Equal Pay für Leiharbeit: Diskriminierende Tarifverträge ersatzlos kündigen!

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Equal Pay für Leiharbeit: Diskriminierende Tarifverträge ersatzlos kündigen!
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Equal Pay für Leiharbeit

Diskriminierende Tarifverträge ersatzlos kündigen!

von Laurenz Nurk

Die Zersplitterung des Arbeitsmarktes schreitet immer weiter voran und hat sich mit den Jahren verfestigt und eigene Strukturen entwickelt, aus denen sich teils widersprüchliche Interessen unterschiedlicher Gruppen von Beschäftigten ergeben. So neigen die noch einigermaßen abgesicherten Stammkräfte dazu, Leiharbeiter als flexible Sicherheitspuffer zu sehen und sie damit auch sozial abwerten. Für sie selbst entsteht ein exklusiver Club in den Betrieben, bei einer ausgeprägten Solidarität mit den Angehörigen der eigenen Statusgruppe. Dagegen werfen die Leiharbeiter den Stammkräften häufig vor, sich auf ihren privilegierten Stellen einen ruhigen Job zu machen und sich nur um sich selbst zu kümmern.  

Diese Spaltung wird sich so lange fortsetzen, wie die Gewerkschaften und Betriebsräte keinen solidarischen Gegenkurs steuern.

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Doch genau das Gegenteil wird derzeit vom DGB mit den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten in Leiharbeit und von der Bundesregierung mit dem Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) inszeniert.

Der Begriff Leiharbeit ist eigentlich nichtzutreffend, denn die Beschäftigten werden nicht verliehen, sondern vermietet. Das Ausmaß, das diese Arbeitsvermittlung angenommen hat ist erschreckend.

hired_fired_leiharbeit_leiharbeiter_leiharbeitnehmer_sklaverei_zeitarbeit_niedriglohn_arbeitsrecht_arbeitnehmerueberlassung_kritisches_netzwerk_equal_pay_treatment.pngKnapp eine Million Menschen werden derzeit eingesetzt, um für die Senkung der Lohnkosten um fast 40 Prozent und das Anfachen der Konkurrenz untereinander vor allem in der Metall- und Elektroindustrie zu gewährleisten. Wenn die Bundesagentur für Arbeit (BA) von einer „hohen Dynamik in der Leiharbeitsbranche“ redet, ist das wohl untertrieben, denn allein im zweiten Halbjahr 2015 wurden 691.000 Arbeitsverhältnisse neu abgeschlossen und 717.000 liefen aus bzw. wurden nicht verlängert. Dazu kommt noch, dass mehr als die Hälfte der Arbeitsverhältnisse nach weniger als drei Monaten Beschäftigungszeit endete.

Laut Manteltarifertrag gilt für die Leiharbeit eine Probezeit von sechs Monaten. In den ersten vier Wochen aber eine Kündigungsfrist von zwei Tagen, im zweiten Beschäftigungsmonat von einer Woche. Das sind Arbeitsstandards, die früher für Tagelöhner galten.

Ei­ne Bezahlung auf der Grundlage der Zeitarbeitstarifverträge ist erstmals seit dem 01.01.2004 gesetzlich zulässig und das ist auch der Grund dafür, dass seit dieser Zeit verstärkt Tarifverträge für die Zeitarbeitsbranche abgeschlossen werden.

hired_fired_moderne_sklaverei_leiharbeit_leiharbeiter_leiharbeitnehmer_kuendigung_entlassung_zeitarbeit_arbeitnehmerueberlassung_kritisches_netzwerk_equal_pay_treatment.pngMit dem Beschluss des DGB, die Tarifverhandlungen für die eine Million Beschäftigten in Leiharbeit zu eröffnen, verzichtet die Tarifgemeinschaft des DGB auf die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, den Menschen in Leiharbeit die gleichen Löhne zu gewähren, wie sie die Stammbelegschaft bei gleicher Arbeit erhält. Dazu hätte man lediglich die bestehenden Tarifverträge auslaufen lassen müssen.

Aber diese Chance hatte die DGB-Tarifgemeinschaft schon einmal vertan. Als das Bundesarbeitsgericht einer christlichen „Gewerkschaft“ für Leiharbeit die Tariffähigkeit 2010 aberkannte, hätte die DGB-Tarifgemeinschaft einfach die Tarifverträge kündigen können. Die befürchtete tariffreie Zone hätte es nicht gegeben, da der gesetzliche Grundsatz der Lohngleichheit wieder in Kraft getreten wäre und der weitere Ausbau des Niedriglohnsektors und der Abbau von Arbeitsrechten hätte gestoppt werden können.

Der DGB hat dies aber nicht getan, wohlwissend, dass der Niedriglohnsektor und flexible arbeitsvertragliche Regelungen wichtigste Garanten für den Profit aus den Exporterlösen vor allem in der Metall- und Elektroindustrie sind und das auch so bleiben soll.

