Spenden für die EU!
Mehr Geld für die TAGESSCHAU!
Rettet die Europäische Union! In ihrem harten, unermüdlichen Kampf gegen die dunkle Macht im Osten geht ihr das Geld aus. Das nämlich berichtet die TAGESSCHAU, die Sendung für staatliche Mitteilungen erster Ordnung. Unter der Überschrift „Russischer Medienfeldzug gegen Merkel?“ berichtet der Staatsfunk von der erbärmlichen Lage einer EU-Spezialeinheit, die sich russischer Propaganda widmet.
Zu dieser Einheit berichtet Kai Küstner von der Brüsseler Medienfront: „Kritiker bemängeln fehlendes Personal und Geld, die Arbeitsgruppe sei angesichts der Größe der Aufgabe völlig überfordert.“ Nur zehn Mitarbeiter und schäbige 400 Informanten sind für die Einheit des „Auswärtige Dienst der EU“ tätig. Das ist angesichts der 144 Millionen Russen, von denen, wie jeder TAGESSCHAU-Konsument weiß, etwa jeder Dritte in der Anti-EU-Propaganda tätig ist, einfach zu wenig.
Der „Auswärtige Dienst der EU“ ist so eine Art Außenministerium. Sein Ziel ist eine gemeinsame Außenpolitik der EU. Dem Dienst ist die Herstellung der westeuropäischen Gemeinsamkeit, zum Beispiel in der Flüchtlingsfrage, nicht ganz so gut gelungen. Das lag vielleicht auch schon am mangelnden Geld, denn der Dienst hat mit seinem Haushaltsvolumen von 508 Millionen Euro zwar schon einen Haushalt von der Größe Spaniens, aber seine 3.645 Mitarbeiter müssen ja auch irgendwie bezahlt werden.
Zumal die EU-Mitgliedstaaten gemeinsam rund 55.000 Diplomaten beschäftigen – mehr als doppelt so viele, wie die Vereinigten Staaten von Amerika – da muss der Dienst sehen, wie er in der Konkurrenz bestehen kann. Und jetzt auch noch der heimtückische Angriff der Russen: „Rund 2.500 Beispiele von Falschinformationen habe diese 'Task Force' bereits festgestellt“, berichtet die TAGESSCHAU. Angesichts dieser titanischen Arbeitsleistung muss einfach mehr Geld her: Geben Sie ihre Spende doch direkt und persönlich ihrem Europa-Abgeordneten. Falls Sie ihn kennen.
Als Kai Küstner, dem Korrespondent des NDR in Brüssel, mal wieder ganz schwindlig vom Däumchendrehen wurde, hielt er inne, besah sich seine rotierenden Extremitäten und nahm einen der beiden Daumen in den Mund: Irgendwie musste doch irgendeine Geschichte aus dem verdammten Daumen zu saugen sein. Als erstes fiel ihm eine Fragezeichen-Zeile ein: „Russischer Medienfeldzug gegen Merkel?“ Ah der Russe geht immer, Feldzug hört sich nach Krieg an, aufregend, einfach aufregend, und Merkel kennen alle. Super-Zeile. Und das Fragezeichen, dass ist meiner irren journalistischen Objektivität geschuldet. Anders als die Russen machen wir ja keine Propaganda. Mit einem Fragezeichen bin ich aus der Beweispflicht raus, hihihi. Aber irgendeine Quelle sollte ich schon nennen, um meine fragezeichenwürdige Nachricht etwas glaubhafter zu machen. Also schreibe ich „berichtet jetzt ein EU-Offizieller“. Der hat keinen Namen, keine Adresse, keinen Mail-Account, aber „Offizieller“ – das klingt doch nach was!
Küstner wechselt den Daumen und schiebt noch eine Quelle hinterher: „Der EU-Experte warnt, Russland bediene sich dabei unterschiedlicher Methoden, um Geschichte umzuschreiben.“ Nichts geht über einen Experten. Denn Experten heißen Experten weil sie Experten sind, worin auch immer. Auch die bleiben natürlich anonym, damit sie nicht von den Russen ermordet werden. Das nennt man Quellenschutz. Küstner kichert. Für so originell hätte er sich selbst nie gehalten. Jetzt kommt noch Fleisch an die Story, also schreibt er: „In der EU befürchtet man nun, dass Moskau versuchen könnte, massiv auf die für Europa wichtigen Wahlen in Frankreich und Deutschland Einfluss zu nehmen. ‚Eine weitreichende, teilweise organisierte Falschmeldungs-Kampagne gegen die EU, ihre Politiker und ihre Prinzipien‘, beklagt man im Auswärtigen Dienst der Europäischen Union.“ Super, freut sich Küstner, man befürchtet, man beklagt; der man, der man, an dem ist nix dran, reimte zwar sein Lehrer damals, auf der Journalistenschule, aber damals ist damals, heute ist heute und sein Daumen schmeckt so fantasievoll. Und der TAGESSCHAU-Chefredakteur hat gestern noch gesagt: Wir brauchen was mit Russen und Wahlen. Also.
