Die Zukunft der gewerkschaftlichen Arbeit im Betrieb entscheidet!
von Hubert Thiermeyer / isw München
Aktuelle Diskussionen und öffentliche Darstellungen legen nahe, dass sich durch die Industrie 4.0 (hier und hier) und den damit verbundenen technischen Fortschritt automatisch viele Verbesserungen und neue Chancen für die Gestaltung der Arbeit 4.0 ergeben. Ähnlich einem “Trickle-down-Effekt“ sollen sich durch die Digitalisierung der Arbeitswelt prekäre Arbeitsformen und schädliche Arbeitsbedingungen zunehmend auflösen; und am Ende werde alles gut.
Meines Erachtens wird auch diese These, wie viele andere Thesen und Theorien, einer Überprüfung nicht standhalten: die Gesetze eines kapitalistischen Wirtschaftssystems bleiben in Kraft – auch wenn die Arbeit in digitalisierten Produktionsketten kombiniert mit neuen Computertechniken verrichtet wird. Amazon (s. Artikel) und Zalando, als Vorreiter der Industrie 4.0-Entwicklung im Handel, zeigen genau jenen anderen möglichen Entwicklungsweg der Arbeit 4.0 auf: Transnationale, marktbestimmende Konzerne nutzen die Digitalisierung, um entlang der Wertschöpfungskette die Spirale im Dumpingwettbewerb weiter nach unten zu treiben.
Zudem zeigen sich immer häufiger äußerst negative Folgen zunehmender Flexibilisierung, bei der die Beschäftigten zu hundert Prozent die Flexibilisierungsrisiken tragen: Soloselbstständige, Franchisesysteme und verschiedene neue Betriebsformate, die die noch vorhandene Arbeitsregulierungen unterlaufen und durch das Verhindern von organisierter Arbeitnehmervertretung oder Gewerkschaften die volle Wucht der Flexibilisierung freisetzen.
Unabhängig davon, wie wir diese Entwicklung einschätzen – ob im Sinne einer Bewältigung der Folgen eines neuen Turbokapitalismus [1] oder im Sinne einer Gestaltung sogenannter Chancen – es gelingt nur dann, wenn engagierte Menschen und aktive Gewerkschaften Gegenbewegungen organisieren und Veränderungen im Sinne der abhängig Beschäftigten durchsetzen. Die Zukunft der Arbeit ist also ohne Zukunft der Gewerkschaften nicht zu denken und zu gestalten. Klar ist allerdings dabei, dass die Arbeit von Zehntausenden ehren- und hauptamtlich aktiven Kolleginnen und Kollegen, ihr tagtäglicher Einsatz für mehr gute und gesunde Arbeit, für eine andere Arbeitswelt und für eine andere und bessere Gesellschaft nicht am grünen Tisch zu planen ist.
[1. - gesetzt von KN-Red.]: Turbokapitalismus, Raubtierkapitalismus, Killerkapitalismus, Casino-Kapitalismus etc. - alles letztlich verwirrende und nicht zielführende Versuche, das zu beschreiben, was längst einen Namen hat: Neoliberalismus - bzw. Marktradikalismus. Gemeint sind hier stets die Ausprägungen nach chicagoer (Milton Friedman) oder österreichischer (Mises, Hayek) Schule - nicht der Ordoliberalismus! - weiter.
Selbstkritisch müssen wir Linke in Gewerkschaften auch eingestehen, dass in einigen Gewerkschaften Wettbewerbskooperatismus und das Akzeptieren des Primats des Standortvorteils Praxis ist. Auch deshalb ist die Weiterentwicklung unserer gewerkschaftlichen Arbeit nur von der Basis, vom Betrieb aus zu denken und zu leben. Durch unsere praktische Arbeit im Betrieb, die sich im Rahmen von neuen und bewährten alten Ansätzen mit den Folgen dieser Entwicklung auseinandersetzt. Diese Arbeit schafft Erfahrungen, die die Beteiligten vor Wettbewerbskooperatismus schützen und es uns ermöglichen, gemeinsam mit den Betroffenen Antworten für die Zukunft zu entwickeln.
Für eine solche “alternative” Gewerkschaftsarbeit im Betrieb stellen sich aus meiner Sicht folgende Ansätze als zentral dar.
