Entschließung „Betriebsräte-Mobbing und kein Ende?
Jetzt konsequent Widerstand leisten!”
von Laurenz Nurk, Dortmund
Zunehmend ist zu beobachten, wie in den Betrieben Versuche gestartet werden, die Arbeit der Betriebsräte systematisch zu behindern, bis hin, sie ganz zu unterbinden. Verstöße gegen die Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) durch den Arbeitgeber und die Geschäftsführung gehören leider in vielen Betrieben mittlerweile zum Alltag. Immer wieder werden die Rechte der Betriebsräte und der anderen betriebsverfassungsrechtlichen Organe nicht beachtet und deren Arbeit behindert. Es häufen sich Wahlbehinderungen und Beeinflussungen von Wahlen.
Die Betriebe versuchen ganz systematisch, die Etablierung und Arbeit gewerkschaftlicher Betriebsräte in ihren Betrieben zu unterbinden. Zur Unterstützung kaufen sie sich Anwälte ein, deren Kanzleien die richtigen Tipps und Methoden in ihrem antigewerkschaftlichen Angebot haben. Das Ziel dieses Vorgehens ist, einzelne Betriebe oder gar ganze Konzerne zu betriebsratsfreien Zonen zu machen oder den betriebsratsfreien Status quo dort zu wahren.
Die bisher bekannt gewordenen Fälle von Betriebsräte-Mobbing (BR-Mobbing) sind nur die sichtbare Spitze des Eisberges. Hunderte von aktiven Betriebsratsmitgliedern sind mittlerweile eingeschüchtert und gekündigt worden. Zehntausende der von ihnen vertretenen Beschäftigten in den Betrieben haben bis heute die Demontage ihrer demokratisch gewählten Interessenvertretungen durch Unternehmensleitungen und deren Helfern aus den Rechtsanwaltkanzleien und Beratungsfirmen erleben müssen.
Den Kampf gegen Mobbing der Betriebsräte ist mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu organisieren, er ist eine elementare Aufgabe der Gewerkschaften.
Die IG Metall hat im vergangenen Jahr mit dem Beschluss zum Kampf gegen BR-Mobbing einen wichtigen Schritt in diese Richtung gemacht, ähnliche Beschlüsse gibt es bei ver.di und entsprechende Überlegungen bei der IG BCE.
Erforderlich sind aber wirksame Sofortmaßnahmen, die schnell greifen. Mitte Oktober 2016, fand im Mannheimer Gewerkschaftshaus die 3. bundesweite Tagung „Betriebsräte im Visier” statt. Auf der Konferenz wurde die Gewerkschafts- und Betriebsratsbekämpfung an aktuellen Beispielen dargestellt und dieser skandalöse Rechtsbruch von mehreren Seiten beleuchtet. Die Tagung verabschiedete die Entschließung „BR-Mobbing und kein Ende? Jetzt konsequent Widerstand leisten!”.
► Die Entschließung im Wortlaut:
„BR-Mobbing und kein Ende? Jetzt konsequent Widerstand leisten! Entschließung der 3. bundesweiten Konferenz „Betriebsräte im Visier“
Dem fortgesetzten Skandal des BR-Mobbing muss ein Ende bereitet werden. Wir erneuern deshalb unseren Mannheimer Appell vom 11. Oktober 2014.
Nach wie vor wird die Wahl von Betriebs- oder Personalräten be- oder gar verhindert. Nach wie vor werden bestehende Betriebsratsgremien bei der Umsetzung ihres gesetzlichen Auftrags blockiert. Und noch schlimmer: Nach wie vor werden aktive Betriebsräte und GewerkschafterInnen gemobbt und ihre berufliche sowie ihre finanzielle Existenz zerstört. Dies sind kriminelle Angriffe auf engagierte Menschen, und das sind schwere Verletzungen ihrer Rechte aus dem Grundgesetz, dem Betriebsverfassungsgesetz und dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).
Das BR-Mobbing ist in Deutschland ein wesentlicher Bestandteil der strategischen Gewerkschaftsbekämpfung (des „Union Busting“). Immer mehr Firmenleitungen versuchen dadurch, eine Interessenvertretung von Beschäftigten und gewerkschaftlichen Einfluss in Betrieben entweder von vorneherein zu verhindern oder – wenn bereits vorhanden – zu zerschlagen. Alle öffentlich bisher bekannt gewordenen Fälle sind nur die sichtbare Spitze des Eisberges. Schon jetzt sind hunderte von aktiven Betriebsratsmitgliedern eingeschüchtert und gekündigt worden. Zehntausende der von ihnen vertretenen Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben haben bis heute die Demontage ihrer demokratisch gewählten Interessenvertretungen durch Unternehmensleitungen und deren Helfershelfer erleben müssen.
Den Kampf gegen BR-Mobbing mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu organisieren, ist deshalb eine elementare Aufgabe der Gewerkschaften. Wir freuen uns, dass im Oktober 2015 der 23. Ordentliche Gewerkschaftstag der IG Metall mit dem Beschluss zum Kampf gegen BR-Mobbing einen wichtigen Schritt in diese Richtung gemacht hat.
