GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp

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Aktualisiert: vor 1 Stunde 30 Minuten

Auszahlung der Rente an den Feiertagen mit 2 Besonderheiten

23. Dezember 2025 - 11:26
Lesedauer 6 Minuten

Wenn zum Jahresende die Feiertage näher rücken, taucht bei vielen Rentnerinnen und Rentnern eine ganz praktische Frage auf: Kommt die Rente für den Januar bereits im Dezember – und falls ja, wann genau?

Hinter dieser Frage steckt weniger ein „Sonderbonus“ als vielmehr ein festes Auszahlungsprinzip der gesetzlichen Rentenversicherung. Entscheidend ist, ob die Rente im Nachhinein oder im Voraus gezahlt wird. Genau an dieser Stelle entstehen im Dezember regelmäßig Missverständnisse, weil der Zahlungseingang zwar „früh“ wirkt, inhaltlich aber häufig bereits dem Folgemonat zugeordnet ist.

Das Grundprinzip: Auszahlung nachschüssig – mit einer wichtigen Ausnahme

Die gesetzliche Rente wird in Deutschland grundsätzlich nach einem festen Schema ausgezahlt. Für die große Mehrheit gilt: Die Zahlung erfolgt am Monatsende für den laufenden Monat. Das heißt, die Januar-Rente ist bei diesen Rentnerinnen und Rentnern nicht im Dezember auf dem Konto, sondern am Ende des Januars.

Daneben gibt es jedoch eine Ausnahme, die besonders ältere Rentenjahrgänge betrifft: Renten, die bereits vor April 2004 begonnen haben, werden monatlich im Voraus gezahlt.

Dann kommt das Geld für einen Monat nicht am Ende dieses Monats, sondern am letzten Bankarbeitstag des Vormonats. Genau aus diesem Grund wird die Rente „für Januar“ in diesen Fällen bereits im Dezember überwiesen. Für Hinterbliebenenrenten gilt das ebenfalls, wenn sie nahtlos an eine solche „Voraus-Rente“ anschließen.

Was heißt „im Dezember für Januar“ konkret – und wer ist betroffen?

„Im Dezember für Januar“ betrifft ausschließlich Renten, die im Voraus ausgezahlt werden. Wer erst ab April 2004 erstmals Rente bezogen hat, erhält die Januar-Rente in der Regel erst Ende Januar. Wer dagegen schon vor April 2004 in Rente gegangen ist, bekommt die Januar-Rente Ende Dezember.

In der Praxis führt das jedes Jahr zu einem typischen Effekt: Menschen mit Vorauszahlung haben ihre Dezember-Rente bereits Ende November erhalten und sehen im Dezember dann nur noch eine Zahlung – die aber bereits für Januar bestimmt ist. Wer darauf nicht achtet, wundert sich leicht, weil „die Dezember-Rente“ vermeintlich später kommt, obwohl sie tatsächlich schon im November gutgeschrieben wurde.

Der entscheidende Begriff: Bankarbeitstag ist nicht gleich Kalendertag

Die Rentenzahlung orientiert sich nicht am letzten Kalendertag des Monats, sondern am letzten Bankarbeitstag. Und hier liegt im Dezember eine Besonderheit, die viele erst bemerken, wenn sie ihr Konto prüfen: Heiligabend und Silvester sind zwar keine gesetzlichen Feiertage, gelten im Zahlungsverkehr aber als geschäftsfreie Tage. Damit sind sie bei der Frage „letzter Bankarbeitstag“ so zu behandeln, als wären sie bankfrei. Das kann dazu führen, dass die Rentenzahlung vorgezogen wird.

Gerade zum Jahreswechsel ist das relevant, weil die Monatsletzten häufig auf Tage fallen, an denen Banken und Zahlungsverkehr nicht wie an normalen Werktagen arbeiten. Wer seine laufenden Abbuchungen, Daueraufträge oder Mieten eng am Monatswechsel terminiert hat, sollte diesen Unterschied kennen, weil ein Tag Vorziehung im Dezember die Liquiditätsplanung spürbar verändern kann.

Der konkrete Zahltag Ende Dezember 2025 für die Januar-Rente 2026

Für den kommenden Jahreswechsel (Januar 2026) ist die Konstellation besonders anschaulich.

Der 31. Dezember 2025 ist zwar ein Mittwoch, gilt im Zahlungsverkehr jedoch als geschäftsfreier Tag. Damit ist der letzte Bankarbeitstag im Dezember 2025 der Dienstag, 30. Dezember 2025. Rentnerinnen und Rentner mit Vorauszahlung bekommen die Januar-Rente 2026 daher mit Wertstellung zum 30. Dezember 2025 überwiesen.

Wer dagegen nachschüssig bezahlt wird, erhält die Januar-Rente 2026 erst Ende Januar. Da der 31. Januar 2026 auf einen Samstag fällt, ist der letzte Bankarbeitstag im Januar 2026 der Freitag, 30. Januar 2026.

Rentenzahlungen 2026 bei nachschüssiger Auszahlung (Rentenbeginn ab April 2004) Monat (Rente für) Auszahlungstermin Januar 2026 30. Januar 2026 (Freitag) Februar 2026 27. Februar 2026 (Freitag) März 2026 31. März 2026 (Dienstag) April 2026 30. April 2026 (Donnerstag) Mai 2026 29. Mai 2026 (Freitag) Juni 2026 30. Juni 2026 (Dienstag) Juli 2026 31. Juli 2026 (Freitag) August 2026 31. August 2026 (Montag) September 2026 30. September 2026 (Mittwoch) Oktober 2026 30. Oktober 2026 (Freitag) November 2026 30. November 2026 (Montag) Dezember 2026 30. Dezember 2026 (Mittwoch) Rentenzahlungen 2026 bei vorschüssiger Auszahlung (Rentenbeginn bis März 2004) Monat (Rente für) Auszahlungstermin Januar 2026 30. Dezember 2025 (Dienstag) Februar 2026 30. Januar 2026 (Freitag) März 2026 27. Februar 2026 (Freitag) April 2026 31. März 2026 (Dienstag) Mai 2026 30. April 2026 (Donnerstag) Juni 2026 29. Mai 2026 (Freitag) Juli 2026 30. Juni 2026 (Dienstag) August 2026 31. Juli 2026 (Freitag) September 2026 31. August 2026 (Montag) Oktober 2026 30. September 2026 (Mittwoch) November 2026 30. Oktober 2026 (Freitag) Dezember 2026 30. November 2026 (Montag) Gutschrift, Wertstellung, Uhrzeit: Warum das Geld nicht immer morgens da ist

Selbst wenn der Zahltag feststeht, heißt das nicht, dass das Geld morgens um acht bereits sichtbar ist. Banken buchen Massenzahlungen je nach Institut zu unterschiedlichen Zeitfenstern. Auch die Rentenversicherung weist darauf hin, dass es auf die Wertstellung und den Bankarbeitstag ankommt. Praktisch bedeutet das: Die Gutschrift kann im Laufe des Tages erfolgen. Wer am Vormittag nachschaut und noch keinen Eingang sieht, muss nicht sofort von einer Störung ausgehen.

Wichtig ist allerdings die Unterscheidung zwischen „Überweisung veranlasst“ und „Geld verfügbar“. Im Normalfall ist die Rentenzahlung so organisiert, dass sie am Zahltag gutgeschrieben wird. Verzögerungen können dennoch auftreten, etwa durch bankinterne Verarbeitung, technische Störungen oder Probleme mit der Kontoverbindung. Bei einem ausbleibenden Eingang ist der Renten Service der Deutschen Post der übliche erste Ansprechpartner, weil er die Zahlungen im Auftrag der Rentenversicherung abwickelt.

Besonderheit zum Jahreswechsel: Steuerliche Wahrnehmung und „Zufluss“

Wenn die Januar-Rente im Dezember eingeht, entsteht rund um den Jahreswechsel ein weiterer Stolperstein: Viele Menschen denken automatisch in „Rentenmonaten“, das Steuerrecht orientiert sich jedoch häufig am tatsächlichen Zufluss auf dem Konto.

Dadurch kann es sich so anfühlen, als „gehöre“ eine Zahlung noch ins alte Jahr, obwohl sie inhaltlich den Januar abdeckt. In der Praxis wird das vor allem dann bedeutsam, wenn sich die Rentenhöhe zum Jahreswechsel ändert oder wenn zusätzliche Leistungen, Zuschläge oder Abzüge zeitlich verschoben werden. Maßgeblich ist am Ende das, was in den Bescheinigungen und Meldungen für das jeweilige Kalenderjahr ausgewiesen wird, nicht die gefühlte Zuordnung „für Januar“.

Auch bei einkommensabhängigen Sozialleistungen kann der Zeitpunkt des Zahlungseingangs Fragen auslösen. Gerade an der Jahresgrenze ist es sinnvoll, Bescheide und Kontoauszüge geordnet aufzubewahren, weil Nachfragen von Behörden oder Rückfragen bei Wohngeld- und Grundsicherungsstellen sonst schnell unnötig kompliziert werden.

Besonderheit ab Dezember 2025: Keine Barauszahlung mehr über Zahlungsanweisung

Zum Jahresende 2025 kommt eine weitere Änderung hinzu, die nicht den Zahltag selbst verändert, aber die Art, wie die Rente ankommt. Die bisher letzte Möglichkeit, Renten bar über eine „Zahlungsanweisung zur Verrechnung“ zu erhalten, wird zum Jahresende 2025 eingestellt. Ab 2026 ist für die Rentenzahlung ein Konto erforderlich.

Wer dem Renten Service bis zum Jahresende keine Kontoverbindung mitgeteilt hat, muss damit rechnen, dass die Zahlung zunächst unterbrochen wird, bis die Bankdaten vorliegen. Die Ansprüche gehen dadurch nicht verloren; ausstehende Beträge werden nachgezahlt, sobald die Überweisung wieder möglich ist.

Für Angehörige und Betreuende ist das im Dezember besonders wichtig, weil genau in dieser Zeit häufig Post der Rententräger eingeht und Fristen übersehen werden können. Wer sich um hochbetagte Familienmitglieder kümmert oder rechtliche Betreuung organisiert, sollte daher gerade zum Jahreswechsel prüfen, ob die Kontoverbindung korrekt hinterlegt ist.

Besonderheit bei bestimmten Erwerbsminderungsrenten: Zuschlag wird anders ausgezahlt

Ebenfalls mit Bezug auf die Dezember-Zahlung 2025 gibt es eine Besonderheit, die einzelne Gruppen betrifft: Beim pauschalen Zuschlag zur Erwerbsminderungsrente wird die Auszahlung ab der Dezember-Rente 2025 organisatorisch umgestellt.

Der Zuschlag wird dann nicht mehr separat, sondern zusammen mit der monatlichen Rentenzahlung überwiesen. Wer davon betroffen ist, kann auf dem Kontoauszug also eine veränderte Darstellung oder einen anderen Zahlungstext wahrnehmen – ohne dass sich dadurch zwingend am Zahltag selbst etwas ändert.

Wenn die Januar-Rente im Dezember nicht ankommt: Was dahinterstecken kann

Bleibt die erwartete Zahlung aus, sind die Ursachen oft banal, aber im Dezember besonders häufig. Eine geänderte Bankverbindung, ein Kontowechsel oder eine nicht gemeldete neue Anschrift können dazu führen, dass Rückfragen entstehen oder Zahlungen nicht wie gewohnt durchlaufen. Auch technische Probleme bei Banken treten erfahrungsgemäß nicht „mit Ansage“ auf und werden rund um Feiertage und Jahresabschlussprozesse eher als besonders belastend empfunden, weil Filialen seltener geöffnet sind und Hotlines stärker ausgelastet sein können.

Wer auf die Zahlung angewiesen ist, sollte pragmatisch vorgehen: Zunächst prüfen, ob man überhaupt zur Gruppe der Vorauszahlungen gehört oder ob die Januar-Rente regulär erst Ende Januar kommt. Ist eine Vorauszahlung zu erwarten, ist der Renten Service die naheliegende Stelle, um den Status der Zahlung zu klären. Ist dort alles korrekt veranlasst, lohnt sich im zweiten Schritt der Blick auf die Bank, weil Buchungsläufe und Wertstellungen institutsspezifisch abweichen können.

Fazit: Dezember ist nicht „früher“, sondern oft nur anders getaktet

Ob die Rente für Januar bereits im Dezember überwiesen wird, hängt nicht von einem besonderen „Dezembermodus“ ab, sondern vom Beginn der Rente und damit vom Auszahlverfahren. Wer eine Vorauszahlung erhält, bekommt die Januar-Rente am letzten Bankarbeitstag im Dezember.

Wer nachschüssig gezahlt wird, muss bis zum Ende des Januars warten. Rund um den Jahreswechsel kommen banktechnische Besonderheiten hinzu, weil Silvester als geschäftsfreier Tag gilt und Zahlungen dadurch vorgezogen werden können. Zusätzlich sorgen 2025/2026 organisatorische Änderungen – insbesondere das Ende der Barauszahlung – dafür, dass der Jahreswechsel bei manchen Rentnerinnen und Rentnern mehr Aufmerksamkeit verlangt als sonst.

Quellen

Die gesetzliche Grundlage zur Fälligkeit und Auszahlung laufender Geldleistungen (§ 118 SGB VI) sowie der Grundsatz „Auszahlung am letzten Bankarbeitstag“, Hinweise der Deutschen Rentenversicherung zur Wertstellung, zum letzten Bankarbeitstag und zur Vorauszahlung bei Rentenbeginn vor April 2004 (Broschüre „Tipps für Rentnerinnen und Rentner“)

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Schwerbehinderung: Begleitperson wird in der Bahn abgewiesen – Das kannst Du jetzt tun

23. Dezember 2025 - 11:08
Lesedauer 4 Minuten

Die Situation ist typisch: In der Kontrolle heißt es plötzlich, die Begleitperson brauche ein eigenes Ticket – obwohl der Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen „B“ trägt. Wer dann diskutiert, verliert Zeit und am Ende oft auch Geld. Entscheidend ist, dass Sie das Thema auf die richtige Prüfspur zwingen:

In der Kontrolle zählt der Ausweis als Nachweis der Begleitberechtigung – und Sie sichern Belege, falls trotzdem kassiert wird.

Was in der Kontrolle wirklich zählt

Bei der Deutschen Bahn ist die Praxisregel klar: Der Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen B ist der Nachweis, dass eine Begleitperson kostenfrei mitfahren darf. In der Kontrolle müssen Sie deshalb nicht „erklären“, sondern vorlegen: Ausweis mit Merkzeichen „B“ und den Reisebezug (Ticket/Booking der schwerbehinderten Person).

Für Fernverkehrsfahrten ist es außerdem sinnvoll, die Begleitperson bereits bei der Buchung als Begleitung zu erfassen. Dann steht die Begleitperson in der Buchung, und der Streit in der Kontrolle wird meist im Keim erstickt.

Unterlagen, die in der Praxis genügen

Die häufigste Fehlerquelle ist, dass Personal „Begleitrecht“ mit „Freifahrt im Nahverkehr“ vermischt.

Vorzeigen / mitschicken Wofür es gebraucht wird Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen „B“ (Vorder- und Rückseite) Kernnachweis für die kostenfreie Begleitperson im Zug. Fahrkarte/Booking der schwerbehinderten Person (PDF/Screenshot) Macht sofort klar, welche Fahrt kontrolliert wird, und verhindert „fehlender Reisebezug“-Diskussionen. Wenn vorhanden: Buchungsansicht, in der die Begleitperson als Begleitung erfasst ist Verkürzt die Kontrolle, weil die Konstellation bereits im System abgebildet ist. Bei unentgeltlicher Nahverkehrsnutzung: Beiblatt + gültige Wertmarke (nur wenn Sie Freifahrt tatsächlich nutzen) Relevant für Freifahrt im Nahverkehr; nicht der Nachweis für das Begleitrecht selbst, aber oft der Punkt, an dem Kontrollen falsch abbiegen. Zahlungsbeleg/Quittung, falls nachgezahlt oder Ticket gekauft wurde Ohne Beleg wird Erstattung unnötig schwer oder praktisch unmöglich. Der Satz, der in der Kontrolle am zuverlässigsten funktioniert

Wenn es kippt, hilft eine kurze Formulierung, die nicht provoziert und die Prüfung auf den Kern lenkt:

„Hier ist der Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen B. Damit ist die Begleitperson kostenfrei mitfahrtberechtigt. Bitte prüfen Sie das kurz und vermerken Sie es, falls Sie eine Abweichung annehmen.“

Damit vermeiden Sie Endlosdebatten über Wertmarke, Tarifdetails oder „ob das schon immer so war“.

Wenn das Personal trotzdem kassiert oder abweisen will

Wenn das Personal trotz Ausweis kassieren oder abweisen will, bleiben Sie bei einem beweisfesten Vorgehen: Legen Sie Ausweis und Reiseunterlagen vor, wiederholen Sie den Kern einmal knapp, zahlen Sie nur im Notfall und dann ausdrücklich unter Vorbehalt sowie ausschließlich gegen Quittung.

Direkt danach sichern Sie alle Details der Kontrolle (Datum, Zugnummer, Strecke, Uhrzeit, Wagen/Platz, Name/Dienstnummer) und halten die Situation kurz schriftlich fest; ein Screenshot der Buchung liefert oft den schnellsten Nachweis.

Erstattung und Fahrgastrechte: Was Sie konkret verlangen können

1) Erstattung eines zu Unrecht verlangten Fahrpreises

Musste die Begleitperson ein Ticket kaufen oder wurde eine Nachzahlung erhoben, ist Ihre Forderung eindeutig: Erstattung des gezahlten Betrags (und – wenn separat berechnet – der Reservierung), weil die Begleitperson bei Merkzeichen „B“ kostenfrei zu befördern ist. Der Schlüssel ist nicht ein langer Text, sondern die saubere Belegkette: Ausweis, Booking, Quittung, Protokoll.

2) Entschädigung wegen Verspätung als zusätzlicher Hebel

Wenn Sie wegen der Situation am Ziel mindestens 60 Minuten später ankommen, prüfen Sie zusätzlich Fahrgastrechte-Entschädigung: 25 Prozent ab 60 Minuten, 50 Prozent ab 120 Minuten.

Das ist kein Ersatz für die Erstattung des zu Unrecht kassierten Begleit-Tickets, kann aber Druck erzeugen, weil das Unternehmen dann zwei Vorgänge sauber abarbeiten muss. Einzelheiten können je nach Ticketart und Situation abweichen, die Schwellenwerte sind aber der praktische Ausgangspunkt.

Beschwerdeweg, der nicht im Kreis läuft

Viele Fälle scheitern, weil Beschwerden ohne System versendet werden. Besser ist eine klare Eskalationskette mit Belegen:

Erst beim Anbieter Erstattung und schriftliche Klarstellung mit Frist verlangen, bei der DB bei laufender/abgelehnter Fahrgastrechteprüfung ans Servicecenter Fahrgastrechte (inklusive Widerspruch), danach zur Schlichtungsstelle Reise & Verkehr – und wenn die Rechte weiterhin ignoriert werden, als letzte Stufe zur nationalen Durchsetzungsstelle (Eisenbahn-Bundesamt).

Privatanbieter: Häufig entscheidet die Voranmeldung

Bei privaten Fernverkehrsanbietern kann das Ergebnis zwar ebenfalls „Begleitperson kostenlos“ sein, der Weg dorthin ist aber oft formalisierter. Bei FlixTrain ist in der Praxis zentral, dass die kostenfreie Begleitung vorab über den Kundenservice organisiert wird (inklusive Frist) und Sie die Bestätigung auf dem Handy vorzeigen können.

Bei FlixBus kommt es ebenfalls darauf an, dass Nachweise und der Ablauf eingehalten werden. Für Betroffene heißt das: Nicht erst im Fahrzeug klären wollen, sondern vorher schriftlich bestätigen lassen und die Bestätigung beim Einstieg griffbereit haben.

Anlagenblock: Das sollte in jedem Erstattungsantrag dabei sein

Fügen Sie als Standard immer bei: Kopie/Scan des Schwerbehindertenausweises (Vorder- und Rückseite), Ticket/Booking der Fahrt, Screenshot der Buchung (wenn die Begleitperson dort ausgewiesen ist), Zahlungsbeleg/Quittung der Nachzahlung oder des Tickets der Begleitperson, Kurzprotokoll der Kontrolle (Datum, Zugnummer, Strecke, Uhrzeit, Wagen/Platz, beteiligtes Personal soweit möglich), und – falls vorhanden – Zeugenangaben.

FAQ

Braucht die Begleitperson ein eigenes Ticket, wenn „B“ im Ausweis steht?
Im Regelfall nein. In der Kontrolle ist der Ausweis mit Merkzeichen „B“ der zentrale Nachweis der kostenfreien Begleitung; zusätzlich sollten Sie den Reisebezug (Ticket/Booking) parat haben.

Was ist der häufigste Grund für Streit in der Kontrolle?
Die Verwechslung von Begleitrecht (Merkzeichen „B“) mit Nahverkehr-Freifahrt (Beiblatt/Wertmarke). Beides sind unterschiedliche Dinge und führen in der Praxis zu unterschiedlichen Nachweissituationen.

Was, wenn ich ohne Quittung gezahlt habe?
Dann wird es deutlich schwerer. Versuchen Sie, unmittelbar nach der Fahrt über Kontoauszug, Buchungshistorie, Servicebeleg oder eine nachträgliche Bestätigung des Vorgangs die Zahlung zu rekonstruieren.

Gilt das auch bei Auslandsfahrten?
Bei Auslandsreisen kann die Organisation strikter sein, weil für die Begleitperson häufig eine kostenfreie Fahrkarte mit Vermerk „Begleiter“ benötigt wird. Klären Sie das vor der Fahrt über Reisezentrum oder Mobilitätsservice und speichern Sie die Bestätigung ab.

Welche Stelle hilft, wenn der Anbieter blockt?
Nach der Beschwerde beim Unternehmen ist Schlichtung (Schlichtungsstelle Reise & Verkehr) der nächste realistische Schritt; bei Eisenbahn-Fahrgastrechten kann zusätzlich die nationale Durchsetzungsstelle (Eisenbahn-Bundesamt) eingeschaltet werden.

Quellenliste

  • Deutsche Bahn: Regelungen zur kostenfreien Begleitperson bei Merkzeichen „B“ (FAQ/Barrierefrei reisen)
  • Deutsche Bahn: Buchungshinweise für Reisende mit Schwerbehindertenausweis; Begleitperson im Fernverkehr; Nachweis in der Kontrolle
  • Deutsche Bahn: Fahrgastrechte, Servicecenter Fahrgastrechte, Widerspruchsmöglichkeiten
  • Verordnung (EU) 2021/782: Eisenbahn-Fahrgastrechte, Entschädigungssystematik (25 % ab 60 Minuten, 50 % ab 120 Minuten)
    Schlichtungsstelle Reise & Verkehr e.V.: Zuständigkeit und Verfahren der Schlichtung
  • Eisenbahn-Bundesamt: Nationale Durchsetzungsstelle für Eisenbahn-Fahrgastrechte, Beschwerdeverfahren
  • FlixTrain: Beförderungs-/Servicehinweise für Personen mit eingeschränkter Mobilität; Begleitperson, Voranmeldung/Frist, Nachweise
  • FlixBus: Beförderungs-/Servicehinweise für Personen mit eingeschränkter Mobilität; Begleitperson, Nachweise und Bedingungen

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Rente: Rentner haben mehr Anspruch auf Wohngeld – mit Tabelle

23. Dezember 2025 - 10:42
Lesedauer 5 Minuten

Rentnerinnen und Rentner können unter bestimmten Voraussetzungen Wohngeld beantragen. Wer nämlich eine Rente bezieht liegt oft nur knapp über der Schwelle zur Grundsicherung. In diesem Beitrag zeigen wir alle Berechtigungsvoraussetzungen auf.

Was ist Wohngeld und wer kann es beantragen?

Wohngeld ist ein staatlicher Zuschuss, der darauf abzielt, die Wohnkosten für Bürger mit geringem Einkommen zu senken. Dabei können sowohl Mieter als auch Eigenheimbesitzer diesen Zuschuss beantragen.

Wer ist berechtigt?

Die Berechtigung für Wohngeld hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Einkommen: Hierzu zählen die Rente, Kapitalerträge und eventuelle Nebeneinkünfte.
  • Wohnort: Die Höhe der Miete oder die Belastung bei Eigenheimen spielt eine entscheidende Rolle.
  • Haushaltsgröße: Die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen beeinflusst die Höhe des Wohngeldes.
Wohngeld und Existenzminimum

Rentner/innen, die als Alleinstehende eine Rente unter 1000 Euro netto bekommen, kriegen kein Wohngeld, sondern fallen unter die staatliche Grundsicherung für Rentner/innen.

Ab wann gibt es Wohngeld für Rentner?

Wohngeld erhalten also Betroffene, die über dem Existenzminimum leben, aber unter der (von monatlicher Mietstufe und Bruttokaltmiete abhängigen) Einkommensgrenze.

Je höher die Bruttorente ist, desto kleiner ist der Anspruch auf Wohngeld. Die Einkommensgrenze liegt bei einer Rente von brutto 1772 Euro.

Darüber wird kein Wohngeld mehr ausbezahlt. Damit bekommen auch Rentner/innen Wohngeld, die über der Standardrente von 1620,92 Euro pro Monat liegen, 45 Jahre durchschnittlich verdient und Beiträge eingezahlt haben.

Wohngeld und Eigentum

Wer Wohngeld beantragt, das nach dem monatlichen Renteneinkommen berechnet wird, darf als einzelner Mensch ein Schoneigentum von 60.000 Euro behalten, bei einem Zweipersonen-Haushalt bleiben 80.000 Euro unberücksichtigt.

Beispielrechnung zur Veranschaulichung

Hier ein konkretes Beispiel, das sich an der Berechnung des Bundesbauministeriums orientiert:

  • Monatliche Bruttorente: 860,00 Euro
  • Werbungskostenpauschbetrag: -8,50 Euro
  • Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (10%): -85,15 Euro
  • Monatliches Gesamteinkommen: 766,35 Euro
  • Zu zahlende monatliche Bruttokaltmiete: 335,00 Euro
  • Errechnetes Wohngeld: 250,00 Euro

Zusätzlich kann ein Anspruch auf den Grundrentenfreibetrag bestehen, sofern in der Rente ein Grundrentenzuschlag enthalten ist.

Lesen Sie auch:

Wie hoch ist das Wohngeld? Durchschnittliche Höhe und Anpassungen

Im Durchschnitt beträgt das Wohngeld aktuell etwa 370 Euro pro Monat. Diese Summe kann jedoch je nach Wohnort und individuellen Lebensumständen variieren.

Eine Anpassung der Höchstbeträge und des allgemeinen Leistungsniveaus ist für Januar 2025 vorgesehen.

Diese Anpassung erfolgt gemäß § 43 Wohngeldgesetz und soll sicherstellen, dass die Unterstützungsleistungen den aktuellen Lebenshaltungskosten entsprechen.

Wer ist berechtigt, Wohngeld zu erhalten?

Mit der Reform des Wohngeldgesetzes, die Anfang 2023 in Kraft trat, wurde der Kreis der Wohngeldberechtigten erheblich erweitert.

Rund zwei Millionen Haushalte mit geringem Einkommen haben seitdem Anspruch auf das sogenannte Wohngeld-Plus.

Zu dieser Gruppe gehören auch viele Rentner, die zuvor aufgrund ihrer Rentenhöhe keinen Anspruch hatten.

Wohngeldgesetz

Die Reform des Wohngeldgesetzes brachte mehrere bedeutende Änderungen mit sich:

  • Erhöhung des Wohngeldes: Das durchschnittliche Wohngeld stieg um 180 Euro auf etwa 370 Euro pro Monat.
  • Heizkostenpauschale: Eine nach der Anzahl der Personen im Haushalt gestaffelte Heizkostenpauschale wurde eingeführt.
  • Klimakomponente: Diese Komponente soll finanzielle Belastungen durch klimabedingte Sanierungen abmildern.
Wie hoch darf die Rente sein, um Wohngeld zu erhalten? Faustformel zur Berechnung der Berechtigung

Eine einfache Faustformel besagt, dass Rentner, die eine Rente in Höhe des Mindestlohns beziehen, in der Regel Anspruch auf Wohngeld haben. Dies entspricht etwa 2.080 Euro brutto monatlich.

In der folgende Tabelle können Sie sehen, ob sie einen Anspruch – trotz Rente – auf das Wohngeld haben.

Für die Berechnung des Wohngeldanspruchs ist es wichtig, in welcher Stadt bzw. in welcher Region man lebt. Denn die Berechnung speist sich aus Lebenshaltungskosten und Mietstufen.

So hat die Stadt Leipzig zum Beispiel die Mietstufe 2 und die Stadt Frankfurt am Main die Stufe VI. Die Mietstufen der Kommunen sind hier einsehbar.

