Steinmeiers Neue Heimat
Die Innere Einheit geht nur an Feiertagen
Steinmeier? Steinmeier? Kennen Sie nicht? Verständlich. Man hatte den Eindruck gewonnen, dass der Mann nach dem 12. Februar 2017 verschwunden war. Denn da wurde er von einer scheinbar bunten Mischung aus CDU, SPD, GRÜNEN und FDP zum Bundespräsidenten gewählt. Und dann war er weg. Jedenfalls aus der Öffentlichkeit. Spielte er hinter den Mauern des Schlosses Bellevue Skat? Arbeitete er an Putschplänen zum Sturz Angela Merkels?
Oder schrieb er Tipps für Martin Schulz, so von Sozialdemokrat zu Sozialdemokrat, denn auch Steinmeier hatte mal für den Kanzler-Job kandidiert. Er wusste wie man verliert. Falsch. Alles falsch. Steinmeier saß schon seit Monaten an seiner Rede zum Tag der Deutschen Einheit. Und als man sie dann hörte oder las, die Rede, wünschte man ihm doch ein paar nette Skatrunden auf Staatskosten.
+++Um die innere Einheit unseres Landes macht sich der Bundespräsident Sorgen.+++
+++Um die Einheit der Kinder ohne Pausenbrot mit den Kindern, die ihren ersten Brillanten für´s Ohr schon zum Schulstart bekommen?+++
+++Um die Einheit der Kunden bei der Kaviar-Verkostung mit den Kunden, die an den Märkten nach abgelaufenen Lebensmittel-Packungen für umsonst fragen?+++
+++Um die Einheit der Rolex-Sammler und der Pfandflaschen-Sammler? Was verdammt soll die verbinden?+++
„Das freie und gleiche Wahlrecht verbindet uns – und das spüren wir jedes Mal, wenn wir mit unseren Nachbarn in der Schlange vor der Wahlkabine stehen“, antwortet Steinmeier. Er, der von einer übergroßen Koalition aus Dienstwagen-Fahrern ins Amt gehievt wurde, spürt eine Verbindung zu denen, deren Recht der Wahl immer aufs Neue durch beliebige Koalitionen entwertet wird? Da muss er aber feine Sinne haben. So feine Sinne, dass sie sogar ins Internet reichen. Denn er erspürt selbst „Mauern rund um die Echokammern im Internet“. Die gepolsterten Mauern rund um die Chefetagen der Medien, die immer nur das gleiche Echo auf den Regierungssprecher herstellen, können ihm nicht auffallen. Denn was er dort sieht, liest oder hört, das könnte auch von ihm formuliert sein.
Und weil ihm die hundertfache Wiederholung des Wortes „alternativlos“ einfach nicht auffallen will, weil ihn das nicht wütend macht, da fällt ihm lieber ein, „dass Wut am Ende die Übernahme von Verantwortung nicht ersetzt.“ Gerade in diesen Tagen wird wieder viel Verantwortung übernommen: Immer gern und auch in Jamaika: Regierungsverantwortung. Das ist die Verantwortung, die sich in Posten und Pöstchen auszahlt. In Diäten und Pensionen.
Die Verantwortung für eine Mörderbande namens NSU, eine Bande die durch unsere Heimat tobte, um unsere Erde mit Blut zu besudeln. Feige, hinterhältig, noch bis in den Gerichtssaal eine Mischung aus blöd und auch noch stolz darauf. Verantwortung? Unmittelbar nach Steinmeiers Rede tagten jene Geheimdienste, die rund um die NSU-Mörder 40 V-Männer und V-Frauen platziert hatten. Hat jemand von diesen Dienstgesichtern, diesen Fleisch gewordenen Sicherheits-Risiken, auch nur einer irgendeine Verantwortung übernommen? Nein. Wie ihr Hätschelkind Zschäpe, ihre mit der Steuergeld-Flasche groß gezogene Freizeit-Agentin, plädieren sie schon jetzt auf nicht schuldig.
„Diesem Land anzugehören, bedeutet Anteil an seinen großen Vorzügen, aber eben auch an seiner einzigartigen historischen Verantwortung.“ Da ist sie wieder, die Verantwortung. Millionen und Abermillionen Tote sind im Ergebnis des von Deutschland losgetretenen Weltkrieges zu betrauern. Wer diese Verantwortung als Erbe bekommen und begriffen hat, der müsste jene deutschen Soldaten, die sich in fremden Ländern herumtreiben, schnellstens nach Hause holen, müsste die Rüstungsindustrie in Acht und Bann tun, statt ihren Vertretern auf Empfängen des Präsidialamtes freundlich die Hände zu schütteln.
Frank-Walter Steinmeier (SPD) war ein Konsens-Kandidat von Merkels und Seehofers Gnaden. Sein Außenminister-Amt musste er hergeben, damit der von Narzissmus gequälte Sigmar Gabriel nach seinem Verzicht auf die Kanzlerkandidatur nicht ins Bodenlose fällt. Und so ist Hartz-IV-Mitgestalter Steinmeier das Produkt von der im Volk extrem unbeliebten Pöstchenschieberei und der kleinste gemeinsame Nenner einer abgehobenen Politikerkaste.
Der Bundespräsident, im Volksmund auch gerne als "Grüßaugust" bezeichnet, erhält Amtsbezüge in Höhe von 10/9 des Amtsgehalts des Bundeskanzlers, das sind (Stand 2017) 236.000 Euro jährlich. Hinzu kommen 78.000 Euro Aufwandsgeld (Aufwandsentschädigung), aus dem auch die Löhne des Hauspersonals für die freie, voll eingerichtete Amtswohnung des Bundespräsidenten zu zahlen sind. Die Bezüge nach dem Ausscheiden aus dem Amt regelt das Gesetz über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten (BPräsRuhebezG). Danach werden die Amtsbezüge mit Ausnahme der Aufwandsgelder auf Lebenszeit gewöhnlich als Ehrensold weitergezahlt.
_____________________________
Einmal, fasst unversehens, nähert sich Steinmeier der Wirklichkeit, da hat er einen aus dem Osten getroffen und der sagt ihm: "Mein Betrieb ist pleite, mein Dorf ist leer. Es ist ja gut, dass Ihr Euch um Europa kümmert – aber wer kümmert sich um uns?" Doch dieser kurze Blick auf eine unliebsame Realität wird sogleich in die Belanglosigkeit versendet: „Das hören wir nicht gern an einem Feiertag.“ Als ob die Sorte Steinmeier das an Werktagen gern hören wollten.
„Wo Heimat ist, da gibt es viel zu erzählen“, erzählt uns Steinmeier in der Feiertags-Rede und erzählt und erzählt. Das Wort Heimat kommt allein 19 Mal in seinem Manuskript vor. Flugs will die CDU daraufhin ein Heimat-Ministerium einrichten. Warum nicht gleich ein Heimatschutzministerium wie die USA? Diesen von George W. Bush gegründeten Staatssicherheitsdienst, dessen Kraken-Arme bis heute in jeden privaten Computer langen. Die grausige verbale Nähe zum „Thüringer Heimatschutz“, dem Geburtshelfer des NSU, muss den USA-Schützern nicht auffallen, bei Steinmeier ist der Blick auf solche Ähnlichkeiten durch eine stattliche Apanage und durch einen luxuriösen Dienstsitz verstellt.
Wer ein Ministerium für die Heimat braucht, der hat keine. Das gilt auch für Frank-Walter Steinmeier, den Architekten der Agenda 20/10, der den Arbeitslosen im Land eine neue Heimat in den Jobcentern verheißen hat. Da sitzen sie nun in den Wartesälen und warten auf eine Heimat, die ihnen Arbeit gibt. Nicht Almosen und auch nicht Geschwätz.
Ulrich Gellermann, Berlin
► Quelle: erstveröffentlicht bei RATIONALGALERIE >> Artikel vom 09. Oktober. 2017
► Bild- und Grafikquellen:
1. Steinmeier? Steinmeier? Kennen Sie nicht? Verständlich. Man hatte den Eindruck gewonnen, dass der Mann nach dem 12. Februar 2017 verschwunden war. Denn da wurde er von einer scheinbar bunten Mischung aus CDU, SPD, GRÜNEN und FDP zum Bundespräsidenten gewählt. Und dann war er weg. Jedenfalls aus der Öffentlichkeit. Bildbearbeitung: Wilfried Kahrs.
2. Standarte des Bundespräsidenten mit dem Bundesadler. Das Originalbild stellt das Wappen einer deutschen Körperschaft des öffentlichen Rechts dar. Nach § 5 Abs. 1 UrhG (Deutschland) sind amtliche Werke wie Wappen gemeinfrei. Der Kopf der Adlerfigur wurde durch Wilfired Kahrs (WiKa - QPress) gegen den von Frank-Walter Steinmeier ausgetauscht.
3. Der heutige Bundespräsident und damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier bei der MSC, Feb. 2014. Foto: Tobias Kleinschmidt. Dieses Bild wurde von der Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik unter der Lizenz Creative Commons Attribution Deutschland 3.0 auf der Webseite www.securityconference.de veröffentlicht. Entsprechend den Angaben im Impressum können die Bilder unter dieser Lizenz verwendet werden, solange der Name des Fotografen genannt wird. (siehe auch Wikimedia Commons).
4. DEM DEUTSCHEN VOLKE - BND & NSA. Karikatur von Kostas Koufogiorgos. Koufogiorgos wurde 1972 in Arta, Griechenland geboren, studierte nach dem Abitur 1989 Wirtschaftswissenschaften an der Universität von Athen und begann zeitgleich als Karikaturist für verschiedene griechische Zeitungen und Magazine zu arbeiten. Seit dem Umzug 2008 nach Deutschland veröffentlicht er seine Karikaturen in verschiedenen Tages-, Wochen- und Online-Zeitungen. Des Weiteren findet man seine Arbeiten in Magazinen (z. B. „Nebelspalter“, „Der Spiegel“), Fach- und Gewerkschaftszeitungen (z. B. „Allgemeine Hotel und Gastronomiezeitung“, „vida“), Onlineportalen (z.B. „web.de“, „gmx.de“), und Bildungsmedien.
2008 wurde sein Buch „Minima Politika“ (mit Wolfgang Bittner) veröffentlicht, 2011 folgte „Frau Schächtele will oben bleiben“ (mit Monika Spang). 2012 erhielt er eine Auszeichnung beim Deutschen Preis für die politische Karikatur „Mit spitzer Feder“. In Griechenland ist er der Karikaturist der Athener Tageszeitung „Eleftherotypia“. Kostas Koufogiorgos lebt mit Ehefrau und Kater in Stuttgart- Bad Cannstatt. Webseite >> www.koufogiorgos.de >> Facebook: www.facebook.com/koufogiorgos .
5. Buchcover "Die Macht um Acht. Der Faktor Tagesschau"; Autoren: Uli Gellermann, Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam; Verlag: PapyRossa Verlag, Köln; ISBN 978-3-89438-633-7.
6. SPD-Genossen heißen ab sofort "Korrumpel". Grafik: Wilfried Kahrs (WiKa) >> QPRESS.de .