► Beteiligung der Betroffenen an der Lösung ihrer Konflikte ist unerlässlich
Abhängig Beschäftigte sind von den Folgen des vorherrschenden Wirtschaftssystems, den Kapitalstrategien und den Auswirkungen der Politik elementar betroffen. Am Beispiel der Prekarisierung der Arbeitswelt wird das Zusammenspiel der Konzerne und der herrschenden Politik deutlich. Im Kampf gegen die Prekarisierung der Arbeitswelt erleben wir aber vielfach noch alle Formen der Stellvertreterpolitik, die die Betroffenen von der Ausarbeitung von Gegenstrategien und der Lösung der Konflikte ausschließt und sie damit ohnmächtig macht. Das Kapital macht Beschäftigte zu Hauptbetroffenen der aktuellen Wirtschaftspolitik, eine Stellvertreterpolitik schließt sie aus und degradiert sie zu Zuschauern.
Betroffene müssen zu Beteiligten bei der Entwicklung von Gegenstrategien und der Lösung der Konfliktege macht werden. Die Grenzen des Betriebsverfassungsgesetzes müssen verschoben und aus der gesetzlich verordneten Stellvertreterpolitik führen. Dabei rücken die Interessen der Betroffenen ins Zentrum des Handelns und es geht weniger darum, die Umsetzung der Kapitalstrategien zu moderieren.
Das Wachsen eines gemeinsamen und emanzipierten Bewusstseins bei den Betroffenen kann am bestendurch aktives Handeln, Reflexion durch unsere Bildungsarbeit und die Qualifizierung von Belegschaften durch das gemeinsame Erleben von Erfolgen, aber auch von Niederlagen geschehen.
► Konflikte sind Konflikte und müssen konfliktorisch gelöst werden
Bei den aktuellen Folgen des Wirtschaftssystems und der Kapitalstrategien handelt es sich für die Betroffenen um massive Konflikte und Angriffe. Diese mit den Mitteln der Sozialpartnerschaft und Stellvertreterpolitik nachhaltig zu gestalten wird zu einer kurzfristigen Moderation der Kapitalstrategien führen, aber die damit verbundenen Probleme nicht im Sinne der Betroffenen lösen. Im Gegenteil: die Konflikte werden vielfach zur Befriedung der Stammbelegschaften zu den Randbelegschaften und zu den Beschäftigten der Zulieferländer und zu den periphären Regionen verlagert. Mit dem Effekt, dass in der Folge, ausgelöst durch die betriebswirtschaftlichen Betrachtungen, die so genannten Stammbelegschaften verkleinert und die so genannten Rand- und Prekärbelegschaftenvergrößert werden.
Deshalb ist den Folgen der Kapitalstrategien in den Betrieben nur konfliktorisch zu begegnen. Druckkampagnen und deren Elemente müssen alltägliche Elemente unserer Arbeit werden.
► Vertariflichen wir die Betriebspolitik
Die Verbetrieblichung der Tarifpolitik machte die Tarifpolitik und deren Gestaltungsmöglichkeiten zu Instrumenten des Wettbewerbskooperatismus und damit zum Bündnispartner im Verdrängungswettbewerb der Konzerne. Die Antwort muss aber die Vertariflichung der Betriebspolitik sein, um den betrieblichen Auswirkungen der Kapitalstrategien nicht mit den beschränkten Möglichkeiten der Betriebsverfassung und deren sozialpartnerschaftlichen Ansätzen begegnen zu müssen – sondern die Mobilisierung der Betroffenen, die Entscheidungshoheit bei den organisierten Belegschaften und den Abschluss auf betrieblicher wie auch überbetrieblicher Ebene durch Tarifverträge zu ermöglichen.
Dabei sollte immer das Ziel sein, dass betriebsübergreifende Themen zu gesellschaftlichen Kampagnen wachsen.
