

Merkels Pakt mit dem Terror
Der Fall Erdoğan: Ein Buch über die deutsche Demokratie
Buchtitel: "Der Fall Erdoğan - Wie uns Merkel an einen Autokraten verkauft"
Buchautor: Sevim Dağdelen / Verlag: Westend
Immer noch leisten deutsche Soldaten Dienst auf dem NATO-Luftwaffenstützpunkt Incirlik in der Türkei. Immer noch starten deutsche Tornado-Jets von dort aus zu „Aufklärungsflügen“ in den Himmel über Syrien und den Irak. Aufgeklärt werden die Zielkoordinaten in einem völkerrechtswidrigen Krieg. Von einem Flughafen aus, der im Machtbereich des türkischen Despoten Erdoğan liegt. Eines guten Freundes der deutschen Kanzlerin: Recep Tayyip Erdoğan, der Präsident der Türkei, der an einer Restauration der osmanischen Türkei arbeitet. Der sein Herrschaftsgebiet auf Syrien ausdehnen will. Der auch in den Irak marschiert, dort vermeintlich einen Kampf gegen den Terror führt, und der durch ein konsequentes Wegsehen seiner NATO-Partner gedeckt wird. Über diesen Mann schreibt Sevim Dağdelen, die Frau aus Duisburg mit den kurdischen Wurzeln. Die Bundestagsabgeordnete, die kein Blatt vor den Mund nimmt. Über den „Fall Erdoğan“, über dessen Gelüste in der Türkei, über dessen Projekte in Deutschland, und über sein NATO-Geflecht.
Ganz zu Beginn ihres Buches zitiert die Autorin ein Bonmot: Es sähe so aus, erzählte ihr ein Freund aus Zypern, als ginge es der deutschen Kanzlerin nicht um einen Beitritt der Türkei zur EU, sondern um einen Beitritt der EU zur Türkei. Es treibt sie um, die Abgeordnete des deutschen Bundestages: Das deutsch-türkische Verhältnis. „Ein Verhältnis,“ ist bei ihr zu lesen, „das von einer zunehmenden Unterwürfigkeit insbesondere der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihres Außenministers Frank-Walter Steinmeier gegenüber einer autokratisch regierten Türkei im Allgemeinen und ihrem Präsidenten Erdoğan im Besonderen geprägt ist.“
Und sie zitiert den türkischen Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk zur aktuellen Türkei: „Die Gedankenfreiheit existiert nicht mehr. Wir bewegen uns mit großer Geschwindigkeit von einem Rechtsstaat zu einem Terrorregime.“ Und während Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und Norbert Röttgen (CDU) in den Medien sonst gern und schnell zur Verteidigung der Menschenrechte aufrufen, ist es um die Türkei seltsam still. Es ist eine Grabesstille, in der leise ein türkischer Trauermarsch erklingt, und deren verwehte Glocken von einer Beerdigung deutscher Demokratie künden.
Sachbücher sind nicht unbedingt für die Qualität ihrer Sprache bekannt, aber wenn die Autorin von ihrer Sorge schreibt, dass die aktuellen türkischen Verhältnisse die deutschen vergiften könnten, dann ist ihr Auge unbestechlich und ihre Wortwahl unverwechselbar: Ein „Sittengemälde der unkomfortablen Situation der Kanzlerin“ erblickt sie, wenn sie ein Treffen von Merkel und dem damaligen türkischen Außenminister Ahmet Davutoğlu skizziert. Von „abgewetzten, schmutzigbraunen, zu niedrigen Ledersesseln“ weiß sie zu berichten und sieht nicht nur ein „schmieriges Lächeln“ bei Davutoğlu, sondern notiert es auch.
Es ist Leidenschaft, die aus Sevim Dağdelen spricht, es ist die Sorge um Deutschland, die der Frau die Zornesröte ins Gesicht und in die Sprache treibt. Und der Grund für ihren Zorn ist bekannt: Der schmutzige Flüchtlings-Deal der Kanzlerin mit Erdoğan dem Despoten. Sie straft die EU-Kommission Lügen, wenn die behauptet, das Kriterium einer unabhängigen Justiz in der Türkei sei erfüllt. Sie widerlegt den deutschen Innenminister de Maiziere als Märchenerzähler, wenn der erklärt, die Grenze der Türkei sei zu lang und zu unübersichtlich, um den Nachschub des IS aus der Türkei zu unterbinden und hält ihm voller Empörung entgegen, dass Ankara sehr wohl die Grenzen dicht machen konnte, wenn es um humanitäre Hilfe für die kurdischen Selbstverteidigungskräfte ging, die im Überlebenskampf gegen den „Islamischen Staat“ standen.