So wundert es nicht wirklich, dass der DGB und auch die IG Metall das am 21.10.2016 vom Bundestag verabschiedete Gesetz für die Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) begrüßen. Dort ist zwar der Grundsatz der Lohngleichheit im § 9 festgeschrieben, aber es gelten von dem Grundsatz der gleichen Bezahlung von Leiharbeitnehmern und Arbeitnehmern des Entleiherbetriebs zwei Ausnahmen:

  • Die erste Ausnahme ist gegeben, wenn ein Tarifvertrag Regelungen vorsieht, die von dem Grundsatz des “Equal Pay” bzw. “Equal Treatment” abweichen. Weiterhin ist das Zeitarbeitsunternehmen an den Tarifvertrag gebunden, weil es entweder Mitglied in dem Arbeitgeberverband ist, der den Tarifvertrag abgeschlossen hat oder weil es ihn selbst im eigenen Namen abgeschlossen hat (Firmentarif, Haustarif) und schließlich ist auch der Arbeitnehmer tarifgebunden, weil er der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft angehört.
  • ausbeutung_ausnutzung_leiharbeit_zeitarbeit_sklaverei_lohnsklave_equal_pay_treatment_armut_mindestlohn_hartz_4_iv_altersarmut_menschenwuerde_kritisches_netzwerk.jpgDie zweite Ausnahme trifft dann zu, wenn es einen Tarifvertrag speziell für die „Branche“ der Zeitarbeit gibt, doch entweder das Zeitarbeitsunternehmen oder der Arbeitnehmer oder sogar beide Vertragsparteien nicht tarifgebunden sind. Dafür aber wird der Tarifvertrag durch eine arbeitsvertragliche Bezugnahme für anwendbar erklärt.

Die Tarifverträge, die normalerweise eine Verbesserung bei Entgelt, Arbeitszeit und Arbeitsschutz bieten, verhindern bei der Leiharbeit das verbriefte Equal-pay-Gebot.

Wenn dann noch die Steilvorlage zur Umgehung des Equal-pay-Gebots direkt im AÜG-Entwurf mitgeliefert wird und der Grundsatz im § 9: „Unwirksam sind Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer schlechtere, als die für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen“, mit dem Passus „Ein Tarifvertrag kann abweichende Regelungen zulassen“, komplett ausgehebelt wird, wird die moderne Sklaverei der Leiharbeit, mit Zustimmung des DGB, weiter gehen.

Laurenz Nurk, Dortmund (Quellen: BA, Ossietzky)
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► Quelle: Erstveröffentlicht am 28.10.2016 auf gewerkschaftsforum-do.de > Artikel. Die Texte (nicht aber Grafiken und Bilder) auf gewerkschaftsforum-do.de unterliegen der Creative Commons-Lizenz (CC BY-NC-ND 3.0 DE), soweit nicht anders vermerkt.

► Bild- und Grafikquellen:

1. Leiharbeiter_Innen als flexible Sicherheitspuffer sind oftmals sozial abgewertet. Wenn der Mohr bei gleicher Arbeitsleistung seine Pflicht erfüllt hat, ein Fingerschnipp und hinweg mit ihm. Foto: geralt  / Gerd Altmann  •  Freiburg. Quelle: Pixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden.

2. YOU´RE HIRED. Foto: geralt  / Gerd Altmann  •  Freiburg. Quelle: Pixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden.

3. YOU´RE FIRED. Foto: geralt  / Gerd Altmann  •  Freiburg. Quelle: Pixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden.

4. FOR SALE: Arbeitskraft, also der Mensch, wird zur Ware. Unter Equal Pay („Gleiche Bezahlung“) versteht man in der Arbeitnehmerüberlassung die Forderung, einem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher ein Arbeitsentgelt in gleicher Höhe zu zahlen wie einem vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers. Damit unterscheidet sich Equal Pay von Equal Treatment. Equal Treatment bedeutet die Gleichbehandlung von Leiharbeiter und Stammmitarbeiter, z. B. bei Prämien, Urlaubsansprüchen aber auch Zugang zu Kantine und Nutzung von Einrichtungen wie Betriebskindergarten.

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) stellt rechtliche Regeln für die Zeitarbeit auf. Nach § 10 Abs. 4 AÜG ist der Verleiher verpflichtet, "dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren." Das AÜG fordert also grundsätzlich, Leiharbeitnehmer und Stammarbeitnehmer gleich zu behandeln (Equal Treatment), doch die Realität sieht anders aus.

Foto: Andreas / andreas160578. Quelle: Pixabay. Alle bereitgestellten Bilder und Videos auf Pixabay sind gemeinfrei (Public Domain) entsprechend der Verzichtserklärung Creative Commons CC0. Das Bild unterliegt damit keinem Kopierrecht und kann - verändert oder unverändert - kostenlos für kommerzielle und nicht kommerzielle Anwendungen in digitaler oder gedruckter Form ohne Bildnachweis oder Quellenangabe verwendet werden.

5. "Große Koalition der Lohndrücker". Grafik: Wilfried Kahrs / QPress.de.

6. IG-Metal: Mitglieder nicht Hängenlassen. Nur Lohnabschlüsse, die über der Inflationsrate plus der Zunahme der Arbeitsproduktivität liegen, können zu einer Umverteilung von Oben nach Unten führen. Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs / QPress.de .