Wohngeld-Tabelle für alleinlebende Rentner Mietenstufe Monatliches Höchsteinkommen (2024 / 2025) Höchstbetrag für Wohngeld inkl. Heiz- und Klimakomponente 2024 Höchstbetrag für Wohngeld inkl. Heiz- und Klimakomponente 2025 I 1.372 € / 1.443 € 476,60€ 490,60€ II 1.405 € / 1.477 € 521,60€ 537,60€ III 1.435 € / 1.509 € 567,20€ 537,60€ VI 1.466 € / 1.541 € 620,60€ 640,60€ V 1.492 € / 1.568 € 669,60€ 691,60€ VI 1.516 € / 1.593 € 720,60€ 744,60€ VII 1.542 € / 1.619 € 780,60€ 806,60€

 

Wohngeld für Rentner-Ehepaare Mietenstufe Monatliches Höchsteinkommen (2024 / 2025) Höchstbetrag für Wohngeld inkl. Heiz- und Klimakomponente Höchstbetrag für Wohngeld inkl. Heiz- und Klimakomponente 2025 I 1.854 € / 1.953 € 587,40€ 604,40€ II 1.896 € / 1.996 € 641,40€ 660,40€ III 1.936 € / 2.037 € 697,40€ 718,40€ VI 1.976 € / 2.080 € 762,40€ 786,40€ V 2.009 € / 2.114 € 821,40€ 847,40€ VI 2.041 € / 2.147 € 883,40€ 912,40€ VII 2.074 € / 2.181 € 955,40€ 987,40€

 

Wohngeld-Tabelle für 3 Pers. im Haushalt Mietenstufe Monatliches Höchsteinkommen (2024 / 2025) Höchstbetrag für Wohngeld inkl. Heiz- und Klimakomponente Höchstbetrag für Wohngeld inkl. Heiz- und Klimakomponente 2025 I 2.316 € / 2.453 € 700,80€ 720,80€ II 2.365 € / 2.504 € 763,80€ 786,80€ III 2.411 € / 2.552 € 830,80€ 856,80€ VI 2.458 € / 2.600 € 907,80€ 936,80€ V 2.497 € / 2.640 € 977,80€ 1.008,80€ VI 2.534 € / 2.678 € 1.052,80€ 1.086,80€ VII 2.572 € / 2.717 € 1.136,80€ 1.174,80€

 

Wohngeld für vier 4 Mitglieder im Haushalt: Mietenstufe Monatliches Höchsteinkommen (2024 / 2025) Höchstbetrag für Wohngeld inkl. Heiz- und Klimakomponente Höchstbetrag für Wohngeld inkl. Heiz- und Klimakomponente 2025 I 3.132 € / 3.324 € 816,20€ 840,20€ II 3.197 € / 3.391 € 891,20€ 918,20€ III 3.256 € / 3.452 € 969,20€ 998,20€ VI 3.318 € / 3.516 € 1.057,20€ 1.090,20€ V 3.370 € / 3.570 € 1.141,20€ 1.178,20€ VI 3.419 € / 3.619 € 1.227,20€ 1.267,20€ VII 3.470 € / 3.671 € 1.327,20€ 1.371,20€

 

Faktoren, die das Einkommen beeinflussen

Das zu berücksichtigende Einkommen setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen, darunter:

  • Nettoeinkommen: Dazu zählen auch Mieteinnahmen und Einnahmen aus der betrieblichen Altersvorsorge.
  • Abzugsfähige Beträge: Hierzu gehören unter anderem 10 Prozent für Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sowie 20 Prozent, wenn Einkommenssteuerpflicht besteht.
  • Sonderfreibeträge: Etwa 800 Euro für jedes Haushaltsmitglied mit Schwerbehinderung oder Pflegebedürftigkeit.
Weitere Voraussetzungen und Sonderfälle Wohngeld für Eigenheimbesitzer

Auch Rentner mit einem selbst genutzten Eigenheim können Wohngeld in Form eines Lastenzuschusses beantragen. Dieser Zuschuss kann für Instandhaltungskosten oder Kreditzinsen verwendet werden und trägt somit zur finanziellen Entlastung von Eigenheimbesitzern bei.

Wohngeld für vermögende Rentner

Vermögen wird bei der Berechnung des Wohngeldes berücksichtigt. Liegt das Vermögen über 60.000 Euro, besteht in der Regel kein Anspruch auf Wohngeld. Für jede weitere Person im Haushalt erhöht sich diese Grenze um 30.000 Euro.

Wohngeld für schwerbehinderte Rentner

Rentner mit einer Schwerbehinderung können zusätzliche Freibeträge bei der Einkommensberechnung geltend machen. Bei einem Behinderungsgrad von 100 Prozent beträgt der Freibetrag 1.800 Euro.

Auch bei Pflegebedürftigkeit oder einem anerkannten Behinderungsgrad von mindestens 50 Prozent gibt es entsprechende Freibeträge.

Wohngeld bei Grundsicherung

Rentner, die Anspruch auf Grundsicherung haben, können kein Wohngeld beantragen, da die Grundsicherung bereits die Kosten für Miete und Heizung abdeckt.

Welche zusätzlichen Unterstützungen gibt es? Heizkostenzuschuss

Seit der Neuregelung des Wohngelds gibt es einen Heizkostenzuschuss, um die gestiegenen Energiekosten abzufedern. Dieser Zuschuss wird nach Haushaltsgröße gestaffelt und automatisch ausgezahlt.

Haushaltsmitglieder Entlastung der Heizkosten aufgrund der CO2-Bepreisung Dauerhafte Heizkomponente Gesamtbetrag 1 14,40 € 96 € 110,40 € 2 18,60 € 124 € 142,60 € 3 22,20 € 148 € 170,20 € 4 25,80 € 172 € 197,80 € 5 29,40 € 196 € 225,40 € für jedes weitere Haushaltsmitglied 3,60 € 24 € 27,60 € Klimakomponente

Die Klimakomponente soll verhindern, dass die Mieten durch energetische Sanierungen oder energieeffizienten Neubau zu stark ansteigen.

Welche Unterlagen werden für den Wohngeldantrag benötigt? Vorbereitende Dokumente

Vor der Antragstellung sollten folgende Unterlagen bereitgestellt werden:

  • Wohngeldantrag
  • Nachweis über die Wohnkosten: Mietvertrag oder Kontoauszug
  • Einkommensnachweis: Rentenbescheid
  • Mietvertrag
Zusätzliche Unterlagen für Eigenheimbesitzer

Für Eigenheimbesitzer, die einen Lastenzuschuss beantragen:

  • Eigentumsnachweis: Kaufvertrag oder Grundbuchauszug
  • Dokumentation über Kredite
  • Wohnflächenberechnung
  • Hausgeldabrechnung: Bei Eigentumswohnungen
  • Grundabgabenbescheid
Wichtiger Hinweis zur Antragstellung

Wenn Sie bereits Wohngeld beziehen, erhalten Sie zunächst das Wohngeld-Plus automatisch, bis der laufende Bewilligungszeitraum endet. Danach muss das Wohngeld-Plus neu beantragt werden.

Leben mehrere Personen im Haushalt, kann nur eine Person den Wohngeldantrag stellen.

Wie lange ist der Bewilligungszeitraum für Wohngeld?

Der Anspruch auf Wohngeld gilt ab dem Monat, in dem Sie den Antrag einreichen. Bei Bewilligung erhalten Sie in der Regel über 12 Monate hinweg den Zuschuss.

Wenn Sie nach Ablauf des Bewilligungszeitraums weiter Wohngeld in Anspruch nehmen wollen, müssen Sie einen Weiterleistungsantrag stellen. Für eine lückenlose Zahlung sollten Sie diesen möglichst zwei Monate vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes einreichen.

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Wohngeld-Anspruch trotz Untervermietung: Auch wenn die Behörde etwas anderes behauptet

23. Dezember 2025 - 10:36
Lesedauer 3 Minuten

Viele Menschen vermieten ein Zimmer, um hohe Mieten abzufedern und ihre Wohnung zu halten. Wohngeldstellen erklären dann bisweilen reflexhaft, der Wohngeldanspruch falle weg. Diese Aussage ist rechtlich oft falsch und kostet Betroffene unnötig mehrere hundert Euro im Jahr.

Untervermietung ändert nicht automatisch den Wohngeldanspruch

Untervermietung führt nicht automatisch zum Verlust des Wohngeldes, weil das Wohngeldgesetz nicht auf Wohnformen oder Lebensmodelle abstellt, sondern ausschließlich auf Zahlen. Maßgeblich ist, wie hoch Ihr anrechenbares Gesamteinkommen ist und wie stark dieses Einkommen durch Wohnkosten belastet wird. Ob Sie allein wohnen oder ein Zimmer untervermieten, spielt rechtlich keine eigenständige Rolle.

Untermiete zählt als Einkommen – aber nicht isoliert

Einnahmen aus Untervermietung zählen zwar als Einkommen, sie stehen aber nicht für sich allein. Die Wohngeldstelle muss diese Einnahmen immer im Zusammenhang mit Ihrem gesamten Einkommen bewerten und gleichzeitig die volle Warmmiete berücksichtigen. Gerade bei hohen Wohnkosten gleicht die Untermiete häufig nur einen Teil der Belastung aus und hebt den Wohngeldanspruch nicht automatisch auf.

Freibeträge entscheiden über den Anspruch

Entscheidend bleibt, ob Ihr Einkommen nach Abzug der gesetzlich vorgesehenen Freibeträge unter der maßgeblichen Grenze liegt. Diese Freibeträge senken das anrechenbare Einkommen oft deutlich und werden in der Praxis regelmäßig übersehen oder falsch angewendet. Bleiben Sie trotz Untermiete unter dieser Grenze, besteht der Anspruch auf Wohngeld fort, auch wenn Behörden dies zunächst anders darstellen.

So bewertet das Gesetz Einnahmen aus Untervermietung

Die Wohngeldstelle muss Einnahmen aus Untervermietung realistisch anrechnen und gleichzeitig die tatsächliche Warmmiete vollständig berücksichtigen. Pauschale Kürzungen oder automatische Ablehnungen verstoßen gegen die Pflicht zur Einzelfallprüfung. Genau an dieser Stelle entstehen viele rechtswidrige Entscheidungen.

Wann Sie Wohngeld bekommen – und wann nicht Anspruch besteht Kein Anspruch besteht Gesamteinkommen bleibt unter der Grenze Einkommen liegt deutlich über der Grenze Freibeträge werden korrekt abgezogen Freibeträge bleiben unberücksichtigt Untermiete deckt nur Teil der Wohnkosten Missbräuchliche Gewinnerzielung Wohnung bleibt Hauptwohnsitz Gewerbliche Vermietung überwiegt Praxismodell Janine: Ein Zimmer rettet die Wohnung

Janine zahlt 820 Euro Warmmiete und verdient 1.450 Euro netto. Sie vermietet ein Zimmer für 350 Euro, um die Miete stemmen zu können. Nach Anrechnung und Freibeträgen bleibt sie unter der Einkommensgrenze und erhält 190 Euro Wohngeld.

Praxismodell Tamara: Falsche Ablehnung trotz klarer Zahlen

Tamara verdient 1.300 Euro netto und nimmt 400 Euro Untermiete ein. Die Wohngeldstelle lehnt pauschal wegen Zusatzeinkommens ab. Eine Neuberechnung ergibt einen Anspruch von 160 Euro monatlich.

Praxismodell Alireza: Untervermietung als Überlebensstrategie

Alireza verdient 1.200 Euro und zahlt 760 Euro Warmmiete. Nach dem Wegfall eines zweiten Einkommens vermietet er ein Zimmer für 300 Euro im Monat an Messegäste. Nach Widerspruch erkennt die Behörde einen Wohngeldanspruch von 210 Euro an.

Praxisfall: Rechenfehler statt Rechtslage

Tom erzielt 1.600 Euro Einkommen und nimmt 250 Euro Untermiete ein. Die Behörde rechnet die Einnahmen voll an und ignoriert Freibeträge. Nach Korrektur erhält Tom 95 Euro Wohngeld.

Larissa: Abschreckung durch falsche Auskunft

Larissa verdient 1.380 Euro und untervermietet für 280 Euro an Feriengäste. Eine telefonische Auskunft, dass Sie bei einer Vermietung eines „Ferienzimmers“ kein Wohngeld bekommen könnte, schreckt sie zunächst vom Antrag ab. Nach Antragstellung bewilligt die Wohngeldstelle 175 Euro.

Warum Behörden bei Untervermietung oft falsch entscheiden

Wohngeldstellen arbeiten unter hohem Zeit- und Personaldruck, was Fehlentscheidungen begünstigt. Sachbearbeitende greifen zu internen Prüfschemata, die Untervermietung als Risikofall markieren und reflexartig zur Ablehnung führen. Diese Routine spart Zeit, ersetzt aber keine gesetzlich vorgeschriebene Einzelfallberechnung.

Vereinfachung statt gesetzlicher Einzelfallprüfung

Untervermietung wirkt rechnerisch komplex, obwohl die Grundlogik klar bleibt. Die Behörde muss Einkommen und Wohnkosten gegeneinander abwägen und Freibeträge berücksichtigen. Sobald sie die Untermiete nur als Zusatzverdienst betrachtet und nicht prüft, ob Sie trotz dieser Einnahmen unter der Einkommensgrenze bleiben, kippt die Entscheidung in die falsche Richtung.

Unklare Angaben der Antragsteller verschärfen Fehlentscheidungen

Auch Antragsteller tragen ungewollt zur Fehlerquote bei. Viele geben die Untermiete an, erklären aber nicht ausdrücklich, dass sie trotz dieser Einnahmen unter der Einkommensgrenze bleiben. Unvollständige Erläuterungen liefern der Behörde eine Steilvorlage für vorschnelle Ablehnungen.

Untervermietung wird fälschlich als Missbrauch gewertet

Häufig setzen Wohngeldstellen Untervermietung gedanklich mit Gewinnerzielung gleich. In der Realität vermieten viele Menschen ein Zimmer, um ihre Wohnung überhaupt halten zu können. Ignoriert die Behörde diese wirtschaftliche Realität, produziert sie rechtswidrige Ablehnungen.

Wie Sie sich gegen falsche Ablehnungen wehren

Sie sollten jede Ablehnung überprüfen lassen und eine konkrete Berechnung verlangen. Ein Widerspruch zwingt die Behörde zur gesetzeskonformen Prüfung. In vielen Fällen korrigieren Wohngeldstellen ihre Entscheidung nach erneuter Rechnung.

Checkliste: Wohngeld trotz Untervermietung prüfen

Prüfen Sie Ihr Gesamteinkommen inklusive Untermiete. Stellen Sie klar, dass Sie trotz dieser Einnahmen unter der Einkommensgrenze bleiben. Reichen Sie Mietvertrag, Untermietvertrag und eine kurze Erläuterung gemeinsam ein.

FAQ: Wohngeld und Untervermietung

Zählt Untermiete immer als Einkommen?
Ja, aber sie schließt Wohngeld nicht automatisch aus.

Darf die Behörde pauschal ablehnen?
Nein, sie muss Ihren Einzelfall vollständig berechnen.

Muss ich die volle Miete angeben?
Ja, die tatsächliche Warmmiete bleibt maßgeblich.

Lohnt sich ein Widerspruch?
Sehr oft, da Rechen- und Bewertungsfehler häufig sind.

Kann Wohngeld rückwirkend bewilligt werden?
Ja, besonders nach falscher Auskunft oder fehlerhafter Ablehnung können Sie Wohngeld rückwirkend erhalten.

Fazit: Untervermietung ist kein Ausschlussgrund

Ein untervermietetes Zimmer zerstört Ihren Wohngeldanspruch nicht automatisch. Entscheidend bleibt die korrekte Berechnung nach dem Gesetz und eine klare Darstellung Ihrer Einkommenslage. Wer sich nicht abschrecken lässt und widerspricht, sichert sich oft mehrere hundert Euro im Jahr.

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Erwerbsminderungsrente Nachzahlung: Handfeste Nachteile auf die Du achten solltest

23. Dezember 2025 - 10:25
Lesedauer 8 Minuten

Wenn eine Erwerbsminderungsrente bewilligt wird, liegt hinter den Betroffenen meist eine lange Strecke aus Krankheitszeit, Gutachten, Schriftverkehr und Unsicherheit. Nicht selten steht im Rentenbescheid dann ein Rentenbeginn, der Monate zurückliegt. Umgangssprachlich heißt das schnell: „Die Rente kommt rückwirkend – ich bekomme eine dicke Nachzahlung.“

Genau an dieser Stelle entstehen die häufigsten Enttäuschungen und die größten Risiken. Denn eine rückwirkende Bewilligung ist zwar ein wichtiges sozialrechtliches Ergebnis, sie kann aber zugleich Kettenreaktionen auslösen: Verrechnungen mit anderen Stellen, Überraschungen bei Steuern und Beiträgen, eine nachträgliche Prüfung von Hinzuverdienst und im ungünstigen Fall sogar ein früherer Ablauf der Befristung.

Der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt erklärt, wo die Nachteile liegen, warum sie entstehen und wie man typische Fallstricke erkennt, bevor sie teuer werden.

Was „rückwirkend“ bei der Erwerbsminderungsrente wirklich bedeutet

„Rückwirkend“ heißt in der Praxis fast immer: Der Rentenversicherungsträger legt den Rentenbeginn in der Vergangenheit fest, zahlt aber erst nach Abschluss des Verfahrens. Der Zeitraum dazwischen wird rechnerisch als Rentenanspruch behandelt.

Das ist jedoch nicht dasselbe wie „Geld kommt komplett aufs Konto“. Denn in dieser Zwischenzeit haben viele Betroffene bereits andere Leistungen erhalten, etwa Krankengeld, Arbeitslosengeld oder Bürgergeld. Genau diese Leistungen sind häufig der Grund, warum eine spätere Rentennachzahlung teilweise oder sogar überwiegend an andere Stellen fließt.

Hinzu kommt: Der Rentenbeginn ist nicht nur ein Datum für die Buchhaltung. Er entscheidet darüber, welche rechtlichen Regeln auf die Rentenberechnung angewendet werden, wie Abschläge wirken, welche Hinzuverdienstgrenzen in einem Kalenderjahr relevant sind und wann eine befristete Rente endet. Gerade deshalb kann eine „rückwirkende“ Festlegung finanziell unerwartete Nachteile mit sich bringen.

Rentenbeginn und Rückwirkung: Die Fristen sind enger, als viele denken

Viele verbinden Rückwirkung mit der Vorstellung, die Rente werde automatisch ab dem medizinischen Eintritt der Erwerbsminderung gezahlt, selbst wenn der Antrag später gestellt wird.

Das stimmt so nicht. Im Gesetz ist vielmehr eine antragsbezogene Logik angelegt: Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, kann die Rente ab dem Monat beginnen, in dem die Voraussetzungen vorliegen; bei verspäteter Antragstellung beginnt sie grundsätzlich erst mit dem Antragsmonat. Das begrenzt die Rückwirkung und kann im Ergebnis Monate kosten, in denen zwar bereits Erwerbsminderung bestand, aber noch keine Rentenzahlung „entsteht“.

Bei befristeten Erwerbsminderungsrenten kommt eine weitere Besonderheit hinzu, die viele überrascht: Häufig startet die Zahlung nicht sofort mit Eintritt der Erwerbsminderung, sondern erst später. Die Vorschriften sehen bei Zeitrenten in vielen Konstellationen eine Verschiebung vor, die faktisch eine Art Wartephase abbildet.

Dadurch kann es sein, dass ein Bescheid zwar „rückwirkend“ wirkt, der frühestmögliche Rentenbeginn aber trotzdem deutlich nach dem gesundheitlichen Einschnitt liegt. Wer das nicht einordnet, hält die spätere Nachzahlung schnell für „zu niedrig“, obwohl sie rechtlich korrekt begrenzt ist.

Der häufigste Nachteil: Die Nachzahlung landet nicht bei Ihnen, sondern wird verrechnet

Der Klassiker ist die Erwartung einer hohen Überweisung, gefolgt von Ernüchterung: Auf dem Konto erscheint weniger als gedacht, manchmal sogar gar nichts für den zurückliegenden Zeitraum. Der Grund ist kein Trick, sondern System. Haben andere Sozialleistungsträger in der Zwischenzeit Leistungen erbracht, können sie bei rückwirkender Rentenbewilligung Erstattungsansprüche anmelden.

In der Folge rechnet die Rentenversicherung die Nachzahlung ab und erstattet Beträge an Krankenkassen, Agentur für Arbeit oder Jobcenter. Juristisch wird das häufig über die Erstattungsregelungen im Sozialverwaltungsrecht gelöst; der Rentenanspruch gilt in dem Umfang als erfüllt, in dem die Erstattung erfolgt.

Für Betroffene ist das Ergebnis trotzdem bitter, weil die Rentennachzahlung, mit der man vielleicht Schulden oder Rückstände aus der Krankheitszeit begleichen wollte, in der Verrechnung verschwindet.
Besonders relevant ist das beim Krankengeld und bei der sogenannten Nahtlosigkeitskonstellation beim Arbeitslosengeld.

Auch beim Bürgergeld kann es zu direkten Erstattungswegen kommen, wenn der Grundsicherungsträger die Zeit der Bedürftigkeit überbrückt hat. In der Praxis entstehen dann oft parallele Schreiben: eine Abrechnungsmitteilung der Rentenversicherung, Bescheide anderer Träger über Erstattungen oder Überleitungen und manchmal zusätzliche Rückfragen zur Einkommensanrechnung.

Der Nachteil liegt weniger im Grundprinzip – Doppelzahlungen sollen verhindert werden – als in der Liquiditätswirkung: Das Geld, das viele als „Nachzahlung“ gedanklich bereits verplant haben, ist häufig gar nicht frei verfügbar.

Steuern: Eine große Zahlung in einem Jahr kann zur Steuerfalle werden

Auch wenn von der Nachzahlung nach Verrechnungen noch ein Betrag übrig bleibt, droht der nächste Dämpfer beim Thema Einkommensteuer. Steuerlich gilt grundsätzlich das Zuflussprinzip: Entscheidend ist das Jahr, in dem die Zahlung tatsächlich zufließt.

Das kann dazu führen, dass eine Rentennachzahlung für viele Monate geballt in einem Kalenderjahr auftaucht und das zu versteuernde Einkommen in diesem Jahr deutlich erhöht. Wer parallel noch andere Einkünfte hatte, etwa Lohn in den ersten Krankheitsmonaten oder Abfindungsbestandteile, kann in eine ungünstige Progressionswirkung geraten.

In der Diskussion taucht dann schnell die „Fünftelregelung“ auf, also eine Tarifermäßigung für bestimmte außerordentliche Einkünfte. In der Realität ist das bei Rentennachzahlungen kompliziert. Je nach Konstellation kann eine ermäßigte Besteuerung in Betracht kommen, sie ist aber weder automatisch noch in jedem Fall eröffnet.

Zusätzlich spielt bei gesetzlichen Renten der Besteuerungsanteil eine Rolle, der sich am Jahr des Rentenbeginns orientiert. Das kann im Einzelfall zwar auch günstig sein, ändert aber nichts daran, dass der Zahlungszufluss geballt und damit steuerlich spürbar sein kann.

Der Nachteil ist damit weniger „die Steuer auf die Rente“ an sich, sondern die zeitliche Ballung und die Unsicherheit, ob und in welchem Umfang eine steuerliche Milderung tatsächlich greift. Wer das nicht einkalkuliert, erlebt die Nachzahlung als kurzfristige Entlastung – und Monate später als Nachzahlung ans Finanzamt.

Kranken- und Pflegeversicherung: Rückwirkende Beiträge und Kassenpost

Mit dem Beginn einer Erwerbsminderungsrente ändert sich häufig auch die sozialversicherungsrechtliche Einordnung. Bei vielen Rentnerinnen und Rentnern werden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung direkt von der Rente einbehalten.

Bei rückwirkender Bewilligung stellt sich dann die Frage, wie diese Beiträge für die zurückliegenden Monate behandelt werden. In der Abrechnungspraxis kann das zu Einbehalten aus der Rentennachzahlung führen oder zu Korrekturen, wenn in der Übergangszeit bereits Beiträge aus anderen Versicherungsverhältnissen gezahlt wurden. Schwierig wird es insbesondere, wenn im rückwirkenden Zeitraum Krankengeld bezogen wurde.

Sozialrechtlich ist anerkannt, dass die rückwirkende Rentenbewilligung die Beitragspflicht in der Vergangenheit nicht einfach „auslöscht“, nur weil sich die Leistungszuständigkeit nachträglich verschiebt. Dadurch können für Betroffene schwer nachvollziehbare Konstellationen entstehen, in denen die Rentennachzahlung teilweise verrechnet wird, Beiträge aber dennoch systematisch korrekt abgeführt werden müssen.

Beim Pflegeversicherungsbeitrag zeigt sich außerdem, dass Rückwirkungen im System nicht ungewöhnlich sind: Beitragssatzänderungen wurden in der Vergangenheit teils so umgesetzt, dass Differenzen rückwirkend über einen späteren Einbehalt ausgeglichen wurden. Das ist zwar nicht spezifisch für Erwerbsminderungsrenten, verdeutlicht aber, wie schnell „rückwirkend“ im Beitragsrecht zu spürbaren Einmalbelastungen führen kann.

Hinzuverdienst: Rückwirkung kann ein Kalenderjahr nachträglich kippen

Ein unterschätzter Nachteil betrifft Menschen, die trotz gesundheitlicher Einschränkungen noch gearbeitet haben oder nebenher etwas hinzuverdient haben. Bei Erwerbsminderungsrenten gelten Hinzuverdienstgrenzen, die dynamisch angepasst werden und auf ein Kalenderjahr bezogen sind.

Wenn eine Rente rückwirkend bewilligt wird, kann die Rentenversicherung rückblickend prüfen, ob der Hinzuverdienst in dem betreffenden Jahr innerhalb der Grenze lag. Was sich während des laufenden Jahres „unproblematisch“ anfühlte, kann in der rückwirkenden Betrachtung zu einer Rentenminderung führen. Im Extremfall kann das die Nachzahlung weiter reduzieren oder sogar zu Rückforderungen führen, wenn bereits Rentenbeträge ausgezahlt wurden und sich später eine Überschreitung herausstellt.

Der Nachteil entsteht hier aus dem Zeitversatz: Die Betroffenen konnten ihre Arbeitssituation im fraglichen Zeitraum oft nicht mehr steuern, weil die Rentenentscheidung erst später kam. Gerade bei längeren Verfahren kann das mehrere Monate betreffen und eine nachträgliche finanzielle Korrektur auslösen.

Befristung: Wenn „rückwirkend“ bedeutet, dass die Uhr schon länger läuft

Erwerbsminderungsrenten werden häufig befristet bewilligt. Die Befristung ist nicht nur eine Formalie, sie hat ganz praktische Folgen: Vor Ablauf muss eine Weitergewährung beantragt und erneut geprüft werden. Entscheidend ist dabei, dass die Befristungsdauer an den Rentenbeginn anknüpft.

Wird der Rentenbeginn rückwirkend festgelegt, läuft die Befristungsuhr rechnerisch bereits seit diesem Zeitpunkt. Das kann dazu führen, dass zwischen dem Bescheid und dem Ende der Befristung ungewöhnlich wenig Zeit bleibt. Betroffene haben dann kaum „Ruhe“, sondern geraten schnell wieder in Antrags- und Prüfverfahren.

Der Nachteil liegt auf der Hand: Statt Planungssicherheit entsteht ein Gefühl permanenter Vorläufigkeit. Das ist organisatorisch belastend und finanziell riskant, weil jede Verzögerung oder Unsicherheit im Verlängerungsverfahren wieder Liquiditätslücken auslösen kann.

Grundsicherung und andere bedarfsgeprüfte Leistungen: Der Zuflussmonat ist heikel

Wer während der Wartezeit auf die Rentenentscheidung Grundsicherung nach dem SGB XII oder Bürgergeld erhalten hat, muss besonders genau hinschauen. Selbst wenn Erstattungsansprüche zwischen den Trägern einen Teil der Nachzahlung „abschöpfen“, kann ein verbleibender Auszahlungsbetrag im Monat des Zuflusses als Einkommen behandelt werden. Das kann den Leistungsanspruch in diesem Monat mindern oder entfallen lassen.

Im SGB XII ist zudem gerichtlich geklärt worden, dass Rentennachzahlungen im Zuflussmonat als Einkommen zu berücksichtigen sein können. Beim Bürgergeld gilt ebenfalls das Zuflussprinzip, und Nachzahlungen können im Monat des Zuflusses relevant werden. Die Folge sind nicht selten Änderungsbescheide und Rückforderungen, die zeitlich verzögert eintreffen und die finanzielle Erleichterung der Rentennachzahlung nachträglich wieder einfangen.

Der Nachteil ist damit weniger die Anrechnung als solche, sondern ihre Dynamik: Eine einmalige Zahlung kann kurzfristig „zu viel“ sein, obwohl sie faktisch vergangene Monate betrifft. Wer in dieser Phase keine Rücklagen hat, gerät leicht in einen Kreislauf aus Rückforderungen, Ratenzahlungen und erneuter Bedürftigkeit.

Der Rentenbeginn entscheidet auch über Leistungsrecht: Reformen, Übergangsregeln und Zuschläge

Ein weiterer, oft übersehener Punkt ist die Frage, welche Rechtslage auf die Rentenberechnung angewendet wird. Bei Erwerbsminderungsrenten spielte in den vergangenen Jahren insbesondere die Zurechnungszeit eine große Rolle, also die rentenrechtliche Hochrechnung, die so tut, als hätte man bis zu einem bestimmten Alter weitergearbeitet. Diese Zurechnungszeit wurde schrittweise ausgeweitet, vor allem für Rentenbeginne ab 2019.

Wer durch eine rückwirkende Festlegung des Rentenbeginns in einen früheren Zeitraum fällt, kann deshalb unter Umständen von weniger günstigen Berechnungsregeln betroffen sein, als wenn der Rentenbeginn später läge.
Für Bestandsrentnerinnen und Bestandsrentner wurden zwar Ausgleichsregeln geschaffen. In den Jahren ab Juli 2024 gab es Zuschläge, deren technische Auszahlung übergangsweise getrennt erfolgte und seit Dezember 2025 in die laufende Rentenzahlung integriert wird.

