.

Abdullah Öcalan - Zivilisation und Wahrheiten. Manifest der demokratischen Zivilisation - komplettes Vorwort von David Graeber - weiter.

Abdullah Öcalan - Zivilisation und Wahrheiten. Manifest der demokratischen Zivilisation - längere Leseprobe von STÊRKA CIWAN - weiter.

7. Buchcover "Revolution in Rojava - Frauenbewegung und Kommunalismus zwischen Krieg und Embargo" von Anja Flach / Ercan Ayboğa / Michael Knapp. Eine Veröffentlichung der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Kooperation mit der Kampagne TATORT Kurdistan. 352 Seiten | EUR 19.80 | VSA Verlag (Link zum Buch)| ISBN 978-3-89965-658-9 Bestellungen bitte direkt an: tatortkurdistanhh@googlemail.com.

8. Buchcover "Demokratische Autonomie in Nordkurdistan. Rätebewegung, Geschlechterbefreiung und Ökologie in der Praxis". Eine Erkundungsreise in den Südosten der Türkei, herausgegeben von TATORT Kurdistan. Als eigenen Beitrag zur friedlichen Lösung der kurdischen Frage hat die kurdische Freiheitsbewegung in der Türkei ein alternatives Gesellschaftsmodell entwickelt: die Demokratische Autonomie.

sevim_dagdelen_der_fall_erdogan_wie_uns_merkel_an_einen_autokraten_verkauft_can_duedar_kritisches_netzwerk_tuerkei_menschenrechte_bosporus_nato_putsch_kurden_syrien_pressefreiheit.jpg Unter schwierigsten Bedingungen gelingt es der Bewegung in Nordkurdistan seit 2005, Strukturen für den Aufbau einer demokratischen, ökologischen und geschlechterbefreiten Gesellschaft zu schaffen. Ihren Kern bildet ein Rätesystem, in dem sich die Bevölkerung in den Dörfern, Straßenzügen, Stadtvierteln und Stadträten basisdemokratisch organisiert. Diese Strukturen ermöglichen zwar noch keine autonome Lebensform jenseits der bestehenden staatlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, aber sie stellen bereits heute eine relevante zivilgesellschaftliche Gegenmacht dar.

Der radikal-demokratische Aufbruch der Kurd_innen bietet so auch eine Inspiration für die Neugestaltung von Gesellschaften im Mittleren Osten und darüber hinaus. Die in dieser Broschüre dokumentierten Interviews bieten einen ersten Einblick in die konkrete Umsetzung einer linken Utopie.

Weiter Infos unter: http://demokratischeautonomie.blogsport.eu/

Zu bestellen bei ISKU unter: isku@nadir.org .

9. Buchcover: "Der Fall Erdoğan - Wie uns Merkel an einen Autokraten verkauft" von Sevim Dağdelen, mit einem Vorwort von Can Dündar; Erscheinungstermin: 17.10.2016; Seitenzahl: 224 ISBN: 978-3-86489-156-4; Preis: 18,00 €; auch als E-Book und AudioCD lieferbar.

Die verlorenen Menschenrechte am Bosporus – wie lange schauen Deutschland und die EU noch zu?

Nach dem Scheitern des gegen ihn gerichteten Militärputsches ist der türkische Präsident Erdoğan dabei, das NATO-Mitgliedsland Türkei systematisch in einen islamistischen Unterdrückungsstaat umzubauen. Rigoros geht er gegen Andersdenkende vor. Zehntausende Menschen wurden aus dem Staatsdienst entlassen, Massenverhaftungen sind an der Tagesordnung. Im Südosten dauert der Krieg gegen die Kurden an, in Syrien werden islamistische Terrorgruppen unterstützt. Warum hält Bundeskanzlerin Merkel weiter zu dem antidemokratischen Staatschef? Welchen Preis hat der EU-Türkei-Deal in Sachen Flüchtlingspolitik? Sevim Dağdelen beleuchtet die Machtverhältnisse am Bosporus und zeigt politische Alternativen zum unterwürfigen Umgang der Bundesregierung mit der Türkei auf.

