«Mit Brigitte Bardot verschied eine starke und unabhängige Frau, die es nicht nötig hatte, sich dem Zeitgeist unterzuordnen oder sich gar – wie leider viele deutsche Prominente – zur Systemnutte machen zu lassen, und die solches auch in der Not nicht getan hätte. Die einfach zu sich stand und standhaft war. Ein schönes Zitat von ihr als Abschluss: ‹Früher habe ich mit meinem Hintern schockiert, jetzt schockiere ich mit meinen Büchern (Meinungen). Das ist das Gleiche!›» (– Nachruf der Seite https://publikum.net/).
GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp
Zuzahlungsbefreiung ab 2026 bei Schwerbehinderung
Zuzahlungen belasten viele gesetzlich Versicherte – gerade Menschen mit Behinderung, die häufig regelmäßig medizinische Leistungen benötigen. Grundsätzlich ändert sich zum Jahreswechsel 2026 voraussichtlich nichts: Entscheidend bleibt die sogenannte Belastungsgrenze, ab der Krankenkassen von weiteren Zuzahlungen befreien.
Parallel wird aber seitens der Bundesregierung über höhere Zuzahlungsbeträge diskutiert; ein Beschluss liegt derzeit nicht vor. Für Betroffene heißt das: Die Befreiungsregeln und Prozentsätze gelten fort, die konkrete Höhe einzelner Zuzahlungen könnte sich politisch noch verändern.
Rechtsgrundlage: § 61/§ 62 SGB V und die Chroniker-RichtlinieZuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung sind gesetzlich normiert. § 61 SGB V regelt die typischen Eigenanteile – etwa 10 % je Leistung, mindestens 5 € und höchstens 10 € (z. B. bei Arzneimitteln; besondere Deckel gelten u. a. für Hilfsmittel zum Verbrauch).
§ 62 SGB V begrenzt die Summe dieser Eigenanteile pro Kalenderjahr: Grundsätzlich bei 2 % der jährlichen „Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt“, bei Menschen mit einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung in Dauerbehandlung bei 1 %.
Die genaue Definition „schwerwiegend chronisch“ und der Nachweis sind in der Chroniker-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) festgelegt.
Schwerbehinderung ist nicht automatisch Chroniker-StatusEin Schwerbehindertenausweis allein senkt die Belastungsgrenze nicht von 2 % auf 1 %. Die abgesenkte Grenze greift nur, wenn die Kriterien der Chroniker-Richtlinie erfüllt sind – insbesondere eine ärztlich bestätigte Dauerbehandlung wegen derselben schwerwiegenden Erkrankung.
Bestimmte Konstellationen können den Nachweis erleichtern, etwa ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 60 oder ein Pflegegrad 3–5; maßgeblich bleibt aber die ärztliche Bescheinigung zum Chroniker-Status.
Wer zusätzlich die empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen versäumt (Jahrgänge nach dem 1. April 1972), kann auf die 2 %-Grenze zurückfallen.
Aspekt Regel 2026 Geltungsjahr Die Befreiung und Belastungsgrenzen gelten kalenderjahresbezogen für 2026. Zielgruppe Gesetzlich Versicherte; besondere Relevanz für Menschen mit Schwerbehinderung und/oder chronischer Erkrankung. Rechtsgrundlage § 61 SGB V (Zuzahlungen), § 62 SGB V (Belastungsgrenze), Chroniker-Richtlinie des G-BA. Grundprinzip Summe aller gesetzlichen Zuzahlungen wird pro Jahr auf eine persönliche Belastungsgrenze begrenzt; danach Befreiung. Belastungsgrenze allgemein 2 % der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Haushalts nach Abzug gesetzlicher Freibeträge. Abgesenkte Grenze 1 % bei anerkannt schwerwiegender chronischer Erkrankung in Dauerbehandlung (Chroniker-Status). Schwerbehinderung vs. Chroniker Ein Schwerbehindertenausweis allein senkt die Grenze nicht; maßgeblich ist die Erfüllung der Chroniker-Kriterien. Nachweis Chroniker-Status Ärztliche Bescheinigung nach G-BA-Richtlinie; regelmäßige Behandlung wegen derselben schweren Erkrankung erforderlich. Vorsorgeanforderung Nichtteilnahme an empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen kann zum Wegfall der 1 %-Grenze führen (ausnahmsabhängig). Haushaltsprinzip Berechnung auf Basis der gemeinsamen Bruttoeinnahmen des Haushalts; alle zu berücksichtigenden Personen einbeziehen. Freibeträge Gesetzlich definierte Freibeträge für Partner und weitere Angehörige sowie Kinderfreibeträge mindern die Bemessungsgrundlage. Anrechenbare Zuzahlungen Gesetzlich vorgesehene Zuzahlungen u. a. für Arznei- und Verbandmittel, Heil-/Hilfsmittel, Krankenhaus, Reha, Fahrkosten (wenn verordnet). Nicht anrechenbar Mehrkosten außerhalb der gesetzlichen Zuzahlungen, z. B. Aufzahlungen über Festbetrag, Wahlleistungen, nicht verordnungsfähige OTC-Präparate. Fahrkosten bei Schwerbehinderung Übernahme bei bestimmten Merkzeichen (z. B. aG, Bl, H) oder hohen Pflegegraden; Zuzahlung 10 % je Fahrt (min. 5 €, max. 10 €). Genehmigungspflicht Für viele Fahrten zur ambulanten Behandlung ist vorab die Genehmigung der Krankenkasse erforderlich. Vorauszahlung Freiwillige Vorauszahlung in Höhe der voraussichtlichen Belastungsgrenze möglich; Befreiung gilt dann sofort für das gesamte Jahr. Befreiungsausweis Wird nach Erreichen der Belastungsgrenze von der Krankenkasse ausgestellt; gilt für das laufende Kalenderjahr. Belege Quittungen über alle Zuzahlungen sammeln; ärztliche Bescheinigung für Chroniker-Status bereithalten. Rückwirkende Erstattung Eine Erstattung zu viel gezahlter Zuzahlungen ist in der Praxis rückwirkend möglich; Fristen der Kasse beachten. Sonderregel niedrige Einkommen Bei Bürgergeld/Grundsicherung richtet sich die Grenze nach den maßgeblichen Regelsätzen der Bedarfsgemeinschaft. Mögliche Änderungen 2026 Politische Debatten zu höheren Einzelzuzahlungen betreffen nicht die prozentuale Belastungsgrenze; aktueller Stand zu Jahresbeginn prüfen. Praktisches Vorgehen Früh ärztlichen Nachweis sichern, Belege sammeln oder Vorauszahlung leisten, bei Fahrten Genehmigungen einholen, bei der Kasse informieren. So wird die Belastungsgrenze 2026 berechnetFür die Berechnung zählen die Bruttoeinnahmen des Haushalts. Vom Familienbrutto werden gesetzlich definierte Freibeträge abgezogen: für den ersten weiteren Angehörigen 15 % der jährlichen Bezugsgröße, für jeden weiteren 10 % der Bezugsgröße; für Kinder der Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG.
2026 beträgt die (voraussichtliche) jährliche Bezugsgröße 47.460 €; damit ergeben sich 7.119 € (15 %) als Freibetrag für den ersten Angehörigen und 4.746 € (10 %) für weitere.
Der Kinderfreibetrag steigt 2026 planmäßig auf insgesamt 9.756 € je Kind. Auf die so verminderte Bemessungsgrundlage wird die 2 %-Grenze (bzw. 1 % bei anerkannter schwerwiegender chronischer Erkrankung) angewandt.
Beispiel: Ein verheirateter Versicherter mit einem Kind und 36.000 € Jahresbrutto im Haushalt zieht 7.119 € (Partner) und 9.756 € (Kind) ab. Die maßgebliche Summe sinkt auf 19.125 €. Die Belastungsgrenze liegt damit bei 382,50 € (2 %) bzw. 191,25 € (1 %).
Was als Zuzahlung zählt – und was nichtAnzurechnen sind nur gesetzlich vorgeschriebene Zuzahlungen zu Kassenleistungen, etwa bei Arznei- und Verbandmitteln, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausaufenthalten, medizinischer Rehabilitation, häuslicher Krankenpflege sowie medizinisch verordneten Fahrkosten.
Nicht mitzählen dürfen Eigenanteile oder Mehrkosten, die außerhalb der gesetzlichen Zuzahlungen liegen – beispielsweise Aufzahlungen bei Zahnersatz, nicht verordnungsfähige OTC-Präparate, Wahl-/Premiumausführungen von Hilfsmitteln oder Mehrkosten über dem Festbetrag.
Antrag, Nachweise und FristenDie Befreiung gilt immer kalenderjahresbezogen und wird nicht automatisch gewährt. Sobald die persönliche Belastungsgrenze erreicht ist, stellt die Krankenkasse einen Befreiungsausweis aus.
Möglich ist auch eine Vorauszahlung in Höhe der voraussichtlichen Belastungsgrenze zu Jahresbeginn; dann gilt die Befreiung sofort für das ganze Jahr.
Wichtig sind Quittungen über Zuzahlungen sowie – bei der 1 %-Grenze – die ärztliche Chroniker-Bescheinigung und der Nachweis therapiegerechten Verhaltens. Eine rückwirkende Erstattung ist in der Praxis bis zu vier Jahre möglich.
Spezielle Erleichterungen bei Fahrkosten für Menschen mit SchwerbehinderungFür Fahrten zur ambulanten Behandlung werden Kosten in bestimmten Fällen übernommen. Anspruch besteht insbesondere bei Schwerbehinderten mit den Merkzeichen „aG“, „Bl“ oder „H“ sowie bei Pflegegrad 4–5; bei Pflegegrad 3 braucht es zusätzlich eine ärztlich bescheinigte dauerhafte Mobilitätsbeeinträchtigung.
Die allgemeine Zuzahlungsregel gilt auch hier (10 % je Fahrt, mindestens 5 €, höchstens 10 €, nicht mehr als die tatsächlichen Kosten). In vielen Fällen ist eine vorherige Genehmigung der Kasse erforderlich.
Sonderfall niedrige Einkommen und SozialleistungenWer Bürgergeld, Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung erhält, hat eine besondere – deutlich niedrigere – Belastungsgrenze. Maßstab ist dann nicht das reale Haushaltseinkommen, sondern der jeweils geltende Regelbedarf der Bedarfsgemeinschaft; daraus leitet sich die 2 %- bzw. 1 %-Grenze ab.
Die konkreten Euro-Beträge verändern sich mit den jährlich angepassten Regelsätzen.
Mögliche Änderungen bei den Zuzahlungsbeträgen – der Stand der DebatteIm Herbst 2025 wurde eine Anhebung der Zuzahlungen um 50 % (z. B. Mindestbetrag 7,50 €, Höchstbetrag 15 €, Klinik 15 €/Tag) politisch diskutiert. Hierüber ist bislang nicht entschieden.
Für die Befreiung bleibt zudem maßgeblich die prozentuale Belastungsgrenze, die durch solche Betragsanpassungen unverändert bliebe. Betroffene sollten die Entwicklung verfolgen und sich zu Jahresbeginn 2026 bei ihrer Kasse nach dem aktuellen Stand erkundigen.
Fazit: Was Menschen mit Schwerbehinderung 2026 konkret tun solltenSchwerbehinderung allein begründet keine automatische 1 %-Grenze – entscheidend ist der anerkannte Chroniker-Status nach G-BA-Richtlinie. Wer regelmäßig wegen derselben schweren Erkrankung in Behandlung ist, sollte sich die 1 %-Grenze frühzeitig ärztlich bescheinigen lassen, Belege sammeln oder die Befreiung per Vorauszahlung sichern.
Für Mobilität und Teilhabe sind zudem die erleichterten Regeln bei Fahrkosten wichtig. So lässt sich vermeiden, dass gesundheitliche Versorgung an finanziellen Hürden scheitert.
Quellenhinweise (Auswahl): Gesetzestexte und Richtlinien (§ 61/62 SGB V; Chroniker-Richtlinie des G-BA), Informationsseiten des Bundesgesundheitsministeriums (Zuzahlungen, Fahrkosten), Verbände/Kassen (vdek, AOK), sowie aktuelle Berichte zur politischen Debatte um Zuzahlungen.
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Riester-Rente soll sich grundlegend ändern – 3 Fehler jetzt vermeiden
Die Riester-Rente war einmal als Antwort auf eine wachsende Versorgungslücke gedacht: Wer im Alter seinen Lebensstandard halten will, sollte zusätzlich zur gesetzlichen Rente kapitalgedeckt vorsorgen – unterstützt durch Zulagen und Steuervorteile.
In der Praxis siehts das alles aber anders aus. Zu hohe Kosten, komplizierte Förderungen, geringe Renditen in der Niedrigzinsphase und starre Produktvorgaben haben dazu geführt, dass der Markt schrumpfte und viele Riester-Verträge nicht mehr aktiv bespart werden.
Ein Gesetzentwurf, den das Kabinett im Dezember 2025 beschlossen hat, sieht nun einen grundlegenden Umbau der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge vor. Starttermin der neuen Produktwelt soll der 1. Januar 2027 sein.
Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist dabei entscheidend, zwei Dinge auseinanderzuhalten: Erstens geht es nicht um eine „sofortige Abschaffung“ bestehender Riester-Verträge. Zweitens ist das Vorhaben zwar weit gediehen, aber noch nicht endgültiges Recht – Bundestag und Bundesrat müssen das Gesetz beraten, ändern und beschließen.
Wer heute handelt, sollte also weder in Panik verfallen noch die Reform als bloßes Versprechen abtun, sondern die Übergangszeit nutzen, um den eigenen Vertrag nüchtern zu prüfen.
Warum Riester in der Realität so oft enttäuscht hatDie Riester-Förderung funktioniert bis heute nach einem festen Muster: Eigenbeiträge werden durch Zulagen ergänzt, zusätzlich kann ein Sonderausgabenabzug in der Steuererklärung greifen, wenn er günstiger ist als die Zulagen. Um die volle Zulage zu erhalten, muss ein Mindesteigenbeitrag gezahlt werden, der sich aus vier Prozent des rentenversicherungspflichtigen Vorjahreseinkommens ergibt, begrenzt auf 2.100 Euro; Zulagen werden dabei angerechnet.
Die Grundzulage beträgt 175 Euro pro Person und Jahr, die Kinderzulage liegt je nach Geburtsjahr des Kindes bei 185 Euro oder 300 Euro; für junge Sparerinnen und Sparer gibt es außerdem einmalig einen Berufseinsteigerbonus von 200 Euro.
Diese Konstruktion hat einen Haken: Sie ist für viele Menschen erklärungsbedürftig und fehleranfällig. Wer zu wenig einzahlt, erhält Zulagen nur anteilig. Wer die Zulagenbeantragung nicht sauber regelt oder Einkommens- und Familiensituation unterschätzt, verschenkt Förderung. Gleichzeitig fraßen bei zahlreichen Tarifen Abschluss- und Verwaltungskosten sowie Garantievorgaben einen Teil der Rendite. Gerade in klassischen Versicherungsvarianten war das Problem in der Niedrigzinsphase besonders sichtbar.
Hinzu kommt, dass die Statistik der Vertragszahlen nicht automatisch zeigt, wie viele Menschen wirklich aktiv vorsorgen: Das BMAS weist ausdrücklich darauf hin, dass auch ruhende Verträge im Bestand enthalten sind und deren Anteil auf „gut ein Fünftel bis knapp ein Viertel“ geschätzt wird.
Auch die Größenordnung des Rückzugs ist belegt. Der bereinigte Bestand an Riester-Verträgen lag Ende 2024 insgesamt bei knapp 15 Millionen. Gleichzeitig ist es plausibel, dass historisch deutlich mehr Verträge abgeschlossen wurden: In der öffentlichen Debatte wird häufig von rund 20 Millionen abgeschlossenen Riester-Verträgen seit Einführung gesprochen – und davon, dass mehr als fünf Millionen vorzeitig beendet wurden. Beides ist miteinander vereinbar, weil „abgeschlossen seit 2002“ etwas anderes meint als „heute noch im Bestand“.
Was die Reform ab 2027 verändern soll: weniger Zwang, mehr Kapitalmarkt, neue FörderungDer Kabinettsbeschluss vom 17. Dezember 2025 ist mehr als eine kosmetische Korrektur. Der Regierungsentwurf trägt den Anspruch, die geförderte private Altersvorsorge „einfacher“, „kostengünstiger“ und flexibler zu machen. Inhaltlich stechen vier Bausteine heraus.
Erstens soll es künftig neben sicherheitsorientierten Produkten auch ein renditeorientiertes „Altersvorsorgedepot“ ohne Garantien geben.
Damit wird staatlich gefördertes Vorsorgesparen stärker an Kapitalmarktanlagen herangeführt, ausdrücklich auch über Fonds- und ETF-Lösungen. Die Logik dahinter ist nachvollziehbar: Wer Jahrzehnte Zeit hat, kann Kursschwankungen eher aushalten, und die Renditechancen steigen, wenn teure Garantien entfallen.
Zweitens führt der Entwurf ein Standardprodukt ein, das die Produktauswahl erleichtern soll. Für dieses „Standarddepot“ sieht der Entwurf eine gesetzliche Begrenzung der Effektivkosten vor. Genannt wird eine maximale durchschnittliche jährliche Renditeminderung durch Kosten von 1,5 Prozent über die Vertragslaufzeit.
Das ist ein heikler Punkt: Für Verbraucher ist eine harte Kostenschranke attraktiv, Anbieter kritisieren dagegen oft, dass Beratung, Vertrieb und Verwaltung damit unter Druck geraten.
Drittens wird die Auszahlungsphase deutlich flexibler beschrieben als im bisherigen Riester-Universum. Der Entwurf nennt die Möglichkeit von langlaufenden Auszahlungsplänen bis mindestens zum 85. Lebensjahr neben lebenslangen Leistungen.
Für viele Menschen ist genau das praktisch relevant, weil die Kosten und Bedingungen von Verrentungslösungen maßgeblich bestimmen, wie viel am Ende monatlich ankommt.
Viertens soll die staatliche Förderung grundlegend umgebaut werden. Die Bundesregierung beschreibt eine künftig beitragsproportionale Zulagenlogik: Gefördert werden sollen 1.800 Euro Eigenvorsorge im Jahr. Bis zu 1.200 Euro Eigenbeitrag gibt es 30 Cent Zulage pro Euro, für weitere 600 Euro 20 Cent. So entsteht eine maximale Grundzulage von bis zu 480 Euro im Jahr.
Für Eltern ist zusätzlich eine Kinderförderung vorgesehen, die sich ebenfalls an den Eigenbeiträgen orientiert; in den offiziellen Erläuterungen ist von 25 Cent pro Spar-Euro und Kind bis zu einem Maximalbetrag von 300 Euro jährlich die Rede.
Der Berufseinsteigerbonus soll erhalten bleiben. Das Bundesfinanzministerium konkretisiert außerdem, dass die bisherige starre Grundzulage und die bisherige starre Kinderzulage durch das neue beitragsabhängige System ersetzt werden sollen; bei der Kinderförderung würde das Geburtsjahr des Kindes künftig keine Rolle mehr spielen. Zusätzlich nennt das Ministerium eine Mindestjahreseinzahlung von 120 Euro als Voraussetzung für Zulagen.
Wechsel, Übertragung, Gebühren: Was mit bestehenden Riester-Verträgen passieren sollEin verbreitetes Missverständnis ist die Sorge, bestehende Riester-Verträge würden „abgeschaltet“. Nach Darstellung der Bundesregierung ist das nicht geplant: Wer bereits einen Riester-Vertrag hat, kann ihn auch nach der Reform weiter besparen; es soll keine automatische Kündigung und keine automatische Umwandlung geben. Neuabschlüsse im alten Riester-Modell sollen ab 2027 allerdings nicht mehr möglich sein.
Gleichzeitig soll ein freiwilliger Wechsel in die neue Produktwelt ausdrücklich möglich werden. Genau hier wird es für Sparer konkret: Lohnt es sich, das vorhandene geförderte Kapital – inklusive Zulagen – zu übertragen? Und welche Gebühren fallen dabei an?
Der Entwurf arbeitet mit mehreren Stellschrauben. Er erwähnt zum einen, dass Abschlusskosten künftig über die gesamte Vertragslaufzeit verteilt werden sollen, damit ein Anbieterwechsel nicht erneut wie ein Kostenschock wirkt.
Zum anderen greift er das Thema Wechselkosten direkt auf: Nach geltendem Recht existiert bereits eine Obergrenze für Wechselkosten beim abgebenden Anbieter; im Kontext des Entwurfs wird beschrieben, dass nach fünf Jahren ein Wechsel kostenfrei zu gewähren sein soll und die Obergrenze von 150 Euro nur noch innerhalb dieser Fünfjahresfrist gilt.
Dazu kommen weitere Begrenzungen, die verhindern sollen, dass der neue Anbieter überhöhte Abschluss- und Vertriebskosten auf das übertragene Kapital kalkuliert.
Für Verbraucher heißt das: Ein Wechsel ist politisch erwünscht, soll aber nicht folgenlos „gratis“ sein, weil je nach Produktwelt weiterhin Kostenbestandteile entstehen können.
Das macht die Abwägung anspruchsvoll: Wer heute kündigt, löst oft sehr teure Rückabwicklungen aus. Wer später wechselt, muss die neue Kostenstruktur prüfen und dabei genau hinschauen, ob ein angeblicher Kostenvorteil real ist oder nur auf dem Papier steht.
Warum „kündigen“ häufig die schlechteste Reaktion istIn vielen Fällen ist eine förderschädliche Kündigung die teuerste Art, Unzufriedenheit zu beenden. Der Mechanismus ist einfach: Bei Kündigung müssen Zulagen und gegebenenfalls Steuervorteile zurückgezahlt werden. Zusätzlich wirken Abschluss- und Verwaltungskosten, die in den ersten Jahren besonders stark ins Gewicht fallen, weil sie bereits angefallen sind, die Rendite aber noch nicht lange arbeiten konnte.
Wer heute kündigt, macht den Vertrag in der Regel nicht „besser“, sondern beendet ihn zu einem Zeitpunkt, an dem die Nachteile bereits realisiert sind, während mögliche Vorteile der langen Laufzeit nicht mehr eintreten können.
Wenn ein Vertrag wirklich nicht mehr tragbar ist, wird deshalb häufig die Beitragsfreistellung als Zwischenlösung empfohlen. Das bedeutet: Das vorhandene Guthaben bleibt stehen, neue Einzahlungen werden ausgesetzt, und damit entfallen auch künftige Zulagen – aber es wird kein Rückzahlungsmechanismus ausgelöst wie bei einer Kündigung.
