GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp

GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp Feed abonnieren GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp
Hier finden Sie wichtige Informationen und Nachrichten zum Arbeitslosengeld II / Bürgergeld. Ein unabhängiges Redaktionsteam stellt die Nachrichten und Ratgeberseiten zusammen. Wir möchten eine Art Gegenöffentlichkeit schaffen, damit Betroffene unabhängige Informationen kostenlos erhalten können.
Aktualisiert: vor 16 Minuten 5 Sekunden

Rente: Neuer Quellsteuerabzug von der Bruttorente

6. Oktober 2024 - 15:58
Lesedauer 3 Minuten

In den kommenden Jahren könnten viele Rentnerinnen und Rentner in Deutschland von einer signifikanten Kürzung ihrer monatlichen Nettorente betroffen sein.

Der Grund: Es gibt Überlegungen, einen direkten Steuerabzug auf Renteneinkünfte einzuführen, sagt der Rechtsanwalt und Rentenexperte Peter Knöppel aus Halle.

Dies würde bedeuten, dass die Rente bereits vor ihrer Auszahlung um die fällige Steuer gekürzt wird, ähnlich wie es bei Löhnen und Gehältern bereits der Fall ist. Doch was genau steckt hinter diesen Plänen und welche Auswirkungen könnten sie auf die Rente haben?

Was ist der Hintergrund dieser Überlegungen?

Das Bundesfinanzministerium hat in der Vergangenheit Expertenkommissionen eingesetzt, um verschiedene Vorhaben der Besteuerung zu untersuchen.

Eine dieser Kommissionen widmet sich der Frage, wie Rentner und Rentnerinnen zukünftig steuerlich entlastet und gleichzeitig die Finanzämter entlastet werden können.

Der Vorschlag einer solchen Kommission ist es, die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung für Rentner zu streichen, dafür aber im Gegenzug eine Quellensteuer auf Renteneinkünfte einzuführen.

Diese Quellensteuer würde direkt von den Rentenversicherungsträgern – wie der Deutschen Rentenversicherung oder privaten Rentenversicherungen – einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Dies bedeutet, dass Rentner weniger Rente auf ihrem Konto haben, da die Steuer bereits automatisch abgezogen wurde.

Warum wird eine Quellensteuer auf Renten diskutiert?

Die Diskussion um eine Quellensteuer auf Renten hat mehrere Beweggründe. Zum einen sollen Rentner von der oft komplizierten Steuererklärung entlastet werden. Viele Rentner sind unsicher, ob und wie sie eine Steuererklärung abgeben müssen, was zu Unsicherheiten und Fehlinformationen führt.

Ein weiteres Argument für die Einführung einer direkten Besteuerung ist die Entlastung der Finanzämter, sagt der Rentenexperte.

Derzeit gibt es eine hohe Anzahl an Steuerbescheiden, die falsch sind oder korrigiert werden müssen. Laut Bundesfinanzministerium wurden im Jahr 2024 über 2 Millionen fehlerhafte Steuerbescheide festgestellt und korrigiert. Dies zeigt, dass die Bearbeitung von Steuererklärungen – gerade bei Rentnern – eine erhebliche Arbeitslast darstellt.

Welche Auswirkungen hat ein direkter Steuerabzug auf Rentner?

Sollte die Quellensteuer auf Renten tatsächlich eingeführt werden, hätte dies direkte Konsequenzen für Millionen von Rentnern in Deutschland. Der monatliche Auszahlungsbetrag der Rente würde sinken, da die Steuer direkt von der Rente abgezogen wird, bevor sie auf das Konto der Rentner überwiesen wird.

Dies könnte insbesondere Rentner treffen, die knapp über dem steuerfreien Existenzminimum liegen und bisher keine Steuererklärung abgeben mussten, warnt der Rentenberater. Die Rente würden nun automatisch besteuert, ohne dass sie die Möglichkeit haben, dies im Rahmen einer Steuererklärung zu beeinflussen oder abzuwenden, so Knöppel.

Lesen Sie auch:

Gibt es Möglichkeiten für Rentner, sich gegen die Steuerabzüge zu wehren?

Obwohl der Vorschlag vorsieht, dass Rentner keine Steuererklärung mehr abgeben müssen, bleibt diese Möglichkeit jedoch bestehen. Rentner könnten also weiterhin eine Steuererklärung abgeben, um abzugsfähige Posten wie außergewöhnliche Belastungen oder Werbungskosten geltend zu machen. In vielen Fällen könnte dies zu einer Rückerstattung der einbehaltenen Steuer führen.

Allerdings bleibt die Frage, ob dies den gewünschten Effekt der Entlastung der Finanzämter tatsächlich erreicht. Denn wenn viele Rentner trotz der Einführung einer Quellensteuer weiterhin eine Steuererklärung abgeben, bleibt der Arbeitsaufwand für die Finanzämter bestehen, sagt der Experte.

Wie wahrscheinlich ist die Einführung der Quellensteuer?

Derzeit ist noch unklar, ob und wann die Quellensteuer auf Renten eingeführt wird, sagt auch der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt. Die Bundesregierung habe zwar in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion im Jahr 2022 signalisiert, dass sie dem Vorschlag grundsätzlich offen gegenübersteht. Allerdings sind umfangreiche Vorbereitungen notwendig, bevor ein solches System überhaupt  implementiert werden könnte, so Anhalt.

Die Ampelkoalition hat bislang keine endgültige Entscheidung getroffen, ob die Quellensteuer noch in dieser Legislaturperiode eingeführt wird. “Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Diskussion in den kommenden Jahren weitergeführt wird, da die Frage der Rentenbesteuerung eine zunehmende Dringlichkeit erfährt”, sagt der Sozialrechtsexperte.

Was sollten Rentner jetzt tun?

Auch wenn die Einführung einer Quellensteuer auf Renten noch nicht beschlossen ist, sollten sich Rentner auf mögliche Änderungen einstellen. Es ist ratsam, sich frühzeitig über die eigenen steuerlichen Pflichten und Rechte zu informieren und gegebenenfalls eine Steuerberatung in Anspruch zu nehmen.

Zudem bleibt abzuwarten, wie sich die politischen Entscheidungen in den nächsten Jahren entwickeln.

Der Beitrag Rente: Neuer Quellsteuerabzug von der Bruttorente erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Hinterbliebenenrente: Einfache aber wichtige Regeln, um die Witwenrente zu bekommen

6. Oktober 2024 - 15:47
Lesedauer 3 Minuten

Die Hinterbliebenenrente, landläufig als Witwer- oder Witwenrente bekannt, hat diverse Voraussetzungen. Zu diesen zählen nicht nur der Versicherungsstand des oder der Verstorbenen, sondern auch der Zeitpunkt der Eheschließung, ob Sie wieder geheiratet haben, die Dauer der Ehe, ob sie gemeinsame Kinder großziehen oder erwerbsfähig sind.

Wir zeigen die wichtigsten Regelungen, damit Sie eine Übersicht in diesem Wirrwarr erhalten.

Regel 1: Der Anspruch auf Hinterbliebenenrente

Ein Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente besteht in der Regel, wenn der verstorbene Ehe-oder Lebenspartner mindestens fünf Jahre bei der Rentenversicherung angerechnet bekommt, oder bereits in Rente war.

Zudem müssen Sie bis zum Tod des Partners mit ihm / ihr verheiratet gewesen oder in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft gewesen sein, Die Ehe muss mindestens ein Jahr bestanden haben (Ausnahmen siehe unten).

Ist die Ehe rechtskräftig geschieden, lebten sie in „wilder Ehe“ zusammen oder waren verlobt? Dann besteht kein Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente.

Regel 2: Der Antrag

Die Witwenrente wird nicht automatisch ausgezahlt, wenn Sie verwitwet sind, sondern Sie müssen bei der Rentenversicherung einen Antrag stellen. Die Kasse prüft dann, ob ein Anspruch besteht.

Regel 3: Das Sterbevierteljahr

In den ersten drei Monaten wird die Witwenrente in voller Höhe der Versichertenrente ausgezahlt, und ihr Einkommen wird nicht angerechnet. Das dient dazu, in dieser schwierigen Zeit den Übergang in die Lebensphase ohne Partner zu erleichtern, und mit der neuen finanziellen Situation umzugehen.

Regel 4: Kleine oder große Witwenrente?

Die Höhe der Hinterbliebenenrente wird danach berechnet, ob Sie eine kleine oder eine große Witwenrente erhalten. Die kleine Witwenrente umfasst ein Viertel der Rente, die der verstorbene Versicherte erhalten hätte, und die große Witwenrente beträgt 55 Prozent davon.

Bedingungen für die kleine Witwenrente sind, dass Sie kein Kind erziehen, nicht erwerbsgemindert sind und das 47. Lebensjahr nicht vollendet haben.

Anspruch auf eine große Witwenrente haben Sie hingegen, wenn Sie mindestens 47 Jahre alt oder erwerbsunfähig sind, oder ein minderjähriges Kind erziehen.

Regel 5: Der Abschlag

Die Witwenrente wird um einen Abschlag gekürzt, wenn der Partner vor dem 65. Geburtstag stirbt. Vor dem 62. Geburtstag beträgt der Abschlag 10,8 Prozent der Witwenrente. Zwischen dem 62. und 65. Geburtstag werden für jeden Monat vor dem 65. Geburtstag 0,3 Prozent abgezogen.

Regel 6: Das Einkommen wird angerechnet

Wenn Sie weitere Einkünfte neben der Hinterbliebenenrente haben, dann werden diese auf die Rente angerechnet. Dazu zählt Erwerbseinkommen ebenso wie weitere Rentenbezüge.

Dabei gibt es einen Freibetrag zum Hinzuverdienst. Nettoeinkommen darüber wird mit 40 Prozent angerechnet. Auch Einnahmen aus Vermietungen werden angerechnet, allerdings mit 25 Prozent. Der Freibetrag beim Einkommen liegt von Juli 2024 bis zum 30. Juni 2025 bei 1038 Euro.

Der nicht angerechnete Hinzuverdienst wurde jüngst erheblich erhöht, um zu gewährleisten, dass ein Vollzeitjob zum Mindestlohn in Zukunft nicht auf die Witwenrente angerechnet wird.

Dieses Gesetz sollte ursprünglich 2025 in Kraft treten. Der Termin verschiebt sich aber wegen technischer Problemen der Rentenversicherung auf 2027.

Regel 7: Die Wiederheirat

Die kleine und die große Witwenrente enden, wenn Sie nach dem Tod des Partners erneut heiraten, mit dem Ende des Monats der neuen Hochzeit. Möglich ist allerdings eine Rentenabfindung.

Diese beträgt bei der großen Witwenrente zwei Jahresbeiträge der durchschnittlichen Witwenrente der letzten zwölf Monate. Berechnet wird dabei die Rente nach der Einkommensabrechnung, aber vor dem Abzug von Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung.

Regel 8: Die Rente gilt auch rückwirkend

Alle Hinterbliebenenrenten müssen beantragt werden. Dies gilt rückwirkend für zwölf Monate. Ein Rentenanspruch besteht ab dem Todestag, wenn der oder die Verstorbene noch im Berufsleben stand, ansonsten erst ab dem Monat darauf.

Regel 9: Es darf keine „Versorgungsehe“ sein

Die Regel, nach der eine Hinterbliebenenrente frühestens ein Jahr nach der Eheschließung mit dem Verstorbenen ausgezahlt wird, soll sogenannte Versorgungsehen vermeiden.

Es soll also verhindert werden, dass Paare nur heiraten, damit der oder die Verbliebene die Witwenrente bekommt.

Streng genommen steht also der Verdacht der Versorgungsehe im Raum, und die Jahresfrist ist nur eine Grenze, um eine solche zu verhindern. Sie steht aber nicht für sich.

Deshalb können auch Hinterbliebene die Witwenrente beziehen, die weniger als ein Jahr verheiratet waren, bei denen aber eine Versorgungsehe unwahrscheinlich ist. Dies gilt zum Beispiel dann, wenn der Partner bei einem Unfall ums Leben kam, oder wenn der / die Hinterbliebene ein minderjähriges Kind des Partners erzieht.

Ob eine Versorgungsehe vorliegt, beschäftigt immer wieder die Sozialgerichte und ist häufig grenzwertig, zum Beispiel bei einer Krebsdiagnose.

Regel 10: Das alte und das neue Recht

Die genaue Höhe der Hinterbliebenenrente hängt von vielen Aspekten ab. Einer davon ist, ob die Rente nach altem oder nach neuem Recht ausgezahlt wird. Das alte Recht war großzügiger.

Dieses alte Recht gilt, wenn eine Ehe vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde, und der Lebenspartner vor dem 2. Januar 1962 zur Welt kam. Das neue Recht gilt für alle Ehen und eingetragene Lebenspartnerschaften nach dem 31. Dezember 2001.

Der Beitrag Hinterbliebenenrente: Einfache aber wichtige Regeln, um die Witwenrente zu bekommen erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Bürgergeld: Bundessozialgericht lässt Beschwerde zur Regelsatzhöhe zu

6. Oktober 2024 - 11:51
Lesedauer 2 Minuten

Das Bundessozialgericht lässt die Nichtzulassungsbeschwerde zur Regelsatzhöhe beim Bürgergeld zu. War die Bürgergeldhöhe in 2022 verfassungsgemäß und war ein zusätzlicher Inflationsausgleich erforderlich?

Dazu hatte das LSG NRW, Urt. v. 13.12.2023 – L 12 AS 1814/22 – wie folgt entschieden:

Kein zusätzlicher Inflationsausgleich für das Jahr 2022 für Leistungsempfänger nach dem SGB II

Mit der Einmalzahlung und der deutlichen Steigerung des Regelsatzes ab dem 01.01.2023 hat der Gesetzgeber die durch die Pandemie und die Inflation entstandenen zusätzlichen Kosten angemessen schnell berücksichtigt.

Auch die deutliche Steigerung des Regelsatzes mit Einführung des Bürgergeldes ab dem 01.01.2023 auf 502 € monatlich für Alleinstehende dokumentiert die angesichts komplexer demokratischer Gesetzgebungsverfahren angemessen schnelle Reaktion des Gesetzgebers auf die Diskrepanz zwischen Preisentwicklung und Regelbedarfsanpassung.

