Krieg - Macht - Flucht - Terror

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Krieg - Macht - Flucht - Terror
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Krieg – Macht – Flucht – Terror

von Walter Listl / Aktiv im Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus

Referat im Workshop 9 beim „Gipfel für globale Solidarität“ am 5. Juli in Hamburg, Heilandskirche, Drewssaal.

Was ist überhaupt Terrorismus und haben wir es wirklich mit seinem Anschwellen zu tun?

Von welchen Ländern geht der Terrorismus aus?

Was sind seine Ursachen und welche Verantwortung für diese hat der Westen zu übernehmen?

Wie hängen Terror und das Fehlen globaler sozialer Gerechtigkeit miteinander zusammen?

Ist der Terror tatsächlich eine berechtigte Antwort auf die aggressive Ausbeutung durch die Allianzen des Westens?

Was ist linke Sicherheitspolitik?

► Terrordefinition und das Anschwellen von Terror und Krieg

Terror wird definiert als „der angedrohte oder tatsächliche Gebrauch von illegaler Gewalt durch nicht-staatliche Akteure, um politische, wirtschaftliche, religiöse oder soziale Ziele durch Furcht, Zwang oder Einschüchterung zu erreichen“, so die Definition im "Global Terrorism Index" / GTI, der jährlich vom australischen "Institute for Economics and Peace  / IEP herausgegeben wird. Dieser "Global Terrorism Index" basiert auf Daten aus der "Global Terrorism Database" (GTD), die vom "National Consortium for the Study of Terrorism and Responses to Terrorism and Responses to Terrorism" (START) an der Universität von Maryland gesammelt und zusammengestellt wird.   

Entscheidende Definitionsmerkmale sind:

  • es sind nicht-staatliche Akteure, die illegale Gewalt ausüben.
  • wird solche Gewalt von staatlichen Stellen ausgeübt, gilt sie nicht als „Terror“, sondern als „Krieg“.

Beide Arten, Terror und Krieg, werden im "Global Peace Index" erfasst.

Die globale Terrorismus-Datenbank hat über 125.000 Fälle von Terrorismus kodifiziert. Die Zahl der registrierten weltweiten Terrortoten hat sich von 2008 bis 2015 von 8.500 auf 32.700 fast vervierfacht; die Zahl der Kriegstoten hat sich in diesem Zeitraum mehr als verfünffacht. Kriege sind nach Zahlen das größere Problem als der Terror. Das eigentliche Problem zeigt sich aber in dem ursächlichen Zusammenhang: mehr Kriege, ob im Namen von Demokratie, Menschenrechten oder Freihandel und Sicherung der globalen Struktur von Oben und Unten, führen zu mehr Terror.

Hier die offiziellen Webseiten mit der Empfehlung, in den dargebotenen Infos selbst zu recherchieren:

pin_green.gif Institute for Economics and Peace (IEP) >> weiter.

pin_green.gif Global Terrorism Database (GTD) >> weiter.

pin_green.gif National Consortium for the Study of Terrorism and Responses to Terrorism (START) >> weiter.

pin_green.gif Vision of Humanity - Interactive maps of Indices developed by IEP >> weiter.

► Wo findet der Terror statt?

Die höchste Terrorintensität weisen seit Jahren fünf Länder auf, in denen 2015 dreiviertel aller terroristischen Anschläge stattfanden: Irak, Nigeria, Afghanistan, Pakistan und Syrien. Über die Hälfte aller Anschläge gehen auf das Konto von Boko Haram (v.a. Nigeria) und dem IS (v.a. Naher/Mittlerer Osten).

In den letzten Jahren weist fast jede Region der Erde eine Zunahme an Terror auf. In Europa und den USA war der Anstieg des Terrorismus besonders zu beobachten. Gegenüber dem Jahrfünft 2006 – 2011 haben sich hier die Toten durch Terror in den letzten fünf Jahren weit mehr als verdoppelt. Die Länder mit der höchsten Terrorintensität gehören zugleich zu den Hauptherkunftsländern der Flüchtlinge.

Die Hauptursache von Terror wie von Flucht sind Kriege und soziales Elend. Der "Global Peace Index" (dt.: Weltfriedensindex) wird erstellt und herausgegeben durch ein Internationales Gremium bestehend aus Friedensexperten, Friedensinstituten, Expertenkommissionen und dem Zentrum für Frieden und Konfliktstudien der Universität Sydney, in Kooperation mit der britischen Zeitschrift "The Economist".

Der Westen (USA / Europa) hat den Terror des Krieges in viele Länder getragen; auch die Bundeswehr ist an all diesen Kriegen direkt oder indirekt beteiligt: in Afghanistan, Irak, Syrien, Libyen, Sudan, Westsahara, Somalia, Liberia, Kosovo (siehe auch: C. Schuhler „Große Flucht“ S.36). Millionen Menschen fielen diesen Kriegen zum Opfer.

