Verfälschung und Mißbrauch von Sprache
Es ist das eine, sich eines (falls vorhandenen) sprachlichen Konsens bewußt zu sein sowie über ein entsprechendes Sprachpotenzial zu verfügen und sich dessen zu bedienen. Die andere Seite ist es, die Sprache oder einzelne Wörter ganz bewußt und unter besonderem Hinweis oder mit ironischem Hintergrund einmal anders zu benutzen, um mit ihr zu spielen. Dies ist die Freiheit des Schreibers/Sprechers, der die Sprache damit nicht vergewaltigt. Und außerdem unterliegt die Sprache eh einem ständigen Wandel, so daß sich Wortbedeutungen fließend ändern, neue Begriffe eingeführt oder Komponenten aus Fremdsprachen übernommen werden. Aber es ist ein Vergehen, die Sprache absichtlich zu eigennützigen Zwecken zu manipulieren.
Die meisten Anwender der deutschen Sprache sind sich nicht darüber bewußt, wie viele der mittlerweile integralen Bestandteile des üblichen Wortschatzes ursprünglich aus fremden Sprachen stammen und sie sich als eingedeutschte Lehnworte nicht mehr von anderen Worten unterscheiden. Typisch dafür sind Begriffe des täglichen Lebens, die aus dem Lateinischen herrühren wie Fenster, Dach oder Mauer. Dazu treten noch die unzähligen Fremdworte, die noch als solche zu erkennen sind und die trotzdem zum üblichen Sprachgebrauch gehören. Aber deshalb brauchen wir nicht in Sorge zu geraten, denn das ist ein natürliches Procedere. Von allzu exzessivem Gebrauch von Fremdwörtern oder Anglizismen rate ich allerdings ab.
Ich möchte aber die provokative These aufstellen, daß wir heutzutage - zumindest bei grundsätzlichen gesellschaftspolitischen Begrifflichkeiten - überhaupt keinen sprachlichen Konsensus mehr haben. Die Sprache wird zunehmend als Waffe oder als Instrument zur psychologischen Manipulation des Menschen verwendet. Wesentliche Begriffe wie Demokratie, Freiheit, Soziales, Christliches, Gerechtigkeit, Mitverantwortung oder Gleichberechtigung sind bereits umgedreht worden, so daß sie teilweise in das genaue Gegenteil der früheren Bedeutung umgewandelt wurden.
Euphemismen sind in allen Lebensbereichen auf dem Vormarsch. Man muß sich nur einmal aufmerksam die TV-Nachrichten ansehen oder den Mainstream ganz bewußt lesen - dann wird man die Manipulationen sofort entdecken. Viele Ereignisse, deren wahre Hintergründe verschleiert werden sollen, werden mit beschönigenden Begriffen versehen (so wird zum Beispiel aus einem Kriegseinsatz eine friedenserhaltende Maßnahme usw.), so daß der Bürger langsam aber sicher eingeschläfert wird. Die Sprache verkommt langsam aber sicher zu von einem Werkzeug zur exakten Kommunikation zu einem Desinformationsinstrument, das die wahren Absichten, Hintergründe und Handlungsabläufe vernebeln soll.
Insbesondere die Werbung sowie die Politik haben aus der Wortverdrehung und der absichtlichen Fehlinformation eine Wissenschaft entwickelt. Den Menschen werden mit schönen Worten, die in alten Zeiten positiv besetzt waren, Lügen vorgesetzt und Eigenschaften vermittelt, die nicht mehr damit verbunden sind. Die Sprache wird, ohne daß sie sich dagegen wehren kann, als Mittel zur Propaganda, Indoktrination und zur Vorspiegelung falscher Tatsachen mißbraucht. Mit Hilfe von wissenschaftlichen Methoden aus der Psychologie und Verhaltensforschung wird die Sprache zu einem Vehikel der Machtausübung und Profitsteigerung ausgebaut, so daß sie sich immer mehr vom praktischen Leben entfremdet.
Wir alle sollten uns dieser Entwicklung entgegen stemmen und dazu beitragen, daß Sprache, Worte und Handlungen wieder zu einer Einheit zueinander geführt werden. Wenn wir uns den derzeitigen entfremdenden Prozeß nicht wirklich vor Augen führen und eine Änderung anstreben, dann wird Kommunikation zu einer reinen Farce und wir reden nur noch aneinander vorbei oder versuchen, uns gegenseitig zu täuschen.
MfG Peter A. Weber