Integrationsgesetz: Ein Gesetz, das diesen Namen nicht verdient.

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Integrationsgesetz: Ein Gesetz, das diesen Namen nicht verdient.
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Integrationsgesetz: Ein Gesetz, das diesen Namen nicht verdient.

von Claus Schreer / Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus

So beurteilte Heribert Prantl am 15. April in der Süddeutschen Zeitung die Eckpunkte des geplanten „Integrationsgesetzes“ für Flüchtlinge, auf die sich die Spitzen der Regierungskoalition, Merkel, Seehofer und Gabriel einen Tag vorher verständigt hatten. Der Gesetzentwurf soll Ende Mai von der Bundesregierung beschlossen werden. Die Steilvorlage dazu hatte die bayerische CSU-Regierung mit dem Entwurf eines bayerischen Integrationsgesetzes geliefert, einem Regelwerk von Pflichten und Sanktionen für alle Zugewanderten, bis hin zur Verpflichtung zur „unabdingbaren Achtung der Leitkultur“.

Zentraler Kern der von der Regierungskoalition in Berlin verkündeten Eckpunkte ist die totale Kontrolle der Flüchtlinge mit der Androhung von Leistungskürzungen wenn sie das Misstrauen des „Asylmissbrauchs“, das ihnen unterstellt wird, nicht entkräften können.

Deutschland wolle keine „Integrationssimulanten“, erklärte SPD-Chef Sigmar Gabriel auf der Pressekonferenz der GroKo zu den Eckpunkten (SZ, 15.04.2016). „Integrationssimulanten“, mit diesem ungeheuerlichen Vorwurf soll die Diskriminierung und der vorgesehene Katalog von Sanktionen gegen Asylsuchende gerechtfertigt werden. Und: Den Rechtsextremisten von PEGIDA, AfD und Co liefert Gabriel eine neue Wortschöpfung für ihre rassistische Hetzpropaganda.


„Fördern und fordern“

Fördern und fordern“ sei das Grundprinzip für das geplante Integrationsgesetz, erklärte die Bundeskanzlerin. Die Fördermaßnahmen muss man jedoch mit der Lupe suchen. Sie sind außerdem grundsätzlich nur für Flüchtlinge „mit einer guten Bleibeperspektive“ vorgesehen. Eine gute Bleibeperspektive haben aber nur rund 50 Prozent der Asylsuchenden in Deutschland. Es sind diejenigen, die nach den Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) nicht abgeschoben werden dürfen.

Im sogenannten Arbeitsmarktprogramm ist vorgesehen, dass junge Flüchtlinge verbesserte Möglichkeiten einer Ausbildung bekommen. Sie sollen eine befristete Duldung erhalten und für die Dauer ihrer Ausbildung nicht abgeschoben werden. Die vorübergehende Aussetzung menschenverachtender Abschiebungen wird hier zur wohltätigen Fördermaßnahme hochstilisiert. Geplant ist außerdem 100.000 Ein-Euro-Jobs als zusätzliche „Arbeitsgelegenheiten“ für Asylbewerber zu schaffen, und Leiharbeit zu ermöglichen. Das Ziel sei, so steht es im den Eckpunkten, „eine niedrigschwellige Heranführung an den deutschen Arbeitsmarkt“.

Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge sind aber bekanntlich kein Sprungbrett in den regulären Arbeitsmarkt, weder für Langzeitarbeitslose, noch für Flüchtlinge. „Niedrigschwellige Arbeitsgelegenheiten“ dienen der Ausweitung des Billiglohnbereichs und der Lohndrückerei unterhalb des Mindestlohns. Das ist das Gegenteil von Integration. Einen Rechtsanspruch auf diese sogenannten Förderangebote gibt es aber trotzdem nicht. Und in jedem Fall, heißt es in den Eckpunkten, soll verhindert werden, dass mit der Integration in den Arbeitsmarkt „Aufenthaltsbeendigungen“, d.h. staatliche Abschiebungen „verzögert“ oder „neue Abschiebehindernisse geschaffen werden“.


Sanktionen und repressive Freiheitsbeschränkungen.

