Aleppo – apropos Scham

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Kai Ehlers
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Verbunden: 18.07.2014 - 21:31
Aleppo – apropos Scham
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Aleppo – apropos Scham

Das Versagen“, so lautete der Leitkommentar der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zur Niederlage der „Rebellen“ in Aleppo am 17. Dezember.

Dass wir alle etwas sehen im 21. Jahrhundert“, erklärte die deutsche Bundeskanzlerin auf dem zurückliegenden Gipfel der „Europäischen Union“, „was zum Schämen ist, wo das Herz bricht, was zeigt, dass wir politisch nicht so handeln konnten, wie wir gerne handeln würden.“ (ebendort)

Ja! kann man dazu nur sagen! Ja! Es ist eine Schande, was dort in Aleppo, was heute noch in Syrien geschieht, was weiterhin dort zu geschehen droht. Aber worin besteht das Versagen? Und wer sind „wir“, die sich schämen müssten, weil sie nicht so handeln konnten wie sie wollten?

Ist es die, wie die ‚FAZ‘ weiter schreibt, „internationale Staatengemeinsaft, seit 1945 verkörpert durch die Vereinten Nationen und den Sicherheitsrat“, die sich „als nicht handlungsfähig erwiesen, also versagt hat – zumindest aus der Sicht derer, die für Syrien eine politische Lösung angestrebt hatten, und im UN-Sicherheitsrat nicht wie Russland eine Blockade durch Vetos praktizierten“, während „die ‚Sieger‘ aber auf eine militärische Lösung setzen, bei der die Zivilbevölkerung nicht verschont wird und den UN-Sicherheitsrat zur Farce degradieren.“? (ebendort,)

► Die Russen also wieder einmal?

Dazu passt, dass die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in einer Erklärung verlangten, „die Verantwortlichen für die Verstöße gegen das Völkerrecht, bei denen es sich ‚zum Teil möglicherweise um Kriegsverbrechen handelt‘ zur Rechenschaft zu ziehen.“ Die EU ziehe dazu alle verfügbaren Optionen in Betracht.

Zwar konnte man sich auf keine konkrete Option einigen, kam aber überein, Russland stattdessen „wegen der Übergriffe in der Ostukraine“ für ein weiteres halbes Jahr mit Sanktionen zu überziehen – ersatzweise sozusagen.

Bei all dem stellt sich die Frage: Wie schamlos kann man sich schämen? Auf diese Frage kann man nichts anderes als die blanken Tatsachen anführen:

Es sind die USA, die seit ihrem Eingreifen in Jugoslawien 1999 UN-Beschlüsse und –Mandate als für sie nicht bindend beiseiteschieben: Regimechange nach US-Plänen und ihren wechselnden Koalitionen der Willigen bis hin zum letzten Dominostein Syrien. Der will nun partout nicht mehr fallen, weil ein wiedererwachtes und –erstarktes Russland dem Spiel erstmals entgegentritt.

Es ist Russland, das spätestens seit dem Amtsantritt Wladimir Putins auf sämtlichen internationalen Foren, angefangen bei den Vereinten Nationen selbst, über die „Münchner Sicherheitskonferenz“ bis hin zu den öffentlichen Auftritten Putins vom eigenen Land aus immer wieder eine Reform der UN auf Basis der verbindlichen Akzeptanz der Souveränitätsrechte der Nationen einklagt.

Eben dies steht im Mittelpunkt des Konfliktes in Syrien: Russland fordert eine politische Lösung des Konfliktes auf der Basis der Achtung der Souveränität des Landes, die USA und ihre direkten und indirekten Helfer propagieren eine „Demokratisierung“ durch Intervention.

► Was konnten wir also nicht tun, was wir gern getan hätten?

Wir hätten Russlands Position des Schutzes der nationalen Souveränität aus vollem Herzen, um in der Diktion der Kanzlerin zu bleiben, unterstützen können, taten dies aber nicht – warum? Weil wir im Schlepptau der USA die völkerrechtswidrige Interventionspolitik in Syrien mitgetragen haben.

Das ist, wenn „wir“ überhaupt so reden wollen, wahrlich ein Grund zum Schämen, ganz abgesehen davon, wer „wir“ sind. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung kann mit diesem „wir“ jedenfalls nicht gemeint sein.

Kai Ehlers



► Quelle: Erstveröffentlicht auf meiner Webseite http://kai-ehlers.de/ .

► Bild- und Grafikquellen:

1. Dunkel-Magentafarbige Texttafel "NEIN zur Eskalations-Politik von BRD/NATO, medialen Kriegshetze & Russophobie, Konfrontation mit Russland."  Grafik: Wolfgang Blaschka (WOB), München.

2. John Sidney McCain III (* 29. August 1936 auf der US-Militärbasis Coco Solo in der Panamakanalzone) ist ein US-amerikanischer Politiker (Republikanische Partei) und seit 1987 Senator für den Bundesstaat Arizona. McCain gilt als weit stärker transatlantisch orientiert als sein Parteifreund George W. Bush. In einem Aufsatz in Foreign Affairs betonte McCain die Werte- und Interessengemeinschaft der USA mit Europa und hebt die Bedeutung der politischen Abstimmung mit den befreundeten Demokratien des europäischen Kontinents hervor.

Der Russophobe McCain befürwortet die Todesstrafe und ist einer der übelsten Scharfmacher und Kriegstreiber der USA. Die Politik Russlands seit Wladimir Putins Präsidentschaft kritisiert er scharf, bezeichnet das Land als „revanchistisch“ und schlug den Ausschluss Russlands aus dem Kreis der G8-Staaten vor. McCain meint, dass Angriffe auf Flugzeuge der Streitkräfte Syriens „einfach“ und mit „geringen Kosten“ verbunden seien.

John McCain - Senator, Chairman of the Senate Committee on Armed Services, United States of America - 14. Februar 2016, 12:44. Foto: © Munich Security Conference 2016 (MSC) / Mueller. Quelle: Webseite der Stiftung Münchner Sicherheitskonferenz (gemeinnützige) GmbH. Fotos der Konferenz, die zum Download angeboten werden, können entsprechend den Angaben im Impressum honorarfrei genutzt werden, soweit der Name des Fotografen genannt wird. Die Fotos sind unter der Creative Commons Attribution 3.0 Germany License lizensiert.

3. Russophobe Leitmedien (auch Qualitätsmedien genannt) haben sich dem transatlanitschen Bündnispartner USA und deren NATO-Vasallenstaaten verpflichtet und versuchen durch Lügen, Geschichtsrevisionismus und Hetze die Menschen gegeneinander auszuspielen, Vorbehalte und Ängste zu schüren und damit die politische Rechtfertigung für Maßnahmen zur Terrorabwehr, massiven Ausrüstung und immer weitergehende Überwachungsmaßnahmen zu schaffen. Karikatur: © Götz Wiedenroth, Flensburg. Herzlichen Dank für die Freigabe zur Veröffentlichung im Kritischen Netzwerk. ⇒ zur Webseite von Herrn Wiedenroth: www.wiedenroth-karikatur.de/.

4. Buchcover "Feindbild Russland. Geschichte einer Dämonisierung" von Hannes Hofbauer; 303 Seiten, 19,95 Euro; © Promedia Druck- und Verlagsgesellschaft mbH, Wien 2016; - zur ausführl. Buchvorstellung.