Kindheit 6.7: Artgerechte Kindheit. Unser Nachwuchs wird auf dem Altar der Ökonomie geopfert.

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Kindheit 6.7: Artgerechte Kindheit. Unser Nachwuchs wird auf dem Altar der Ökonomie geopfert.
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Artgerechte Kindheit

Unser Nachwuchs wird auf dem Altar der Ökonomie geopfert.

von Hans-Joachim Maaz / RUBIKON

Kinder sind sehr lebendig — bevor ihnen ihre Vitalität im Namen von Ideologie und Effizienz ausgetrieben wird. Längst bekannte Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie werden einfach ignoriert. Die Folgen sind auch gesamtgesellschaftlich verheerend. Hans-Joachim Maaz ist nach der Lektüre empört und betroffen. Eine emotionale Buchrezension von „Kindheit 6.7“.
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Als ich die Bitte angenommen hatte, eine Rezension über „Kindheit 6.7“ von Michael Hüter zu schreiben, war ich schon beim Querlesen dieses umfassenden Manifestes von dem spürbaren Plädoyer für Kinder und Familien sehr berührt. Jetzt – durchgelesen – fühle ich mich zu einer „üblichen“, eher intellektuellen Rezension nicht in der Lage. Zu viel gewichtiger Inhalt, wie Familie und Kindheit entwicklungspsychologisch, bindungstheoretisch, neurobiologisch, sozial- und gesellschaftskritisch durchleuchtet werden, als dass ich mit einer überschaubaren inhaltlichen Rezension diesem außergewöhnlichen Werk gerecht werden könnte.

Der Autor Michael Hüter – Historiker und Kindheitsforscher – hat auf überzeugende Weise die historische Dimension der gesellschaftlichen Verhältnisse von Kindheit, Familie, Entwicklung und Bildung umfassend recherchiert und zur kritischen Reflexion gebracht. Dabei erschreckt eine Erkenntnis wegen ihrer Aktualität auf besondere Weise, dass dem Untergang der Hochkulturen stets der Zerfall des Familienwesens mit wachsender Kinderlosigkeit vorausgegangen ist. Und eine „Rettung“ aus einem solchen Schicksal ist nur möglich, wenn das Wohlwollen für Familie und Kindheit in den Mittelpunkt der Gesellschaft mit allen notwendigen politischen und ökonomischen Maßnahmen gestellt wird.

So endet das Buch auch mit der folgerichtigen Konsequenz des Manifestes:

Am Anfang alles Lebendigen, allem Wandlungsfähigen, aller Vielfalt, allem Humanen und auch jeder großen Innovation und Leistung war und ist die selbstbestimmte, wertgeschätzte und in der Mitte der Gesellschaft stehende Familie. Am Anfang ist eine echte und glückliche Kindheit.

Und ich setze hinzu, dass „der Anfang“ Gesundheit oder Krankheit, Friedfertigkeit oder Feindseligkeit, Liebe oder Hass, Demokratiefähigkeit oder Diffamierung und Verfolgung Andersdenkender umfasst.

„Kindheit 6.7“ ist ein Meisterwerk, das eben nicht „nur“ eine Fülle recherchierter Realitäten übermittelt, sondern auch mit nachvollziehbaren Deutungen bereichert. Ich bin emotional aufgewühlt:

Mich erfasst Empörung über die bittere und tragische Entwicklung, dass Kinder nicht mehr „artgerecht“ aufwachsen können, dass die haltgebende Funktion der Familie auf dem „Altar der Ökonomie und Ideologie“ geopfert wird und dass die gegenwärtige Bildungspraxis Kinder mehr in ihrer Entwicklung behindert und krank macht als ihnen hilft, freie, gesunde, aktive und kreative Persönlichkeiten zu werden.

Mich schmerzt das Leid von Kindern, ihre seelischen Verletzungen und Kränkungen, ihre erlittenen körperlichen und emotionalen Misshandlungen und die ihnen aufgezwungenen Entfremdungen. Ich könnte das vorliegende Buch „Kindheit 6.7“ mit tausendfachen praktischen Beweisen aus meiner psychotherapeutischen Praxis belegen. Dazu auch die Verzweiflung und die Schuldgefühle unzähliger Eltern und Alleinerziehender, die gegen ihre Herzensbildung ihre Kinder aus beruflichen oder finanziellen Zwängen zur Krippen-Frühbetreuung geben mussten.