Flüchtlinge, die Ihrer Pflicht zur Mitwirkung an Integrationsmaßnahmen nicht nachkommen, sollen mit Leistungskürzungen bestraft werden. Das Märchen von der Integrationsverweigerung, das von der Bundesregierung aufgetischt wird, steht im krassen Widerspruch zur Realität. Es schürt die schon vorhandenen Ressentiments gegen Flüchtlinge und bedient vor allem die Propaganda der Rechtsextremisten. Es fehlt nicht an der Integrations-Bereitschaft der Flüchtlinge – sie stehen Schlange, um an den Deutschkursen teilzunehmen, die vorwiegend von freiwilligen Helfern durchgeführt werden. Woran es fehlt, sind staatliche Programme und die finanziellen Mittel zur Förderung der Integration. Die staatlichen Angebote decken bisher bei weitem nicht die Nachfrage der Flüchtlinge. Die Androhung weiterer Leistungskürzungen für Flüchtlinge ist im höchsten Grad menschenverachtend. Tatsächlich sichern schon die derzeit geltenden gesetzlichen Leistungen nur das unterste Existenzminimum.


Wohnsitzauflage.

Allen Flüchtlingen soll in Zukunft ihr Wohnsitz verbindlich vorgeschrieben werden. Nach Abschluss ihres Asylverfahrens sollen sie nach festen Quoten verteilt werden und nur noch in der Stadt und dem Landkreis wohnen dürfen, der ihnen zugewiesen wird. Die Verletzung der „Wohnsitzzuweisung“ soll zu „spürbaren Konsequenzen“ für die Betroffenen führen. Diese schon in der Vergangenheit für viele Asylbewerber*innen praktizierte Residenzpflicht – die weitgehende Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit – ist eine völlig inakzeptable Diskriminierung und hat mit Integrationsförderung nicht das Geringste zu tun. Flüchtlinge, die in den ihnen zugewiesenen Orten, z.B. in strukturschwachen Gebieten keine Beschäftigung finden und keinerlei Aussicht auf einen Arbeitsplatz haben, werden zu dauerhaften Almosenempfängern des Staates degradiert, mit allen sich daraus ergebenden negativen Folgen für die Betroffenen. Zudem ist die Wohnsitzauflage ein Verstoß gegen Artikel 26 der Genfer Flüchtlingskonvention, wonach anerkannte Flüchtlinge das Recht haben, ihren Aufenthalt frei zu wählen.

Artikel 26

Freizügigkeit

Jeder vertragschließende Staat wird den Flüchtlingen, die sich rechtmäßig in seinem Gebiet befinden, das Recht gewähren, dort ihren Aufenthalt zu wählen und sich frei zu bewegen, vorbehaltlich der Bestimmungen, die allgemein auf Ausländer unter den gleichen Umständen Anwendung finden.

Noch ist der Katalog von Gesetzesparagraphen nicht beschlossen. Sollten sich dabei die Vorstellungen der CSU durchsetzen, ist noch Schlimmeres zu befürchten als das, was jetzt in den Eckpunkten der Regierungskoalition angekündigt wurde.

Claus Schreer - Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus


Lesetipps:

"Darf die Türkei als „sicherer Drittstaat“ eingestuft werden?" Rechtsgutachten von RA Dr. Reinhard Marx im Auftrag von PRO ASYL. - weiter.

"Sind Algerien, Marokko und Tunesien sichere Herkunftsstaaten?" Eine Stellungnahme von PRO ASYL zum Gesetzentwurf - weiter.

"Sicherheitsleistungen entmündigen Flüchtlinge" v. Ulla Jelpke inkl. Drucksache 18/7735 – Einziehung von Geld und Wertsachen (Sicherheitsleistungen) von Asylsuchenden - weiter.


 

Quelle: Erstveröffentlicht am 27.04.2016 bei isw-München > Artikel.


 

Eckpunkte Integrationsgesetz

Koalitionsausschuss am 13. April 2016

Die Koalition wird ein Integrationsgesetz (IntG) vorlegen, das sich an den Grundsätzen des Förderns und Forderns orientiert. Ziel des Gesetzes ist es, die Integration der zu uns gekommenen Menschen in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt durch staatliche Maßnahmen zu fördern und zugleich von Ihnen Eigenbemühungen einzufordern.