Eine Beitragsfreistellung ist zudem reversibel: Wer später doch wieder besparen will, kann das häufig wieder aufnehmen. Gerade in einer Reformphase kann das rational sein, weil es Zeit verschafft, bis Produkte, Kosten und Regeln der neuen Förderung endgültig feststehen.
Wann Weiterbesparen sinnvoll sein kann – und wann Vorsicht angebracht istEs gibt Personengruppen, für die Riester trotz aller Kritik weiterhin passen kann. Das gilt insbesondere dann, wenn ein großer Teil der jährlichen Einzahlung aus Zulagen besteht. In solchen Fällen trägt der Staat einen spürbaren Anteil, und selbst mäßige Renditen können durch die Förderquote kompensiert werden.
Genau deshalb betonen Verbraucherexperten häufig, dass Familien mit mehreren kindergeldberechtigten Kindern und eher niedrigen Einkommen oft überdurchschnittlich profitieren, während gutverdienende Singles ohne Kinder sehr viel stärker von Kosten und Garantievorgaben „ausgebremst“ werden.
Umgekehrt ist Vorsicht angebracht, wenn ein Vertrag dauerhaft ohne volle Zulagen läuft, weil der Mindesteigenbeitrag nicht erreicht wird, oder wenn die Kostenstruktur des Vertrags hoch ist und die Kapitalanlage kaum Chancen auf Rendite lässt.
Hier kommt es weniger auf Bauchgefühl an als auf Zahlen: Wie hoch sind laufende Kosten? Wie ist das Kapital angelegt? Welche garantierten Leistungen stehen welchen realistischen Erträgen gegenüber? Und wie hoch ist die tatsächliche Förderung, die im eigenen Fall ankommt?
Auszahlungsphase: Warum das Timing vor der Rente besonders heikel istFür Menschen, die bereits kurz vor dem Rentenbeginn stehen, ist die Reformdebatte nicht abstrakt, sondern eine konkrete Timing-Frage. Im bestehenden System sind die Auszahlungsregeln stark vom Vertragswerk und den gesetzlichen Rahmenbedingungen geprägt.
Beispielsweise ist eine Teilkapitalauszahlung zu Beginn der Auszahlungsphase möglich, allerdings begrenzt: Bis zu 30 Prozent des Riester-Kapitals dürfen als Einmalbetrag entnommen werden, der Rest fließt typischerweise in die lebenslange Leistung. Das schafft Planbarkeit, ist aber nicht immer kostengünstig, weil Verrentungskosten und Kalkulationen die Höhe der monatlichen Zahlbeträge beeinflussen.
Der Regierungsentwurf stellt in Aussicht, die Auszahlungsphase stärker zu flexibilisieren, etwa durch Auszahlungspläne bis mindestens 85 Jahre. Wer unmittelbar vor der Auszahlungsentscheidung steht, sollte deshalb besonders sorgfältig prüfen, ob es sinnvoll ist, irreversible Schritte zu gehen, solange der Gesetzgeber die Spielregeln möglicherweise erweitert.
Das ist keine pauschale Empfehlung zum „Aufschieben um jeden Preis“. Es ist ein Hinweis darauf, dass der Start der Auszahlungsphase oft unumkehrbare Folgen hat – und dass es im Zweifel besser sein kann, einige Monate länger im Status quo zu bleiben, wenn das Geld nicht dringend benötigt wird.
Die heikle Statistikfrage: „Unter 1.000 Euro Rente“ – was solche Zahlen bedeuten und was nichtIn der öffentlichen Diskussion über Altersvorsorge tauchen regelmäßig stark vereinfachte Aussagen auf, etwa dass „ein großer Teil“ der Rentnerinnen und Rentner weniger als 1.000 Euro pro Monat bekomme. Solche Sätze wirken alarmierend, sind aber ohne Begriffsklärung nur begrenzt aussagekräftig. Entscheidend ist, ob von der gesetzlichen Rente als Zahlbetrag gesprochen wird oder von Nettoeinkommen insgesamt, ob Haushaltskonstellationen berücksichtigt werden und ob Teilzeitbiografien, Hinterbliebenenrenten oder zusätzliche Einkünfte einbezogen sind.
Das Statistische Bundesamt hat beispielsweise für das Jahr 2021 ausgewiesen, dass ein erheblicher Anteil der Rentnerinnen und Rentner in Privathaushalten ein Nettoeinkommen unter 1.000 Euro hatte, wobei die Betroffenheit bei Frauen deutlich höher lag als bei Männern. Das ist ein sozialpolitisch wichtiger Befund – er beschreibt aber Nettoeinkommen, nicht automatisch die individuelle gesetzliche Rente und nicht automatisch die Situation von Menschen mit zusätzlichen Einkommensquellen.
Geförderte private Vorsorge kann eine Versorgungslücke mindern, sie ersetzt aber weder eine solide Erwerbsbiografie noch löst sie strukturelle Unterschiede wie Teilzeit, Niedriglohn oder Erwerbsunterbrechungen.
Was Sparer jetzt tun sollten: nüchtern prüfen, Fehler vermeiden, Entscheidungen vertagen, wenn sie teuer wärenWer heute einen Riester-Vertrag hat, sollte vor allem drei typische Fehlentscheidungen vermeiden: eine vorschnelle Kündigung, das jahrelange Weiterlaufenlassen eines ineffizienten Vertrags aus reiner Trägheit und eine überhastete Produktumstellung auf Basis von Werbung statt Vertragsdetails.
Sinnvoll ist eine Bestandsaufnahme, die nicht mit Schlagworten arbeitet, sondern mit Vertragsdaten: Wie hoch ist das aktuelle Guthaben? Welche Kosten werden jährlich belastet? Welche Anlageform steckt dahinter? Wird die volle Zulage regelmäßig erreicht oder nur anteilig? Wer die volle Förderung erhalten will, muss die Mechanik des Mindesteigenbeitrags beherrschen; die Deutsche Rentenversicherung erklärt ihn nachvollziehbar und zeigt, wie Zulagen die erforderliche Eigenleistung reduzieren können.
Wenn der Vertrag unattraktiv wirkt, kann eine Beitragsfreistellung eine saubere Zwischenlösung sein. Sie verhindert, dass neue Beiträge in ein möglicherweise ungünstiges Kostenmodell fließen, ohne die teuren Rückabwicklungsfolgen einer Kündigung auszulösen. Parallel lohnt es sich, die Reform konkret zu verfolgen: Sobald Anbieter neue Altersvorsorgedepots oder Standarddepots tatsächlich am Markt anbieten, werden Kosten, Anlageoptionen und Auszahlungsbedingungen vergleichbar. Erst dann lässt sich belastbar beantworten, ob ein Wechsel im eigenen Fall wirklich mehr bringt.
Wer kurz vor dem Rentenbeginn steht, sollte außerdem besonders aufmerksam auf den Zeitpunkt der Auszahlungsentscheidung achten und sich im Zweifel unabhängig beraten lassen, bevor die Auszahlungsphase startet. Bei knapper Liquidität kann ein Abwarten unpraktisch sein; ohne Druck ist es jedoch legitim, die Reformdebatte mitzudenken, weil die geplante Flexibilisierung genau in dieser Phase spürbar werden soll.
Einordnung: Die Reform schafft Chancen, aber kein GratisversprechenDie Stoßrichtung des Entwurfs ist klar: Weg von der komplizierten, teuren Garantiewelt, hin zu besser verständlicher Förderung, höherer Kapitalmarktbeteiligung und strengeren Kostengrenzen zumindest im Standardprodukt. Das kann die Attraktivität für viele erhöhen, insbesondere für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen und für Familien, wenn die Förderquoten tatsächlich so greifen wie beschrieben.
Gleichzeitig bleiben zwei Risiken. Das erste ist politisch: Bis zur endgültigen Verabschiedung können Details geändert werden, auch beim Starttermin. Das zweite ist finanziell: Kapitalmarktprodukte ohne Garantien schwanken.
Wer die Nerven dafür nicht hat oder nur kurze Laufzeiten hat, kann durch schlechte Zeitpunkte mehr verlieren als gewinnen. Genau deshalb ist die Reform nicht automatisch „besser für alle“, sondern eher ein Werkzeugkasten, der für verschiedene Lebenslagen unterschiedlich passt.
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Rente: Amazon Prime für viele Rentner deutlich günstiger
Seit der jüngsten Anpassung im Frühjahr 2025 kostet eine Standard-Prime-Mitgliedschaft in Deutschland 8,99 Euro pro Monat oder 89,90 Euro bei jährlicher Zahlung. Wer Filme und Serien weiterhin ohne Werbung sehen möchte, muss zusätzlich 2,99 Euro monatlich einkalkulieren.
Kein klassischer SeniorentarifAnders als bei einigen Verkehrsverbünden oder Kulturinstitutionen bietet Amazon keinen pauschalen Rabatt, der allein ans Lebensalter anknüpft. Weder die Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch die öffentlich kommunizierten Preislisten nennen einen „Rentner-Tarif“. Darauf weisen sowohl deutsche Verbraucher-Portale als auch internationale Vergleichsseiten ausdrücklich hin.
Sozialrabatt: Die halbe Gebühr bei nachgewiesener BedürftigkeitEine Preishalbierung ist dennoch möglich. Wer in Deutschland einen aktuellen Bescheid über die Befreiung vom Rundfunkbeitrag oder einen kommunalen Sozial- beziehungsweise Familienpass vorlegt, zahlt nur 4,49 Euro im Monat; eine vergünstigte Jahresvariante gibt es nicht.
Nach zwölf Monaten verlangt Amazon einen neuen Nachweis, um Missbrauch auszuschließen.
Rentnerinnen und Rentner beikommen RabatteDiese Regelung betrifft viele Ruheständlerinnen und Ruheständler, denn niedrige Altersrenten oder ergänzende Grundsicherungsleistungen führen häufig zur Rundfunkbeitragsbefreiung. Altersbedingt wird also nicht der Preis, wohl aber die Eintrittskarte zur Ermäßigung bestimmt: Wer seine Bedürftigkeit belegt, profitiert unabhängig vom Geburtsjahr.
Blick über die Grenze: Prime Access in den USA und seine GrenzenIn den Vereinigten Staaten heißt das Pendant „Prime Access“ und richtet sich an Medicaid-, SNAP- oder SSI-Empfänger.
Die Gebühr liegt dort bei 6,99 US-Dollar, inhaltlich entspricht das Angebot einer Vollmitgliedschaft. Das Programm ist jedoch nur für US-Amerikaner zugänglich und lässt sich nicht auf deutsche Konten übertragen.
Indirekt sparen: Jahresabo, Testphase und das Teilen der VersandvorteileWer den vollen Preis bezahlt, kann die Kosten durch das Jahresabo effektiv senken oder den 30-tägigen Gratis-Test regelmäßig erst kurz vor dem Prime Day aktivieren, um in der wichtigen Angebotsphase zahllose Produkte ohne Aufpreis liefern zu lassen. Für Haushalte mit zwei Erwachsenen lohnt zudem die Funktion „Prime Household“:
Die Versandvorteile lassen sich mit einer zweiten Person an derselben Adresse teilen, sodass sich zumindest dieser Teil der Gebühr faktisch halbiert – alle Streaming-Dienste bleiben allerdings accountgebunden.
Rechtliche Entwicklungen rund um PreissteigerungenNach einer Klage der Verbraucherzentrale NRW erklärte das Landgericht Düsseldorf die Preisanpassungsklausel von 2022 für unwirksam. Ob Kundinnen und Kunden Rückerstattungen erhalten, wird derzeit noch verhandelt.
Das Urteil zeigt jedoch, dass Preisänderungen juristisch überprüfbar bleiben und eröffnet gerade einkommensschwachen Seniorinnen und Senioren die Aussicht auf Nachzahlungen.
Kosten-Nutzen-Abwägung im AlterFür viele Rentnerinnen und Rentner liegt der Mehrwert von Prime weniger im Streaming als in der Logistik: kostenfreier Premiumversand, Same-Day-Lieferung bei Medikamentenzubehör oder große, schwere Haushaltsartikel, die nicht selbst getragen werden müssen.
Wer regelmäßig bestellt, kann die Ausgaben binnen weniger Monate amortisieren; bei sporadischem Bedarf genügt oft der Mindestbestellwert für versandkostenfreie Lieferungen – ganz ohne Mitgliedschaft.
AusblickAmazon hat sein Preisgefüge in den vergangenen Jahren mehrfach angepasst und erweitert ständig sein Leistungspaket. Ein echter Seniorentarif ist bislang nicht in Sicht. Entscheidend bleibt daher der individuelle Status: Wer sozialrechtlich als bedürftig gilt, erhält den halben Preis; wer nur das reguläre Altersruhegeld bezieht, muss die Vollgebühr zahlen oder auf indirekte Spartricks zurückgreifen.
FazitAmazon Prime wird durch das Erreichen des Rentenalters allein nicht billiger. Erst Nachweise über geringe Einkünfte öffnen die Tür zum Sozialrabatt. Damit koppelt Amazon den Preis nicht an die Zahl der Lebensjahre, sondern an die finanzielle Situation – ein Modell, das durchaus Vorteile bietet, aber nur einen Teil der Seniorinnen und Senioren erreicht.
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Bezahlkarte startet beim Bürgergeld ab 1. Januar 2026
Mit dem Jahreswechsel 2025/2026 vollzieht sich beim Bürgergeld ein stiller, aber spürbarer Wechsel im Zahlungsweg: Dort, wo Leistungen bislang per Scheck ausgegeben wurden, soll ab dem 1. Januar 2026 eine Bezahlkarte an die Stelle des Papiers treten.
Der Schritt betrifft nach derzeitigem Stand keine breite Masse der Leistungsbeziehenden, sondern eine vergleichsweise kleine Gruppe von Menschen ohne eigenes Konto oder mit dem ausdrücklichen Wunsch, keine Überweisung zu erhalten. Inhaltlich bleibt das Bürgergeld dabei unangetastet. Was sich ändert, ist allein der Weg vom Leistungsträger zum Geld – und damit eine Reihe praktischer, rechtlicher und sozialer Folgefragen, die im Alltag erheblich sein können.
Warum überhaupt eine Bezahlkarte – und warum erst ab 2026?Auslöser der Umstellung ist das Auslaufen der bisherigen Scheck-Lösungen zum Ende des Jahres 2025. Was früher über das Scheckverfahren funktionierte, soll künftig digital abgebildet werden. Im Sommer hatte es noch Warnungen gegeben, das Ende des Scheckverfahrens könne faktisch auf eine Kontopflicht hinauslaufen, also auf die Notwendigkeit einer IBAN, um Leistungen überhaupt noch zu erhalten.
Mit der Bezahlkarte wird diese Lücke geschlossen: Wer ein Konto hat, bekommt das Bürgergeld weiterhin per Überweisung, so wie es seit Jahren der Normalfall ist. Wer kein Konto hat oder keine Überweisung wünscht, soll stattdessen die Karte erhalten.
Die Bundesagentur für Arbeit rechnet bundesweit mit rund 8.000 Vorgängen in den Bereichen der Arbeitsagenturen sowie in den Jobcentern, die als gemeinsame Einrichtungen betrieben werden. Damit wird deutlich: Es geht nicht um eine neue „Bürgergeld-Karte“ für alle, sondern um eine Ersatzlösung für einen bisherigen Sonderweg.
Was sich für Betroffene ändert – und was ausdrücklich nichtAnspruch, Höhe und Fälligkeit der Leistung sollen unverändert bleiben. Die Bezahlkarte verändert also weder die Bewilligung noch die Frage, wer Bürgergeld bekommt und in welcher Höhe. Der Wechsel ist technisch und organisatorisch, nicht leistungsrechtlich.
Für die Betroffenen ist die Veränderung dennoch konkret. Statt einen Scheck zu erhalten und ihn einzulösen, steht künftig ein Kartenprodukt zur Verfügung, das monatlich mit dem bewilligten Betrag als Guthaben beladen wird. Dieses Guthaben kann im Alltag eingesetzt werden wie bei einer gängigen Debitkarte, mit dem entscheidenden Unterschied, dass keine Überziehung möglich ist.
Wer das Guthaben verbraucht hat, kann schlicht nicht mehr bezahlen, bis erneut Guthaben aufgeladen wurde. Das kann vor Schulden schützen, zwingt aber zugleich zu sehr genauer Haushaltsplanung, weil es keinen Puffer gibt, der in Notlagen überbrückt.
So soll die Karte im Alltag funktionierenNach den vorliegenden Angaben ist vorgesehen, dass mit der Bezahlkarte sowohl im stationären Handel als auch online gezahlt werden kann, sofern Akzeptanzstellen das verwendete Kartensystem annehmen. Zusätzlich sollen Bargeldabhebungen am Geldautomaten möglich sein. Damit wirkt die Karte auf den ersten Blick wie eine gewöhnliche Debitkarte.
Ein wichtiger Punkt ist die Gestaltung: Die Karte soll ohne auffälligen Sonderaufdruck ausgegeben werden, um Stigmatisierung zu vermeiden.
In der Praxis lässt sich eine Karte allerdings häufig über Anbieterkennungen, das konkrete Kartendesign oder die technische Zuordnung im Zahlungsverkehr einordnen. Ob die angestrebte Unauffälligkeit im Alltag wirklich gelingt, wird sich erst in der Nutzung zeigen – gerade in Situationen, in denen Menschen ohnehin als „anders“ markiert werden, etwa an Kassen oder bei Rückfragen im Handel.
Guthaben statt Konto: Wo liegt das Geld eigentlich?Technisch handelt es sich um eine vorausbezahlte Debitkarte, also um ein Guthabenmodell. Das Geld liegt nicht „beim Jobcenter“, sondern wird beim Kartenausgeber beziehungsweise dessen Bank- oder E-Geld-Institut geführt. In vielen solchen Modellen ist einer Karte eine eigene IBAN zugeordnet, auf die der Leistungsträger die Zahlung bucht.
Diese IBAN ist dann Teil der Zahlungsinfrastruktur des Dienstleisters und entspricht nicht automatisch einem klassischen privaten Girokonto des Karteninhabers.
Für Betroffene kann dieser Unterschied weitreichend sein. Ein Girokonto ist in Deutschland nicht nur ein Zahlungsinstrument, sondern häufig auch die Grundlage für Pfändungsschutz, für den Zugang zu bestimmten Vertragsverhältnissen und für Alltagsroutinen wie Lastschriften. Eine Bezahlkarte kann davon einiges ersetzen, aber nicht alles.
Pfändungsschutz: Offene Fragen mit hohem RisikoBesonders sensibel ist die Frage des Pfändungsschutzes. Beim Girokonto lässt sich über ein Pfändungsschutzkonto eine gesetzlich geschützte Freigrenze sichern. Bei Kartenkonten ist dagegen nicht in jedem Modell eindeutig, ob und wie ein solcher Schutz in gleicher Weise verfügbar ist.
Wenn das Kartenkonto nicht als P-Konto geführt werden kann oder kein vergleichbarer Schutzmechanismus greift, kann das bei bekannten Pfändungen zu einem handfesten Problem werden, weil dann grundsätzlich die Gefahr besteht, dass Gläubiger zugreifen.
Hier entscheidet am Ende nicht die Alltagstauglichkeit der Karte, sondern die konkrete rechtliche und technische Ausgestaltung durch Anbieter und Leistungsträger. Wer Vollstreckungen befürchten muss oder bereits Pfändungen erlebt hat, sollte das Thema nicht vertagen. In solchen Fällen ist es naheliegend, parallel über ein eigenes Girokonto mit P-Konto-Funktion nachzudenken und sich beraten zu lassen, um den Lebensunterhalt verlässlich abzusichern.
Schufa und Bonität: Vieles spricht gegen Einträge, sicher ist es erst mit offizieller KlarstellungDa die Bezahlkarte als reines Guthabenprodukt ohne Kreditlinie konzipiert ist, liegt es nahe, dass keine Bonitätsprüfung erforderlich ist und dass daraus auch kein klassischer Schufa-Effekt entsteht. Bei Kreditprodukten oder Dispositionsrahmen ist das anders, weil dort Risiken bewertet werden. Im Guthabenmodell fehlt diese Komponente weitgehend.
Gleichwohl ist Zurückhaltung sinnvoll, solange keine eindeutigen, schriftlich nachvollziehbaren Aussagen der zuständigen Stellen vorliegen. Entscheidend ist, wie der jeweilige Anbieter das Produkt meldetechnisch behandelt, welche Vertragsbeziehungen tatsächlich entstehen und ob es zusätzliche Dienstleistungen gibt, die doch wieder in eine Bonitätsprüfung hineinreichen könnten. Für Betroffene ist deshalb weniger die Vermutung wichtig als eine transparente Information, die rechtlich belastbar ist.
Bargeld am Automaten: Praktisch möglich, aber nicht zwangsläufig kostenfreiDass Bargeldabhebungen vorgesehen sind, ist für viele Menschen entscheidend. Ein Teil des Alltags findet weiterhin bar statt, sei es aus Gewohnheit, sei es aus Notwendigkeit. Gerade dort, wo kleine Beträge gebraucht werden oder wo Kartenzahlung nicht akzeptiert wird, kann Bargeld nicht einfach „ersetzt“ werden.
Gleichzeitig steht die Frage im Raum, ob Abhebungen Gebühren auslösen. Bei vorausbezahlten Kartenmodellen sind pauschale Entgelte pro Abhebung nicht unüblich, und zusätzlich können Automatenbetreiber eigene Gebühren erheben. Ob die Leistungsträger solche Kosten abfedern, begrenzen oder in den Verträgen ausschließen, ist ein Detail mit großer Wirkung. Wenn Gebühren anfallen, kann das am Monatsende faktisch die verfügbare Summe senken, ohne dass sich am Leistungsbescheid etwas ändert. Schon wenige Euro pro Abhebung wirken in engen Budgets überproportional.
Im Alltag wird auch entscheidend sein, ob alternative Wege zur Bargeldversorgung funktionieren, etwa über Cashback im Handel. Das kann Gebühren vermeiden, setzt aber voraus, dass der Einkauf ohnehin stattfindet und dass die Akzeptanzstellen diese Funktion anbieten.
