Diese Wirtschaftsbosse reisten mit Merkel ins Ausland

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Diese Wirtschaftsbosse reisten mit Merkel ins Ausland
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Diese Wirtschaftsbosse reisten mit Merkel ins Ausland

Lobbyismus über den Wolken

von Josephine Andreoli | abgeordnetenwatch.de

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Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel oder Minister:innen zu einem Staatsbesuch ins Ausland aufbrechen, werden sie nicht selten von Wirtschaftsvertreter:innen begleitet. Passagierlisten, die abgeordnetenwatch.de ausgewertet hat, zeigen nun, wer im Regierungsflieger mitreisen durfte. Verlockend für die Chefs von Siemens, Daimler und Co.: Der informelle Zugang zur Kanzlerin und den Minister:innen.

Angela-Merkel-Transatlantikerin-transatlantische-Buendnistreue-Merkelraute-Kritisches-Netzwerk Saudi-Arabien, Argentinien, China, Ghana, Japan: Die Liste der Auslandsreisen, auf denen Siemens-Chef Joe Kaeser Bundeskanzlerin Angela Merkel begleitet hat, ist lang. Insgesamt elf Mal reiste die Kanzlerin seit der letzten Bundestagswahl mit einem Heer von Konzernbossen zu Auslandsterminen. Kein Unternehmer begleitete sie dabei so häufig wie Siemens-Vorstandschef Kaeser – ganze neun Mal war er mit von der Partie. Nimmt man die vorangegangene Legislaturperiode dazu, waren es sogar fünfzehn (15) Mal. Doch auch zahlreiche andere Unternehmer:innen sind regelmäßig an Bord des Regierungsfliegers.

Das ergibt sich aus einer aktuellen Regierungsantwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion, die abgeordnetenwatch.de und das Nachrichtenportal t-online ausgewertet haben. Demnach wurden Bundeskanzlerin Merkel und ihre Minister:innen bei den 34 Delegationsreisen der laufenden Legislaturperiode von 441 Wirtschaftsvertreter:innen begleitet. Seit der Bundestagswahl 2013 waren es sogar 1.565 Konzernbosse und Verbandsvertreter:innen, die bei insgesamt 107 Delegationsreisen mitflogen.

► Wettbewerbsvorteil Delegationsreise

Delegationsreisen von Regierungsmitgliedern sind bei Unternehmer:innen und Manager:innen begehrt. Sie dienen als Türöffner für Expansionen und verhelfen zum Abschluss lukrativer Auslandsgeschäfte. Doch nicht nur das. Ein Platz im Regierungsflieger bietet die Gelegenheit, persönlich und informell mit der Kanzlerin oder den Minister:innen ins Gespräch zu kommen und „zu erzählen, wo gerade der Schuh drückt“, wie es einmal ein Unternehmer schilderte, der häufiger an Delegationsreisen teilnahm.

Für die mitreisenden Unternehmen, so schreibt es die Linksfraktion in der Vorbemerkung ihrer Kleinen Anfrage, ergebe sich dadurch ein Wettbewerbsvorteil. Ein weiteres Plus: Bei den Gesprächen im Regierungsflieger gibt es anders als bei einem Lobbytreffen im Kanzleramt oder Ministerium keinerlei schriftliche Aufzeichnungen, die Auskunft über das Besprochene geben könnten.

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Delegationsmitglieder aus der Wirtschaft bei Auslandsreisen von Angela Merkel und Minister:innen (Auswahl):

Angela Merkel (Bundeskanzlerin):

    Carsten Spohr, Lufthansa
    Joe Kaeser, Siemens
    Dieter Kempf, BDI
    Friedrich Curtius, DFB
    Ulrich Grillo, Grillo Werke AG (Metall- und Chemieindustrie)
    Clemens Tönnies, Tönnies Lebensmittel GmbH
    Herbert Diess, Volkswagen AG
    Günther Papenburg, Günther Papenburg AG (Bauindustrie)
    Gerhard Wiesheu, Bankhaus Metzler
    Werner Baumann, Bayer AG
    Ola Källenius, Daimler AG
    Christian Sewing, Deutsche Bank AG
    Martin Herrenknecht, Herrenknecht AG (Maschinen- und Anlagenbau)

sigmar_gabriel_spd_sozialdemokratie_sozialdemokraten_postengeschacher_kritisches_netzwerk_vizekanzler_frustration_aussenminister_europaeische_union_kerneuropa.pngSigmar Gabriel (Außenminister, 2017-2018):

    Ulrich Dietz, Bitkom
    Martin Wansleben, DIHK
    Hubert Lienhardt, Präsident des Asien- Pazifikausschusses der deutschen Wirtschaft
    Clemens Tönnies, Tönnies Holding GmbH
    Joe Kaeser, Siemens

Heiko Maas (Außenminister):