Die Eckpunkte eines Integrationsgesetzes werden am 22. April 2016 im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz erörtert werden. Die Bundesregierung beabsichtigt, den Gesetzentwurf auf Ihrer Klausurtagung am 24. Mai 2016 in Meseberg zu beschließen.

Das IntG soll folgende Punkte enthalten:

1. Arbeitsmarktprogramm Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM)

Für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz werden 100.000 zusätzliche Arbeitsgelegenheiten aus Bundesmitteln geschaffen. Ziel ist eine niedrigschwellige Heranführung an den deutschen Arbeitsmarkt sowie das Angebot einer sinnvollen und gemeinnützigen Betätigung während des Asylverfahrens. Dieses Programm ist nicht geöffnet für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten sowie für vollziehbar ausreispflichtige Personen. Die Maßnahmen begründen keine Beschäftigungs- oder Arbeitsverhältnisse.

2. Prüfpunkt: Pflicht zur Mitarbeit bei angebotenen Integrationsmaßnahmen

Es wird gesetzlich geregelt, dass die Leistungsberechtigten bei noch festzulegenden Integrationsmaßnahmen Mitwirkungspflichten treffen und dass die Ablehnung oder der Abbruch von Integrationsmaßnahmen ohne wichtigen Grund jeweils zu Leistungseinschränkungen im Asylbewerberleistungsgesetz führt. Auch diejenigen, die bereits länger als 15 Monate in Deutschland sind und Leistungen entsprechend SGB XII (§ 2 AsylbLG) erhalten, werden einbezogen

3. Sonderregelung für die Ausbildungsförderung von Ausländerinnen und Ausländern

Für Gestattete mit einer guten Bleibeperspektive, für Geduldete die nicht einem Beschäftigungsverbot unterliegen und für Inhaber bestimmter humanitärer Aufenthaltstitel soll der Zugang zu Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch befristet bis Ende des Jahres 2018 erleichtert werden.

a) Gestattete mit einer guten Bleibeperspektive:

- nach drei Monaten: ausbildungsbegleitende Hilfen, Assistierte Ausbildung und berufs-vorbereitende Bildungsmaßnahmen;

- nach 15 Monaten: Berufsausbildungsbeihilfe und Ausbildungsgeld (Anschluss an Grundleistungen nach dem AsylbLG).

b) Geduldete:

- nach 12 Monaten ausbildungsbegleitende Hilfen und Assistierte Ausbildung, wenn der Geduldete über einen betrieblichen Ausbildungsplatz oder eine Einstiegsqualifizierung oder die konkrete Zusage eines Betriebes verfügt und er nicht einem Beschäftigungsverbot unterliegt.

- nach sechs Jahren: berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen einschließlich paralleler Berufsausbildungsbeihilfe bzw. Ausbildungsgeld, sofern kein Beschäftigungsverbot vorliegt.

c) Weitere bestimmte humanitäre Aufenthaltstitel:

- nach drei Monaten Berufsausbildungsbeihilfe, ausbildungsbegleitende Hilfen und Assistierte Ausbildung.


4. Zugang zu Leistungen für Langzeitarbeitslose

Zeiten der Teilnahme an einem Integrationskurs, einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder einer Maßnahme, die für die Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen erforderlich ist, sollen wie Zeiten einer Maßnahme der aktiven Arbeitsförderung nach dem SGB III oder zur Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II als unschädliche Unterbrechungen der Arbeitslosigkeit gelten. Diese Zeiten werden damit beim Zugang zu speziellen arbeitsmarktpolitischen Leistungen, die das Bestehen von Langzeitarbeitslosigkeit voraussetzen, berücksichtigt. Langzeitarbeitslose sind Arbeitslose, die ein Jahr und länger arbeitslos sind.

5. Aufenthaltsgestattung - Ankunftsnachweis (Regelung kommt ggf. in ein zweites Gesetz)

Um bisher bestehende Unsicherheiten in der Praxis zu beseitigen, soll künftig die Aufenthaltsgestattung einheitlich für alle Schutzsuchenden mit dem Erhalt des Ankunftsnachweises entstehen. Damit wird sichergestellt, dass Asylsuchende rechtssicher und frühzeitig unter anderem Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsleistungen bekommen - auch bevor sie mit der Asylantragstellung eine Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung erhalten. Die zuständigen Behörden können dies anhand des Ankunftsnachweises nachvollziehen.