► Bündnisarbeit mit sozialen Bewegungen wird für die gesellschaftliche Lösung noch zentralere Bedeutung gewinnen
Die unmittelbaren Folgen von Kapitalstrategien im Betrieb wirken nicht nur über die Arbeit hinaus in die gesamte Lebenszeit der Betroffenen und ihre Familien, sie wirken immer auch auf die gesamte Gesellschaft. So führt zum Beispiel die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt im Handel zu den vielfältigen Gefahren des so genannten “gläsernen Kunden” und ruft alle Folgen von unzureichendem Datenschutz auf. Die Verlagerung von Arbeitsstätten führt zu dramatischen Auswirkungen auf ganze Regionen und geht meist mit einer hohen Erpressbarkeit der Kommunalpolitik einher – selbst bei der bloßen Androhung einer negativen Entscheidung. Auch deshalb ist die Vernetzung der gewerkschaftlichen Akteure mit sozialen Bewegungen derart zentral, denn sie bringt die mittelbar Betroffenen mit den unmittelbar Betroffenen zusammen und ermöglicht gemeinsames Handeln.
Aus den Erfahrungen mit Bündnisarbeit entsteht auch immer Mehrwert, der über den aktuellen Konflikt hinausgeht. Gemeinsame Diskussionsprozesse über eine alternative Zukunft, der Austausch von gesellschaftlichen Werten bis hin zu neuen kreativen Aktions- und Kampagnenideen entstehen.
Zusammenarbeit in Bündnissen muss aber stets auf Augenhöhe praktiziert werden und über den Tag hinausgehen. Sie braucht Ressourcen und TrägerInnen.
► Transnationale Konzerne kann man nur mit internationalen Strategien und regionalen Kämpfen erfolgreich begegnen
Betriebliche Gewerkschaftsarbeit ankert immer in der betrieblichen Aktion. Überbetriebliche Aktivitäten ohne eine solche Verankerung im Betrieb, bei den Betroffenen, sind auf Dauer zum Scheitern verurteilt. Deshalb bestimmt das Tempo der betrieblichen AkteurInnen das Tempo der gesamten Aktion oder der Kampagne. In transnationalen Konzernen steht zu Beginn die Aufgabe, den Kampf auf die anderen Standorte auszuweiten und die Strategien überbetrieblich oder gar international zu denken und vorzubereiten.
Ansonsten räumen wir den Konzernen die Möglichkeit ein, im Höhepunkt eines Konflikts hoch organisierten Belegschaften durch Outsourcing und Verlagerung den Garaus zu machen. Dabei hat neben der Vernetzung und der gemeinsamen Bildungsarbeit die Öffentlichkeitsarbeit zentrale Bedeutung. Durch den Einzug von sozialen Medien in die gewerkschaftliche Arbeit ergeben sich hier viel mehr Möglichkeiten als noch vor Jahren denkbar waren. Sie ersetzen aber nicht den notwendigen persönlichen Kontakt in Vernetzungstreffen und internationalen Arbeitsstrukturen.
Gewerkschaftliche internationale Arbeit muss diesen aktionsorientierten betrieblichen Charakter der Arbeit auch stärker in den Fokus rücken. Die Zusammenarbeit mit sozialen Bewegungen, die vielfach diese internationale Arbeit entlang der Wertschöpfungskette bereits organisieren, sind ideale Netzwerkpartner.
Von ihnen zu lernen und mit ihnen auf Augenhöhe zusammen zu arbeiten, bringt für alle Beteiligten Vorteile.
Internationale Arbeit muss immer ihre Verankerung in der gewerkschaftlichen Arbeit im Betrieb und bei den Betroffenen haben und erfährt dort ihre Daseinsberechtigung.
► Gewerkschaftliche Strukturen müssen sich an ihrer Schlagkraft und Aktionsfähigkeit messen lassen
Eine wesentliche Daseinsberechtigung der gewerkschaftlichen Arbeit im Betrieb entsteht durch die Aktions- und Durchsetzungsfähigkeit. Es geht also stets um die Frage, ob und wie wir das gesellschaftliche Kräfteverhältnis zugunsten der abhängig Beschäftigten verändern können. Deshalb sind gewerkschaftliche Strukturen auch immer auf dieses Ziel hin zu überprüfen. Strukturen und Gremien neigen ansonsten zu einem Eigenleben, das stärker auf das Fortbestehen der Struktur zielt anstatt die eigentliche Zielbestimmung zu hinterfragen. Deshalb müssen unsere Strukturen immer Mittel zum Zweck und nicht Selbstzweck sein. Die institutionelle gewerkschaftliche Arbeit muss sich ständig dieser Überprüfung stellen. Gewerkschaftlich engagierte Aktive sollten immer die Arbeitsstrukturen entwickeln, welche sie in ihrer Arbeit unterstützen und demokratisch notwendige Entscheidungsstrukturen müssen die Veränderung des gesellschaftlichen Kräfteverhältnisses immer in ihrem Arbeitsschwerpunkt haben.