Beispiel Syrien

Syrien, die Nr. 1 auf der Flüchtlingsliste, steht im "Global Peace Index" auf dem letzten Rang, Nr. 163. Syrien ist also das Land mit der größten Kriegsverwüstung. Der Irak ist die Nr. 161, Afghanistan 160, Pakistan 153, Nigeria 149. Schon 2012 schlug Russland einen Dialog zwischen Baschar al-Assad und der Opposition vor und keine Waffenlieferungen an die Opposition, die vom „Westen“ gefördert und bewaffnet wurde. Damals gab es bereits 7500 Kriegstote in Syrien, heute 400.000, 50% der Bevölkerung ist auf der Flucht.

Beispiel Afghanistan

Laut den jüngsten UN-Zahlen wurden allein im Halbjahr 2016 in Afghanistan über 1.500 Kinder verletzt oder getötet. In Afghanistan hatten die USA seit den 80er Jahren die Terrororganisation Al-Qaida aufgebaut. Mit Hilfe dieser Terrororganisation der Taliban wurde die Kabuler Linksregierung und ihre sowjetischen Helfer niedergerungen bzw. aus dem Land getrieben. Als dem Sicherheitsberater des damaligen US-Präsidenten Carter, Zbigniew Kazimierz Brzeziński vorgehalten wurde, es seien doch die USA gewesen, die die islamistischen Gruppen erst hochgepäppelt haben, sagte er: „Was ist wichtiger in der Weltgeschichte: Die Taliban oder der Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums?“ [siehe lesensw. KN-Artikel hier und hier]

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In der Fernsehshow ’60 Minuten‘ am 12. Mai 1996 fragte Lesley R. Stahl die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright: „Wir haben gehört, dass eine halbe Million Kinder gestorben sind (wegen der Sanktionen gegen den Irak). Ich meine, das sind mehr Kinder, als in Hiroshima umkamen. Und – sagen Sie, ist es den Preis wert?“ Albright: „Ich glaube, das ist eine sehr schwere Entscheidung, aber wir glauben, es ist den Preis wert.

Der erklärtermaßen auf Lügen und Fälschungen basierte Krieg gegen den Irak hat schätzungsweise einer Million Irakern das Leben gekostet. Wie konnte man glauben, dass dies für die Verantwortlichen ohne Folgen bleibt? Konnte man ernsthaft annehmen, dass der Terror nicht in die Länder zurückschlägt, von denen diese Kriege ausgingen? Der sog. "Krieg gegen den Terror" – ein Krieg ohne Grenzen und in Permanenz – hat in einem guten Jahrzehnt nicht nur Millionen Todesopfer gefordert. Er war de facto ein "Krieg für den Terror". Die Reaktion auf die westliche Kriegspolitik und Kriegsverbrechen und die dadurch entstandenen Verwüstungen haben die Zahl und Aktivitäten von Terrorgruppen vervielfacht.

stephan_lessenich_neben_uns_die_sintflut_externalisierungsgesellschaft_wohlstand_weltordnung_ausbeutung_ungerechtigkeit_nullsummenspiel_kritisches_netzwerk_hanser-verlag.jpgNeben dem Krieg hat der Terror eine zweite Quelle, eng mit der ersten verbunden: das soziale Elend. Die Hauptländer des Terrorismus sind geprägt von Armut, Hunger und sozialer Hoffnungslosigkeit. Hier kommen wir direkt zu unserer Frage, was der Terrorismus mit globaler sozialer Gerechtigkeit zu tun hat.

Prof. Dr. Stephan Lessenich (Soziologielehrstuhl der LMU München) schreibt in seinem Buch „Neben uns die Sintflut: Die Externalisierungsgesellschaft und ihr Preis“ über diese Problematik. Seine These: Wir leben über die Verhältnisse der anderen, der Länder des globalen Südens. Das Produktionsmodell des Westens hat seine systemischen Folgen externalisiert, ausgelagert: Die Umweltschäden, die Drecksarbeit, Krieg und Gewalt – ausgelagert in andere Weltregionen. Jetzt kehren die Folgen wie ein Bumerang zu uns zurück, also in die Regionen, wo sie ihren Ausgang nahmen.

Es gibt in der globalisierten Welt kein Außen und kein Innen mehr. Die kapitalistischen Hauptmächte, verantwortlich nicht zuletzt für 500 Jahre Kolonialismus, werden an die Krisen des globalen Südens angeschlossen. Das sind wesentliche Ursachen von Terror und Amok, die wir derzeit auch verstärkt in den reichen Ländern des globalen Nordens erleben.

Wir erleben derzeit eine Welle von Gewalttaten: Berliner Weihnachtsmarkt, Manchester-Anschlag, der jüngste Anschlag in Kabul mit über 100 Toten und zahllosen Verletzten oder die Anschläge in GB in den vergangenen Wochen. Andere Terrorakte haben es nicht auf die Titelseiten der Zeitungen oder in die Nachrichten geschafft: Fast 1000 Anschläge 2016 auf Asylunterkünfte. Man stelle sich vor, auf Filialen der Deutschen Bank würden täglich zwei bis drei Anschläge verübt werden. Was wäre in diesem Land los? Ist die Weigerung, sichere Fluchtwege einzurichten, nicht auch eine Form des Terrorismus?