Ich empöre mich über die ignorante Ungeheuerlichkeit der Politik, dass die wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse aus Entwicklungspsychologie, Bindungsforschung, Säuglings- und Kleinkindforschung sowie Hirnforschung – die Michael Hüter umfassend zusammengetragen hat – in politischen Entscheidungen regelrecht verleugnet werden und eine Mehrheit der Eltern, Erzieher, Lehrer, Ärzte, Psychologen, Theologen – die es wissen müssten – nicht gegen diese unheilvolle Praxis der Zerstörung von Familie und Kindheit als Quelle von Konflikten, Krankheiten, Radikalität und Gewalt wirkungsvoll protestieren.

Kindesmissbrauch_Schwarze_Paedagogik_Indoktrination_von_Kindern_Religionsgemeinschaft_fundamentale_Christen_freie_Willensentscheidung_Selbstentfaltung.jpg Im verständlichen „Kampf gegen Rechts“ und „für Demokratie“ gibt es ein großes, aber leider irreführendes und falsches Engagement, weil alle Proklamationen und Verfolgungen das tieferliegende Problem – die Kindheitsfolgen – durch Sündenbockjagd und Feindbilder nur verschleiern und die Folgen verschlimmern. Das alles bleibt ein hilfloses Kurierenwollen von Symptomen, denn die Quelle der Gefahr für Extremismus liegt in der Kindheit. Nur wenn Kinder „artgerecht“ und familiär sozialisiert aufwachsen könnten, wäre Demokratie gesichert.

Die Kindheit entscheidet über die Fähigkeit, eine „innerseelische Demokratie“ zu entwickeln, das heißt belastende seelische Erfahrungen – also Ängste, emotionale und körperliche Misshandlungen, seelische Kränkungen und Verletzungen und Liebesmangel – auszublenden oder schmerzlich Erlittenes zu erinnern, emotional zu verarbeiten und damit regulieren zu lernen, um es nicht mehr sozial projektiv zu übertragen, zu denunzieren und bei „Andersdenkenden“ zu bekämpfen. Dazu liefert „Kindheit 6.7“ überzeugende Erfahrungen und Argumente.

Es ist heute zweifelsfrei gesichert, dass die Quelle vieler Erkrankungen, sozialer Konflikte, einem unglücklichen Leben, von süchtigem Verhalten, von Gewalt, Kriminalität und Extremismus defizitäre, verletzende bis traumatisierende Kindheitserfahrungen sind. Ich schreie verzweifelt auf, wenn gegen die wachsenden Gesellschaftskonflikte, die Radikalisierungen „aufgestanden“ werden soll, wenn appelliert wird, gegen Rechts „Gesicht“ oder „Haltung“ zu zeigen, ohne die gesellschaftsbedingten Ursachen zu berücksichtigen.

Ich bat den Autor, mir verständlich zu machen, was 6.7 bezogen auf die Kindheit bedeutet. Und die Antwort war so einfach und letztlich doch erschütternd:

Seit zehntausend Jahren und bis jedenfalls zur industriellen Revolution beließ man das Menschenkind in allen Kulturen bis zum sogenannten zweiten Zahnen, also 6./7. Lebensjahr, im familiären Verbund. Das war ein (fast) nie infrage gestelltes Naturgesetz.

Das erschütternde daran ist für mich, dass dieses „Naturgesetz“ überzeugend wissenschaftlich gesichert ist – worüber das Buch hinreichend Belege liefert, aber von ökonomischer und politischer Macht geleugnet wird. Stattdessen werden mit ideologisierter Phrasenhaftigkeit familiäre (Eltern)-Betreuung für antiquiert, früheste Fremdbetreuung für fortschrittlich und frühkindliche Bildung – nicht Bindung! – für notwendig erklärt.

Wie pervertiert ist unsere Hochkultur inzwischen, wenn die wünschenswerte Entwicklung zu demokratischen, friedvollen und sozial gerechten Verhältnissen durch die vorherrschende kinder- und familienfeindliche Politik mit Sicherheit verletzt wird. Wie kann eine Position vertreten werden, dass eine Krippe dem Kind mehr bieten könne als die Eltern.