Personen, die unerlaubt aus sicheren Drittstaaten eingereist sind, können auch weiterhin zurückgeschoben werden.

6. Prüfpunkt: Orientierungskurse

Bei der Bearbeitung von Asylverfahren unterteilt das BAMF die Fälle in Gruppen. Verfahren von Personen mit guter oder offensichtlich schlechter Bleibeperspektive werden vorrangig bearbeitet. Aufgrund dieser Vorgehensweise kommt es zu einer Entwicklung, wonach sich Personen aus bestimmten Ländern extrem lange im Asylverfahren befinden. Ein Teil dieser Personen wird in Deutschland bleiben, Versäumnisse in diesem frühen Stadium sind nicht mehr rückgängig zu machen. Aus diesem Grund sollen auch diese Personen von verschiedenen Orientierungsangeboten profitieren.

Ein Teil dieser Asylbewerber wird zwar in das Herkunftsland zurückkehren. Berufserfahrung, Qualifizierung und Bildung aus der Zeit in Deutschland können und sollen auch Perspektiven im Herkunftsland eröffnen. Spracherwerb ist auch für einen vorübergehenden Aufenthalt erforderlich. Neben der Vermittlung von grundlegenden Werten und Sprachkenntnissen soll diesen Schutzsuchenden, anders als im Integrationskurs auch Rückkehrvorbereitung und -hilfe angeboten werden.

Es ist zu prüfen, ob und ggf. wie ein Orientierungsangebot rechtlich verankert werden kann, so dass Personen im Asylverfahren unabhängig von ihrer Bleibeperspektive Fördermaßnahmen erhalten können, sofern sie nicht aus einem sicheren Herkunftsstaat stammen. Dieses Angebot geht nicht mit einem Rechtsanspruch des Ausländers einher. Angebote dürfen ohnehin nicht dazu führen, dass die Aufenthaltsbeendigung verzögert bzw. neue Abschiebungshindernisse geschaffen werden

7. Dolmetscherkosten

Anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte müssen bei der Inanspruchnahme von Sozi-alleistungen sprachliche Hürden überwinden. Hier wird für Klarheit gesorgt. Dolmetscher- und Übersetzungskosten sollen künftig im Sozialverwaltungsverfahren und bei der Ausführung von Sozialleistungen eindeutig dem jeweils zuständigen Leistungsträger zugeordnet werden, wenn Berechtigte ihren gewöhnlichen Aufenthalt seit weniger als drei Jahren in Deutschland haben und andere Möglichkeiten der Sprachmittlung ausgeschöpft sind. Es wird kein neuer Anspruch auf Dolmetscherleistungen geschaffen.

8. Verpflichtungserklärung

Wer sich verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt einer Ausländerin oder eines Ausländers zu tragen, hat der öffentlichen Stelle die für den Lebensunterhalt der Ausländerin oder des Ausländers aufgewendeten öffentlichen Mittel zu erstatten:

  • Fortgeltung der Verpflichtungserklärung für einen Zeitraum von 5 Jahren ab Einreise.
  • Für „Altfälle“ Übergangsregelung mit gestaffelter Befristung bestehender Verpflichtungserklärungen je nach ihrer schon vergangenen Geltungsdauer.

Hauptanwendungsfall sind Verpflichtungserklärungen für Flüchtlinge, die über Landesaufnahmeprogramme nach Deutschland kommen. Ziel ist es, eine einheitliche Rechtsanwendung sicher zu stellen.

9. Rechtssicherheit für den Aufenthalt während einer Ausbildung

Wir schaffen im Zusammenhang mit einer Berufsausbildung in einem zur Berufsausbildung berechtigten Betrieb Rechtssicherheit für Geduldete und Ausbildungsbetriebe.