2015 sind 4000 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken. Im ersten Halbjahr 2016 über 3000. Seit Januar 2017 sind mehr als 1000 ertrunken. Die Alternative zu sicheren Fluchtwegen ist Massenmord! Man sollte die Toten der Anschläge nicht aufrechnen mit den Toten im Mittelmeer oder den Opfern der NATO-Kriege. Wichtiger ist zu untersuchen, welche Ursachen diesen Anschlägen zugrunde liegen, die derzeit die Schlagzeilen beherrschen.

Zwei Zitate, die das Problem umreißen:

Terror ist aus der Rippe einer Welt gemacht, die vom Imperialismus verwüstet wurde“ (- Arundhati Roy, indische Schriftstellerin)

Krieg ist der Terror der Reichen gegen die Armen. Terror ist der Krieg der Armen gegen die Reichen“. (- Sir Peter Ustinov)

Letzteres Zitat halte ich für problematisch, weil es suggeriert, der islamistische Terror sei also die legitime Antwort auf die strukturelle Gewalt des globalen Nordens gegen den Süden. Sind Terroranschläge  eine asymmetrische Antwort auf die Hightech-Kriege und den Resourcenimperialismus der reichen Metropolen? Ausdrücklich NEIN! Der islamistische Terror widerspricht den Grundsätzen revolutionärer Gewalt, die gerechtfertigt war in den nationalen Befreiungskämpfen wie in Vietnam, Algerien oder Südafrika. Islamistischer Terror setzt auf die gezielte Tötung und Schädigung Unbeteiligter.

Angst soll verbreitet und Gegenaktionen provoziert werden, auf die dann wiederum mit Gewalt geantwortet wird. Dieser Terrorismus ist eine Bedrohung für jeden. Es geht nicht darum, verbrecherische Akte zu entschuldigen, sondern ihre Ursachen zu verstehen. Albrecht Müller schreibt auf den NachDenkSeiten am 25.7.2016: „Selbstmordattentäter fallen nicht vom Himmel, sie sind auch nicht alle religiös getrieben und gesteuert. Vermutlich die wenigsten.“ Das sind lauter einfache Erkenntnisse. Und dennoch sind diese Zusammenhänge besser zu verstehen, wenn man sich die Terroristenerzeugung konkret vorstellt.

Stellen Sie sich vor, Sie feiern in der Familie eine Hochzeit. Da explodiert das Geschoss einer Drohne und ihr 13-jähriger Enkel erlebt, wie seine Mutter verblutet. Da braucht es keinen religiösen Hintergrund, um diesen Enkel und gleich noch einige Personen mehr Rache schwören zu lassen. Oder stellen Sie sich vor, Sie wären der Vater einer Familie, denen es in Kundus in Afghanistan am Nötigsten fehlt und Sie seien deshalb aufgrund der Nachricht, dass ein Tankwagen in einem Fluss hängen geblieben sei, ausgezogen, um dort zusammen mit anderen aus dem Dorf Treibstoff abzuzweigen. Und dann wären Sie und einige andere Familienväter und Brüder von den Geschossen und Bomben der von einem Deutschen herbeizitierten Flugzeuge der NATO getroffen und getötet worden.

Glauben Sie ernsthaft, ihre zurückgebliebenen Dorfbewohner hätten nicht darüber nachgesonnen, wie man sich daran rächen kann? Wenigstens auf mittlere Sicht? [siehe KN-Artikel - hier]

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Der Westen hat mit seinen Kriegen unter Federführung der USA und kräftiger Beteiligung von Frankreich, Großbritannien und anderer NATO-Partner den Anstoß für Hunderttausende von Menschen gegeben, sich irgendwann für die ihnen angetane Gewalt zu rächen. Unter Hunderttausenden finden sich dann einige, die das Letzte hergeben, ihr Leben, um dieser Rache Ausdruck zu verleihen. Dazu bedarf es keiner religiösen Motive. Dazu bedarf es nicht einmal unbedingt der seelischen Erkrankung. Jetzt kommt der Terror in die Länder zurück, von denen diese Kriege und Ausbeutung ausgehen.

juergen_todenhoefer_syrien_inside_is_islamischer_staat_islamic_state_kritisches_netzwerk_aleppo_mossul_homs_frederic_irak_afghanistan_haraybel_khan_tuman_checkpoint_al-qaida-nusra.jpgJürgen Todenhöfer: “Terroristen verstehen ihre Anschläge als berechtigte Antwort auf die aggressiv – ausbeuterische Politik der USA, die ihre Länder als amerikanische Tankstellen betrachten.“ Gleichzeitig widerspricht Todenhöfer der Gleichsetzung von Islam und Terror. In seinem Buch „Inside IS – 10 Tage im islamischen Staat“ schreibt er:

Es waren keine Muslime, die den heiligen Krieg erfanden und auf ihren Kreuzzügen vier Millionen Muslime und Juden niedermetzelten. Es waren Christen, die in Jerusalem bis zu den Knöcheln im Blut wateten, bevor sie glücklich weinend zum Grab des Erlösers schritten. Es waren auch keine Muslime, die im Namen der Kolonisierung Afrikas und Asiens 50 Millionen Menschen massakrierten.