Wir freuen uns auch, dass es ähnliche Beschlüsse bei ver.di und entsprechende Überlegungen bei der IG BCE gibt.
Aber dies alles reicht bei weitem nicht aus. Es müssen wirksame Sofortmaßnahmen folgen!
► Wir fordern daher unsere Gewerkschaften und den DGB auf, sich dafür einzusetzen:
- dass die Regierungen der Landes- und Bundesebene alle Fälle von BR-Mobbing dauerhaft erfassen, spezielle Schwerpunktstaatsanwaltschaften bilden und endlich ein wirksames Anti-Mobbing-Gesetz beschließen lassen
- dass der Kampf gegen BR-Mobbing im Bundestagswahlkampf 2017 Gehör findet
- dass die Unternehmerverbände den Einsatz von Anwälten und Beratern, die BR-Mobbing anleiten und unterstützen, in ihren Mitgliedsfirmen unterbinden
- dass die Anwaltskammern, diesen „Unrechtsanwälten“, die das Recht nicht pflegen, sondern missachten, die Zulassung zumindest für das Gebiet des Arbeitsrechts entziehen
- dass schnelle gewerkschaftliche Einsatzgruppen gebildet werden, die gewerkschaftsübergreifend die umfassende Abwehr von BR-Mobbing unterstützen und gemeinsam mit den KollegInnen vor Ort Widerstand organisieren.
Wir rufen alle von BR-Mobbing betroffenen KollegInnen auf: Wehrt Euch! Leistet Widerstand! Fordert die Öffentlichkeit, Eure Gewerkschaften, politische Organisationen und die regionalen Solidaritätskomitees zur Solidarität auf! Nur gemeinsam sind wir stark!
Die TeilnehmerInnen der 3. bundesweiten Konferenz „Betriebsräte im Visier“, Mannheim, den 15. Oktober 2016.“
Laurenz Nurk
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Der Mannheimer Appell gegen BR-Mobbing kann jetzt auch im Netz unterschrieben werden!
Weitere Infos: Die Bekämpfung von Betriebsräten und Gewerkschaften - weiterlesen.
► Quelle: Erstveröffentlicht am 18.10.2016 auf gewerkschaftsforum-do.de > Artikel. Die Texte (nicht aber Grafiken und Bilder) auf gewerkschaftsforum-do.de unterliegen der Creative Commons-Lizenz (CC BY-NC-ND 3.0 DE), soweit nicht anders vermerkt.
► Bild- und Grafikquellen:
1. FIGHT OR BEG - KÄMPFE ODER BETTLE! Foto: Teacher Dude. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-NC-SA 2.0)
2. "RISE UP - FACE THE ENEMY". BR-Mobbing-KollegInne: Wehrt Euch! Leistet Widerstand! Fordert die Öffentlichkeit, Eure Gewerkschaften, politische Organisationen und die regionalen Solidaritätskomitees zur Solidarität auf! Nur gemeinsam sind wir stark! Grafik/Foto: Flickr-User Teacher Dude, Thessaloniki, Greece. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0).
3. "Tu was! Zeig´ Zivilcourage!" Quelle: zeig-courage.de/ .
4. TIME TO REVOLT! Foto: Christian Mayrhofer, Wien/A. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0).
5. Buchcover: "Die Fertigmacher. Arbeitsunrecht und professionelle Gewerkschaftsbekämpfung" von Werner Rügemer und Elmar Wigand, PapyRossa Verlag Köln, ISBN-13: 978-3-89438-555-2, zur ausführlichen Buchvorstellung mit Rezension und Interview - weiterlesen.
Die Autoren Werner Rügemer und Elmar Wigand untersuchen jene Schattenseiten des vermeintlichen deutschen Jobwunders, die in den Medien weitgehend ausgeblendet bleiben. Sie stoßen auf die Verletzung von Menschenrechten und geltenden Gesetzen durch aggressive Unternehmer und ihre Berater. Zu den Leidtragenden gehören Beschäftigte in Branchen und Unternehmen wie Discountern, Paketdiensten, Speditionen oder Systemgastronomie und im Niedriglohnsektor sowie Arbeitssuchende, die mit Hilfe der Jobcenter in miserable Verhältnisse gepresst werden.
Die Gründung von Betriebsräten ist heute, in Zeiten von sogenanntem Union Busting, der professionellen, bisweilen kriminellen Bekämpfung von Gewerkschaften, oft ein gefährliches Abenteuer. Diese Verhältnisse sind nicht alternativlos, weil politisch gewollt oder toleriert und mitunter brutal durchgesetzt. Rügemer und Wigand nehmen Netzwerke einschlägiger Akteure (Arbeitsrechtler, Medienkanzleien, PR-Agenturen, Unternehmensberater, Detekteien, Personalmanager, gelbe Pseudo-Gewerkschaften) in den Blick. Sie schildern deren Methoden und Strategien anhand von Fallbeispielen und Personenporträts.