Limits, Sicherheit und Missbrauchsprävention: Schutzmechanismen mit NebenwirkungenBei Kartenprodukten sind Sicherheitslimits üblich, die etwa Tages- oder Monatsgrenzen für Abhebungen und Zahlungen setzen. Solche Grenzen dienen der Missbrauchsprävention und sind nicht automatisch als Einschränkung des Leistungsbezugs gedacht. Trotzdem können sie im Alltag zu Friktionen führen, etwa wenn eine unerwartete größere Ausgabe ansteht oder wenn mehrere Zahlungen in kurzer Zeit erfolgen müssen.
Die Akzeptanz hängt davon ab, ob Limits so gesetzt werden, dass sie Sicherheit bieten, ohne berechtigte Nutzung unnötig zu blockieren. Gerade bei Menschen in prekären Situationen kann eine abgelehnte Zahlung an der Kasse schnell zur sozialen Belastung werden, selbst wenn nur ein technisches Limit der Auslöser ist.
Verlust, Diebstahl und Notfallversorgung: Der Moment, in dem das System sich bewähren mussDer Verlust einer Karte ist für viele Menschen unangenehm, für Leistungsbeziehende kann er existenziell werden. Entscheidend ist daher nicht nur, dass eine Sperrung möglich ist, sondern wie schnell Ersatz kommt und ob es eine kurzfristige Überbrückung gibt, damit Miete, Lebensmittel und notwendige Ausgaben weiter bezahlt werden können.
Nach den vorliegenden Angaben sollen Sperrwege über etablierte Hotlines oder Anbieterkanäle möglich sein. Ebenso wird damit gerechnet, dass Jobcenter oder Agenturen in einer Übergangsphase Notlösungen veranlassen können, etwa durch Sofortbeladung oder eine Notauszahlung.
Ob für Ersatzkarten Gebühren anfallen, bleibt eine Vertragsfrage. Gerade hier wird sich zeigen, wie sozialverträglich das System gestaltet ist: Wer wenig hat, kann zusätzliche Kosten am wenigsten abfedern.
Datenschutz und Kontrolle: Was sichtbar wird – und was nichtKartenzahlungen erzeugen Transaktionsdaten. Üblicherweise umfasst das Zeitpunkt, Betrag und Händlerkennung, aber keine Warenkorbinhalte. Der Unterschied ist wichtig, weil sich aus Händlerdaten zwar Muster erkennen lassen, aber keine detaillierte Liste gekaufter Artikel.
Entscheidend ist außerdem die Rollenverteilung. Wenn das Guthaben beim Kartenemittenten geführt wird und Jobcenter nicht Kontoführer sind, entsteht daraus nicht automatisch ein Zugriff auf sämtliche Kartenumsätze.
Welche Datenübermittlungen es gibt, hängt von gesetzlichen Grundlagen und vertraglichen Notwendigkeiten ab, etwa für Abrechnungen, Statusmeldungen oder Betrugsprävention. Eine flächendeckende, anlasslose Verhaltensüberwachung ist damit nicht einfach „mit eingebaut“, sie wäre rechtlich hoch problematisch und müsste ausdrücklich legitimiert werden.
Für die Akzeptanz der Bezahlkarte ist Transparenz entscheidend: Betroffene müssen verständlich wissen, wer welche Daten sieht, wie lange sie gespeichert werden und unter welchen Voraussetzungen Zugriff erfolgen kann.
Abgrenzung zur Debatte um Bezahlkarten im AsylsystemPolitisch wird das Thema Bezahlkarte häufig vermischt. Bezahlkarten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz werden in einzelnen Ländern mit Einschränkungen verbunden, etwa mit Bargeldobergrenzen oder engeren Nutzungsmöglichkeiten. Daraus entsteht schnell der Eindruck, Bezahlkarten seien grundsätzlich ein Instrument zur Steuerung oder Begrenzung.
Die hier geplante Bezahlkarte beim Bürgergeld folgt nach den vorliegenden Angaben einer anderen Logik. Sie soll das Scheckverfahren ersetzen, ohne zusätzliche Hürden einzuführen, und ist auf die Fälle begrenzt, in denen bislang ohnehin nicht überwiesen wurde. Genau diese Abgrenzung ist wichtig, weil sonst eine Debatte über Kontrolle geführt wird, obwohl es organisatorisch um die Modernisierung eines Sonderwegs geht.
Was die Pilotphase leisten muss – und welche Fragen offen bleibenVorgesehen ist eine einjährige Pilotphase, nach der ausgewertet und nachjustiert werden soll. Damit liegt die Bewährungsprobe nicht im Prospekt, sondern im Alltag der Betroffenen. Die entscheidenden Punkte sind weniger die technische Bezahlfunktion als die Alltagstauglichkeit in schwierigen Situationen: Wie verlässlich funktioniert die Aufladung zum Fälligkeitstermin?
Was passiert bei Störungen? Wie leicht kommt jemand ohne digitale Routine an Hilfe? Welche Gebühren fallen wirklich an, und wer trägt sie? Wie wird Pfändungsschutz praktisch gelöst? Wie diskriminierungsfrei ist die Nutzung im Handel, wenn es zu Rückfragen oder Ablehnungen kommt?
Auch die Kommunikation wird eine Rolle spielen. Betroffene müssen rechtzeitig, verständlich und ohne Druck informiert werden. Wenn Menschen in ohnehin belasteten Lebenslagen erst kurzfristig erfahren, dass sie künftig eine Karte statt eines Schecks bekommen, entsteht Unsicherheit, die vermeidbar wäre.
Gelingen kann das Modell nur, wenn es nicht als Verwaltungsvereinfachung auf Kosten der Betroffenen erlebt wird, sondern als verlässlicher Ersatz mit klaren Rechten und einem funktionierenden Notfallnetz.
Zeitplan: Umstellung zum 1. Januar 2026Die Umstellung ist zum 1. Januar 2026 vorgesehen. Die betroffenen Personen sollen von Jobcentern und Agenturen direkt informiert werden, die Karte wird ausgehändigt und anschließend monatlich mit dem bewilligten Betrag als Guthaben versehen. Für alle, die ihr Bürgergeld regulär auf ein Girokonto überwiesen bekommen, ändert sich nach derzeitigem Stand nichts.
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Krankengeld weg wegen MD-Gutachten: So wehren Sie sich richtig
Viele Krankenkassen stützen ihre Entscheidung auf eine sozialmedizinische Einschätzung des Medizinischen Dienstes (MD), wenn Krankengeld beendet oder in Frage gestellt werden soll. Wichtig ist dabei eine saubere Unterscheidung:
Das MD-Gutachten ist eine fachliche Grundlage – rechtswirksam wird erst der Bescheid der Krankenkasse. Gegen diesen Bescheid können Betroffene vorgehen, und zwar oft erfolgreicher, als es auf den ersten Blick wirkt, wenn sie strukturiert reagieren und medizinisch präzise nachlegen.
Wo die typischen Schwachstellen von MD-Einschätzungen liegenMD-Stellungnahmen entstehen nicht immer nach persönlicher Untersuchung. Häufig wird nach Aktenlage beurteilt, und genau dort entstehen in der Praxis die Angriffspunkte: veraltete Befunde, fehlende Verlaufsdokumentation, zu wenig Beschreibung der funktionellen Einschränkungen oder eine Betrachtung einzelner Diagnosen ohne Wechselwirkungen.
Besonders bei komplexen oder schwankenden Verläufen – etwa bei chronischen Schmerzen, Erschöpfungssyndromen oder psychischen Belastungen – reicht eine abstrakte Einschätzung („für leichte Tätigkeiten geeignet“) häufig nicht aus, um die Arbeitsunfähigkeit bezogen auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit überzeugend zu widerlegen.
Entscheidend ist nicht die Diagnose, sondern die BelastbarkeitIn Auseinandersetzungen um Krankengeld gewinnt selten die längste Diagnoseliste, sondern die beste Funktionsbeschreibung. Was kann die betroffene Person tatsächlich – wie lange, unter welchen Bedingungen, mit welchen Nachwirkungen?
Welche Anforderungen stellt der konkrete Arbeitsplatz (z. B. Schichtdienst, Kundenkontakt, Zeitdruck, körperliche Tätigkeiten, Fahrtwege, Bildschirmarbeit)? Je klarer behandelnde Ärzte diese Brücke zwischen Erkrankung und fehlender Arbeitsfähigkeit schlagen, desto angreifbarer werden pauschale MD-Formeln.
Sofort-Protokoll: Was nach dem Schreiben der Krankenkasse als Nächstes zähltSobald ein Schreiben kommt, das auf eine Beendigung oder Einschränkung des Krankengeldes hinausläuft, sollten Betroffene nicht abwarten. Zuerst wird der Zugang dokumentiert (Datum des tatsächlichen Erhalts notieren, Umschlag aufbewahren).
Dann muss die Arbeitsunfähigkeit lückenlos gesichert werden: durchgehend ärztliche AU-Feststellungen ohne Unterbrechung sind in der Praxis ein häufiger „K.o.-Punkt“, unabhängig davon, was der MD schreibt. Parallel sollte fristwahrend schriftlich Widerspruch eingelegt werden – kurz und ohne lange Begründung.
Die Begründung kann nach Akteneinsicht und nach Einholung aktueller fachärztlicher Stellungnahmen nachgereicht werden.
Zur Frist: In der Regel gilt eine Monatsfrist ab Bekanntgabe des Bescheids. Bei Postversand wird häufig mit einer Zugangsfiktion gearbeitet. Wer späteren Zugang geltend macht, sollte das nachvollziehbar dokumentieren (z. B. verspätete Zustellung, Abwesenheit, Zeugen, Umschlag).
Entscheidend ist: Fristen werden nicht „ausdiskutiert“, sondern vorsorglich eingehalten.
Akteneinsicht: Ohne Unterlagen keine treffsichere GegenwehrEine wirksame Auseinandersetzung beginnt fast immer mit Akteneinsicht. Betroffene können die vollständigen Unterlagen anfordern, insbesondere das MD-Gutachten bzw. die sozialmedizinische Stellungnahme, die Liste der Unterlagen, die dem MD vorlagen, sowie die Begründung, auf welche Befunde sich die Krankenkasse stützt.
Erst dann lässt sich prüfen, ob der MD auf veraltete Berichte zurückgreift, ob aktuelle Diagnostik fehlt, ob wesentliche Facharztunterlagen nicht berücksichtigt wurden oder ob die Schlussfolgerungen nicht zu den dokumentierten Einschränkungen passen.
Typische MD-Formeln – und wie man sie fachlich entkräftet„Arbeitsfähig für leichte Tätigkeiten“ ist oft der Klassiker. Das Problem: Diese Aussage ist häufig zu abstrakt. Arbeitsunfähigkeit wird regelmäßig in Bezug auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bewertet. Ein Gegenansatz funktioniert am besten, wenn behandelnde Ärzte nicht „widersprechen“, sondern konkretisieren:
Welche Belastungen sind nicht möglich (Sitzen/Stehen/Gehen, Heben/Tragen, Konzentration, Stress, soziale Interaktion, Wegstrecken, Schlaf, Angst/Panik, Schmerzspitzen, Erholungszeiten)? Welche Folgen treten nach Belastung auf? Und warum sind diese Einschränkungen mit den Arbeitsplatzanforderungen unvereinbar?
„Keine objektiven Befunde“ lässt sich entkräften, wenn die Stellungnahme nicht auf Bildgebung fixiert ist, sondern auf Funktions- und Belastungsdiagnostik. Viele relevante Einschränkungen sind nicht „fotografierbar“, aber medizinisch nachvollziehbar beschreibbar – gerade bei psychischen Erkrankungen oder funktionellen Syndromen.
Hier sind standardisierte Tests, Verlaufsberichte, Therapiedokumentation und konkrete Alltagsbeispiele oft stärker als jede einzelne Untersuchung.
„Zustand gebessert“ wirkt nur dann, wenn die Besserung stabil ist. Bei schwankenden Verläufen ist die entscheidende Frage, ob die Schwankungen innerhalb einer verlässlichen Arbeitsfähigkeit liegen.
Rückfälle, Überlastungsreaktionen, Therapieanpassungen oder wiederkehrende Einbrüche sollten als Verlauf mit Daten dokumentiert werden, statt als „Gefühl“.
„Therapie möglich, daher arbeitsfähig“ ist eine logische Abkürzung, die häufig nicht trägt. Behandelbarkeit bedeutet nicht automatisch aktuelle Belastbarkeit. Hier hilft eine klare ärztliche Aussage:
Was ist trotz Therapie aktuell nicht leistbar, wie ist der zeitliche Horizont, und welche Reha-/Stabilisierungsphasen sind erforderlich?
„Untersuchung nicht erforderlich“ ist nicht automatisch ein Rechtsfehler, aber ein typischer Hebel: Je individueller und komplexer die Einschränkungen sind, desto wichtiger ist der Hinweis, dass eine reine Aktenbewertung zentrale Aspekte nicht abbildet.
Dann sollte die Gegenargumentation nicht moralisch, sondern fachlich sein: Welche entscheidenden Punkte konnten ohne Untersuchung nicht erhoben werden?
Zwei Praxisfälle, die die Logik zeigenMarianne wurde bei schwerer Depression nach Aktenlage für arbeitsfähig erklärt. Entscheidend war nicht der Satz „MD liegt falsch“, sondern eine präzise fachärztliche Stellungnahme: konkrete Einschränkungen (Konzentration, Antrieb, Belastung unter Stress, Interaktion), Tagesformschwankungen, Therapieverlauf und die Arbeitsplatzanforderungen. Mit dieser Funktionslogik kippte die Abstraktion der MD-Formel.
Kay hatte zunächst körperliche Beschwerden, später kamen Angst- und Belastungssymptome hinzu. Der MD bewertete nur die körperliche Diagnose.
Der Durchbruch kam durch die Ergänzung der Komorbidität: nicht „auch psychisch“, sondern medizinisch begründet, wie sich beides gegenseitig verstärkt und warum damit die Arbeitsfähigkeit insgesamt nicht gegeben ist.
Was passiert mit dem Krankengeld während des Widerspruchs?Ein Widerspruch schützt nicht automatisch vor einem Zahlungsstopp. Manche Krankenkassen zahlen weiter, andere stellen ein und prüfen erneut. Darauf sollten Betroffene vorbereitet sein:
Wenn die Existenzsicherung gefährdet ist und das Krankengeld wegfällt, kommt oft ein Eilverfahren beim Sozialgericht in Betracht, damit vorläufig weitergezahlt wird, bis die Sache geklärt ist.
Dafür sind in der Praxis besonders wichtig: aktueller AU-Status, der Bescheid der Krankenkasse, zentrale aktuelle Befunde/Stellungnahmen und eine kurze Darstellung der finanziellen Notlage.
Wann ein Vorgehen wenig Aussicht hatEin Widerspruch wird schwierig, wenn behandelnde Ärzte die Arbeitsunfähigkeit nicht mehr bestätigen oder keine belastbaren aktuellen Unterlagen vorhanden sind.
Auch wenn die Frist versäumt wurde, wird es deutlich komplizierter – dann kommen nur Ausnahmen in Betracht (etwa bei unverschuldeter Fristversäumnis oder in engen Korrekturwegen). Das ändert aber nichts an der Grundregel: Wer rechtzeitig reagiert, hat die besseren Karten.
Kurzvorlagen, die Betroffene sofort nutzen könnenFristwahrender Widerspruch (kurz):
„Hiermit lege ich gegen Ihren Bescheid vom [Datum] (zugegangen am [Datum]) Widerspruch ein. Ich bin weiterhin arbeitsunfähig. Eine Begründung reiche ich nach Akteneinsicht und Vorlage aktueller ärztlicher Unterlagen nach.“
Akteneinsicht / Unterlagenanforderung:
„Bitte übersenden Sie mir die vollständige Leistungsakte, insbesondere das vollständige MD-Gutachten/ die sozialmedizinische Stellungnahme sowie die Unterlagenliste, die dem MD vorgelegen hat. Bitte teilen Sie außerdem mit, auf welche konkreten Befunde und Erwägungen Sie die Entscheidung stützen.“
Ein MD-Gutachten ist eine Einschätzung – der entscheidende Angriffspunkt ist der Bescheid der Krankenkasse und die Begründung dahinter.
Wer Zugang und Fristen dokumentiert, die AU lückenlos absichert, fristwahrend widerspricht, Akteneinsicht nutzt und dann nicht Diagnosen, sondern funktionelle Einschränkungen mit Arbeitsplatzbezug belegt, kann eine Krankengeld-Entscheidung in vielen Fällen wirksam zu Fall bringen oder zumindest zur erneuten, sorgfältigeren Prüfung zwingen.
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Bürgergeld-Mietobergrenzen 2026: So hoch darf die Miete in 20 Städten sein
Beim Bürgergeld übernimmt das Jobcenter zusätzlich zum Regelbedarf die Kosten der Unterkunft (KdU) – allerdings nur in „angemessener“ Höhe. Was angemessen ist, hängt vom Wohnort und von der Größe der Bedarfsgemeinschaft ab. Deshalb unterscheiden sich die Mietobergrenzen in Deutschland teils erheblich.
Die folgenden Übersichten zeigen die für 2026 maßgeblichen Richtwerte für die Bruttokaltmiete (also Kaltmiete plus kalte Nebenkosten, ohne Heizkosten). Heizkosten werden gesondert bewertet – eine pauschale Warmmiete lässt sich daraus nicht ableiten.
So sind die Tabellen zu lesenDie Tabellen sind konsequent bis 5 Personen geführt. Für größere Haushalte ist jeweils ein Zuschlag „jede weitere Person“ ausgewiesen – sofern das Jobcenter ihn pauschal vorgibt. Wo das nicht der Fall ist, steht ausdrücklich „individuell“.
Aachen – Mietobergrenzen 2026Die Werte gelten in Aachen seit 03/2024 und werden für 2026 weiter zugrunde gelegt.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 50 m²) 512,00€ 2 Personen (bis 65 m²) 598,00€ 3 Personen (bis 80 m²) 748,80€ 4 Personen (bis 95 m²) 851,20€ 5 Personen (bis 110 m²) 1.046,10€ jede weitere Person (+15 m²) 142,65€ Berlin – Mietobergrenzen 2026Die Berliner Richtwerte sind seit 10/2023 maßgeblich und gelten weiterhin.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 50 m²) 449,00€ 2 Personen (bis 65 m²) 543,40€ 3 Personen (bis 80 m²) 668,80€ 4 Personen (bis 90 m²) 772,40€ 5 Personen (bis 102 m²) 903,72€ jede weitere Person (+12 m²) 106,32€ Bochum – Mietobergrenzen 2026Bochum hat zum 01.07.2025 angepasst. Bei sehr großen Haushalten kommt es in der Praxis häufig auf die Einzelfallprüfung an; die Werte werden dennoch als Richtwerte genutzt.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 50 m²) 439,25€ 2 Personen (bis 65 m²) 546,26€ 3 Personen (bis 80 m²) 654,88€ 4 Personen (bis 95 m²) 791,16€ 5 Personen (bis 110 m²) 1.001,70€ jede weitere Person (+15 m²) 121,40€ Bremen – Mietobergrenzen 2026Bremen hat die Grenzen zum 01.03.2025 neu festgesetzt; diese Werte gelten auch 2026. Bremen weist für größere Haushalte in der Veröffentlichung zusätzliche Stufen aus, für die Planung ist der Zuschlag „jede weitere Person“ entscheidend.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 50 m²) 538,50€ 2 Personen (bis 60 m²) 562,20€ 3 Personen (bis 75 m²) 696,00€ 4 Personen (bis 85 m²) 790,50€ 5 Personen (bis 95 m²) 973,75€ jede weitere Person (+10 m²) 107,40€ Chemnitz – Mietobergrenzen 2026Die KdU-Richtwerte sind auf dem Stand 05/2024 und werden auch 2026 herangezogen.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 48 m²) 313,44€ 2 Personen (bis 60 m²) 375,60€ 3 Personen (bis 75 m²) 459,00€ 4 Personen (bis 85 m²) 531,25€ 5 Personen (bis 95 m²) 582,35€ jede weitere Person (+10 m²) 61,30€ Dortmund – Mietobergrenzen 2026Dortmund arbeitet mit den veröffentlichten Richtwerten (Stand 04/2024). Bei sehr großen Bedarfsgemeinschaften wird in der Praxis regelmäßig individuell geprüft; ein pauschaler Zuschlag ist nicht durchgängig festgelegt.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 50 m²) 570,00€ 2 Personen (bis 65 m²) 690,00€ 3 Personen (bis 80 m²) 820,00€ 4 Personen (bis 95 m²) 1.040,00€ 5 Personen (bis 110 m²) 1.230,00€ jede weitere Person individuell Dresden – Mietobergrenzen 2026Dresden hat die Werte ab 01.01.2025 festgelegt; sie gelten auch 2026.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 45 m²) 450,50€ 2 Personen (bis 60 m²) 557,64€ 3 Personen (bis 75 m²) 715,73€ 4 Personen (bis 85 m²) 813,85€ 5 Personen (bis 95 m²) 962,50€ jede weitere Person (+10 m²) 116,60€ Duisburg – Mietobergrenzen 2026Die Werte gelten seit 08/2025 und damit auch für 2026.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 50 m²) 446,00€ 2 Personen (bis 65 m²) 538,20€ 3 Personen (bis 80 m²) 644,00€ 4 Personen (bis 95 m²) 776,15€ 5 Personen (bis 110 m²) 947,10€ jede weitere Person (+15 m²) 129,15€ Düsseldorf – Mietobergrenzen 2026Düsseldorf nutzt die Werte (Stand 11/2024) weiterhin. Bei Umzug/Neuanmietung sind diese Grenzen in der Regel besonders relevant.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 50 m²) 546,00€ 2 Personen (bis 65 m²) 632,00€ 3 Personen (bis 80 m²) 776,00€ 4 Personen (bis 95 m²) 1.003,00€ 5 Personen (bis 110 m²) 1.317,00€ jede weitere Person (+15 m²) 180,00€ Essen – Mietobergrenzen 2026Essen hat zum 01.05.2025 angepasst; die Werte gelten in dieser Form weiter.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 50 m²) 476,00€ 2 Personen (bis 65 m²) 618,80€ 3 Personen (bis 80 m²) 761,60€ 4 Personen (bis 95 m²) 904,40€ 5 Personen (bis 110 m²) 1.047,20€ jede weitere Person 95,20€ Frankfurt am Main – Mietobergrenzen 2026Frankfurt nutzt die veröffentlichten Grenzen (Stand 06/2024) weiterhin.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 50 m²) 786,00€ 2 Personen (bis 60 m²) 903,00€ 3 Personen (bis 75 m²) 1.078,00€ 4 Personen (bis 87 m²) 1.219,00€ 5 Personen (bis 99 m²) 1.360,00€ jede weitere Person (+12 m²) 141,00€ Hamburg – Mietobergrenzen 2026Hamburg arbeitet mit den Richtwerten (Stand 03/2024, Bezug Mietspiegel 2023) weiterhin.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 50 m²) 573,00€ 2 Personen (bis 60 m²) 693,60€ 3 Personen (bis 75 m²) 813,00€ 4 Personen (bis 90 m²) 980,10€ 5 Personen (bis 105 m²) 1.361,85€ jede weitere Person (+15 m²) 193,20€ Hannover – Mietobergrenzen 2026Hannover hat zum 01.06.2024 deutlich erhöht; diese Werte sind für 2026 weiterhin maßgeblich.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 50 m²) 499,00€ 2 Personen (bis 60 m²) 587,00€ 3 Personen (bis 75 m²) 697,00€ 4 Personen (bis 85 m²) 834,00€ 5 Personen (bis 95 m²) 946,00€ jede weitere Person (+10 m²) 100,00€ Köln – Mietobergrenzen 2026Köln hat zum 01.01.2025 angehoben; die Werte gelten weiter.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 50 m²) 677,00€ 2 Personen (bis 65 m²) 820,00€ 3 Personen (bis 80 m²) 976,00€ 4 Personen (bis 95 m²) 1.139,00€ 5 Personen (bis 110 m²) 1.302,00€ jede weitere Person (+15 m²) 164,00€ Leipzig – Mietobergrenzen 2026Leipzig nutzt die Richtwerte (Stand 01/2024) weiterhin.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 45 m²) 345,79€ 2 Personen (bis 60 m²) 450,00€ 3 Personen (bis 75 m²) 586,63€ 4 Personen (bis 85 m²) 671,44€ 5 Personen (bis 95 m²) 782,46€ jede weitere Person (+10 m²) 79,33€ München – Mietobergrenzen 2026München arbeitet mit den angepassten Werten (Stand 01/2025) auch 2026.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 50 m²) 890,00€ 2 Personen (bis 65 m²) 1.092,00€ 3 Personen (bis 75 m²) 1.286,00€ 4 Personen (bis 90 m²) 1.569,00€ 5 Personen (bis 105 m²) 1.939,00€ jede weitere Person (+15 m²) 310,00€ Nürnberg – Mietobergrenzen 2026Nürnberg nutzt die Werte (Stand 07/2024) weiterhin.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 50 m²) 522,00€ 2 Personen (bis 65 m²) 649,00€ 3 Personen (bis 75 m²) 747,00€ 4 Personen (bis 90 m²) 917,00€ 5 Personen (bis 105 m²) 1.065,00€ jede weitere Person (+10 m²) 102,00€ Recklinghausen – Mietobergrenzen 2026Die Richtwerte wurden zum 01.08.2025 aktualisiert und gelten in dieser Form weiter.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 50 m²) 458,00€ 2 Personen (bis 65 m²) 560,40€ 3 Personen (bis 80 m²) 692,80€ 4 Personen (bis 95 m²) 855,20€ 5 Personen (bis 110 m²) 997,60€ jede weitere Person (+15 m²) 132,40€ Stuttgart – Mietobergrenzen 2026Stuttgart veröffentlicht die Angemessenheitsgrenzen als Kaltmiete. Betriebskosten kommen zusätzlich hinzu; deshalb ist die Vergleichbarkeit mit den Bruttokaltmieten der anderen Städte eingeschränkt.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Kaltmiete 1 Person (bis 45 m²) 563,00€ 2 Personen (bis 60 m²) 665,00€ 3 Personen (bis 75 m²) 788,00€ 4 Personen (bis 90 m²) 940,00€ 5 Personen (bis 105 m²) 1.104,00€ jede weitere Person (+15 m²) 181,20€ Wuppertal – Mietobergrenzen 2026Wuppertal hat zum 01.01.2025 angepasst; diese Grenzen gelten weiterhin.