Dazu soll folgendes geregelt werden:

Während einer gesetzlichen oder tariflichen Ausbildungszeit erhält der Auszubildende eine Duldung für die Gesamtdauer der Ausbildung. Bei Abbruch des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses erlischt der Titel automatisch. Der Ausbildungsbetrieb wird zur Meldung eines Abbruchs der Ausbildung verpflichtet. Es gibt keine Altersgrenze für den Auszubildenden für den Beginn der Ausbildung. Nach erfolgreichem Abschluss der Berufsausbildung erhält der Geduldete eine weitere Duldung für bis zu sechs Monate zur Arbeitsplatzsuche, sofern er nicht im Betrieb verbleibt. Für eine anschließende Beschäftigung wird ein Aufenthaltsrecht der Beschäftigung entsprechend für zwei Jahre erteilt. Das Aufenthaltsrecht wird bei Straffälligkeit widerrufen.

10. Aussetzen der Vorrangprüfung und Ermöglichung der Leiharbeit für Gestattete und Geduldete

Für einen Zeitraum von drei Jahren soll bei Asylbewerbern und Geduldeten gänzlich auf die Vorrangprüfung verzichtet werden. In Folge dessen ist in diesem Zeitraum auch eine Zulassung für eine Tätigkeit in der Leiharbeit möglich.

Dies gilt, wenn die Arbeitslosigkeit bezogen auf das jeweilige Bundesland unterdurchschnittlich ist und für das Gebiet eines Bereichs der Arbeitsagentur in diesem Bundesland.

11. Aufenthaltsverfestigung von anerkannten Flüchtlingen bei erbrachter Integrationsleistung

Um für anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte einen zusätzlichen Integrationsanreiz zu schaffen, wird eine unbefristete Niederlassungserlaubnis nur erteilt, wenn der anerkannte Flüchtling seinerseits Integrationsleistungen erbracht hat. Die dafür erforderlichen Bedingungen werden soweit wie möglich denjenigen angeglichen, die für andere Ausländer gelten (Sprache, Ausbildung, Arbeit, keine Sicherheitsbedenken). Bei der Ausgestaltung wird die besondere Lage der Flüchtlinge berücksichtigt.

Ferner wird die Lage im Herkunftsland berücksichtigt.

12. Höhe der Asylbewerberleistung

Überprüfung des Leistungssystems des Asylbewerberleistungsgesetzes zum Beispiel in Bereichen, in denen durch begrenzende Regelungen Doppelleistungen erfolgen, das Fehlverhalten eines Asylbewerbers zweifelsfrei nachgewiesen wurde oder die Verschleierung von einzusetzendem Vermögen vermieden werden könnte. Die Qualifizierung eines Fehlverhaltens, das mit Leistungskürzungen verbunden werden soll, wird zwischen den beiden Fachministern abgestimmt.

Der Bedarfsanteil für den Strombedarf und die Hausinstandhaltungskosten wird für die Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG (nicht für Leistungsberechtigte nach dem SGB II oder SGB XII), die nicht individuell diese Kosten selbst tragen müssen, aus dem Leistungssatz ausgegliedert. Dadurch wird der Geldleistungssatz (auf Basis der alten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 – EVS 2008) nummerisch um etwa 34,00 Euro abgesenkt. Die Anpassung erfolgt aufgrund des systematischen Zusammenhangs im Rahmen des Entwurfs, der die Anpassung der AsylbLG-Leistungssätze an die neue Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2013 umsetzt.

13. Wohnsitzzuweisung

Aufgrund dringenden Bedarfs der Länder ist zur Sicherstellung der Integration und zur Vermeidung von sozialen Brennpunkten eine gleichmäßigere Verteilung von Schutzberechtigten erforderlich. Eine Verletzung der Wohnsitzzuweisung führt für die Betroffenen zu spürbaren Konsequenzen.

Über die konkrete Ausgestaltung der Wohnsitzzuweisung bei der landesinternen Verteilung wird in der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer am 22. April 2016 Einvernehmen erzielt. Hierzu legen die betroffenen Fachminister einen abgestimmten Vorschlag vor.