(vgl. LSG Schleswig-Holstein Beschluss vom 11.10.2022, L 6 AS 87/22 B ER; LSG Niedersachsen Bremen Beschluss vom 24.08.2022, L 8 SO 56/22 B ER; LSG NRW Beschluss vom 31.01.2022, L 2 AS 330/22 B ER; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 18.10.2023, L 18 AS 279/23)

Zuständiger Rechtsanwalt dieses Verfahrens gibt aktuell bekannt

Nun hat der zuständige Rechtsanwalt bekannt gegeben, dass beim 7. Senat des Bundessozialgerichts Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (B 7 AS 56/24 B) wurde und dieser jetzt vom Bundessozialgericht statt gegeben wurde.

Der Ausgang des Verfahrens ist als offen zu bezeichnen, so der zuständige Rechtsanwalt des Verfahrens.

Praxistipp:

Beim 8. Senat des Bundessozialgerichts für Sozialhilfe sind 2 Regelsatzklagen hinsichtlich der Höhe des Regelsatzes in der Sozialhilfe anhängig

1. B 8 SO 4/24 R
Vorinstanz: Landessozialgericht Baden-Württemberg, L 7 SO 1468/22, 17.11.2022: Waren die nach § 29 SGB XII bestimmten Regelsätze in der 1. Hälfte des Jahres 2022 verfassungskonform?

2. B 8 SO 5/24 R
Vorinstanz: Landessozialgericht Baden-Württemberg, L 7 SO 296/23, 27.04.2023: Waren die nach § 29 SGB XII bestimmten Regelsätze in der 2. Hälfte des Jahres 2022 verfassungskonform?

Lesetipp:

Ermittlung eines angemessenen Inflationsausgleichs 2021 und 2022 für Grundsicherungsbeziehende

Expertise im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Bundesvorstand von Dr. Irene Becker (Empirische Verteilungsforschung)

Der Beitrag Bürgergeld: Bundessozialgericht lässt Beschwerde zur Regelsatzhöhe zu erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Bürgergeld: Wird der Urlaub bezahlt?

6. Oktober 2024 - 9:52
Lesedauer 2 Minuten

Im Bürgergeldgesetz ist kein Anspruch auf Urlaubsgeld vorgesehen. Allerdings können in einigen Bundesländern Bürgergeld Beziehende eine Kostenerstattung ihres Urlaubs beantragen.

Generell dürfen sich Menschen, die Bürgergeld beziehen, nur mit Zustimmung des Jobcenters außerhalb des Einzugsbereichs des zuständigen Jobcenters aufhalten.

Urlaub auf Antrag beim Jobcenter

Einen Urlaub müssen Bezieher/innen des Bürgergelds beim zuständigen Jobcenter beantragen. Wird der Antrag bewilligt, dann dürfen sie bis zu drei Wochen im Jahr verreisen. Maßgeblich für die Gewährung ist, dass der Urlaub die berufliche Eingliederung nicht wesentlich behindert.

Wer Bürgergeld bekommt, der oder die soll nämlich erreichbar sein für Jobangebote, Bewerbungen oder berufliche Maßnahmen. In manchen Fällen ist es möglich, dass eine Reise die Jobsuche und Weiterqualifikation sogar fördert.

Die möglichen drei Wochen Urlaub entsprechen dabei grob den Urlaubstagen pro Jahr in einem vertraglichen Arbeitsverhältnis. Die Bezieher:innen des Bürgergeldes gelten als Arbeitssuchende, und sich beruflich einzugliedern gilt gewissermaßen als ihre Arbeit.

Warum gibt es bei Bürgergeld kein Urlaubsgeld?

Urlaubsgeld ist definiert als Zahlung der Arbeitgeber/innen zum Zweck des Urlaubs. Es handelt sich dabei nicht um eine Lohnfortzahlung im Urlaub, sondern um eine Extraleistung, um zusätzliche Ausgaben während des Urlaubs zu zahlen. Den Anspruch auf ein solches Urlaubsgeld gibt es nur, wenn dies per Vertrag oder Tarif vereinbart wurde.

Im Bürgergeld gibt es einen solchen zusätzlichen Anspruch nicht. Das bis zu drei Wochen Urlaub weitergezahlte Bürgergeld ist kein Urlaubsgeld, sondern entspricht der Lohnfortzahlung bei Arbeitnehmer/innen.

Längerer Urlaub ist möglich, aber nicht bezahlt

Im Einzelfall dürfen die Jobcenter sogar für weitere drei Wochen pro Jahr eine Ortsabwesenheit gewähren. Von den sechs Wochen werden aber nur die ersten drei mit Bürgergeld bezahlt, für die zusätzliche Zeit erhalten Betroffene keine Unterstützung.

Mehr als sechs Wochen Urlaub ist bei Bürgergeld nicht möglich. Wird das Bürgergeld nicht mehr gezahlt, gibt es auch keine Zahlungen mehr für die Unterkunft, und möglicherweise verfällt auch der Status bei der Krankenversicherung.

Wird das Bürgergeld gekürzt, wenn andere den Urlaub bezahlen?

Jobcenter können das Bürgergeld kürzen, wenn Verwandte oder Bekannte den Bürgergeldbezieher/innen direkt den Urlaub bezahlen, also zum Beispiel Geld für die Reise auf ein Konto überweisen.

Hier handelt es sich nach § 11 SGB II um Geldleistungen, die als Einkommen angerechnet werden.

Falls aber kein Geld in die Hand der Betroffenen gelangt, sondern die Unterstützung indirekt ist, indem Verwandte die Betroffenen zum Beispiel unentgolten übernachten lassen oder die Reisekosten tragen, wird dies nicht als Einkommen bewertet.

Wo kann eine Behilfe für Familien beantragt werden?

Familien können eine Behilfe einer Urlaubsreise beantragen. Dazu zählen neben Bezieher/innen von Bürgergeld auch von Sozialhilfe oder Grundsicherung Beziehende sowie Familien, Alleinerziehende und Menschen mit geringem Einkommen.

Für die besteht diese Möglichkeit in Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Die Anträge werden NICHT beim Jobcenter beantragt!

In Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen gibt es spezielle Unterstützung für den Urlaub von Familien, die nur ein geringes Einkommen haben. Mehr dazu auch hier: Antrag auf Urlaubsgeld für Bürgergeld Familien stellen

Der Beitrag Bürgergeld: Wird der Urlaub bezahlt? erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Persönliche Budgets bei Schwerbehinderung auch ohne unterschriebene Zielvereinbarung

6. Oktober 2024 - 9:44
Lesedauer 3 Minuten

Ein Anspruch auf persönliches Budget besteht auch ohne unterzeichnete Zielvereinbarung, so aktuell der 2. Senat des LSG Baden-Württemberg (Beschluss v. 10.09.2024 – L 2 SO 2324/24 ER-B).

Die Frage, ob der fehlende Abschluss einer Zielvereinbarung der Bewilligung des persönlichen Budgets entgegensteht, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet.

Eine Regelung für das Nichtzustandekommen einer Zielvereinbarung sieht das Gesetz nicht vor. Insofern sind die Rechtsfolgen einer fehlenden Zielvereinbarung noch weitgehend ungeklärt.

Das Bundessozialgericht hat bislang – zur alten, bis 31.12.2017 geltenden Rechtslage – entschieden, dass der vorherige Abschluss einer Zielvereinbarung mit dem gesetzlich geregelten Mindestinhalt allenfalls formale Voraussetzung für den anschließenden Erlass eines Verwaltungsakts über das Persönliche Budget ist (BSG Urteil vom 28.01.2021 – B 8 SO 9/19 R – ).

BSG lässt offen, welche Konsequenzen drohen bei Nicht – Unterzeichnung der Zielvereinbarung

Es hat zwar ausdrücklich offen gelassen, welche Konsequenzen (Rechtsfolgen) sich für den Anspruch auf ein Persönliches Budget ergeben, wenn wegen des Streits um den Inhalt der Zielvereinbarung eine solche nicht zustande kommt.

Das SG Mannheim hatte mit Urteilen vom 22.05.2024 – S 9 SO 306/23 – und – S 9 SO 1473/23 – festgestellt dass,

Ohne den vorherigen Abschluss einer Zielvereinbarung besteht kein Anspruch auf die Ausführung einer Teilhabeleistung in der Form eines Persönlichen Budgets

Durch das zum 01.01.2018 in Kraft getretene Bundesteilhabegesetz sei eine wesentliche Änderung der Rechtslage eingetreten., weil die Zielvereinbarung nun nicht mehr nur in der einfach-gesetzlichen Rechtsverordnung (Budgetverordnung), sondern in einem Parlamentsgesetz verankert sei und daher die Ausführungen des BSG in seinem Urteil vom 28.01.2021 – B 8 SO 9/19 R – keinen Bestand mehr haben könnten, sondern der Abschluss einer Zielvereinbarung vielmehr materielle Anspruchsvoraussetzung sei.

Dieser Auffassung folgt der 2. Senat des LSG BW aber gerade nicht, denn

Nach Auffassung des Senats des LSG Baden – Württemberg ( Beschluss v. 10.09.2024 – L 2 SO 2324/24 ER-B ) steht der Verpflichtung zur vorläufigen Bewilligung von Eingliederungshilfeleistungen in Form eines persönlichen Budgets im Wege einer einstweiligen Anordnung ab dem Monat der Einleitung des Eilverfahrens – nicht entgegen – , dass die vom Antragsgegner an die Antragstellerin neu übersandte Zielvereinbarung von letzterer bislang nicht unterzeichnet/abgeschlossen wurde.

Rechtstipp:

o auch der 7. Senat des LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.05.2024 – L 7 SO 868/24 ER-B; SG Marburg Beschluss vom 08.09.2023 – S 9 SSO 27/23 ER – ; Oberverwaltungsgericht Bremen, Beschluss vom 22.05.2020 – 2 B 66/20 – ; vgl. zum Meinungsstand dieser Vorgehensweise im Eilverfahren: Schneider in Hauck/Noftz, SGB IX, 2. Ergänzungslieferung 2024, § 29 Rn. 39a).

Hinweis Detlef Brock

Berufung gegen das Urteil des SG Mannheim S 9 SO 1473/23 anhängig im 2. Senat des LSG Baden-Württemberg, Az. L 2 SO 1654/24;

kritisch zur Entscheidung des SG Mannheim u.a. Eicher, jurisPR-SozR 15/2024 Anm. 5 unter D.; Eicher, Sozialrecht aktuell 2024, 54, 55 m.w.N, allgemein kritisch zur Zielvereinbarung als materielle Voraussetzung: Eicher, jurisPR-SozR 7/2023 Anm. 4 unter C; Eicher, jurisPR-SozR 4/2023 Anm. 5 unter D).

ebenso im Ergebnis: SG Gießen, Beschluss vom 29.10.2020 – S 18 SO 146/20 ER –

Fazit:

Auch – Ohne den vorherigen Abschluss einer Zielvereinbarung besteht – Anspruch auf die Ausführung einer Teilhabeleistung in der Form eines Persönlichen Budgets ( entgegen SG Mannheim, Urt. v. 22.05.2024 – S 9 SO 1473/23 anhängig im 2. Senat des LSG Baden-Württemberg, Az. L 2 SO 1654/2 )

Schlussbemerkung:

Die Entscheidung des 2. Senats ist sehr zu begrüßen, denn was würden die Behinderten und Schwerstbehinderten denn machen ohne Bewilligung eines persönlichen Budgets, weil es eben an der materielle Voraussetzung der Zielvereinbarung mangelt, so zum Bsp. in der Entscheidung des SG Heilbronn, Urt. v. 26.06.2024 – S 3 SO 2208/23 –

Gericht verweigert schwerst behindertem Kind Ferien- Freizeit

Einem schwerst behinderten Kind konnte im Eilverfahren kein persönliches Budget zugesprochen werden, weil keine abgeschlossene Zielvereinbarung vor lag und somit konnte das Kind nicht an insgesamt 8 Ferienfreizeiten und an 15 Tagesausflügen teilnehmen.

Das 2017 geborene Kind ist seit Geburt schwerstbehindert. Sie kann sich nur mit Hilfe von Orthesen fortbewegen und nicht einmal mit Brille dreidimensional sehen.

Außerhalb der vertrauten Umgebung ist sie auf die Begleitung durch einen Erwachsenen angewiesen. Längere Strecken kann sie nur in einem Buggy sitzend bewältigen. Sie kann sich weder selbständig an- noch ausziehen und muss ständig Windeln tragen. Sie besucht eine sonderpädagogische Schule und hat Schwierigkeiten, angemessenen Kontakt mit anderen Kindern zu knüpfen.

Außerhalb der Familie und der Schule verfügt sie über keine eigenen sozialen Kontakte.

Eine ganz traurige Geschichte, welche mich sehr mit genommen hat, denn ich hasse so eine Ungerechtigkeit, wo das Gericht nach meiner Meinung versagt hat.

Ganz kritisch gesehen wird diese Entscheidung von Wolfgang Eicher, Vorsitzender Richter am Bundessozialgericht, 8. Senat (a.D. )

Ganz kritisch wird diese Entscheidung auch gesehen von Wolfgang Eicher ( ehemals Vorsitzender Richter am Bundessozialgericht ), veröffentlicht in jurisPR-SozR 15/2024 Anm. 5 –

” Die Entscheidung darf sich in der Praxis nicht durchsetzen “

Detlef Brock ist Redakteur bei Gegen-Hartz.de und beim Sozialverein Tacheles e.V. Bekannt ist er aus dem Sozialticker und später aus dem Forum von Tacheles unter dem Namen “Willi2”. Er erstellt einmal wöchentlich den Rechtsticker bei Tacheles. Sein Wissen zum Sozialrecht hat er sich autodidaktisch seit nunmehr 17 Jahren angeeignet.

Der Beitrag Persönliche Budgets bei Schwerbehinderung auch ohne unterschriebene Zielvereinbarung erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Schwerbehinderung: Neuer EU-Schwerbehindertenausweis und EU-Behindertenparkausweis kommen jetzt

6. Oktober 2024 - 9:36
Lesedauer 3 Minuten

Das EU-Parlament hatten mit einer großen Mehrheit die Annahme des EU-Schwerbehindertenaus und des Europäischen Parkausweises für Menschen mit Behinderungen beschlossen. Was bedeutet das und welche Vorteile ergeben sich künftig für Menschen mit einer Schwerbehinderung?

EU-Parlament stimmt in ungewohnter Einigkeit für den EU-Schwerbehindertenausweis

Mit 613 Ja-Stimmen, 7 Gegenstimmen und 11 Enthaltungen wurde der EU-Schwerbehindertenausweis sowie die Einführung eines EU weiten Behindertenparkausweis beschlossen.

