Arbeitgeber behindern jede sechste Betriebsratsgründung

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Arbeitgeber behindern jede sechste Betriebsratsgründung
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Behinderung der Betriebsratsarbeit

Arbeitgeber behindern jede sechste Betriebsratsgründung

von Laurenz Nurk, Dortmund

In Deutschland behindern die Arbeitgeber jede sechste Betriebsratsgründung, sie schüchtern Kandidaten ein, drohen mit Kündigung oder verhindern die Bestellung eines Wahlvorstands. Wenn Beschäftigte ihre verbrieften Mitbestimmungsrechte in Anspruch nehmen, müssen sie in etlichen Firmen mit Schikanen durch den Arbeitgeber rechnen.

widerstand_arbeitnehmerrechte_arbeitsunrecht_betriebsrat_kritisches_netzwerk_die_fertigmacher_union_bashing_busting_gewerkschaft_gewerkschaftsbekaempfung_unterdrueckung.pngDas zeigt eine aktuelle Untersuchung von Martin Behrens und Heiner Dribbusch, die Befunde einer Vorgängeruntersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) aus dem Jahr 2012 bestätigt. Besonders gegen Neugründungen von Betriebsräten gehen Unternehmen häufig aggressiv vor. Deshalb sollten bereits bei der Vorbereitung von Betriebsratswahlen alle beteiligten Beschäftigten vom ersten Tag an vor Kündigungen geschützt werden. Ebenso wichtig sei eine wirksame Sanktionierung von Verstößen. Dazu müssten Schwerpunktstaatsanwaltschaften gebildet werden, die auf gesetzwidrige Eingriffe von Unternehmen in Betriebsratswahlen spezialisiert sind und diese auch verfolgen.

Die Untersuchung unterstreicht noch einmal deutlich, wie wichtig ein umfassender gesetzlicher Schutz vor Eingriffen des Managements ist und wie notwendig wirksame Sanktionen sind. Die WSI-Forscher Behrens und Dribbusch haben im vergangenen Jahr 159 hauptamtliche Gewerkschafter der IG BCE, der IG Metall und der NGG zu ihren Erfahrungen mit der Durchführung von Betriebsratswahlen befragt. Mehr als die Hälfte der Befragten kannte Fälle, in denen Unternehmen versucht hatten, Betriebsratswahlen zu behindern.

  • Besonders rau scheint es in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie und dem Gastgewerbe zuzugehen: Dort hatten 76 Prozent der Hauptamtlichen Kenntnis von Störmanövern der Arbeitgeber.
  • In der Metall- und Elektroindustrie sind es 53 Prozent, im Organisationsbereich der IG BCE 43 Prozent.
  • Über ein Drittel der Gewerkschafter berichtet darüber hinaus von Versuchen, die Arbeit bereits gewählter Gremien zu erschweren. Bei der NGG beträgt der Anteil 48 Prozent, bei der IG BCE 37 Prozent und bei der IG Metall 31 Prozent.
  • Insgesamt sind den 159 Befragten 221 Betriebe bekannt, in denen es zu Behinderungen bei Betriebsratswahlen gekommen ist. In einem Drittel dieser Betriebe ist die Wahl letztlich vereitelt worden.
  • Maßnahmen gegen bestehende Arbeitnehmervertretungen haben nach Kenntnis der Gewerkschafter 92 Unternehmen ergriffen.

Wie hoch der Anteil der Betriebsratswahlen ausfällt, bei denen es zu Eingriffen durch das Management kommt, konnten die WSI-Experten für die Organisationsbereiche von IG BCE und IG Metall berechnen:

  • In den 35 Bezirken der IG BCE und den Zuständigkeitsbereichen der 103 IG-Metall-Geschäftsstellen, die in die Befragung einbezogen waren, gab es zwischen 2013 und 2015 Wahlen zu insgesamt 10.445 Betriebsräten. Bei 1,7 Prozent dieser Wahlen hatten die beiden Gewerkschaften Kenntnis von Obstruktionsversuchen des Managements.
  • Weitaus häufiger war dies bei Neugründungen von Betriebsräten. Von 835 erstmals durchgeführten Betriebsratswahlen im Bereich von IG BCE und IG Metall waren 16,3 Prozent von Behinderungen seitens der Unternehmen betroffen.