Sicher, es gibt auch wirklich schlechte Eltern, aber eine optimale Frühbetreuung basiert auf Bindung und nicht auf frühkindlicher Bildung und nur Eltern haben die persönlichen Bindungsfähigkeiten. Wie kann ein Streit und Kampf geführt werden, um nur dem elterlichen Konflikt zwischen Familie und Beruf gerecht werden zu wollen, ohne auf die Bedürfnisse des Kindes zu achten. In welche soziale Bedrängnis werden Eltern moralisch, ideologisch und ökonomisch gebracht, um gegen ihre Überzeugung ihre Kinder zu früh in eine Krippe zu geben.

Welche Kindheit, welche Entfremdung müssen Eliten der Macht erlitten haben, um so irrational handeln zu können.

Ich würde diese Pathologie nicht aushalten, wenn ich nicht durch psychotherapeutische Arbeit Einzelnen aus dieser Falle praktisch helfen könnte und wenn ich nicht eine Deutung zur Verfügung hätte, mit der ich mich intellektuell „über Wasser“ halten kann:

Narzisstische Kränkungen und Verletzungen der Kinder sind heute durch eine zu frühe Fremdbetreuung und eine Zwangs-Bildung weit verbreitet. Die damit in aller Regel verbundene schmerzliche Erfahrung, nicht wirklich geliebt zu sein, wird meistens verdrängt, wirkt dann aber wie ein Stachel im Fleisch, den eigenen (Liebens-) Wert beweisen zu wollen.

Mit allen Anstrengungen kann man dann in einer Leistungsgesellschaft, die den materiellen Profit zum zentralen und erstrebenswerten Ersatz – Geld statt Liebe – gemacht hat, sehr erfolgreich sein und Führungspositionen in der Gesellschaft erringen. Damit wird dann das „falsche Leben“ der Kindheit gekrönt.

Es ist nicht zu erwarten, dass die „Sieger“ ihre durch Macht und Geld entschädigte Fehlentwicklung freiwillig oder schmerzfrei erkennen und aufgeben könnten, aber alles daran setzen werden, dass garantiert bleibt, dass die nächsten Generationen keine bessere Kindheit erfahren können. Damit bleibt die eigene Illusion eines erfolgreichen Lebens geschützt und eine echte Konkurrenz durch Menschen mit dem Wunsch und der Fähigkeit für natürlichere, weniger entfremdete Lebensformen wird verhindert.

Ich verdanke Michael Hüter so umfassende und gründlich recherchierte Informationen über die naturgesetzlichen Bedingungen für die Werte von Familie, Kindheit und Bildung mit Erkenntnissen der historischen Entwicklung und gesellschaftspolitischen Beeinflussung, dass ich intellektuelle Orientierung und emotionalen Halt – bei aller Empörung und Verzweiflung über die aktuellen Verhältnisse – als sehr hilfreich erfahre. „Kindheit 6.7“ ist allen zu empfehlen, die gesellschaftliche Fehlentwicklungen besser verstehen wollen und vor allem nach echten, natürlichen und konstruktiven Möglichkeiten suchen, unsere gefährdete Hochkultur zu retten.

Hans-Joachim Maaz
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hans_joachim_maaz_das_falsche_leben_ursachen_und_folgen_unserer_normopathischen_gesellschaft_kritisches_netzwerk_spaltungsmechanismus_normopathie_narzissmus_persoenlichkeitsstoerung.jpgDr. Hans-Joachim Maaz, geb. 1943, war von 1980 – 2008 Chefarzt der Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik im Diakoniewerk Halle (Saale) und langjähriger Vorsitzender der »Deutschen Gesellschaft für analytische Psychotherapie und Tiefenpsychologie« (DGAPT). Er ist Vorsitzender des »Choriner Instituts für Tiefenpsychologie und psychosoziale Prävention« (CIT).

Der breiten Öffentlichkeit wurde Hans-Joachim Maaz durch sein Buch „Der Gefühlsstau. Psychogramm der DDR“ (1990) bekannt. Weitere wichtige Bücher von ihm sind: „Der Lilith-Komplex“ (2003), „Die Liebesfalle“ (2007), „Die narzisstische Gesellschaft“ (2012), „Hilfe! Psychotherapie“ (2014) und „Das falsche Leben“ (2017).