Der neu eingeführte Ausweis soll es Menschen mit Behinderungen künftig ermöglichen, auf EU-weiter Ebene die gleichen Vorzugsbedingungen zu erhalten, die sie bereits in ihren Heimatländern in Anspruch nehmen können.

Dazu zählen beispielsweise:

  • ermäßigte oder gar keine Eintrittsgebühren,
  • bevorzugter Zugang zu Veranstaltungen und Einrichtungen
  • sowie Zugang zu reservierten Parkplätzen für behinderte Menschen.

Der neue EU-Schwerbehindertenausweis soll als Plastikkarte und in digitaler Form ausgestellt werden und bleibt kostenlos, solange keine Ersatzkosten durch Verlust oder Beschädigung entstehen.

Einheitlichkeit über Grenzen hinweg

Die Einführung eines einheitlichen Ausweises für die gesamte EU stellt sicher, dass die Rechte von Menschen mit Behinderungen nicht an nationalen Grenzen enden.

Diese Reform ist besonders wichtig für diejenigen, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat reisen, studieren oder arbeiten möchten.

Wichtig: Der Ausweis soll auch während Aufenthalten von mehr als drei Monaten, wie beispielsweise im Rahmen des Erasmus+ Programms, gültig bleiben.

Der Europäische Schwerbehinderten-Parkausweis kommt ebenfalls

Ebenso soll es einen EU-weiten Schwerbehindertenparkausweis geben, damit Berechtigte diesen in der gesamten EU entsprechend bei den vorgesehen Parkplätzen nutzen können.

Die Mitgliedstaaten sind nun dazu angehalten, diesen Ausweis ebenfalls in digitaler Form anzubieten und können aber eine Gebühr für die administrativen Kosten der Ausstellung und Erneuerung erheben.

EU-weites Portal für Menschen mit Behinderungen geplant

Ebenfalls beschlossen wurde die Einrichtung einer zentralen europäischen Website für Schwerbehinderte, die mit nationalen Websites verlinkt wird.

Die neuen Plattformen sollen Informationen über den Erwerb, die Nutzung und die Erneuerung der Ausweise sowie über die damit verbundenen Vorzugsbedingungen bieten.

In einer weiteren Abstimmung hat das Parlament auch die vorläufige Einigung über die Ausweitung der EU-Behindertenausweise und Parkausweise auf Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig in der EU aufhalten, gebilligt.

Wie geht es nun weiter?

Bevor die neuen Regelungen in Kraft treten können, muss der vereinbarte Text vom Rat formal angenommen und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden. Dies ist der letzte Schritt, um das Vorhaben auf den Weg zu bringen.

Lucia Ďuriš Nicholsonová, Pressesprecherin des EU-Parlaments sagte: “Mit der Annahme dieser wichtigen Maßnahmen hat das Europäische Parlament erneut seine Rolle als Vorreiter in der Förderung der Inklusion und Gleichstellung aller Menschen in der EU bestätigt.

Wann bekommt man einen Schwerbehindertenausweis?

Einen Schwerbehindertenausweis kann man in Deutschland erhalten, wenn eine Behinderung mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 festgestellt wird.

Der Schwerbehindertenausweis enthält dann Angaben zum Grad der Behinderung und zu weiteren Merkzeichen, die für spezifische Nachteilsausgleiche wichtig sind, wie zum Beispiel freie Fahrt im öffentlichen Nahverkehr oder steuerliche Erleichterungen.

Wie wird der Schwerbehindertenausweis beantragt?

Hier sind die Schritte zur Beantragung eines Schwerbehindertenausweis:

Antragstellung: Der Antrag muss bei dem für den Wohnsitz zuständigen Versorgungsamt oder bei der entsprechenden Behörde der Kommune gestellt werden. Manche Bundesländer bieten auch die Möglichkeit, den Antrag online auszufüllen.

Medizinische Unterlagen: Dem Antrag sollten alle relevanten medizinischen Unterlagen beigefügt werden, die die Behinderung und deren Schweregrad belegen.

Begutachtung: Das Versorgungsamt prüft die Unterlagen und kann zusätzliche Informationen oder eine ärztliche Untersuchung anfordern, um den Grad der Behinderung festzustellen.

Bescheid: Nach Prüfung der Unterlagen und ggf. weiterer Untersuchungen erteilt das Amt einen Bescheid, in dem der Grad der Behinderung festgestellt wird. Bei einem GdB von 50 oder höher wird ein Schwerbehindertenausweis ausgestellt.

Rechtsmittel: Falls der Antrag abgelehnt wird oder der festgestellte GdB niedriger ist als erwartet, kann Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt werden.

Weiteres zu diesem Thema: Schwerbehinderung: Der Schwerbehindertenausweis ist Bares wert

Der Beitrag Schwerbehinderung: Neuer EU-Schwerbehindertenausweis und EU-Behindertenparkausweis kommen jetzt erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Rente mit 60 ohne Abschläge im Schichtdienst?

6. Oktober 2024 - 9:34
Lesedauer 2 Minuten

Der Berliner Krankenpfleger Ricardo Lange legt den Finger in eine offene Wunde des Deutschen Rentensystems. Er fordert eine Rente ohne Abschläge ab 60 für alle Versicherten, die im Schichtdienst arbeiten.

“Schichtdienst bedeutet verlorene Lebenszeit”

Lange begründet dies damit, dass Menschen, die regelmäßig nachts arbeiten würden, acht Jahre Lebenszeit verlören. Ein Ausgleich sei ein früherer Ruhestand ab 60 Jahren.

Nachtschicht und Jetlag?

Wie kommt Lange zu dieser Einschätzung. Den Ausschlag für die verlorene Zeit ist der sogenante Jetlag. Bei Schichtarbeit kommt der Tag-Nacht-Thythmus aus dem Gleichgewicht.

So wird das Hormon Melatonin besonders nachts ausgeschüttet und sorgt dann für einen regenerativen Schlaf, es ist auch wichtig für unseren Biorhtyhmus.

Das Hormon Serotonin wird hingegen vor allem tagsüber ausgeschüttet. Es gilt als “Glückshormon” und stimuliert unter anderem das Essverhalten.

Gestörtes Gleichgewicht bedeutet kürzere Lebenserwartung

Nachtarbeit wirkt sich negativ auf die Produktion von Melatonin aus. Bei dauernden Nachtschichten und bei Wechselschichten können die Folgen dieses Mangels ein geschwächtes Immunsystem sein, chronische Erschöpfung und sogar Gewichtszunahme – vor allem beim Bauchfett.

Medizinisch ist klar nachgewiesen, dass ein gestörter Melatonin-Serotonin-Haushalt durch Schichtarbeit die Lebenserwartung deutlich reduzieren kann.

Darauf bezieht sich Lange, der die Auswirkungen des Schichtdienstes am eigenen Körper kennt, wenn er bei Instagramm schreibt: “Untersuchungen belegen eindeutig, dass Schichtarbeit (…) bis zu acht Jahre der eigenen Lebenszeit kostet. Lebenszeit, die man nicht mit einer Nachtdienstpauschale aufwiegen kann!”

Vorzeitige Rente ist eine logische Forderung

Er leitet aus dieser Tatsache die Forderung nach einer vorzeitigen Rente für die Betroffenen ab und schreibt: “Ich bin der Meinung, dass Pflegekräfte, Ärzte und alle anderen, die regelmäßig im Nacht- und Schichtdienst arbeiten, spätestens mit 60 Jahren in Rente gehen können – und zwar ohne Abzüge!”

Vielfältige Schäden der Gesundheit

Ein dauerhafter Jetlag bei Nachtarbeit und Wechselschichten wirkt sich auf diverse Körperfunktionen aus und schädigt die Gesundheit. So steigt das Risiko für permanent erhöhten Bluthochdruck, und damit für Herzinfarkte und Schlaganfälle.

Verdauungsprobleme, chronische Kopf- und Gliederschmerzen, Probleme bei der Konzentration und körperlichen Leistungsfähigkeit können ebenso mit einem Jetlag zusammenhängen wie Depressionen.

Die große Rentenungerechtigkeit

Der Berliner Krankenpfleger verweist auf eine Tatsache, die eine große Ungerechtigkeit darstellt und zugleich in der Politik als derart selbstverständlich wahrgenommen wird, dass kaum jemand sie auch nur erwähnt.

Zwar ist die Lebenserwartung in den letzten Jahrzehnten um mehr als zehn Jahre gestiegen, doch zwischen hohen, mittleren und kleinen Einkommen sind die Unterschiede gewaltig.

Kurz gesagt: Wer wenig verdient, durchgehend körperlich hart arbeitet und außerdem im Schichtdienst tätig ist, stirbt im Schnitt mehrere Jahre früher als jemand, der gut verdient.

Früher zu sterben bedeutet bei Versicherten schlicht, dass sie im Verhältnis weit mehr in die Rente einzahlen als sie zurückbekommen als jemand, der später stirbt.

Ist eine vorzeitige Rente ab 60 unrealistisch?

Viele werden den Vorschlag des Berliner Krankenpflegers für unrealistisch halten, oder auch für nict finanzierbar. Dabei handelt es sich in Wirklichkeit um eine gute Inspiration, sozialere Rentenmodelle zu denken, und damit auch deren Finanzierung.

Zum Beispiel würde eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer (ab einem Vermögen von einer Million Euro) Gelder in den Haushalt spülen, mit denen solche besser angemessenen Renten ausgezahlt werden könnten.

Der Beitrag Rente mit 60 ohne Abschläge im Schichtdienst? erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld nach Kündigung – Urteil

5. Oktober 2024 - 16:22
Lesedauer 2 Minuten

Das Sozialgericht Dortmund gab einem Kläger Recht, der gegen eine zwölfwöchige Sperrzeit beim Arbeitslosengeld geklagt hatte.

Dem Betroffenen war außerordentlich gekündigt worden, weil er während der Arbeitszeit Drogen konsumiert und weitergegeben haben soll.

Das Gericht (Az.: S 102 AL 339/21) entschied, dass dem Kläger keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei, da er aufgrund seiner Suchterkrankung die rechtlichen Folgen seines Handelns nicht habe erkennen können.

Worum ging es?

Der Betroffene war seit 1989 als Verwaltungsangestellter bei der Stadt Siegen beschäftigt. Im Jahr 2020 kündigte ihm die Stadt außerordentlich. Er beantragte Arbeitslosengeld. Außerdem erhob er Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht.

Sein ehemaliger Arbeitgeber teilte der Agentur für Arbeit mit, der Betroffene habe während der Arbeitszeit in seinem Büro im Rathaus Drogen verkauft und an einen anderen Mitarbeiter weitergegeben. Der Gekündigte behauptete, er habe während der Dienstzeit Amphetamine konsumiert und damit gegen die allgemeine Dienstanweisung verstoßen.

Es sei jedoch niemandem ein Schaden entstanden und sein Verhalten habe weder seine Arbeitsleistung noch die Qualität seiner Arbeit beeinträchtigt.

Darüber hinaus warf er der Stadt vor, gegen ihre eigene Dienstanweisung zum Umgang mit suchtgefährdeten und suchtkranken Beschäftigten verstoßen zu haben. Die Agentur für Arbeit verhängte eine Sperrzeit von zwei Monaten beim Arbeitslosengeld.

Lesen Sie auch:

Gemeinsamer Konsum

Der Betroffene gab zu, im Dienstgebäude immer mit demselben Kollegen Drogen konsumiert zu haben.

Er bestritt jedoch, Drogen an Dritte weitergegeben zu haben. Ihm sei nicht klar gewesen, dass er seinen Arbeitsplatz gefährde, weil er drogenabhängig sei. Inzwischen sei er sich seiner Krankheit bewusst und habe die Diakonie kontaktiert, um sofort eine Therapie zu beginnen.

Von außerordentlich zu ordentlich gekündigt

Vor dem Arbeitsgericht einigten sich die Stadt und der ehemalige Mitarbeiter gütlich darauf, dass die Kündigung nicht fristlos, sondern zum Ende Juni 2021 ausgesprochen wird – aus der außerordentlichen wurde eine ordentliche Kündigung.

Der Betroffene teilte der Arbeitsagentur mit, dass die Deutsche Rentenversicherung ihm eine stationäre medizinische Rehabilitation von 15 Wochen bewilligt habe.

Von dem Kündigungsgrund rückte die Stadt jedoch nicht ab. Deshalb blieb es bei der Sperrzeit.

Klage des DGB erfolgreich

Der DGB Siegen klagte für den Betroffenen vor dem Sozialgericht Dortmund. Dieses entschied, dass die Arbeitsagentur zu Unrecht eine Sperrzeit verhängt hatte.

Zwar sei das Verhalten des Betroffenen objektiv vertragswidrig gewesen, was eine Sperrzeit rechtfertige.

Eine Sperrzeit könne aber rechtswidrig sein, wenn der betroffene Arbeitnehmer subjektiv nicht mit einer Kündigung rechnen musste.

Dem Kläger könne weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden (was beides zu einer Sperrzeit bei Kündigung führen würde).

Zum einen habe es keine Abmahnung wegen einer drohenden verhaltensbedingten Kündigung gegeben.

Diese müsse aber in der Regel einer verhaltensbedingten Kündigung vorausgehen. Es sei nicht ersichtlich, warum die Stadt gegen diesen – im vorliegenden Fall zwingenden – Grundsatz verstoßen habe.

Sucht ist als Krankheit zu beurteilen

Grobe Fahrlässigkeit könne auch deshalb nicht vorliegen, weil der Betroffene so abhängig gewesen sei, dass er die Rechtsfolgen seines Handelns nicht habe erkennen können. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts liege grobe Fahrlässigkeit nicht vor, wenn die Sucht bereits als Krankheit zu bewerten sei.

Dies sei hier der Fall. Dies werde auch dadurch belegt, dass der Betroffene bereits vor dem Verlust seines Arbeitsplatzes einen Antrag auf medizinische Rehabilitation bei der DRV gestellt habe, der bewilligt worden sei.

Er sei also erstens suchtkrank gewesen und habe sich zweitens aktiv darum gekümmert. Der Sanktionsbescheid der Agentur für Arbeit sei aufzuheben.

Der Beitrag Keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld nach Kündigung – Urteil erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Bürgergeld: Jobcenter muss Rücklastschriften erstatten

5. Oktober 2024 - 8:00
Lesedauer 2 Minuten

Nicht selten kommt es vor, dass ein Jobcenter die Bürgergeldleistungen zu spät auf das Konto des Leistungsberechtigten überweist. Erfolgen die Überweisungen jedoch nicht rechtzeitig, können wichtige Zahlungen wie Miete, Telefon, Strom etc. nicht geleistet werden.