An dieser Stelle ist eine weitere Spendenkampagne fällig. Da die Mehrheit der politischen TAGESSCHAU-Meldungen so oder so ähnlich gestrickt, pardon gesaugt sind, muss Geld für ein Journalisten-Erziehungslager her. Dort werden dann von morgens bis abends ein paar eigentlich selbstverständliche journalistische Grundsätze gepaukt:
1. Der Konjunktiv wird bei Nachrichten nie eingesetzt, denn „sollte“ oder „könnte“ verpacken zumeist Meinungen, die haben in Nachrichten nichts zu suchen.
2. Quellen ohne Namen gibt es nicht. Wer seine Quellen nicht kennt, der ist entweder
a) zu faul zum Recherchieren oder b) lügt sich was zusammen.
Wer das nicht lernt, dem müssen leider beide Daumen amputiert werden. Aus rein pädagogischen Gründen, versteht sich.
Es geht natürlich auch billiger: Die Deutschen entscheiden sich einerseits gegen die Europäische Union und statten andererseits ihre Programmbeiräte mit Sanktionsmöglichkeiten aus: Redakteure, die bei mehrfachem Lügen ertappt werden, dürfen sofort entlassen werden. Da werden sofort viele Stellen frei. Und die Vielen, die ‚Irgendwas mit Medien studiert‘ haben und deren Arbeitgeber Hartz-Vier heißt, könnten sich endlich beweisen. Besser als die ARD-aktuell-Truppe können sie es auf alle Fälle.
Ulrich Gellermann, Berlin
► Quelle: RATIONALGALERIE > Artikel vom 26.01.2017.
► Bild- und Grafikquellen:
1. Frieden- und Freundschaftslogo: Frieden & Freundschaft mit Russland. Nach der ausgebuchten Friedensfahrt 2016 ist auch 2017 wieder eine solche Fahrt in Planung. Start: 23. Juli 2017 - Ende: 13. August 2017. Fünf verschiedene Touren zur Auswahl durch 45 russische Städte > www.druschba.info .
2. TAGESSCHAU.de - das deutsche Zentralorgan für NATO-Märchen. Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs (WiKa) / QPress.de .
3. DAS ERSTE ist DAS LETZTE. Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs (WiKa) / QPress.de .
4. Buchcover "Feindbild Russland. Geschichte einer Dämonisierung" von HANNES HOFBAUER. Verlag: Promedia Druck- und Verlagsgesellschaft mbH, Wien 2016; Print: € 19,90. ISBN: 978-3-85371-401-0. / E-Book: € 15,99. ISBN: 978-3-85371-833-9.
Hannes Hofbauer verfolgt das Phänomen der Russophobie zurück bis ins 15. Jahrhundert, als der Zar im Zuge der kriegerischen Reichsbildung gegen Nordwesten zog. Es ging um Herrschaft, Konkurrenz und Meereszugang. Der Kampf um reale wirtschaftliche und (geo)politische Macht wurde auch damals schon ideologisch begleitet: Der Russe galt seinen Gegnern als asiatisch, ungläubig, schmutzig und kriecherisch, Stereotypen, die sich über Jahrhunderte erhalten haben.
Das Feindbild-Paradigma zieht sich wie ein roter Faden durch die Rezeption Russlands im Westen. Aktuell reagiert diese empört auf die Politik des Kreml, der mit der Machtübernahme Wladimir Putins innenpolitisch auf Konsolidierung und außenpolitisch auf Selbständigkeit setzt. Die Wegmarken der neuen Feindschaft sind zahlreich. Sie reichen vom Krieg der NATO gegen Jugoslawien (1999) über die Verhaftung des Oligarchen Michail Chodorkowski (2003) und die Osterweiterung der NATO, den mit US- und EU-Geldern unterstützten „Farbrevolutionen“ bis zum Krieg um die georgischen Provinzen Abchasien und Südossetien (2008) und hinterlassen die bislang tiefste Kluft im Kampf um die Ukraine (2015), die am überwunden geglaubten West-Ost-Konflikt auseinander gebrochen ist.
„Feindbild Russland“ erzählt die Beziehungsgeschichte des Westens mit Russland und spürt den wirtschaftlichen und geopolitischen Grundlagen der Russophobie nach. Her gehts zur ausführlichen Buchvorstellung mit Inhaltsangaben, Leseprobe und Interview mit dem Autor - weiter.