Haushalt (Wohnfläche) Angemessene Bruttokaltmiete 1 Person (bis 50 m²) 466,00€ 2 Personen (bis 65 m²) 568,10€ 3 Personen (bis 80 m²) 699,20€ 4 Personen (bis 95 m²) 830,30€ 5 Personen (bis 110 m²) 933,90€ jede weitere Person (+15 m²) 127,35€ Drei typische Fehler bei der Wohnungssuche mit Bürgergeld 2026 – und wie man sie vermeidetVertrag unterschreiben, bevor die Kosten zugesichert sind. In der Praxis scheitern viele Umzüge nicht an der Wohnung, sondern an der fehlenden Absicherung: Kaution, Umzugskosten oder sogar die laufende Miete werden später nur teilweise anerkannt, wenn Unterlagen fehlen oder das Jobcenter die Unterkunft als unangemessen einstuft.
Wer die Risiken minimieren will, lässt sich vor der Unterschrift die Übernahme der KdU – und bei Bedarf die Kaution als Darlehen – schriftlich bestätigen.
Bruttokaltmiete passt, aber Nebenkosten sind unrealistisch angesetzt. Gerade auf angespannten Wohnungsmärkten werden Betriebskostenvorauszahlungen manchmal künstlich niedrig gehalten, damit der Mietbetrag in die Obergrenze rutscht.
Das rächt sich, wenn später hohe Nachforderungen entstehen oder das Jobcenter die Plausibilität der Nebenkosten prüft. Entscheidend ist deshalb nicht nur die Kaltmiete, sondern auch die Betriebskostenpositionen im Vertrag und eine nachvollziehbare Vorauszahlung.
Heizkosten werden übersehen, obwohl sie getrennt geprüft werden. Die Tabellen zeigen Bruttokaltmieten – Heizkosten laufen daneben und werden je nach Heizart, Verbrauch und örtlichen Angemessenheitswerten bewertet.
Besonders bei Stromdirektheizung, schlecht gedämmten Wohnungen oder großen Flächen kann es trotz „passender“ Bruttokaltmiete zu Problemen kommen. Wer vorab Heizart, Abschlag und (wenn möglich) Verbrauchswerte klärt, reduziert das Risiko einer späteren Kürzung erheblich.
FAQ: Bürgergeld und Mietobergrenzen 2026Gilt die Mietobergrenze immer als feste Grenze?
In vielen Städten sind die Werte eine klare Orientierung, praktisch aber gibt es Spielräume. Bei besonderen Umständen (z. B. nachgewiesene Barrierefreiheit, fehlender Wohnraum im angemessenen Segment, gesundheitliche Gründe) kann auch eine etwas höhere Miete im Einzelfall vertretbar sein – das muss dann aber gut begründet und dokumentiert werden.
Beziehen sich die Tabellen auf Warmmiete oder Kaltmiete?
Die Tabellen beziehen sich auf die Bruttokaltmiete (Kaltmiete plus kalte Nebenkosten) – ohne Heizkosten. Heizkosten werden separat geprüft und können trotz „passender“ Bruttokaltmiete gekürzt werden, wenn sie als unangemessen gelten.
Was ist mit der Karenzzeit beim Bürgergeld?
Bei einem Erstantrag gilt grundsätzlich eine Karenzzeit von 12 Monaten: In dieser Zeit werden Miete und kalte Nebenkosten regelmäßig nicht auf Angemessenheit geprüft. Heizkosten sind davon nicht umfasst. Bei Umzug/Neuanmietung kann die Prüfung in der Praxis trotzdem relevant werden, weil das Jobcenter häufig vorab eine Zusicherung verlangt.
Was passiert, wenn die Miete über der Obergrenze liegt?
Dann kommt es typischerweise auf die Situation an: Bei Bestandsmieten gibt es häufig zunächst ein Kostensenkungsverfahren mit Frist und Hinweisen, wie die Kosten gesenkt werden sollen. Bei Neuanmietung ist das Risiko höher, dass nur die angemessenen Kosten übernommen werden – der Rest müsste aus dem Regelbedarf getragen werden. Deshalb ist die Zusicherung vor Vertragsabschluss entscheidend.
Welche Rolle spielen Nebenkosten und Nachzahlungen?
Nebenkosten müssen nicht nur „niedrig“, sondern plausibel sein. Zu geringe Vorauszahlungen führen später oft zu Nachforderungen. Jobcenter achten deshalb zunehmend darauf, ob die Betriebskosten realistisch angesetzt sind, um spätere Schulden durch Nachzahlungen zu vermeiden.
Warum steht bei Stuttgart nur Kaltmiete?
Stuttgart veröffentlicht die Angemessenheitswerte in der Regel als Kaltmiete (ohne Betriebskosten). Das bedeutet: Für die tatsächliche Vergleichbarkeit mit anderen Städten müssen die kalten Nebenkosten im konkreten Mietangebot zusätzlich betrachtet werden.
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Rente bis zur Hälfte gekürzt – Gericht bestätigt Rentenkasse
Wer eine bestandskräftige Rückforderung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) offen hat, kann erleben, dass die Rentenkasse direkt bei der laufenden Rente ansetzt. Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg bestätigt in einem aktuellen Urteil:
Eine Aufrechnung ist grundsätzlich zulässig – bis zu 50 Prozent der laufenden Rente, wenn Betroffene nicht nachweisen, dass sie dadurch hilfebedürftig werden. Gleichzeitig setzt das Gericht eine klare Grenze: Eine Mahngebühr von 12 Euro durfte im konkreten Fall nicht aufgerechnet werden, weil dafür ein anderes rechtliches Prüfprogramm gilt.
Urteil: LSG Baden-Württemberg, 29.07.2025, Az. L 13 R 1262/25 (Vorinstanz: SG Freiburg, 26.03.2025, Az. S 4 R 3109/24).
Der Fall: Offene Rückforderung – und dann 200 Euro weniger Rente pro MonatDer Kläger (Jahrgang 1942) bezog seit Jahren Altersrente. Nach einem Versorgungsausgleich war seine Rente rückwirkend zu korrigieren; daraus entstand eine Rückforderung wegen zu Unrecht gezahlter Rentenleistungen in Höhe von 2.397,96 Euro. Diese Forderung war längst bestandskräftig, nachdem der Kläger in früheren Verfahren keinen Erfolg hatte. Gezahlt wurde trotzdem nicht.
Die DRV entschied deshalb, ab 01.11.2023 monatlich 200 Euro von der laufenden Rente einzubehalten, um die offene Forderung abzubauen. Der Kläger wandte sich dagegen, bestritt sinngemäß die Grundlagen des Rentensystems und machte geltend, seine tatsächlichen Unterkunftskosten seien deutlich höher als in einer Bedarfsberechnung angesetzt; er sprach von rund 900 Euro monatlicher Miete.
Genau an dieser Stelle kippte seine Argumentation: Das Gericht verlangte wiederholt nachvollziehbare Nachweise zu Einnahmen, Ausgaben und Unterkunftskosten, vor allem aber eine belastbare Darstellung, ob die Kürzung tatsächlich in eine Hilfebedürftigkeit führt. Diese Nachweise wurden nicht vorgelegt.
Worüber das Gericht überhaupt entscheidet – und worüber nichtEin Punkt, der in Aufrechnungsprozessen häufig übersehen wird: Streitgegenstand ist nicht die „Rentenhöhe an sich“, sondern ausschließlich der Aufrechnungsbescheid. Bestandskräftige Rückforderungsbescheide und frühere Rentenbescheide werden durch das Aufrechnungsverfahren nicht automatisch wieder „aufgerollt“.
Wer in der Klage hauptsächlich Grundsatzkritik oder alte Berechnungsstreitigkeiten wiederholt, verfehlt das eigentliche Prüfthema – und verliert häufig schon auf dieser Ebene an Boden.
Die Rechtslage: Zwei Wege der Aufrechnung – und zwei völlig unterschiedliche GrenzenDie Aufrechnung läuft über § 51 SGB I. Für Leserinnen und Leser ist entscheidend, dass das Gesetz zwei Mechanismen kennt, die im Ergebnis sehr unterschiedlich wirken.
§ 51 Abs. 2 SGB I: Bis zur Hälfte – wenn Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen wirdBei Erstattungsansprüchen wegen zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen kann der zuständige Leistungsträger gegen laufende Geldleistungen bis zur Hälfte aufrechnen. Das gilt allerdings nicht schrankenlos, sondern hängt an einer Bedingung:
Der Leistungsberechtigte muss nachweisen, dass er durch die Aufrechnung hilfebedürftig würde (nach SGB II oder SGB XII). Gelingt dieser Nachweis nicht, darf die Rentenkasse grundsätzlich bis zur 50-Prozent-Grenze gehen.
Im konkreten Fall war die Aufrechnungshöhe von 200 Euro nach Ansicht des Gerichts gerade deshalb vertretbar, weil sie deutlich unterhalb eines rechnerisch möglichen Spielraums lag und der Kläger nicht belegen konnte, dass ihm dadurch der sozialrechtliche Bedarf „unter die Füße weggezogen“ wird.
§ 51 Abs. 1 SGB I: Nur soweit die Rente pfändbar istFür Forderungen, die nicht unter § 51 Abs. 2 SGB I fallen, gilt eine andere Logik: Dann ist eine Aufrechnung nur möglich, soweit der Anspruch auf laufende Geldleistungen pfändbar ist. Das richtet sich – vereinfacht gesagt – nach den Pfändungsfreigrenzen, die auch bei Arbeitseinkommen maßgeblich sind. Liegt die Rente darunter, ist der Zugriff gesperrt.
Genau das wurde dem Kläger bei der Mahngebühr zum Vorteil.
Warum die 12-Euro-Mahngebühr gekippt wurdeDie Mahngebühr ist keine „zu Unrecht erbrachte Sozialleistung“, sondern ein Nebenposten aus dem Vollstreckungsbereich. Für solche Beträge greift nicht automatisch die „bis zur Hälfte“-Regel des § 51 Abs. 2 SGB I. Das Gericht ordnete die Mahngebühr deshalb dem strengeren Prüfweg zu, bei dem es auf die Pfändbarkeit der laufenden Rente ankommt.
Weil die Rente des Klägers im entscheidenden Zeitraum knapp unter der maßgeblichen Pfändungsfreigrenze lag, durfte die DRV diese 12 Euro nicht zusätzlich über die Rente aufrechnen. Ergebnis: Die Aufrechnung der Hauptforderung blieb bestehen, der Zugriff auf die Mahngebühr nicht.
Tabelle: Was gilt wann? Situation Maßstab im Verfahren Rückforderung wegen zu Unrecht gezahlter Rentenleistung (Erstattungsforderung) Aufrechnung bis zur Hälfte möglich, wenn Betroffene nicht nachweisen, dass dadurch Hilfebedürftigkeit nach SGB II/SGB XII eintritt. Nebenforderungen wie Mahngebühren/Kosten Aufrechnung nur, soweit die laufende Rente pfändbar ist; liegt sie unter der Freigrenze, ist der Zugriff gesperrt. Der praktische Dreh: Ohne belastbare Unterlagen wird es sehr schwerDas Urteil ist in seiner Wirkung vor allem ein Beleg-Urteil. Wer gegen eine Aufrechnung argumentiert, muss das Verfahren konsequent auf die Frage zuschneiden, ob die Kürzung eine Hilfebedürftigkeit auslöst und wie sich die eigene finanzielle Situation konkret darstellt.
Das Gericht hat ausdrücklich darauf abgestellt, dass behauptete Kosten – insbesondere Unterkunftskosten – nur zählen, wenn sie tatsächlich anfallen, rechtlich geschuldet sind und belegt werden können. Vergleichsmieten aus Portalen oder allgemeine Hinweise auf den Wohnungsmarkt ersetzen keinen Vertrag, keine Zahlungspflicht und keine nachvollziehbare Haushaltsrechnung.
Besonders heikel ist das bei Wohnkonstellationen innerhalb der Familie: Wenn etwa die Tochter Hauptmieterin ist, muss sauber dokumentiert sein, ob und in welcher Höhe eine rechtliche Verpflichtung zur Kostenbeteiligung besteht und ob Zahlungen tatsächlich geleistet werden. Fehlt diese Brücke, bleibt die behauptete Belastung im Verfahren häufig „in der Luft“.
Was Betroffene daraus ableiten könnenWer eine Aufrechnung vermeiden oder zumindest reduzieren will, muss früh die richtigen Stellschrauben bedienen. Entscheidend ist, die eigene wirtschaftliche Lage vollständig darzulegen und die Kürzungsfolgen nachvollziehbar zu machen; parallel kann es sinnvoll sein, bei der DRV eine niedrigere Rate zu beantragen und dies mit einer konkret belegten Haushaltsrechnung zu begründen.
In geeigneten Fällen kommen auch Ratenzahlungs- oder Stundungsüberlegungen in Betracht, wobei es am Ende auf die Einzelfallprüfung der Rentenversicherung ankommt.
Der wichtigste Punkt bleibt jedoch: Solange Hilfebedürftigkeit nicht greifbar nachgewiesen wird, steht § 51 Abs. 2 SGB I als sehr starke Rechtsgrundlage im Raum – und das Risiko einer empfindlichen Kürzung steigt.
FAQDarf die Rentenkasse wirklich bis zu 50 Prozent einbehalten?
Bei Erstattungsforderungen wegen zu Unrecht gezahlter Sozialleistungen ist das grundsätzlich möglich, wenn nicht nachgewiesen wird, dass dadurch Hilfebedürftigkeit eintritt.
Zählt eine „realistische Marktmiete“ als Argument, wenn die tatsächliche Miete niedriger angesetzt ist?
Entscheidend sind die tatsächlichen, nachweisbaren und rechtlich geschuldeten Kosten. Fiktive Vergleichsmieten ersetzen keine Belege.
Warum war die Mahngebühr unzulässig, die Hauptaufrechnung aber nicht?
Weil für die Mahngebühr nicht automatisch der „bis zur Hälfte“-Mechanismus gilt. Dann ist entscheidend, ob die Rente pfändbar ist; liegt sie unter der Freigrenze, ist der Zugriff unzulässig.
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So viel kostet jetzt die BahnCard 50 bei Schwerbehinderung
Wer ab 2026 als schwerbehinderter Mensch eine BahnCard 50 erwerben möchte, landet bei der „ermäßigten BahnCard 50“ der Deutschen Bahn. Nach der aktuell gültigen Preisliste kostet sie 122 Euro in der 2. Klasse und 241 Euro in der 1. Klasse – jeweils für zwölf Monate. Zum Vergleich: Die reguläre BahnCard 50 liegt bei 244 Euro (2. Klasse) beziehungsweise 492 Euro (1. Klasse). Damit bleibt der Nachlass faktisch bei rund der Hälfte des Normalpreises, sofern die Bahn ihr Tarifgefüge nicht zwischenzeitlich ändert.
Wer die Ermäßigung bekommt – und woran sie geknüpft istDie ermäßigte BahnCard 50 richtet sich nicht an „alle“ Menschen mit Schwerbehindertenausweis, sondern an einen klar definierten Personenkreis. Maßgeblich ist ein Grad der Behinderung von mindestens 70. Alternativ können auch Personen profitieren, die eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehen. Im Bestellprozess verlangt die Bahn dafür einen amtlichen Nachweis, typischerweise eine Kopie des Schwerbehindertenausweises, die beim Onlinekauf als Datei hochgeladen werden kann. Wer im Zug kontrolliert wird, muss die Berechtigung auf Verlangen ebenfalls belegen können.
Was die Karte im Alltag bringt – und was nichtInhaltlich unterscheidet sich die ermäßigte BahnCard 50 nicht „im Kleingedruckten“ vom Grundprinzip der BahnCard 50: Sie reduziert den Flexpreis um 50 Prozent und gewährt auf (Super) Sparpreise 25 Prozent Rabatt, jeweils innerhalb Deutschlands und in der gekauften Wagenklasse. Das ist wichtig, weil viele Reisende beim Namen „BahnCard 50“ zunächst an einen generellen Halbpreis denken – tatsächlich gilt die volle Halbierung nur beim Flexpreis, während die günstigeren Sparangebote „nur“ um ein Viertel sinken. Je nach Verbindung lassen sich die Rabatte sowohl im Fernverkehr als auch im Nahverkehr nutzen, wobei Tarifausnahmen einzelner Verbünde möglich sind.
Warum der Schwerbehindertenausweis die BahnCard nicht automatisch ersetztViele Vergünstigungen für Menschen mit Behinderung hängen nicht an der BahnCard, sondern am Schwerbehindertenausweis selbst. Wer eine Wertmarke besitzt, kann im Nahverkehr in vielen Fällen kostenfrei fahren – das betrifft auch Nahverkehrszüge. Außerdem kann bei Merkzeichen „B“ eine Begleitperson unter bestimmten Voraussetzungen kostenfrei mitfahren; ähnlich gilt das für Assistenzhunde, deren Mitnahme in innerdeutschen Zügen grundsätzlich kostenfrei möglich ist.
Solche Rechte wirken wie ein eigenes System neben der BahnCard und können dazu führen, dass die ermäßigte BahnCard 50 vor allem dann interessant wird, wenn regelmäßig Fernverkehrsfahrten anstehen oder häufig Flexpreise genutzt werden.
Wann sich die ermäßigte BahnCard 50 rechnetOb sich die Karte lohnt, hängt am Kaufverhalten – und zwar stärker, als es der Rabatt auf dem Papier vermuten lässt. Wer meist langfristig plant und ohnehin überwiegend zu (Super) Sparpreisen fährt, spart mit der BahnCard 50 „nur“ 25 Prozent auf diese Tickets; dann kann eine BahnCard 25 in manchen Profilen ähnlich attraktiv sein.
Wer dagegen häufig spontan unterwegs ist, Umbuchungsfreiheit braucht oder aus beruflichen und privaten Gründen oft Flexpreise kauft, erreicht die Amortisation deutlich schneller, weil dort der 50-Prozent-Rabatt greift. Bei der ermäßigten BahnCard 50 ist die Schwelle naturgemäß niedriger als beim Normalpreis – der entscheidende Punkt bleibt aber derselbe: Entscheidend ist nicht die Anzahl der Fahrten, sondern wie teuer die Tickets ohne BahnCard wären.
Laufzeit, automatische Verlängerung und Kündigung: das Abo-Prinzip bleibtAuch ab 2026 gilt: Die ermäßigte BahnCard 50 läuft zwölf Monate ab dem ersten Geltungstag und verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, wenn nicht rechtzeitig gekündigt wird. Die Deutsche Bahn nennt dafür eine Kündigungsfrist von vier Wochen vor Laufzeitende und verlangt die Kündigung in Textform. Wer die Karte nur testweise nutzen möchte, sollte sich zudem bewusst machen, dass „Probe“-Varianten zwar existieren, aber ebenfalls fristgerecht beendet werden müssen, wenn daraus kein fortlaufender Vertrag werden soll.