Da die meisten Konten der Leistungsberechtigten keine Überziehungstoleranzen haben, kommt es zu Rücklastschriften, für die die Bank Gebühren verlangt.

Aber: Die Jobcenter sind verpflichtet, die monatlichen Überweisungen pünktlich vorzunehmen, damit die laufenden Fixkosten rechtzeitig überwiesen werden können.

Hohe Kosten durch Rücklastschriften

Immer wieder kommt es vor, dass das Jobcenter die Leistungen zu spät überweisen.

Die Folge: Wichtige Terminüberweisungen wie Miete, Telefon, Versicherungen oder Strom werden zu spät überwiesen und die geplatzte Überweisungen werden nicht selten mit Rücklastschriftgebühren seitens der Gläubiger bedacht.

Für Bürgergeld-Bezieher handelt es sich dabei nicht um kleine Beträge, sondern um Geld, dass für Lebensmittel oder wichtige Anschaffungen fehlt.

Lesen Sie auch:
Bürgergeld: Übernahme der Mietschulden auch bei unangemessener Miete

Hilfe vom Anwalt

Mit Hilfe des Fachanwalts für Sozialrecht Christian L. Fritz aus Freiburg im Breisgau hat sich ein Betroffener über ein Jahr lang gewehrt und erreicht, dass die Rücklastschriftgebühren vom Jobcenter übernommen werden.

„In unserem Fall berechnete eine Versicherung Rücklastschriftgebühren in Höhe von 10 Euro und die Badenova zweimal 6,40 Euro, also insgesamt 29,60 Euro. Wir haben für unsere Mandantin die Rückerstattung beim Jobcenter beantragt.

Nach einem halben Jahr erhoben wir Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Freiburg (§ 88 Abs. 1 SGG, SG Freiburg, AZ: S 13 AS 6851/11). Nach einem weiteren halben Jahr bewilligte das Jobcenter die Kostenübernahme und überwies 29,60 Euro.“

Immer zum Monatsanfang

Monatliche Ausgaben wie Miete, Strom und Internet stellen eine erhebliche finanzielle Belastung dar, die sie oft nur mit Unterstützung des Jobcenters bewältigen können.

Die Gerichte sind sich jedoch einig, dass die Sozialbehörden das Bürgergeld bzw. die Sozialhilfe spätestens zum Monatsbeginn auszahlen müssen. In manchen Fällen haben Leistungsberechtigte sogar das Recht, die Auszahlung bereits für den Vormonat zu verlangen.

Schwieriger ist die Situation allerdings bei Weiterbewilligungen und Erstanträgen. Hier müssen sich Grundsicherungsempfänger oft in Geduld üben.

Erst wenn das Jobcenter sechs Monate lang nicht auf den Antrag reagiert hat, kann Untätigkeitsklage erhoben werden. Da es für die Betroffenen in der Regel unzumutbar ist, ein halbes Jahr auf das beantragte Geld zu warten, besteht die Möglichkeit, einen Vorschuss nach § 42 SGB II zu beantragen.

Erstattung der Kosten für Rücklastschriften einfordern!

Nicht jeder ist bereit, ein so langes Verfahren auf sich zu nehmen, auch wenn die Chancen gut stehen.

Mit dem Urteil können auch andere Bürgergeldbezieher in ähnlichen Situationen eine Kostenerstattung von der zuständigen Behörde verlangen, wenn durch verspätete Überweisungen Folgekosten bei Banken oder Empfängern entstehen. Dazu sollte auf das Aktenzeichen oder das Urteil verwiesen werden.

Der Beitrag Bürgergeld: Jobcenter muss Rücklastschriften erstatten erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Rente: Teilrente statt Altersteilzeit -Doppel­verdiener­trick bringt mehr Vorteile

5. Oktober 2024 - 7:58
Lesedauer 3 Minuten

Die Altersteilzeit ist ein spezielles Arbeitsmodell. Arbeitgeber bieten dies oft vor einer Altersrente an. Arbeitnehmer verzichten auf einen Teil ihres Einkommens, arbeiten voll weiter und nehmen dafür eine bezahlte Phase der Freizeit vor der Rente in Anspruch.

Ab dem 55.Lebensjahr ist Altersteilzeit möglich. Neben dem skizzierten Blockmodell ist auch ein Gleichverteilungsmodell möglich.

Bei diesem entfällt die Ruhephase vor der Rente, und stattdessen wird die Arbeitszeit halbiert (täglich, wöchentlich oder pro Monat). Das Blockmodell ist allerdings die gängige Methode, und 90 Prozent aller Altersteilzeiten werden auf diese Art umgesetzt.

Wann endet die Altersteilzeit?

Diese Altersteilzeit endet immer mit dem Beginn der gesetzlichen Altersrente, also entweder zur Regelaltersgrenze, oder vorgezogen bei der Altersrente für langjährig Versicherte.

Altersteilzeit führt zu weniger Einkommen und weniger Rente

Dieses Modell wirkt für viele verlockend, denn so kann man bereits im Übergang zur Rente in eine Art Ruhestand übergehen. Es hat aber auch gravierende Nachteile. Die Verluste an Altersrente sind zwar nicht extrem, aber vorhanden. Hinzu kommt ein Einkommensverlust.

Der Arbeitgeber zahlt in der gesamten Altersteilzeit 50 Prozent des Bruttoeinkommens. Er muss allerdings um mindestens 20 Prozent des Regelarbeitsgeldes aufstocken sowie zusätzliche Rentenbeiträge von mindestens 80 Prozent leisten, und dazu zählen auch die Arbeitnehmeranteile.

Der Ausgleich reicht oft nicht

In vielen Fällen der Alterszeit verpflichtet der Tarifvertrag den Arbeitgeber, für die Rentenabschläge einen Ausgleich zu bezahlen. Dieser entspricht jedoch selten den gesamten Abschlägen. Er mindert die finanziellen Verluste also, hebt sie aber nicht auf.

Nebenbeschäftigung nur als Minijob

Der Rentenexperte Peter Knöppel zeigt außerdem einen entscheidenden Nachteil der Altersteilzeit. In der Freizeitphase ist eine Beschäftigung nur auf Basis eines Minijobs erlaubt, aber nicht darüber hinaus. Und hier kommt, laut Knöppel, die Teilrente ins Spiel, die diesbezüglich weit mehr Spielraum bietet.

Flexirente ermöglicht Vollverdienst

Eine Teil- oder Flexirente bedeutet, dass Sie weiterarbeiten und ihre Rente nur teilweise beziehen. Der Prozentsatz der Teilrente ist ausgedehnt, er muss mindestens zehn Prozent der Vollrente betragen, maximal aber 99,99 Prozent.

0,01 Prozent der Altersrente sind eine nahezu symbolische Summe. Im Unterschied zur Altersteilzeit können Sie also fast die volle Rente beziehen und trotzdem so viel weiterverdienen, wie Sie können und wollen.

Sie haben also eine so gut wie volle Altersrente auf dem Konto und dazu, wenn Sie wollen -und der Arbeitgeber mitspielt-, ein volles Gehalt.

Teilrente ermöglicht mehr Selbstbestimmung

Der höhere mögliche Verdienst ist also ein Vorteil, und ein weiterer großer Vorteil ist im Vergleich zur Altersteilzeit die größere Selbstbestimmung. Denn Sie selbst entscheiden, wie lange Sie neben der Altersrente arbeiten wollen und wieviele Stunden pro Woche Sie tätig sind.

Teilrente erhöht die Rente

Wenn Sie über die Regelaltersgrenze hinaus Teilrente beziehen und weiterarbeiten, profitieren Sie zudem arbeitsrechtlich. Obwohl Sie bereits Rente beziehen, sammeln Sie zusätzliche Rentenpunkte an.

Gehen Sie aber nach einer Altersteilzeit regulär in Altersvollrente, dann zahlen Sie keine weiteren Beiträge für die Rentenversicherung und können die Rente nicht auf diese Art zusätzlich erhöhen.

Anspruch auf Krankengeld

Bei Arbeit während einer regulären Altersvollrente verfällt zudem der Anspruch auf Krankengeld, der in der gesetzlichen Krankenkasse versicherten Arbeitnehmern zusteht.

Bei Weiterarbeit während einer Teilrente werden Sie aber in dieser Hinsicht rechtlich wie ein Arbeitnehmer behandelt. Werden Sie nämlich nach Beginn der Teilrente länger als sechs Wochen arbeitsunfähig, dann können Sie Krankengeld beantragen.

Welche Bedingungen gelten für die Teilrente?

Eine Teilrente kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn ein Anspruch auf eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen besteht, also frühestens mit 63 Jahren.

Die Abschläge bleiben auch bei der Teilrente erhalten. Je höher also der Teil der Rente ist, den Sie sich auszahlen lassen, umso höher sind die Abschläge. Gerade deshalb ist es wichtig, dass Sie bei der Weiterarbeit während der Teilrente zusätzliche Entgeltpunkte sammeln und damit die Abschläge zumindest teilweise kompensieren.

Die Teilrente wird kaum genutzt – warum?

Die Teilrente hat also deutliche Vorteile gegenüber der Altersteilzeit. Trotzdem wird sie nur selten genutzt. Gerhard Bäcker und Ernst Kistler erörtern für die Bundeszentrale für politische Bildung mögliche Gründe.

Wesentlich ist den Autoren zufolge, dass es sich um ein spätes Gleitmodell handelt. Die Teilrente kann frühestens ab dem 63. Lebensjahr genutzt werden. Sie ist dazu gedacht, die Erwerbszeit zu verlängern.

Diejenigen, für die dieses Modell in Frage kommt, wollen dies aber nicht, merken Bäcker und Kistler an.

Kurz gesagt: Die meisten derjenigen, die mit einer Altersrente für langjährig Versicherte in Frührente gehen und dafür Abschläge in Kauf nehmen, tun dies, weil sie nicht länger arbeiten wollen.

Ein weiteres Manko sind die unzureichenden Möglichkeiten, dieses Modell zu nutzen. Denn weitere Arbeit bei Teilrente ist nur dann möglich, wenn die jeweiligen Betriebe eine solche Teilzeitbeschäftigung für ältere Arbeitnehmer anbieten.

Der Beitrag Rente: Teilrente statt Altersteilzeit -Doppel­verdiener­trick bringt mehr Vorteile erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Schwerbehinderung: Urlaub verfällt ohne ausreichenden Schwerbehindertennachweis – Neues Urteil

5. Oktober 2024 - 7:56
Lesedauer 2 Minuten

Ohne ausreichenden Nachweis der Schwerbehinderung können schwerbehinderte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren gesetzlichen Zusatzurlaub nicht beanspruchen.

Weiß der Arbeitgeber nichts von der Schwerbehinderung oder ist diese nicht offensichtlich, verfällt der Anspruch auf den Zusatzurlaub mit Ablauf des Urlaubsjahres, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem veröffentlichten Urteil (Az.: 5 Sa 71/22).

Arbeitgeber kündigte Schwerbehinderten Arbeitnehmer

Im Streitfall war der Kläger vom 22. August 2016 bis zu seiner Kündigung zum 15. Februar 2019 als Sicherheitsmitarbeiter beschäftigt. Seit Oktober 2014 ist er als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 anerkannt.

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte der Kläger unter anderem die Abgeltung des nicht genommenen gesetzlichen Urlaubs für Menschen mit einer Schwerbehinderung. Dabei handelt es sich um fünf Tage Zusatzurlaub pro Jahr.

Für die Jahre 2016 bis 2018 machte der Kläger geltend, sein Arbeitgeber habe ihn nicht auf den ihm zustehenden Schwerbehindertenzusatzurlaub hingewiesen und ihn nicht aufgefordert, diesen zu nehmen.

Für insgesamt zwölf nicht genommene Zusatzurlaubstage verlangte der Kläger eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.113 Euro.

Der Arbeitgeber argumentierte, die Urlaubsansprüche seien verfallen. Er habe von der Schwerbehinderung nichts gewusst.

Arbeitgeber verweigerte zusätzliche Urlaubstage

Der Kläger vertrat hingegen die Auffassung, dass ein Arbeitgeber alle Arbeitnehmer vorsorglich über mögliche Zusatzurlaubstage aufgrund einer Schwerbehinderung informieren müsse.

Unabhängig davon habe der Arbeitgeber auch Kenntnis von der Schwerbehinderung gehabt.

Lesen Sie auch:
Schwerbehinderung: Der Verschlimmerungsantrag kann den Grad der Behinderung verschlechtern

So habe er für seine Einstellung sogar einen Eingliederungszuschuss von der Agentur für Arbeit erhalten. Er sei auch nicht zu Nachtschichten eingeteilt worden, weil seine Herzerkrankung auf seine Schwerbehinderung hingewiesen habe.

Der Fall landete vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG). Die Erfurter Richter stellten in ihrem Urteil vom 30. November 2021 klar, dass der gesetzliche Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen regelmäßig mit Ablauf des Jahres verfällt, wenn dem Arbeitgeber die Schwerbehinderung nicht bekannt oder nicht offensichtlich war.

Der Arbeitgeber sei nicht verpflichtet, vorsorglich generell alle Arbeitnehmer auf den Schwerbehindertenzusatzurlaub hinzuweisen.

Änderungen 2024 für Menschen mit einer Schwerbehinderung Dr. Utz Anhalt: Alle Änderungen in 2024 für schwerbehinderte Menschen LAG Mainz: Urlaubsanspruch erlischt nach Kündigung

Vielmehr dürfe der Arbeitgeber „darauf vertrauen, dass der Arbeitnehmer ihm seine Schwerbehinderteneigenschaft mitteilt“, so das BAG.

Da das LAG Mainz hierzu keine ausreichenden Feststellungen getroffen hatte, wurde das Verfahren zurückverwiesen.

Das LAG gab jetzt dem Arbeitgeber Recht. Der Mehrurlaub sei verfallen. Der Kläger habe nicht nachweisen können, dass der Arbeitgeber von der Schwerbehinderung gewusst habe. Allein das Vorliegen einer Herzerkrankung reiche dafür nicht aus.

Zwar sei die Einstellung des Klägers von der Agentur für Arbeit mit einem Eingliederungszuschuss in Höhe von 50 Prozent des Arbeitsentgelts gefördert worden.

Eine Förderung für die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen, für die es einen Zuschuss von 70 Prozent gebe, sei jedoch nicht gewährt worden. Dies spreche dafür, dass die Schwerbehinderung nicht bekannt gewesen sei.