    Clas Neumann, SAP
    Burkhard Ley, Wirecard AG
    Thomas Ulbrich, Volkswagen AG
    Michael Harms, Ostausschuss der deutschen Wirtschaft

Julia Klöckner (Landwirtschaftsministerin):

    Julia Hamal, BASF
    Arnd Nenstiel, Bayer AG
    Peter Müller, Bayer CropScience
    Steen Sönnichsen, Westfleisch
    Geron Schulze Altoff, Tönnies Lebensmittel GmbH

Peter-Altmeier-CDU-BMWi-Cliquenwirtschaft-Klientelpolitik-Kritisches-Netzwerk-Insolvenzverschleppungsverlaengerungsgesetz-Delegationsreise-Neoliberalismus-LobbysumpfPeter Altmaier (Wirtschaftsminister):

    Eckart von Klaeden, Daimler AG
    Markus Kramer, BASF
    Johannes Thyssen, E.ON SE
    Hans-Josef Zimmer, EnBW
    Ivonne Bollow, Metro AG
    Rolf Wirtz, ThyssenKrupp Marine Systems GmbH

Auf der nun veröffentlichten Passagierliste taucht unter anderem der Name Wirecard auf. So ließ Außenminister Heiko Maas (SPD) sich bei einer Delegationsreise im November 2018 vom damaligen Finanzvorstand Burkhard Ley nach China begleiten. Auch wenn das Ausmaß des Skandals zum damaligen Zeitpunkt noch nicht absehbar war: Das fragwürdige Geschäftsgebaren der Wirecard-Manager war zumindest kein Geheimnis. Allen voran die Financial Times hatte wiederholt kritisch über den Zahlungsdienstleister berichtet.

Knapp ein Jahr später war es Bundeskanzlerin Merkel persönlich, die sich bei einer China-Reise für Wirecard einsetzte – obwohl es bei ihren Beratern Unbehagen bezüglich des Unternehmens gab.

► Freundschaftsdienste und Vetternwirtschaft

Und ein weiterer Name sticht bei den Delegationsmitgliedern ins Auge: Clemens Tönnies, der Chef von Deutschlands größtem Fleischkonzern. Tönnies begleitete den damaligen Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) im Mai 2017 auf einer Reise nach China. Wahrscheinlich war es ein Zufall, dass die beiden knapp drei Jahre später erneut in Sachen China zusammenkamen: Diesmal beriet Gabriel, mittlerweile Ex-Minister, den Fleischunternehmer zu Transportmöglichkeiten seiner Ware ins Reich der Mitte.

Auf eine andere Reise als Wirtschaftsminister nahm Gabriel einmal seinen früheren Wahlkampfmanager in der Wirtschaftsdelegation mit. Der Unternehmensberater Heino Wiese, ein früherer SPD-Bundestagsabgeordneter, durfte seinen Parteifreund Gabriel im Juli 2015 nach China begleiten. Auf der Website seiner Consulting-Firma wirbt Wiese mit „Kontaktaufbau und –pflege mit Politik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene“.

Immer wieder sorgen Fälle von Freundschaftsdiensten und möglicher Vetternwirtschaft für Schlagzeilen. 2014 musste beispielsweise der mittlerweile verstorbene CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Mißfelder einräumen, einem befreundeten Unternehmer vier Jahre zuvor einen Platz im Regierungsflieger mit dem damaligen Außenminister Guido Westerwelle (FDP) besorgt zu haben. Auch Westerwelle selbst sah sich mehrfach dem Vorwurf ausgesetzt, bei Delegationsreisen private und politische Interessen nicht sauber zu trennen: mit an Bord nahm er einen FDP-Großspender sowie den Manager eines Unternehmens, an dem sein Bruder beteiligt war.

► Wer zahlt die Reisekosten?

Wenn Wirtschaftsvertreter:innen die Kanzlerin oder andere Regierungsmitglieder ins Ausland begleiten, müssen sie "die Kosten für eine Teilnahme selbst tragen (Hotelkosten, Impfkosten, anteilige Flugkosten bei Mitflügen in einer Maschine der Flugbereitschaft)“, so die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Linken-Anfrage.

Kosten für den Transfer vor Ort wie auch für Empfänge übernehme die Regierung. Auf welche Höhe sich die Ausgaben belaufen, beantwortete sie nicht.

► Lobbystreit um das Lieferkettengesetz

Da Delegationsreisen vonseiten der Bundesregierung als zentrales Außenwirtschaftsförderinstrument gehandelt werden, erwarte sie von den mitreisenden Unternehmen „generell ein verantwortungsvolles und dem geltenden Recht entsprechendes unternehmerisches Verhalten“. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Linken-Anfrage. Sanktionen bei Verstößen sind offenbar nicht vorgesehen.