► Fortschrittliche (arbeits-)wissenschaftliche Netzwerke mit der gewerkschaftlichen Arbeit im Betrieb vernetzen
Fortschrittliche Kräfte in der Wissenschaft werden weniger und ihre Arbeitsmöglichkeiten werden zunehmend erschwert. Betriebszugänge und damit die wissenschaftliche Analyse von Kapitalstrategien, von Veränderungsprozessen in den Betrieben, ihren Wirkungen auf die Betroffenen und die Gesellschaft und das Aufzeigen möglicher Alternativen werden immer schwieriger. Die Voraussetzungen für die gemeinsame Arbeit von fortschrittlichen Kräften in Theorie und Praxis haben sich nachhaltig verschlechtert. Der Einzug von prekärer Beschäftigung in allen Bereichen der Arbeitswissenschaft tut sein Übriges. Deshalb muss die systematische Zusammenarbeit und Förderung der arbeitswissenschaftlichen Arbeit mit den fortschrittlichen gewerkschaftlichen AkteurInnen im Betrieb wieder in den Mittelpunkt gestellt werden.
Die gewerkschaftliche Arbeit im Betrieb erfährt nicht nur so die dringend notwendige wissenschaftliche Aufmerksamkeit, auch das Umlernen in unserer tagtäglichen Arbeit wird erleichtert. Vor allem aber findet dann wieder ein stärkeres Zusammenleben von Theorie und Praxis und die Verbreiterung von erfolgreichen Ansätzen statt.
► Nachhaltige Organisierung und Mobilisierung von allen Betroffenen hat erste Priorität
Abhängig Beschäftigte zu Handelnden in ihren eigenen Konflikten zu machen, hat Priorität bei der gewerkschaftlichen Arbeit im Betrieb. Sie in gemeinsamen Aktionen zu engagieren und aus der Individualisierung, in die sie durch Kapitalstrategien geführt werden, wieder heraus zu begleiten, ist vielfach der erste Schritt in einem langen Emanzipationsprozess.
In diesem Prozess des Engagierens und Mobilisierens hat aber das Organisieren zentralen Stellenwert. Nicht nur weil wir aus den Arbeitgeberreaktionen immer wieder lernen, wie sie diesen Organisierungsprozess mit allen Mitteln bekämpfen, sondern weil dieser eine nachhaltige und langfristige Veränderung des Kräfteverhältnisses einleitet. Menschen sind nicht nur bei einer Aktion dabei, die Organisierung dokumentiert eine Bewusstseinsveränderung in ihrer gewerkschaftlichen Arbeit. Sie gehen damit den Schritt über die konkrete Aktion hinaus in Richtung auf eine nachhaltige Veränderung. Ohne diesen Schritt bleibt der Erfolg von Aktionen und Kampagnen fragil und nicht nachhaltig. Auch die Bewusstseinsentwicklung bleibt fragil und für den Mainstream der Massenmedien leichter angreifbar und im Sinne der herrschenden Politik gestaltbar. Natürlich bedeutet dies nicht im Umkehrschluss, dass gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte immun gegen die Wirkung der Massenmedien sind. Es braucht immer eine engagierte und fundierte gewerkschaftliche (Gegen-)Öffentlichkeitsarbeit.
Aber Organisierte sind immer leichter zugänglich für konkrete Aktionen, Gegenbewegungen und gewerkschaftliche Öffentlichkeitsarbeit.
► Politisierung der gewerkschaftlichen Betriebsarbeit
Über die Massenmedien wird herrschende Politik in gesellschaftlichen Mainstream umgesetzt. In der Berichterstattung, beispielsweise zu Griechenland, Rolle der EU, Russland oder der Flüchtlingsbewegung werden alternative Medien und objektive Berichterstattung kaum mehr wahrgenommen. Dies spiegelt sich nicht nur in den Wahrnehmungen und Diskussionen der abhängig Beschäftigten in den Betrieben wieder, es verändert auch systematisch die Wertehaltung und die Handlungs- und Aktionsbereitschaft unserer Kolleginnen und Kollegen.