Das kann im Einzelfall entlasten, bleibt aber ein Beispiel dafür, wie stark das Datum des Rentenbeginns die spätere Rentenbiografie prägt. Der Nachteil einer rückwirkenden Festlegung kann hier darin liegen, dass Betroffene in eine Rechtslage „zurückfallen“, die ohne Sonderregelungen weniger vorteilhaft ist, und dass Ausgleichsleistungen wiederum eigene Regeln und technische Umstellungen mitbringen.

Private Absicherung und betriebliche Leistungen: Rückwirkung kann Verrechnungsklauseln aktivieren

Nicht nur der Sozialstaat reagiert auf eine rückwirkende Erwerbsminderungsrente. Viele private Berufsunfähigkeitsversicherungen, Krankentagegeldtarife oder betriebliche Versorgungswerke enthalten Verrechnungsklauseln, die Leistungen reduzieren, wenn eine gesetzliche Rente wegen Erwerbsminderung bewilligt wird. Wird diese Rente rückwirkend bewilligt, kann das zu Rückforderungen oder Verrechnungen auf privatrechtlicher Ebene führen.

Die Details hängen stark vom Vertrag ab. Der Nachteil ist jedoch typisch: Die gesetzliche Rente kommt spät, private Leistungen liefen bereits, und im Nachhinein wird neu gerechnet.

Wie man Nachteile begrenzt: Praktische Schritte, ohne falsche Versprechen

Wer eine rückwirkende Bewilligung erhält, sollte die Abrechnungsmitteilung der Rentenversicherung besonders aufmerksam lesen, weil dort nachvollziehbar wird, welche Teile der Nachzahlung an welche Stellen gegangen sind und welcher Betrag tatsächlich frei bleibt.

Gleichzeitig lohnt es sich, frühzeitig mit Krankenkasse, Agentur für Arbeit oder Jobcenter zu klären, ob und in welcher Höhe Erstattungsansprüche angemeldet wurden, damit keine widersprüchlichen Forderungen im Raum stehen.

Beim Thema Steuern ist es ratsam, die Nachzahlung nicht vollständig zu verplanen, bevor klar ist, welche steuerliche Wirkung sie im Zuflussjahr entfaltet. In vielen Fällen verhindert schon eine nüchterne Rücklage, dass aus der Nachzahlung später eine Belastung wird.

Wer hinzuverdient hat, sollte das Kalenderjahr der Rückwirkung gedanklich noch einmal „öffnen“ und prüfen, ob die damaligen Einkünfte im Rahmen der geltenden Grenzen lagen. Bei befristeten Renten ist es sinnvoll, den Blick sofort auf den Befristungsablauf zu richten, weil die rückwirkende Festlegung die verbleibende Zeit bis zum Ende verkürzen kann. Das Ziel ist keine Panik, sondern ein Zeitplan, der die nächste Antragstellung nicht verschläft.

Praxisbeispiel: Rückwirkende Erwerbsminderungsrente mit Verrechnung und Steuer-Effekt

Frau M., 49, wird im Frühjahr 2024 dauerhaft krank und kann ab April 2024 nicht mehr arbeiten. Sie stellt im Juni 2024 den Antrag auf Erwerbsminderungsrente. Während die Rentenversicherung prüft, erhält sie zunächst Krankengeld von ihrer Krankenkasse, später – nach Auslaufen des Krankengeldes – Arbeitslosengeld nach der Nahtlosigkeitsregelung. Erst im Oktober 2025 kommt der Rentenbescheid: Die Erwerbsminderungsrente wird bewilligt, der Rentenbeginn wird rückwirkend auf August 2024 festgelegt. Im Bescheid steht eine Nachzahlung für den Zeitraum August 2024 bis September 2025.

Frau M. rechnet damit, dass sie diese Summe komplett ausgezahlt bekommt, um offene Rechnungen aus der Krankheitszeit zu begleichen. Tatsächlich läuft es anders: Die Krankenkasse und die Agentur für Arbeit melden Erstattungsansprüche an, weil sie in genau diesem Zeitraum bereits Leistungen gezahlt haben. Ein großer Teil der Rentennachzahlung wird deshalb direkt von der Rentenversicherung an diese Stellen überwiesen. Auf ihr Konto geht nur der verbleibende Restbetrag, der deutlich niedriger ist als erwartet.

Zusätzlich entsteht ein zweiter Effekt. Der Restbetrag wird Frau M. im Jahr 2025 ausgezahlt, also geballt in einem einzigen Kalenderjahr. Weil sie Anfang 2025 noch einige Monate Arbeitslosengeld bezogen hat und außerdem eine kleine Abfindung aus einem beendeten Arbeitsverhältnis erhalten hat, fällt die steuerliche Wirkung der Nachzahlung spürbar aus. Einige Monate nach der Auszahlung kommt der Einkommensteuerbescheid, der eine Nachzahlung ausweist. Frau M. erlebt dadurch, dass die „Nachzahlung“ zwar kurzfristig entlastet, aber später noch einmal finanziell nachwirkt – obwohl sie die Rente eigentlich für vergangene Monate erhalten hat.

Fazit

Eine rückwirkende Erwerbsminderungsrente ist rechtlich oft folgerichtig, finanziell aber nicht automatisch ein Befreiungsschlag. Der größte Nachteil ist die Diskrepanz zwischen Anspruch und Auszahlung: Verrechnungen mit Krankengeld, Arbeitslosengeld oder Bürgergeld können die Nachzahlung stark reduzieren.

Hinzu kommen Steuer- und Beitragswirkungen im Zuflussjahr, mögliche nachträgliche Korrekturen beim Hinzuverdienst und der Umstand, dass eine Befristung rechnerisch bereits seit dem rückwirkenden Rentenbeginn läuft. Wer diese Mechanik kennt, kann realistischer planen, Rücklagen bilden und Widersprüche zwischen Bescheiden früh erkennen.

Quellen

Deutsche Rentenversicherung, Gesetzesauslegung und Erläuterungen zu § 99 SGB VI (Rentenbeginn und Antragsfrist).

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Krankenkasse sagt man sei wieder Arbeitsfähig und will das Krankengeld stoppen

23. Dezember 2025 - 9:11
Lesedauer 7 Minuten

Es ist ein Moment, der viele Krankengeld-Bezieher überrumpelt: Ein Schreiben der Krankenkasse trifft ein, darin der Hinweis, der Medizinische Dienst habe „nach Prüfung“ festgestellt, dass die Arbeitsfähigkeit in Kürze wieder vorliege.

Die Konsequenz, die häufig gleich mitgeliefert wird, wirkt wie ein Schalter: Das Krankengeld solle ab einem bestimmten Datum enden. Für Betroffene fühlt sich das nicht selten wie eine „Wunderheilung auf dem Papier“ an – mit sehr realen finanziellen Folgen.

Solche Fälle sind nicht die Regel, aber sie kommen immer wieder vor. Und gerade weil Krankengeld für viele Betroffene die letzte verlässliche Einnahmequelle ist, kann ein abrupter Schnitt existenzbedrohend werden, wenn nicht schnell reagiert wird.

Vom Lohn zur Ersatzleistung: Wie Krankengeld funktioniert

Wer als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer krankheitsbedingt ausfällt, erhält zunächst weiter Gehalt. Diese Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber läuft im Regelfall bis zu sechs Wochen. Erst danach springt die gesetzliche Krankenkasse ein und zahlt Krankengeld, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind.

Krankengeld ist kein volles Gehaltsersatzprogramm. Es orientiert sich am Arbeitsentgelt, beträgt typischerweise 70 Prozent des Bruttoeinkommens, aber höchstens 90 Prozent des Nettoeinkommens.

Sozialversicherungsbeiträge werden davon weiter abgeführt, sodass die tatsächliche Auszahlung spürbar unter dem vorherigen Nettolohn liegen kann. Für Betroffene bedeutet das oft schon im „Normalbetrieb“ des Krankengeldbezugs eine knappe Kalkulation – und erklärt, warum selbst kurze Unterbrechungen schnell zum Problem werden.

Die Bezugsdauer ist außerdem begrenzt. Bei Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit besteht innerhalb einer sogenannten Blockfrist von drei Jahren nur ein Anspruch bis zur gesetzlichen Höchstdauer. Umgangssprachlich wird das spätere Ende als „Aussteuerung“ bezeichnet.

Warum Krankenkassen prüfen müssen und wann der Medizinische Dienst eingeschaltet wird

So unangenehm Nachprüfungen sein können: Krankenkassen dürfen nicht einfach „blind“ zahlen. Sie haben im Gegenteil die Aufgabe, bei Zweifeln oder bestimmten Fallkonstellationen prüfen zu lassen, ob weiterhin Arbeitsunfähigkeit vorliegt und damit ein Krankengeldanspruch besteht.

Rechtsgrundlage dafür ist das gesetzlich geregelte Begutachtungsverfahren, in dem der Medizinische Dienst eine sozialmedizinische Einschätzung abgibt.

Dass dies nicht massenhaft geschieht, zeigt ein Blick in die Zahlen: Der Medizinische Dienst verweist darauf, dass Arbeitsunfähigkeit 2025 zig Millionen Mal bescheinigt wurde, die Krankenkassen aber nur in einem kleinen Teil der Fälle überhaupt eine Begutachtung beauftragen ließen.

Für die Betroffenen, die es trifft, ist es dennoch eine einschneidende Erfahrung – besonders dann, wenn die Erkrankung schwerwiegend ist und sich die ärztliche Einschätzung der behandelnden Praxis deutlich von der Einschätzung des Medizinischen Dienstes unterscheidet.

Das Gutachten ohne Termin: Begutachtung nach Aktenlage und ihre Tücken

Ein besonderer Reizpunkt ist die Art, wie solche Einschätzungen zustande kommen. In vielen Fällen basiert die Bewertung auf Unterlagen, also auf Befundberichten, Diagnosen, Therapieverläufen und der bisherigen Krankschreibung. Persönliche Untersuchungen finden nur in einem Teil der Fälle statt; die Aktenprüfung ist im System fest verankert.

Das ist aus Verwaltungssicht nachvollziehbar, weil Begutachtungen in großer Zahl sonst kaum leistbar wären. Für Patientinnen und Patienten entsteht jedoch ein strukturelles Risiko: Was nicht in den Akten steht, existiert für die Begutachtung praktisch nicht.

Gerade bei psychischen Erkrankungen, bei Schmerzsyndromen oder bei komplexen Mehrfachdiagnosen können Funktionsbeeinträchtigungen, Belastbarkeit und Rückfallrisiken in knappen Arztbriefen unterbelichtet bleiben. Dann wirkt eine Aktenbewertung schnell wie ein Urteil aus der Ferne – und wird von Betroffenen als willkürlich erlebt, selbst wenn sie formal korrekt zustande gekommen ist.

Der Brief, der alles ändert: Anhörung oder Bescheid?

Nicht jedes Schreiben, das dramatisch klingt, ist schon die endgültige Entscheidung. In der Praxis gibt es häufig eine vorgelagerte Anhörung. Dabei teilt die Krankenkasse mit, dass sie beabsichtigt, die Krankengeldzahlung zu beenden oder herabzusetzen, und gibt Gelegenheit zur Stellungnahme.

Erst danach folgt – wenn die Kasse dabei bleibt – ein förmlicher Bescheid.
Für Betroffene ist diese Unterscheidung entscheidend, weil sie den Handlungsspielraum beeinflusst.

Eine Anhörung ist das Zeitfenster, um schnell aktuelle Befunde nachzureichen, Missverständnisse auszuräumen und die medizinische Sicht zu ergänzen, bevor eine Entscheidung getroffen wird. Ein Bescheid dagegen setzt Fristen in Gang, mit denen Rechtsmittel verbunden sind. Weil Schreiben der Kasse nicht immer leicht verständlich formuliert sind, lohnt sich ein genauer Blick auf Überschrift, Rechtsbehelfsbelehrung und Wortlaut.

Welche Rechte Versicherte haben – und welche Fristen laufen

Wenn ein Bescheid das Ende des Krankengeldes feststellt, ist Widerspruch das reguläre Mittel, um die Entscheidung überprüfen zu lassen. Die Frist beträgt grundsätzlich einen Monat ab Bekanntgabe. Fehlt eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung, kann sich die Frist deutlich verlängern. Wer das Schreiben erst einmal liegen lässt, verliert schnell Zeit, die später kaum aufzuholen ist.

Wichtig ist auch: Ein Widerspruch muss nicht sofort perfekt begründet sein. In vielen Fällen ist es sinnvoll, fristwahrend zu reagieren und die medizinische Begründung nachzureichen, sobald aktuelle Befundberichte vorliegen. Parallel dazu besteht das Recht, Einblick in die entscheidungsrelevanten Unterlagen zu bekommen.

Dazu gehört regelmäßig auch, zu verstehen, worauf sich die Einschätzung des Medizinischen Dienstes stützt. Wegen sensibler Gesundheitsdaten kann die Akteneinsicht in der Praxis so ausgestaltet sein, dass Inhalte über eine Ärztin oder einen Arzt vermittelt werden.

Medizinische Gegenwehr: Was Ärztinnen und Ärzte liefern können

Eine arbeitsunfähige Person „gewinnt“ solche Konflikte selten mit Empörung, sondern mit Substanz. Das bedeutet nicht, dass Betroffene sich rechtfertigen müssten, krank zu sein. Es bedeutet, dass im sozialmedizinischen Verfahren nachvollziehbar beschrieben werden muss, warum die Arbeitsfähigkeit im konkreten Job nicht vorliegt und weshalb eine Rückkehr zum angegebenen Zeitpunkt nicht realistisch ist.

Hilfreich sind aktuelle Befundberichte, die nicht nur Diagnosen aufzählen, sondern Funktionsbeeinträchtigungen, Belastbarkeit, Therapieverlauf, Krisenanfälligkeit und Prognose in Bezug auf die Arbeitsanforderungen darstellen.

Entscheidend ist häufig die Frage, welche Tätigkeiten in welchem Umfang möglich sind und welche nicht. Auch Hinweise darauf, ob sich der Zustand stabilisiert, ob es Rückfälle gab und welche Behandlung aktuell läuft, können das Bild vervollständigen, das in einer reinen Aktenlage sonst zu grob geraten kann.

Gleichzeitig bleibt die Pflicht, die Arbeitsunfähigkeit lückenlos dokumentieren zu lassen, praktisch bedeutsam. Auch wenn gesetzliche Änderungen die Folgen kleiner Lücken abgemildert haben, kann ein verspäteter Folgetermin dazu führen, dass Leistungen zumindest vorübergehend ruhen oder dass es zusätzlichen Erklärungsbedarf gibt. Wer ohnehin in einer Auseinandersetzung mit der Krankenkasse steckt, sollte solche Angriffsflächen nach Möglichkeit vermeiden.

Zwischen Krankenkasse und Arbeitsagentur: Wie eine Lücke verhindert wird

In vielen Schreiben steht sinngemäß: Wenn kein Krankengeld mehr gezahlt wird, solle man sich bei der Agentur für Arbeit melden. Das klingt einfach, ist aber in der Realität komplizierter, weil Arbeitslosengeld normalerweise Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt voraussetzt. Wer weiterhin arbeitsunfähig ist, passt in dieses Raster auf den ersten Blick nicht.

Genau für diese Übergangssituationen existiert allerdings eine besondere Regelung, die oft als Nahtlosigkeitsregelung bezeichnet wird. Sie soll verhindern, dass Menschen nach dem Ende des Krankengeldes ohne Einkommen dastehen, solange die Frage der Erwerbsfähigkeit oder einer möglichen Reha beziehungsweise Rente noch nicht geklärt ist. In der Praxis bedeutet das: Eine frühzeitige Meldung bei der Agentur für Arbeit kann ein Sicherheitsnetz sein, selbst wenn parallel um das Krankengeld gestritten wird.

Hinzu kommt ein weiterer Stolperstein, der gern übersehen wird: Wer gleichzeitig Arbeitslosengeld bezieht, kann damit unter Umständen den Krankengeldanspruch zum Ruhen bringen. Deshalb ist es wichtig, die eigene Situation nicht nur „irgendwie“ abzusichern, sondern die Wechselwirkungen mitzudenken und Entscheidungen nicht vorschnell zu treffen, wenn sie sich später als nachteilig erweisen.

Wenn die Zahlung dennoch stoppt: Vorläufiger Rechtsschutz

Trotz Widerspruch kann es vorkommen, dass Zahlungen unterbrochen werden oder Betroffene kurzfristig ohne Geld dastehen. Dann stellt sich nicht mehr nur die Frage, wer am Ende recht hat, sondern wie Miete, Strom und Lebensunterhalt bis zur Entscheidung finanziert werden.

Für solche Lagen sieht das Sozialrecht vorläufigen Rechtsschutz vor. Sozialgerichte können – vereinfacht gesagt – im Eilverfahren eine vorläufige Regelung treffen, wenn ohne schnelle Entscheidung wesentliche Nachteile drohen. Das ersetzt kein Hauptsacheverfahren, kann aber die Zeit überbrücken, bis geklärt ist, ob Krankengeld weiterzuzahlen ist.

In der Praxis ist das ein Instrument, das häufig nur mit guter Dokumentation und klarer Dringlichkeit Aussicht auf Erfolg hat. Wer frühzeitig Beratung einholt, erhöht die Chancen, hier nicht im Chaos zu versinken.

Aussteuerung ist etwas anderes als „gesundgeschrieben“

Das im Video angedeutete nächste Problem ist die Aussteuerung nach Erreichen der Höchstdauer. Sie ist strikt vom „vorzeitigen Ende“ aufgrund einer Begutachtung zu unterscheiden.

Bei der Aussteuerung endet der Anspruch nicht, weil jemand angeblich wieder gesund ist, sondern weil die gesetzliche Höchstbezugsdauer ausgeschöpft ist. Auch dann droht eine Versorgungslücke, wenn der weitere Weg – häufig über Arbeitsagentur, Reha, Teilhabe oder Erwerbsminderungsrente – noch nicht steht.

Gerade deshalb wirkt eine vorgezogene Beendigung des Krankengeldes durch eine Aktenbewertung so drastisch: Sie nimmt Betroffenen nicht nur Geld, sondern auch Zeit, um den Übergang in das nächste System geordnet vorzubereiten.

Warum das Thema besonders bei psychischen Erkrankungen eskaliert

Auffällig ist, dass viele Konfliktfälle aus dem Bereich psychischer Erkrankungen berichtet werden. Das hat mehrere Gründe. Psychische Leiden sind in der Außenwahrnehmung schwerer „sichtbar“, Verläufe sind oft schwankend, die Belastbarkeit hängt stark von Umgebung, Stress und Tagesform ab, und Diagnosen allein sagen wenig darüber aus, ob ein achtstündiger Arbeitstag unter realen Bedingungen möglich ist.

Hinzu kommt ein Kommunikationsproblem: Behandelnde Praxen schreiben häufig knapp, weil Zeit fehlt und weil sie primär therapeutisch arbeiten. Sozialmedizinische Begutachtung verlangt jedoch eine andere Sprache, nämlich die Übersetzung von Symptomen in Funktionsfähigkeit im konkreten Arbeitskontext. Wo diese Übersetzung fehlt, entstehen Leerstellen – und in Leerstellen gedeihen Fehlbewertungen besonders leicht.

Praxisbeispiel: „Gesundgeschrieben“ per Brief – und was dann passiert

Sabine K., 43, arbeitet in Hannover als Teamleitung in einem ambulanten Pflegedienst. Nach mehreren Monaten hoher Belastung entwickelt sie eine schwere depressive Episode mit ausgeprägten Schlafstörungen, Panikattacken und Konzentrationsausfällen. Am 14. August 2025 stellt ihre Hausärztin die Arbeitsunfähigkeit fest, kurz darauf übernimmt eine Fachärztin für Psychiatrie die Behandlung und bestätigt die Krankschreibung fortlaufend. Der Arbeitgeber zahlt bis einschließlich 24. September 2025 Entgeltfortzahlung. Ab dem 25. September 2025 erhält Sabine Krankengeld von ihrer gesetzlichen Krankenkasse.

Am 3. Dezember 2025 kommt ein Schreiben der Krankenkasse. Darin steht, der Medizinische Dienst sei „nach Prüfung der Unterlagen“ zu der Einschätzung gelangt, Sabine könne ab dem 15. Dezember 2025 wieder arbeiten. Das Krankengeld solle deshalb mit Ablauf des 14. Dezember 2025 enden. Als „Alternative“ wird erwähnt, sie könne sich bei der Agentur für Arbeit melden. Sabine ist irritiert, weil ihre aktuelle Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis Ende Januar 2026 reicht und sich ihr Zustand nach eigener Einschätzung eher verschlechtert hat.

Die Reaktion in den ersten Tagen

Sabine reagiert noch in derselben Woche. Am 6. Dezember 2025 legt sie fristwahrend Widerspruch gegen die angekündigte Beendigung ein, ohne lange Begründung, aber mit dem Hinweis, dass ein aktueller fachärztlicher Bericht nachgereicht wird. Gleichzeitig bittet sie um Mitteilung, auf welche Unterlagen sich die Einschätzung stützt, weil sie nie persönlich begutachtet wurde.

Am 9. Dezember 2025 hat Sabine einen kurzfristig vereinbarten Termin bei ihrer Psychiaterin. Dort wird ein Befundbericht erstellt, der nicht nur die Diagnose nennt, sondern beschreibt, warum Sabine im konkreten Arbeitsalltag aktuell nicht belastbar ist: Schichtdienstnähe, hohe Verantwortung, ständige Unterbrechungen, emotionale Belastung im Patientenkontakt und eine deutlich reduzierte Konzentrations- und Stressresistenz. Zusätzlich werden Therapieplan, Medikation, Krisenverlauf und eine vorsichtige Prognose dokumentiert. Der Bericht geht am 10. Dezember 2025 an die Krankenkasse.

Absicherung, falls das Krankengeld trotzdem stoppt

Weil Sabine befürchtet, dass es trotz Widerspruch zu einer Zahlungslücke kommt, meldet sie sich am 11. Dezember 2025 bei der Agentur für Arbeit und stellt vorsorglich einen Antrag auf Arbeitslosengeld. Sie erklärt dabei, dass die Frage ihrer Leistungsfähigkeit medizinisch umstritten ist und parallel geklärt wird. Damit vermeidet sie, am Monatsende ohne Geld dazustehen, falls die Krankenkasse an der Entscheidung festhält.

Wie der Fall ausgeht

Am 18. Dezember 2025 kommt die Rückmeldung der Krankenkasse: Nach Eingang der aktuellen Unterlagen werde der Vorgang erneut geprüft. Das Krankengeld läuft zunächst weiter. Anfang Januar 2026 fordert die Krankenkasse ergänzende Informationen an, diesmal mit konkreten Fragen zur Belastbarkeit.

Nach erneuter Stellungnahme der Fachärztin wird die Beendigung des Krankengeldes nicht umgesetzt; stattdessen wird eine erneute Überprüfung zu einem späteren Zeitpunkt angekündigt.

Sabine bleibt weiterhin in Behandlung, und parallel wird mit dem Arbeitgeber über eine stufenweise Wiedereingliederung gesprochen, sobald der Gesundheitszustand stabil genug ist. Entscheidend ist in diesem Beispiel nicht, dass eine Seite „gewinnt“, sondern dass Sabine durch schnelles, formales Handeln und einen aussagekräftigen Befundbericht verhindert, dass eine Aktenbewertung ohne aktuelle medizinische Einordnung sofort zu einem finanziellen Bruch führt.

Was dieses Beispiel zeigt

In der Praxis entscheidet oft nicht die Empörung über das Schreiben, sondern die Geschwindigkeit: Ein fristgerechter Widerspruch, ein aktueller fachärztlicher Bericht mit Bezug zum konkreten Job und eine vorsorgliche Absicherung über die Agentur für Arbeit können aus einer bedrohlichen Situation eine überprüfbare Auseinandersetzung machen, ohne dass der Lebensunterhalt abrupt wegbricht.

Fazit: Wachsamkeit statt Panik

Wenn eine Krankenkasse ankündigt, das Krankengeld zu beenden, ist das kein Grund, in Schockstarre zu verfallen – aber ein Anlass, sehr schnell handlungsfähig zu werden.

Das Krankengeld-System erlaubt Prüfungen und nutzt dafür häufig Aktenbewertungen. Genau deshalb ist es so wichtig, Fristen ernst zu nehmen, Unterlagen zu sichern, behandelnde Ärztinnen und Ärzte zeitnah einzubinden und mögliche Übergänge zur Arbeitsagentur früh mitzudenken.

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Kündigung nach Krankschreibung wird zum Eigentor

23. Dezember 2025 - 9:09
Lesedauer 2 Minuten

Wenn ein Arbeitnehmer wegen Krankheit arbeitsunfähig ist, dann besteht keine Pflicht zur Arbeitsleistung, und er darf der Arbeit fernbleiben. Der Arbeitgeber darf ihm nicht mit Kündigung drohen, sondern dies stellt eine verbotene Maßregelung dar.

So urteilte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt gegen eine Zeitarbeitsfirma, die eine krankgeschriebene Arbeitnehmerin zur Arbeit aufgefordert hatte. (Az: 6 AZR 189/08)

Personalchefin fordert Arbeit trotz Krankschreibung

Die Betroffene war wegen eines Wegeunfalls medizinisch bestätigt arbeitsunfähig und hatte die ärztliche Krankschreibung ihrem Arbeitgeber auch zukommen lassen. Die zuständige Personalchefin verlangte von der Arbeitnehmerin in einem Telefongespräch auf, trotz ihrer ärztlich bescheinigten Erkrankung zu arbeiten. Die Vorgesetzte behauptete, dem Arzt sei es egal, wenn die Betroffene trotz Krankschreibung arbeite.

Drohung und Kündigung

Die Arbeitnehmerin lehnte es ab, trotz Krankschreibung zur Arbeit zu erscheinen. Die Personalchefin drohte ihr deshalb mit Kündigung. Es handelte sich nicht um eine leere Drohung, denn die Kündigung erfolgte tatsächlich gleich am folgenden Tag.

Es geht vor das Bundesarbeitsgericht

Die Betroffene klagte vor dem Arbeitsgericht, und der Fall ging durch alle Instanzen bis zum Bundesarbeitsgericht. Dort stellten sich die Richter im Grundsatz hinter die erkrankte und gekündigte Arbeitnehmerin. Sie erklärten die gesetzlichen Grundlagen und die Rechte des Arbeitnehmers im Falle einer Erkrankung.

Unzulässige Maßregelung

Die Richter bezeichneten das Verhalten der Personalchefin als unzulässige Maßregelung. Sie stellten klar, dass ein Arbeitnehmer nicht benachteiligt werden dürfe, wenn er sein Recht in Anspruch nehme, nicht zur Arbeit zu kommen, wenn er arbeitsunfähig sei. Eine aus dieser unzulässigen Maßregelung abgeleitete Kündigung sei unwirksam.

Was gilt im Arbeitsrecht?

Vorgesetzte dürfen Sie nicht zwingen, trotz Krankschreibung zu arbeiten. Durch eine Krankschreibung sind Sie von der Arbeitspflicht entbunden. Zugleich hat der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht. Diese beinhaltet, dass er Ihre Genesung nicht gefährden darf.

Personalchefin versucht Druck aufzubauen

Die Personalchefin versuchte in diesem Fall, Druck auszuüben, mit der Behauptung, dem Arzt sei es egal, ob die Betroffene zur Arbeit ginge. Weil es dem Arzt egal sei, könne die Vorgesetzte die Arbeitnehmerin zur Arbeit verpflichten, so die Logik dahinter.

Krankschreibung heißt nicht Arbeitsverbot

Was steckt tatsächlich hinter einer solchen Drohkulisse? Eine Krankschreibung bedeutet nicht automatisch ein vom Arzt verhängtes Arbeitsverbot. Sie können also trotz Krankschreibung arbeiten, wenn Sie sich dazu in der Lage fühlen und die Arbeit Ihre Genesung nicht gefährdet.

Sie allein entscheiden, ob Sie sich arbeitsfähig fühlen

Die Techniker Krankenkasse erläutert dazu: „Grundsätzlich stellt eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kein Arbeitsverbot dar, sondern gibt eine ärztliche Prognose ab, wie der Krankheitsverlauf erwartet wird. Das bedeutet, aus rechtlicher Sicht können Beschäftigte trotz Krankschreibung arbeiten, wenn sie sich arbeitsfähig fühlen.“

Ob Sie sich arbeitsfähig fühlen, entscheiden aber ausschließlich Sie selbst und nicht der Arbeitgeber.

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Bürgergeld und Feiertage: Auszahlung mit einer Besonderheit

23. Dezember 2025 - 8:39
Lesedauer 3 Minuten

Weihnachten, Silvester und eine verkürzte Bankwoche sorgen jedes Jahr für dieselbe Unsicherheit: Wann ist das Bürgergeld für Januar im Dezember 2025 tatsächlich auf dem Konto?

Beim Bürgergeld gilt, dass die Leistung im Voraus gezahlt wird. Jobcenter müssen ihre Auszahlungen so planen, dass der Anspruch zum Monatsbeginn abgesichert ist, auch wenn rund um den Jahreswechsel nur eingeschränkt gebucht wird.

In der Praxis landet die Zahlung häufig mit einer Wertstellung zum 1. Januar 2026 im System. Sichtbar wird sie vielen Empfängern aber erst mit dem ersten Buchungstag im neuen Jahr, also am Freitag, 2. Januar 2026. Eine frühere Gutschrift kann vorkommen, ist aber nicht verlässlich, weil die internen Zahlungsläufe von Träger zu Träger unterschiedlich organisiert sind.