Der Arbeitgeber habe glaubhaft gemacht, dass er erst im Jahr 2019 durch Vorlage des Schwerbehindertenausweises von der Schwerbehinderung erfahren habe.

Damit seien die zusätzlichen Urlaubstage aus den Vorjahren verfallen.

Der Beitrag Schwerbehinderung: Urlaub verfällt ohne ausreichenden Schwerbehindertennachweis – Neues Urteil erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Rentenversicherungsbeiträge auch während der Rente?

5. Oktober 2024 - 7:55
Lesedauer 2 Minuten

Muss man bei einer Beschäftigung neben dem Bezug einer Altersrente weiterhin Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen? Besonders wichtig wird diese Frage für Rentner, die vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze eine vorgezogene Rente beziehen und dennoch weiterhin berufstätig sind.

In diesem Beitrag erklären wir ausführlich die gesetzlichen Bestimmungen und beantworten häufig gestellte Fragen zu diesem Thema.

Welche Rentenarten und Regelungen sind betroffen?

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Bezug von Renten und eine gleichzeitige Beschäftigung sind seit der Einführung der Flexirente im Jahr 2017 klar definiert.

Grundsätzlich gilt: Wer eine Altersrente vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze bezieht und weiterhin erwerbstätig ist, muss weiterhin Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen, sofern das Einkommen die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet. Diese Geringfügigkeitsgrenze liegt aktuell bei 520 Euro im Monat.

Rentenbezug und Erwerbstätigkeit vor der Regelaltersgrenze

Personen, die vorzeitig in Rente gehen – zum Beispiel im Rahmen der Altersrente für schwerbehinderte Menschen –, und gleichzeitig einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, bleiben grundsätzlich weiterhin beitragspflichtig in der Rentenversicherung. Das bedeutet, dass sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer Anteile zur Rentenversicherung aus dem Bruttoarbeitslohn entrichten müssen.

Versicherungspflicht nach Erreichen der Regelaltersgrenze

Sobald die Regelaltersgrenze erreicht wird und der Rentenbezug als Vollrente erfolgt, ändert sich die Situation. In diesem Fall greift die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Das heißt, dass keine Rentenversicherungsbeiträge mehr gezahlt werden müssen. Diese Regelung ist in §5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) verankert.

Was sind die Vorteile, wenn ich vor der Regelaltersgrenze weiterhin Beiträge zahle?

Auch wenn es auf den ersten Blick wie eine zusätzliche Belastung erscheint, weiterhin Rentenversicherungsbeiträge zu zahlen, ergeben sich daraus auch Vorteile für den Versicherten.

Durch die fortlaufende Zahlung von Rentenbeiträgen erhöht sich die spätere Rente. Dies geschieht durch die sogenannten Entgeltpunkte, die aus den gezahlten Beiträgen errechnet und dem Rentenkonto gutgeschrieben werden.

Entgeltpunkte und Rentensteigerung

Für jeden geleisteten Rentenbeitrag erhält der Versicherte zusätzliche Entgeltpunkte, die zur Berechnung der Rentenhöhe herangezogen werden.

Diese Punkte werden auch dann gutgeschrieben, wenn der Versicherte bereits eine vorgezogene Altersrente bezieht.

Der besondere Vorteil: Diese Entgeltpunkte werden ab dem Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze abschlagsfrei zur Rente hinzugerechnet, was zu einer Erhöhung der monatlichen Rentenzahlung führt.

Welche Beiträge müssen gezahlt werden?

Die Höhe der zu leistenden Rentenversicherungsbeiträge hängt von der Höhe des Bruttoarbeitslohns ab. Der Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung beträgt derzeit 9,3 % des Bruttoverdienstes, und der Arbeitgeber zahlt denselben Prozentsatz.

Diese Beiträge werden wie gewohnt vom Gehalt abgezogen und an die Rentenversicherung abgeführt.

Rentenbeiträge bei einer Teilrente

Für Personen, die sich für eine Teilrente entscheiden, gelten ähnliche Regeln wie für Bezieher einer Vollrente. Auch hier sind weiterhin Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen, solange die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht wurde und die Beschäftigung über der Geringfügigkeitsgrenze liegt. Dies gilt sowohl für Teilzeit- als auch für Vollzeitbeschäftigungen.

Was gilt für Sie?

Wer eine vorgezogene Altersrente bezieht und weiterhin arbeitet, bleibt bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung, sofern das Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze liegt.

Diese Regel stellt sicher, dass die Beitragszahler weiterhin von den Vorteilen des Rentensystems profitieren, insbesondere durch zusätzliche Entgeltpunkte, die ihre spätere Rente erhöhen.

Nach Erreichen der Regelaltersgrenze entfällt die Beitragspflicht, und der Arbeitnehmer kann das Einkommen ohne Abzüge durch die Rentenversicherung genießen. Diese Versicherungsfreiheit ist ein wesentlicher Vorteil, den viele Rentner ab diesem Zeitpunkt nutzen können.

Der Beitrag Rentenversicherungsbeiträge auch während der Rente? erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Bürgergeld: Kostensenkungsaufforderung des Jobcenters unwirksam wegen Schulumfeld

5. Oktober 2024 - 7:46
Lesedauer 6 Minuten

Eine Kostensenkung der Mietkosten für eine Leistungsempfängerin ist unzumutbar und damit  unwirksam wegen dem Schulumfeld der beiden Töchter.

Eine Kostensenkungsaufforderung des Jobcenters muss an individuelle Verhältnisse angepasst werden, wenn sie aktenkundig sind.

Hier gilt die Erfassung und Berücksichtigung der individuellen Umstände des Kinder wegen ihres Schulumfeldes und der Umstand, dass bei Alleinerziehenden eine vorhandene und benötigte Betreuungsstruktur nicht im gesamten Vergleichsraum zugänglich ist.

Aufgrund der Nichtberücksichtigung der individuellen Umstände der Kinder, ist die Kostensenkungsaufforderung des Grundsicherungsträgers unwirksam.

So dass hier weiterhin die unangemessenen, aber wegen der subjektiven Unzumutbarkeit von Kostensenkungen aber gleichwohl zustehenden tatsächlichen KdU vom Gericht zu bewilligen waren.

Kostensenkungsaufforderung des Grundsicherungsträgers war wegen folgender Fehler unwirksam

Unwirksamkeit einer Kostensenkungsaufforderung

1. Individuellen Umstände, wenn sie aktenkundig sind, müssen vom Jobcenter in Kostensenkungsaufforderungen berücksichtigt werden.

2. Jobcenter müssen aus rein wirtschaftlicher Betrachtung bei Kostensenkungsaufforderungen auch berücksichtigen, wenn zum Bsp. Leistungsbezieher aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse nur einen kleinen, geringen ALG II Anspruch haben.

3. Bei schulpflichtigen Kindern müssen Jobcenter auch Ermittlungen anstellen zu Alternativ Wohnungen.

4. Die Kostensenkungsobliegenheiten müssen vom Jobcenter auf die individuellen Verhältnisse angepasst werden, etwa durch Verweis auf anmietbare Wohnungen im Einzugsbereich der Schule

5. Jobcenter müssen auch den Umstand der Alleinerziehung für die subjektive Unzumutbarkeit eines Umzugs beachten, wenn etwa eine vorhandene und benötigte Betreuungsstruktur nicht im gesamten Vergleichsraum zugänglich ist.

So veröffentlicht aktuell vom LSG Sachsen- Anhalt

Anmerkung Detlef Brock

Liegt ein Regelbeispiel für die subjektive Unzumutbarkeit einer Kostensenkung vor, sind diese vom Jobcenter zu beachten.

Die individuellen Umstände müssen zutreffend erfasst und berücksichtigt werden. Die daraus folgenden Obliegenheiten zur Kostensenkung sind durch den Leistungsträger an diese Umstände anzupassen.

Nur dann müssen Leistungsberechtigte im Prozess darlegen, weshalb Kostensenkungsbemühungen keinen Erfolg hatten ( Leitsatz Gericht )

Das Gericht erklärt dazu folgendes

Erhalt des sozialen und schulischen Umfelds der minderjährigen Kinder ist ein Regelbeispiel – Berücksichtigung des Einzelfalls

Der notwendige Erhalt des sozialen und schulischen Umfelds der minderjährigen Kinder ist ein Regelbeispiel.

Geboten ist eine Rücksichtnahme auf die Belange der minderjährigen schulpflichtigen Kinder, die möglichst nicht zu einem Schulwechsel gezwungen werden sollen (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R – ) .

Es ist aber im Einzelfall zu prüfen, ob einem Kind ein Schulwechsel zugemutet werden könnte (BSG, Urteil vom 22. August 2012 – B 14 AS 13/12 R -).

Auch der Umstand der Alleinerziehung kann als Regelbeispiel beachtlich für die subjektive Unzumutbarkeit eines Umzugs sein, wenn etwa eine vorhandene und benötigte Betreuungsstruktur nicht im gesamten Vergleichsraum zugänglich ist

Ist das Vorliegen solcher Umstände im Ausgangspunkt aktenkundig, sind diese vom Träger der Grundsicherungsleistungen und den Gerichten im Einzelnen aufzuklären und die Konsequenzen von Amts wegen zu beachten.

Die individuellen Umstände müssen erfasst und berücksichtigt werden.

Die daraus folgenden Obliegenheiten zur Kostensenkung sind an diese Umstände anzupassen. Nur dann müssen Leistungsberechtigte im Prozess darlegen, weshalb Kostensenkungsbemühungen gleichwohl keinen Erfolg hatten (BSG, Urteil vom 22. August 2012 – B 14 AS 13/12 R – ).

Hier waren nach Auffassung des Senats die Härtefallgründe, welche die Mutter der beiden Kinder vorbrachte, eindeutig zu berücksichtigen.

Denn das Regelbeispiel des notwendigen Erhalts des sozialen und schulischen Umfelds der beiden minderjährigen Kinder für die subjektive Unzumutbarkeit eines Umzugs lag hier vor.

Insbesondere war die Klägerin als Grundschülerin auf einen kurzen Schulweg (650 m) und den Verbleib in ihrer Schulklasse angewiesen. Die andere Klägerin erreichte ihre Schule (1,5 km) regelmäßig in Begleitung einer Schulkameradin.

Regelfall der subjektiven Unzumutbarkeit von Kostensenkungen wurde auch von der Mutter erfüllt

Denn die Mutter konnte für sich in Anspruch nehmen, selbst einen Regelfall der subjektiven Unzumutbarkeit von Kostensenkungen zu erfüllen.

Sie war nach ihren Angaben als alleinerziehende Mutter ohne familiären Anschluss auf die nachbarschaftliche Unterstützung der Mietparteien des Mehrfamilienhauses angewiesen.

Der damalige Ehemann kümmerte sich nur gelegentlich um die Tochter. Die Umschulung erfolgte im Vollzeitunterricht und erlaubte der Mutter nicht ohne Weiteres, im Bedarfsfalle auch tagsüber sofort für die beiden Kinder da zu sein.

Insoweit unterschied sich die Lebenssituation deutlich von einem alleinstehenden, nicht erwerbstätigen Elternteil.

Der Hinweis auf die seinerzeitige Fortbildung der Mutter und die Aussicht auf eine baldige Eingliederung in den Arbeitsmarkt hat sich (im Nachhinein) bestätigt, da diese ab Februar 2019 berufstätig war.

Insoweit hätte angesichts der Umstände des Einzelfalls eine entsprechende Prognoseentscheidung erfolgen können

Die diesbezüglichen Einwendungen des Jobcenters zur statistischen Langzeitarbeitslosigkeit alleinerziehender Mütter überzeugen an dieser Stelle nicht.

Denn grundsätzlich werden Umschulungen von den Rehabilitationsträger nur bewilligt, wenn die gute Möglichkeit des erfolgreichen Abschlusses besteht und wenn die angebotenen Ausbildungen auch arbeitsmarktgängig sind.

Fazit:

Welche Fehler hat hier das Jobcenter begangen, warum war die Kostensenkungsaufforderung unwirksam?

1. Individuellen Umstände müssen vom Jobcenter in Kostensenkungsaufforderungen berücksichtigt werden, soweit sie aktenkundig sind, wie etwa schulpflichtige Kinder, alleinerziehende Mütter, welche keinen familiären Anschluss haben und aufgrund dessen auf Nachbarschaftshilfe und Betreuung angewiesen sind.

Das Jobcenter hatte die aktenkundigen und aus Sicht des Senats nachvollziehbaren individuellen Umstände nicht zutreffend erfasst und berücksichtigt.

2. Jobcenter müssen aus rein wirtschaftlicher Betrachtung bei Kostensenkungsaufforderungen auch berücksichtigen, wenn zum Bsp. Leistungsbezieher aufgrund ihrer Einkommensverhältniosse nur einen kleinen, geringen ALG II Anspruch haben

Die Verneinung einer subjektiven Unzumutbarkeit allein wegen der Höhe der KdU wurde der vorliegenden Einzelfallsituation nicht gerecht.

Bei einer rein wirtschaftlichen Betrachtung hätte aber auch berücksichtigt werden müssen, dass die Klägerinnen angesichts ihrer Einkommensverhältnisse nur einen geringen ergänzenden Leistungsanspruch hatten.

3. Das Jobcenter hätte Ermittlungen anstellen müssen etwa zu alternativen Wohnungen im sozialen/schulischen Umfeld der beiden Töchter

Das Jobcenter hat auch auch keinerlei Ermittlungen, etwa zu alternativen Wohnungen im sozialen/schulischen Umfeld der beiden Töchter durchgeführt.

4. Die Kostensenkungsobliegenheiten hätten vom Jobcenter auf die individuellen Verhältnisse angepasst werden müssen

Die Kostensenkungsobliegenheiten wurden nicht auf die individuellen Verhältnisse angepasst, etwa durch Verweis auf anmietbare Wohnungen im Einzugsbereich der beiden Schulen.

Mangels wirksamer Kostensenkungsaufforderung hatte daher die Mutter mit ihren beiden schulpflichtigen Kindern Anspruch auf die – zwar weiterhin – unangemessenen, aber wegen der subjektiven Unzumutbarkeit von Kostensenkungen gleichwohl Anspruch zustehenden tatsächlichen KdU.

Praxistipp Detlef Brock

Eine Kostensenkungsaufforderung ist ein reines Informationsschreiben, ein Widerspruch dagegen ist nicht möglich.

Erst wenn das Jobcenter die Mietkosten absenkt, muss unbedingt gegen diesen Bescheid Widerspruch/Klage eingelegt werden.