Hans-Joachim Maaz meldet sich immer wieder zur gesellschaftlichen Situation in unserem Land zu Wort und bezieht durch Vorträge und Publikationen, aber auch in Funk und Fernsehen zur aktuellen politischen Lage Stellung.
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Mag. Michael Hüter ist Kindheitsforscher, Pianist und Aktivist. Der Autor wurde 1968 in Kärnten, Österreich geboren. In den 1990er Jahren studierte er Geschichte, Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte an der Universität Salzburg. Von 1996 bis 2012 lebte Michael Hüter als freischaffender Pianist und Komponist. 2014 erschien die Piano-Solo-CD It’s my way to paradise.

Ein neunjähriges gerichtliches Obsorgeverfahren, „eine der bestürzendsten Justizaffären, die Österreich je erlebt hat” (NEWS), und zahlreiche Recherchen zu Not und Leid von Trennungskindern, führten zu dem Buch »Krieg gegen Väter. Das Drama eines Scheidungskindes«, Kral Verlag, 2014.

KINDHEIT 6.7. Ein Manifest. Edition Liberi & Mundo, 2018: Das jahrelang investigativ recherchierte Buch ist eine Geschichte der Kindheit und zugleich Zivilisationskritik. Ein leidenschaftliches Plädoyer und Manifest für ein wieder menschenwürdiges und „artgerechtes“ Aufwachsen von Kindern, für eine neue Wertschätzung der familialen Sozialisation und für vollständige Bildungsfreiheit. Der Autor ist Vater von drei Kindern. >> michael-hueter.org/ .


pin_green.gifINITIATIVE Kindheit 6.7 - (Dauer 54:21 Min.)

Dieser Film – INITIATIVE Kindheit 6.7 – wurde durch Leser meines aktuellen Buches Kindheit 6.7 inspiriert. Er ist eine Zusammenfassung meiner bisherigen Medienberichte und auch ein #Aufruf!

Schließen Sie sich an! – Im Interesse einer wieder humaneren, lebenswerteren und glücklicheren Kindheit. Kind ist Mensch. Aus „Alptraum Kindheit“ erfolgt immer auch „Alptraum Menschheit“. Nichts zeigt die jüngere Geschichte der Menschheit eindeutiger und habe ich versucht in diesem Film sichtbar zu machen.

Kindheit heute ist eine ohne Kindheit und „Bildung“ heute eine ohne Bildung. Wir haben in der gesamten industrialisierten Welt den Blick für die Kompetenzen von Kindern verloren und eine Welt erschaffen, die gegenwärtig etwa 50 Prozent(!) der Kinder krank und viele junge Menschen buchstäblich verrückt werden lässt.

Wir haben weltweit und vorrangig in den „hoch entwickelten“ Ländern fast vollständig den Blick für die realen und naturgegebenen Bedürfnisse und das Wesen des Kindes verloren. Mit verheerenden Folgen für Kultur, Wirtschaft, Gesellschaft und Individuum. (-Michael Hüter)

Weitere Informationen unter: michael-hueter.org .

pin_green.gifKenFM im Gespräch mit: Michael Hüter ("Kindheit 6.7: Ein Manifest") - (Dauer 1:57:12 Std.)

Was haben Johann Wolfgang von Goethe, Alexander von Humboldt, Karl Marx und Leonardo Da Vinci gemeinsam? Richtig, alle haben wesentlich weniger Zeit in Bildungsinstitutionen verbracht, als es heute der Standard ist. Dennoch werden sie noch immer als Genies gefeiert. Das sollte und zu denken geben. Wie kann das sein?

Nun könnte man argumentieren, sie seien eben von Haus aus hochbegabt gewesen. Das stimmt auch in gewisser Hinsicht: Humboldt zum Beispiel erhielt einen Großteil seiner Bildung zu Hause. Er wurde nicht mit einem Jahr in der Kita abgegeben und einige Jahre später mit dem Abiturzeugnis in der Hand von seinen Eltern an der Schulpforte wieder in Empfang genommen. Die Motivation zu lernen war bei ihm intrinsischer Natur und kein von Außen aufoktroyierter Zwang.

Michael Hüter versucht, aus solchen Biographien logische Schlüsse zu ziehen. Er ist der Meinung: So wie wir Erziehung, Familie und das Schulwesen heutzutage interpretieren, ist es kaum verwunderlich, dass unserer Gesellschaft kollektiv die Freude am Lernen vergangen ist.