Die wichtigsten Daten rund um den Jahreswechsel Ereignis Datum und Einordnung Späteste Auszahlung durch Jobcenter (praktische Frist) Dienstag, 30.12.2025 – häufig als letzter verlässlicher Bankarbeitstag vor Neujahr genannt Wertstellung Donnerstag, 01.01.2026 – Neujahr ist kein Buchungstag Auf dem Konto sichtbar Freitag, 02.01.2026 – erster Buchungstag im neuen Jahr Start vieler Zahlungsläufe ab Dienstag, 23.12.2025 – wird teils früh angestoßen, je nach Träger Kurze Bankwoche: Warum 2025 der Zeitdruck steigt

Heiligabend fällt 2025 auf Mittwoch, den 24. Dezember. Danach folgen die beiden Weihnachtsfeiertage am 25. und 26. Dezember sowie unmittelbar das Wochenende am 27. und 28. Dezember.

Dadurch wirkt die Woche für viele Stellen „abgeschnitten“: Selbst wenn nicht jeder Tag formal ausfällt, werden Überweisungen oft früher vorbereitet, weil Erreichbarkeit, Bearbeitungszeiten und bankseitige Abläufe rund um die Feiertage spürbar eingeschränkt sind.

Für den Anspruch selbst ändert das nichts. Entscheidend bleibt, dass die Leistung so angewiesen wird, dass sie den Monatsbeginn abdeckt. Die verkürzten Abläufe erhöhen jedoch den Druck auf die internen Sammelläufe, weshalb viele Jobcenter ihre Zahlungsvorgänge bereits in der letzten Dezemberwoche anstoßen.

Wertstellung ist nicht gleich Buchungstag

Viele Missverständnisse entstehen, weil Wertstellung und Kontosichtbarkeit auseinanderfallen können. Wird die Zahlung mit Wertstellung zum 1. Januar geführt, bedeutet das nicht automatisch, dass sie am Feiertag „auftaucht“. Da am 1. Januar nicht gebucht wird, erscheint die Gutschrift typischerweise erst mit dem ersten Buchungstag im neuen Jahr.

Für Januar 2026 ist das der Freitag, 2. Januar. Wer die Gutschrift früher sieht, hat meist einen Träger, der den Lauf besonders früh startet, oder eine Bank, die Vormerkungen beziehungsweise frühe Anzeigen schneller sichtbar macht.

Warum manche Kalender schon den 23. Dezember nennen

Einige Auszahlungskalender nennen für Januar 2026 sogar Dienstag, den 23. Dezember 2025. Solche Angaben sind als mögliche Startpunkte interner Prozesse zu verstehen, nicht als bundesweit garantierter Kontoeingang. Jobcenter arbeiten mit Sammelläufen, die je nach Region, Software, Bankverbindungen und organisatorischer Taktung unterschiedlich terminiert werden. Deshalb können einzelne Empfänger das Geld bereits vor dem Jahreswechsel auf dem Konto sehen, während andere die Buchung erst Anfang Januar angezeigt bekommen.

Auszahlung Bürgergeld ab 2026 Leistungsmonat (Bürgergeld für) Überweisung/Kontogutschrift (Datum, Wochentag) Januar 2026 30.12.2025 (Dienstag) Februar 2026 30.01.2026 (Freitag) März 2026 27.02.2026 (Freitag) April 2026 31.03.2026 (Dienstag) Mai 2026 30.04.2026 (Donnerstag) Juni 2026 29.05.2026 (Freitag) Juli 2026 30.06.2026 (Dienstag) August 2026 31.07.2026 (Freitag) September 2026 31.08.2026 (Montag) Oktober 2026 30.09.2026 (Mittwoch) November 2026 30.10.2026 (Freitag) Dezember 2026 30.11.2026 (Montag)

Hinweis: Je nach Jobcenter und Bank kann die Buchungsanzeige abweichen, weil teils mit Wertstellung gearbeitet wird und Zahlungsläufe unterschiedlich früh angestoßen werden.

Bezahlkarte statt Scheck: Umstellung zum 1. Januar 2026

Parallel zum Kalender-Thema greift zum 1. Januar 2026 eine weitere Änderung: Bundesweit entfällt die Zahlungsanweisung zur Verrechnung über die Postbank, die bislang bei Bürgergeld-Empfängern ohne eigenes Girokonto als Scheckverfahren genutzt wurde.

Weil Verrechnungsschecks drei Monate gültig sind, wurde der Versand laut den hier zugrunde liegenden Angaben bereits zum 30. September 2025 beendet, um einen Scheck-Überhang ins Jahr 2026 zu vermeiden und Probleme wie Einlösestau oder Doppelzahlungen auszuschließen.

Wer kein Konto eröffnen kann, soll im Einzelfall eine Bezahlkarte erhalten. Für die Januar-Leistung 2026 ist diese Umstellung nach dem beschriebenen Ablauf bereits berücksichtigt.

Gilt das nur fürs Bürgergeld?

Die Logik rund um Feiertage und Banktage betrifft nicht nur das Bürgergeld. Auch andere Leistungen, die gesetzlich im Voraus erbracht werden, folgen ähnlichen Zeitmustern.

Dazu zählen etwa Sozialhilfe und Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung, Wohngeld sowie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sofern die Auszahlung ebenfalls auf den Monatsbeginn ausgerichtet ist und der Jahreswechsel dazwischenliegt.

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Jobcenter fordert wegen Mieterhöhung Bürgergeld zurück

23. Dezember 2025 - 8:22
Lesedauer 3 Minuten

Wenn die Miete nach Jahren erstmals steigt, stellen sich für Bürgergeld Beziehende Fragen: Muss das Jobcenter die höhere Miete übernehmen? Was passiert, wenn man der Erhöhung zustimmt – ohne vorherige Rücksprache?

Ausgangslage: Mieterhöhung nach Jahren – was nun?

In einem aktuellen Fall stieg die Kaltmiete einer Wohnung erstmals nach über zehn Jahren. Der Vermieter verlangte die Zustimmung der Mieterin, lieferte jedoch keine gesetzlich vorgeschriebenen Belege wie Mietspiegel oder Vergleichswohnungen. Trotzdem stimmte die Bürgergeld-Bezieherin zu – in der Annahme, das Jobcenter werde die höhere Miete tragen. Doch diese Annahme birgt Risiken.

Zustimmung zur Mieterhöhung: Wann sie rechtlich bindend ist

Eine Mieterhöhung nach § 558 BGB muss bestimmten formellen Vorgaben genügen und muss vom Vermieter begründet werden. Ohne Nachweis durch Mietspiegel, Vergleichswohnungen oder Gutachten ist sie juristisch angreifbar. Mieterinnen und Mieter müssen der Erhöhung dann nicht zustimmen. Tun Sie es dennoch freiwillig, entsteht eine neue Vertragsgrundlage (§ 557 BGB). Diese ist rechtswirksam – auch ohne formelle Begründung des Vermieters.

Jobcenter muss zahlen – aber nicht bedingungslos

Ist eine Miete vertraglich vereinbart und bleibt unterhalb der Angemessenheitsgrenze, ist das Jobcenter zur Übernahme verpflichtet. Das hat das Bundessozialgericht mehrfach entschieden (z. B. B 4 AS 32/12 R, B 14 AS 4/23 R). Ein Ermessensspielraum besteht nicht.

Aber: Die Zustimmung zur Mieterhöhung sollte dem Jobcenter vorab mitgeteilt werden. Denn nach den Vorgaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) sind alle Änderungen in den Wohnkosten „unverzüglich“ zu melden – nicht erst im Nachhinein.

Wann ist eine Mieterhöhung formell wirksam?

Damit eine Mieterhöhung nach § 558 BGB wirksam wird, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein:

  • Die letzte Mieterhöhung liegt mindestens 15 Monate zurück.
  • Die Miete wurde seit mindestens zwölf Monaten unverändert gezahlt.
  • Die Zustimmung des Mieters erfolgt innerhalb von zwei Monaten.
  • Die Mieterhöhung darf die Kappungsgrenze nicht überschreiten (meist max. 15–20 % in drei Jahren, je nach Kommune).

Ohne diese Voraussetzungen darf der Vermieter die Miete nicht einseitig erhöhen. Eine Zustimmung des Mieters ist freiwillig – und kann auch verweigert werden.

Mieterverein oder Jobcenter – wer prüft die Erhöhung?

Die Fachanweisungen der Stadt Hamburg empfehlen Bürgergeld Beziehenden bei „Zweifelsfällen“ den Gang zum Mieterverein. Ein solcher Fall liegt vor, wenn etwa keine formgerechte Begründung der Mieterhöhung vorliegt. Eine Pflicht zur Einholung von Beratung besteht aber nicht. Entscheidend ist am Ende, ob die Miete rechtlich zulässig und vertraglich vereinbart wurde.

Tipp: Wer unsicher ist, sollte sich frühzeitig an das Jobcenter oder einen Mieterverein wenden. Das schafft Klarheit und schützt vor Rückforderungen.

Kommunale Unterschiede: Nicht jede Grenze ist gleich

Was als „angemessene Miete“ gilt, legt jede Kommune selbst fest. Dabei orientieren sich die Städte an örtlichen Mietspiegeln oder eigenen Tabellenwerten. In Hamburg gelten andere Höchstbeträge als in Leipzig oder München. Bürgergeld Beziehende sollten regelmäßig prüfen, ob ihre Miete innerhalb dieser Richtwerte liegt. Die aktuellen Tabellenwerte sind meist auf den Webseiten der Kommunen oder Sozialbehörden veröffentlicht.

Karenzzeit: Was gilt im ersten Jahr des Bürgergeldbezugs?

Neu im SGB II ist die sogenannte Karenzzeit: In den ersten zwölf Monaten des Bürgergeldbezugs übernimmt das Jobcenter jede tatsächliche Miete – unabhängig von den örtlichen Höchstgrenzen (§ 22 Abs. 1 S. 3 SGB II). In dieser Zeit sind Mieterhöhungen für Betroffene unproblematisch, sofern sie wirksam vereinbart wurden. Danach gelten wieder die Angemessenheitsgrenzen.

Meldung der Mieterhöhung: Vor oder nach der Zustimmung?

Ein häufiger Irrtum: Viele glauben, sie dürften die Mieterhöhung erst nach Zustimmung melden. Die Pflicht zur Mitteilung beginnt jedoch, sobald die Änderung erkennbar wird. Das bedeutet konkret: Sobald der Vermieter eine Mieterhöhung ankündigt, sollten Betroffene das Jobcenter informieren – idealerweise noch vor der Zustimmung.

Die Bundesagentur für Arbeit schreibt dazu: „Nutzen Sie die Veränderungsmitteilung (VÄM) online, wenn sich Ihre Miete oder Heizkosten erhöhen.“ Wer diese Pflicht versäumt, riskiert Rückforderungen, Bußgelder oder im Extremfall ein Strafverfahren.

Frühzeitig melden, rechtlich prüfen lassen

Wer Bürgergeld erhält und mit einer Mieterhöhung konfrontiert wird, sollte nie vorschnell zustimmen. Auch wenn die neue Miete unter der Angemessenheitsgrenze liegt, ist eine vorherige Rücksprache mit dem Jobcenter sinnvoll – und im Zweifel rechtlich notwendig. Denn nur so lassen sich Rückforderungen und Sanktionen sicher vermeiden.

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EM-Rente: Diese Zahlung sorgt für Rückforderungen der Erwerbsminderungsrente

23. Dezember 2025 - 8:19
Lesedauer 5 Minuten

Eine Einmalzahlung kann bei der Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) zum Auslöser einer rückwirkenden Rentenkürzung werden, obwohl der laufende Monatsverdienst scheinbar unproblematisch war.

Typisch ist das Muster: Monatelang passt alles, dann kommt Bonus, Zielprämie oder Urlaubsabgeltung – und später folgt ein Bescheid der Deutschen Rentenversicherung (DRV) mit Neuberechnung und Erstattungsforderung. Der Grund ist eine Kombination aus Jahreslogik, Meldesystem und einer festen gesetzlichen Rechenformel.

Warum Einmalzahlungen besonders gefährlich sind

Bei der EM-Rente wird der Hinzuverdienst im Kern kalenderjährlich betrachtet. Genau hier liegt die Sprengkraft von Einmalzahlungen: Sie erhöhen den Jahresverdienst nicht „gleichmäßig“, sondern schlagartig. Wer auf Monatswerte schaut, übersieht deshalb leicht, dass das Kalenderjahr am Ende über der Grenze liegt.

Hinzu kommt die Praxis, zunächst mit einem voraussichtlichen Hinzuverdienst zu arbeiten und später, sobald endgültige Entgeltdaten vorliegen, eine Spitzabrechnung vorzunehmen. Was in der Prognose nicht enthalten war – etwa ein später Bonus oder eine Urlaubsabgeltung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses – taucht dann rückwirkend in den Jahreszahlen auf.

Ergebnis: Die Rente wird für den betroffenen Zeitraum nur noch als Teilrente geleistet, und der zu viel gezahlte Betrag wird zurückgefordert.

Die Hinzuverdienstgrenzen 2026: Diese Zahlen entscheiden

Für 2026 sind die Grenzwerte besonders relevant, weil sie im Alltag häufig falsch „in Monatsbeträge“ übersetzt werden.

Bei einer vollen EM-Rente liegt die jährliche Hinzuverdienstgrenze 2026 bei rund 20.763 Euro (rechnerisch 20.763,75 Euro). Bei einer teilweisen EM-Rente beträgt die Hinzuverdienstgrenze 2026 mindestens rund 41.527 Euro; im Einzelfall kann die persönliche Grenze höher liegen, weil sie sich an den höchsten beitragspflichtigen Jahreseinkommen der letzten 15 Jahre orientiert.

Wichtig ist außerdem: Neben der reinen Geldgrenze spielt in der Praxis auch die Frage eine Rolle, wie viele Stunden tatsächlich gearbeitet wird. Wer dauerhaft deutlich mehr arbeitet, als es zur eigenen Rentenart passt, riskiert zusätzliche Nachfragen und Prüfungen.

Welche Meldungen oft fehlen – und warum Rückforderungen so häufig „spät“ kommen

Rückforderungen entstehen selten, weil „niemand etwas gemeldet hat“, sondern weil das System an entscheidenden Stellen Lücken hat, die Einmalzahlungen begünstigen.

Erstens melden viele Betroffene zwar die Beschäftigung, aber nicht die Einmalzahlung. Im Kopf ist der Bonus „nur einmal“ und wird nicht als rentenrelevant behandelt, obwohl er das Kalenderjahr kippen kann.

Zweitens wird bei der Prognose häufig nur der laufende Monatsverdienst berücksichtigt. Gerade variable Vergütungen – Zielprämien, Erfolgsboni, Nachzahlungen – werden oft erst am Jahresende oder nach Abschluss interner Abrechnungen festgelegt, und damit zu spät für eine saubere Prognose.

Drittens laufen Einmalzahlungen über sozialversicherungsrechtliche Meldewege, die nicht zwangsläufig sofort im Rentenverfahren sichtbar sind. Arbeitgeber melden Arbeitsentgelt regulär über Jahresmeldungen; für Einmalzahlungen gibt es in bestimmten Konstellationen zusätzlich eine Sondermeldung. Das erklärt, warum die DRV den „entscheidenden“ Betrag manchmal erst später in der Datenlage hat – und dann rückwirkend neu festsetzt.

Bonus, Urlaubsabgeltung, Abfindung: Nicht jede Einmalzahlung ist gleich

Für die Praxis ist die Abgrenzung entscheidend: Als Hinzuverdienst zählen insbesondere Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen. Bonus und Urlaubsabgeltung sind in vielen Fällen Arbeitsentgelt und damit grundsätzlich relevant.

Eine Abfindung wird in der Praxis häufig mit Urlaubsabgeltung verwechselt, weil beides oft gemeinsam im Beendigungszusammenhang gezahlt wird. Für die Rentenrechnung kommt es aber nicht auf den Namen im Anschreiben an, sondern darauf, wie der Betrag arbeits- und sozialversicherungsrechtlich eingeordnet und abgerechnet wurde.

Wer eine Rückforderung bekommt, sollte deshalb immer die Lohnabrechnung und die ausgewiesenen Entgeltarten prüfen lassen, statt allein mit dem Begriff „Abfindung“ zu argumentieren.

Urlaubsabgeltung: Der Sonderfall, der sich lohnt – weil die Zuordnung falsch laufen kann

Gerade bei Urlaubsabgeltung gibt es einen Punkt, der in Rückforderungsfällen häufig übersehen wird: Entscheidend ist nicht automatisch der Auszahlungsmonat, sondern der Zeitpunkt, zu dem der Anspruch rechtlich entsteht.

Urlaubsabgeltung darf nicht pauschal als „rentenschädlicher Hinzuverdienst“ im Auszahlungsmonat behandelt werden, wenn der Anspruch erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht und nicht aus einer Beschäftigung während des Rentenbezugs gezahlt wurde.

Für Betroffene bedeutet das: Wenn eine Rückforderung maßgeblich auf Urlaubsabgeltung beruht, muss die DRV nachvollziehbar darlegen, warum die Zahlung als Hinzuverdienst in genau diesem Zeitraum berücksichtigt wird.

Und Betroffene sollten die Belege liefern, die den Entstehungszeitpunkt stützen: Beendigungsdatum, Urlaubsanspruch, Abrechnung, ggf. Kündigungsschreiben oder Aufhebungsvertrag.

Rückforderung rechnerisch prüfen: So wird aus dem Überhang die Kürzung

Die Rechenlogik ist gesetzlich festgelegt und lässt sich als Plausibilitätscheck in wenigen Schritten nachrechnen.

Zuerst wird der kalenderjährliche Hinzuverdienst ermittelt. Dann wird geprüft, ob die Jahresgrenze überschritten ist. Liegt eine Überschreitung vor, wird die Rente nur teilweise geleistet.

Die Kürzung wird so berechnet, dass ein Zwölftel des übersteigenden Betrages gebildet wird und davon 40 Prozent von der Vollrente abgezogen werden. Genau diese „Überhang-/12-und-40%-Formel“ ist der Kern fast jeder Rückforderung nach Einmalzahlungen.

Ein einfaches Beispiel zeigt die Mechanik: Jemand bezieht 2026 eine volle EM-Rente und verdient im Jahr insgesamt 22.200 Euro, weil im Dezember zusätzlich 3.000 Euro Bonus gezahlt werden. Die Jahresgrenze liegt bei 20.763,75 Euro, der Überhang beträgt 1.436,25 Euro.

Ein Zwölftel davon sind rund 119,69 Euro, davon 40 Prozent sind rund 47,88 Euro monatliche Kürzung. Wird die Kürzung rückwirkend für zwölf Monate festgesetzt, landet man überschlägig bei rund 574 Euro Rückforderung – bei größeren Einmalzahlungen entsprechend deutlich mehr.

Wichtig: Die größten Fehler passieren nicht bei der Formel, sondern davor. Häufig sind falsche Zeiträume angesetzt, Beträge dem falschen Kalenderjahr zugeordnet oder Einmalzahlungen ohne Prüfung „einfach als Hinzuverdienst“ behandelt, obwohl die Zuordnung, insbesondere bei Urlaubsabgeltung, rechtlich sauber begründet werden muss.

Warum die DRV rückwirkend zurückfordern darf – und wo Betroffene ansetzen können

Wenn die DRV die Rente wegen Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze neu festsetzt, hebt sie den bisherigen Bescheid für den betroffenen Zeitraum ganz oder teilweise auf. Die zu viel gezahlten Rentenbeträge werden dann als Erstattung verlangt.

Der praktische Ansatzpunkt ist deshalb: Betroffene sollten prüfen, ob die Aufhebung zeitlich richtig begründet ist, ob ihnen eine fehlende oder verspätete Mitteilung tatsächlich vorgeworfen werden kann und ob die Entgeltdaten korrekt sind.

Je nach Fall kann auch Vertrauensschutz eine Rolle spielen, speziell wenn über längere Zeit mit vollständigen Angaben gearbeitet wurde oder wenn Betroffene aufgrund behördlicher Auskünfte disponiert haben.

Was Betroffene sofort tun sollten, wenn ein Rückforderungsbescheid kommt

Wer eine Rückforderung erhält, sollte Fristen sichern, Unterlagen sammeln und die Rechnung nachvollziehen. In vielen Fällen ist es außerdem sinnvoll, parallel eine Stundung oder Ratenzahlung zu beantragen, wenn die Rückforderung kurzfristig nicht tragbar ist.

Der wichtigste Punkt bleibt jedoch die sachliche Kontrolle der Rechen- und Zuordnungsbasis: Kalenderjahr, Jahresverdienst, Jahresgrenze, Überhang, Kürzungsformel, rückwirkender Zeitraum und – bei Urlaubsabgeltung – der Entstehungszeitpunkt.

FAQ: EM-Rente, Einmalzahlungen und Rückforderungen

Zählt ein Bonus immer als Hinzuverdienst?
Ein Bonus ist in der Regel Arbeitsentgelt und damit grundsätzlich als Hinzuverdienst relevant. Entscheidend ist, ob und in welchem Kalenderjahr er als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt abgerechnet und gemeldet wird.

Warum merkt die DRV das oft erst Monate später?
Weil häufig zunächst mit einer Prognose gearbeitet wird und später die tatsächlichen Entgeltdaten verarbeitet werden. Dann folgt die Spitzabrechnung und gegebenenfalls die rückwirkende Neufestsetzung.

Was ist die typische „Melde-Lücke“ bei Einmalzahlungen?
Viele Betroffene melden die Beschäftigung, aber nicht, dass eine Einmalzahlung bevorsteht oder erfolgt ist. Zudem können Einmalzahlungen über zusätzliche Meldungen des Arbeitgebers laufen, die zeitversetzt eingehen.

Wie erkenne ich, ob im falschen Kalenderjahr gerechnet wurde?
Vergleichen Sie das im Bescheid genannte Kalenderjahr mit Ihren Abrechnungen und den Jahreswerten. Bei Einmalzahlungen ist die Jahreszuordnung ein häufiger Streitpunkt.

Urlaubsabgeltung: Muss automatisch der Auszahlungsmonat angesetzt werden?
Nicht zwingend. Es kann auf den rechtlichen Entstehungszeitpunkt des Anspruchs ankommen. Wenn pauschal mit dem Auszahlungsmonat gerechnet wird, lohnt sich die Prüfung anhand der Beendigungsdaten und der Abrechnung.

Gilt die 40%-Anrechnung immer gleich?
Bei Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze wird die Teilrente nach der gesetzlichen Formel berechnet. Streitpunkte sind meist die Ermittlung des Überhangs und der Zeitraum, nicht die Formel.

Kann eine Rückforderung in Raten gezahlt werden?
Oft ja. Wer die Summe nicht auf einmal zahlen kann, sollte parallel zur inhaltlichen Prüfung eine Stundung oder Ratenzahlung beantragen.

Was muss im Rückforderungsbescheid nachvollziehbar sein?
Kalenderjahr, angesetzter Jahresverdienst, zugrunde gelegte Hinzuverdienstgrenze, Überhang, Rechenweg zur Teilrente, Zeitraum der Rückwirkung und die rechtliche Grundlage der Erstattung.

Was, wenn der Arbeitgeber falsch abgerechnet oder gemeldet hat?
Dann muss geklärt werden, welche Entgeltart tatsächlich vorliegt und ob eine Korrektur erforderlich ist. Für die Rentenberechnung ist entscheidend, wie das Entgelt sozialversicherungsrechtlich behandelt wurde.

Muss ich Einmalzahlungen der DRV aktiv melden, auch wenn der Arbeitgeber meldet?
Praktisch ja, sobald absehbar ist, dass die Jahresgrenze berührt oder überschritten wird. Das reduziert das Risiko überraschender Rückforderungen.

Quellenübersicht

  • Informationen der Deutschen Rentenversicherung zu Änderungen in der Rentenversicherung 2026 (u. a. Hinzuverdienstgrenzen bei EM-Renten).
  • Sozialversicherungsrechengrößen 2026 (Bezugsgröße) als Grundlage zur Herleitung der Hinzuverdienstgrenze bei voller Erwerbsminderung.
  • Gesetzliche Regelungen zum Hinzuverdienst bei Erwerbsminderungsrenten und zur Berechnung der Teilrente.
  • Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Urlaubsabgeltung und zur Frage des maßgeblichen Zeitpunkts der Zuordnung.
  • Sozialverwaltungsrechtliche Vorschriften zur Aufhebung von Bescheiden bei geänderten Verhältnissen und zur Erstattung zu Unrecht gezahlter Leistungen.
  • Fachinformationen zu sozialversicherungsrechtlichen Meldungen in Sonderfällen (Einmalzahlungen/Sondermeldung).

Der Beitrag EM-Rente: Diese Zahlung sorgt für Rückforderungen der Erwerbsminderungsrente erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

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Monatlich 367 Euro mehr Rente wenn der V0800 Antrag ausgefüllt wurde

23. Dezember 2025 - 8:11
Lesedauer 7 Minuten

Viele Rentenversicherte kennen den Moment: Die jährliche Renteninformation liegt im Briefkasten, die Hochrechnung wirkt nüchtern, manchmal sogar enttäuschend. Wer Phasen mit Teilzeit, Erwerbsunterbrechungen oder geringerem Einkommen hatte, spürt die Lücken besonders. Gerade Eltern unterschätzen dabei häufig, dass die gesetzliche Rentenversicherung Kindererziehung ausdrücklich als rentenrechtliche Zeit behandelt.

Das ist keine symbolische Anerkennung, sondern kann sich messbar in Entgeltpunkten und damit in Euro ausdrücken. Bei drei Kindern kann das – je nach Konstellation – in der Größenordnung von rund 367 Euro zusätzlicher monatlicher Bruttorente liegen, ohne dass dafür nachträglich Beiträge eingezahlt werden müssten.

Kindererziehungszeit: Beitragszeit ohne eigenen Beitrag

Kindererziehungszeiten sind in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtbeitragszeiten. Hinter diesem Begriff steckt ein politischer Ausgleich: Wer ein Kind erzieht, soll im Rentenkonto nicht so behandelt werden, als hätte er oder sie in dieser Phase „nichts“ getan. Rentenrechtlich wird die Erziehungszeit so bewertet, als wäre in dieser Zeit ein Einkommen in Höhe des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten erzielt worden.

Das ist der entscheidende Punkt, weil Entgeltpunkte im Grundsatz genau daraus entstehen: aus dem Verhältnis des eigenen, beitragspflichtigen Einkommens zum Durchschnittseinkommen.

Für Kinder, die 1992 oder später geboren wurden, werden bis zu 36 Kalendermonate Kindererziehungszeit berücksichtigt. Die Zeit beginnt nicht am Geburtstag selbst, sondern nach Ablauf des Geburtsmonats. Für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, fällt die anrechenbare Kindererziehungszeit geringer aus und beträgt bis zu 30 Monate.

Im Alltag wird dieser Bereich oft unter dem Schlagwort „Mütterrente“ verhandelt, tatsächlich geht es jedoch rentenrechtlich um die Bewertung von Kindererziehung in Entgeltpunkten und um die Frage, welchem Elternteil die Zeit zugeordnet wird.

Entgeltpunkte verständlich: Warum drei Jahre oft drei Punkte bedeuten

Ein Entgeltpunkt entspricht vereinfacht gesprochen dem Rentenanspruch, den man erhält, wenn man ein Jahr lang genau den durchschnittlichen Bruttolohn aller Versicherten erzielt und darauf Rentenbeiträge gezahlt hat. Weil Kindererziehungszeiten wie Pflichtbeiträge aus Durchschnittsverdienst bewertet werden, ergibt ein Jahr Kindererziehung rechnerisch nahezu einen Entgeltpunkt. Bei drei Jahren pro Kind läppert sich das zu einer spürbaren Summe.

Für drei Kinder, die alle 1992 oder später geboren wurden, ist die Rechnung in der Grundform schnell nachvollziehbar: Drei Jahre Kindererziehungszeit je Kind ergeben insgesamt neun Entgeltpunkte, sofern die Zeiten einer Person zugeordnet sind und vollständig im Versicherungskonto stehen.

Dieser Punkt „sofern“ ist in der Praxis wichtig, denn Anspruch, Zuordnung und korrekte Kontoführung entscheiden darüber, ob die rechnerische Maximalwirkung später auch tatsächlich in der Rentenzahlung ankommt.

„367 Euro mehr“: warum sie nicht für alle gleich ausfällt

Der Wert eines Entgeltpunkts hängt am sogenannten aktuellen Rentenwert. Dieser wird regelmäßig zum 1. Juli angepasst. Seit einigen Jahren gilt ein bundeseinheitlicher Rentenwert, wodurch die früheren Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern entfallen.

Seit dem 1. Juli 2025 beträgt der aktuelle Rentenwert 40,79 Euro pro Entgeltpunkt. Setzt man die neun Entgeltpunkte aus drei Kindern dagegen, ergibt sich rechnerisch eine zusätzliche monatliche Bruttorente von 9 × 40,79 Euro, also 367,11 Euro. Über zwölf Monate betrachtet entspricht das einem Betrag von rund 4.405 Euro brutto.

Diese Zahl ist greifbar – sie sollte aber nicht als Garantiewert verstanden werden. Zum einen verändert sich der Rentenwert mit jeder Anpassung, zum anderen ist die spätere Auszahlung immer eine Bruttorente.

Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner sowie eine mögliche Steuerpflicht hängen von der individuellen Situation ab. Außerdem können Abschläge bei einem vorgezogenen Rentenbeginn die Gesamtleistung mindern. Die Entgeltpunkte bleiben zwar bestehen, aber die Rentenformel berücksichtigt den Zeitpunkt und die Art der Rente.

Praxisbeispiel: So kann sich die Rente erhöhen

Nehmen wir an, eine Mutter in Hannover bekommt in ihrer Rentenauskunft eine voraussichtliche gesetzliche Bruttorente von 1.450 Euro pro Monat ausgewiesen. Sie hat drei Kinder, alle ab 1992 geboren, und stellt beim Prüfen ihres Rentenkontos fest, dass die Kindererziehungszeiten noch nicht vollständig gespeichert sind. Nach der Kontenklärung werden ihr die vollen Zeiten anerkannt.

Dadurch kommen drei Entgeltpunkte je Kind hinzu, zusammen also neun Entgeltpunkte. Beim aktuellen Rentenwert von 40,79 Euro ergibt das 9 × 40,79 Euro = 367,11 Euro zusätzliche Bruttorente pro Monat. Aus den ursprünglich 1.450 Euro werden damit rechnerisch 1.817,11 Euro brutto monatlich. Wie viel davon später netto ankommt, hängt dann von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen sowie der steuerlichen Situation ab, aber der Aufwuchs im Rentenanspruch ist durch die zusätzlichen Entgeltpunkte dauerhaft angelegt.

Wo in der Praxis Stolpersteine liegen: Zuordnung, parallele Erwerbsarbeit und Beitragsbemessungsgrenze

Der häufigste Irrtum ist die Annahme, Kindererziehungszeiten würden immer automatisch und vollständig „irgendwie“ eingetragen. Tatsächlich werden sie zwar grundsätzlich berücksichtigt, in der Praxis fehlen jedoch in vielen Rentenkonten Monate, weil Nachweise nicht vorlagen, Daten nicht sauber übernommen wurden oder eine Zuordnungsfrage offen blieb. Das kann sich Jahrzehnte später rächen, weil fehlende Monate nicht nur die Rentenhöhe beeinflussen können, sondern in bestimmten Fällen auch Wartezeiten für spezielle Rentenarten.

Auch die Zuordnung ist ein echter Knackpunkt. Rentenrechtlich kann zur selben Zeit immer nur eine Person von Kindererziehungszeiten profitieren.

Bei gemeinsamer Erziehung ordnet das System die Zeit ohne besondere Erklärung grundsätzlich der Mutter zu. Abweichungen sind möglich, aber sie müssen rechtlich sauber erklärt oder anhand der tatsächlichen überwiegenden Erziehung begründet werden.

Zudem ist zu beachten, dass eine solche Erklärung nach der Verwaltungspraxis nur für die Zukunft und lediglich begrenzt rückwirkend wirkt. Wer erst viele Jahre später feststellt, dass eine andere Zuordnung günstiger gewesen wäre, stößt deshalb schnell an Grenzen.

Ein weiterer Punkt, der oft falsch eingeschätzt wird, betrifft Eltern, die während der Kindererziehung weiterarbeiten. Wer erzieht und zugleich rentenversicherungspflichtig beschäftigt ist, verliert die Kindererziehungszeiten nicht.

Die Rentenversicherung bewertet die Kindererziehungszeit als Pflichtbeitrag, der zusätzlich zu eigenen Beiträgen wirken kann, allerdings nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Wer ohnehin sehr hohe beitragspflichtige Einkommen erzielt, kann durch die Kindererziehungszeit nicht unbegrenzt „oben drauf“ sammeln, weil das System eine Obergrenze für beitragspflichtige Entgeltpunkte pro Jahr kennt.

Der Antrag V0800: Warum Kontenklärung mehr ist als Bürokratie

In vielen Fällen entscheidet nicht die Rechtslage, sondern die Aktenlage. Kindererziehungszeiten werden im Rentenkonto nur dann sicher berücksichtigt, wenn sie dort korrekt vorgemerkt sind. Genau dafür ist der Antrag V0800 vorgesehen, der als Kontenklärungsinstrument für Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung dient. Der Antrag ist kostenlos und kann online oder in Papierform gestellt werden.

Wichtig ist der Zeitpunkt: Je früher die Kontenklärung erfolgt, desto eher lassen sich Unstimmigkeiten beheben, Unterlagen beschaffen und fehlerhafte Zuordnungen klären. Wer erst kurz vor Rentenbeginn beginnt, das Konto zu prüfen, gerät leicht unter Zeitdruck. Dabei geht es nicht nur um die Höhe der späteren Zahlung, sondern gelegentlich auch um die Frage, ob bestimmte rentenrechtliche Mindestzeiten überhaupt erfüllt sind.

„Mütterrente“ und Väter: Was möglich ist – und was nachgewiesen werden muss

Der umgangssprachliche Begriff „Mütterrente“ verstellt manchmal den Blick darauf, dass Kindererziehungszeiten nicht exklusiv an Mütter gebunden sind. Rechtlich ist die Zuordnung an den erziehenden Elternteil geknüpft.

Wenn ein Vater das Kind überwiegend erzieht, können ihm die Zeiten zugeordnet werden. Bei gemeinsamer Erziehung ist eine übereinstimmende Erklärung beider Eltern möglich, um die Zuordnung abweichend festzulegen. In der Praxis wird dieses Instrument genutzt, wenn es etwa wegen unterschiedlicher Versicherungsverläufe sinnvoll ist, die Entgeltpunkte dem Elternteil gutzuschreiben, dessen Rentenkonto dadurch stärker profitiert.

Gerade bei Paaren mit sehr unterschiedlichen Einkommen und Arbeitsbiografien kann die Zuordnung eine spürbare Langzeitwirkung haben. Allerdings ist die Entscheidung nicht frei gestaltbar wie ein privater Vertrag. Sie folgt Regeln, Fristen und der Logik, dass zur selben Zeit nur ein Elternteil Kindererziehungszeiten erhalten kann. Wer hier optimieren will, sollte nicht auf Hörensagen bauen, sondern die eigene Kontensituation prüfen lassen.

Berücksichtigungszeiten: Die zweite, oft übersehene Wirkung von Kindererziehung

Neben den eigentlichen Kindererziehungszeiten gibt es Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung. Sie wirken anders: Sie erhöhen nicht automatisch im gleichen direkten Sinn die Entgeltpunkte wie die Kindererziehungszeit, können aber für Wartezeiten, Rentenarten und die Bewertung anderer Zeiten relevant sein. Die Rentenversicherung kann unabhängig vom Geburtsjahr des Kindes bis zu zehn Jahre Berücksichtigungszeiten anrechnen.

Diese Zeiten sind besonders interessant, wenn es darum geht, bestimmte Mindestversicherungszeiten zu erfüllen, etwa für Rentenarten, die an längere Versicherungsbiografien anknüpfen.

In der Öffentlichkeit bekommen Berücksichtigungszeiten deutlich weniger Aufmerksamkeit als die „Euro-pro-Rentenpunkt“-Rechnung. Dabei kann die Wirkung im Einzelfall erheblich sein, weil ein Rentenanspruch nicht nur eine Frage der Höhe ist, sondern manchmal auch eine Frage des Zugangs.

Wer die Wartezeitvoraussetzungen knapp verfehlt, kann trotz vieler Lebensleistung ohne passende Rentenart dastehen oder auf weniger günstige Varianten ausweichen.

Was Eltern jetzt tun sollten: Nicht schätzen, sondern ins Konto schauen

Die beste Nachricht an Eltern lautet: Ein großer Teil dessen, was Kindererziehung in der gesetzlichen Rente wert ist, hängt nicht von späteren Nachzahlungen ab, sondern von der korrekten Erfassung im Rentenkonto. Wer drei Kinder hat, sollte deshalb nicht bei der Schlagzeile „367 Euro mehr“ stehen bleiben, sondern die eigene Rentenbiografie konkret prüfen. Entscheidend ist, ob die Kindererziehungszeiten vollständig enthalten sind, ob die Zuordnung stimmt und ob zusätzliche Berücksichtigungszeiten erfasst wurden.

Wer dabei feststellt, dass Zeiten fehlen oder unklar sind, sollte die Kontenklärung nicht aufschieben.

Der Antrag V0800 ist dafür der reguläre Weg. In vielen Fällen reicht er aus, um Lücken zu schließen und spätere Überraschungen zu vermeiden. Wer komplexe Lebensläufe hat, etwa mit selbstständigen Phasen, Auslandszeiten oder wechselnder Familienkonstellation, profitiert besonders davon, die Unterlagen früh zu ordnen und die Bewertung verbindlich festhalten zu lassen.

Frage 1: Wie viele Rentenpunkte bringt ein Kind – und für wen gilt das?

Für Kinder, die ab 1992 geboren wurden, werden in der gesetzlichen Rentenversicherung bis zu drei Jahre Kindererziehungszeit angerechnet. Rentenrechtlich werden diese Jahre so bewertet, als hätte der erziehende Elternteil in dieser Zeit ein Durchschnittseinkommen erzielt. Das führt typischerweise zu drei Entgeltpunkten pro Kind, sofern die Zeiten vollständig im Rentenkonto stehen und korrekt zugeordnet sind.

Frage 2: Bekomme ich die zusätzliche Rente automatisch, oder muss ich aktiv werden?

In der Praxis sollte man nicht darauf vertrauen, dass alles automatisch und lückenlos erfasst ist. Kindererziehungszeiten können fehlen oder unvollständig vorgemerkt sein, etwa wenn Unterlagen nicht vorlagen oder die Zuordnung nicht eindeutig war. Deshalb ist es sinnvoll, das Rentenkonto zu prüfen und fehlende Zeiten über die Kontenklärung nachtragen zu lassen, häufig über den Antrag V0800 bei der Deutschen Rentenversicherung.

Frage 3: Können Väter die Kindererziehungszeiten erhalten?

Ja, das ist möglich. Grundsätzlich werden Kindererziehungszeiten ohne abweichende Erklärung meist der Mutter zugeordnet. Wenn der Vater überwiegend erzogen hat oder beide Eltern eine entsprechende Erklärung abgeben, kann die Zuordnung zugunsten des Vaters erfolgen. Entscheidend ist, dass die Zuordnung nach den rentenrechtlichen Regeln zulässig ist und rechtzeitig sauber dokumentiert wird.

Frage 4: Welche Unterlagen sind typisch, wenn ich Kindererziehungszeiten nachtragen lassen will?

Üblich sind Nachweise, die Kind und Elternteil eindeutig zuordnen und den Zeitraum plausibel machen, etwa Geburtsdaten, Angaben zur Elternschaft und zur Erziehungssituation.

Welche Dokumente im Einzelfall nötig sind, hängt davon ab, was im Versicherungskonto bereits gespeichert ist und wo genau die Lücke liegt. Sinnvoll ist immer, die eigene Rentenversicherungskontonummer bereitzuhalten und die Kinder mit ihren Daten vollständig anzugeben.

Frage 5: Sind die „367 Euro mehr“ netto garantiert?

Nein. Die Rechnung bezieht sich auf die monatliche Bruttorente und setzt voraus, dass bei drei Kindern (Geburt ab 1992) insgesamt neun Entgeltpunkte tatsächlich im Konto landen. Von der Bruttorente gehen in der Regel Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab, außerdem kann je nach Gesamteinkommen eine Steuerpflicht bestehen. Die Entgeltpunkte bleiben zwar dauerhaft, aber die Nettoauszahlung ist individuell.

Drei Kinder können die Rente deutlich erhöhen – wenn die Zeiten richtig erfasst sind

Kindererziehung ist in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht bloß ein moralischer Bonus, sondern eine rentenrechtliche Größe mit messbarem Geldwert. Seit dem 1. Juli 2025 entspricht ein Entgeltpunkt 40,79 Euro monatlicher Bruttorente.

Wer für drei nach 1991 geborene Kinder jeweils die vollen Kindererziehungszeiten zugesprochen bekommt, kann damit rechnerisch auf neun Entgeltpunkte kommen, was rund 367 Euro monatlich ausmacht. Ob dieser Betrag am Ende tatsächlich im Rentenbescheid steht, entscheidet sich jedoch an der Kontenklärung, an der Zuordnung der Zeiten und an der Frage, ob das Rentenkonto vollständig und korrekt geführt ist. Genau deshalb ist der Blick ins eigene Rentenkonto keine Formalität, sondern ein Schritt, der im Alter mehrere tausend Euro pro Jahr ausmachen kann.

Quellen

Deutsche Rentenversicherung: „Kindererziehung: Ihr Plus für die Rente“, Deutsche Rentenversicherung: Pressemitteilung „Rentenanpassung 2025“ (aktueller Rentenwert 40,79 Euro ab 1. Juli 2025)

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Krankengeld-Falle: Kein Krankengeld trotz schwerer Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit

22. Dezember 2025 - 18:39
Lesedauer 3 Minuten

Viele Arbeitnehmer verlassen sich bei längerer Krankheit auf das Krankengeld als finanzielle Stütze. Doch ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) vom Dezember 2024 zeigt eine bittere Realität:

Eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit führt nicht automatisch zu einem neuen Anspruch auf diese wichtige Leistung. Gesetzliche Fristen und die ununterbrochene Dauer der Arbeitsunfähigkeit spielen eine entscheidende Rolle, wie der Fall einer Physiotherapeutin zeigt. (L 16 KR 719/23)

Der Fall der Physiotherapeutin

Die Geschichte der Klägerin ist ein prägnantes Beispiel für die Tücken im Detail des Sozialrechts. Die Physiotherapeutin beantragte Krankengeld für den Zeitraum von November 2020 bis Mai 2022. Zuvor hatte sie bereits aufgrund verschiedener gesundheitlicher Probleme Krankengeld bezogen. Nach einer Phase des Arbeitslosengeldbezugs erhielt sie im September 2020 die Diagnose Brustkrebs, was zu erneuter Arbeitsunfähigkeit führte.

Neben der Krebserkrankung litt sie weiterhin unter Schulterbeschwerden und Morbus Crohn. In ihrer Not wandte sie sich an ihre neue Krankenkasse und argumentierte, die neue Krebserkrankung ab November 2020 begründet einen frischen Anspruch auf Krankengeld.

Ablehnung durch die Kasse: Gesetzliche Fristen als unüberwindbare Barriere

Die Krankenkasse wies den Antrag der Physiotherapeutin jedoch entschieden zurück. Ihre Begründung: Die maximale Bezugsdauer für Krankengeld sei bereits erschöpft gewesen. Zudem habe es keine ausreichende Unterbrechung zwischen den vorherigen und der aktuellen Krankheitsphase gegeben. Diese Entscheidung basierte auf den gesetzlichen Bestimmungen, die eine klare zeitliche Grenze für den Bezug von Krankengeld vorsehen.

Zwei Instanzen, eine bittere Niederlage

Die Physiotherapeutin akzeptierte die Entscheidung der Krankenkasse nicht und zog vor Gericht. Sie argumentierte, dass ihre zwischenzeitliche Arbeitsfähigkeit im Sommer 2020 und die neu hinzugekommene Krebserkrankung einen Neubeginn der sogenannten Blockfrist für den Krankengeldanspruch hätten auslösen müssen.

Das Sozialgericht Köln folgte dieser Argumentation jedoch nicht. Das Gericht stellte fest, dass die Krebserkrankung während einer bereits bestehenden Arbeitsunfähigkeit aufgrund ihrer Schulterprobleme aufgetreten war und diese lediglich verlängert hatte. Ein neuer Krankengeldanspruch sei somit nicht entstanden.

Entschlossen zog die Physiotherapeutin vor das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen. Sie wiederholte ihre Argumente, doch die Richter des LSG NRW bestätigten das Urteil der Vorinstanz und wiesen ihre Berufung ab.

Das Gericht stellte unmissverständlich klar: Ein neuer Krankengeldanspruch entsteht nur dann, wenn nach einer mindestens sechsmonatigen Phase der Arbeitsfähigkeit eine neue Erkrankung auftritt. Diese Bedingung war im Fall der Physiotherapeutin nicht erfüllt, da ihre Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Krebserkrankung ohne Unterbrechung fortbestand und ihren Ursprung in der vorherigen Krankheitsphase hatte.

Die Rolle der Erwerbsminderungsrente: Eine zusätzliche Komplikation

Eine weitere entscheidende Wendung in diesem Fall war die rückwirkende Bewilligung einer vollen Erwerbsminderungsrente für die Klägerin ab Oktober 2020. Nach geltendem Recht schließt der Bezug einer solchen Rente einen Anspruch auf Krankengeld aus. Somit hatte die Physiotherapeutin letztlich keinen Anspruch auf das beantragte Krankengeld.

Konsequenzen für Betroffene: Wachsamkeit und das Wissen um Fristen sind entscheidend

Dieses Urteil des LSG NRW verdeutlicht auf schmerzhafte Weise, wie wichtig die Einhaltung gesetzlicher Fristen für den Krankengeldanspruch ist. Wer bereits längere Zeit krankgeschrieben ist, kann nicht automatisch davon ausgehen, bei einer neuen Erkrankung erneut diese Leistung beanspruchen zu können. Für Betroffene bedeutet dies, sich frühzeitig und umfassend über ihre Rechte und Pflichten zu informieren.

Folgende Kernpunkte sollten Sie als Arbeitnehmer unbedingt beachten, um finanzielle Engpässe im Krankheitsfall zu vermeiden:

  • Begrenzte Bezugsdauer: Das Krankengeld ist zeitlich begrenzt. Pro Krankheit beträgt die maximale Bezugsdauer 78 Wochen innerhalb einer sogenannten Blockfrist von drei Jahren. Die ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit werden in der Regel vom Arbeitgeber als Entgeltfortzahlung übernommen.
  • Sechs-Monate-Regel: Ein neuer Anspruch auf Krankengeld entsteht erst, wenn zwischen zwei Phasen der Arbeitsunfähigkeit eine ununterbrochene Arbeitsfähigkeit von mindestens sechs Monaten bestanden hat. Eine neue Erkrankung allein genügt nicht, um einen neuen Anspruch zu begründen, solange die vorherige Arbeitsunfähigkeit fortwirkt.
  • Vorrang der Erwerbsminderungsrente: Wer eine volle Erwerbsminderungsrente bezieht, hat keinen Anspruch mehr auf Krankengeld. Hier greifen andere soziale Sicherungssysteme.
Was können Sie als Betroffener konkret tun?

Um finanzielle Schwierigkeiten im Krankheitsfall zu vermeiden, ist es ratsam, sich frühzeitig zu informieren. Betroffene sollten das Gespräch mit ihrer Krankenkasse suchen und gegebenenfalls einen unabhängigen Sozialrechtsberater konsultieren, um die eigene Situation genau zu klären.

Eine sorgfältige Dokumentation der Krankheitszeiten und Arbeitsfähigkeitsbescheinigungen ist ebenfalls unerlässlich, da diese im Streitfall von entscheidender Bedeutung sein kann. Sollte kein Anspruch auf Krankengeld bestehen, ist es wichtig, sich über alternative finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten wie Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit oder Sozialhilfe zu informieren und diese gegebenenfalls zu prüfen.

Bei längerer oder schwerer Erkrankung sollten Betroffene zudem frühzeitig die Möglichkeit eines Antrags auf Erwerbsminderungsrente in Betracht ziehen.

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Wohngeld muss auch zurückgezahlt werden

22. Dezember 2025 - 18:35
Lesedauer 3 Minuten

Das Wohngeld ist eine Sozialleistung und muss im Grundsatz nicht zurückgezahlt werden. Es gibt jedoch Situationen, in denen dies der Fall sein kann.

Im Januar letzten Jahres ist die Wohngeldreform in Kraft getreten. Mit dem neuen „Wohngeld Plus“ haben nun rund zwei Millionen statt bisher 600.000 Haushalte Anspruch auf einen Zuschuss zum Wohngeld.

Wichtig ist jetzt: Müssen Sie Wohngeld zurückzahlen? Wenn ja, warum und in welchen Fällen?

Das Wohngeld ist ein Zuschuss

Das Wohngeld ist eine staatliche Leistung, die Ihnen als Zuschuss gezahlt wird. Beim Wohngeld zahlt diesen Zuschuss die Stadt oder die Gemeinde, in der Sie gemeldet sind.

Ein staatlicher Zuschuss ist so definiert, dass er nicht zurückgezahlt werden muss, solange die Berechtigung besteht, ihn zu erhalten.

Wer ist berechtigt, Wohngeld zu erhalten?

Wohngeld wird Haushalten mit einem geringen Einkommen ausgezahlt, das nur knapp über der Grenze liegt, an der eine Grundsicherung bezahlt wird. Es gilt also für Menschen, die zwar zuviel verdienen, um eine Grundsicherung zu erhalten, aber zuwenig, um von hrem Einkommen die Miete sichern zu können oder Wohneigentum zu halten. Dazu zählen Familien wie Alleinerziehende, Senioren mit geringer Rente.

Das Wohngeldgesetz regelt konkret, wem ein Anspruch zusteht. Das können sowohl Mieter:innen wie Wohneigentümer:innen sein.

Wie bekommen Sie Wohngeld?

Wohngeld ist keine automatische Leistung, sondern muss beantragt werden. Wird der Antrag bewilligt, erhalten die Betroffenen einen Bescheid, in dem festgelegt wird, wie lange das Geld gezahlt wird. Die Regeldauer beträgt ein Jahr. Um weiterhin Wohngeld zu erhalten, muss ein Folgeantrag gestellt werden.

Wann müssen Sie Wohngeld zurückzahlen?

Wenn das Wohngeld bewilligt wurde, Sie also als anspruchberechtigt gelten, müssen Sie das Wohngeld für die Zeit, in der die Berechtigung galt, nicht zurückzahlen. Sie sind aber verpflichtet, Änderungen in ihren Wohn- und Einkommensverhältnissen der zuständigen Behörde / ihren Sachbearbeiter melden.

Dazu gehört:

  • Ortswechsel durch Umzug,
  • Einzug von Untermieter / senkende Mietkosten
  • und alle anderen Wechsel der Wohnsituation, die sich auf die Leistungen auswirken.

Solche Änderungen können nicht nur zum Verlust des Wohngeldanspruchs führen. Wenn Sie diese nicht oder zu spät melden, so dass nach einer Kostensenkung oder einem Umzug mit geänderter Zuständigkeit der Stadt oder Gemeinde weiterhin Wohngeld gezahlt wird, kann die zuständige Behörde das in dieser Zeit gezahlte Wohngeld zurückfordern.

Verstoß gegen die gesetzliche Meldepflicht

Das Wohngeld zahlt die Stadt oder Gemeinde, in der Sie gemeldet sind. Ziehen Sie jetzt um, ohne sich für die alte Meldeadresse ab- und für die neue anzumelden, dann verstoßen Sie gegen die gesetzliche Meldepflicht.

In diesem Fall sind an die Meldepflicht und Meldeadresse gekoppelte Leistungen zurückzuzahlen.

Das gilt ebenso, wenn Sie bei Geschehen rund um ihre Wohnung, das die Wohngeldzahlungen beinflussen könnte, keine Meldung erstatten.

Wichtiger Hinweis: Auf Seite Acht des Wohngeldantrages steht ausdrücklich, dass Sie verpflichtet sind, bei bestimmten Ereignissen, die maßgebend sind, um Leistungen zu gewähren, unverzüglich Meldung zu erstatten.

Was müssen Sie melden?

Unverzüglich melden müssen Sie, wenn sich ihr Einkommen erhöht und damit die Belastungen verringert.

Als relevant gelten dabei Veränderungen um mehr als 15 Prozent de monatlichen Einkommens. Gemeldet werden muss auch, wenn sich die Anzahl der Mitglieder im Haushalt ändert, sei es, dass der Sohn aus- oder die Schwiegermutter einzieht.

Geldbuße und Strafverfolgung

Verstöße gegen die Melde- und Mitteilungspflicht führen nicht nur dazu, dass Sie Wohngeld zurückzahlen müssen.

Auch eine Geldbuße von bis zu 2.000 Euro ist möglich. Es kann sogar sein, dass Sie strafrechtlich verfolgt werden.

Das gilt, wenn Ihnen vorgeworfen wird, vorsätzlich Leistungen beanprucht zu haben, die Ihnen nicht zustehen und dazu wahre Tatsachen verschwiegen oder die Unwahrheit gesagt haben.

Betrugsverfahren beim Wohngeld

Hier greift der Betrugsparagraf §253, Abs 1, StGB: „Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

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Leistungsausschluss durchbrochen: Bürgergeld-Anspruch für EU-Bürger gestärkt

22. Dezember 2025 - 18:33
Lesedauer 6 Minuten

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) hat am 11. Dezember 2025 entschieden, dass bestimmte EU-Staatsangehörige einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben, obwohl Jobcenter sie bislang häufig wegen des ausländerrechtlichen Status abgewiesen haben.

Es geht um EU-Elternteile, die tatsächlich die elterliche Sorge für ein minderjähriges EU-Kind ausüben, das seinerseits ein Aufenthaltsrecht nach dem Freizügigkeitsrecht besitzt.

Das Gericht leitet für diese Konstellation einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Aufenthaltsgesetz her – so, als ginge es um die bekannte Fallgruppe „Elternteil eines deutschen Kindes“.

Mit dieser Brücke wird der Leistungsausschluss im SGB II, der an ein Aufenthaltsrecht „allein zur Arbeitsuche“ anknüpft, im konkreten Fall durchbrochen.

Besonders bemerkenswert ist dabei nicht nur die materiell-rechtliche Linie, sondern auch der Ton gegenüber der Verwaltung: Das LSG rügt das prozessuale Verhalten des Jobcenters ungewöhnlich scharf und verhängt Verschuldenskosten. Das ist in der sozialgerichtlichen Praxis selten und zeigt, wie deutlich das Gericht die Rechtslage nach der europäischen Vorentscheidung bewertet.

Der Fall aus Duisburg: Streit um Leistungen für das Jahr 2020

Ausgangspunkt war ein Streit über Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für Zeiträume im Jahr 2020. Die Klägerin ist bulgarische Staatsangehörige und lebte in Duisburg mit ihrem Lebensgefährten und dem gemeinsamen Sohn.

Der Sohn wurde in Deutschland geboren und ist Unionsbürger. Der Lebensgefährte war in den maßgeblichen Zeiträumen sozialversicherungspflichtig beschäftigt; die Klägerin selbst hatte nur kurzzeitig eine Beschäftigung und befand sich später ohne gesichertes eigenes Erwerbseinkommen im Leistungsbezugskonflikt.

Das Jobcenter erkannte Leistungen für den Sohn und zeitweise für den Lebensgefährten an, stellte sich jedoch auf den Standpunkt, die Klägerin selbst habe in den streitigen Zeiträumen kein Aufenthaltsrecht, das einen Anspruch nach dem SGB II auslöse. Nach Auffassung der Behörde greife der Leistungsausschluss für Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich – vereinfacht gesprochen – nicht aus Arbeit, Familienstatus oder einem anderen „tragfähigen“ Aufenthaltsgrund ergebe.

Das Sozialgericht Duisburg wies die Klage zunächst ab. In der Berufung änderte das LSG NRW diese Entscheidung und verurteilte das Jobcenter zur Leistungsgewährung für wesentliche Zeiträume; zudem blieb die Revision unzugelassen.

Warum Jobcenter bei EU-Staatsangehörigen häufig den Rotstift ansetzen

Der Streit berührt einen seit Jahren konfliktträchtigen Bereich: die Schnittstelle zwischen Freizügigkeitsrecht, nationalem Aufenthaltsrecht und existenzsichernden Leistungen.

Das SGB II sieht Leistungsausschlüsse für bestimmte Gruppen von Ausländerinnen und Ausländern vor. Maßgeblich sind dabei Konstellationen, in denen kein Aufenthaltsrecht besteht oder ein Aufenthaltsrecht nur zur Arbeitsuche angenommen wird.

In der Praxis führt das zu schwierigen Abgrenzungen: Wer als EU-Bürgerin oder EU-Bürger nicht als Arbeitnehmerin, Arbeitnehmer oder Selbständige(r) gilt, keine ausreichenden Existenzmittel nachweisen kann und auch nicht über ein anderes Aufenthaltsrecht verfügt, wird von Jobcentern häufig auf die Ausschlusstatbestände verwiesen.

In Familienkonstellationen kommt eine weitere Ebene hinzu. Ein Kind kann ein Aufenthaltsrecht aus dem Freizügigkeitsrecht ableiten, etwa weil ein Elternteil als Arbeitnehmer freizügigkeitsberechtigt ist.

Für den betreuenden Elternteil ist das jedoch nicht automatisch eine Eintrittskarte in das Leistungsrecht. Besonders problematisch wird es, wenn die Eltern nicht verheiratet sind und die betreuende Person deshalb nicht als „Familienangehörige“ im Sinne des Freizügigkeitsrechts behandelt wird. Genau an dieser Stelle setzt die Entscheidung des LSG NRW an.

Die „Günstigkeitsregel“ im Freizügigkeitsrecht als Türöffner

Das LSG NRW arbeitet mit einer Vorschrift, die außerhalb der Fachöffentlichkeit wenig bekannt ist, aber im Streitfall enorme Wirkung entfaltet: § 11 FreizügG/EU regelt, in welchen Fällen Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes bei Personen zur Anwendung kommen können, deren Aufenthalt eigentlich dem Freizügigkeitsrecht unterfällt. Der Gedanke dahinter ist: Wenn das nationale Aufenthaltsrecht im Einzelfall eine günstigere Rechtsstellung vermittelt als das Freizügigkeitsrecht, soll diese günstigere Position nicht versperrt sein.

Aus dieser „Günstigkeitsregel“ folgt nach der Logik des LSG, dass eine EU-Staatsangehörige, die nicht über die klassischen Freizügigkeitsgründe abgesichert ist, sich gleichwohl auf einen Anspruch aus dem Aufenthaltsgesetz berufen kann, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen und die unionsrechtlichen Gleichbehandlungsanforderungen dies gebieten.

§ 28 AufenthG: Was Eltern deutscher Kinder längst kennen

§ 28 AufenthG enthält eine besonders bedeutsame familienbezogene Regelung. Sie eröffnet einem ausländischen Elternteil eines minderjährigen, ledigen deutschen Kindes zur Ausübung der Personensorge einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis.

Das ist bewusst als starkes Schutzinstrument ausgestaltet, weil es das familiäre Zusammenleben und die tatsächliche Sorgebeziehung absichern soll. In dieser Fallgruppe treten Anforderungen, die sonst häufig eine Rolle spielen – etwa die Sicherung des Lebensunterhalts – deutlich zurück.

Genau dies war in der Vergangenheit jedoch auf deutsche Kinder zugeschnitten. Wenn das Kind „nur“ Unionsbürger ist, aber nicht deutsch, haben Behörden die Anwendung häufig verweigert oder zumindest als nicht einschlägig behandelt. Der europarechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz stellt diese Unterscheidung nun in Frage.

EuGH vom 1. August 2025: Diskriminierung über die Staatsangehörigkeit des Kindes ist unzulässig

Den entscheidenden Rückenwind erhielt die Linie durch das EuGH-Urteil vom 1. August 2025 (C-397/23). Der Gerichtshof befasste sich mit einer deutschen Regelung, die eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung der elterlichen Sorge nach nationalem Recht davon abhängig machte, dass das betreute Kind die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

Der EuGH sah darin einen Verstoß gegen den unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 24 der Unionsbürgerrichtlinie 2004/38/EG, soweit das Kind ein Aufenthaltsrecht nach dieser Richtlinie hat.

Wenn ein minderjähriges Unionsbürgerkind in Deutschland freizügigkeitsrechtlich aufenthaltsberechtigt ist, darf die aus dem nationalen Recht bekannte Absicherung des betreuenden Elternteils nicht allein wegen der fehlenden deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes versagt werden.

Art. 24 der Richtlinie sieht zwar Ausnahmen bei Sozialhilfe in den ersten drei Monaten oder bei einem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche vor.  Diese Ausnahme greift nach der EuGH-Linie aber nicht automatisch in Konstellationen, in denen das Kind sein Aufenthaltsrecht aus einem anderen Grund als den dort genannten kurzen oder arbeitsuchbezogenen Aufenthalten hat. Damit wird der Spielraum nationaler Stellen enger, die Gleichbehandlung über pauschale Verweise auf „Sozialhilfe-Ausnahmen“ zurückzudrängen.

LSG NRW: Der Anspruch auf die Aufenthaltserlaubnis reicht für das SGB II

Das LSG NRW greift die EuGH-Vorgaben auf und überträgt sie auf den Leistungsstreit. Es stellt fest, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum zwar nicht als Arbeitnehmerin, Selbständige oder anderweitig freizügigkeitsberechtigt eingestuft werden konnte.

Genau deshalb war der Fall für die Ausschlusslogik des Jobcenters anfällig. Das Gericht erkennt jedoch ein anderes Aufenthaltsrecht an, das nicht auf Arbeitsuche reduziert werden kann: ein Aufenthaltsrecht über die Günstigkeitsregel des FreizügG/EU in Verbindung mit dem Anspruch aus § 28 AufenthG, ausgelöst durch die tatsächliche Sorge für den minderjährigen Unionsbürger-Sohn.

Dabei betont der Senat, dass der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II nicht daran scheitert, dass eine Aufenthaltserlaubnis im Verwaltungsverfahren noch nicht erteilt wurde. Für die sozialrechtliche Bewertung ist nicht die Papierlage entscheidend, sondern ob ein Anspruch auf Erteilung besteht.

Diese Sicht fügt sich in die Linie der höchstrichterlichen sozialgerichtlichen Rechtsprechung ein, die bei Aufenthaltsrechten in vergleichbaren Konstellationen nicht selten auf die materielle Rechtsposition und nicht auf das formale Dokument abstellt.

Im Ergebnis bedeutet das: Sobald die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG – übertragen auf das EU-Kind über die europarechtliche Gleichbehandlung – erfüllt sind, liegt ein Aufenthaltsrecht vor, das den SGB-II-Ausschluss wegen bloßer Arbeitsuche verdrängt.

Das öffnet den Zugang zu Regelbedarf, Unterkunftskosten und den weiteren Leistungsbestandteilen nach dem SGB II, sofern die allgemeinen Voraussetzungen wie Hilfebedürftigkeit und Erwerbsfähigkeit erfüllt sind.

„Fiktiver Anspruch“ in der Praxis

Die Tragweite dieses Punktes kann kaum überschätzt werden. In vielen Verfahren verweisen Jobcenter auf die Ausländerbehörde und verlangen faktisch, dass Betroffene erst einen Aufenthaltstitel vorlegen, bevor überhaupt Leistungen geprüft werden.

Das LSG NRW stellt sich dem entgegen und argumentiert mit der rechtlichen Struktur des Aufenthalts- und Freizügigkeitsrechts: Wenn das Recht besteht, muss es im Sozialrecht berücksichtigt werden. Damit wird das Verfahren entkoppelt von Verzögerungen in der ausländerrechtlichen Verwaltungspraxis.
Für Betroffene ist das mehr als eine prozessuale Feinheit.

Wer existenzsichernde Leistungen benötigt, kann die Monate eines ausländerbehördlichen Titelerteilungsverfahrens oft nicht überbrücken. Das Urteil macht deutlich, dass eine solche Warteposition nicht der Maßstab sein darf, wenn der Gesetzes- und Richtlinienrahmen einen Anspruch vorgibt.

Schärfer als üblich: Verschuldenskosten wegen missbräuchlicher Prozessführung

Ein zweiter Teil des Urteils setzt ein deutliches Zeichen in Richtung Verwaltungskultur. Das LSG NRW legt dem Jobcenter Verschuldenskosten in Höhe von 1.500 Euro auf. Grundlage ist § 192 SGG, der es Gerichten erlaubt, Kosten aufzuerlegen, wenn ein Beteiligter einen Rechtsstreit fortführt, obwohl die Aussichtslosigkeit oder Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung beziehungsweise -verteidigung aufgezeigt wurde und gleichwohl weiter prozessiert wird.

Der Senat begründet die Sanktion damit, dass die Rechtslage nach der EuGH-Entscheidung geklärt sei und nationale Gerichte an die Auslegung des Unionsrechts gebunden sind.

Umso weniger sei nachvollziehbar, dass das Jobcenter weiter an internen Weisungen festgehalten habe, obwohl gerichtliche Hinweise auf die überholte Position vorlagen.

Die Kostenentscheidung ist damit nicht nur eine finanzielle Nebenfolge, sondern ein gerichtlicher Kommentar zur Pflicht der Verwaltung, die europarechtlich geklärte Rechtslage in der täglichen Entscheidungspraxis zeitnah umzusetzen.

Was das Urteil für EU-Familien bedeutet

Für EU-Familien, die in Deutschland leben, kann die Entscheidung die Lage spürbar stabilisieren. Relevant sind vor allem Konstellationen, in denen ein minderjähriges EU-Kind freizügigkeitsrechtlich aufenthaltsberechtigt ist und ein Elternteil tatsächlich die Sorge ausübt, ohne selbst über einen belastbaren Freizügigkeitstatbestand zu verfügen.

Gerade bei unverheirateten Eltern, bei Trennungen oder bei Konstellationen, in denen der betreuende Elternteil nicht als „Familienangehöriger“ im freizügigkeitsrechtlichen Sinne erfasst wird, kann § 28 AufenthG über die europarechtliche Gleichbehandlung zur entscheidenden Rechtsgrundlage werden.

Zugleich ist das Urteil ein Hinweis darauf, dass Leistungsansprüche nicht nur für die Zukunft, sondern auch rückwirkend in den Blick geraten können, wenn Bescheide noch überprüfbar sind. Das betrifft insbesondere Fälle, in denen Jobcenter Leistungszeiträume mit dem Argument „kein Aufenthaltsrecht“ abgelehnt haben, obwohl die Voraussetzungen einer elterlichen Sorgekonstellation vorlagen und das Kind ein Aufenthaltsrecht nach dem Freizügigkeitsrecht hatte.

Grenzen und offene Folgefragen

Das Urteil ist kein Freifahrtschein für jede EU-Staatsangehörige und jeden EU-Staatsangehörigen im Bürgergeldbezug. Maßgeblich ist, dass das Kind ein Aufenthaltsrecht nach dem Freizügigkeitsrecht hat, das nicht auf die kurzen Anfangsmonate oder auf ein reines Arbeitsuche-Aufenthaltsrecht reduziert ist. Außerdem muss die Person, die Leistungen beansprucht, tatsächlich die elterliche Sorge ausüben. Das kann in Konfliktfällen, etwa bei wechselnder Betreuung oder unklaren Sorgeverhältnissen, beweisrechtlich anspruchsvoll werden.

Offen bleibt in der Breite, wie Jobcenter künftig mit Mischlagen umgehen, in denen mehrere Aufenthaltsgründe nebeneinander behauptet werden, oder in denen Behörden ein Aufenthaltsrecht zwar materiell für möglich halten, aber formale Nachweise verlangen. Das Urteil setzt hier klare Leitplanken, wird aber nicht alle Reibungsflächen der Verwaltungspraxis sofort auflösen.

Quellen

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.12.2025 – L 19 AS 1079/23, Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 01.08.2025 – C-397/23 (Auslegung von Art. 24 RL 2004/38/EG zur Gleichbehandlung bei nationaler Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung elterlicher Sorge).

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Bürgergeld: Das Jobcenter muss den SGB-II Bescheid beweisen

22. Dezember 2025 - 18:30
Lesedauer 3 Minuten

Wenn ein Empfänger bestreitet, Dokumente des Jobcenters auf dem Postweg erhalten zu haben, muss die Behörde den Nachweis bringen, dass die Papiere dem Betroffenen zugegangen sind.

Die Behauptung, dass nicht zugestellte Post notwendig an den Sender zurückgingen, hätte keine reale Basis und statistische Überlegungen ersetzten keinen Nachweis. So urteilte das Sächsische Landessozialgericht gegen das zuständige Jobcenter (Az: L 3 AS 64/18).

Kläger versäumt Termin ohne Angaben

Dieses hatte dem Kläger Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (heute Bürgergeld) gemindert, weil dieser einer Einladung zur „Besprechung seiner beruflichen Situation“ nicht gefolgt war und auch keinen wichtigen Grund dafür angegeben hatte.

Überprüfungsantrag vom Jobcenter abgelehnt

Der Leistungsberechtigte stellte einen Überprüfungsantrag und sein Prozessbevollmächtigter begründete diesen damit, dass die Rechtsfolgenbelehrung im Bescheid des Jobcenters fehlerhaft sei.

Die Behörde lehnte den Überprüfungsantrag ab und behauptete, die Meldeaufforderung hätte eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung enthalten.

Sozialgericht weist Klage ab

Der Betroffene klagte vor dem Sozialgericht. Hier gab er auch an, dass er sich nicht mehr erinnern könne, die Einladung erhalten zu haben. Das Gericht wies die Klage ab. Die Leistungsminderung sei rechtmäßig, so das Gericht.

Der Kläger sei in Kenntnis der Rechtsfolgen der Aufforderung nicht nachgekommen. Er hätte die Rechtsfolgen aus vorangegangenen Vorgängen gekannt.

Schreiben nicht an Absender zurückgegangen

Die Einladung hätte ihn außerdem erreicht, auch wenn er behauptet, sich daran nicht mehr zu erinnern. Weder sei das Schreiben an den Sender zurückgegangen, noch hätte er im Überprüfungsantrag oder im Widerspruch angegeben, sie nicht bekommen zu haben. Er hätte also keinen wichtigen Grund nachgewiesen.

Landessozialgericht gibt dem Kläger recht

Der Kläger legte Berufung ein und gab vor dem Landessozialgericht an, er könne sich nicht daran erinnern, die Einladungen zu den Meldeterminen erhalten zu haben, und das Jobcenter hätte dazu keinen Nachweis erbracht.

Das Landessozialgericht gab ihm recht und sagte, das Sozialgericht hätte seine Klage zu Unrecht abgewiesen. Es sei weder belegt, dass die Einladung der Kläger erreicht hätte, noch dass diese eine Rechtsfolgenbelehrung enthielt. Deshalb sei der Überprüfungsantrag berechtigt gewesen.

Leistungsminderung nur bei Kenntnis des Meldetermins

Eine Minderung von Leistungen setze voraus, dass der Leistungsberechtigte einer Meldeaufforderung nicht nachkomme, obwohl er schriftlich über diese belehrt worden sei. Zudem müsse er Kenntnis davon haben, dass er sich zu melden habe.

Objektive Beweislast liegt beim Jobcenter

Er müsste also über den Meldetermin, Meldeort und Meldezweck informiert sein. Bestreite der Betroffene jetzt, die Aufforderung erhalten zu haben, dann liege die objektive Beweislast nicht bei ihm, sondern bei dem Träger der Grundsicherung, also dem Jobcenter.

Brief mit einfacher Post versandt

Auch wenn der Kläger sage „er könne sich nicht erinnern“, bestreite er mit dieser Formulierung den Zugang der Einladung. Dies ginge daraus hervor, dass er auf die Beweislast und Verpflichtung des Jobcenters hinweise, im Zweifel den Nachweis zu bringen, dass er die Papiere bekommen habe.

Das Jobcenter erbringe diesen Nachweis jedoch nicht. Die Schreiben hätte die Behörde mit einfacher Post versandt und damit in Kauf genommen, dass deren Zugang beim Betroffenen nicht durch eine entsprechende Urkunde belegt ist.

Fehlende Zurücksendung belegt keinen Zugang

Das Landessozialgericht lehnte auch die Ausführung des Sozialgerichts ab, dass es ein „Freibeweis“ für eine Zustellung sei, wenn versandte Schriftstücke nicht an den Empfänger zurückgingen. Es gebe keine Erfahrung, die diese Ansicht rechtfertige. Das Jobcenter könnte darüber hinaus auch keinen Nachweis darüber angeben, dass der Kläger die Rechtsfolgenbelehrung erhalten hätte.

Jobcenter muss Nachweis führen

Zwar spreche vieles dafür, dass es wenig wahrscheinlich sei, dass gerade missliebige Schreiben den Betroffenen nicht erreichen und er sich die Möglichkeit zunutze machen, dass einfache Post keinen Zugangsnachweis habe. Trotzdem hätte das Jobcenter den Nachweis zu führen und könnte dem entgegentreten, indem es diese Schriftstücke mit Nachweis verschicke.

 Ohne Nachweis keine Leistungsminderung

Da das Jobcenter weder den Zugang der Einladung noch den Zugang der Rechtsfolgenbelehrung nachweisen könne, gebe es keine Grundlage, um Leistungen zu mindern. Die Leistungsminderung müsse das Jobcenter aufheben.

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Schwerbehinderung abgelehnt: So findet man Widersprüche in der Akte

22. Dezember 2025 - 17:50
Lesedauer 6 Minuten

Wenn ein GdB oder ein Merkzeichen abgelehnt wird, dann können bei der Beurteilung Fehler passiert sein. Der Grund ist in diesen Fällen oft nicht die falsche Diagnose in der Akte, sondern eine falsche Schlussfolgerung, die das Amt aus den Unterlagen ableitet.

Genau deshalb ist Akteneinsicht so wirksam: Erst in der Akte sieht man, welche Befunde wirklich berücksichtigt wurden, wie alt sie sind, welche Sätze die Entscheidung begründen – und wo sich die typischen Brüche verstecken, die man anschließend sauber und nachvollziehbar angreifen kann.

Warum das so wichtig ist

Im Schwerbehindertenrecht zählt nicht die Etikette der Erkrankung, sondern das, was sie funktionell auslöst: Belastungsgrenzen, Pausenbedarf, Ausfälle, Hilfebedarf, sichere Wegstrecken, Konzentrationsfenster, Greif- und Stehfähigkeit, Stabilität, Orientierung. Wer das Amt nur mit Diagnosen füttert, bekommt häufig auch nur Diagnosen „zur Kenntnis genommen“ – und eine Bewertung, die an der Teilhabe vorbeigeht.

Frist retten: So gehst du vor, ohne dich zu verzetteln

Der häufigste Fehler ist, die Akteneinsicht abzuwarten und dabei die Widerspruchsfrist zu verlieren. Deshalb läuft das Vorgehen in der Praxis in drei Schritten, die sich nicht gegenseitig blockieren:

Du legst zuerst fristwahrend Widerspruch ein, kurz und ohne Begründung. Parallel beantragst du Akteneinsicht. Sobald die Akte da ist, begründest du den Widerspruch strukturiert anhand der Aktenstellen und deiner Gegendarstellung in Alltagssprache.

Wichtig: Bei schriftlichen Bescheiden per Post wird der Bescheid grundsätzlich als bekanntgegeben behandelt, wenn seit Aufgabe zur Post vier Tage vergangen sind (seit 01.01.2025).

Das ist der Grund, warum man sich beim Fristbeginn nicht auf Bauchgefühl verlässt, sondern das Bescheiddatum und das Datum des Posteingangs notiert und die Monatsfrist konservativ berechnet.

Muster: Fristwahrender Widerspruch in zwei Sätzen

Betreff: Widerspruch gegen Bescheid vom [Datum], Aktenzeichen [AZ]

„Hiermit lege ich fristwahrend Widerspruch gegen den Bescheid vom [Datum] (Az. [AZ]) ein. Die Begründung reiche ich nach Akteneinsicht nach; bitte bestätigen Sie den Eingang dieses Widerspruchs.“

Das reicht, um die Frist zu sichern. Alles Weitere gehört in die Begründung, wenn du die Akte gesehen hast.

Muster: Akteneinsicht so beantragen, dass du wirklich alles bekommst

Betreff: Antrag auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X, Az. [AZ]

„Ich beantrage Akteneinsicht in die vollständige Verwaltungsakte zum Verfahren Az. [AZ].

Bitte übersenden Sie mir Kopien beziehungsweise Scans sämtlicher aktenrelevanter Unterlagen, insbesondere aller eingeholten Befundberichte, Stellungnahmen des versorgungsärztlichen Dienstes/ärztlicher Stellungnahmen, interner Vermerke zur medizinischen Bewertung sowie der Unterlagen, die der Entscheidung zugrunde gelegt wurden.

Sofern Sie die Einsicht aus gesundheitlichen Gründen nur über ärztliche Vermittlung gewähren wollen, teilen Sie mir bitte mit, welche Stelle die Vermittlung übernimmt und welche Unterlagen hiervon betroffen sind.“

Was in der Akte tatsächlich zählt – und was oft nur ablenkt

In fast jedem Verfahren sind drei Dokumenttypen entscheidend:

Erstens die Befundberichte (wer hat wann was geschrieben und worauf basiert das).
Zweitens die versorgungsärztliche Stellungnahme (hier stehen die Sätze, die im Bescheid später wieder auftauchen).
Drittens die Bewertungslogik, also wie Funktionssysteme gebildet, gewichtet und zusammengeführt wurden.

Alles, was du später argumentierst, muss sich an diesen Punkten festmachen: Entweder du zeigst, dass die Akte unvollständig oder veraltet ist, oder du zeigst, dass aus den Befunden etwas anderes folgt als das, was in der Stellungnahme behauptet wird, oder du zeigst einen Widerspruch, der die Schlussfolgerung unplausibel macht.

Die 3-Ebenen-Checkliste: So „zerlegst“ du das Gutachten

Ebene 1: Akten- und Datumsfehler

Hier geht es nicht um Medizin, sondern um Handwerk. Du prüfst, ob das Amt mit veralteten oder lückenhaften Unterlagen gearbeitet hat und ob sich offensichtliche Verwechslungen eingeschlichen haben.

Prüffeld Was du prüfst und wie du es verwertest Befunddatum / Aktualität Liste alle Befunde mit Datum. Markiere alles, was älter als 12–18 Monate ist oder eine Verschlechterung/OP/Reha seit dem letzten Bericht nicht abbildet. In der Begründung: „Bewertung stützt sich auf Unterlagen bis [Datum]; aktueller Verlauf seit [Datum] fehlt.“ Vollständigkeit der Akte Vergleiche: Was wurde eingereicht, was ist tatsächlich in der Akte? Fehlen Facharztberichte, Reha-Entlassungsberichte, Bildgebung, Therapiepläne: fehlende Unterlagen nachfordern und als lückenhafte Entscheidungsgrundlage rügen. Verwechslungen / Faktenfehler Suche nach rechts/links, Häufigkeiten, Hilfsmitteln, Medikamenten, Arbeitsplatz- oder Alltagsanforderungen. Jede Abweichung notieren: „Stellungnahme behauptet X; korrekt ist Y, belegt durch [Dokument, Datum].“ Selektive Übernahme von Passagen Prüfe, ob aus Arztbriefen nur „gute“ Sätze übernommen wurden. Stelle den Kontext dagegen: Einschränkungen, Belastungsgrenzen, Pausenbedarf im selben Dokument hervorheben. Übersetzungsfehler (Diagnose → Funktion) Prüfe, ob das Gutachten konkrete Parameter nennt: Schwellen (Meter/Minuten/Wiederholungen), Frequenz, Abbruchkriterien, Folgen. Fehlen sie, lieferst du sie als Alltagsbeispiele nach und rügst: Schlussfolgerung ohne nachvollziehbare Funktionsableitung. Widersprüche innerhalb der Akte Suche Brüche: „guter Allgemeinzustand“ vs. dokumentierte Abbrüche/Stürze; „Hilfsmittel nicht erforderlich“ vs. Verordnung/Nutzung; „stabil“ vs. Therapie/Alltagsabbrüche. Widerspruch immer mit Aktenstelle belegen. Widerspruch zur Lebenswirklichkeit Gleiche Gutachtenbehauptungen mit wiederkehrenden Alltagssituationen ab. Formuliere Gegenbild im 6-Felder-Raster (Situation, Auslöser, Schwelle, Kompensation, Folge, Häufigkeit). Belegstrategie Pro Funktionsbereich 1–2 harte Belege (aktueller Befund, Verordnung, Reha-Bericht) + 1 belastbares Alltagsbeispiel. Nicht Diagnosen stapeln, sondern Funktionsfolgen „messbar“ machen.

Wenn du auf dieser Ebene schon Treffer hast, wird die Sache oft deutlich leichter, weil du das Verfahren zurück auf „saubere Entscheidungsgrundlage“ zwingst.

Ebene 2: Übersetzungsfehler – Diagnose wird nicht in Funktionsverlust übersetzt

Das ist der Hauptgrund, warum Akteneinsicht so viel bringt. Gutachten schreiben gern in weichen Worten wie „leicht“, „zeitweise“, „kompensiert“, „adäquat behandelt“, ohne die entscheidende Frage zu beantworten:

Ab wann kippt die Belastung, wie oft, wie lange, mit welchen Folgen, und was ist im Alltag dadurch tatsächlich nicht mehr möglich oder nur noch mit Hilfe möglich?

Du prüfst Satz für Satz, ob die Stellungnahme konkrete Funktionsparameter enthält. Wenn nicht, lieferst du sie nach – in deiner Gegendarstellung, aber nicht als Behauptung, sondern als wiederholbare Alltagssituationen mit Schwellen und Frequenz.

Ebene 3: Widersprüche – interne Brüche und Brüche zur Lebenswirklichkeit

Widersprüche sind die Stellen, an denen du die Schlussfolgerung „aufbrichst“. Du suchst nicht nach dem perfekten Gegenbeweis, sondern nach dem Punkt, an dem die Akte selbst nicht zusammenpasst.

Typische Brüche: „keine wesentliche Einschränkung“ bei dokumentierten Abbrüchen, Sturzrisiken, Notfallbehandlungen oder Hilfsmitteln; „Hilfsmittel nicht erforderlich“ obwohl Verordnung/Nutzung nachvollziehbar ist; „stabil“ obwohl Alltag nur durch Vermeidung, Begleitung oder intensive Strukturierung funktioniert.

Das Werkzeug, das fast immer gewinnt: Gegendarstellung mit Alltagsbeispielen statt Diagnoseliste

Eine amtstaugliche Gegendarstellung ist keine zweite Diagnoseseite. Sie ist eine Übersetzung: Was bedeutet das im Tagesablauf, in der Mobilität, in der Selbstversorgung, in der Kommunikation, in der Orientierung, in der psychischen Belastbarkeit, in der Feinmotorik? Das Amt braucht keine Namensliste, sondern Funktionsbelege.

Bewährt ist ein Raster, das du pro Funktionsbereich einmal sauber formulierst:

Situation – Auslöser – Schwelle – Abbruch/Kom­pensation – Folge – Häufigkeit

So klingt das in der Praxis, ohne Diagnosen zu stapeln:

„Beim Gehen im öffentlichen Raum nimmt die Stabilität ab einer Wegstrecke von etwa 200 Metern deutlich ab; ohne Pause kann ich nicht sicher weitergehen. Treppen sind nur mit Geländer möglich, nach zwei Etagen muss ich pausieren. Beim Einkauf nutze ich den Wagen als Stütze; ohne diese Kompensation breche ich ab. Die Einschränkung tritt an vier bis fünf Tagen pro Woche auf und verstärkt sich nach Standzeiten.“

Oder psychisch/kognitiv:

„Bei Terminen mit mehreren Schritten (Unterlagen, Fahrt, Wartezeit, Gespräch) sinkt die Konzentration nach etwa 20–30 Minuten; danach passieren Verwechslungen und Fehlhandlungen, weshalb ich Termine häufig nur mit Begleitung oder intensiver Vorstrukturierung bewältige. Das ist kein Ausnahmezustand, sondern ein wiederkehrendes Muster.“

Das sind die Sätze, mit denen du eine Bewertung steuerst, weil du den abstrakten Gutachtentext in konkrete Teilhabefolgen übersetzt.

Ein komplettes Beispiel: so wird aus einem Gutachtensatz ein verwertbarer Angriffspunkt

Gutachtensatz: „Es bestehen nur geringgradige funktionelle Einschränkungen; eine wesentliche Beeinträchtigung der Mobilität ist nicht nachvollziehbar.“

1) Fehler markieren: Der Satz enthält keine Schwelle, keine Frequenz, keine Alltagssituation, keine Abbruchkriterien. Er ist eine Schlussfolgerung ohne nachvollziehbare Begründung.

2) Aktenbezug herstellen: In der Akte finden sich jedoch Hinweise auf wiederkehrende Abbrüche, Pausenbedarf, Therapieverlauf, Hilfsmittel oder ärztliche Aussagen zur Belastungsgrenze (du nennst das Dokument und Datum in deiner Begründung).

3) Gegendarstellung schreiben:
„Die Aussage ‚keine wesentliche Beeinträchtigung der Mobilität‘ ist in dieser Form nicht nachvollziehbar, weil die zugrunde gelegten Unterlagen konkrete Belastungsgrenzen und Abbrüche dokumentieren (vgl. [Dokument, Datum]).

Im Alltag zeigt sich die Einschränkung wie folgt: Ab einer Gehstrecke von etwa [X] Metern muss ich pausieren, weil [Folge: Schmerzen/Unsicherheit/Schwindel] zunimmt; ohne Pause ist ein sicheres Weitergehen nicht möglich. Treppen sind nur mit Geländer möglich, nach [Y] Stufen/Etagen ist eine Pause erforderlich.

Die Einschränkung tritt an [Häufigkeit] Tagen pro Woche auf und führt dazu, dass [Konsequenz: Wege/Termine/Einkauf] regelmäßig nicht ohne Unterbrechung oder Hilfe bewältigt werden können.“

Damit zerlegst du nicht „die Meinung“, sondern die fehlende Begründung – und ersetzt sie durch überprüfbare Funktionsangaben.

Belege nachziehen: Wenn die Akte zu alt oder zu dünn ist

Wenn du feststellst, dass die Bewertung auf alten Befunden beruht oder zentrale Fachberichte fehlen, arbeitest du nicht mit Empörung, sondern mit Aktualität:

Du forderst aktuelle Arztunterlagen an, holst relevante Befundberichte nach und reichst sie mit einer kurzen Einordnung nach, die nicht Diagnosen aneinanderreiht, sondern erklärt, welche Funktionsbereiche damit belegt werden und seit wann sich was verändert hat. Je knapper und klarer diese Einordnung ist, desto schwerer kann sie ignoriert werden.

So strukturierst du die Widerspruchsbegründung, damit sie „entscheidbar“ wird

Du beginnst mit zwei Sätzen zum Bewertungsmaßstab (funktionelle Auswirkungen/Teilhabe) und sagst dann, welche drei Punkte du rügst: unvollständige/veraltete Akte, unplausible Übersetzung, Widersprüche. Danach gehst du strikt nach Funktionsbereichen vor und nutzt das Alltagsraster.

Am Ende stellst du einen klaren Antrag, etwa Neubewertung unter Berücksichtigung der nachgereichten Unterlagen und deiner Funktionsdarstellung, gegebenenfalls Einholung aktueller Befundberichte, wenn die Akte erkennbar lückenhaft ist.

FAQ: die häufigsten Fragen zur Akteneinsicht beim Versorgungsamt

Wie lange dauert Akteneinsicht?
Das ist regional unterschiedlich. Deshalb sollte der Widerspruch fristwahrend sofort raus, damit du nicht in Zeitdruck gerätst.

Kann das Amt mir Teile der Akte verweigern?
In bestimmten Konstellationen kann die Einsicht begrenzt werden, etwa zum Schutz Dritter; bei sensiblen Gesundheitsdaten kommt außerdem vor, dass Inhalte über ärztliche Vermittlung zugänglich gemacht werden. In dem Fall lässt du dir schriftlich mitteilen, welche Teile betroffen sind und wie die Vermittlung läuft.

Muss ich zur Akteneinsicht persönlich erscheinen?
Nicht zwingend. Häufig ist Übersendung von Kopien/Scans möglich. Wenn du vor Ort einsiehst, dokumentierst du die entscheidenden Stellen sauber (Seitenangabe, Datum, Absender, wörtlicher Kern).

Was ist der größte Fehler in Gegendarstellungen?
Diagnosen aufzuzählen, statt Funktionsfolgen zu beschreiben. Wer keine Schwellen, keine Frequenz und keine Abbrüche benennt, liefert dem Amt zu wenig Bewertungsmaterial.

Wie viele Beispiele brauche ich?
Lieber zwei bis drei Funktionsbereiche sauber und wiederholbar beschreiben als zehn Diagnosen ohne Alltagstiefe. Entscheidend ist, dass deine Beispiele typische Situationen abbilden, die sich regelmäßig wiederholen.

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So beeinflusst dein Pflegegeld den Wohngeld Bescheid

22. Dezember 2025 - 17:17
Lesedauer 7 Minuten

Wer Pflegegeld erhält, lebt oft mit knappen finanziellen Spielräumen. Gleichzeitig sind Mieten und Nebenkosten für viele Haushalte so stark gestiegen, dass Wohngeld wieder häufiger zum Thema wird. In dieser Situation wirkt schon der Gedanke beunruhigend, eine zusätzliche Leistung könne den Wohngeldbescheid „verschlechtern“.

Beim Pflegegeld kommt hinzu, dass es zwar auf dem Konto eingeht, aber nicht dazu gedacht ist, den Lebensunterhalt zu bestreiten. Genau an dieser Stelle entscheidet sich, ob und wie es im Wohngeldverfahren eine Rolle spielt.

Pflegegeld und Wohngeld: unterschiedliche Zwecke, unterschiedliche Logik

Wohngeld ist ein Zuschuss zu den Wohnkosten für Haushalte mit niedrigem Einkommen, die ihre Miete oder Belastung grundsätzlich selbst tragen, aber Unterstützung brauchen. Pflegegeld wiederum ist eine Leistung der Pflegeversicherung für pflegebedürftige Menschen, wenn die Pflege zu Hause organisiert wird.

Das Geld soll Pflege ermöglichen, also etwa Betreuung sichern, Aufwendungen ausgleichen oder pflegende Angehörige entlasten. Es ist damit von seiner Funktion her keine „Einkommensquelle“, die frei für Miete, Lebensmittel oder Freizeit gedacht ist.

Diese Zweckbindung ist im Wohngeldrecht wichtig. Denn dort wird sehr genau unterschieden: Was erhöht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Haushalts wirklich – und was ist eine Zahlung, die für einen bestimmten Bedarf reserviert ist?

Was im Wohngeld als Einkommen zählt – und warum Pflegegeld meist draußen bleibt

Im Wohngeldverfahren wird ein „Gesamteinkommen“ ermittelt. Vereinfacht gesagt schaut die Behörde darauf, welche laufenden Mittel dem Haushalt zur Verfügung stehen und in welcher Höhe daraus die Wohnkosten tragbar sind.

Dass Pflegegeld auf dem Konto eingeht, führt leicht zu dem Missverständnis, es müsse automatisch wie Einkommen wirken. In der Praxis gilt jedoch für die pflegebedürftige Person in aller Regel: Das Pflegegeld mindert den Wohngeldanspruch nicht, weil es als zweckgebundene Leistung behandelt wird.

Das bedeutet aber nicht, dass Pflegegeld im Verfahren „unsichtbar“ wäre. Es wird häufig im Antrag abgefragt und sollte angegeben werden. Die Angabe dient vor allem der Plausibilitätsprüfung, der korrekten Einordnung der Lebenssituation und – je nach Fall – auch der Frage, ob bei einer anderen Person (etwa der Pflegeperson) eine besondere Einkommensregel greift.

Der Normalfall: Pflegegeld bei der pflegebedürftigen Person

Wenn du selbst pflegebedürftig bist und Pflegegeld beziehst, ist die wichtigste Nachricht: Dein Wohngeld wird dadurch normalerweise nicht gekürzt. Das Pflegegeld ist gerade nicht dafür gedacht, deine allgemeine Lebensführung zu finanzieren, sondern die häusliche Pflege sicherzustellen. Deshalb wird es beim Wohngeld typischerweise nicht als anrechenbares Einkommen behandelt.

Trotzdem solltest du damit rechnen, dass die Wohngeldstelle Nachweise sehen will, etwa den Bescheid der Pflegekasse oder Kontoauszüge. Das ist keine Schikane, sondern folgt dem Grundsatz, dass die Behörde Einnahmen vollständig erfassen und dann rechtlich korrekt einordnen muss. Wer das Pflegegeld verschweigt, riskiert Rückfragen, Verzögerungen und im schlimmsten Fall Rückforderungen, wenn später bekannt wird, dass Angaben unvollständig waren – selbst dann, wenn die Zahlung am Ende gar nicht angerechnet wird.

Der Sonderfall, der den Bescheid tatsächlich verändern kann: weitergeleitetes Pflegegeld

Knifflig wird es dort, wo Pflegegeld nicht bei der pflegebedürftigen Person „stehen bleibt“, sondern ganz oder teilweise an eine Pflegeperson weitergegeben wird.

Das passiert häufig in Familien: Ein erwachsenes Kind hilft regelmäßig, eine Nachbarin übernimmt Betreuung, ein Freund organisiert den Alltag. Juristisch betrachtet kann das, was bei dir als Pflegegeld eingeht, bei der Pflegeperson als Vergütung für Pflegeleistungen ankommen. Und genau für diese Konstellation enthält das Wohngeldrecht eine besondere Regel.

Wenn die Pflegeperson selbst Wohngeld beantragt, kann ein Teil dieser Einnahmen beim Wohngeld als Jahreseinkommen berücksichtigt werden. Typisch ist dabei die gesetzliche Vorgabe, dass in bestimmten Fällen die Hälfte solcher Einnahmen in die wohngeldrechtliche Einkommensberechnung einfließt, wenn es um Pflegeleistungen für eine Person geht, die nicht zum eigenen Haushalt der Pflegeperson gehört. Das ist der Punkt, an dem Pflegegeld den Wohngeldbescheid einer Pflegeperson spürbar beeinflussen kann – bis hin dazu, dass der Anspruch sinkt oder wegfällt.

Warum der gemeinsame Haushalt eine so große Rolle spielt

Ob du mit der pflegenden Person zusammenwohnst, ist im Wohngeldrecht mehr als eine Formalie. Wohngeld unterscheidet sehr strikt zwischen Haushaltsmitgliedern und Personen außerhalb des Haushalts.

Bei Pflege innerhalb eines gemeinsamen Haushalts greifen die Anrechnungsmechanismen oft anders als bei Pflege „über die Wohnungsgrenze hinweg“. Praktisch heißt das: Pflegt dich jemand, der mit dir unter derselben Adresse lebt und als Haushaltsmitglied gilt, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass weitergeleitete Pflegegeldanteile im Wohngeld der Pflegeperson als relevanter Einkommensbestandteil auftauchen.

Sobald die Pflegeperson aber in einer eigenen Wohnung lebt und selbst wohngeldberechtigt sein möchte, schaut die Wohngeldstelle genauer hin. Dann stellt sich die Frage, ob es sich um Einnahmen aus Pflegeleistungen handelt, die wohngeldrechtlich (teilweise) zu berücksichtigen sind.

Pflegegrad, Schwerbehinderung und Freibeträge: ein indirekter Effekt, der oft unterschätzt wird

Auch wenn Pflegegeld selbst in deinem Wohngeld meist nicht als Einkommen zählt, kann Pflegebedürftigkeit trotzdem Einfluss auf die Berechnung haben – nur auf einem anderen Weg.

Im Wohngeld gibt es Freibeträge, die das anzurechnende Gesamteinkommen mindern können. Bei Schwerbehinderung und gleichzeitiger Pflegebedürftigkeit kann ein jährlicher Freibetrag in Betracht kommen, der sich positiv auf den Wohngeldanspruch auswirkt.

Wichtig ist dabei: Es geht nicht automatisch um den Pflegegrad allein. Entscheidend ist die Kombination aus festgestellter Schwerbehinderung und den im Gesetz genannten Voraussetzungen.

In der Praxis kann das bedeuten, dass Unterlagen zum Grad der Behinderung, zum Pflegegrad und zur Art der Pflege (häuslich, teilstationär oder Kurzzeitpflege) für die Wohngeldstelle relevant werden. Wer diese Nachweise nicht einreicht, verschenkt im Zweifel einen rechnerischen Vorteil, obwohl das Pflegegeld selbst nicht angerechnet wird.

Wohngeld, Bürgergeld, Sozialhilfe: Abgrenzung, die schnell übersehen wird

Viele Pflegehaushalte bewegen sich zwischen mehreren Leistungssystemen. Wohngeld ist grundsätzlich nicht dafür da, Leistungen wie Bürgergeld oder Sozialhilfe zu ersetzen, wenn dort die Unterkunftskosten bereits berücksichtigt sind. Sobald ein Haushalt oder einzelne Haushaltsmitglieder bestimmte Transferleistungen beziehen, kann Wohngeld ausgeschlossen sein oder sich nur noch für einzelne Personen im Haushalt ergeben.

Das ist für Pflegehaushalte besonders relevant, weil bei steigenden Pflegekosten häufiger ergänzende Leistungen beantragt werden. Wer zum Beispiel wegen Pflegebedarfs und knapper Mittel in die Grundsicherung rutscht, erlebt nicht selten, dass Wohngeld dann nicht mehr der passende Weg ist.

Umgekehrt kann Wohngeld gerade dazu beitragen, einen Wechsel in existenzsichernde Leistungen zu vermeiden – das ist politisch auch ausdrücklich so gewollt. Entscheidend ist am Ende, welche Leistung tatsächlich bewilligt wird und ob darin Wohnkosten bereits abgedeckt sind.

Wohngeld im Heim und Pflegewohngeld: zwei Begriffe, die leicht verwechselt werden

Wenn Pflege nicht mehr zu Hause möglich ist und ein Umzug ins Pflegeheim ansteht, taucht neben dem klassischen Wohngeld oft ein weiterer Begriff auf: Pflegewohngeld. Pflegewohngeld ist eine eigenständige Unterstützung (je nach Bundesland unterschiedlich ausgestaltet), die sich häufig auf Investitionskosten im Heim bezieht.

Das ist etwas anderes als Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz, das als Zuschuss zu Wohnkosten gedacht ist.

Für Betroffene ist diese Unterscheidung wichtig, weil sich die zuständige Stelle, die Anspruchsvoraussetzungen und die Wechselwirkungen mit anderen Leistungen unterscheiden können.

Außerdem verändert sich im Heim häufig auch die Struktur der Pflegeleistungen: Pflegegeld steht typischerweise für häusliche Pflege, während im Heim andere Leistungsformen greifen. Wer hier Begriffe durcheinanderbringt, riskiert Fehlanträge und Zeitverlust – und gerade bei Heimkosten ist Zeit oft ein Luxus.

Wie typische Konstellationen in der Praxis wirken

Stell dir eine pflegebedürftige Person vor, die zu Hause lebt, Pflegegrad 3 hat und Wohngeld beantragt. Das Pflegegeld fließt monatlich, wird aber für die Organisation der Pflege genutzt, etwa indem ein Teil an eine helfende Person weitergegeben wird, während ein anderer Teil Aufwendungen im Alltag der Pflege ausgleicht.

Für den Wohngeldbescheid der pflegebedürftigen Person bleibt das Pflegegeld im Regelfall ohne Kürzungseffekt, solange es als zweckgebundene Leistung eingeordnet wird und keine besonderen Umstände hinzutreten.

Anders die Situation der Pflegeperson: Wenn sie in einer eigenen Wohnung lebt, ein eher niedriges Einkommen hat und selbst Wohngeld beantragen möchte, kann das weitergeleitete Pflegegeld plötzlich eine messbare Größe sein.

Dann kann die Wohngeldstelle prüfen, ob und in welchem Umfang diese Einnahmen in die wohngeldrechtliche Einkommensberechnung gehören. Das kann sich im Bescheid als höheres angerechnetes Einkommen niederschlagen – mit der Folge eines niedrigeren Wohngeldbetrags.

Eine dritte Konstellation betrifft den indirekten Vorteil: Wenn die pflegebedürftige Person gleichzeitig als schwerbehindert anerkannt ist und die Voraussetzungen für einen Freibetrag erfüllt, kann das Gesamteinkommen rechnerisch sinken. Das kann Wohngeld erhöhen, obwohl das Pflegegeld selbst nicht als Einkommen zählt. Gerade in solchen Fällen lohnt sich der Blick in die Begründung des Bescheids, weil dort sichtbar wird, ob Freibeträge berücksichtigt wurden.

Was du beim Antrag und beim Bescheid beachten solltest

Im Wohngeldantrag werden Einnahmen oft breit abgefragt, auch solche, die am Ende nicht angerechnet werden. Pflegegeld gehört in diese Kategorie. Es ist sinnvoll, es offen anzugeben und gleich den Pflegekassenbescheid beizufügen, damit die Einordnung schnell erfolgen kann.

Wenn Pflegegeld an eine Pflegeperson weitergereicht wird und diese ebenfalls Leistungen beantragt, ist Transparenz besonders wichtig, weil die Behörden sonst später über Datenabgleiche darauf stoßen und rückwirkend prüfen.

Wenn bei dir zusätzlich eine Schwerbehinderung festgestellt ist oder festgestellt werden könnte, sollte das Verfahren nicht nur über das Pflegegeld „gedacht“ werden. Für den Wohngeldanspruch zählen häufig Nachweise, die viele gar nicht einreichen, weil sie sie nicht mit Wohngeld verbinden.

Genau hier entstehen vermeidbare Nachteile, weil Freibeträge nicht automatisch aus dem Pflegekassenbescheid folgen, sondern oft erst mit Schwerbehindertenausweis oder Feststellungsbescheid sauber geprüft werden können.

Nach Erhalt des Wohngeldbescheids lohnt es sich, die Berechnung aufmerksam zu lesen. Entscheidend ist, ob das Pflegegeld überhaupt als Einkommen in der Rechenzeile auftaucht. Bei der pflegebedürftigen Person wäre das in vielen Fällen ein Warnsignal.

Bei der Pflegeperson kann es – je nach Wohn- und Pflegesituation – rechtlich beabsichtigt sein, dass ein Teil angesetzt wird. Wer den Eindruck hat, die Behörde habe den Fall falsch eingeordnet, sollte zügig reagieren, weil Widerspruchsfristen laufen und Korrekturen später schwieriger werden.

Wenn Pflegegeld doch angerechnet wurde: was hinter Fehlern oft steckt

Wenn eine Wohngeldstelle Pflegegeld als Einkommen behandelt, liegt häufig kein böser Wille, sondern eine unklare Aktenlage zugrunde. Manchmal fehlt der Pflegekassenbescheid, manchmal ist nicht erkennbar, wer Empfänger der Zahlung ist, manchmal wird eine weitergeleitete Zahlung fälschlich der pflegebedürftigen Person zugerechnet. Auch Verwechslungen mit anderen Pflegeleistungen, mit privat vereinbarten Zahlungen oder mit einer Art „Taschengeld“ kommen vor.

In solchen Fällen hilft es, die Situation schriftlich zu erläutern: Wer bekommt das Pflegegeld, wofür wird es verwendet, wird es weitergegeben, lebt die Pflegeperson im Haushalt oder außerhalb, und auf welcher Grundlage erfolgen Zahlungen. Je sauberer diese Punkte dokumentiert sind, desto leichter ist eine Korrektur möglich. Gerade beim Sonderfall der Pflegeperson kommt es auf die genaue Konstellation an, nicht auf Schlagworte.

Fazit: Pflegegeld verändert den Wohngeldbescheid oft nicht – aber manchmal sehr wohl

Für die pflegebedürftige Person gilt in der Regel Entwarnung: Pflegegeld ist üblicherweise kein Einkommen im Wohngeld und führt nicht zu einer Kürzung. Trotzdem muss es im Antrag genannt werden, damit die Behörde es korrekt einordnen kann. Wirklich entscheidend wird Pflegegeld häufig erst dann, wenn es an eine Pflegeperson fließt, die selbst Wohngeld beantragt und nicht im selben Haushalt lebt.

Zusätzlich kann Pflegebedürftigkeit über Freibeträge einen positiven Effekt haben, wenn Schwerbehinderung und Pflegekonstellation die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen.

Am Ende ist der Wohngeldbescheid weniger eine Frage „Pflegegeld ja oder nein“, sondern eine Frage der richtigen Zuordnung: Wer ist Antragsteller, wer gehört zum Haushalt, wer erhält welche Zahlung und in welchem Zusammenhang steht sie zur Pflege.

Quellen

Wohngeldgesetz (WoGG) § 14 Jahreseinkommen, insbesondere Regelung zu Pflegeeinnahmen bei Pflegepersonen, Informationspapier „Pflegegeld, Verhinderungspflege, Aufwandsentschädigungen bei Steuer und Sozialleistungen“, mit Abdruck und Erläuterung zu § 14 Abs. 2 Nr. 26 WoGG und Verwaltungsvorschrift.

Der Beitrag So beeinflusst dein Pflegegeld den Wohngeld Bescheid erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

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Hier bekommen Rentner Geld zurück

22. Dezember 2025 - 16:18
Lesedauer 7 Minuten

Wer eine Rente bezieht, muss meist den Euro zwei mal umdrehen. Viele Rentnerinnen und Rentner zahlen nämlich im Alltag an Stellen, an denen später doch wieder Geld zurückfließen kann. „Geld zurück“ bedeutet dabei nicht nur die klassische Steuererstattung, sondern auch Rückzahlungen nach Korrekturen von Beiträgen, Erstattungen von zu viel geleisteten Zuzahlungen oder Nachzahlungen, wenn ein Bescheid im Nachhinein berichtigt wird. Wer weiß, wo diese Rückflüsse entstehen – und welche Fristen und Nachweise zählen –, verschenkt deutlich seltener Ansprüche.

Warum sich die Steuererklärung trotz Rente oft lohnt

Der häufigste Weg zu einer Rückzahlung führt über das Finanzamt. Viele Rentner geben keine Einkommensteuererklärung ab, weil sie davon ausgehen, dass die Rente bereits „irgendwie versteuert“ sei. Tatsächlich wird bei vielen gesetzlichen Renten zwar keine laufende Lohnsteuer wie bei Arbeitnehmern einbehalten, dennoch kann Einkommensteuer anfallen – oder eben zu viel gezahlt worden sein, wenn Vorauszahlungen festgesetzt wurden oder wenn weitere Einkünfte (etwa aus Vermietung, Betriebsrenten oder Kapitalanlagen) hinzukommen. Die Steuererklärung ist dann das Instrument, um zu prüfen, ob am Ende eine Erstattung entsteht.

Ein Punkt ist das steuerfreie Existenzminimum: Liegt das zu versteuernde Einkommen unter dem Grundfreibetrag, fällt keine Einkommensteuer an. Der Grundfreibetrag wurde für 2025 angehoben. In der Praxis ist das gerade für Rentner relevant, deren Gesamteinkünfte knapp um diese Grenze schwanken – etwa, weil eine kleine zusätzliche Betriebsrente, Mieteinnahmen oder Kapitalerträge hinzukommen.

Schon ein sorgfältiger Blick auf die Summe aller Einkünfte und auf abziehbare Beträge kann den Unterschied machen, ob überhaupt Steuer entsteht oder ob eine Rückzahlung möglich ist.

Auch bei Rentnern berücksichtigt das Finanzamt automatisch einen Werbungskosten-Pauschbetrag im Zusammenhang mit Renteneinkünften. Der Betrag ist nicht groß, aber er wirkt wie ein kleiner, automatisch abgezogener Puffer.

Größer wird der Effekt, wenn tatsächliche Kosten nachgewiesen werden können, die im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einkünften stehen, oder wenn Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen die Steuerlast drücken. Wer etwa Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zahlt, kann diese grundsätzlich als Vorsorgeaufwendungen steuerlich geltend machen.

Gerade im Ruhestand, wenn Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge spürbar sind, kann das die Steuer deutlich mindern – und damit eine Erstattung auslösen, wenn im Laufe des Jahres bereits Vorauszahlungen geflossen sind oder Kapitalertragsteuer einbehalten wurde.

Abgeltungsteuer zurückholen, wenn der persönliche Steuersatz niedriger ist

Viele Rentner haben Ersparnisse, Tagesgeld, Festgeld, Fonds oder Dividenden. Banken behalten darauf meist automatisch Abgeltungsteuer ein. Das wirkt bequem, kann aber nachteilig sein, wenn der persönliche Steuersatz im Ruhestand unter dem pauschalen Abgeltungsteuersatz liegt. Dann lohnt sich oft der Weg über die Steuererklärung: Mit der sogenannten Günstigerprüfung wird geprüft, ob die Besteuerung mit dem individuellen Steuersatz günstiger ist. Ist sie günstiger, erstattet das Finanzamt die zu viel einbehaltene Steuer teilweise oder vollständig.

Ein weiterer, häufig unterschätzter Hebel ist der Sparer-Pauschbetrag. Wird er über einen Freistellungsauftrag bei der Bank nicht oder nicht vollständig genutzt, fällt unnötig Kapitalertragsteuer an. Das lässt sich entweder im Vorfeld vermeiden (Freistellungsauftrag richtig verteilen) oder im Nachhinein über die Steuererklärung korrigieren.

Für Menschen mit sehr niedrigen Gesamteinkünften kann außerdem eine Nichtveranlagungs-Bescheinigung sinnvoll sein: Dann darf die Bank unter bestimmten Voraussetzungen keine Kapitalertragsteuer einbehalten, und es kommt gar nicht erst zu dem typischen „zu viel gezahlt – später zurückgeholt“-Kreislauf. In der Praxis ist das vor allem dort interessant, wo die Einkünfte insgesamt so niedrig sind, dass keine Einkommensteuer entsteht, aber die Bank dennoch automatisch Steuern abzieht.

Steuerbonus im Haushalt: Wenn Alltagshilfen und Handwerker zu einer Rückzahlung führen

Ein besonders praxisnaher Weg zur Steuererstattung steckt in Ausgaben rund um den Haushalt. Wer eine Putzhilfe beschäftigt, einen Pflegedienst im Haushalt nutzt oder Dienstleistungen beauftragt, die typischerweise im Haushalt anfallen, kann eine Steuerermäßigung erhalten. Das gilt auch für viele Betreuungs- und Pflegeleistungen, wenn sie im Haushalt erbracht werden.

Der Mechanismus ist dabei wichtig: Es handelt sich nicht um einen Abzug vom Einkommen, sondern um eine direkte Minderung der festgesetzten Steuer. Wo Steuer entsteht, kann das spürbar wirken – und im Ergebnis zu einer Rückzahlung führen, wenn bereits Vorauszahlungen geleistet wurden.

Ähnlich funktioniert die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen im selbst genutzten Wohnraum. Entscheidend sind in der Regel die Arbeits- und Fahrtkosten, nicht das Material. Wer etwa Reparaturen, Renovierungen oder Wartungen durchführen lässt, kann die Steuer dadurch senken.

In Mietwohnungen können sich relevante Beträge außerdem in der Nebenkostenabrechnung verstecken, wenn dort haushaltsnahe Dienstleistungen abgerechnet werden. Gerade Rentnerhaushalte, die in einer Wohnung leben und regelmäßig Hausmeister-, Treppenhaus- oder Winterdienste über die Betriebskosten zahlen, verschenken hier häufig Möglichkeiten, weil die Abrechnung zwar im Ordner liegt, aber nicht in der Steuererklärung auftaucht.

Wichtig sind die formalen Spielregeln: Das Finanzamt verlangt in der Regel eine Rechnung und eine unbare Zahlung, also Überweisung oder Lastschrift. Barzahlung ist in diesen Bereichen meist der schnellste Weg, den Steuervorteil zu verlieren – und damit auch die Chance auf „Geld zurück“.

Krankenkasse: Zuzahlungen begrenzen und zu viel gezahlte Beträge erstatten lassen

Auch außerhalb des Steuerrechts gibt es klassische Rückzahlungen. Ein sehr konkretes Feld sind Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung, etwa für Medikamente, Hilfsmittel oder Krankenhausaufenthalte. Für diese Zuzahlungen gibt es eine Belastungsgrenze: Wer im Kalenderjahr mehr als die individuell maßgebliche Grenze gezahlt hat, kann sich den übersteigenden Betrag erstatten lassen und wird für den Rest des Jahres von weiteren Zuzahlungen befreit.

Bei chronisch Kranken gelten in der Regel strengere Entlastungsregeln, die die Grenze absenken können. In der Praxis scheitert die Erstattung oft nicht am Anspruch, sondern an fehlenden Belegen oder daran, dass Quittungen nicht gesammelt wurden. Wer das systematisch angeht, kann spürbare Beträge zurückbekommen.

Daneben kommt es vor, dass Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu hoch berechnet oder abgeführt wurden. Das kann beispielsweise bei Änderungen der Einkommensgrundlage, bei falschen Meldungen oder bei Übergängen in den Ruhestand eine Rolle spielen. Grundsätzlich gibt es Verfahren, um zu viel gezahlte Beiträge von der Krankenkasse erstatten zu lassen.

Wer den Verdacht hat, dass Beiträge nicht korrekt waren, sollte die Beitragsbescheide und Meldungen prüfen lassen und aktiv eine Korrektur anstoßen – denn Erstattungen sind häufig an einen Antrag gebunden.

Private Krankenversicherung und Beihilfe: Erstattungen sind Routine, aber Fristen entscheiden

Pensionärinnen und Pensionäre mit Beihilfeanspruch, aber auch privat krankenversicherte Rentner, kennen das Prinzip der Kostenerstattung: Rechnungen werden eingereicht, ein Anteil wird erstattet. Hier ist „Geld zurück“ weniger eine Ausnahme als der Normalfall – allerdings nur, wenn die Unterlagen vollständig sind und Fristen eingehalten werden. In vielen Beihilfesystemen gelten Ausschlussfristen für die Einreichung.

Wer Arztrechnungen liegen lässt, riskiert, dass Ansprüche verfallen, obwohl die Leistung medizinisch korrekt war. Das kann gerade im Ruhestand passieren, wenn Belege sich sammeln und niemand mehr „automatisch“ durch Lohnabrechnung oder Personalstelle erinnert.

Die Praxis zeigt außerdem: Unklare Ablehnungen oder Kürzungen sind nicht selten. Dann lohnt der Blick in die Begründung und gegebenenfalls ein begründeter Widerspruch oder eine Nachfrage, weil formale Fehler, fehlende Unterlagen oder Missverständnisse bei Ziffern und Tarifen schneller vorkommen, als viele glauben. Gerade bei Hilfsmitteln, Zahnersatz oder längeren Behandlungen kann das über die Zeit um relevante Summen gehen.

Deutsche Rentenversicherung: Nachzahlungen nach Korrekturen sind möglich

Auch bei der Rente selbst kann „Geld zurück“ im Sinne einer Nachzahlung entstehen. Das passiert dann, wenn ein Rentenbescheid auf fehlerhaften Daten beruht, wenn Versicherungszeiten unvollständig erfasst wurden oder wenn bestimmte Zeiten erst nachträglich anerkannt werden, etwa weil Unterlagen später gefunden oder von einer Stelle nachgemeldet wurden.

Wer Unstimmigkeiten zeitnah erkennt, kann regulär gegen den Bescheid vorgehen. Wer erst später merkt, dass etwas nicht stimmt, hat dennoch eine Möglichkeit: Über das sozialrechtliche Überprüfungsverfahren kann unter bestimmten Voraussetzungen ein bestandskräftiger Bescheid erneut überprüft werden.

Kommt es dabei zu einer Korrektur zugunsten der Betroffenen, sind Nachzahlungen möglich – allerdings nicht unbegrenzt weit zurück, weil das Gesetz die rückwirkende Leistung zeitlich begrenzt.

Das ist kein Nischenthema. Gerade bei langen Versicherungsbiografien, Zeiten der Kindererziehung, Pflege von Angehörigen, Phasen der Selbstständigkeit oder Beschäftigungen im Ausland können sich Fehler einschleichen. Wer hier systematisch prüft, kann im Einzelfall nicht nur eine höhere laufende Rente erreichen, sondern auch eine Nachzahlung erhalten.

Rundfunkbeitrag: Rückwirkende Befreiung kann zu Erstattungen führen

Manche Rentnerinnen und Rentner haben Anspruch auf eine Befreiung oder Ermäßigung beim Rundfunkbeitrag, etwa wenn sie bestimmte Sozialleistungen beziehen. Das wird nicht automatisch gewährt, sondern muss beantragt werden. In bestimmten Fällen ist eine Befreiung auch rückwirkend möglich. Wer in einem Zeitraum anspruchsberechtigt war, aber dennoch gezahlt hat, kann unter Umständen eine Erstattung erhalten.

Entscheidend ist hier der konkrete Leistungsbezug und der Nachweis über den jeweiligen Zeitraum. Für viele „normale“ Altersrentner ohne ergänzende Sozialleistungen greift das dagegen nicht – es ist also ein Feld, in dem es entweder sehr konkret passt oder gar nicht.