Umstände, die eine besondere Bindung an das nähere soziale und schulische Umfeld begründen, können die Obliegenheiten der Leistungsempfänger einschränken, die Kosten der Unterkunft zu senken.

Es kommen nicht nur gesundheitliche Gründe in Betracht, wenn es um die Gründe für die Unzumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen (insbesondere durch Umzug) geht.

Es können auch die besonderen Belange von Eltern und Kindern (vor dem Hintergrund des Art 6 Grundgesetz) solche beachtenswerte Gründe darstellen.

Es ist auf das soziale und schulische Umfeld minderjähriger schulpflichtiger Kinder Rücksicht zu nehmen ( LSG Schleswig-Holstein, L 6 AS 86/18 B ER ).

Ebenso ist die Situation von Alleinerziehenden dahin zu überprüfen, ob sie zur Betreuung ihrer Kinder auf eine besondere Infrastruktur angewiesen sind, die bei einem Wohnungswechsel in entferntere Ortsteile möglicherweise verloren ginge und im neuen Wohnumfeld nicht ersetzt werden könnte (BSG Urteil vom 19.2.2009 – B 4 AS 30/08 R -).

Die Regelung eines möglichen Absehens von einer Kostensenkungsaufforderung nach § 22 Abs. 1 S. 10 SGB 2 versetzt den Grundsicherungsträger in die Lage, den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung auch bei der Entscheidung über die Kosten der Unterkunft und Heizung zu beachten.

Ein im Rahmen dieser Einzelfallentscheidung vermutlich häufiger zu berücksichtigendes Kriterium wird sein, wie lange der Leistungsberechtigte voraussichtlich noch im Leistungsbezug stehen wird.

Ein Ausscheiden aus dem Leistungsbezug in naher Zukunft entweder aufgrund einer Arbeitsaufnahme oder des Eintritts in die Altersrente, eine bevorstehende Erhöhung der Anzahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft (bei Schwangerschaft) dürften denkbare Aspekte eines Einzelfalls sein, die einen Umzug unwirtschaftlich werden lassen können.

Jobcenter müssen aus rein wirtschaftlicher Betrachtung bei Kostensenkungsaufforderungen auch berücksichtigen, wenn zum Bsp. Leistungsbezieher aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse nur einen kleinen, geringen ALG II Anspruch haben.

Eine ursprüngliche Bewilligung der tatsächlichen Miete in einem laufenden Bewilligungszeitraum kann nicht abgeändert werden.
Das heißt, wenn der Bewilligungszeitraum vom 01.01.-31.12. die tatsächliche Miete bewilligt; dann eine Kostensenkungsaufforderung ergeht und dann ab z.B. dem 01.07. die Miete abgesenkt wird, ist dies nicht möglich ( Aussage RA Kay Füßlein).

Wichtiger Hinweis Detlef Brock

Diese Einzelfallentscheidung macht wieder sehr deutlich, wie wichtig es ist, bei Kostensenkungsaufforderungen der Grundsicherungsträger alles gut zu dokumentieren und Gründe für die Unzumutbarkeit, wie etwa schulpflichtige Kinder, Alleinerziehung, Wegfall der Betreuungsmöglichkeiten durch Dritte, dem Jobcenter bekannt zu geben.

Weil eben gerade solche Gründe Berücksichtigung bei den Kostensenkungsaufforderungen finden müssen seitens der Jobcenter.

Schlussbemerkung Detlef Brock

Aufgrund der Herausgabe der Arbeitshilfe zu Kostensenkungsaufforderungen erreichen uns gerade viele Nachfragen:

Bürgergeld: So kannst Du Dich gegen Kostensenkungsverfahren der Jobcenter oder Sozialämter wehren

Zur Zeit erlassen die Jobcenter gerade viele, rechtswidrige bzw. unwirksame Kostensenkungsaufforderungen.

Eine ursprüngliche Bewilligung der tatsächlichen Miete in einem laufenden Bewilligungszeitraum kann nicht abgeändert werden.
Das heißt, wenn der Bewilligungszeitraum vom 01.01.-31.12. die tatsächliche Miete bewilligt; dann eine Kostensenkungsaufforderung ergeht und dann ab z.B. dem 01.07. die Miete abgesenkt wird, ist dies nicht möglich, aber die Jobcenter machen es trotzdem, obwohl rechtswidrig.

So habe ich jetzt mehrere Kostensenkungen der JC gesehen, wo das doch praktiziert wurde – eindeutig rechtswidrig sagt Detlef Brock.

Während eines laufenden Bewilligungsabschnitts mit tatsächlicher Miete kann keine Kostensenkung ergehen.

Sollten Sie davon betroffen sein, ist mein Rat, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen,

denn 1. eine Kostensenkungsaufforderung ist nur ein Anhörungsschreiben, kein Widerspruch möglich.
Wird der Bescheid mit der Absenkung der Miete erlassen, ist zwar Widerspruch möglich, doch dieser hat keine aufschiebende Wirkung.

Viele Leistungsbezieher geben gleich auf, was völlig falsch ist.

Während der Zeit der Kostensenkung sollte der Hilfebedürftige schön seine Wohnungssuche dokumentieren und nachweisen, den Rest macht der Rechtsanwalt!!!

Also kompliziert für den Leistungsbezieher, aber für einen RA machbar.

Dieses Beispiel des LSG Sachsen zeigt sehr schön, wie mangelhaft doch Deutschlands Jobcenter arbeiten.

Mein Rat

Betroffene einer Kostensenkungsaufforderung sollten diese immer überprüfen lassen, ein kompetenter Rechtsanwalt ist hierzu die 1. Wahl.

Der Beitrag Bürgergeld: Kostensenkungsaufforderung des Jobcenters unwirksam wegen Schulumfeld erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Nur 72 Stunden Zeit für Bürgergeldgesetz – Experte: Das ist ein Skandal

4. Oktober 2024 - 11:51
Lesedauer 3 Minuten

Die Bundesregierung hat kürzlich durch ihr Vorgehen im Zusammenhang mit einem neuen Gesetzesentwurf die Aufmerksamkeit auf sich gezogen.

Besonders brisant ist dabei die extrem kurze Frist, die Tacheles e.V. und Sozialverbänden zur Verfügung gestellt wurde, um eine Stellungnahme abzugeben.

Dies wirft viele Fragen auf – sowohl hinsichtlich der Transparenz und Fairness des Gesetzgebungsprozesses als auch im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Lebensrealität von Bürgergeld-Beziehern.

Dr. Anhalt, Experte für Sozialrecht und Redaktionsmitglied von “Gegen Hartz”, zeigt die problematische Vorgehensweise der Bundesregierung auf und nennt sie  “einen Skandal”.

Warum ist eine 72-Stunden-Frist problematisch?

72 Stunden – insbesondere über ein Wochenende – sind kaum ausreichend sind, um auf ein hochkomplexes Gesetzesvorhaben in angemessener Weise zu reagieren.

Die betroffenen Verbände und Organisationen, darunter auch der Verein Tacheles e.V., hatten gerade einmal drei Tage Zeit, um eine Stellungnahme zu einem Gesetz zu verfassen, das weitreichende Veränderungen im Bereich der Bürgergeldgesetze und Arbeitsförderung vorsieht.

Dabei handelt es sich keineswegs um eine einfache Gesetzesänderung, sondern um eine Reform mit massiven Auswirkungen auf die Lebenssituation von Millionen von Bürgergeldbeziehern.

Die Tatsache, dass diese Frist mitten ins Wochenende fiel, erschwert die Angelegenheit zusätzlich.

An Wochenenden sind viele Büros geschlossen, was die Arbeitskapazitäten der Verbände weiter einschränkt. Eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Gesetz und die Formulierung einer präzisen Stellungnahme werden so nahezu unmöglich.

Worum geht es bei dem Gesetz zur Modernisierung der Arbeitsförderung?

Das angesprochene Reform ist die sogenannte „Neuregelungen im SGB II und SGB III zur Umsetzung von Vorhaben der Wachstumsinitiative im Bereich Arbeitsmarkt“

Hierbei geht es um gravierende Änderungen, die insbesondere härtere Sanktionen und strengere Zumutbarkeitskriterien betreffen.

Auch das Melden von Verdachtsfällen bei Schwarzarbeit an die Zollbehörden soll zukünftig eine Rolle spielen.

Diese Änderungen greifen tief in das Leben von Arbeitslosen und Arbeitssuchenden ein und könnten deren finanzielle und soziale Situation noch weiter verschlechtern.

Es ist also von Bedeutung, dass diese Änderungen von den betroffenen Verbänden und Organisationen sorgfältig geprüft und bewertet werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Rechte und Interessen der Betroffenen ausreichend dargelegt werden.

Verstößt die kurze Frist gegen bestehende Vorschriften?

Ja, die Fristsetzung verstößt gegen die gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien. Diese besagt klar, dass den betroffenen Organisationen und Verbänden eine angemessene Zeit zur Verfügung gestellt werden muss, um eine Stellungnahme abzugeben.

Diese Regelung dient dazu, eine fundierte und sachgerechte Beteiligung am Gesetzgebungsprozess zu ermöglichen und sicherzustellen, dass alle relevanten Perspektiven berücksichtigt werden.

Eine Frist von nur drei Tagen, die zudem an einem Wochenende endet, steht in direktem Widerspruch zu dieser Anforderung. Dr. Anhalt betont, dass diese Praxis „mit Füßen getreten“ wurde – eine klare Verletzung der Grundsätze der fairen und transparenten Gesetzgebung.

Welche Folgen hat die kurze Frist für die betroffenen Verbände?

Durch die extrem verkürzte Frist geraten die betroffenen Organisationen massiv unter Druck.

Es ist ihnen so praktisch unmöglich, eine fundierte und umfassende Analyse des Gesetzes vorzunehmen. Dies führt unweigerlich zu unzureichenden oder gar ausbleibenden Stellungnahmen, was wiederum der Bundesregierung die Möglichkeit bietet, “im Nachhinein zu behaupten, die betroffenen Verbände hätten zugestimmt oder keine Einwände erhoben”, so Anhalt.

Dieses Vorgehen untergräbt nicht nur die demokratischen Prinzipien des Gesetzgebungsverfahrens, sondern setzt die Interessenvertretungen der Betroffenen – also die Arbeitslosen und Arbeitssuchenden – in eine schwache Position.

Die Verbände, die sich für die Rechte dieser Menschen einsetzen, können ihre Aufgabe kaum noch wahrnehmen, wenn ihnen nicht die notwendige Zeit zur Verfügung steht, um die Auswirkungen des Gesetzes zu bewerten.

Aus diesem Grund haben einige Sozialverbände und auch Tacheles in einer Protestnote dieses Vorgehen kritisiert und begründet, warum sie keine Stellungnahme abgeben werden.

Handelt es sich um eine gezielte Strategie der Bundesregierung?

Dr. Anhalt äußert den Verdacht, dass die Bundesregierung “absichtlich eine so kurze Frist gesetzt hat, um eine fundierte Prüfung des Gesetzes zu verhindern”.

Dies sei seiner Ansicht nach “keine bloße Unprofessionalität, sondern eine bewusste Entscheidung, um die betroffenen Verbände und Organisationen von einer angemessenen Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren auszuschließen”. Er spricht in diesem Zusammenhang von einem „Skandal“.

In der Tat erweckt das Vorgehen der Bundesregierung den Eindruck, dass eine kritische Auseinandersetzung mit dem Gesetz bewusst verhindert werden soll. Dies wirft nicht nur Fragen zur Transparenz des Gesetzgebungsprozesses auf, sondern auch zur sozialen Verantwortung der Bundesregierung gegenüber den von dem Gesetz betroffenen Menschen.

Was sind die langfristigen Konsequenzen eines solchen Vorgehens?

Sollten solche Praktiken zur Norm werden, droht der Gesetzgebungsprozess in Deutschland massiv an Qualität und Legitimität zu verlieren. Eine faire und transparente Gesetzgebung ist eine der Grundsäulen des Rechtsstaats, und wenn diese Prinzipien aufgeweicht werden, leidet die gesamte Gesellschaft darunter.

Die Interessen der Schwächsten – in diesem Fall der Bürgergeldbeziehern und Arbeitssuchenden – könnten zunehmend ignoriert werden, wenn ihre Fürsprecher im Gesetzgebungsprozess nicht mehr ausreichend Gehör finden. Dies birgt die Gefahr, dass Gesetze, die tief in das Leben von Menschen eingreifen, ohne eine echte Beteiligung der Betroffenen verabschiedet werden..

Der Beitrag Nur 72 Stunden Zeit für Bürgergeldgesetz – Experte: Das ist ein Skandal erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Bürgergeld: Jobcenter zahlt Führerschein bei konkretem Arbeitsangebot

4. Oktober 2024 - 10:16
Lesedauer < 1 Minute

Das Jobcenter bezahlt den Führerschein für Bürgergeld-Bezieher nur, wenn der Arbeitgeber bescheinigt, dass er den Bewerber einstellen wird, sobald er einen Führerschein hat.

Allgemeine Verbesserung der Bewerbungschancen genügen dem LSG Hessen nicht. Eine Benachteiligung gegen über Flüchtlingen haben die Darmstädter Richter auch nicht gesehen.

Ein Anspruch nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in Verbindung mit § 44 SGB III ist auch nach Ansicht des Gerichts (Urteil vom 28.02.2024 – L 6 AS 75/23) nicht gegeben, weil die Förderung an das Vorliegen eines konkreten bedingten Arbeitsplatzangebots geknüpft ist.

Verbesserung der allgemeinen Bewerbungschancen reicht nicht

Der Leistungsempfänger hatte weder vorgetragen noch belegt, dass ein potenzieller Arbeitgeber seine Einstellung von der begehrten Fahrerlaubnis abhängig mache.

Keine Verletzung von Art. 3 GG – keine Benachteiligung gegenüber Flüchtlingen

Eine Benachteiligung gegenüber Flüchtlingen oder EU-Ausländern – der Bürgergeld – Empfänger hatte eine Verletzung von Art. 3 GG gerügt – konnte das Gericht ebenfalls nicht erkennen.

Das Bundessozialgericht Az. B 4 AS 67/24 BH hat mit Beschluss vom 01.07.2024 den Prozesskostenhilfeantrag des Leistungsempfängers abgelehnt.

Anmerkung Detlef Brock

Vorliegend bestand kein Anspruch auf die Gewährung der begehrten Leistung, da die Förderung an das Vorhandensein einer konkreten Arbeitsstelle anknüpft (LSG Hamburg, Urteil vom 21. Mai 2010 – L 5 AS 79/09 – ; Apidopoulos in: Heinz u.a., Sozialgesetzbuch III – Arbeitsförderung, 7. Auflage, 2020, § 44 Rn. 79).