Es waren auch keine Muslime, die den ersten und zweiten Weltkrieg mit 70 Millionen Toten anzettelten. Und es waren keine Muslime, sondern wir Deutsche die 10 Millionen Slawen und 6 Millionen Juden, Mitbürger, Nachbarn und Freunde feige und schändlich ermordeten

Samuel Huntington schreibt in seinem Buch: „Kampf der Kulturen“ schon vor 20 Jahren: “Der Westen hat die Welt nicht durch die Überlegenheit seiner Werte erobert, sondern durch die Überlegenheit bei der Anwendung von Gewalt. Westler vergessen diese Tatsache oft, Nichtwestler nie“ (Zitiert nach Conrad Schuhler „Alles Charlie..“) Das alles soll diese Terroranschläge nicht entschuldigen, es ist nur ein Versuch, sie zu erklären, ihre Ursachen klarzumachen.

► Fazit zum Thema Ursachen des Terrors:

Conrad Schuhler im isw-newsletter:

…Wenn die 80 Superreichen der Erde so viel haben wie die Hälfte der Weltbevölkerung, wenn Despoten in aller Welt in Komplizenschaft mit dem globalen Kapital ihre Völker ausbeuten, wenn Nato und Bundeswehr in Dutzenden „Auslandseinsätzen“ die globale Ausbeutungsstruktur durchsetzen und absichern, dann werden „Die Verdammten dieser Erde“ [Frantz Fanon] immer heftiger zuschlagen gegen das „System“, das ihnen den Zugang zu Nahrung, persönlicher Sicherheit, sozialem Fortkommen unmöglich macht…

► Zu den politischen Auswirkungen des Terrors

Die wachsende Angst vor Terroranschlägen und Amokläufen verursachen ein gefährliches Gemisch von politischen Haltungen, die der radikalen Rechten wie AfD und CSU zugute kommen. So wie in der Türkei der Putsch genutzt wird, um demokratische Rechte zu beseitigen, und ein autoritäres Regime einzuführen, so werden hierzulande die Anschläge und Amokläufe genutzt, um den Einsatz der Bundeswehr im Inneren zu fordern, Asylbestimmungen zu verschärfen und die Menschen in ständiger Angst zu halten.

Der Ruf nach Ausbau der Polizei ist besonders bei denen lautstark zu vernehmen, die dafür gesorgt haben, dass bundesweit in den vergangenen Jahren 16.000 Stellen bei der Polizei abgebaut wurden (lt. SZ 26.7. S5). Rechte „Sicherheitspolitik“ reagiert nur mit Reaktionen auf die Symptome: Mehr Polizei, mehr Überwachung, Bundeswehr im Inneren, starker Staat, mehr Repression, Verschärfung der Asylbestimmungen, schnellere Abschiebung. Ganz offensichtlich geht es darum, unter dem Terrorvorwand das Grundgesetz auszuhebeln, das den Einsatz der Bundeswehr im Inneren verbietet, außer in Fällen des Notstandes oder Naturkatastrophen.

Das alles bleibt unwirksam gegen Anschläge und Amokläufe, denn es setzt nicht an den Ursachen an. Nötig ist, eine linke Position zu den jüngsten Terroranschlägen zu diskutieren um das Thema Sicherheitspolitik nicht den Rechten zu überlassen. Es geht also auch um die Frage:

► Was sind Inhalte linker Sicherheitspolitik?

Wie ist Terrorismus zu bekämpfen aus linker Sicht? Zunächst geht es darum, auf den Zusammenhang hinzuweisen zwischen Fluchtursachen und den Ursachen des Terrors, den wir derzeit erleben. Wenn Terror und Kriminalität die Folge von Krieg und Deformation sozialer Verhältnisse sind, dann können sie nur bekämpft werden, in dem man die Verhältnisse ändert, die Terror und Amok hervorbringen. Notwendig ist die

bundeswehr_bundeswehreinsatz_im_inneren_katastrophenhilfe_hochwasser_amtshilfe_naturkatastrophe_front_militarismus_auslandseinsatz_kritisches_netzwerk_streitkraefte.jpgBeendigung der Kriegsbeteiligung Deutschlands und der Auslandseinsätze der Bundeswehr

Beendigung der Waffenexporte in Spannungsgebiete und despotische Regime wie Türkei, Katar oder Saudi Arabien – allesamt Terrorunterstützungsregimes

Kein Drohnenlenkzentrum wie in Ramstein – das ist unmittelbare Kriegsvorbereitung!