Kurzes PraxisbeispielFrau M. hat einen Grad der Behinderung von 80 und kauft Anfang Januar 2026 die ermäßigte BahnCard 50 für 122 Euro in der 2. Klasse. Sie fährt im Frühjahr und Sommer viermal spontan von Hannover nach Berlin und zurück und bucht jedes Mal den Flexpreis, weil sie die Abfahrtszeiten offen halten will. Ohne BahnCard zahlt sie pro Hin- und Rückfahrt jeweils den vollen Flexpreis; mit BahnCard 50 bekommt sie darauf 50 Prozent Rabatt. Schon nach wenigen Reisen liegt die Ersparnis über dem Preis der BahnCard, sodass sich die Karte für sie im Jahr 2026 rechnet.
2026 startet ohne BahnCard-Aufschlag – dennoch bleibt Bewegung im TarifgefügeZum Fahrplanjahr 2026 hat die Deutsche Bahn angekündigt, die BahnCards preislich stabil zu halten. Das ist insofern bemerkenswert, als im Mobilitätsmarkt gleichzeitig an anderer Stelle Preise steigen, etwa beim Deutschlandticket zum Jahresbeginn 2026. Für BahnCard-Kundinnen und -Kunden bedeutet das zunächst Planungssicherheit.
Trotzdem lohnt sich vor dem Kauf ein kurzer Blick auf die tagesaktuelle Preisanzeige im DB-Kundenkonto oder im Bestellprozess: Tarifaktionen, veränderte Konditionen einzelner Varianten und kurzfristige Anpassungen sind im Bahnvertrieb nicht ungewöhnlich – und am Ende zählt der Preis, der zum Kaufzeitpunkt tatsächlich aufgerufen wird.
Quellen
Deutsche Bahn: „Ermäßigte BahnCard“ (Preise, Nachweise, Varianten)
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Unbefristeter Schwerbehindertenausweis schützt nicht vor Nachprüfung
Viele Betroffene verbinden mit einem „unbefristeten“ Schwerbehindertenausweis die Vorstellung, die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch sei damit auf Dauer abgesichert. Ein Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts hat dieser Erwartung schon vor Jahren eine klare Absage erteilt: Auch ein unbefristet ausgestellter Ausweis schützt nicht davor, dass die Behörde die zugrunde liegende Feststellung später überprüft und – wenn sich die Verhältnisse wesentlich geändert haben – aufhebt.
Das Urteil wirkt bis heute nach, weil es zwei verbreitete Missverständnisse korrigiert: den Gleichklang von Ausweis und Status sowie den Glauben an einen „Bestandsschutz durch Zeitablauf“.
Das Grundsatzurteil: Worum es ging und was entschieden wurdeGegenstand des Verfahrens war nicht die Frage, ob ein Ausweis befristet oder unbefristet ausgestellt werden darf. Im Mittelpunkt stand vielmehr, ob eine Behörde ihr Recht verliert, eine längst überholte Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft für die Zukunft aufzuheben, wenn sie über viele Jahre untätig geblieben ist und zwischendurch sogar einen unbefristeten Ausweis ausgestellt hat.
Der Fall war – gerade wegen seiner Alltäglichkeit – besonders aussagekräftig. Ein Mann hatte Anfang der 1990er Jahre wegen einer Krebserkrankung einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 zugesprochen bekommen. Schon damals war behördenintern vermerkt, dass nach einer bestimmten Zeit eine Nachprüfung erfolgen müsse.
Diese Nachprüfung blieb jedoch aus. Stattdessen wurde der Ausweis in den Folgejahren verlängert und schließlich unbefristet ausgestellt. Erst deutlich später leitete die Behörde eine Überprüfung ein und hob die ursprüngliche Feststellung für die Zukunft auf, weil die Phase der sogenannten Heilungsbewährung erfolgreich durchlaufen worden sei und die Voraussetzungen für den Schwerbehindertenstatus medizinisch nicht mehr vorlägen.
Das Bundessozialgericht bestätigte im Ergebnis die Aufhebung für die Zukunft. Es stellte außerdem zwei für die Praxis besonders bedeutsame Grundsätze heraus: Erstens kann nach langer Zeit zwar die rückwirkende Korrektur begrenzt sein, nicht aber zwingend die Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft. Zweitens begründet die Ausstellung eines unbefristeten Schwerbehindertenausweises kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass die zugrunde liegende Feststellung dauerhaft bestehen bleibt.
Ausweis und Feststellungsbescheid: Zwei Ebenen, die häufig verwechselt werdenIm Alltag wird der Schwerbehindertenausweis oft als „die Anerkennung“ selbst verstanden. Rechtlich ist er vor allem ein Nachweis. Die eigentliche Entscheidung ist der Feststellungsbescheid der zuständigen Behörde, mit dem der GdB und gegebenenfalls Merkzeichen festgestellt werden. Der Ausweis dokumentiert diese Feststellungen gegenüber Dritten, etwa Arbeitgebern, Verkehrsunternehmen oder Finanzämtern.
Diese Trennung erklärt, warum ein unbefristeter Ausweis keineswegs automatisch eine unbefristete „Garantie“ für den Status liefert. „Unbefristet“ bezieht sich in erster Linie auf die Gültigkeitsdauer des Dokuments. Der Status als schwerbehinderter Mensch hängt dagegen daran, ob die gesetzlichen Voraussetzungen weiterhin erfüllt sind. Und diese können sich ändern: durch gesundheitliche Besserung, durch medizinische Stabilisierung nach einer schweren Erkrankung oder auch durch Verschlechterung, die zu einer höheren Bewertung führt. Das System ist darauf angelegt, die Feststellungen an die tatsächlichen Verhältnisse anzupassen.
Was „unbefristet“ beim Ausweis tatsächlich bedeutetDie Rechtslage sieht grundsätzlich vor, dass Schwerbehindertenausweise befristet werden. Die Regelbefristung soll verhindern, dass ein Ausweis als scheinbar dauerhaftes „Statuspapier“ im Umlauf bleibt, obwohl sich der Gesundheitszustand oder die maßgeblichen Umstände längst verändert haben können. Zugleich erlaubt die Verordnung eine Ausnahme: Wenn eine wesentliche Änderung, die eine Neufeststellung nötig machen würde, nicht zu erwarten ist, kann ein Ausweis unbefristet ausgestellt werden.
Diese Ausnahme wird in der Praxis häufig genutzt, etwa bei dauerhaften, nicht heilbaren Beeinträchtigungen oder in Situationen, in denen eine relevante Veränderung medizinisch als unwahrscheinlich gilt.
Gerade daraus entsteht aber leicht ein psychologischer Effekt: Wer ein Dokument ohne Ablaufdatum in den Händen hält, rechnet nicht mehr mit Nachfragen. Das Grundsatzurteil macht deutlich, dass dieses Gefühl keine rechtliche Absicherung ersetzt. Selbst wenn die Behörde in der Vergangenheit einen unbefristeten Ausweis ausgestellt oder verlängert hat, kann sie die zugrunde liegende Feststellung später überprüfen – und bei einer wesentlichen Änderung für die Zukunft aufheben.
Heilungsbewährung: Warum der GdB bei Krebs und ähnlichen Erkrankungen oft nur „auf Zeit“ hoch istEin wesentlicher Hintergrund vieler Nachprüfungen ist die Heilungsbewährung. Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze kennen Konstellationen, in denen der GdB vorübergehend höher bewertet wird als es die aktuellen Funktionsbeeinträchtigungen allein rechtfertigen würden.
Der Gedanke dahinter: Nach der Behandlung schwerer Erkrankungen, insbesondere bösartiger Neubildungen, ist eine Phase abzuwarten, in der sich der Behandlungserfolg und das Risiko eines Rückfalls besser beurteilen lassen. In dieser Zeit wird die Teilhabebeeinträchtigung pauschal höher bewertet, weil Unsicherheit, Rezidivrisiko und Nachwirkungen der Behandlung typischerweise eine besondere Belastung darstellen können.
Nach Ablauf der Heilungsbewährung entfällt diese pauschale Höherbewertung – jedenfalls dann, wenn der Verlauf rezidivfrei ist und keine relevanten Folgeschäden verbleiben, die den GdB weiterhin in derselben Höhe tragen. Genau an diesem Punkt entstehen Konflikte: Wer über Jahre mit einem GdB von 50 gelebt hat, empfindet eine spätere Herabsetzung nicht als „Rückkehr zur Normalität“, sondern als Verlust eines mühsam erkämpften Nachteilsausgleichs. Das Rechtssystem bewertet hier jedoch nicht die Vergangenheit, sondern die aktuelle Teilhabebeeinträchtigung.
Nachprüfung und Aufhebung: Welche rechtlichen Regeln geltenDie rechtliche Grundlage für die Anpassung eines Dauerverwaltungsakts bei geänderten Verhältnissen findet sich im Sozialverwaltungsrecht. Wenn sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die für eine Entscheidung maßgeblich waren, wesentlich ändern, ist der Verwaltungsakt grundsätzlich für die Zukunft aufzuheben. Der Gedanke ist schlicht: Ein Status, der heute nicht mehr gerechtfertigt ist, soll nicht auf Dauer fortgeschrieben werden – auch um Gleichbehandlung zu sichern.
Das Grundsatzurteil hat diese Linie besonders deutlich auf die Situation übertragen, in der die Behörde eine fällige Nachprüfung über lange Zeit unterlassen hatte. Der Kläger argumentierte, die Behörde habe ihr Aufhebungsrecht „verwirkt“, also durch Untätigkeit und durch die unbefristete Ausweiserteilung zu erkennen gegeben, dass sie keine Konsequenzen mehr ziehen werde.
Das Bundessozialgericht verneinte dies. Bloße Untätigkeit, auch über lange Zeiträume, reicht demnach regelmäßig nicht aus. Erforderlich wäre ein Verhalten der Behörde, das aus Sicht eines Betroffenen als eindeutige Zusage verstanden werden könnte, auf eine spätere Aufhebung zu verzichten – und zwar gerade in Bezug auf die Heilungsbewährung. Die Ausstellung oder Verlängerung eines Ausweises genüge dafür nicht, weil sie die Feststellung nicht „neu schafft“, sondern nur dokumentiert.
Zugleich ist die Frage nach dem Zeitablauf differenziert zu betrachten. Das Gericht hat herausgearbeitet, dass bestimmte Fristen vor allem die rückwirkende Korrektur begrenzen können. Wer jahrelang Vorteile aus einem Status gezogen hat, muss nicht automatisch befürchten, dass alles im Nachhinein „zurückgedreht“ wird. Für die Zukunft kann eine Behörde jedoch grundsätzlich auch nach langer Zeit die gesetzmäßigen Verhältnisse wiederherstellen, sofern die materiellen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen.
Was das Urteil im Alltag bewirkt: Kündigungsschutz, Steuer, Mobilität und RenteDie praktische Bedeutung erschließt sich, wenn man die typischen Folgen einer Herabsetzung betrachtet. Der Status als schwerbehinderter Mensch knüpft an einen GdB von wenigstens 50 an. Fällt der GdB darunter, endet grundsätzlich die Schwerbehinderteneigenschaft. Damit können – je nach individueller Situation – arbeitsrechtliche Schutzmechanismen, steuerliche Pauschbeträge oder Nachteilsausgleiche im Alltag betroffen sein. Besonders spürbar ist das häufig im Arbeitsleben, weil sich dort anerkannte Schwerbehinderung auf Beteiligungsrechte, besondere Schutzvorschriften und die Stellung der Schwerbehindertenvertretung auswirken kann.
Bei der Rente ist die Lage häufig weniger intuitiv, als viele annehmen. Für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ist entscheidend, dass die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch beim Rentenbeginn vorliegt. Wer diese Voraussetzung beim Start der Rente erfüllt, verliert den einmal entstandenen Anspruch nicht dadurch, dass später der GdB herabgesetzt wird. Umgekehrt kann eine Aufhebung kurz vor einem geplanten Rentenbeginn gravierende Folgen haben, weil dann die Zugangsvoraussetzung in Frage steht. Das ist einer der Gründe, weshalb Nachprüfungen – auch wenn sie rechtlich zulässig sind – für Betroffene zeitlich besonders sensibel sein können.
Wie Nachprüfungen typischerweise ablaufenIn der Praxis beginnt vieles mit einer Anhörung. Die Behörde teilt mit, dass sie eine Überprüfung einleitet, und fordert häufig aktuelle ärztliche Unterlagen an oder bittet um Entbindung von der Schweigepflicht, um Befundberichte einzuholen. Nicht selten geht es dabei um Fälle, in denen die ursprüngliche Feststellung ausdrücklich unter dem Gesichtspunkt der Heilungsbewährung stand oder in denen der Aktenvermerk bereits eine spätere Nachprüfung vorsah. Manchmal kommen Hinweise auch über Folgeanträge oder im Zusammenhang mit anderen sozialrechtlichen Verfahren ans Licht.
Am Ende steht ein Bescheid, der den GdB neu feststellt oder die frühere Feststellung teilweise oder vollständig aufhebt. Entscheidend ist dabei nicht nur die neue Zahl, sondern auch der Zeitpunkt, ab dem sie gelten soll. Das Grundsatzurteil zeigt, wie wichtig diese zeitliche Komponente ist: Eine Behörde kann die Feststellung für die Zukunft aufheben, selbst wenn die medizinische Änderung lange zurückliegt. Ob und in welchem Umfang eine rückwirkende Änderung möglich ist, hängt dagegen von zusätzlichen rechtlichen Voraussetzungen und Fristen ab.
Wie Betroffene sinnvoll reagieren können, ohne vorschnell zu kapitulierenWer einen Herabsetzungs- oder Aufhebungsbescheid erhält, sollte ihn nicht als „letztes Wort“ behandeln. Im Sozialrecht ist das Vorverfahren der Regelfall, und der Widerspruch eröffnet die Möglichkeit, medizinische Aspekte nachzureichen, Einwände gegen die Bewertung vorzubringen und Akteneinsicht zu nehmen. Häufig entscheiden Details: ob Folgeschäden ausreichend berücksichtigt wurden, ob psychische Belastungen dokumentiert sind, ob therapiebedingte Einschränkungen fortbestehen oder ob zusätzliche Erkrankungen hinzugekommen sind, die im bisherigen Verfahren keine Rolle spielten.
Wichtig ist auch, den Blick nicht allein auf den GdB zu verengen. Manchmal bleibt ein GdB unter 50, aber bestimmte Merkzeichen können weiterhin oder neu in Betracht kommen. Ebenso kann – wenn der Schwerbehindertenstatus wegfällt, aber ein GdB von mindestens 30 vorliegt – in arbeitsbezogenen Konstellationen die Gleichstellung durch die Agentur für Arbeit ein Thema sein, um Nachteile im Job abzufedern. Ob das passt, hängt stark von der konkreten beruflichen Lage ab und sollte mit fachkundiger Beratung abgewogen werden.
Fristen spielen dabei eine große Rolle. Der Widerspruch ist grundsätzlich binnen eines Monats nach Bekanntgabe einzulegen; auch für die Klage gelten im Regelfall Monatsfristen. Wer diese Zeitfenster verstreichen lässt, hat später deutlich schlechtere Karten, weil der Bescheid bestandskräftig wird. Gerade deshalb ist es sinnvoll, frühzeitig Unterstützung zu suchen, etwa bei Sozialverbänden, spezialisierten Beratungsstellen oder anwaltlicher Vertretung.
PraxisbeispielHerr M., 52, erhält im Jahr 2016 nach einer Darmkrebserkrankung einen GdB von 50. In seinem Bescheid steht, dass die Bewertung im Rahmen der Heilungsbewährung erfolgt. Der Schwerbehindertenausweis wird zunächst befristet ausgestellt, später verlängert und 2020 „unbefristet“ ausgehändigt. Herr M. nutzt seitdem den Zusatzurlaub und den besonderen Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis und plant, einige Jahre später die Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu beantragen.
Im Frühjahr 2025 kommt ein Schreiben der Behörde: Es werde überprüft, ob die Voraussetzungen noch vorliegen, und es werden aktuelle Befunde angefordert. Die Nachsorgeberichte zeigen: seit Jahren kein Rückfall, keine gravierenden Funktionsstörungen. Daraufhin hebt die Behörde im Herbst 2025 die frühere Feststellung für die Zukunft auf und setzt den GdB ab Januar 2026 auf 30 herab. Der unbefristete Ausweis wird eingezogen, weil der Status „schwerbehindert“ damit entfällt.
Herr M. legt fristgerecht Widerspruch ein, weil er weiterhin unter chronischen Darmproblemen und Erschöpfung leidet, die im Verfahren kaum berücksichtigt wurden. Er reicht ein aktuelles Facharztgutachten nach. Die Behörde bleibt zwar bei der Einschätzung, dass die Heilungsbewährung abgeschlossen ist, korrigiert aber den GdB auf 40.
Die Schwerbehinderteneigenschaft erhält Herr M. damit nicht zurück, aber die Entscheidung fällt nachvollziehbarer aus – und er weiß nun, dass „unbefristet“ beim Ausweis nicht bedeutet, dass eine spätere Nachprüfung ausgeschlossen ist.
Warum das Urteil unbequem wirkt – und dennoch konsequent istAuf den ersten Blick hat das Grundsatzurteil eine harte Botschaft: Selbst behördliche Untätigkeit über viele Jahre und ein unbefristeter Ausweis verhindern nicht zwingend, dass der Status später endet. Diese Sichtweise kann enttäuschen, weil sie den Wunsch nach Verlässlichkeit berührt. Zugleich folgt sie einem Prinzip, das das Sozialrecht durchzieht: Nachteilsausgleiche sollen dort greifen, wo eine aktuelle Teilhabebeeinträchtigung besteht. Sie sind nicht als lebenslange Prämie gedacht, sondern als Ausgleich für gegenwärtige Nachteile.
Das Urteil schützt Betroffene immerhin indirekt vor einer anderen Härte: Es stärkt die Trennung zwischen Zukunft und Vergangenheit. Wer jahrelang Vorteile aus einem Status gezogen hat, muss nicht automatisch damit rechnen, dass dies rückwirkend umfassend entzogen wird. In der Praxis bleibt dennoch ein Spannungsfeld: Verwaltung muss gesetzmäßige Zustände herstellen, Betroffene brauchen Planbarkeit.
QuellenBundessozialgericht, Urteil vom 11.08.2015 (Az. B 9 SB 2/15 R), Leitsätze und Sachverhalt (Darstellung).
Der Beitrag Unbefristeter Schwerbehindertenausweis schützt nicht vor Nachprüfung erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Krankengeld auch bei Familienversicherung?
Wer in Deutschland gesetzlich krankenversichert ist, rechnet im Krankheitsfall oft mit einem finanziellen Netz. Im Alltag klingt das beruhigend: Krankmeldung, Arztbesuch, Genesung – und das Einkommen läuft irgendwie weiter. Doch genau an dieser Stelle beginnt die Verwechslungsgefahr. Denn die gesetzliche Krankenversicherung kennt zwar das Krankengeld als Lohnersatz, aber nicht jede versicherte Person hat darauf Anspruch. Besonders häufig trifft diese Realität Menschen, die beitragsfrei über die Familienversicherung abgesichert sind. Medizinisch sind sie im Regelfall gut versorgt. Geldleistungen wie Krankengeld können jedoch fehlen – und das fällt oft erst dann auf, wenn die Krankheit länger dauert als geplant.
Warum es Krankengeld gibt – und wofür es nicht gedacht istKrankengeld ist in der gesetzlichen Krankenversicherung als Ersatz für wegfallendes Arbeitsentgelt angelegt. Es soll die Zeit überbrücken, in der eine Person arbeitsunfähig ist und kein Anspruch mehr auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber besteht. Es ist damit kein „Bonus“ für Kranksein, sondern eine Absicherung gegen Einkommensausfälle. Diese Logik prägt auch die gesetzlichen Ausschlüsse: Wer typischerweise keinen Verdienstausfall hat oder wessen Versicherung nicht an eine eigene Erwerbstätigkeit gekoppelt ist, fällt in vielen Konstellationen aus dem Anspruch heraus.
Genau hier liegt die Bruchstelle zur Familienversicherung. Sie ermöglicht Schutz ohne eigene Beiträge, aber sie ersetzt nicht automatisch den Status einer eigenen Mitgliedschaft mit Anspruch auf Entgeltersatz.
Was Familienversicherung rechtlich bedeutetDie Familienversicherung ist eine beitragsfreie Mitversicherung von Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnern und Kindern in der gesetzlichen Krankenversicherung, solange bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehören insbesondere Wohnsitz beziehungsweise gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland, keine vorrangige eigene Versicherungspflicht oder freiwillige Versicherung und vor allem eine Einkommensgrenze, die nicht regelmäßig überschritten werden darf.
Außerdem dürfen mitversicherte Ehe- oder Lebenspartner nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig sein. Für Kinder gelten zusätzliche Alters- und Ausbildungsregeln, außerdem gibt es eine wichtige Ausschlussregel, wenn ein Elternteil nicht gesetzlich versichert ist und über der maßgeblichen Grenze verdient.
Familienversicherte sind also zwar „Versicherte“ im System – sie sind jedoch nicht in derselben Rolle wie beitragszahlende Mitglieder, deren Versicherung direkt an eine Erwerbsbiografie und Beitragszahlungen anknüpft. Genau diese Differenz wird bei Geldleistungen sichtbar.
Warum familienversicherte Personen in der Regel kein Krankengeld bekommenDas Gesetz selbst ist an dieser Stelle eindeutig. Zwar eröffnet die Grundnorm zum Krankengeld den Anspruch bei Arbeitsunfähigkeit oder stationärer Behandlung. Direkt im nächsten Schritt folgen jedoch die Ausschlüsse. Unter den Gruppen ohne Krankengeldanspruch werden ausdrücklich auch die nach § 10 SGB V familienversicherten Personen genannt.
Mit anderen Worten: Wer „nur“ familienversichert ist, hat bei eigener Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich keinen Anspruch auf Krankengeld – selbst dann, wenn tatsächlich Einkommen wegfällt.
Dieser Punkt wird in der Praxis häufig missverstanden, weil die Versorgung im Arztzimmer oder Krankenhaus identisch wirkt. Medizinische Leistungen gibt es, das Krankengeld ist aber eine andere Kategorie. Krankengeld hängt am Versicherungsstatus, nicht daran, ob eine Krankheit objektiv schwer ist.