Dass eine Fahrerlaubnis für die berufliche Eingliederung hilfreich wäre, kann einen Anspruch des Leistungsempfängers nicht begründen ( LSG NRW, Beschluss v. 20.05.20214 – L 2 AS 626/14 B ER -).

Der Beitrag Bürgergeld: Jobcenter zahlt Führerschein bei konkretem Arbeitsangebot erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Bist Du Schöffe, reduziert sich das Bürgergeld

4. Oktober 2024 - 10:11
Lesedauer 4 MinutenLSG Niedersachsen-Bremen: Bürgergeld-Bezieher müssen Schöffenbezüge dem Jobcenter melden

Eine Verdienstausfallentschädigung aus der Schöffentätigkeit ist anrechenbares Einkommen beim Bürgergeld. Sie sind nicht als zweckbestimmte Leistungen aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften i. S. d. § 11a Abs. 3 SGB II und damit nicht als anrechnungsfreies Einkommen zu qualifizieren, so das LSG Niedersachsen -Bremen, Urteil vom 29.08.2024 – L 11 AS 75/21 – .

Denn mit einer Verdienstausfallentschädigung wird kein anderer Zweck als der der Sicherung des Lebensunterhalts verfolgt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 – B 14 AS 93/10 R – ).

Keiner abschließenden Entscheidung bedarf es, ob das Einkommen um den allgemeinen Grundfreibetrag nach § 11 b Abs. 2 Satz 1 SGB II oder um den erhöhten Grundfreibetrag – Ehrenamtsfreibetrag – ( nach § 11 b Abs. 2 Satz 3 SGB II ,in der hier anzuwendenden vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung ) zu bereinigen war

Denn der erhöhte Grundfreibetrag ist maßgeblich, wenn eine leistungsberechtigte Person mindestens aus einer Tätigkeit Bezüge oder Einnahmen erhält, die nach § 3 Nr. 12, 26, 26a oder 26b Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei sind.

Nach dem klaren Gesetzeswortlaut sei kein Jahresfreibetrag, sondern ein Monatsfreibetrag von 200,00 Euro zu berücksichtigen.

Nach Auffassung der Richter des LSG Niedersachsen- Bremen war der Berechnung vorliegend nicht ein Jahresgesamtfreibetrag in Höhe von 2.400,00 Euro zugrunde zu legen, so aber der Leistungsempfänger. Dass hier von einem monatlichen Freibetrag auszugehen war, wird auch durch die Rechtsentwicklung bestätigt.

Erst 2023 sei mit dem Bürgergeldgesetz eine Neuausrichtung auf das Jahresprinzip erfolgt

Denn erst mit dem Wegfall des § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II und der mit Wirkung vom 1. Juli 2023 durch das Bürgergeld-Gesetz vom 16. Dezember 2022 erfolgten Überführung der Privilegierung von ehrenamtlichen bzw. nebenberuflichen Einkünften in § 11a Abs. 1 Nr. 5 SGB II ist eine Neuausrichtung vom Monats- auf das Jahresprinzip und vom Freibetragsprinzip auf eine Einkommensprivilegierung erfolgt (vgl. dazu Schmidt/Lange in: Luik/Harich, SGB II, 6. Auflage 2024, § 11a Rn. 12c).

Kein Vertrauensschutz für den Leistungsempfänger, denn Bürgergeld- Empfänger sind nicht von der obliegenden Anzeige- und Mitteilungspflicht nach Maßgabe des § 60 Abs. 1 Sozialgesetzbuch SGB I befreit

Der Leistungsbezieher konnte sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da er dem Beklagten die Ausübung der Tätigkeit als Schöffe bzw. den damit verbundenen Bezug von Entschädigungen für Verdienstausfall nicht angezeigt hat.

Anmerkung Detlef Brock

Beim Bürgergeld gilt ab 2023: § 11a Abs. 1 Nr. 5 SGB II

Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nummer 12, Nummer 26 oder Nummer 26a des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, soweit diese Einnahmen einen Betrag in Höhe von 3 000 Euro im Kalenderjahr nicht überschreiten.

Seit dem 01.07.2023 ist beim Bürgergeld nur der jährliche Freibetrag entscheidend, so dass monatlich auch höhere Beträge ausgezahlt werden können, so lange in Summe die 3.000 Euro jährlich nicht überschritten werden.

Was gibt es alles? Beispiele für ehrenamtliche Tätigkeiten

Die Liste für ehrenamtliche Tätigkeiten ist lang. Beispiele wären unter anderem die folgenden:

  • Schöffen (ehrenamtliche Richter)
  • Mitarbeiter in religiösen Gemeinden (Mitgestaltung des Gottesdienstes,
  • Organisation und Begleitung von freiwilligen Unternehmungen)
  • Hilfsorganisationen (Organisation von Lehrgängen, Hilfe bei Blutspendeaktionen)
  • Feuerwehr (Ausbildung als Lösch- und Rettungskraft)
  • Ehrenamt bei der Polizei
  • Trainer oder Betreuer für Sportvereine
  • Sozial- und Jugendarbeiter

Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflicher Tätigkeit nach § 3 Nummer 12, 26 o- der 26a EStG bis zu 3.000,00 Euro kalenderjährlich Steuerfreie Einnahmen oder Bezüge können Einkommen aus nicht selbstständiger Arbeit sein.

Mit der Einführung des Bürgergeldes sind solche Einnahmen ab dem 01.07.2023 unter bestimmten Voraussetzungen als privilegiertes Einkommen nach § 11a Absatz 1 Nummer 5 zu behandeln. Einnahmen aus Tätigkeiten nach § 3 Nummer 12, 26 und/oder 26a EStG sind nach § 11a Absatz 1 Nummer 5 bis zu einem Betrag von 3000,00 Euro kalenderjährlich nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

Unter der Übungsleiterpauschale versteht man dabei eine Vergünstigung nach § 3 Nummer 26 Einkommensteuergesetzes (EStG). Nebenberufliche Einkünfte sind bis zu einer Höhe von jährlich 3.000,00 Euro steuerfrei, wenn eine (nebenberufliche) Tätigkeit für eine gemeinnützige Organisation oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts vorliegt.

Als nebenberuflich gilt eine Tätigkeit, wenn die Arbeitszeit nicht mehr als ein Drittel einer vergleichbaren Vollzeitstelle beträgt, das heißt maximal 13 Stunden pro Woche. Für die Nebenberufliche Tätigkeit ist das Vorliegen eines – Hauptberufes – ohne Belang (auch Rentner oder Studenten kommen also in Frage), die Nebentätigkeit muss sich aber vom ausgeübten Hauptberuf unterscheiden.

Nicht von § 3 Nummer 26 EStG (Übungsleiter/in) erfasste ehrenamtliche nebenberufliche Tätigkeiten bei einer gemeinnützigen Einrichtung/Verein oder bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sind als nebenberufliche Tätigkeit nach § 3 Nummer 26a EStG bis zur Höhe von 840,00 Euro jährlich steuerbefreit. Zu diesen Tätigkeiten gehören z. B. Vereinsvorstände, Vereinskassierer, Platz- und Gerätewarte.

Auch Bezüge, die nach § 3 Nummer 12 EStG steuerfrei sind („aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge, die in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz oder einer auf bundesgesetzlicher oder landesgesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder von der Bundesregierung oder einer Landesregierung als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden“) sind nach § 11a Absatz 1 Nummer 5 privilegiert.

Sofern einzelne Bestandteile der Aufwandsentschädigungen zusätzlich auch nach § 11b Absatz 3 Satz 1 privilegiert sind, muss die
Höhe des nicht zu berücksichtigenden Einkommens in zwei Prüfschritten festgestellt werden.

Beispiel:

Eine Bezirksabgeordnete aus X-Stadt bezieht eine steuerfreie Aufwandsentschädigung (§ 3 Nummer 12 EStG).
Diese setzt sich wie folgt zusammen:

  1. 295,00 Euro Grundentschädigung mtl.
  2. 31,00 Euro Sitzungsgeld für jede Plenarsitzung
  3. 20,00 Euro Sitzungsgeld für jede Ausschusssitzung
  4. 41,00 Euro Fahrtkosten mtl.
Schritt 1:

Die Bestandteile für den tatsächlichen Aufwand, die nicht dem gleichen Zweck wie die Leistungen nach dem SGB II dienen, sind nach § 11a Absatz 3 zu privilegieren.

Dazu können je nach (landesrechtlicher) Regelung zählen:

31,00 Euro Sitzungsgeld für jede Plenarsitzung
20,00 Euro Sitzungsgeld für jede Ausschusssitzung
41,00 Euro Fahrtkosten mtl.
Nach Abzug der privilegierten Bestandteile verbleiben 295,00 Euro.

Schritt 2:

Das verbleibende nicht nach § 11a Absatz 3 privilegierte Einkommen ist bis zu einem Betrag von 3000,00 Euro kalenderjährlich nach § 11a Absatz 1 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Quelle: Fachliche Weisungen BA zu § 11-11b SGB II

Der Beitrag Bist Du Schöffe, reduziert sich das Bürgergeld erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

EM-Rente: Darf die Erwerbsminderungsrente gepfändet werden?

4. Oktober 2024 - 9:30
Lesedauer 2 Minuten

Wer Schulden hat und eine Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) bezieht, macht sich Sorgen, dass die Rentenbezüge gepfändet werden könnten. Kann die EM-Rente gepfändet werden? Diese und weitere Fragen beantworten wir in diesem Artikel.

Was ist eine Pfändung?

Eine Pfändung ist ein rechtliches Mittel, das Gläubigern ermöglicht, auf das Einkommen oder Vermögen eines Schuldners zuzugreifen, wenn dieser seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt.

Dies erfolgt in der Regel durch einen Gerichtsbeschluss, der es Gläubigern erlaubt, auf finanzielle Mittel des Schuldners, wie z. B. Gehälter, Bankguthaben oder Renten, zuzugreifen.

Die deutsche Rechtsprechung sieht vor, dass nahezu jedes Einkommen, einschließlich der gesetzlichen Rente, gepfändet werden kann. Doch wie verhält es sich speziell mit der Erwerbsminderungsrente?

Jede gesetzliche Rente kann gepfändet werden

Wie Peter Knöppel, Rechtsanwalt und Rentenberater, klarstellt, kann grundsätzlich jede gesetzliche Rente gepfändet werden, auch die Erwerbsminderungsrente.

Dies bedeutet, dass Gläubiger auch auf diese Art von Rente zugreifen können, wenn offene Schulden bestehen.

Die Pfändung erfolgt in der sogenannten „Auszahlungsphase“, also dann, wenn die Rente an den Empfänger ausgezahlt wird. In diesem Fall kann der Gläubiger eine Pfändung veranlassen und auf den pfändbaren Teil der Rente zugreifen.

Gibt es Unterschiede zwischen verschiedenen Rentenarten?

Ja, es gibt Unterschiede zwischen den verschiedenen Rentenarten. Die Erwerbsminderungsrente wird wie die Altersrente und die Witwenrente behandelt.

Auch diese Renten können grundsätzlich gepfändet werden, jedoch gibt es hierbei bestimmte Freigrenzen, die den pfändbaren Anteil begrenzen. Im Jahr 2024 beträgt diese Freigrenze beispielsweise 1.499 Euro netto pro Monat für eine Einzelperson.

Alles, was über diese Freigrenze hinausgeht, kann von Gläubigern gepfändet werden. Diese Grenze kann jedoch je nach individueller Lebenssituation variieren, beispielsweise wenn weitere unterhaltsberechtigte Personen im Haushalt leben.

Wie wird die Freigrenze festgelegt?

Die Festlegung der Pfändungsfreigrenze erfolgt durch das zuständige Gericht, in der Regel das Pfändungsgericht.

Der Rentenempfänger muss gegenüber der Deutschen Rentenversicherung und dem Gericht nachweisen, wie hoch sein monatliches Einkommen ist und welche pfändungsfreien Beträge ihm zustehen.

Die Freigrenze soll sicherstellen, dass der Rentner weiterhin ein Existenzminimum zur Verfügung hat, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Was passiert, wenn die Rente unter der Freigrenze liegt?

Wenn die Erwerbsminderungsrente unterhalb der festgelegten Freigrenze liegt, kann sie in der Regel nicht gepfändet werden, betont der Anwalt. Das bedeutet, dass der Rentner in diesem Fall geschützt ist und seine Rente weiterhin in voller Höhe erhält.

Sollte jedoch die Rente die Freigrenze überschreiten, kann der darüber liegende Betrag gepfändet werden. Allerdings können auch Beträge angespart werden, wie wir in diesem Beitrag erläutern. Dazu sollte unbedingt ein sogenanntes P-Konto angelegt werden, rät der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt.

Was sollten Betroffene tun, wenn eine Pfändung droht?

Sollte einem Rentner eine Pfändung drohen, ist es wichtig, schnell zu handeln und sich rechtzeitig an das zuständige Gericht und die Rentenversicherung zu wenden.

Es kann ratsam sein, einen Anwalt oder Rentenberater hinzuzuziehen, um den Prozess zu begleiten und sicherzustellen, dass die Rechte des Rentners gewahrt bleiben. Zudem ist es wichtig, die notwendigen Informationen und Nachweise über Einkommen und Ausgaben vorzulegen, damit die Pfändungsfreigrenze korrekt festgelegt werden kann.

Pfändung von Rentenanwartschaften – Was bedeutet das?

Ein weiterer Punkt ist die Möglichkeit der Pfändung von Rentenanwartschaften. Rentenanwartschaften sind zukünftige Ansprüche auf eine Rente, die noch nicht in der Auszahlungsphase sind.

Die Pfändung solcher Ansprüche ist in der Regel schwieriger und kommt seltener vor. Hierzu bedarf es spezieller rechtlicher Regelungen, und der Prozess ist komplexer als bei der Pfändung von Renten, die bereits ausgezahlt werden.

Der Beitrag EM-Rente: Darf die Erwerbsminderungsrente gepfändet werden? erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Bürgergeld: Recht auf Akteneinsicht im Jobcenter in Anspruch nehmen

3. Oktober 2024 - 18:21
Lesedauer 2 Minuten

Wer als Sozialhilfe oder Bürgergeld-Bezieher wissen will, was das Jobcenter alles gespeichert hat, kann Akteneinsicht beantragen.