Damit befindet sich Deutschland aktiv im Krieg. Wer von der Bekämpfung der Ursachen des Terrors gerade in Deutschland und Europa spricht, der muss vor allem die systematische Benachteiligung der Migranten in Wirtschaft und Gesellschaft bekämpfen.

Bei uns leben fast 5 Millionen Muslime, von denen mehr als jeder Dritte armutsgefährdet ist und denen ihre Qualität als normale, mit Menschen- und Bürgerrechten ausgestattete Staatsbürger zusehends bestritten wird. Deren Benachteiligung zeigt sich gerade in den gravierenden Bereichen von Beschäftigung, Einkommen und Armutsgefährdung. Während die Erwerbstätigenquote der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund bei 76 % liegt, erreicht sie bei den Drittstaaten-Migranten nur 56 %.

Die Armutsgefährdung der originär Deutschen liegt bei 12,5 %, die der Migranten ist mit 36,1 % um das Dreifache höher. Wenn diese sogenannte „Flüchtlingsfrage“ nicht humanitär und solidarisch gelöst wird, dann wird der Terrorismus weiter um sich greifen. Analog gilt für die globale Ordnung: Je mehr der Norden über die Verhältnisse des Südens lebt und je mehr er diese ungerechte Weltstruktur mit militärischen Mitteln erhalten und durchsetzen will, umso mehr Zulauf werden die Terrorgruppen erhalten, die als Widerstandsgruppen gegen diesen Imperialismus auftreten.

Eine solidarische Welt, eine friedliche Welt, eine nachhaltige Welt ist nötig, um den Menschen ein Leben in materieller, politischer und sozialer Sicherheit zu bieten und damit den Terror obsolet zu machen.

Die Aufgabe linker Sicherheitspolitik ist:

Innere und äußere Sicherheit und Angstfreiheit im gesellschaftlichen Leben als zentrale Teile der sozialen Frage verstehen.

Kriminalität und Terror sind das Ergebnis fataler Gesellschaftsdefekte

von der sozialen Ungleichheit über drohenden Arbeitsplatzabbau bis zur Ausdünnung der Polizeistrukturen gerade in „sozial schwachen“ Gebieten

Es geht also auch um:

Mehr LehrerInnen, SozialarbeiterInnen, KindergärtnerInnen, KrankenpflegerInnen, ÄrztInnen und eben auch PolizistInnen.

Mehr Polizei – aber mit anderem politischem Auftrag

Statt Neonazi-Aufmärsche gegen Antifa zu schützen – Flüchtlingsunterkünfte schützen und für Sicherheit in sozialen Brennpunkten sorgen

Päpstliche Enzyklika gehören nicht gerade zu den klassischen Bezugspunkten linker Politik. Um so bemerkenswerter die Aussagen in der jüngsten päpstlichen Enzyklika „Evangelii Gaudium“, die in der Feststellung gipfelt, dass „diese Wirtschaft tötet“. Und weiter – „Nein zu einer Wirtschaft der Ausschließung und der Disparität der Einkommen“. Es gehe nicht mehr einfach um das Phänomen der Ausbeutung und Unterdrückung "[. . ] Wir befinden uns im dritten Weltkrieg, allerdings in einem Krieg auf Raten … dieses System ist nicht mehr zu ertragen … wir müssen die Würde des Menschen wieder ins Zentrum rücken und dann auf diesem Grund eine alternative Gesellschaftsordnung erreichten [. . ].

Dem ist nichts hinzuzufügen. Es bleibt die Erkenntnis: Um den Terrorismus loszuwerden, brauchen wir national und global solidarische, soziale und nachhaltigen Gesellschaften. Es geht darum die Terrorursachen zu bekämpfen: Kriege, Umweltverwüstung und soziale Ungleichheit.

Mit einem Wort: den Kapitalismus. [1]

Walter Listl

________________

[1] Anmerkung von KN-ADMIN Helmut Schnug: So macht man eine bis zum Schluss gute Analyse mit nur einem Satz, dem Schlusssatz, [fast] kaputt. Mit diesem Ansatz werden Linke an der Ursachenbekämpfung immer wieder kläglich scheitern, weil sie nicht einmal ein realistisches und hinreichend konkretes Konzept eines Ausstiegs vom verhassten Feindbild Kapitalismus liefern können.

Die größten Umweltverschmutzer gab es früher im Ostblock und im kommunistischen China alter Prägung. Umwelt ist in der kommunistischen Ideologie gar kein Thema und jene somit auch keine Lösung. Marx definierte Kapital zu recht als Produktionsmittel - somit ist Kapitalismus ein Technik-getriebener Prozess. Schiebt denn ein abstrakter Prozess Kriege an? NEIN! Es sind Menschen wie Clinton, Bush, Obama, Trump, etc.

Wenn die deutliche Mehrheit der von ihrer eigenen Ideologie gegeiselten Linken endlich und konsequent von der stumpfen Feind-Fiktion Kapitalismus ablassen würden und als realen Feind den Neoliberalismus ausmachen und dessen Verfechter und Anwender lautstark an den Pranger stellen würden, könnte man viele Linke zu dem Thema Kapitalismus auch mal intellektuell ernstnehmen. So aber fällt das leider [sehr] schwer. H.S.

Lesetipps:

pin_green.gifKapitalismus und Neoliberalismus - ein wesensmäßiger Vergleich >> weiter.

pin_green.gif Das kapitalistische Manifest. Was Kapitalisten, Kommunisten und Andere endlich begreifen sollten! >> weiter.

pin_green.gif Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung (Literatur + Video-Vortrag) >> weiter.  


 

Quelle: Erstveröffentlicht am 24. Juli 2017 bei isw-München > Artikel. Der Artikel wurde an mehreren Stellen von H.S. redigiert!

Mehr Informationen und Fragen zur isw:

isw – Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V.

Johann-von-Werth-Straße 3
80639 München

Fon 089 – 13 00 41
Fax 089 – 16 89 415

isw_muenchen@t-online.de

www.isw-muenchen.de  /  https://www.facebook.com/iswmuenchen



Infos über Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V. :

Im Juni 1990 haben kritische Wirtschafts- und SozialwissenschaftlerInnen zusammen mit GewerkschafterInnen in München das isw – Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V. gegründet. Seitdem haben wir fast zweihundert Studien und Berichte veröffentlicht.

Das isw versteht sich als Wirtschaftsforschungs-Institut, das alternativ zum neoliberalen Mainstream Analysen, Argumente und Fakten für die wissenschaftliche und soziale Auseinandersetzung anbietet. Unsere Themen und Forschungen beziehen sich deshalb in besonderem Maß auf die "Bedürfnisse" von Gewerkschaften und von sozialen, ökologischen und Friedensbewegungen. Unser Anspruch ist, Wissenschaft in verständlicher Form darzustellen und anschaulich aufzubereiten. Deshalb sind isw-Ausarbeitungen auch besonders geeignet für Unterricht und Schulungsarbeit und als Grundlage für Referate und Diskussionen. Die Mehrheit unserer LeserInnen, AbonnentInnen und Förder-Mitglieder sind Menschen, die sich in Bewegungen und Gewerkschaften engagieren.

  • Im Zentrum unserer wissenschaftlichen Analysen und Forschungsarbeit stehen Fragen und Probleme der Globalisierung, der Bewegung des transnationalen Kapitals, der Rolle und Wirkungen der Multis und transnationalen Institutionen (IWF, WTO, OECD, G7, etc).
  • Einen weiteren Arbeitsschwerpunkt bilden Verteilungsfragen: Einkommens- und Vermögensverteilung, Interdependenz von privatem/gesellschaftlichem Reichtum und Armut.
  • Im Rahmen der Friedensforschung befassen wir uns mit Aspekten der Rüstungsökonomie (z.B. Konzentration in der Rüstungsindustrie), der Militärstrategie und Auswirkungen von Rüstung und Krieg.
  • Im ökologischen Bereich konzentrieren wir uns auf Fragen der Energiewirtschaft und -konzerne.
  • Schließlich beschäftigen wir uns kontinuierlich mit Untersuchungen zur Entwicklung der Sozialsysteme, der Konjunktur- und zyklischen Entwicklung der Weltwirtschaft.

Auf Veranstaltungen und jährlich stattfindenden isw-Foren werden Erfahrungen ausgetauscht, Gegenstrategien diskutiert und Alternativen erarbeitet. Wir freuen uns über Vorschläge und Anregungen, aber auch über solidarische Kritik.

Ein alternatives Projekt wie das isw ist auf aktive Mitarbeit und auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Die materielle Grundlage unserer Arbeit schaffen unsere Leserinnen und Leser. Weder Parteien noch Verbände noch Stiftungen alimentieren uns. Unsere Publikationen finanzieren wir, neben der Selbstausbeutung der Autorinnen und Autoren und der zahlreichen Aktiven im Institut, aus den Beiträgen der rund 1.500 FörderInnen und AbonnentInnen. Wir schaffen derzeit eine plus/minus Null-Bilanz. Eine neue Steuerregelung kostet uns allerdings viel Substanz. Jeder Euro, jedes zusätzliche Fördermitglied, jedes zusätzliche Abonnement ist von Bedeutung. Spenden sind in voller Höhe steuerlich absetzbar.

Publikationen: Hier können Sie einzelne Printpublikationen des isw bestellen - weiter.


 

Bild- u. Grafikquellen:

1. "EUROPA: Spiel nicht das Opfer bei Umständen die Du selber mit verschuldet hast!" Grafik: Wilfried Kahrs / QPress.

2. Buchcover: "Die Große Flucht: Ursachen, Hintergründe, Konsequenzen" von Conrad Schuhler; erschienen am 15.05.2016 im PapyRossaVerlag, Köln; ISBN 978-3-89438-601-6; EUR 12.90 (DE). - zur Buchvorstellung.

3. Zbigniew Brzeziński: seine pathologische Russophobie begleitete ihn sein ganzes politisches Leben. Foto: CSIS: Center for Strategic & International Studies. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Attribution-NonCommercial-ShareAlike 2.0 Generic (CC BY-NC-SA 2.0). Textinlet: Helmut Schnug / Wilfried Kahrs.

4. Buchcover: "Neben uns die Sintflut. Die Externalisierungsgesellschaft und ihr Preis.". von Stephan Lessenich; Hanser-Verlag, Berlin 2016; ISBN 978-3-44625-295-0.

Wer zahlt den Preis für unseren Wohlstand? Der Soziologe Stephan Lessenich über das soziale Versagen unserer Weltordnung. Uns im Westen geht es gut, weil es den meisten Menschen anderswo schlecht geht. Wir lagern systematisch Armut und Ungerechtigkeit aus, im kleinen wie im großen Maßstab. Und wir alle verdrängen unseren Anteil an dieser Praxis. Der renommierte Soziologe Stephan Lessenich bietet eine brillante, politisch brisante Analyse der Abhängigkeits- und Ausbeutungsverhältnisse der globalisierten Wirtschaft. Er veranschaulicht das soziale Versagen unserer Weltordnung, denn es profitieren eben nicht alle irgendwie von freien Märkten. Die Wahrheit ist: Wenn einer gewinnt, verlieren andere. Jeder von uns ist ein verantwortlicher Akteur in diesem Nullsummenspiel, dessen Verlierer jetzt an unsere Türen klopfen. (Verlagstext)

Stephan Lessenich, 1965 in Stuttgart geboren, lehrt am Institut für Soziologie der LMU München und ist Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Von ihm erschienen zahlreiche Publikationen, u. a. "Die Neuerfindung des Sozialen" (2008).

5. Texttafel: "Wer Krieg sät, erntet Terror. Wer Angst sät, erntet Hysterie. Wer Waffen sät, erntet Flüchtlinge. Hört auf zu säen für Not und Tod!". Grafik: Wolfgang Blaschka (WOB), München.

6. KUNDUZ - EIN KRIEGSVERBRECHEN. Erinnerung an die Opfer von Kunduz in Berlin Neukölln, 4. September 2014. Mehrere Dutzend Menschen erinnern vor dem Rathaus des Berliner Bezirks Neukölln an die Bombardierung eines Tanklasters Nahe des afghanischen Kunduz durch US Kampfjets auf Befehl des deutschen Oberst Klein. Bei dem Angriff wurden aufgrund einer katastrophalen Fehleinschätzung durch Oberst Klein und der Annahme einer Bedrohungslage durch Kämpfer der Taliban mehr als 140 Zivilisten getötet.

Urheber: © Thorsten Strasas, Berlin. Photography. Webseite: www.thorsten-strasas.de/. Zur Flickr-Seite des Fotografen, hier geht´s zu seinem Blog - weiter. Die alleinigen Verwertungs- und Nutzungsrechte verbleiben beim Bildautor. Herzlichen Dank an Thomas Strasas für die Freigabe zur Veröffentlichung des Bildes im Kritischen Netzwerk.

7. Jürgen Todenhöfer (* 12. November 1940 in Offenburg) studierte Rechts- und Staatswissenschaften und wurde 1970 Mitglied der CDU und 1972 Richter an der Strafkammer des Landgerichts Kaiserslautern. Ende 1972 zog er bei vorgezogenen Bundestagswahlen in den Deutschen Bundestag ein, wo er bis 1990 vertreten war. Nach längerer politischer Abstinenz ging er erst nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wieder in die Öffentlichkeit.

Zum Afghanistankrieg und zu den amerikanischen Plänen einer Irak-Offensive meldete er sich kritisch zu Wort und sprach sich für diplomatische Lösungen aus. Er veröffentlichte zahlreiche Bestseller, in deren Zentrum der Einsatz für Frieden durch Verhandlungen steht. 2003 schrieb er “Wer weint schon um Abdul und Tanaya?”. In “Andy und Marwa. Zwei Kinder und der Krieg.” (2005) schildert Todenhöfer zwei Schicksale des Irak-Krieges. Es folgten die Bestseller “Warum tötest du, Zaid?” (2008),  “Teile dein Glück” (2010), “Feindbild Islam. Zehn Thesen gegen den Hass.”(2011) sowie „Du sollst nicht töten. Mein Traum vom Frieden“ (2013). Am 27. April 2015 erschien sein aktuelles Buch „Inside IS - 10 Tage im ‚Islamischen Staat“. Foto: © Jürgen Todenhöfer. Quelle: http://juergentodenhoefer.de/

8. "ICH HABE WENIGER ANGST VOR ZUKÜNFTIGEM TERROR ALS VOR ZUKÜNFTIGEN ANTI-TERROR-MASSNAHMEN." Grafik gefunden auf der Facebook-Seite von Digitale Überwachung.

9. Bundeswehr: Nach Jahren endlich wieder an der einzig richtigen Front! DANKE! Bildbearbeitung: Wilfried Kahrs / QPress.de .

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Verbunden: 10.09.2016 - 11:31
Kapitalismus als monokausale Ursache von Krieg und Terror?


Kapitalismus als monokausale Ursache von Krieg und Terror?

Ein in weiten Teilen guter und zustimmungsfähiger Artikel. Nur der Deutung des Ustinov-Zitates „weil es suggeriert, der islamistische Terror sei also die legitime Antwort“ kann ich nicht folgen. Tatsächlich ist das angebliche Suggerieren nur die zutiefst subjektive Sichtweise des Autors. De facto ist "Legitimation" den Worten überhaupt nichts zu entnehmen. Im Gegenteil: Der erste Satz wertet Krieg als Terror und somit sowohl illegal wie auch illegitim. Wenn dann im zweiten Satz Terror als Krieg bezeichnet wird, kann dies folgerichtig überhaupt keine Legitimierung von Terror darstellen. Aus Sicht des Verfassers dieser Zeilen stellt Ustinovs Zitat nur die nüchterne Feststellung faktischer Sachverhalte dar. Ohne irgend etwas legitimieren zu wollen.

Das Szenario: ein schwer kranke Person wird vom Arzt begutachtet. Dieser stellt die korrekte Anamnese und erkennt die tatsächlichen Ursachen der Krankheit. Toll, ein kompetenter Arzt, könnte man annehmen. Und dann schreibt er als letzte Handlung ein Rezept, welche nicht nur völlig falsch, sondern auch noch praktisch undurchführbar ist. Sowas wie „eine Woche lang Flüssigkeitszufuhr oder Atmung aussetzen“. Wer würde da nicht die Hände über dem Kopf zusammenschlagen?

Ähnlich verhält es sich bei dem Artikel, der bis zum Schluss weitgehend korrekt ist. Dann aber wird mit dem allerletzten Satz das Steuer völlig verrissen. Der vermeintlichen Einfachlösung "Abschaffung des Kapitalismus" und Krieg und Terror sind ausgemerzt, sei Folgendes entgegengesetzt:

Das Postulat eines monokausalen Zusammenhangs in einer komplexen Welt eines Geflechts multifaktorieller Ursachen ist oft deutliches Indiz eines extrem simplen Weltmodells, schlichten Gemüts und/oder ideologischer Verblendung.
- Logos

Wenn Linke sich nicht endlich aus dem gedanklichen Gefängnis ihrer Ideologie befreien, die das Dogma des Erzfeindes Kapitalismus zum Inhalt hat, dann werden alle Lösungsansätze trotz noch so korrekter Analysen und Ursachenforschungen an der Macht des Faktischen scheitern. Bislang hat jede historische Erfahrung gezeigt, dass sich technologischer Fortschritt nicht aufhalten lässt - und Kapitalismus ist nun mal ein Prozess, der durch Technik (Marx: Produktionsmittel) und deren Verbesserung getrieben ist. Bislang ist es noch keinem Einzigen gelungen, ein hinreichend konkretes Konzept vorzulegen, welches den intendierten Ausstieg aus dem Kapitalismus überzeugend modelliert.

Linke könnten glänzen, wenn sie die Ideologie des Neoliberalismus mal intellektuell durchdringen und entsprechende Kritik artikulieren würden. Denn Kapitalismus ist und bleibt ein abstrakter Prozess. Die politisch/menschliche Steuerung bzw. Regelung bestimmt, was vom Wohl und Wehe des Kapitalismus überwiegt. Wann endlich einmal kapiert das Gros der Linken, dass Neoliberalismus die nahezu maximal mögliche und asozialste Fehlsteuerung des kapitalistischen Prozesses darstellt, welche dazu führt, dass der Kapitalismus seine schlimmsten negativen Potenziale hervorbringt? Dass die Mächtigsten und deren neoliberale Handlanger und Wasserträger in Politik, Wirtschaft und Lehrbetrieben die ersten Feinde* sind? Wird dieser Tag jemals kommen oder werden die meisten Linken aufgrund der Begrenztheit ihrer Ideologie an der Erkenntnis des Hauptfeindes dieser Zeit, des Neoliberalismus und seiner menschlichen Lobbyhuren, weiterhin versagen?

* Folgerichtig zu zitierter Erkenntnis ist auch der Neoliberalismus nicht Ursache aller Probleme. Dessen Überwindung stellt jedoch den ersten Schritt in einer Reihe weiterer dar (z.B. Geldsystem, über rund ein halbes Jahrtausend gewachsene Machtstrukturen, Scheindemokratie, Verflechtung von Staat, Militär und Gewalt als Erfüllungsgehilfen der Mächtigen, Gier und Machtbesessenheit Einzelner etc.). Er lässt sich - zumindest theoretisch - noch am ehesten und einfachsten überwinden. Dafür bedarf es "nur" der entschlossenen politischen Entscheidung - die ist jedoch mit unseren pflichtvergessenen und hochverräterischen Parteien nicht zu haben!

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Dipl.-Ing. Maschinenbau, Jhrg. 64

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