Wenn die Krankheit länger dauert: Wo der Irrtum praktisch teuer werden kannIm Arbeitsleben wirken die ersten Wochen oft wie ein Beleg dafür, dass „alles geregelt“ ist. Denn bei abhängig Beschäftigten greift zunächst die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber. Üblich sind bis zu sechs Wochen Lohnfortzahlung je Krankheitsfall. In dieser Phase spielt die Frage nach Krankengeld noch keine Rolle. Erst wenn die Arbeitsunfähigkeit darüber hinaus andauert, rückt das Krankengeld ins Blickfeld – und dann kann es bei Familienversicherung zum harten Schnitt kommen.
Wer familienversichert ist, kann durchaus in Situationen geraten, in denen es zwar eine Lohnfortzahlung gibt, danach aber ein finanzielles Loch entsteht. Das betrifft besonders Beschäftigungsformen, die keine eigene Krankenversicherungspflicht auslösen oder in denen der Krankenversicherungsstatus nicht automatisch mit einem Krankengeldanspruch verbunden ist. Genau diese Konstellationen sind verbreiteter, als viele annehmen.
Minijob und Familienversicherung: die stille Versorgungslücke nach sechs WochenEin besonders typischer Fall ist der Minijob neben einer beitragsfreien Familienversicherung. Minijobberinnen und Minijobber sind als Beschäftigte in der Krankenversicherung in der Regel versicherungsfrei.
Der Arbeitgeber zahlt zwar pauschale Beiträge, daraus entsteht jedoch kein eigener Krankenversicherungsschutz als Arbeitnehmer – und ausdrücklich auch kein Anspruch auf Krankengeld. In der Praxis bedeutet das: Wer im Minijob arbeitet und familienversichert bleibt, kann zwar krank werden und hat arbeitsrechtlich zunächst Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dauert die Erkrankung länger, gibt es aus der gesetzlichen Krankenversicherung kein Krankengeld als Auffanglinie.
Das ist keine Randnotiz, sondern eine planbare Risikolage. Gerade Haushalte, die auf den Minijob-Verdienst als festen Bestandteil ihres Budgets setzen, merken im Ernstfall, dass die beitragsfreie Absicherung medizinisch schützt, finanziell aber nicht alles abdeckt.
Der Weg zum Krankengeldanspruch führt über die eigene MitgliedschaftWer Krankengeld benötigt, braucht dafür grundsätzlich einen Versicherungsstatus, der den Anspruch einschließt. Bei abhängig Beschäftigten in sozialversicherungspflichtigen Jobs ist das Krankengeld typischerweise Bestandteil der Mitgliedschaft, weil nach der Entgeltfortzahlung die Krankenkasse einspringt.
Bei anderen Gruppen ist der Anspruch nicht automatisch dabei. Hauptberuflich Selbständige sind ein prominentes Beispiel: Sie sind in der gesetzlichen Krankenversicherung häufig freiwillig versichert, aber ohne Krankengeldanspruch, solange sie ihn nicht ausdrücklich wählen. Das Gesetz sieht hierfür eine Wahlerklärung vor, mit der die Mitgliedschaft den Krankengeldanspruch umfassen soll.
Diese Struktur zeigt, worum es im System geht: Krankengeld ist eng mit Beitrags- und Mitgliedschaftsentscheidungen verknüpft. Familienversicherung ist dagegen bewusst als beitragsfreie Mitversicherung konstruiert – und gerade deshalb regelmäßig ohne Krankengeld.
Wie hoch Krankengeld ausfällt – und warum die Beitragsbemessungsgrenze eine Rolle spieltIst ein Krankengeldanspruch vorhanden, wird die Höhe nach gesetzlichen Regeln berechnet. Das Krankengeld orientiert sich grundsätzlich am regelmäßigen Arbeitsentgelt und beträgt 70 Prozent des beitragspflichtigen Bruttoentgelts, aber nicht mehr als 90 Prozent des Nettoentgelts. Entscheidend ist zudem, dass nur Einkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung in die Rechnung einfließt. Wer darüber verdient, erhält nicht „70 Prozent des tatsächlichen Brutto“, sondern 70 Prozent des maximal beitragspflichtigen Entgelts.
Für das Jahr 2025 liegt diese Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung bei 5.512,50 Euro monatlich. Daraus lässt sich auch die rechnerische Obergrenze des Krankengeldes ableiten: 70 Prozent hiervon ergeben 3.858,75 Euro pro Monat, was bei kalendertäglicher Berechnung einem Höchstwert von rund 128,63 Euro pro Tag entspricht. In der Realität kommen Abzüge für Sozialversicherungsbeiträge hinzu, sodass die Auszahlung niedriger ausfällt als die reine Bruttorechnung vermuten lässt.
Für den Kontext „Familienversicherung“ ist diese Rechnung vor allem deshalb wichtig, weil sie zeigt, was fehlt: Wer keinen Anspruch hat, erhält nicht „weniger Krankengeld“, sondern gar keines – unabhängig davon, wie niedrig oder hoch das vorherige Einkommen war.
Wie lange Krankengeld gezahlt wird: Blockfristen und AussteuerungAuch mit Anspruch ist Krankengeld zeitlich begrenzt. Für dieselbe Krankheit wird es grundsätzlich höchstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren gezahlt, gerechnet ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit.
Kommt während derselben Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, verlängert das die Bezugsdauer nicht. Diese Regelung ist in der Praxis relevant, weil sie erklärt, warum Menschen nach langer Krankheit trotz fortbestehender Arbeitsunfähigkeit irgendwann „ausgesteuert“ werden und dann andere Sicherungssysteme greifen müssen.
Für Familienversicherte stellt sich diese Frage meist nicht, weil bereits der Zugang zum Krankengeld fehlt. Trotzdem spielt die Logik der Begrenzung als Vergleich eine Rolle: Das System bietet Entgeltersatz, aber in klar markierten Grenzen und nur für bestimmte Versichertengruppen.
Formales entscheidet mit: ärztliche Feststellung und lückenlose NachweiseBeim Krankengeld ist die formale Seite nicht bloß Bürokratie, sondern Anspruchsvoraussetzung. Der Anspruch entsteht grundsätzlich mit der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit; entscheidend ist, dass Folgefeststellungen rechtzeitig erfolgen. Lücken können dazu führen, dass der Anspruch endet oder neu geprüft wird. In den vergangenen Jahren wurden Abläufe durch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zwar modernisiert, die Verantwortung für rechtzeitige Arzttermine und korrekte Übermittlung ist dadurch aber nicht automatisch „wegdigitalisiert“.
Im Zusammenhang mit Familienversicherung bedeutet das: Wer in eine eigene Mitgliedschaft wechselt oder bereits Mitglied ist, sollte die Abläufe kennen, um den Anspruch nicht an Fristen scheitern zu lassen. Wer familienversichert bleibt, sollte wiederum wissen, dass selbst perfekte Nachweise keinen Krankengeldanspruch erzeugen, wenn der Status ihn ausschließt.
Kinderkrankengeld: eine andere Leistung als Krankengeld bei eigener KrankheitOft wird im Familienalltag nicht die eigene Krankheit zum Problem, sondern die Erkrankung eines Kindes. Hier greift das Kinderkrankengeld, das rechtlich an eine eigene Norm gebunden ist. Gesetzlich krankenversicherte Eltern können unter bestimmten Voraussetzungen Kinderkrankengeld erhalten, wenn sie ein krankes Kind betreuen müssen und dadurch ein Verdienstausfall entsteht. Für die Jahre 2024 und 2025 ist der Anspruch pro Elternteil auf 15 Arbeitstage je Kind angehoben worden, bei Alleinerziehenden auf 30 Tage; bei mehreren Kindern gilt zusätzlich eine Obergrenze pro Jahr.
Wichtig ist die praktische Trennlinie: Kinderkrankengeld ist an den Verdienstausfall durch Betreuung gebunden. Wer familienversichert ist, aber nicht arbeitet, wird in der Regel keinen Ausfall haben, der ersetzt werden könnte. Wer hingegen arbeitet und gesetzlich versichert ist, kann im Rahmen der Voraussetzungen anspruchsberechtigt sein. Das Kinderkrankengeld ist damit nicht einfach „Krankengeld unter anderem Namen“, sondern eine eigenständige Leistung mit eigener Logik, die in Familien häufig eine größere Rolle spielt als das klassische Krankengeld.
Schwangerschaft und Mutterschutz: Mutterschaftsgeld als Sonderfall bei FamilienversicherungNoch einmal anders gelagert ist die Situation rund um Schwangerschaft und Mutterschutz. Mutterschaftsgeld aus der gesetzlichen Krankenkasse setzt grundsätzlich eine eigene Mitgliedschaft voraus; eine reine Familienversicherung reicht dafür nicht aus. Für familienversicherte oder privatversicherte Frauen gibt es jedoch einen anderen Weg: Unter bestimmten Voraussetzungen kann Mutterschaftsgeld beim Bundesamt für Soziale Sicherung beantragt werden, etwa wenn ein Beschäftigungsverhältnis besteht und wegen der Schutzfristen kein Entgelt gezahlt wird.
Auch Krankenkassen weisen darauf hin, dass familienversicherte Frauen dann typischerweise einen einmaligen Zuschuss über diesen Weg erhalten können.
Das zeigt exemplarisch, wie differenziert das System arbeitet: Familienversicherung schützt medizinisch, aber Geldleistungen werden je nach Lebenslage über unterschiedliche Träger und Voraussetzungen organisiert. Wer sich auf „die Krankenkasse“ als einheitliche Instanz verlässt, übersieht schnell solche Verzweigungen.
Einkommensgrenzen und Statuswechsel: Warum die Familienversicherung nicht automatisch stabil bleibtFamilienversicherung ist an Grenzen gebunden, die sich jährlich verändern können. Für 2025 liegt die allgemeine Einkommensgrenze für die beitragsfreie Familienversicherung bei 535 Euro monatlich, während bei einem Minijob die höhere Grenze der Minijob-Verdienstgrenze maßgeblich ist, die 2025 bei 556 Euro monatlich liegt.
Für 2026 werden bereits höhere Werte genannt, etwa 565 Euro für die allgemeine Grenze und 603 Euro für Minijobs. Zudem gibt es die erwähnte Sonderregel für Kinder, wenn ein Elternteil nicht gesetzlich versichert ist und über der maßgeblichen Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt.
Diese Zahlen sind nicht nur Verwaltungsdetails. Sie entscheiden darüber, ob jemand familienversichert bleibt oder in eine eigene Mitgliedschaft wechseln muss. Und damit entscheidet sich mittelbar auch die Frage, ob ein Krankengeldanspruch überhaupt entstehen kann. Wer an der Grenze verdient, sollte deshalb wissen, dass kleine Änderungen beim Einkommen – etwa durch regelmäßige Zuschläge oder die Ausweitung von Arbeitsstunden – den Versicherungsstatus kippen können.
Fazit: Familienversicherung schützt gut – aber nicht gegen jeden EinkommensausfallDie Familienversicherung ist ein starkes Element des solidarischen Systems: Sie ermöglicht umfassende medizinische Versorgung ohne eigene Beiträge, gerade für Kinder und für Partnerinnen oder Partner ohne oder mit geringem Einkommen. Wer jedoch bei längerer Krankheit auf einen finanziellen Ersatz angewiesen ist, darf die Familienversicherung nicht mit einer Mitgliedschaft verwechseln, die Krankengeld einschließt. Der Ausschluss ist gesetzlich vorgesehen und wird im Alltag oft nur deshalb übersehen, weil zunächst die Lohnfortzahlung wirkt oder weil die medizinische Versorgung keinen Unterschied erkennen lässt.
Familienversicherung kann im Krankheitsfall eine Lücke beim Einkommen lassen. Wer in Konstellationen wie Minijob, geringem Teilzeitverdienst oder wechselnden Erwerbsphasen lebt, sollte diesen Punkt nicht erst in der Krise entdecken, sondern vorher klären, ob der eigene Status wirklich zu den finanziellen Risiken passt.
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Kürzung der Rente im März wegen Zusatzbeitrag – Millionen Rentner betroffen
Wenn ein bekannter Rentenberater von einer „Rentenkürzung im März 2026“ spricht, geht es nicht um eine Absenkung der Bruttorente durch ein Rentengesetz. Gemeint ist vielmehr, dass bei vielen Rentnerinnen und Rentnern im Portemonnaie weniger ankommt, weil Pflichtabzüge steigen. Besonders spürbar wird das, wenn der kassenindividuelle Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) anzieht.
Dann bleibt die Bruttorente unverändert, aber der Zahlbetrag nach Abzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen sinkt.
Für Millionen Ruheständler ist das kein theoretisches Thema, sondern ein wiederkehrender Mechanismus. Der Zusatzbeitrag wird von jeder Krankenkasse selbst festgelegt. Er kann zum Jahreswechsel steigen – und damit steigen auch die Beiträge, die unmittelbar aus der Rente einbehalten werden. Das Ergebnis wirkt wie eine Kürzung, obwohl die Rentenformel unangetastet bleibt.
Zusatzbeitrag 2026: Was bereits feststeht – und was nichtFür 2026 ist der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz von der Bundesregierung beziehungsweise dem Bundesgesundheitsministerium als Rechengröße festgesetzt worden. Für das Jahr 2026 liegt dieser durchschnittliche Wert bei 2,9 Prozent. Das ist ein Anstieg gegenüber 2025.
Damit ist aber noch nicht entschieden, wie hoch Ihr persönlicher Zusatzbeitrag ausfällt, denn maßgeblich ist der Satz Ihrer konkreten Krankenkasse. Viele Kassen orientieren sich bei ihren Entscheidungen am durchschnittlichen Satz, sie können aber darunter bleiben oder darüber liegen.
Genau hier entsteht die breite Betroffenheit: Selbst wenn der „Durchschnitt“ moderat aussieht, können einzelne Kassen deutlich stärker erhöhen – und dann fällt der Nettoeffekt für die Mitglieder entsprechend größer aus. Umgekehrt gilt ebenso: Wer bei einer Kasse mit stabilem oder sinkendem Zusatzbeitrag versichert ist, spürt keine zusätzliche Belastung aus diesem Grund.
Warum die Mehrbelastung bei vielen erst ab März 2026 ankommtDer in Überschriften häufig genannte Zeitpunkt „ab März 2026“ hat einen rechtstechnischen Hintergrund. Bei versicherungspflichtigen Rentnerinnen und Rentnern (typischerweise in der Krankenversicherung der Rentner, KVdR) wirkt sich eine Änderung des Zusatzbeitragssatzes nicht sofort aus, sondern zeitversetzt.
Nach der gesetzlichen Regelung gelten Veränderungen des Zusatzbeitragssatzes aus der Rente vom ersten Tag des zweiten auf die Veränderung folgenden Kalendermonats an. Praktisch bedeutet das: Wird der Zusatzbeitrag zum 1. Januar 2026 angehoben, schlägt sich das bei vielen Pflichtversicherten erst bei der Rentenzahlung für März 2026 nieder.
Diese Verzögerung ist kein Sonderfall, sondern ein fest eingeplanter Ablauf. Die Deutsche Rentenversicherung weist seit Jahren darauf hin, dass Beitragssatzänderungen für pflichtversicherte Rentenbeziehende stets mit dieser Verzögerung umgesetzt werden – unabhängig davon, ob es um Erhöhungen oder Senkungen geht.
Wer freiwillig in der GKV versichert ist, ist hiervon regelmäßig nicht in gleicher Weise betroffen, weil dort die Beitragszahlung anders organisiert ist und Änderungen typischerweise ohne den zweimonatigen Aufschub greifen.
Ein weiterer Punkt führt oft zu Verwirrung: Nicht alle Renten werden gleich ausgezahlt. Wer seit April 2004 oder später Rente bezieht, erhält sie nachschüssig am Monatsende; dann wird eine Änderung, die für den Monat März gilt, häufig erst Ende März auf dem Konto sichtbar.
Wer schon vor April 2004 in Rente gegangen ist und die Rente im Voraus erhält, sieht den geänderten Betrag für März typischerweise bereits Ende Februar. Die Rentenversicherung informiert über solche Änderungen meist nicht mit einem gesonderten Schreiben, sondern im Regelfall über den Kontoauszug; schriftliche Bescheide sind eher Ausnahmen.
Wie sich ein höherer Zusatzbeitrag rechnerisch auf die Netto-Rente auswirktFür die gesetzliche Rente gilt in der GKV grundsätzlich der allgemeine Beitragssatz. Hinzu kommt der kassenindividuelle Zusatzbeitrag. Pflichtversicherte Rentnerinnen und Rentner tragen den Krankenversicherungsbeitrag aus der gesetzlichen Rente nicht allein: Die Rentenversicherung übernimmt – vereinfacht gesprochen – die Hälfte des Krankenversicherungsbeitrags, und zwar auch bezogen auf den Zusatzbeitrag.
Damit ist der direkte Verlust beim Zahlbetrag in vielen Fällen „nur“ die halbe Wirkung einer Zusatzbeitragserhöhung auf die gesetzliche Bruttorente.
Anschaulich wird es mit einer Größenordnung: Steigt der Zusatzbeitrag Ihrer Kasse beispielsweise um 0,6 Prozentpunkte, dann erhöht sich der gesamte Krankenversicherungsbeitrag auf die Rente rechnerisch um 0,6 Prozent der Bruttorente.
Da sich Rentenversicherung und Rentnerin bzw. Rentner diesen Anteil typischerweise teilen, kommt beim Zahlbetrag aus der gesetzlichen Rente ungefähr die Hälfte dieser 0,6 Prozentpunkte als Minus an. Bei 1.500 Euro Bruttorente wären 0,6 Prozent 9 Euro; der eigene Anteil läge dann grob bei etwa 4,50 Euro monatlich – dauerhaft, solange der Zusatzbeitrag in dieser Höhe gilt.
Wichtig ist dabei: Diese Betrachtung betrifft den Abzug aus der gesetzlichen Rente. Zusätzliche Einnahmen im Alter können anders behandelt werden, und dann kann die Belastung deutlich stärker ausfallen, obwohl es sich um denselben Zusatzbeitragssatz handelt.
Wer besonders betroffen ist„Millionen Rentner betroffen“ trifft vor allem deshalb zu, weil die Mehrheit der Rentnerinnen und Rentner in Deutschland in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist und weil viele Kassen ihre Zusatzbeiträge zum Jahreswechsel anpassen.
Besonders spürbar wird die Entwicklung bei Menschen mit kleinen und mittleren Renten, weil dort wenige Euro weniger Netto bereits die laufenden Ausgaben berühren, etwa für Miete, Energie oder Zuzahlungen bei Medikamenten.
Stark betroffen sind zudem Personen, bei denen die gesetzliche Rente nicht die einzige beitragspflichtige Einnahme ist. Wer neben der gesetzlichen Rente Versorgungsbezüge wie eine Betriebsrente erhält, kann trotz Rentenversicherungsanteil bei der gesetzlichen Rente insgesamt eine deutlich höhere Eigenbelastung haben.
Denn bei Versorgungsbezügen greifen andere Regeln zur Beitragstragung als bei der gesetzlichen Rente selbst. Ähnlich gilt das für freiwillig versicherte Rentnerinnen und Rentner: Dort werden Beiträge häufig auf das gesamte beitragspflichtige Einkommen erhoben, nicht nur auf die gesetzliche Rente. Dadurch kann ein steigender Zusatzbeitrag in Euro gerechnet wesentlich stärker durchschlagen.
Tabelle: Diese Krankenkassen erhöhen den Zusatzbeitrag Krankenkasse Erhöhung des Zusatzbeitrags (2025 → 2026) hkk um 0,40 Prozentpunkte ( 2,19% → 2,59% ; gültig ab 01.01.2026 ) Audi BKK um 0,20 Prozentpunkte ( 2,40% → 2,60% ; gültig ab 01.01.2026 ) Techniker Krankenkasse um 0,24 Prozentpunkte ( 2,45% → 2,69% ; gültig ab 01.01.2026 ) WMF BKK um 0,40 Prozentpunkte ( 2,45% → 2,85% ; gültig ab 01.01.2026 ) HEK – Hanseatische Krankenkasse um 0,39 Prozentpunkte ( 2,50% → 2,89% ; gültig ab 01.01.2026 ) DAK-Gesundheit um 0,40 Prozentpunkte ( 2,80% → 3,20% ; gültig ab 01.01.2026 ) Salus BKK um 0,30 Prozentpunkte ( 2,99% → 3,29% ; gültig ab 01.01.2026 ) R+V Betriebskrankenkasse um 0,53 Prozentpunkte ( 2,96% → 3,49% ; gültig ab 01.01.2026 ) Novitas BKK um 0,62 Prozentpunkte ( 2,98% → 3,60% ; gültig ab 01.01.2026 ) BAHN-BKK um 0,25 Prozentpunkte ( 3,40% → 3,65% ; gültig ab 01.01.2026 ) BIG direkt gesund um 0,30 Prozentpunkte ( 3,39% → 3,69% ; gültig ab 01.01.2026 ) Pronova BKK um 0,50 Prozentpunkte ( 3,20% → 3,70% ; gültig ab 01.01.2026 ) BKK ProVita um 0,90 Prozentpunkte ( 2,89% → 3,79% ; gültig ab 01.01.2026 ) Heimat Krankenkasse um 0,80 Prozentpunkte ( 3,10% → 3,90% ; gültig ab 01.01.2026 ) energie-BKK um 1,00 Prozentpunkte ( 2,98% → 3,98% ; gültig ab 01.01.2026 ) VIACTIV Krankenkasse um 0,92 Prozentpunkte ( 3,27% → 4,19% ; gültig ab 01.01.2026 ) BKK Faber-Castell & Partner um 0,30 Prozentpunkte ( 2,18% → 2,48% ; gültig ab 01.01.2026 ) BKK Public um 0,20 Prozentpunkte ( 2,30% → 2,50% ; gültig ab 01.01.2026 ) AOK Sachsen-Anhalt um 0,39 Prozentpunkte ( 2,50% → 2,89% ; gültig ab 01.01.2026 ) AOK Niedersachsen um 0,28 Prozentpunkte ( 2,70% → 2,98% ; gültig ab 01.01.2026 ) SKD BKK um 0,50 Prozentpunkte ( 2,48% → 2,98% ; gültig ab 01.01.2026 ) AOK Hessen um 0,49 Prozentpunkte ( 2,49% → 2,98% ; gültig ab 01.01.2026 ) AOK NordWest um 0,20 Prozentpunkte ( 2,79% → 2,99% ; gültig ab 01.01.2026 ) AOK Baden-Württemberg um 0,39 Prozentpunkte ( 2,60% → 2,99% ; gültig ab 01.01.2026 ) BKK Freudenberg um 0,50 Prozentpunkte ( 2,49% → 2,99% ; gültig ab 01.01.2026 ) Bosch BKK um 0,50 Prozentpunkte ( 2,68% → 3,18% ; gültig ab 01.01.2026 ) AOK Rheinland/Hamburg um 0,30 Prozentpunkte ( 2,99% → 3,29% ; gültig ab 01.01.2026 ) AOK Bremen und Bremerhaven um 0,80 Prozentpunkte ( 2,49% → 3,29% ; gültig ab 01.01.2026 ) BKK exklusiv um 1,10 Prozentpunkte ( 2,39% → 3,49% ; gültig ab 01.01.2026 ) Die BERGISCHE Krankenkasse um 0,84 Prozentpunkte ( 2,95% → 3,79% ; gültig ab 01.01.2026 ) mhplus Krankenkasse um 0,57 Prozentpunkte ( 3,29% → 3,86% ; gültig ab 01.01.2026 ) BKK Melitta HMR um 0,40 Prozentpunkte ( 3,50% → 3,90% ; gültig ab 01.01.2026 ) BKK Scheufelen um 0,59 Prozentpunkte ( 3,40% → 3,99% ; gültig ab 01.01.2026 ) BKK Werra-Meissner um 0,96 Prozentpunkte ( 3,39% → 4,35% ; gültig ab 01.01.2026 ) Betriebsrenten als Verstärker – und der Freibetrag 2026Bei Betriebsrenten gibt es seit einigen Jahren eine Entlastung in der Krankenversicherung in Form eines Freibetrags, der nur für pflichtversicherte Rentnerinnen und Rentner in der KVdR gilt. Dieser Freibetrag steigt 2026 weiter an.