Sein neues Buch „Kindheit 6.7: Ein Manifest“ ist ein Appell an die Gesellschaft, die eigenen Scheuklappen abzulegen und nach neuen Wegen zu suchen, Kindern eine Kindheit zu ermöglichen, die diesen Namen auch verdient. Glücklicherweise können wir dabei auf einen Wissensschatz zurückgreifen, der weitaus älter ist, als es die letzten Jahrhunderte institutionalisierten Lernens vermuten lassen.

Lernen kann und muss Spaß machen!


Prof. Dr. Gerald Hüther: "Generation Corona - Was passiert mit unseren Kindern?" - (Dauer 1:05:10)

Maskentragen im Klassenzimmer, ein ständiges Hin und Her zwischen Homeschooling und Präsenzunterricht, regelmäßige Selbsttests, die Angst eigene Eltern oder Großeltern anzustecken... die Corona-Maßnahmen stellen Kinder vor schwerwiegende und auf diese Art noch nie dagewesene Herausforderungen.

In seinem Vortrag "Generation Corona - Was passiert mit unseren Kindern?" spricht der Neurobiologe und Hirnforscher Prof. Dr. Gerald Hüther über die Auswirkungen dieser schwierigen Zeit auf die Kleinsten der Gesellschaft. Wir danken ihm für die mutigen, ehrlichen und hilfreichen Worte!

Prof. Dr. Gerald Hüther - Wenn der (Lern-)Raum zum Traum wird! (Dauer 43:30 Min.)

Vorab noch zwei Aussagen von Prof. Hüther: «Ein guter Schulabschluss ist kein Indikator für Intelligenz, sondern von guter Anpassungsfähigkeit. [..]  Als Neurobiologe kann ich nur sagen, dass das Allerwichtigste, das ein Mensch besitzt, und das die Voraussetzung ist, dass er viel lernt und sich später im Leben zurechtfindet, die angeborene Lust am Entdecken und am gemeinsamen Gestalten ist.»

Viel hat sich an unserem Bild, was Schule sein kann, die letzten Jahrzehnte nicht verändert. Ganz anders unsere Anforderung an eine Gesellschaft mit Zukunft. Wieso fällt es uns so schwer, eingeschlagene Wege zu verlassen und uns an die neuen Gegebenheiten anzupassen?

Braucht es erst eine existentielle Krise, um uns klar zu werden, dass ein „Weiter so!“ uns nur noch näher an den Abgrund treibt? Reicht die Corona-Pandemie aus, um ein Umdenken – ein so wichtiges Neu-Denken – anzustoßen und haben wir die Kraft, das Neu-Gedachte auch zur Realität werden zu lassen? Was ist der zentrale Faktor, der eine neue Realität erwachsen lässt?

Prof. Gerald Hüther (Neurobiologe, Lernforscher, Autor, Vater von 3 Kindern >> https://www.gerald-huether.de/) und Roland Forberger (ebenfalls Vater von 3 Kindern) gehen diesen Fragen nach. Sie kommen im Gespräch auch zu einer Antwort, wie die Menschen wieder zu einem Leben, als Teil eines großen-Ganzen kommen können.


► Quelle: Dieser Artikel wurde am 9. Oktober 2018 erstveröffentlicht bei RUBIKON >> rubikon.news/ >> Artikel. RUBIKON versteht sich als Initiative zur Demokratisierung der Meinungsbildung, vertreten durch den Geschäftsführer Jens Wernicke. RUBIKON unterstützen >> HIER.

Dieses Werk ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International lizenziert. >> CC BY-NC-ND 4.0). Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen dürfen Sie es verbreiten und vervielfältigen. ACHTUNG: Die Bilder und Grafiken im Artikel sind nicht Bestandteil des Originalartikels und wurden von KN-ADMIN Helmut Schnug eingefügt. Für sie gelten ggf. andere Lizenzen, s.u..

► Bild- und Grafikquellen:

1. Buchcover: »Kindheit 6.7 - Ein Manifest. Es ist höchste Zeit, mit unseren Kindern neue Wege zu gehen!« Autor: Michael Hüter. Verlag: Edition Liberi&Mundo, St. Pölten, ersch. im Aug. 2018. Paperback, 480 Seiten, ISBN-13: 978-3-200-05507-0.