War es immer schon richtig, die gewerkschaftliche Arbeit im Betrieb mit den gesellschaftspolitisch aktuellen Fragen und Konflikten zu verknüpfen, so stellt sich die betriebliche Gewerkschaftsarbeit vielfach als eine der wenigen flächendeckenden Möglichkeiten von Gegenöffentlichkeit und Aufklärung dar. Auch das Wiederbeleben und Stärken gemeinsamer humanistischer Werte wie Gerechtigkeit, Solidarität, Egalität und Freiheit (welche den Namen auch verdient und nicht zum Herrschaftsbegriff für imperialistische Expansionspolitik missbraucht wird) müssen Ziel unserer Politisierung der betrieblichen Gewerkschaftsarbeit sein.
Dazu müssen die zentralen Orte dieser Gegenöffentlichkeit wie Betriebsversammlungen, Mitgliederversammlungen, gewerkschaftliche Informationssysteme in den Betrieben, die gewerkschaftliche Bildungsarbeit, soziale Medien, oder gewerkschaftlich-betriebliche Internetblogs mehr ins Zentrum unserer gewerkschaftlichen Arbeit gerückt werden.
► Zentrale gesellschaftliche Kampagnen initiieren
Die Kampagne um den Mindestlohn ist ein Lehrstück für weitere gewerkschaftliche Kampagnen, die zentrale Fragen der Arbeitswelt in die Gesellschaft und den politischen Apparat tragen. Politik darf nicht zum Gegenstand von Expertenhearings, Hintergrundgesprächen oder Vorstandssitzungen mit Politikern werden, sondern muss Gegenstand der gewerkschaftlichen Arbeit im Betrieb und auf der Straße sein. Unsere Themen werden dadurch mehrheitsfähig, so dass, egal welche Partei an der Regierung ist, es ihr schwer fällt, sich darüber hinweg zu setzen. Dies geht allerdings nur mit zentralen gesellschaftlichen Fragen. Dabei muss immer die Frage aufgeworfen werden: In welcher Gesellschaft wollen wir leben und wir müssen das aktuelle Wirtschaftssystem mit all seinen Auswirkungen in Frage stellen.
► Gewerkschaften müssen noch mehr zu lernenden Organisationen werden
In unserer tagtäglichen betrieblichen Gewerkschaftsarbeit eilen wir nicht von Erfolg zu Erfolg. Niederlagen begleiten uns seit jeher. Damit diese alltäglichen Niederlagen aber nicht zur großen Niederlage werden, ist das Auswerten und Lernen aus unseren Niederlagen zentral für das erfolgreiche Führen der anstehenden Konflikte. Die Erkenntnisse aus den Niederlagen und das Verbreitern von erfolgreichen Aktionsformen sind für eine handelnde Organisation zentral.
Deshalb müssen unsere Arbeitsweisen und Strukturen lernfähig und lernförderlich gestaltet werden.
Die punktuelle Vernetzung von kämpfenden Belegschaften und Aktiven greift dabei zu kurz. Lernende Organisations- und Arbeitsformen, die permanente Vernetzung und die wissenschaftliche Begleitung sind zentrale Arbeitsformen der Zukunft.
► Fazit:
Die Zukunft unserer Gesellschaft hängt von der Gestaltung der Arbeit ab. Diese wird dadurch entschieden, wie wir unsere gewerkschaftliche Arbeit im Betrieb gestalten.
Hubert Thiermeyer
► Quelle: Artikel erschien im isw-report 103 des Instituts für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V.
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Auf Veranstaltungen und jährlich stattfindenden isw-Foren werden Erfahrungen ausgetauscht, Gegenstrategien diskutiert und Alternativen erarbeitet. Wir freuen uns über Vorschläge und Anregungen, aber auch über solidarische Kritik.
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► Bild- und Grafikquellen:
1. Die Mitbestimmung von Beschäftigten prägt die Unternehmenskultur und muss für die Entscheidungen im Alltag in Betrieben absoluten Vorrang haben, aber in der Ausbildung angehender Manager kommt sie aber nur am Rande vor. Wenn in der Ausbildung junger Menschen demokratische Prinzipien im Arbeitsleben derart ausgeblendet werden, wird die weitere Einschränkung von Arbeitnehmerrechten in den Betrieben in Zukunft noch einfacher werden.