Für das Jahr 2026 liegt er bei 197,75 Euro im Monat; erst der Teil einer Betriebsrente, der darüber liegt, wird in der Krankenversicherung verbeitragt. Das kann gerade bei kleinen Betriebsrenten einen spürbaren Unterschied machen, weil der Krankenversicherungsbeitrag inklusive Zusatzbeitrag dann auf einen kleineren Betrag berechnet wird oder ganz entfällt.
Diese Entlastung hat allerdings Grenzen. Sie bezieht sich typischerweise nur auf die Krankenversicherung, nicht auf die Pflegeversicherung. Außerdem gilt sie nicht automatisch für alle Konstellationen, etwa wenn jemand nicht pflichtversichert ist. Deshalb kann es trotz steigenden Freibetrags passieren, dass die Nettoauszahlung im Alter sinkt, wenn die Krankenkasse den Zusatzbeitrag erhöht.
Was Betroffene konkret prüfen solltenFür das Frühjahr 2026 lohnt ein nüchterner Blick auf die Kontoauszüge und die Rentenmitteilungen. Wenn die eigene Krankenkasse den Zusatzbeitrag zum 1. Januar 2026 erhöht, ist bei pflichtversicherten Rentenbeziehenden ein niedrigerer Zahlbetrag ab der „Märzrente“ plausibel. Bei Unklarheiten hilft es, die ausgewiesenen Abzüge mit dem aktuellen Zusatzbeitrag der Kasse abzugleichen. Die Rentenversicherung selbst weist darauf hin, dass Betroffene die Veränderung in der Regel über den Kontoauszug erkennen und dass ein gesonderter Bescheid meist nicht verschickt wird.
Wer feststellt, dass die eigene Kasse deutlich anhebt, kann sich außerdem mit den Wechselmöglichkeiten beschäftigen. Bei einer Erhöhung des Zusatzbeitrags bestehen in bestimmten Fällen Sonderrechte, und die Krankenkassen haben Informationspflichten.
Ein Kassenwechsel ist aber kein Sofortschalter: Kündigungs- und Wechselzeitpunkte sind gesetzlich geregelt. Gerade im Ruhestand ist es sinnvoll, neben dem Beitrag auch Leistungsangebote, Service und Erreichbarkeit in die Entscheidung einzubeziehen, statt nur auf eine Momentaufnahme zu reagieren.
Einordnung: Keine Rentenreform – aber ein reales Netto-ProblemDie Entwicklung ab März 2026 zeigt ein Muster, das sich in den vergangenen Jahren immer wieder beobachten ließ: Auf der Ebene der Rentenpolitik kann die Bruttorente stabil bleiben oder sogar steigen, während die Nettoauszahlung durch höhere Sozialabgaben dennoch sinkt. Wer monatlich kalkuliert, spürt nicht die Bruttorente, sondern den Betrag, der tatsächlich ankommt. Und dieser sinkt, wenn Kassenbeiträge durch den Zusatzbeitrag steigen. Im Zweifel hilft ein Wechsel der Krankenkasse, um die Mehrausgaben zu senken.
QuellenDeutsche Rentenversicherung: „Änderungen des Krankenversicherungsbeitrags wirken zeitversetzt bei der Rente“, Sozialgesetzbuch V: § 247 „Beitragssatz aus der Rente“ (Regel zur zeitversetzten Anwendung von Zusatzbeitragsänderungen)
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So hoch ist der Grundbedarf für eine Person in der Sozialhilfe 2026
Wenn nach dem „Grundbedarf“ in der Sozialhilfe gefragt wird, ist damit im Alltag fast immer der monatliche Regelbedarf gemeint. Dieser Betrag soll den laufenden Lebensunterhalt sichern, also das, was im normalen Alltag regelmäßig anfällt. In der Sozialhilfe (SGB XII) heißt diese Leistung je nach Lebenslage „Hilfe zum Lebensunterhalt“ oder „Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung“ – der Regelbedarf ist dabei in beiden Fällen der gleiche Baustein. Die Beträge gelten außerdem spiegelbildlich auch im Bürgergeld-System, weil die Regelbedarfsstufen dort an dieselben Werte anknüpfen.
Wichtig ist: Der Regelbedarf ist nicht die gesamte Sozialhilfe. Er ist der pauschale Anteil für den laufenden Lebensunterhalt. Dazu kommen – je nach Fall – Kosten der Unterkunft und Heizung sowie zusätzliche Bedarfe. Wer nur den „Grundbedarf“ betrachtet, unterschätzt daher häufig den tatsächlichen Gesamtanspruch oder verwechselt ihn mit dem Auszahlungsbetrag.
So hoch ist der Grundbedarf 2026: Regelbedarfsstufen im ÜberblickFür 2026 bleibt der Regelbedarf in allen Stufen unverändert. Für eine alleinstehende erwachsene Person mit eigener Wohnung ist in der Praxis in der Regel die Regelbedarfsstufe 1 maßgeblich. Das sind 563 Euro pro Monat (Stand ab 1. Januar 2026).
Regelbedarfsstufe / typische Personengruppe Regelbedarf 2026 (Euro pro Monat) Stufe 1 – Alleinstehende oder Alleinerziehende (eigene Wohnung) 563 € Stufe 2 – Volljährige Partner (je Person), außerdem bestimmte Wohnformen mit gemeinsam genutzten Räumen 506 € Stufe 3 – Volljährige in stationären Einrichtungen (notwendiger Lebensunterhalt nach § 27b SGB XII) 451 € Stufe 4 – Jugendliche von 14 bis 17 Jahren 471 € Stufe 5 – Kinder von 6 bis 13 Jahren 390 € Stufe 6 – Kinder bis 5 Jahre 357 € Warum 2026 keine Erhöhung kommtDass die Regelbedarfe 2026 nicht steigen, hat einen konkreten rechtlichen Grund: Der gesetzliche Fortschreibungsmechanismus hätte rechnerisch zu niedrigeren Werten geführt, doch das Gesetz lässt eine Absenkung nicht zu. Für Alleinstehende hätte die rechnerische Fortschreibung 2026 bei 557 Euro gelegen, also unter dem seit 2024 geltenden Betrag von 563 Euro.
Weil der Vorjahresbetrag nicht unterschritten werden darf, bleibt es bei den bisherigen Sätzen. Diese Schutzregel steht im Sozialhilferecht als Besitzschutz und sorgt dafür, dass einmal erreichte Eurobeträge so lange weitergelten, bis spätere Berechnungen wieder darüber liegen.
Wie die Beträge grundsätzlich fortgeschrieben werdenDie jährliche Anpassung geschieht nicht „frei nach Kassenlage“, sondern nach einem gesetzlich festgelegten Verfahren. Seit 2023 wird in zwei Schritten fortgeschrieben. Zuerst wird ein Mischindex angewandt, der die Preisentwicklung regelbedarfsrelevanter Güter und Dienstleistungen zu 70 Prozent und die Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter zu 30 Prozent berücksichtigt.
Danach folgt eine zweite Fortschreibung, die die jüngere Preisentwicklung in einem festgelegten Zeitraum noch einmal einbezieht. Genau dieses Verfahren führte für 2026 rechnerisch zu einer Absenkung, die wegen des Besitzschutzes rechtlich nicht umgesetzt wird.
Was der Regelbedarf abdeckt – und was ausdrücklich nichtDer Regelbedarf ist als Pauschale gedacht. Er soll die typischen Ausgaben des Alltags abdecken, also etwa Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Dinge des täglichen Gebrauchs, Mobilität im Rahmen des Üblichen, Kommunikation und ein Mindestmaß an sozialer Teilhabe.
Auch Haushaltsstrom ist grundsätzlich Teil des Regelbedarfs, während Heizstrom und Heizungskosten getrennt betrachtet werden können, je nach Konstellation und Abrechnung.
Nicht enthalten sind in der Regel die tatsächlichen Wohnkosten. Ebenso wenig ist der Regelbedarf dafür gedacht, besondere Lebenslagen oder größere Sonderanschaffungen automatisch „mitzufinanzieren“. Genau deshalb gibt es im System der Sozialhilfe weitere Leistungsbausteine, die je nach Situation hinzukommen.
Miete und Heizung: Warum der Gesamtanspruch je nach Wohnort stark schwanktNeben dem Regelbedarf werden in der Sozialhilfe die Bedarfe für Unterkunft und Heizung grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, allerdings nur, soweit sie angemessen sind. Was als angemessen gilt, hängt von örtlichen Richtwerten ab, die sich an der jeweiligen Wohnungsmarktlage orientieren.
Dadurch kann der Gesamtanspruch in einer teuren Stadt deutlich höher ausfallen als in einer günstigeren Region, obwohl der Regelbedarf bundesweit gleich ist.
In der Praxis spielt außerdem eine Karenzzeit eine Rolle: In bestimmten Fällen werden Unterkunftskosten anfangs großzügiger behandelt, bevor später eine Angemessenheitsprüfung strenger greift. Für Betroffene entscheidet diese Schnittstelle häufig darüber, ob die Wohnung gehalten werden kann oder ob eine Kostensenkungsaufforderung droht.
Mehrbedarfe: Wenn besondere Lebenslagen hinzukommenDer Regelbedarf ist bewusst „durchschnittlich“ angelegt. Wenn eine Lebenslage typischerweise dauerhaft höhere Ausgaben verursacht, sieht das Sozialhilferecht Mehrbedarfe vor. Das betrifft zum Beispiel Schwangerschaft, Alleinerziehung oder bestimmte gesundheitliche und behinderungsbedingte Konstellationen.
Auch eine medizinisch notwendige kostenaufwändige Ernährung kann einen Mehrbedarf auslösen, wenn sie im Einzelfall nachgewiesen wird. Die Höhe richtet sich je nach Tatbestand oft prozentual nach der maßgeblichen Regelbedarfsstufe, sodass die konkrete Summe vom Ausgangs-Regelbedarf abhängt.
Einmalige Bedarfe: Wenn eine Anschaffung nicht „aus der Pauschale“ zu stemmen istNeben Mehrbedarfen kennt die Sozialhilfe ausdrücklich einmalige Leistungen, die zusätzlich erbracht werden. Das betrifft typische Situationen, in denen eine einmalige Anschaffung oder Ausstattung nötig ist und realistischerweise nicht aus dem laufenden Regelbedarf angespart werden kann.
Klassische Fälle sind die Erstausstattung einer Wohnung nach einem Neuanfang, Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt oder bestimmte medizinisch notwendige Anschaffungen und Reparaturen im Hilfsmittelbereich. Diese Leistungen laufen nicht automatisch, sondern werden im Regelfall gesondert beantragt und nach Lage des Einzelfalls geprüft.
Besondere Fälle: stationäre Einrichtungen und gemeinschaftliche WohnformenGerade bei Unterbringung in stationären Einrichtungen lohnt ein genauer Blick, weil hier nicht einfach „Regelbedarf plus Miete“ gerechnet wird. Im Sozialhilferecht wird der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen anders bestimmt; der Betrag der Regelbedarfsstufe 3 bildet dabei einen Orientierungswert für den persönlichen Bedarf innerhalb dieser Konstellationen.
Auch gemeinschaftliche Wohnformen, bei denen persönlicher Wohnraum und gemeinschaftlich genutzte Räume zusammenkommen, können Einfluss auf die Zuordnung zur Regelbedarfsstufe haben, was sich unmittelbar auf den monatlichen Grundbetrag auswirkt.
Schulbedarfspaket 2026: zusätzliche Beträge bleiben ebenfalls gleichFür Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Ausbildungssituationen kann zusätzlich der persönliche Schulbedarf eine Rolle spielen. Für 2026 bleiben auch diese Beträge unverändert. Das Schulbedarfspaket beträgt weiterhin 130 Euro für das erste Schulhalbjahr und 65 Euro für das zweite Schulhalbjahr. Diese Leistung ist kein Bestandteil des Regelbedarfs, sondern ein zusätzlicher Bedarf im Rahmen des Bildungs- und Teilhaberechts.
Was Betroffene aus der Zahl „563 Euro“ realistisch ableiten könnenWer als alleinstehende Person 2026 Sozialhilfe erhält und in eigener Wohnung lebt, kann den Regelbedarf von 563 Euro als Ausgangspunkt nehmen. Ob das auch ungefähr dem monatlichen Auszahlungsbetrag entspricht, hängt dann vor allem davon ab, welche Wohnkosten anerkannt werden, ob Mehrbedarfe hinzukommen und welches Einkommen – etwa Rente, Unterhalt oder andere Leistungen – angerechnet wird. Gerade bei geringen Renten in der Grundsicherung im Alter ist es üblich, dass der Regelbedarf nur ein Teil der Gesamtleistung ist, während die Wohnungskosten den zweiten großen Block bilden.
Praxisbeispiel: Alleinstehende Person, schwanger, eigene Wohnung (Sozialhilfe 2026)Nehmen wir eine alleinstehende Person in eigener Wohnung, die Sozialhilfe erhält und sich in der 16. Schwangerschaftswoche befindet. Es wird unterstellt, dass keine weiteren Besonderheiten vorliegen und dass die Wohnkosten vom Sozialamt als angemessen anerkannt werden. Als Regelbedarf gilt 2026 für Alleinstehende weiterhin 563 Euro pro Monat. Für werdende Mütter besteht ab der 13. Schwangerschaftswoche ein Mehrbedarf von 17 Prozent der maßgebenden Regelbedarfsstufe.
Bedarfe und kurze BerechnungDer monatliche Bedarf setzt sich hier aus dem Regelbedarf, dem Mehrbedarf wegen Schwangerschaft und den Kosten der Unterkunft und Heizung zusammen. Die Zahlen sind bewusst praxisnah gewählt, die Logik ist die gleiche wie im Bescheid.
Bedarfsposten (Monat) Betrag Regelbedarf 2026 (Regelbedarfsstufe 1) 563 € Mehrbedarf Schwangerschaft (17 % von 563 €) ≈ 96 € Kosten der Unterkunft und Heizung (Warmmiete, als angemessen angenommen) 600 € Gesamtbedarf pro Monat 1.259 €Damit läge der monatliche Gesamtbedarf in diesem Beispiel bei 1.259 Euro. In der Praxis würde das Sozialamt anschließend prüfen, ob und welches Einkommen vorhanden ist und dieses – vereinfacht gesagt – vom Bedarf abziehen. Hätte die Person in unserem Beispiel etwa 200 Euro monatliche Rente, ergäbe sich in einer stark vereinfachten Rechnung ein Leistungsanspruch von 1.259 Euro minus 200 Euro, also 1.059 Euro. Je nach Einkommensart können Absetzungen eine Rolle spielen; im Bescheid ist dann nachvollziehbar aufgeführt, was genau wie angerechnet wurde.
Hinweis zur Übertragbarkeit auf andere FälleDas Beispiel zeigt die typische Monatslogik. In vielen realen Fällen kommen weitere Bausteine hinzu oder ersetzen einzelne Positionen, etwa wenn Mehrbedarfe aus anderen Gründen anerkannt werden oder wenn einmalige Bedarfe wie eine Erstausstattung geprüft werden. Am stärksten unterscheidet sich die Höhe des Ergebnisses meist bei den Wohnkosten, weil „angemessen“ örtlich unterschiedlich bewertet wird.
Der Beitrag So hoch ist der Grundbedarf für eine Person in der Sozialhilfe 2026 erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Kein Anspruch auf Internetanschluss in der Sozialhilfe – Aber! – Urteil
Auch ein Rechtsanwalt hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für einen Internetanschluss und notwendiges Equipment (Notebook/Laptop, WLAN-Router, Scanner/Drucker/Fax) auf Grundlage des SGB XII bei Nicht-Hilfebedürftigkeit.
Wer Leistungen zur Sozialhilfe tatsächlich bezieht, muss diese Kosten aus seiner Regelleistung bezahlen. Diese Kosten fallen auch nicht unter den Leistungen einer Wohnungserstausstattung (§ 31 Abs. 1 SGB XII).
Aber! Bei Umzügen gilt für Bürgergeld sowie Sozialhilfeempfänger nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts etwas anderes! Denn im Zusammenhang mit Umzügen als besonderer Bedarfslage ist in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass es sich bei den Kosten für die Umstellung eines Telefon- und Internetanschlusses (und eines Nachsendeauftrags) um unvermeidbare und gesondert zu übernehmende Kosten handeln kann.
Weil diese als notwendig angesehen werden, um nach einem Umzug die Kommunikation mit anderen Menschen, Behörden, Banken usw. aufrechtzuerhalten (so BSG, Urteil vom 10. August 2016 – B 14 AS 58/15 R -).
Der Antragsteller bezog eine Rente wegen dauerhafter Erwerbsminderung in Höhe von 1.037,26 € (Stand Juli 2022) und bezieht mittlerweile eine Altersrente in Höhe von aktuell 1.123,28 € (Juli 2024). Einen Antrag des Klägers auf Gewährung (aufstockender) Leistungen im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII lehnte die Behörde wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab. Ab 2023 wurden ihm Leistungen nach dem Wohngeld erbracht.
Der Kläger beantragte erneut beim Sozialamt die Übernahme der Kosten für einen Festnetz-Internetanschluss und die Anschaffung eines Laptops, Notebooks oder Tablet-PCs (Hard- und Software).
Internet für spätere Arbeit als RechtsanwaltEr benötige Internet sowohl als späterer Rechtsanwalt, aber auch für Arbeitsplatz-Recherche, Wohnungsmarkt und soziale Kontakte. Ohne Internet gehe fast nichts mehr. Er sei sehr wohl hilfebedürftig und arm.
Sowohl die Vorinstanz als auch das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen ( Urt. v. 27.08.2024 – L 15/8 SO 142/23 – ) lehnten den Antrag ab mangels bestehender Hilfebedürftigkeit.
BegründungKosten einer Flatrate für Festnetzanschlüsse für Internet sind nicht gesondert übernahmefähig, denn die Verbrauchsausgaben für Kommunikationsdienstleistungen seien im Regelsatz enthalten. Außerdem sei der Kläger nicht hilfebedürftig ( § 41 SGB XII ).
Auch keine Leistungen der WohnungserstausstattungAuch eine Übernahme auf Grundlage des § 31 SGB XII scheide aus, weil es sich bei einem Computer nicht um einen wohnraumbezogenen Gegenstand und auch kein Haushaltsgerät handele.
Bereitstellung eines Internetanschlusses kann bei den Umzugskosten berücksichtigungsfähig sein
Das Gericht betont, dass eine Übernahme denkbar wäre im Falle eines Umzugs könnten die Kosten für die Bereitstellung eines Internetanschlusses berücksichtigungsfähige Aufwendungen darstellen. Ein Umzug liege jedoch nicht vor.
Auch ein Darlehen gemäß § 37 SGB XII komme nicht in Betracht, weil keine Leistungsberechtigung nach dem SGB XII bestehe.
Die Richter wiesen den Antragsteller darauf hin, dass – nicht bereits als hilfebedürftig im Sinne des SGB XII gelte , wer über weniger als 1.410 € monatlich verfügt. Der notwendige Lebensunterhalt im Rahmen der staatlichen Grundsicherung richtet sich nicht nach familien- und unterhaltsrechtlichen Vorgaben wie z. B. der sogenannten Düsseldorfer Tabelle, sondern ausschließlich nach den gesetzlichen Vorgaben in §§ 27a ff. SGB XII zum Regelbedarf, der gesondert auf Grundlage von Einkommens- und Verbrauchsstichproben ermittelt wird.
Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 5 WoGG sind Empfänger von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII vom Bezug von Wohngeld ausgeschlossen
Wenn der Kläger das Ziel verfolgt, Grundsicherungsleistungen parallel zu dem ihm seit Januar 2023 fortlaufend gewährten Wohngeld (Mietzuschuss) gemäß § 1 Abs. 2 Wohngeldgesetz (WoGG) zu erhalten, steht diesem Begehren bereits entgegen, dass gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 5 WoGG Empfänger von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII vom Bezug von Wohngeld ausgeschlossen sind.
Ein gleichzeitiger Bezug von Wohngeld (Mietzuschuss) und Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ist demgemäß gesetzlich ausgeschlossen.
FazitMit Beschluss vom 18.02.2025 – B 8 SO 56/24 BH hat das Bundessozialgericht die Gewährung von PKH und eines Rechtsanwalts abgelehnt.
Anmerkung vom Sozialrechtsexperten Detlef BrockAus dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums folgt nicht, dass der Staat jedem Leistungsbezieher über die im Regelbedarf enthaltenen Anteile hinaus gesonderte Mittel zur Verfügung stellen muss, um einen privaten Zugang zum Internet und die dafür erforderlichen technischen Geräte zu schaffen bzw. anzuschaffen.