Auf die Frage der Linksfraktion, ob die Regierung erwäge, Unternehmen von Delegationsreisen auszuschließen, die gegen Menschenrechte verstoßen haben, reagiert sie ausweichend. „Die Abstimmungen innerhalb der Bundesregierung über Eckpunkte für eine verbindliche Regelung der Sorgfaltspflicht von Unternehmen entlang ihrer Lieferketten“ seien noch nicht abgeschlossen.

Der Grund für die Verzögerungen bei den Eckpunkten: Auf Drängen der Wirtschaftslobby hatte das Kanzleramt das Gesetzgebungsverfahren ausgebremst. Druck machten insbesondere große Wirtschaftsverbände wie der 'Bundesverband der Deutschen Industrie' (BDI), die 'Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände' (BDA) und der 'Deutsche Industrie- und Handelskammertag' (DIHK) – allesamt regelmäßige Teilnehmer bei den Delegationsreisen.

Verwendete Dokumente:

Regierungsantwort zu Delegationsreisen 2017-2020 >> weiter. (PDF)

Regierungsantwort zu Delegationsreisen 2013-2017 >> weiter. (PDF)

Josephine Andreoli
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Josephine Andreoli ist Redakteurin von abgeordnetenwatch.de und schreibt über Lobbyismus, Parteispenden und Nebentätigkeiten von Abgeordneten in Deutschland und Europa. Sie hat ihren Bachelor in Journalistik mit Schwerpunkt Kultur in Hamburg und Bangkok erworben und ein Volontariat bei den Lübecker Nachrichten absolviert.

Seit Juli 2020 arbeitet Josephine in der Redaktion von abgeordnetenwatch.de. Sie interessiert sich insbesondere für Themen, die im Zusammenhang mit Klima, Tierschutz, Agrar- und Gesundheitspolitik stehen. >> Kontakt: Telefon 040 / 317 6910 - 50 und Mail andreoli@abgeordnetenwatch.de .

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► Quelle: Dieser Artikel von Josephine Andreoli wurde am 27. November 2020 erstveröffentlicht auf abgeordnetenwatch.de >> Artikel. Der Text auf dieser Seite steht unter der Creative Commons Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-NC-SA 4.0).

ACHTUNG: Die Bilder, Grafiken, Illustrationen und Karikaturen im Artikel sind nicht Bestandteil des Originalartikels und wurden von KN-ADMIN Helmut Schnug eingefügt. Für sie gelten ggf. andere Lizenzen, siehe weiter unten. Grünfärbung von Zitaten im Artikel und einige Verlinkungen wurden ebenfalls von H.S. als Anreicherung gesetzt.

► Bild- und Grafikquellen:

1. Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel oder Minister:innen zu einem Staatsbesuch ins Ausland aufbrechen, werden sie nicht selten von Wirtschaftsvertreter:innen begleitet. Verlockend für die Chefs von Siemens, Daimler und Co.: Der informelle Zugang zur Kanzlerin und den Minister:innen. Bildbearbeitung: Wilfried Kahrs (WiKa).

2. Angela Merkel - Bankenrettung, Anhebung der Rüstungsausgaben, NATO-Osterweiterung, Russophobie, Atomausstieg, diverse Rechtsbrüche, "Wir schaffen das", etc. wurde dem Wahlvolk als alternativlos verkauft. Dabei leben wir längst in einer Scheindemokratie und Plutokratie, in der die Kapitalinteressen des Geldadels und der Großindustrie mit demokratisch wirkungsloser Fassade herrschen.

Und vergessen wir bitte nicht: Merkel hat die Grenzen für alle und jeden geöffnet, ganz gleich, ob ein Ausweis oder irgendeine Qualifikation vorgezeigt werden konnte. Die BRD wurde mit Menschen geflutet, die zum größten Teil dem Steuerzahler zur Last fallen. Migrantophiler Gesellschaftsumbau und migrantophile Rechtsstaatdemontage sind bis heute die Folgen dieses langjährigen Merkelregimes. Urheber: Javier CruX. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Attribution-NonCommercial-ShareAlike 2.0 Generic (CC BY-NC-SA 2.0).

3. Der CDU-Politiker Peter Altmaier (* 18. Juni 1958 in Ensdorf, Saar) ist seit dem 14. März 2018 Bundesminister für Wirtschaft und Energie im Kabinett Merkel IV. Bildbearbeitung: Wilfried Kahrs (WiKa).

4. Sigmar Gabriel: SPD-Luftnummer 2017. Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs (WiKa).

5. Nochkanzlerin Dr. Angela Merkel: Bundeskanzlerin Merkel und ihre Minister:innen wurden bei den 34 Delegationsreisen der laufenden Legislaturperiode von 441 Wirtschaftsvertreter:innen begleitet. Foto: Tim Jokl, nr. Manchester. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung-Nicht kommerziell 2.0 Generic (CC BY-NC 2.0). Das Foto des Plakates wurde nach einer Idee von KN-Admin Helmut Schnug durch den Kollegen Wilfried Kahrs digital verändert. (Mehr abgerissene Ecken!)