Sevim Dağdelen ist seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages. Die Politikerin ist Sprecherin für Internationale Beziehungen sowie Beauftragte für Migration und Integration der Fraktion DIE LINKE. Die gebürtige Duisburgerin ist Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und stellvertretendes Mitglied im Innenausschuss des Bundestages. Sevim Dağdelen besucht regelmäßig die Türkei und den Nahen Osten und setzt sich seit Jahren aktiv für die Rechte von Minderheiten und für verfolgte Journalisten, Künstler, Gewerkschafter und Oppositionelle ein. Als Außenexpertin und Türkei-Kennerin ist sie gefragter Gast in TV und Hörfunk.

10. Transparent an Häuserfront: ERDOGAN STOPPEN. Foto: strassenstriche.net. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung-Nicht kommerziell 2.0 Generic (CC BY-NC 2.0).

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Verbunden: 17.05.2015 - 13:45
Angriffe auf Jesiden mit deutschen Waffen


Angriffe auf Jesiden mit deutschen Waffen

Bei Angriffen türkeinaher Milizen wird auch deutsche Kriegsausrüstung eingesetzt“, kommentiert die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jepke, die Antwort der Bundesregierung auf ihre Anfrage zu Angriffen durch KDP-Peschmerga auf die jesidische Selbstverwaltung im Nordirak. Jelpke weiter:

Die Bundesregierung hat jetzt bestätigt, dass es sich bei dem Fahrzeug, das auf einem Video aus der irakischen Sengal-Region stammt, um einen Dingo-Transporter aus deutscher Produktion handelt. Aus diesem Fahrzeug heraus waren am 02.03.17 zwei Mitglieder der kurdischen HPG erschossen worden, die den Truppentransport mit ihren Körpern zu blockieren versuchten. Bei den Tätern handelt es sich um die Türkei gesteuerte Gruppe, der sogenannten Roj Peschmerga. Beim weiteren Angriff durch die Roj Peschmerga wurden mehrere Angehörige der Selbstverteidigungseinheiten des jesidischen Volksrats und ein junges Mädchen getötet.

Es war schon 2014 klar, dass die Waffen, die von der Bundesregierung an Peschmerga der Barzani-Regierung in die kurdische Region in den Irak geliefert wurden, nicht nur für den Kampf gegen die IS-Terroristen eingesetzt werden, sondern auch zur Ausweitung der Interessenssphäre des Barzani-Regimes. Jetzt sehen wir diese Waffen in den Händen seiner Milizen im Einsatz gegen die jesidische Selbstverwaltung.

Die Bundesregierung zieht daraus offensichtlich keine Konsequenzen, sondern steckt den Kopf in den Sand. Ich sehe mich jetzt in meiner Warnung, dass diese Waffen zur Unterdrückung der örtlichen Bevölkerung durch die kurdische Regierung zum Einsatz kommen könnten, bestätigt.

Weiterhin ist es unglaublich, dass die Bundesregierung marginale KDP- und türkeinahe Gruppen aus Syrien mit fast einer Million Euro subventioniert und ihnen die Teilnahme an den Genfer Syrien-Friedensgesprächen ermöglicht hat, während die Rojava-Selbstverwaltung, die die große Mehrheit der Bevölkerung in Nordsyrien repräsentiert und den Löwenanteil am Kampf gegen den sogenannten IS trägt, von diesen Verhandlungen ausgeschlossen bleibt. So sorgt die Bundesregierung nicht für Frieden und Versöhnung, sondern trägt zur Destabilisierung der Region im Sinne der neoosmanischen Pläne des Erdogan-Regimes bei, das haben auch die neuerlichen Luftangriffe auf die Sengal Region durch die Türkei deutlich gezeigt.

Die Anfrage kann unter folgendem Link abgerufen werden KA-Nr. 18-11842 RojavaPeschmergaSengal .PDF_Symbol.gif

______________________

Ulla Jelpke, MdB
Innenpolitische Sprecherin
Fraktion DIE LINKE.
im Deutschen Bundestag

Platz der Republik 1
11011 Berlin

Tel.: 030/ 227-71253
Fax: 030/ 227-76751

www.ulla-jelpke.de
www.linksfraktion.de

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