14. Zugang und Verpflichtung zu Integrationsleistungen

a) Ausweitung der Verpflichtungsmöglichkeit zur Teilnahme am Integrationskurs

Bisher ist es nicht möglich, Asylberechtigte, anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutz-berechtigte (Inhaber eines Aufenthaltstitels gem. § 25 Abs. 1 oder Abs. 2 AufenthG) zur Teilnahme am Integrationskurs zu verpflichten, wenn bereits eine Verständigung mit einfachen deutschen Sprachkenntnissen möglich ist und diese keine Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch beziehen. Einfache Sprachkenntnisse sind aber mit Blick auf einen nachhaltigen Zugang zum Arbeitsmarkt und einen möglichen dauerhaften Aufenthalt aus integrationspolitischer Sicht nicht ausreichend. Diese Gruppe sollte deshalb ebenfalls zum Integrationskurs verpflichtet werden können, wobei im Weiteren bei Verstößen zu berücksichtigen ist, wenn bereits Sprachkenntnisse vorliegen.

b) Erlöschen des Teilnahmeanspruchs am Integrationskurs nach einem Jahr statt nach zwei Jahren

Um den frühzeitigen Spracherwerb zu fördern, sollte der Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs (§ 44 Abs. 2 AufenthG) statt auf zwei Jahre auf ein Jahr befristet sein. Ausnahmeregelung für vom Antragsteller nicht zu vertretende Umstände erforderlich.

15. Effizientere Steuerung des Integrationskurssystems

Zulassung zum Integrationskurs

Seit Öffnung der Integrationskurse für Asylbewerber ist es erforderlich, für die Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive im Steuerungsfall einen Zugang zum Integrationskurs zu ermöglichen. Deshalb soll die Zielgruppe in § 5 Abs. 3 IntV für eine Zulassung aufgenommen werden.

Verkürzung der Wartezeiten auf 6 Wochen bis Kursbeginn

Wartezeiten von bisher 3 Monaten zum Zustandekommen eines Integrationskurses sollen auf sechs Wochen verkürzt werden, um einen schnelleren Kursbeginn sicherzustellen.

Als Folgeänderung Anpassung der geltenden Regelungen, die auf diesen Zeitraum Bezug nehmen (§ 7 Abs. 4 IntV) auf alle Fälle, in denen die 6-wöchige Frist nicht eingehalten wird.

Erhöhung der Höchstteilnehmerzahl

Erhöhung der Höchstteilnehmerzahl von 20 auf 25 Personen.

Schaffung von Transparenz über Kursangebot

Transparenz über das Kursangebot ist zur Koordinierung und Steuerung einer bedarfsgerechten Versorgung mit Integrationskursen und eines zeitnahen Kursbeginns im Einzelfall angesichts des stark gestiegenen Bedarfs dringend notwendig.

Deshalb sollen die Kursträger zur Veröffentlichung ihres Kursangebots und freier Kursplätze verpflichtet werden

Stärkung der Wertevermittlung im Orientierungskurs

Der Orientierungskurs soll inhaltlich erweitert werden und künftig schwerpunktmäßig Inhalte zur Wertevermittlung enthalten. Aufstockung von 60 auf 100 Unterrichtseinheiten. Der Umfang des Sprachkurses soll unverändert bleiben.



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Bild- u. Grafikquellen:

1. Der Begriff Integration ist vom lateinischen integratio (Erneuerung) abgeleitet und bedeutet in der Soziologie die Ausbildung

  • einer Wertgemeinsamkeit mit einem Einbezug von Gruppierungen, die zunächst oder neuerdings andere Werthaltungen vertreten, oder
  • einer Lebens- und Arbeitsgemeinschaft mit einem Einbezug von Menschen, die aus den verschiedensten Gründen von dieser ausgeschlossen (exkludiert) und teilweise in Sondergemeinschaften zusammengefasst waren.

Integration hebt den Zustand der Exklusion und der Separation auf. Integration beschreibt einen dynamischen, lange andauernden und sehr differenzierten Prozess des Zusammenfügens und Zusammenwachsens. Gegenbegriff hierzu ist Desintegration. Foto: Flickr-user: certified su. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0).

2. "Exklusion - Separation - Integration - Inklusion". Die Grafik zeigt verschiedene Formen des Zusammenlebens zwischen unterschiedlichen Gruppen in einer Gesellschaft/unterschiedlichen Mitgliedern in einer Gruppe. Urheber: WhiteHotaru. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei wird unter der Creative-Commons-Lizenz „CC0 1.0 Verzicht auf das Copyright“ zur Verfügung gestellt.