Die großen Entwicklungen, Fortschritte und Leistungen im kulturellen wie auch im wissenschaftlichen Bereich - und die sind enorm - verdanken wir einzelnen Menschen, oft schon Kindern und Jugendlichen, die vorwiegend durch die Unterstützung ihrer Familie die Möglichkeit hatten, ihrer Intuition und ihren Begabungen zu folgen. Ohne Krippe, Kindergarten und Schul-Druck. Etwa 80 Prozent aller Persönlichkeiten (nicht nur) Europas der letzten Jahrhunderte, die Herausragendes für Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft geleistet haben, wurden zuallererst lange familial sozialisiert.

Wir haben in der gesamten industrialisierten Welt den Blick für die Kompetenzen von Kindern verloren und eine Welt erschaffen, die gegenwärtig etwa 50 Prozent(!) der Kinder krank und viele junge Menschen buchstäblich verrückt werden lässt.

Wir haben weltweit und vorrangig in den >hoch entwickelten< Ländern fast vollständig den Blick für die realen und naturgegebenen Bedürfnisse und das Wesen des Kindes verloren. Mit verheerenden Folgen für Kultur, Wirtschaft, Gesellschaft und Individuum.

KINDHEIT 6.7, jahrelang investigativ recherchiert, ist eine Geschichte der Kindheit und zugleich Zivilisationskritik. Ein leidenschaftliches Plädoyer und Manifest für ein wieder menschenwürdiges und >artgerechtes< Aufwachsen von Kindern, für eine neue Wertschätzung der familialen Sozialisation und für vollständige Bildungsfreiheit.

>Endlich ein Buch, das so fundiert so viele Argumente zusammenträgt, die alle deutlich machen, dass es mit unserem Bildungssystem so wie bisher nicht weitergehen kann. Hoffentlich wird es möglichst bald zur Pflichtlektüre für alle Erziehungs- und Bildungsverantwortlichen und zur Lieblingslektüre für Eltern.< (Prof. Gerald Hüther, Neurobiologe)

2. Kind mit Schnuller. Foto: Flickr-user caratello. Quelle: Flickr. (Verlinkung nicht mehr möglich) Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung-Nicht kommerziell 2.0 Generic (CC BY-NC 2.0). Der Schnuller (engl.: pacifier / baby-soother) mit Piratenmotiv ist ein Produkt der Fa. ROCK STAR BABY (RSB) wurde von uns nachträglich eingearbeitet. Danke Wilfried / QPress. RSB ist die stylische Marke von Tico Torres - dem Drummer von BON JOVI. Wer so ein Teil cool findet, hier gibt es ihn u.a.: http://www.baby-nova-shop.de/

3. Ängste sind oft die Folgen traumatischer Erlebnisse. Vor der Erforschung der Mutter-Kind-Interaktionen galt das Kind als ein Objekt der Erziehung, dem das «richtige» und «gute» Leben beigebracht werden müsse. Das Kind war den Erziehungsvorstellungen der Familie und damit in der Regel den gesellschaftlichen Normen und Entwicklungserwartungen ausgesetzt. Erziehung geschah überwiegend durch autoritären Druck, durch Einschüchterung, mittels Manipulation durch Lob und Strafe und endete am häufigsten in der Unterwerfung des Kindes unter den Willen der Erwachsenen. Nicht selten führte dieses Verhalten zu Erkrankungen des Kindes und manchmal auch zu rebellischen Kämpfen. Foto: D Sharon Pruitt. Quelle: Flickr und Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung 2.0 generisch“ (US-amerikanisch) lizenziert.

4. Eine glückliche Familie - längst kein Alltag für alle Kinder dieser Welt. Foto: cobalt123. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz. Attribution-NonCommercial-ShareAlike 2.0 Generic (CC BY-NC-SA 2.0).

5. Buchcover: »Kindheit 6.7 - Ein Manifest. Es ist höchste Zeit, mit unseren Kindern neue Wege zu gehen!« Autor: Michael Hüter. Verlag: Edition Liberi&Mundo, St. Pölten, ersch. im Aug. 2018. Paperback, 480 Seiten, ISBN-13: 978-3-200-05507-0.

6. Buchcover »Das falsche Leben. Ursachen und Folgen unserer normopathischen Gesellschaft«. Autor: Hans-Joachim Maaz. Klappenbroschur, 256 Seiten. ISBN-13: 978-3-406-70555-7. Auch als e-Book (ePub) ISBN: 978-3-406-70556-4. >> ausführliche Buchvorstellung mit Leseprobe und Videos.