Denn das Gesetz garantiert ein Recht auf Einsicht in die eigenen Akten (§ 25 SGB X). Dazu müssen Sie aber darlegen, warum die Kenntnis der Akten für Sie im Zusammenhang mit einem konkreten Vorhaben (z.B. Widerspruch) wichtig ist.

Akteneinsicht beim Jobcenter

Denn nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB X besteht das Recht auf Akteneinsicht nur, wenn die Kenntnis der Akten zur Geltendmachung oder Verteidigung rechtlicher Interessen erforderlich ist.

Die Akten sind in der Regel bei der Behörde selbst einzusehen (§ 25 Abs. 4 SGB X). Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 SGB X können Sie Kopien selbst anfertigen oder von der Behörde anfertigen lassen.

Und bei elektronischen Akten?

Wird über Sie eine elektronische Akte geführt, können Sie u. a. verlangen, dass Ihnen die entsprechenden Unterlagen ganz oder teilweise ausgedruckt werden oder dass Ihnen die Unterlagen am Bildschirm zur Einsicht überlassen werden (§ 25 Abs. 5 Satz 2 SGB X).

Bei all dem sollten Sie aber bedenken, dass Sie für die angefertigten Kopien oder Ausdrucke unter Umständen bezahlen müssen. Die Kosten hierfür sind jedoch überschaubar.

Wie lange werden meine Daten gespeichert?

Sozialdaten dürfen nur so lange gespeichert werden, wie sie für die Aufgabenerfüllung des Jobcenters oder des Sozialamtes erforderlich sind (§ 84 Abs. 2 SGB X). Eine konkrete Jahreszahl gibt der Gesetzgeber nicht vor. Die Behörde muss die Aufbewahrungsfrist selbst festlegen. Häufig werden die Daten 5 Jahre nach Beendigung der Leistung aufbewahrt.

Akteneinsicht für Widerspruch/Klage

Wer Widerspruch einlegt oder Klage erhebt, um seine Rechte durchzusetzen, sollte immer Akteneinsicht beantragen, um weitere Informationen zu erhalten. Oft können Aktenvermerke bei der Durchsetzung von Rechten helfen.

Wie man einen Widerspruch einlegt, haben wir einmal anhand dieses Formulars gezeigt. Darin ist auch der Antrag auf Akteneinsicht enthalten.

Musterantrag für Akteneinsicht

Name des Absenders Straße PLZ und Ort
Postvermerk Ihr Zeichen:
Ihre Nachricht vom:
ARGE
Ansprechpartner Tel./Fax:
Straße E-Mail:
PLZ Ort , Datum

Betreff: Widerspruch gegen Ihren Bescheid vom ______
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erhebe ich gegen Ihren oben genanten Bescheid, der mir am ____ zugegangen ist, Widerspruch. Der
Widerspruch erfolgt zunächst fristwahrend.

Zugleich bitte ich auf der Grundlage von § 25 Abs. 1 SGB X um Einsicht in sämtlichen für Ihre Entscheidung herangezogenen Akten, einschließlich aller ärztlicher Gutachten und aller Stellungnahmen des medizinischen Dienstes – bzw. um Zusendung von Kopien dieser Unterlagen. Nach Erhalt / nach Einsicht der gewünschten Unterlagen werde ich meinen Widerspruch begründen. Mit freundlichen Grüßen

Der Beitrag Bürgergeld: Recht auf Akteneinsicht im Jobcenter in Anspruch nehmen erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Bürgergeld: Das Zuflussprinzip kann ein echtes Problem werden

3. Oktober 2024 - 18:09
Lesedauer 3 Minuten

Das Zuflussprinzip sorgt immer wieder für Verwirrung. Grundsätzlich besagt dieses Prinzip, dass Einkommen erst dann auf die Bürgergeld-Leistungen angerechnet wird, wenn es tatsächlich auf dem Konto der Leistungsbeziehenden eingeht.

So soll eigentlich sichergestellt werden, dass niemand mittellos dasteht, bevor das erste Gehalt oder eine andere Einkommensquelle tatsächlich fließt.

Doch in der Praxis kann dieses Prinzip zu erheblichen Problemen führen, wie der Fall einer Mutter zeigt, deren Bürgergeld-Leistungen aufgrund eines Minijobs gestrichen wurden.

Warum wurde das Bürgergeld gestrichen?

Im besagten Fall meldete eine Mutter dem Jobcenter die Aufnahme eines Minijobs zum ersten August.

Daraufhin wurden ihre Bürgergeld-Leistungen einschließlich der Mietzahlungen sofort eingestellt, obwohl das erste Gehalt erst Mitte September eingehen sollte.

Hierbei griff das Jobcenter offensichtlich zu früh ein und handelte gegen das Zuflussprinzip. Nach dieser Regel hätte die Betroffene bis zum tatsächlichen Geldeingang weiter Anspruch auf ihre Bürgergeld-Leistungen gehabt.

Der Fall zeigt ein strukturelles Problem in der Praxis der Jobcenter. Theoretisch soll das Zuflussprinzip verhindern, dass Leistungsbeziehende vor dem ersten Gehalt ohne finanzielle Mittel dastehen.

Doch in vielen Fällen verhalten sich Jobcenter anders und streichen die Bürgergeld-Leistungen, sobald sie von zukünftigen Einnahmen erfahren – selbst wenn das Geld noch nicht überwiesen wurde.

Diese Praxis führt dazu, dass Betroffene ohne jegliche finanzielle Unterstützung bleiben, bis das erste Gehalt tatsächlich auf ihrem Konto eingeht.

Lesen Sie auch:

Was hätte die Mutter tun können?

Eine Möglichkeit, die finanzielle Notlage zu überbrücken, wäre ein Überbrückungsdarlehen gewesen. Ein solches Darlehen kann beim Jobcenter beantragt werden, um die Zeit bis zur ersten Gehaltszahlung zu überbrücken.

Allerdings wissen viele Bürgergeld-Beziehende entweder nichts von dieser Möglichkeit, oder sie erhalten von den Jobcentern keine ausreichenden Hinweise darauf, wie sie dieses Darlehen beantragen können.

In diesem Fall hätte die Mutter im Vorfeld aktiv werden und einen solchen Antrag stellen müssen. Leider geschieht dies häufig nicht, weil die Sachbearbeiter in den Jobcentern dies den Betroffenen nicht sagen und viele Leistungsberechtigte selbst von dieser Möglichkeit nichts wissen.

Welche Optionen haben Betroffene?

Wenn das Jobcenter Bürgergeld-Leistungen vorschnell einstellt, sollten Betroffene aktiv werden und Widerspruch einlegen.

Gerade wenn zwischen der Aufnahme der Arbeit und der ersten Gehaltszahlung mehr als ein Monat liegt, ist ein Widerspruch absolut sinnvoll und rechtlich begründet.

Es besteht die Möglichkeit, dass das Jobcenter den Bescheid auf Grundlage des Widerspruchs korrigiert und die fehlenden Zahlungen nachträglich leistet.

Viele Bürgergeld-Beziehende befürchten jedoch, dass sie durch den Widerspruch Nachteile erleiden könnten – beispielsweise in Form von Sanktionen. Doch diese Angst ist unbegründet: Ein Widerspruch führt nicht zu Sanktionen, wenn er gerechtfertigt ist.

Wie kann man sich schützen?

Um der Situation vorzubeugen, gibt es mehrere Handlungsmöglichkeiten. Eine davon ist, eine klare Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zu treffen. Diese könnte beispielsweise beinhalten, dass das erste Gehalt erst zum ersten Tag des Folgemonats ausgezahlt wird, um Komplikationen mit dem Zuflussprinzip zu vermeiden.

Auf diese Weise würde das Einkommen in den richtigen Monat fallen und das Risiko einer vorzeitigen Streichung der Bürgergeld-Leistungen minimiert werden.

Warum ist das Zuflussprinzip problematisch?

Das Zuflussprinzip, das eigentlich dem Schutz der Leistungsbeziehenden dienen soll, ist in seiner praktischen Umsetzung oft problematisch. Zum einen erfordert es eine genaue Abstimmung zwischen Jobcentern und Leistungsbeziehenden, die in der Praxis oft nicht funktioniert.

Zum anderen führt es zu Unsicherheiten, wenn Jobcenter über zukünftige Einkünfte informiert werden, aber das Einkommen noch nicht eingegangen ist. Diese Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis verursacht immer wieder Situationen, in denen Bürgergeld-Beziehende ohne Unterstützung bleiben, obwohl sie theoretisch noch Anspruch auf die Leistungen haben.

Zusätzlich erschwert die Unkenntnis vieler Betroffener über ihre Rechte und Möglichkeiten – wie etwa das Überbrückungsdarlehen – die Lage. Ohne rechtliche Beratung und Aufklärung durch das Jobcenter stehen viele Leistungsbeziehende vor existenziellen Problemen.

Der Beitrag Bürgergeld: Das Zuflussprinzip kann ein echtes Problem werden erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Behinderungen: So bekommt man mehr Schwerbehindertenprozente

3. Oktober 2024 - 13:19
Lesedauer 3 Minuten

Der Schwerbehindertenausweis kann Erleichterungen im Alltag bringen, sei es durch steuerliche Vorteile oder besondere Schutzrechte im Berufsleben. Doch wie kommt man mehr Schwerbehindertenprozente, genauer gesagt, einen höheren Grad der Behinderung (GdB)?

Welche Faktoren spielen eine Rolle, und wie wird der Grad der Behinderung ermittelt? In diesem Artikel werden wir diese Fragen umfassend beleuchten und die wichtigsten Aspekte klären.

Was ist der Grad der Behinderung (GdB)?

Zunächst ist es wichtig zu verstehen, dass im Schwerbehindertenrecht nicht von „Prozenten“ gesprochen wird, sondern vom Grad der Behinderung (GdB).

Dieser GdB wird in Zehnerschritten von 20 bis 100 festgelegt, wobei 100 den maximalen Grad der Behinderung darstellt. Der Grad der Behinderung misst dabei nicht den gesundheitlichen Zustand an sich, sondern die Auswirkungen der gesundheitlichen Einschränkungen auf die alltäglichen Lebensaktivitäten.

Ein Betroffener  mit einem GdB von 50 gilt als schwerbehindert und hat Anspruch auf entsprechende Nachteilsausgleiche.

Der GdB wird nicht auf Basis einer bestimmten Diagnose allein vergeben, sondern aufgrund der sogenannten „Funktionseinschränkungen“.

Diese beschreiben, wie stark eine Person durch ihre Erkrankung oder Behinderung im Alltag beeinträchtigt ist.

So können zwei Menschen mit der gleichen Diagnose unterschiedliche GdB-Werte erhalten, je nachdem, wie stark die jeweilige Erkrankung ihren Alltag beeinträchtigt.

Lesen Sie auch:

Wie wird der Grad der Behinderung ermittelt?

Der Prozess der GdB-Ermittlung basiert auf der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV). In dieser Verordnung sind für viele Erkrankungen Richtwerte festgelegt, die angeben, welchen GdB eine bestimmte Krankheit oder Behinderung auslösen kann.

Hierbei handelt es sich jedoch nur um Richtlinien. Die tatsächliche Vergabe des GdB hängt stark davon ab, wie die Erkrankung den betroffenen Menschen im Alltag beeinträchtigt.

Wichtig dafür ist der ärztliche Bericht. Es reicht nicht aus, dass der Arzt lediglich eine Diagnose bescheinigt. Vielmehr muss er detailliert beschreiben, welche Auswirkungen die Krankheit auf die Lebensführung der betroffenen Person hat.

Die Frage, woran dich deine Erkrankung hindert, steht dabei im Mittelpunkt: Was kannst du aufgrund deiner Krankheit oder Behinderung nicht mehr tun? Seit wann bestehen diese Einschränkungen? Sind sie vorübergehend oder dauerhaft?

Diese Infos sind entscheidend, damit das zuständige Amt den GdB festlegen kann.

Werden einzelne Behinderungen addiert?

Ein häufiger Irrtum ist, dass verschiedene Erkrankungen oder Behinderungen automatisch zu einer Addition der GdB führen.

In der Praxis ist dies nicht der Fall. Es werden nur dann höhere GdB-Werte gewährt, wenn sich die Funktionseinschränkungen der verschiedenen Krankheiten gegenseitig verstärken.

Ein Beispiel: Wenn jemand sowohl schlecht sieht als auch schlecht hört, können diese beiden Einschränkungen im Zusammenspiel einen höheren GdB ergeben, da sie zusammen eine deutlich schwerwiegendere Beeinträchtigung im Alltag darstellen.

Anders verhält es sich, wenn die Erkrankungen nebeneinander stehen, aber keine Wechselwirkungen zeigen.

Ein Beispiel wäre eine Person, die schlecht laufen kann und zusätzlich an einer psychischen Erkrankung leidet.

Solange die beiden Einschränkungen nicht miteinander in Wechselwirkung stehen und sich nicht gegenseitig verstärken, wird der GdB nicht automatisch höher ausfallen.

Wie beantrage ich den Schwerbehindertenausweis?

Der Weg zum Schwerbehindertenausweis führt über einen Antrag, der beim zuständigen Versorgungsamt gestellt werden muss. Dem Antrag sollten ärztliche Unterlagen beigefügt werden, die die gesundheitlichen Einschränkungen detailliert dokumentieren.

Der Antragsteller muss hierbei beachten, dass es nicht ausreicht, Diagnosen einzureichen. Wichtig ist, dass die Funktionseinschränkungen – also die Auswirkungen auf den Alltag – im Vordergrund stehen.

Sobald der Antrag eingereicht ist, prüft das Versorgungsamt die Unterlagen und legt anhand der Versorgungsmedizin-Verordnung und des ärztlichen Berichts den GdB fest.

Sollte der Antrag abgelehnt oder der GdB zu niedrig angesetzt werden, besteht die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen und gegebenenfalls eine gerichtliche Überprüfung anzustrengen.

Was tun bei Problemen mit dem Schwerbehindertenantrag?

Es kommt häufig vor, dass Betroffene Schwierigkeiten beim Ausfüllen des Antrags haben oder mit der Entscheidung des Amtes nicht einverstanden sind.

In solchen Fällen ist es ratsam, sich professionelle Unterstützung zu suchen. Sozialverbände, wie der Sozialverband Deutschland, bieten Beratungsdienste an, die Betroffenen helfen können, den Antrag korrekt zu stellen und sich durch den Bürokratiedschungel zu navigieren. Diese Beratungsstellen unterstützen auch im Falle von Widersprüchen oder Klagen.

Der Beitrag Behinderungen: So bekommt man mehr Schwerbehindertenprozente erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker