Atomkrieg ist machbar
US-Präsident droht Nordkorea atomar
Wie anders soll man Trumps Drohung mit „Feuer, Wut und Macht, wie die Welt es so noch nicht gesehen hat" gegen Nordkorea begreifen als eben atomar? Und kaum jemand scheint für diese Aggression geeigneter als die nordkoreanische Erbmonarchie, die sich selbst "sozialistisch" nennt. Über Jahrzehnte war und ist sie die unverzichtbare Schreckensfigur deutscher Medien. Sie soll zwischenzeitlich sogar schon als Kinderschreck dienen: „Wenn Du nicht alles aufisst, holt dich der böse Kim!“ Welcher Kim auch immer gerade dran ist.
Nun also, im aktuellen Streit zwischen den USA und Nordkorea, haben die Koreaner gedroht, ihre neueste Rakete, von der keiner so recht weiß ob es sie gibt und wie sie ausgerüstet ist, gegen den US-Militärstützpunkt auf der Insel Guam zu richten. Schauder! Horror! Die vereinigten deutschen Medien schaudern mit.
Auch Menschen mit ausgezeichnetem Gedächtnis können sich nicht erinnern, dass dieselben deutschen Medien vom Schauder erfasst waren, als vom Stützpunkt Guam (Andersen AFB) aus der US-Verbrecherkrieg gegen Vietnam geführt wurde. Auch gab es keine Schreckensmeldungen, als Guam zum Stop-Over der US-Luftwaffe im Krieg gegen den Irak genutzt wurde. Und während jedes atomare Gerücht rund um Nordkorea in deutschen Medien zum Feuersturm aufgeblasen wird, schwieg die Medienfront beflissen, als ein B-2-Bomber der USA – immer gern auf Guam gesehen – eine Atombombe vom Typ B61-11 mal probehalber abwarf. Der Stützpunkt Guam ist, anders als Nordkorea, schon mehrfach eine Bedrohung für die Menschheit wahr geworden.
Seit der Debatte um die Krim haben sich die deutschen Medien zu Insel-Spezialisten entwickelt. Selbst im Feuilleton weiß der Herr Redakteur, wie man das schwere Wort "Annexion" schreibt. Am Wort "Sezession" scheitert er dann zumeist. Doch zum Status der Insel Guam schweigt man sich gerne aus. Obwohl doch, ta-ta-ta-taaa, ein gewisser Donald Trump das Staatsoberhaupt der Insel ist. Wie mag er das geworden sein? Durch Akklamation? Durch Proklamation? Oder gar Reklamation? Nein, nein, auf die gute alte US-Art durch Usurpation: Als der 2. Weltkrieg für die Japaner verloren gegangen war, haben die US-Truppen die japanischen Okkupanten der Insel gegen eine eigene Besetzung ausgewechselt. Seit dieser Zeit ist Guam ein „Nichtinkorporiertes US-amerikanisches Außengebiet“. Völkerecht ist so schwierig, merkt der Herr Redakteur an. Und zwar ganz sicher dann, wenn die USA entscheiden, was Recht oder Unrecht ist.
„Möge ewiger Frieden über uns regieren - Möge des Himmels Gnade über uns kommen - Gegen alle Gefahren, verlass uns nicht - Gott schütze unsere Insel Guam“. So lautet die Nationalhymne der Insel und man singt sie gern auf Chamorro, der eigentlichen Sprache der Insulaner. Man ist seit der spanischen Herrschaft katholisch, und vielleicht hilft das ja. Ziemlich gläubig war auch Rhee Syng-man, der Nachkriegs-Präsident Koreas, der als zeitweiliger Leiter einer US-Methodistenschule den USA als Sachwalter ihrer Interessen in Korea diente. Seine Polizei war für Folter und Brutalität bekannt. Das hinderte die USA keineswegs, ihn zum Manager ihres Verständnisses von „Nation Building“ in Korea zu machen. Spätestens ab hier klinkt sich der gewöhnliche Redakteur in der außenpolitischen Redaktion aus: Wer will schon so genau wissen, dass die Zweiteilung der Welt, in deren Ergebnissen auch die heutige Situation in Korea entstanden ist, keineswegs eine rein demokratische Angelegenheit gewesen ist?
Nun darf der Redakteur ein Showdown zwischen Donald Trump und Kim Jong-Un für sein Medium inszenieren. Schon weiß die DIE WELT: „Das würde in den Minuten nach Kims Angriff geschehen“ und sie behauptet damit, dass es die Koreaner sind, die angreifen werden. Solche Weisheiten destilliert der WELT-Redakteur aus der ihm offenkundig unbekannten Geschichte der USA. Ähnlich dumm aber fast noch grausiger kommt uns SPIEGEL-online: „Es kann zum Krieg kommen - das gehört zur Wahrheit: Beide Führer, Kim und Trump, gelten als impulsiv, am Ende kann eine Kurzschlussreaktion den Ausschlag geben. Wenn Washington sich für Gewalt entscheidet, bleiben mehrere Möglichkeiten: Die USA könnten etwa ein Attentat auf Kim verüben oder gezielt nordkoreanische Waffenlager beschießen.“ Wie schön: Die Hamburger Militär-Redaktion gibt dem „impulsiven“ Trump phantasievolle Ratschläge.
Doch die SÜDDEUTSCHE und ihr Kriegsberichterstatter Stefan Kornelius lassen sich in ihren Gewaltphantasien nicht übertreffen. Der berühmte Wissenschaftler Kornelius entdeckt in Zusammenhang mit Nordkorea einen „Urinstinkt nach Abschreckung“. Hier paart sich schlechtes Deutsch mit böser Absicht. Und so sorgt er sich um Trumps „Glaubwürdigkeit“. Wenn er die bewahren wolle, müsse er handeln. Da tropft die Kriegsbegeisterung in langen Fäden auf die Tasten. Wer solche Medien hat, der ist schon nuklear verseucht.
Ulrich Gellermann, Berlin
► Quelle: erstveröffentlicht bei RATIONALGALERIE > Artikel vom 14. August 2017
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1. Kim Jong-un ist der Diktator Nordkoreas, Vorsitzender des Komitees für Staatsangelegenheiten der DVRK, Oberbefehlshaber der Koreanischen Volksarmee und Vorsitzender der Partei der Arbeit Koreas sowie seit 29. Dezember 2011 der sogenannte „Oberste Führer“ der Demokratischen Volksrepublik Korea („Nordkorea“). Er ist der dritte und jüngste Sohn seines am 17. Dezember 2011 verstorbenen Vorgängers Kim Jong-il und wurde bereits am 27. September 2010 zum General ernannt. Er folgte seinem Vater nach dessen Tod in den Führungspositionen nach. Artwork by Digi-Artist Surian Soosay. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0).
2. Eine B-52 über Guam. Die Andersen Air Force Base (kurz Andersen AFB) ist ein Stützpunkt der US Air Force auf der pazifischen Insel Guam. Die Basis liegt an der Nordspitze der Insel, ca. 25 km von der Hauptstadt Hagåtña entfernt. Heute dient Andersen AFB als vorgeschobene Logistik- und Nachschubbasis, wichtig ist sie bei Übungen im und Truppenverlegungen in den Südwestpazifik oder Indischen Ozean. Foto / Urheber: U.S. Air Force photo by Master Sgt. Kevin J. Gruenwald. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist ein Werk eines Angestellten der U.S. Air Force, das im Verlauf seiner offiziellen Arbeit erstellt wurde. Als ein Werk der Regierung der Vereinigten Staaten ist diese Datei gemeinfrei.
3. Die Demokratische Volksrepublik Korea, besser bekannt als Nordkorea, ist ein Staat in Ostasien. Er wurde am 26. August 1948 proklamiert und umfasst den nördlichen Teil der Koreanischen Halbinsel. Nordkorea, obwohl offiziell demokratisch, wird diktatorisch regiert und gilt als das weltweit restriktivste politische System der Gegenwart.
Im Norden grenzt Nordkorea an die Volksrepublik China, im äußersten Nordosten an Russland. Nordkoreas Westgrenze bildet das Gelbe Meer, im Osten umgibt das Japanische Meer das Land. Im Süden bildet die Militärische Demarkationslinie in der Mitte der demilitarisierten Zone die faktische Grenze zu Südkorea (Republik Korea). Pjöngjang, auch Pyongyang geschrieben, ist die Hauptstadt der Demokratischen Volksrepublik Korea (Nordkorea) und liegt im Südwesten des Landes. Sie steht unter zentraler Verwaltung der Regierung. Foto: Flickr-user (stephan). Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0).
4. Die Freiheitsstatue (englisch Statue of Liberty, offiziell Liberty Enlightening the World, auch Lady Liberty; französisch La Liberté éclairant le monde) ist eine von Frédéric-Auguste Bartholdi geschaffene neoklassizistische Kolossalstatue bei New York. Sie steht auf Liberty Island im New Yorker Hafen, wurde am 28. Oktober 1886 eingeweiht und ist ein Geschenk des französischen Volkes an die Vereinigten Staaten. Die Statue ist seit 1924 Teil des Statue of Liberty National Monument und seit 1984 als Weltkulturerbe der UNESCO klassifiziert.
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5. Buchcover: "Die Macht um Acht. Der Faktor Tagesschau" von Uli Gellermann, Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam; PapyRossa Verlag, Köln; ISBN 978-3-89438-633-7. >> zur ausführlichen Buchvorstellung.