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Imago
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Verbunden: 11.12.2017 - 07:51
Artgerechte Kindheit - Nachweis von Lebenstüchtigkeit

 

Ein ausgezeichneter Artikel zu einem eigentlich außerordentlich wichtigen Thema; meinen herzlichen Dank daher an den Autor!

Ich kann hier höchstens noch hinzufügen, daß wir sehr viele, ja vermutlich sogar die meisten unserer heute so gravierenden Probleme [z. B. in Sachen Umweltschutz, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, Ökonomie etc.] der Tatsache zu verdanken haben, daß [weltweit] noch immer sehr viele Menschen sich [auch aufgrund ihrer eigenen Geschichte] viel zu wenig für dieses Thema interessieren; ja daß mehr noch, nämlich eine generelle sorgfältige und gewissenhafte Innenschau in unserer nun so sehr von Äußerlichkeiten bestimmten Welt leider noch immer - eher die Ausnahme - als die Regel ist.

Unsere Bildungspolitik - wie auch unsere von Generation zu Generation überlieferten Traditionen - all dies ist bis heute gekennzeichnet von einem vorwiegend sehr einseitigen Lehrinhalt, dessen Einseitigkeit vor allem dadurch zum Ausdruck kommt, daß er fast nur eine (mehr oder weniger gute) Berufsausbildung zum Ziel hat (was dann in den Augen der meisten Menschen dann bis heute auch schon als "ausreichender Nachweis von Lebenstüchtigkeit" gilt).

Dieses Wenige wird dann bis heute noch - mit ein wenig Kunst-, Geschichts- Religionsunterricht und vielleicht auch noch mit ein wenig oberflächlicher Gemeinschaftskunde - garniert. Dem buchstäblich WESENTLICHEN aber, DEM AUFWACHSENDEN MENSCHEN, SEINER HERAN-BILDUNG (und somit auch seinen ureigenen Talenten) wird bei all dieser Massenabfertigung kaum je die Aufmerksamkeit zuteil, deren er tatsächlich bedarf.

Infolgedessen entsteht dadurch bis heute vor allem jene Sorte Mensch, die man als homo faber (als technisch versierten Menschen) bezeichnen kann, der sich aber - IN SICH SELBST - kaum auskennt, weil er so gut wie nicht gelernt hat, seinem eigenen Wesen gegenüber auch wirklich aufmerksam zu sein.

Solange er noch (einigermaßen) gesund ist, ist er allerdings ausgesprochen gut zu gebrauchen als williges kleines, möglichst gut funktionierendes Rädchen in der heutigen Industriegesellschaft, doch bei Krankheit (vor allem im Fall von mehr oder weniger stark ausgeprägten geistig-seelischen Störungen) erweist er sich nur allzu oft als völlig ratlos und ist dann gezwungen, sich an dafür zuständige Spezialisten zu wenden.

Anders die jedoch leider immer noch recht wenigen Menschen, die insgesamt betrachtet weitaus mehr der Gattung homo sapiens sapientis zuzurechnen sind; sie haben SOWOHL DIE ÄUSSERE WELT - WIE AUCH SICH SELBST und bei all dem - nicht zuletzt auch DIE LIEBE ZUR WEISHEIT kennen - und dann auf diesem Gebiet fortschreitend auch immer mehr schätzen gelernt und sind dadurch in der Lage, weitaus klüger und umsichtiger zu handeln, als es sich der so einseitig gebildete homo faber überhaupt vorstellen kann.

Die eine Art ist somit fast ausschließlich auf das Äußere im Leben und somit auf Äußerlichkeiten fixiert und giert immer wieder geradezu nach äußerer Befriedigung und ständigem Wachstum, die andere weiß hingegen vor allem auch gut über das [eigene] Innenleben und dessen Bedürfnisse Bescheid und wendet somit vor allem auch dem Wachstum und der Pflege dieses Innenbereichs seine sorgfältige Aufmerksamkeit zu.

Wer von beiden tatsächlich der Klügere ist, mag jeder für sich selbst entscheiden.

Imago, geb. 1954: Ergründet als Bildhauer & Autor interdisziplinär Achtgeben & Achtsamkeit/unsere Wahrnehmung & unser Handeln & die vielfachen daraus entstehenden Konsequenzen.

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