Arbeitnehmermitbestimmung ist ein wichtiges politisches Ziel. Jede daraus möglicherweise resultierende Beschränkung der Freizügigkeit von Arbeitnehmern kann durch die Notwendigkeit gerechtfertigt werden, das System der Mitbestimmung und dessen soziale Ziele zu schützen. Foto: SPD SH. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0).
2. „Wenn wir unfähig bleiben, die Aufgabe, die uns gestellt wurde, zu lösen, wird die Regierung von links nach rechts und von rechts nach links pendeln. Und jeder Pendelschlag wird die Verwirrung, die Hilf- und Ratlosigkeit vermehren.“ (Silvio Gesell, 1930)
3. FIGHT OR BEG - KÄMPFE ODER BETTLE! Foto: Teacher Dude. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-NC-SA 2.0).
4. Buchcover: "Die Fertigmacher. Arbeitsunrecht und professionelle Gewerkschaftsbekämpfung" von Werner Rügemer und Elmar Wigand, PapyRossa Verlag Köln, ISBN-13: 978-3-89438-555-2, zur ausführlichen Buchvorstellung mit Rezension und Interview - weiterlesen.
Die Autoren Werner Rügemer und Elmar Wigand untersuchen jene Schattenseiten des vermeintlichen deutschen Jobwunders, die in den Medien weitgehend ausgeblendet bleiben. Sie stoßen auf die Verletzung von Menschenrechten und geltenden Gesetzen durch aggressive Unternehmer und ihre Berater. Zu den Leidtragenden gehören Beschäftigte in Branchen und Unternehmen wie Discountern, Paketdiensten, Speditionen oder Systemgastronomie und im Niedriglohnsektor sowie Arbeitssuchende, die mit Hilfe der Jobcenter in miserable Verhältnisse gepresst werden.
Die Gründung von Betriebsräten ist heute, in Zeiten von sogenanntem Union Busting, der professionellen, bisweilen kriminellen Bekämpfung von Gewerkschaften, oft ein gefährliches Abenteuer. Diese Verhältnisse sind nicht alternativlos, weil politisch gewollt oder toleriert und mitunter brutal durchgesetzt. Rügemer und Wigand nehmen Netzwerke einschlägiger Akteure (Arbeitsrechtler, Medienkanzleien, PR-Agenturen, Unternehmensberater, Detekteien, Personalmanager, gelbe Pseudo-Gewerkschaften) in den Blick. Sie schildern deren Methoden und Strategien anhand von Fallbeispielen und Personenporträts.
5. "Kein Wohlstand für alle!? Wie sich Deutschland selber zerlegt und was wir dagegen tun können" von Ulrich Schneider. ISBN 978-3-86489-161-8. Westend Verlag. VK 18,00 €. Erscheinungstermin: 01.02.2017. Auch als eBook erhältlich.
Deutschland fällt auseinander
„Wohlstand für alle“ lautet seit Ludwig Erhard das zentrale Versprechen aller Regierungen. Tatsächlich jedoch werden seit Jahrzehnten die Reichen immer reicher, während immer größere Teile der Mittelschicht abgehängt werden und von der Hand in den Mund leben müssen. Deutschland fällt auseinander – sozial, regional und politisch. Von gleichwertigen Lebensverhältnissen für alle kann längst keine Rede mehr sein. Das ist weder Zufall noch Schicksal, sondern das Ergebnis einer Politik, die sich immer stärker einem modernen Neoliberalismus verpflichtet sieht.
Als Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes weiß Ulrich Schneider genau wovon er spricht. Schonungslos dokumentiert er, wie es um die soziale Gerechtigkeit und den gesellschaftlichen Konsens in Deutschland wirklich bestellt ist. Und er stellt die wesentlichen Fragen: Wie es möglich ist, dass in einer Demokratie eine Politik Mehrheiten finden konnte, die wenige Reiche privilegiert, aber breite Bevölkerungsschichten benachteiligt, und die damit für immer größere Ungleichheit und Ungerechtigkeit sorgt?
Schneider ist überzeugt: Es geht auch anders. Er zeigt, wo Sozial- und Steuerreformen ansetzen müssen, um den Wohlstand gerecht zu verteilen und die soziale Einheit dieses Land wieder herzustellen. (Klappentext)
6. Buchcover "Armut" (Basiswissen Politik / Geschichte / Ökonomie) von Christoph Butterwegge. > Buchvorstellung.