In der Studie wurde auch ermittelt, wie das Repertoire der Arbeitgeberaktivitäten aussieht. Um Betriebsratswahlen zu sabotieren, pflegen Unternehmen demnach vor allem Kandidaten einzuschüchtern, die Bestellung eines Wahlvorstands zu verhindern oder arbeitgebernahe Kandidaten zu unterstützen:

  • In einem Fünftel der betroffenen Betriebe wurde Kandidaten gekündigt. Zu den gängigen Maßnahmen gegen gewählte Gremien gehören Versuche, Mitglieder zum Rücktritt zu drängen, Kündigungen und Auflösungsanträge beim Arbeitsgericht.
  • Die betroffenen Arbeitnehmervertreter ihrerseits haben Behinderungen von Wahlen in 7,7 Prozent der Fälle angezeigt.
  • Übergriffe auf bestehende Betriebsräte wurden in nur 7,5 Prozent der Vorkommnisse angezeigt.
  • Nach Angabe der befragten Gewerkschafter nahm etwa die Hälfte der Arbeitgeber bei ihren Störaktionen externe Hilfe durch Anwaltskanzleien oder Beratungen in Anspruch.
  • Die delinquenten Unternehmen sind überproportional häufig inhabergeführt und mehrheitlich der mittleren Größenklasse mit 50 bis 200 Beschäftigten zuzurechnen.

Als Fazit halten die Wissenschaftler in der Studie fest, dass das Problem des „Betriebsrats-Bashing“ mittlerweile auch in der Industrie angekommen ist. Die hohe Zahl der Neugründungen, denen Arbeitgeber Steine in den Weg legen, zeige, dass „weiße Flecken“ die eigentlichen Problemzonen sind. Das gelte umso mehr, wenn Eigentümer die Geschäfte führen.

Die Untersuchung unterstreicht nach Analyse der Forscher, wie wichtig ein umfassender gesetzlicher Schutz vor Eingriffen des Managements ist. Hier wäre insbesondere wünschenswert, dass bereits bei der Vorbereitung von Betriebsratswahlen alle beteiligten Beschäftigten vom ersten Tag an vor Kündigungen geschützt werden. Ebenso wichtig sei eine wirksame Sanktionierung von Verstößen. Dazu sollten Schwerpunktstaatsanwaltschaften gebildet werden, die auf gesetzwidrige Eingriffe von Unternehmen in Betriebsratswahlen spezialisiert sind und diese auch verfolgen.

Laurenz Nurk, Dortmund (Quelle: Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung)

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pin_green.gif"Was tun, wenn der Chef mobbt? Eine Anleitung für Beschäftigte, die sich wehren wollen" - 19 Seiten -  Broschüre zum Download .PDF_Symbol.gif

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"Vorsicht Union Busting!" - weiter.

Bekämpfung von Betriebsräten u. Gewerkschaften als professionelle Dienstleistung:

"12 Thesen und Erkenntnisse" - weiter.

Otto-Brenner-Stiftung: "Union-Busting in Deutschland" v. Werner Rügemer u. Elmar Wigand - 116 S. - Broschüre zum Download. PDF_Symbol.gif

 

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► Quelle: Erstveröffentlicht am 26.01.2017 auf gewerkschaftsforum-do.de > Artikel. Die Texte (nicht aber Grafiken und Bilder) auf gewerkschaftsforum-do.de unterliegen der Creative Commons-Lizenz (CC BY-NC-ND 3.0 DE), soweit nicht anders vermerkt.

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Die Autoren Werner Rügemer und Elmar Wigand untersuchen jene Schattenseiten des vermeintlichen deutschen Jobwunders, die in den Medien weitgehend ausgeblendet bleiben. Sie stoßen auf die Verletzung von Menschenrechten und geltenden Gesetzen durch aggressive Unternehmer und ihre Berater. Zu den Leidtragenden gehören Beschäftigte in Branchen und Unternehmen wie Discountern, Paketdiensten, Speditionen oder Systemgastronomie und im Niedriglohnsektor sowie Arbeitssuchende, die mit Hilfe der Jobcenter in miserable Verhältnisse gepresst werden.

Die Gründung von Betriebsräten ist heute, in Zeiten von sogenanntem Union Busting, der professionellen, bisweilen kriminellen Bekämpfung von Gewerkschaften, oft ein gefährliches Abenteuer. Diese Verhältnisse sind nicht alternativlos, weil politisch gewollt oder toleriert und mitunter brutal durchgesetzt. Rügemer und Wigand nehmen Netzwerke einschlägiger Akteure (Arbeitsrechtler, Medienkanzleien, PR-Agenturen, Unternehmensberater, Detekteien, Personalmanager, gelbe Pseudo-Gewerkschaften) in den Blick. Sie schildern deren Methoden und Strategien anhand von Fallbeispielen und Personenporträts.

3. Die aktion ./. arbeitsunrecht e.V. – Initiative für Demokratie in Wirtschaft & Betrieb hat sich am 18. Januar 2014 in Köln gegründet. Der Verein ist unter der Urkundenrolle Nummer 478/2014 beim Amtsgericht Köln registriert. Er dokumentiert die systematische Bekämpfung von Beschäftigten, Betriebsräten und gewerkschaftlicher Organisierung in Deutschland. Die Initiative will durch Aufklärung und Analyse einen Beitrag zur Gegenwehr leisten. http://arbeitsunrecht.de/.

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