Alltagsabrechnungen: Betriebskosten, Strom und Gas sind oft unterschätzte Rückzahlungsquellen

Neben Behörden und Versicherungen entstehen Rückzahlungen ganz profan im Wohn- und Energiebereich. Die jährliche Betriebskostenabrechnung kann ein Guthaben ausweisen, wenn Vorauszahlungen höher waren als die tatsächlichen Kosten. Ähnliches gilt für Strom- und Gasabrechnungen.

Gerade Rentnerhaushalte zahlen häufig lieber „etwas mehr Abschlag“, um Nachzahlungen zu vermeiden – was am Ende nicht selten in ein Guthaben mündet. Wer Abrechnungen nicht prüft, übersieht dabei manchmal Fehler, etwa falsche Wohnflächen, nicht umlagefähige Positionen oder unplausible Verbrauchswerte. Das ist kein klassischer Sozial- oder Steueranspruch, aber in der Summe für viele Haushalte eine der regelmäßigsten Formen von „Geld zurück“.

So sichern Rentner ihre Ansprüche: Dokumente, Fristen und der Blick auf Bescheide

Rückzahlungen scheitern in Deutschland selten daran, dass es gar keine Regeln gibt. Sie scheitern eher daran, dass Rechte nicht aktiv genutzt werden. Im Steuerbereich ist das die nicht abgegebene Erklärung oder der nicht eingelegte Einspruch, wenn ein Bescheid erkennbar falsch ist.

Im Gesundheitsbereich ist es die fehlende Quittung oder der unterlassene Antrag auf Befreiung nach Überschreiten der Belastungsgrenze. Bei Beihilfe und PKV sind es verpasste Einreichfristen oder unvollständige Unterlagen. Bei der Rente selbst bleibt manchmal ein Fehler jahrelang unbemerkt, obwohl er sich durch eine strukturierte Prüfung der Versicherungszeiten hätte finden lassen.

Wer sich unsicher fühlt, muss das nicht allein lösen. Lohnsteuerhilfevereine, Verbraucherzentralen, Sozialverbände oder spezialisierte Rentenberater können helfen, typische Fehlerquellen zu identifizieren. Gerade im Ruhestand rechnet sich das oft schon dann, wenn nicht nur „einmalig Geld zurück“ kommt, sondern die laufende Belastung dauerhaft sinkt.

Fahrgastrechte bei Bahnreisen: Entschädigung bei Verspätung ist oft möglich, wird aber selten beantragt

Auch im Ruhestand wird gereist, und genau dort steckt weiteres Rückzahlungspotenzial. Bei Zugverspätungen gibt es unter bestimmten Voraussetzungen Entschädigungen. Die Regeln sind nicht nur Theorie: Ab bestimmten Verspätungsschwellen kann ein Teil des Fahrpreises erstattet werden, je nach Ticketart und Situation. In der Praxis scheitert die Auszahlung oft daran, dass Ansprüche nicht geltend gemacht werden oder Unterlagen fehlen. Wer Tickets, Buchungsbestätigungen und Verspätungsnachweise aufbewahrt und den Antrag stellt, kann regelmäßig kleinere bis mittlere Beträge zurückerhalten.

Fluggastrechte: Erstattung und Ausgleichszahlungen können ein erhebliches „Geld-zurück“-Thema sein

Bei Flugannullierungen oder größeren Verspätungen kann neben der Ticket-Erstattung unter Umständen auch eine Ausgleichszahlung in Betracht kommen. Das ist für Rentner vor allem dann relevant, wenn Urlaubsreisen teurer geworden sind und Ausfälle entsprechend stärker ins Gewicht fallen. Wer in solchen Fällen lediglich „abhakt“ und neu bucht, verzichtet manchmal auf Ansprüche, die mehrere Hundert Euro erreichen können. Entscheidend sind die konkreten Umstände des Falls, die Streckenlänge und die Frage, ob außergewöhnliche Umstände vorliegen. Auch hier gilt: Ohne Antrag passiert oft nichts.

Rückgabe im Laden: Geld zurück gibt es meist nur bei Mängeln – sonst entscheidet Kulanz

Viele Rentner gehen davon aus, dass man einen unbenutzten Artikel im stationären Geschäft einfach zurückgeben kann. Rechtlich ist das jedoch in der Regel nicht so: Ein gesetzliches Rückgaberecht wie beim Onlinekauf gibt es im Laden normalerweise nicht. Händler nehmen Ware oft aus Kulanz zurück, manchmal gegen Geld, manchmal nur gegen Gutschein, manchmal gar nicht. Wer hier Geld zurückbekommen möchte, sollte sich deshalb nicht auf „Gewohnheitsrecht“ verlassen, sondern auf die Bedingungen des jeweiligen Geschäfts achten und Kaufbeleg sowie Originalverpackung aufheben. Sobald allerdings ein Mangel vorliegt, ändert sich die Lage grundlegend: Dann greifen gesetzliche Rechte, die nicht vom guten Willen des Händlers abhängen.

Vorsicht vor falschen Versprechen: Wenn „Rückerstattung“ als Köder dient

Wo es echte Rückzahlungen gibt, gibt es leider auch unseriöse Angebote. Besonders anfällig sind Themen wie „Renten-Rückerstattung“, „zu viel Steuer gezahlt“ oder „Krankenkassen-Geld zurück ohne Nachweise“.

Seriöse Wege haben fast immer zwei Eigenschaften: Es gibt einen Bescheid oder eine Abrechnung als Grundlage, und es gibt einen nachvollziehbaren Antrag oder eine Erklärung, mit der die Rückzahlung ausgelöst wird. Wer stattdessen mit pauschalen Garantien, hohen Vorkosten oder Druck arbeitet, sollte skeptisch sein – vor allem, wenn persönliche Daten, Renteninformationen oder Bankzugänge verlangt werden.

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Pflegegeld und Sachleistungen optimal kombinieren

22. Dezember 2025 - 15:42
Lesedauer 7 Minuten

Wer zu Hause pflegt oder Pflege organisiert, landet oft sehr früh bei einer Grundsatzentscheidung: Soll die Unterstützung über Pflegegeld laufen, also als frei verwendbare Geldleistung, oder über Pflegesachleistungen, also über einen ambulanten Dienst, der direkt mit der Pflegekasse abrechnet.

In der Praxis passt diese Entweder-oder-Logik jedoch nicht immer zum Alltag. Viele Familien teilen sich die Versorgung: Ein Teil wird von Angehörigen, Freunden oder Nachbarn übernommen, ein Teil von Profis. Genau für solche Mischsituationen gibt es die Kombinationsleistung, umgangssprachlich häufig „Kombileistung“ genannt.

Das Thema wirkt auf den ersten Blick sehr technisch, weil es mit Höchstbeträgen, Prozentanteilen und Abrechnungslogik arbeitet. Gleichzeitig entscheidet es aber ganz handfest darüber, ob Monat für Monat Geld ungenutzt verfällt oder ob es im Haushalt als Pflegegeld ankommt.

Was die Kombinationsleistung überhaupt ist

Die Kombinationsleistung ist eine Leistung der sozialen Pflegeversicherung für die häusliche Pflege. Sie verbindet zwei unterschiedliche Leistungsarten: Pflegesachleistungen nach Pflegegrad, die für Leistungen eines ambulanten Pflegedienstes vorgesehen sind, und Pflegegeld, das ausgezahlt wird, wenn die Pflege überwiegend privat organisiert wird. „Kombination“ bedeutet dabei nicht, dass beides vollständig parallel gezahlt wird.

Vielmehr wird das Pflegegeld anteilig gekürzt, abhängig davon, in welchem Umfang die Sachleistung im jeweiligen Monat genutzt wird.

Wer nämlich die Pflegesachleistung nicht vollständig ausschöpft, soll den ungenutzten Teil nicht einfach verlieren, sondern über ein anteiliges Pflegegeld einen Ausgleich bekommen.

Zugleich bleibt es dabei, dass die Pflegekasse nur bis zu den jeweiligen Höchstbeträgen zahlt. Alles, was darüber hinausgeht, muss privat finanziert werden.

Pflegegeld und Pflegesachleistung: Zwei Leistungen mit unterschiedlicher Logik

Pflegegeld ist die Leistung, die viele Familien als erstes wahrnehmen, weil sie unmittelbar auf dem Konto landet. Es wird an die pflegebedürftige Person ausgezahlt und kann ohne Belegpflicht verwendet werden.

Der Gesetzgeber verlangt hier vor allem, dass die Versorgung insgesamt gesichert ist. In der Praxis wird das Pflegegeld häufig an die Person weitergegeben, die den größten Teil der Pflege übernimmt, oder es wird genutzt, um zusätzliche Unterstützung zu bezahlen, Fahrtkosten auszugleichen oder Alltagshilfen zu finanzieren.

Pflegesachleistungen funktionieren anders. Hier geht es nicht um freie Verfügbarkeit, sondern um die Finanzierung professioneller ambulanter Pflege.

Der Pflegedienst rechnet seine Leistungen innerhalb des monatlichen Höchstbetrags direkt mit der Pflegekasse ab. Die pflegebedürftige Person sieht zwar die Rechnung und sollte sie kontrollieren, aber das Geld fließt nicht als Auszahlung. Wird der Höchstbetrag nicht ausgeschöpft, bleibt der Rest normalerweise ungenutzt. Genau an dieser Stelle setzt die Kombinationsleistung an.

Wie die Rechnung funktioniert: Anteil an der Sachleistung bestimmt das Pflegegeld

Das Prinzip lässt sich ohne komplizierte Mathematik verstehen, wenn man sich klarmacht, dass nicht die absolute Rechnungshöhe zählt, sondern der Anteil am jeweiligen Sachleistungs-Höchstbetrag.

Ein Beispiel, das sich gut an den aktuellen Beträgen illustrieren lässt: Bei Pflegegrad 3 liegt die monatliche Pflegesachleistung seit dem 1. Januar 2025 bei 1.497 Euro, das Pflegegeld bei 599 Euro. Nutzt jemand im Monat Pflegedienstleistungen im Wert von 750 Euro, dann sind das grob die Hälfte des Sachleistungsbudgets. Die Pflegekasse wertet das als Nutzung von rund 50 Prozent. Die Folge ist, dass auch das Pflegegeld auf rund 50 Prozent sinkt. Aus 599 Euro werden dann ungefähr 300 Euro, die als Pflegegeld ausgezahlt werden. Der Pflegedienst wird weiterhin bis zur Höhe seiner Rechnung aus der Sachleistung bezahlt, und zusätzlich fließt das anteilige Pflegegeld.

Wenn der Pflegedienst in einem Monat den Sachleistungsbetrag vollständig ausschöpft, bleibt kein Pflegegeld übrig. Wenn der Pflegedienst gar nicht eingesetzt wird und keine Sachleistung abgerechnet wird, kann das Pflegegeld in voller Höhe gezahlt werden, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind.

Damit wird die Kombinationsleistung zu einem Instrument, das sich an den tatsächlichen Monat anpasst. Genau das macht sie attraktiv für Pflegesituationen, in denen Unterstützung schwankt: mal mehr Entlastung durch den Dienst, mal mehr Eigenleistung der Familie.

Wann die Kombinationsleistung in der Praxis gut passt

Die Kombinationsleistung zeigt ihre Stärke vor allem dann, wenn ein ambulanter Dienst zwar eingebunden ist, aber eben nicht in einem Umfang, der das Sachleistungsbudget Monat für Monat ausreizt.

Das ist häufig der Fall, wenn der Pflegedienst nur einzelne Aufgaben übernimmt, etwa Körperpflege an wenigen Tagen, Medikamentengabe, Kompression, Wundversorgung oder das Duschen als feste Wochenleistung. In solchen Konstellationen würde bei reiner Sachleistung jeden Monat ein Teil des Anspruchs ungenutzt bleiben. Über die Kombination wird dieser Rest in Pflegegeld übersetzt, das im Haushalt mehr Spielraum schafft.

Auch unregelmäßige Verläufe sprechen für die Kombination. Pflege zu Hause ist selten stabil. Es gibt Wochen, in denen Angehörige übernehmen können, und Phasen, in denen sie ausfallen, selbst krank sind oder beruflich stärker gebunden sind.

Es gibt Monate mit Arztserien, Verschlechterungen, mehr Unterstützungsbedarf, und danach wieder ruhigere Zeiten. Wer in solchen Schwankungen von vornherein auf Kombination setzt, muss nicht jedes Mal einen grundlegenden Wechsel der Leistungsart organisieren, sondern bewegt sich innerhalb eines Rahmens, der verschiedene Monatsverläufe abbilden kann.

Schließlich kann die Kombinationsleistung am Anfang einer Pflegesituation eine pragmatische Wahl sein, wenn noch nicht klar ist, wie dauerhaft der Pflegedienst eingebunden werden soll. Viele Familien starten mit dem Anspruch „Wir schaffen das allein“ und merken später, dass Entlastung nötig wird. Andere beginnen mit professioneller Hilfe und reduzieren wieder, wenn Abläufe eingespielt sind. Eine Kombination kann hier den Druck reduzieren, sofort eine endgültige Entscheidung zu treffen.

Wann die Kombinationsleistung kaum Vorteile bringt

So nützlich die Kombination sein kann, so klar gibt es Situationen, in denen sie wenig liefert. Wer sicher ist, dass ein Pflegedienst jeden Monat regelmäßig in einem Umfang kommt, der den Sachleistungsbetrag vollständig ausschöpft, erhält über die Kombination kein zusätzliches Pflegegeld. In dieser Lage ist die Sachleistung die passende Leistungsform, weil das Budget vollständig in professionelle Pflege fließt.

Umgekehrt bringt die Kombinationsleistung nichts, wenn überhaupt kein Pflegedienst eingesetzt wird oder eingesetzt werden soll. Dann ist Pflegegeld die naheliegende Wahl, weil keine Sachleistung abgerechnet werden kann und das Pflegegeld in voller Höhe genutzt wird.

Ein weiterer Punkt: Kombinationsleistung bedeutet, dass Monat für Monat mitgedacht werden muss, welche Pflegedienstrechnungen eingehen, wie hoch die abgerechnete Sachleistung war und warum das Pflegegeld in genau dieser Höhe ausgezahlt wird. Wer absolute Einfachheit sucht und eine klare, konstante Lösung bevorzugt, wählt häufig lieber eine eindeutige Leistungsart.

Praxisbeispiel: Wann Kombionationsleistungen Sinn machen

Frau K. hat Pflegegrad 3 und lebt zu Hause. Ihr Sohn wohnt in der Nähe und übernimmt morgens und abends die meiste Unterstützung: Hilfe beim Aufstehen, Anziehen, Essen richten, Medikamente bereitstellen und abends die Bettfertigkeit. Zusätzlich organisiert er Einkäufe und Arztfahrten. Körperpflege und Duschen sind für ihn aber körperlich zu anspruchsvoll, außerdem soll es an zwei Wochentagen morgens schneller gehen, weil er dann früh zur Arbeit muss.

Deshalb kommt ein ambulanter Pflegedienst zweimal pro Woche: einmal für das Duschen und einmal für eine umfangreichere Körperpflege. In manchen Wochen kommt noch ein weiterer kurzer Einsatz dazu, etwa wenn es Frau K. schlechter geht.

Die monatlichen Kosten des Pflegedienstes liegen damit spürbar unter dem Höchstbetrag der Pflegesachleistung für Pflegegrad 3. Würde die Familie nur Pflegesachleistung wählen, würde ein Teil des Anspruchs jeden Monat ungenutzt bleiben, weil der Pflegedienst gar nicht so viel abrechnet. Mit der Kombinationsleistung wird der nicht genutzte Anteil nicht verschenkt, sondern anteilig als Pflegegeld ausgezahlt.

Dieses Pflegegeld nutzt der Sohn, um eine private Haushaltshilfe stundenweise zu bezahlen und kleinere Ausgaben rund um die Pflege zu decken, etwa Fahrten, Zuzahlungen und Verbrauchsmaterial.

In dieser Konstellation passt die Kombinationsleistung, weil der Pflegedienst regelmäßig eingebunden ist, aber eben nicht in einer Intensität, die das Sachleistungsbudget ausschöpft.

Gleichzeitig bleibt die Pflege im Alltag flexibel. Wenn sich der Zustand von Frau K. vorübergehend verschlechtert und der Pflegedienst in einem Monat häufiger kommt, steigt der Sachleistungsanteil und das Pflegegeld sinkt entsprechend. In ruhigeren Monaten ist es umgekehrt. Genau diese Anpassung an schwankende Belastung ist der praktische Vorteil der Kombinationsleistung.

Bindung und Umstellung: Warum die Entscheidung nicht beliebig „auf Verdacht“ funktioniert

Im Gesetz ist festgelegt, dass die Entscheidung über das Verhältnis von Geld- und Sachleistung für sechs Monate bindet. Das soll verhindern, dass Leistungskombinationen beliebig kurzfristig hin und her gewechselt werden. Gleichzeitig ist die häusliche Pflege dynamisch. In der Praxis wird deshalb häufig mit der Pflegekasse gesprochen, wenn sich der Bedarf deutlich verändert und eine Umstellung notwendig wird.

Wer die Kombinationsleistung beantragt, sollte sie daher als echte Mischform nutzen und nicht als formales „Sicherheitsnetz“, das man ohne Pflegediensteinsatz oder ohne sachleistungsrelevante Abrechnung dauerhaft nebenher laufen lässt. In Beratungen wird immer wieder darauf hingewiesen, dass Pflegekassen bei dauerhaft einseitiger Nutzung nachfragen oder zu einer passenden Leistungsform raten können, weil die Abwicklung der Kombinationsleistung für die Kassen mit zusätzlicher Prüfung und Verrechnung verbunden ist.

Für Betroffene bedeutet das vor allem: Es lohnt sich, die Kombination bewusst zu wählen, sie zur eigenen Versorgungsrealität passend zu nutzen und bei Veränderungen frühzeitig zu kommunizieren, statt auf eine „Dauerlösung auf gut Glück“ zu setzen.

So wird beantragt: Zuständigkeit, Formulare und typische Stolperstellen

Der Antrag läuft immer über die Pflegekasse der pflegebedürftigen Person, bei privat Versicherten über die private Pflegepflichtversicherung. In der Regel stellen die Kassen Formulare bereit, alternativ kann ein formloser Antrag möglich sein, solange er eindeutig ist und alle nötigen Angaben enthält.

Entscheidend ist, dass die gewünschte Leistungsart ausdrücklich benannt wird, damit die Kasse die Abrechnung entsprechend einrichten kann.
Relevant ist auch der Zeitpunkt: Wer bereits Pflegeleistungen erhält, kann die Leistungsform grundsätzlich anpassen, aber eine rückwirkende Beantragung der Kombinationsleistung ist nach verbreiteter Verwaltungspraxis nicht vorgesehen. Deshalb ist es sinnvoll, den Wechsel nicht unnötig aufzuschieben, wenn absehbar ist, dass Sachleistung nicht vollständig genutzt wird und ein anteiliges Pflegegeld sinnvoll wäre.

Warum das Pflegegeld später kommt: Liquidität als unterschätztes Thema

Ein Detail, das in vielen Haushalten erst auffällt, wenn es passiert, ist die zeitliche Verschiebung der Pflegegeldzahlung. Bei der Kombinationsleistung wird das Pflegegeld häufig nicht wie beim reinen Pflegegeld zum Monatsanfang ausgezahlt, sondern später. Der Grund ist nachvollziehbar: Zuerst muss klar sein, in welchem Umfang im betreffenden Monat Pflegesachleistungen abgerechnet wurden.

Diese Abrechnung ist meist erst nach Monatsende vollständig möglich, wenn Leistungen dokumentiert, Rechnungen gestellt und von der Pflegekasse geprüft sind. Erst dann lässt sich berechnen, welcher Pflegegeldanteil übrig bleibt. In der Folge berichten Beratungsstellen häufig von Verzögerungen von mehreren Wochen.

Für die Praxis bedeutet das: Haushalte sollten einen Übergang einplanen, damit laufende Ausgaben nicht in eine Lücke fallen. Wer das Pflegegeld fest für bestimmte Zahlungen eingeplant hat, sollte in den ersten Monaten der Kombination besonders aufmerksam auf die Zahlungsflüsse achten.

Umwandlungsanspruch und Entlastungsbetrag: Zusätzliche Spielräume neben der Kombination

Zur häuslichen Pflege gehören nicht nur Pflegegeld, Sachleistung und Kombinationsleistung. Viele Familien nutzen ergänzend Leistungen, die den Alltag spürbar erleichtern.

Der Entlastungsbetrag ist hier besonders bekannt. Seit dem 1. Januar 2025 liegt er bei bis zu 131 Euro monatlich und kann für anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag eingesetzt werden. Er steht auch bei Pflegegrad 1 zur Verfügung, obwohl dort weder Pflegegeld noch Pflegesachleistung gezahlt werden.

Daneben gibt es den Umwandlungsanspruch. Er ermöglicht, einen Teil der ungenutzten Pflegesachleistung für bestimmte Betreuungs- und Entlastungsangebote zu verwenden. Gesetzlich ist hier eine Obergrenze von 40 Prozent des jeweiligen Sachleistungs-Höchstbetrags pro Monat vorgesehen. Für die Kombinationsleistung ist entscheidend: Der Umwandlungsanspruch schließt die Kombination nicht aus.

Er verändert aber die Budgetlogik, weil Mittel aus der Sachleistung in einen anderen Zweckkanal gelenkt werden. Wer diese Möglichkeit nutzen will, sollte sauber trennen, welche Leistungen über den Pflegedienst als Sachleistung laufen und welche anerkannten Angebote über den Umwandlungsanspruch beziehungsweise den Entlastungsbetrag abgerechnet werden.

Beratung und Qualitätssicherung: Was viele nur vom Pflegegeld kennen

Bei Pflegegeld gibt es in den Pflegegraden 2 und 3 eine halbjährliche, in den Pflegegraden 4 und 5 eine vierteljährliche Pflichtberatung in der Häuslichkeit, die der Qualitätssicherung dient. Diese Beratung soll pflegende Angehörige unterstützen, Risiken erkennen und Hinweise zu Hilfsmitteln oder Entlastungsangeboten geben. Offizielle Übersichten betonen, dass diese Verpflichtung vor allem dann greift, wenn ausschließlich Pflegegeld bezogen wird.

Wer Pflegesachleistungen nutzt oder eine Kombinationsleistung in Anspruch nimmt, kann Beratungsbesuche in vielen Fällen freiwillig nutzen, ohne dass dieselbe Nachweispflicht besteht. Unabhängig von der Pflichtfrage lohnt es sich in der Praxis dennoch oft, Beratung aktiv einzufordern, weil sich in der häuslichen Pflege kleine Veränderungen schnell zu großen Belastungen entwickeln können.

Fazit: Kombinationsleistung als flexible Lösung, wenn die Versorgung gemischt ist

Die Kombinationsleistung ist kein bürokratischer Sonderweg, sondern ein Instrument für die häufigste Realität in der häuslichen Pflege: Angehörige tragen einen großen Teil, Profis übernehmen gezielt Aufgaben.

Wer den Pflegedienst nur teilweise nutzt, kann über die Kombination vermeiden, dass Anspruchsanteile ungenutzt bleiben, und erhält stattdessen anteilig Pflegegeld. Wer hingegen entweder ohne Dienst pflegt oder den Dienst dauerhaft so stark einsetzt, dass das Sachleistungsbudget regelmäßig ausgeschöpft ist, fährt meist besser mit einer klaren Leistungsform.

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Schwerbehinderung: Sozialgericht entscheidet fatalerweise über den falschen Fall

22. Dezember 2025 - 15:28
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Wer klagt, will eine Prüfung des eigenen Falls. Genau daran scheiterte ein Verfahren im Schwerbehindertenrecht vor dem Sozialgericht Ulm: Im Gerichtsbescheid tauchten plötzlich Anträge und Schilderungen auf, die mit dem Verfahren des Klägers nicht zusammenpassten – bis hin zu einem Antrag auf GdB 100 und das Merkzeichen B sowie Passagen über ÖPNV-Nutzung nur mit Begleitperson, weil Stufen nicht allein bewältigt würden.

Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hob den Gerichtsbescheid deshalb auf und verwies den Rechtsstreit zurück: Die erste Instanz muss neu verhandeln und diesmal über den tatsächlichen Streitgegenstand entscheiden.

Was genau schiefgelaufen ist – und warum das nicht „nur“ eine schwache Begründung war

In der Verhandlung ging es um eine Neufeststellung des GdB. Der Kläger hatte nach früheren Bescheiden einen Änderungsantrag gestellt; später stellte die Behörde ab einem bestimmten Zeitpunkt einen GdB von 30 fest. Der Kläger wollte mehr und ging vor Gericht.

Das Sozialgericht Ulm wies die Klage per Gerichtsbescheid ab – aber mit Textbausteinen, die ersichtlich nicht zum Verfahren passten. Im Tatbestand wurden Anträge referiert, die der Kläger so nicht gestellt hatte, und es wurde eine Beweisaufnahme beschrieben, die sich wie ein anderes Verfahren liest.

In den Entscheidungsgründen setzte sich das Gericht dann mit einem angeblichen Anspruch auf GdB 100 und das Merkzeichen B auseinander, obwohl der Streitstoff des Verfahrens gerade nicht in dieser Gestalt vorlag. Zusätzlich: Zwei Seiten des zugestellten Gerichtsbescheids waren leer.

Das LSG sagt sinngemäß: Hier ist zwar formal eine Sachentscheidung ergangen, tatsächlich aber über einen anderen, den Kläger nicht betreffenden Streitgegenstand. Bezogen auf den eigenen Anspruch ist das Ergebnis damit eine „Nichtentscheidung“.

Warum das LSG zurückverweist – und nicht einfach selbst entscheidet

Normalerweise kann ein Landessozialgericht einen Fall auch selbst entscheiden. Hier hielt das LSG die Rückgabe an das Sozialgericht für geboten, weil sonst faktisch eine Tatsacheninstanz verloren ginge.

Wenn die erste Instanz den Streitstoff nicht bearbeitet, fehlt die Grundlage, auf der die zweite Instanz sauber „nur noch“ kontrolliert oder ergänzt. Außerdem deutete schon der Verlauf an, dass weitere Ermittlungen nötig sein dürften.

Übersetzt heißt das: Wer in der ersten Instanz keine echte Prüfung bekommt, soll nicht auch noch um die Chance gebracht werden, dass ein Gericht den Sachverhalt vollständig aufklärt und würdigt – genau deshalb muss das Sozialgericht neu ran.

Widerspruch per E-Mail – meist unwirksam, aber oft trotzdem folgenreich

Der Fall enthält eine typische Vorgeschichte, die in der Praxis ständig passiert: Der Kläger legte gegen einen Bescheid zunächst per E-Mail Widerspruch ein. Die Behörde bestätigte den Eingang, verlangte aber „aus Gründen der Rechtssicherheit“ eine Bestätigung mit Originalunterschrift innerhalb einer Frist.

Der Kläger schickte nochmals eine E-Mail, die unterschriebene Bestätigung kam jedoch nicht rechtzeitig; später erklärte die Behörde, es liege kein rechtswirksamer Widerspruch vor.

Das LSG stellt klar: Ein Widerspruch muss grundsätzlich schriftlich, zur Niederschrift oder elektronisch in der gesetzlich vorgesehenen Form eingelegt werden; eine schlichte E-Mail genügt wegen Missbrauchsgefahr regelmäßig nicht.

Gleichzeitig liefert das Urteil den wichtigen Zusatz, der Betroffene vor einer Rechtsschutzlücke schützt: Auch ein formunwirksamer Widerspruch setzt das Vorverfahren häufig faktisch in Gang.

Erlässt die Behörde dann im laufenden Kontext einen neuen Bescheid, der denselben Regelungsbereich betrifft und sich mit dem alten überschneidet – etwa weil er teilweise „abhilft“ oder ab einem späteren Zeitpunkt besserstellt –, kann dieser neue Bescheid Gegenstand des Vorverfahrens werden. Genau das verhindert, dass Betroffene am Ende ohne Sachentscheidung dastehen, nur weil der erste Widerspruch an der Form scheiterte.

Was Betroffene jetzt konkret daraus lernen sollten

Wenn ein Gerichtsbescheid ins Haus flattert, zählt nicht nur das Ergebnis, sondern zuerst die Passgenauigkeit: Stimmen die Bescheiddaten, passt der Antrag, tauchen die eigenen Argumente und Gesundheitsangaben wieder auf, und wird wirklich über das entschieden, was im Verfahren streitig war?

Wenn stattdessen fremde Anträge, fremde Beweisaufnahmen oder thematisch völlig abweichende Passagen auftauchen, ist das kein „redaktioneller Fehler“, sondern ein massiver Verfahrensmangel, der im Rechtsmittel angegriffen werden kann – und zwar fristgebunden.

Beim Widerspruch gilt derselbe Grundsatz: Geschwindigkeit hilft nur, wenn die Form hält. Wer Widerspruch einlegen will, muss ihn so übermitteln, dass er formwirksam ist und der Zugang notfalls beweisbar bleibt.

Eine einfache E-Mail wirkt bequem, ist aber im Sozialrecht häufig ein Eigentor; wenn es knapp wird, ist der sichere Weg die unterschriebene Schriftform oder die Einlegung zur Niederschrift, und wer elektronisch arbeitet, muss die dafür vorgesehenen Anforderungen erfüllen.

Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 13.08.2025, Az. L 3 SB 2766/24 (Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Ulm vom 20.08.2024, Zurückverweisung).

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