Aber im Zusammenhang mit Umzügen als besonderer Bedarfslage ist in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass es sich bei den Kosten für die Umstellung eines Telefon- und Internetanschlusses (und eines Nachsendeauftrags) um unvermeidbare und gesondert zu übernehmende Kosten handeln kann, weil diese als notwendig angesehen werden, um nach einem Umzug die Kommunikation mit anderen Menschen, Behörden, Banken usw. aufrechtzuerhalten (so BSG, Urteil vom 10. August 2016 – B 14 AS 58/15 R – ).
Praxistipp: Fehlendes Internet macht Kostensenkungsbemühungen für ältere Menschen nicht unzureichendVerfügt ein über 65jähriger Leistungsbezieher nach dem 3. oder 4. Kapitel des SGB XII über keine Kenntnisse der Internetnutzung und auch kein Gerät mit Internetzugang oder eine sonstige Nutzungsmöglichkeit des Internets, sind seine Kostensenkungsbemühungen nach § 35 Abs. 2 SGB XII nicht deswegen unzureichend, weil er seine Wohnungssuche nicht auf Wohnungsangebote im Internet erstreckt hat.
Denn die Online-Wohnungssuche entspricht (noch) nicht den ganz überwiegenden Lebensgewohnheiten seiner Altersgruppe und der Wohnungsmarkt ist auch Personen ohne Internetanschluss und Interneterfahrung nicht generell verschlossen.
Sozialamt Gnadenlos schmeißt ältere Schwerbehinderte nach 30 Jahren aus der Wohnung
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Bürgergeld: Höhere Miete durch Gericht wegen Zugangshemmnisse beim Wohnungsmarkt zugesprochen
Steigende Mieten treffen Menschen im Bürgergeld-Bezug besonders hart, weil sich die rechtliche Angemessenheitsprüfung der Unterkunftskosten an abstrakten Obergrenzen orientiert, während der Wohnungsmarkt vielerorts längst durch Knappheit, Konkurrenz und Vorbehalte geprägt ist. Das Sozialgericht Aurich hat mit Urteil (Az. S 55 AS 378/23) eine Entscheidung getroffen, die dieses Problem nicht wegdefiniert, sondern sie sozialrechtlich ernst nimmt. Das Gericht hat einer alleinerziehenden Bürgergeld-Bezieherin und ihrer schwerbehinderten Tochter höhere Leistungen für die Unterkunft zugesprochen, obwohl die Bruttokaltmiete die abstrakt angenommene Angemessenheitsgrenze deutlich überstieg.
Die Entscheidung ist deshalb berichtenswert, weil sie eine Linie aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts konsequent in die Praxis des Bürgergelds überträgt: Dort, wo Leistungsberechtigte aufgrund individuell geprägter, objektiv erkennbarer Zugangshemmnisse faktisch schlechtere Chancen auf dem Wohnungsmarkt haben, darf das Jobcenter nicht so tun, als sei eine günstigere Wohnung ohne Weiteres erreichbar. Das ist kein Freifahrtschein für beliebig hohe Mieten. Es ist aber ein deutliches Signal, dass die Prüfung der Unterkunftskosten nicht in der Mathematik enden darf, wenn das Leben sichtbar komplizierter ist.
Worum ging es in Aurich?Im Auricher Verfahren stritten die Beteiligten über die Höhe der zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft im Bürgergeld für zwei Monate im Herbst 2023. Die Klägerin zu 1 ist alleinerziehende Mutter, die Klägerin zu 2 ist ihre Tochter. Das Kind leidet an einem Rett-Syndrom; ein Pflegegrad 5 ist anerkannt. Die beiden befanden sich bereits länger im Leistungsbezug nach dem SGB II und lebten zu Beginn des Jahres 2023 noch beengt bei den Großeltern im Kinderzimmer der Mutter.
Ende Juli 2023 legte die Mutter ein Wohnungsangebot vor: 75 Quadratmeter, Kaltmiete 690 Euro, feste Nebenkosten 100 Euro, Heizkostenabschlag 100 Euro. Das Jobcenter lehnte zunächst die Zusicherung zur Kostenübernahme ab, weil die Unterkunftskosten nicht angemessen seien. Die Mutter unterschrieb den Mietvertrag dennoch und zog zum 1. Oktober 2023 ein. Für Oktober und November 2023 bewilligte der Leistungsträger Leistungen, berücksichtigte bei der Bruttokaltmiete aber nur 514,36 Euro. Im Widerspruchsverfahren blieb die Behörde bei dieser Linie, räumte allerdings einen erhöhten Wohnflächenbedarf ein und stellte für die Angemessenheitsprüfung auf 70 Quadratmeter ab.
Die Klägerinnen hielten dem entgegen, dass eine kostengünstigere Wohnung nicht erreichbar gewesen sei. Sie verwiesen auf die besondere Situation des Kindes, das aufgrund der Erkrankung im Alltag sehr laut sei, auch nachts, und auf Ablehnungen durch Vermieter. Das Sozialgericht gab der Klage statt und verpflichtete den Leistungsträger, für die Bruttokaltmiete die tatsächlichen 790 Euro anzuerkennen und nachzuzahlen.
Ausgangslage im Bürgergeld: tatsächliche Kosten und AngemessenheitRechtsgrundlage für die Übernahme von Unterkunftskosten im Bürgergeld ist § 22 SGB II. Die Norm arbeitet mit einem scheinbar klaren Grundsatz: Anerkannt werden die tatsächlichen Aufwendungen, soweit sie angemessen sind. In der Praxis steckt die Schwierigkeit im Wort „angemessen“, weil die Angemessenheit nicht subjektiv empfunden, sondern anhand rechtlich entwickelter Prüfungsstufen bestimmt wird.
Regelmäßig wird zuerst abstrakt geprüft, welche Kosten im maßgeblichen Vergleichsraum für eine nach Größe und Standard angemessene Wohnung als akzeptabel gelten. Erst danach geht es um die konkrete Situation des Einzelfalls. Dazu kommt, dass die Vorschrift – in ihrer klassischen Lesart – auch ein Kostensenkungsverfahren kennt: Liegen die tatsächlichen Aufwendungen über dem angemessenen Umfang, werden sie zunächst weiter berücksichtigt, solange eine Senkung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, im Regelfall jedoch nur für eine Übergangszeit.
Das Auricher Urteil setzt genau an der Stelle an, an der diese Systematik in Konflikt mit der Realität gerät: Es rückt die konkrete Angemessenheit und die Frage der tatsächlichen Wohnungsalternativen in den Vordergrund, weil hier besondere Lebensumstände die normale Logik der Wohnungssuche verschieben.
Abstrakte Angemessenheit, „schlüssiges Konzept“ und die Grenzen von TabellenwertenIn der Grundsicherung steht und fällt die abstrakte Angemessenheit häufig mit einem Instrument, das in vielen Kommunen zum Dauerstreit geworden ist: dem „schlüssigen Konzept“. Gemeint ist ein methodisch nachvollziehbares Vorgehen, mit dem ein Träger ermittelt, welche Mieten im Vergleichsraum für Leistungsberechtigte realistisch erreichbar sind, ohne dass sie in unzumutbare Wohnverhältnisse gedrängt werden. Fehlt ein solches Konzept oder ist es fehlerhaft, greifen Gerichte teilweise auf Hilfskonstruktionen zurück, etwa auf Werte aus dem Wohngeldrecht mit Sicherheitszuschlägen.
Das Sozialgericht Aurich weist in seinem Urteil ausdrücklich darauf hin, dass der Beklagte im Verfahren kein schlüssiges Konzept vorgetragen habe. Stattdessen sei der als abstrakt angemessen angenommene Preis „allein“ durch Rechenoperationen unter Rückgriff auf eine Bezugsgröße aus einer Tabelle zum Wohngeldgesetz ermittelt worden. Das Gericht betont zugleich, dass diese Feststellung im konkreten Fall nicht entscheidungserheblich sei, weil die Entscheidung auf der konkreten Angemessenheit im Ausnahmefall beruht.
Gerade diese Kombination ist für die Praxis interessant.
Einerseits wird sichtbar, wie angreifbar viele Angemessenheitswerte bleiben, wenn sie lediglich tabellarisch hergeleitet werden. Andererseits macht das Urteil deutlich, dass selbst ein methodisch sauber ermittelter Grenzwert die Entscheidung nicht zwingend trägt, wenn der Einzelfall objektiv erkennbare Hürden auf dem Wohnungsmarkt aufweist.
Konkrete Angemessenheit: Wenn der Einzelfall mehr verlangtDie Entscheidung folgt einer Leitidee, die das Bundessozialgericht in den letzten Jahren deutlicher herausgearbeitet hat: Neben der abstrakten Angemessenheit gibt es eine konkrete Angemessenheit, die durch außergewöhnliche Umstände geprägt sein kann. Das Sozialgericht Aurich formuliert es so, dass im Fall offenkundiger außergewöhnlicher Umstände tatsächliche Aufwendungen über das abstrakte Maß hinaus als angemessen angesehen werden können. Dann können Leistungsberechtigte dauerhaft in der Wohnung verbleiben, ohne aus dem Regelbedarf zuzahlen zu müssen.
Diese Sichtweise verschiebt den Blickwinkel. Es geht nicht nur darum, ob eine Miete oberhalb eines Grenzwertes liegt, sondern darum, ob es realistische Alternativen gibt, die der konkreten Lebenssituation gerecht werden. Der Wohnungsmarkt wird dabei nicht als abstrakte Angebotsmenge verstanden, sondern als sozialer Raum, in dem bestimmte Menschen faktisch schlechtere Chancen haben.
Zugangshemmnisse zum Wohnungsmarkt: Was das Gericht darunter verstehtDas Urteil arbeitet mit dem Begriff der „individuellen und objektiv erkennbaren Zugangshemmnisse“. Damit sind nicht bloß subjektive Schwierigkeiten oder eine allgemein angespannte Marktlage gemeint. Es geht um Hürden, die an der Person oder an den Umständen der Bedarfsgemeinschaft anknüpfen und nach außen sichtbar sind, sodass sie typischerweise zu Zurückhaltung oder Ablehnung auf Vermieterseite führen können.
Das Sozialgericht Aurich ordnet Menschen mit erkennbaren körperlichen, geistigen, psychischen oder seelischen Behinderungen ausdrücklich in diesen Problemkreis ein und verweist auf Vorbehalte von Vermietern. Es stützt sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, das im Kontext der Sozialhilfe hervorgehoben hat, dass erkennbare Beeinträchtigungen und Verhaltensauffälligkeiten die Chancen auf angemessenen Wohnraum deutlich mindern können.
Entscheidend ist der Doppelschritt: Zuerst muss ein solches Hemmnis plausibel und nachweisbar sein, dann stellt sich die Frage, welche Rechtsfolgen daraus folgen. Genau dort setzt das Auricher Urteil an.
Die Behinderung als Zugangshemmnis in der BedarfsgemeinschaftDie Behörde argumentierte, die Behinderung des Kindes werde bereits dadurch berücksichtigt, dass man einen höheren Wohnflächenbedarf anerkenne. Das Sozialgericht lässt das nicht genügen. Es hält fest, dass die Mutter selbst keine Zugangshemmnisse aufweise. Gleichzeitig könne es nicht allein auf sie ankommen, weil die Bedarfsgemeinschaft gemeinsam zu betrachten sei und die Situation des Kindes zwingend in die Bewertung einfließen müsse.
Damit wird ein Punkt ausgesprochen, der im Verwaltungsalltag häufig unterschätzt wird: Die Zugangschancen am Wohnungsmarkt hängen nicht nur davon ab, ob ein Elternteil „gut vermittelbar“ erscheint, sondern auch davon, wie Vermieter die gesamte Haushaltskonstellation wahrnehmen. Im Auricher Verfahren wird dies sehr konkret, weil die Klägerinnen vortragen, das Kind sei aufgrund der Erkrankung auch nachts laut, und es habe Ablehnungen gegeben. Das Gericht nimmt diese Lebensrealität als relevanten Umstand ernst, statt sie als Randaspekt zu behandeln.
Alleinerziehend und pflegend: Zeit als knappes GutEinen zweiten, besonders alltagsnahen Akzent setzt das Urteil bei den zeitlichen Ressourcen der Mutter. Das Gericht betont, dass die schwerwiegende Behinderung des Kindes die Wohnungsnahme nicht nur wegen Vorbehalten von Vermietern erschwert, sondern auch deshalb, weil der umfassende Betreuungsaufwand die Kapazitäten der alleinerziehenden Mutter zur Wohnungssuche vermindert.
Damit wird ein klassischer Erwartungskonflikt sichtbar: In Kostensenkungsverfahren verlangen Jobcenter regelmäßig dokumentierte Suchbemühungen. Bei Menschen, die rund um die Uhr pflegen, kann diese Erwartung in der Realität leer laufen. Das Urteil erkennt diesen Widerspruch an und zieht daraus eine rechtliche Konsequenz: Es komme nicht mehr darauf an, ob konkrete Wohnungssuchaktivitäten nachgewiesen werden können, weil die Betroffenen hierzu als nicht in der Lage anzusehen seien, wenn die Voraussetzungen der Zugangshemmnisse und der fehlenden Unterstützung durch den Träger vorliegen.
Kostensenkungsverfahren und Unterstützungsobliegenheiten der JobcenterEin besonders praxisrelevanter Teil der Entscheidung liegt in der Frage, was ein Leistungsträger tun muss, bevor er die Kosten der Unterkunft absenkt. Das Sozialgericht Aurich verknüpft die Zugangshemmnisse mit einer Pflicht zu individuellen Hilfestellungen. Eine Absenkung wäre nach Auffassung des Gerichts nur dann rechtmäßig möglich gewesen, wenn der Beklagte im Kostensenkungsverfahren konkrete Unterstützung angeboten und bei Bedarf auch tatsächlich geleistet hätte, die objektiv geeignet gewesen wäre, eine andere Wohnungsnahme zu ermöglichen.
Diese Passage ist mehr als eine Mahnung zu „mehr Service“. Sie setzt einen Maßstab, der den Charakter des Kostensenkungsverfahrens verändert. Wo objektiv erkennbare Hemmnisse vorliegen, genügt es nicht, lediglich auf Angemessenheitswerte zu verweisen und die Wohnungssuche in die Verantwortung der Leistungsberechtigten zu legen. Der Leistungsträger muss sich mit der Frage befassen, wie die Betroffenen überhaupt eine Chance bekommen sollen, eine passende Wohnung zu finden. Bleibt diese Unterstützung aus, soll es bei den tatsächlichen Kosten als Maßstab bleiben.
Im Ergebnis entsteht eine klare Rechtsfolge: Die konkrete Angemessenheit der aktuell bewohnten Wohnung wird fortgeschrieben, statt die Leistungsberechtigten in eine Beweislastfalle zu drängen, in der sie das Nichtvorhandensein von Alternativen kaum seriös nachweisen können.
Verfassungsrechtliche Bezüge: Wohnungsnahme und familiäres ZusammenlebenAuffällig ist, dass das Sozialgericht Aurich ausdrücklich Art. 11 GG heranzieht und daraus ein Grundrecht auf Wohnungsnahme ableitet. Es verbindet dies mit dem Gedanken, dass die Klägerinnen als Familienmitglieder gemeinsam eine Wohnung beziehen dürfen. Dogmatisch wird in der verfassungsrechtlichen Diskussion häufig auch Art. 6 GG (Schutz von Ehe und Familie) als Anknüpfungspunkt genannt, wenn es um das Zusammenleben von Eltern und Kindern geht.
Das Auricher Urteil bleibt bei Art. 11 GG, nutzt die Grundrechtsdimension aber vor allem als argumentative Stütze dafür, dass die Bedarfsgemeinschaft gemeinsam zu betrachten ist und nicht künstlich auseinanderdividiert werden darf.
Für die Praxis bedeutet das: Das Gericht bewertet das gemeinsame Wohnen nicht nur als sozialpolitisch wünschenswert, sondern als rechtlich schutzwürdig. Damit gewinnt die Perspektive an Gewicht, dass die Angemessenheitsprüfung nicht dazu führen darf, dass Familien faktisch in eine unhaltbare Wohnsituation gedrängt werden oder nur um den Preis des Auseinanderreißens des Haushalts „angemessen“ wohnen könnten.
Welche Folgen das Urteil in der Praxis haben kannDie Entscheidung dürfte vor allem in zwei Fallgruppen Wirkung entfalten. Zum einen betrifft sie Familien, in denen ein Kind oder ein anderer Angehöriger schwerbehindert ist und das nach außen erkennbar ist oder mit Verhaltensauffälligkeiten einhergeht, die auf dem Wohnungsmarkt zu Ablehnungen führen. Zum anderen betrifft sie Konstellationen, in denen Pflege- und Betreuungsaufwand die Wohnungssuche realistisch einschränkt, etwa bei Alleinerziehenden, die rund um die Uhr versorgen müssen.
Für Jobcenter wird das Urteil zu einer Zumutbarkeitsprüfung mit größerer Verantwortung. Ein Kostensenkungsverfahren, das in solchen Fällen lediglich standardisierte Schreiben versendet, ohne konkrete Hilfen anzubieten, trägt ein erhöhtes Prozessrisiko. Es geht dabei nicht zwingend um „mehr Geld“, sondern um eine saubere Abwägung und darum, welche Unterstützungsleistungen im Einzelfall erwartet werden können, wenn die Behörde zugleich verlangt, die Wohnkosten zu senken.
Für Leistungsberechtigte kann das Urteil ein Argumentationsmuster liefern, wenn die abstrakte Angemessenheitsgrenze den realen Zugang zu Wohnraum nicht abbildet. Es macht allerdings auch deutlich, dass die Hürden hoch bleiben: Es braucht außergewöhnliche Umstände, die offenkundig sind und sich anhand der Aktenlage und des Vortrags nachvollziehbar belegen lassen.
Was Leistungsberechtigte aus dem Verfahren lernen könnenDas Auricher Verfahren zeigt, dass es rechtlich nicht reicht, eine allgemeine Wohnungsnot zu schildern. Erfolgversprechend wird ein Vortrag dort, wo die besondere Lage konkret beschrieben wird und nachvollziehbar erklärt, weshalb gerade diese Bedarfsgemeinschaft am Wohnungsmarkt regelmäßig auf Ablehnung stößt oder die Wohnungssuche praktisch nicht leisten kann.
Im Urteil spielen die schwere Behinderung, die damit einhergehende Geräusch- und Belastungssituation sowie der Pflege- und Betreuungsaufwand eine erkennbare Rolle.
Das Gericht machte die Rechtsfolgen davon abhängig, ob es im Kostensenkungsverfahren individuelle Hilfen gab. Wer in einer vergleichbaren Lage frühzeitig schriftlich um Unterstützung bittet und dokumentiert, was angeboten wurde oder gerade nicht angeboten wurde, schafft damit eine Grundlage, die später im Streitfall eine erhebliche Rolle spielen kann.
Gleichzeitig bleibt die Warnung vor einem verbreiteten Risiko bestehen: Ein Umzug ohne Zusicherung kann im Einzelfall zu finanziellen Konflikten führen, weil Jobcenter häufig nur bis zur Angemessenheitsgrenze zahlen wollen. Das Auricher Urteil zeigt zwar, dass Gerichte in Ausnahmefällen korrigierend eingreifen. Es zeigt aber auch, wie belastend und langwierig der Weg bis zur gerichtlichen Klärung sein kann.
Offene Fragen: Berufung und künftige Linie der SozialgerichteDas Sozialgericht Aurich hat die Berufung zugelassen und dies mit der grundsätzlichen Bedeutung der Sache begründet, unter anderem mit dem Hinweis, dass ihm keine Entscheidungen aus dem Bereich des Bürgergeldes bekannt seien, in denen die Behinderung eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft in dieser Weise entscheidungserheblich gewesen wäre. Damit ist das Urteil nicht nur Einzelfallrechtsprechung, sondern ein bewusst gesetzter Impuls in Richtung obergerichtlicher Klärung.
Ob und wie die Landessozialgerichtsbarkeit diese Linie fortführt, bleibt der spannende Teil der nächsten Jahre. Die Grundfrage lautet, wie weit die Pflichten der Leistungsträger reichen, wenn Zugangshemmnisse nicht nur behauptet, sondern tatsächlich objektiv erkennbar sind, und wie konkret Hilfsangebote ausgestaltet sein müssen, um eine Absenkung rechtlich zu tragen.
FazitDas Urteil des Sozialgerichts Aurich ist eine Entscheidung mit deutlichem Realitätsbezug. Es anerkennt, dass „Angemessenheit“ nicht allein eine Zahl ist, sondern auch eine Frage von Zugangschancen, Zumutbarkeit und Unterstützung. Wo eine schwerwiegende Behinderung, Verhaltensauffälligkeiten und ein hoher Pflegebedarf den Wohnungsmarkt faktisch verengen und die Wohnungssuche zusätzlich zeitlich überfordern, darf der Leistungsträger nicht auf Standardschreiben und Tabellenwerte vertrauen.
Das Gericht verlangt eine individuelle Betrachtung und knüpft daran klare Rechtsfolgen: Bleibt bedarfsgerechte Hilfe im Kostensenkungsverfahren aus, sind die tatsächlichen Kosten im Ausnahmefall als konkret angemessen zu tragen.
QuellenSozialgericht Aurich, Urteil vom 25.02.2025, Az. S 55 AS 378/23 (NI-VORIS/WKRS 2025, 15410), Bundessozialgericht, Urteil vom 06.10.2022, Az. B 8 SO 7/21 R (Leitsätze zu individuellen Zugangshemmnissen und Unterstützungsobliegenheit).
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Volle Erwerbsminderungsrente und gleichzeitig Pflegegeld beziehen
Wer eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht, lebt meist schon lange mit erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen. Kommt später Pflegebedürftigkeit hinzu, taucht eine naheliegende Frage auf: Darf man eine volle Erwerbsminderungsrente und gleichzeitig Pflegegeld bekommen – oder „beißt“ sich das?
Die kurze Antwort lautet: In sehr vielen Fällen ist der gleichzeitige Bezug möglich, weil es sich um unterschiedliche Sozialsysteme mit unterschiedlichen Zielen handelt. Die lange Antwort ist wichtiger, denn im Detail entscheiden Voraussetzungen, die konkrete Pflegesituation und mögliche zusätzliche Leistungen darüber, wie reibungslos das Zusammenspiel funktioniert.
Was die volle Erwerbsminderungsrente eigentlich absichertDie Rente wegen voller Erwerbsminderung soll Menschen finanziell absichern, die aus gesundheitlichen Gründen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch sehr eingeschränkt arbeiten können. Maßgeblich ist dabei nicht, ob der bisherige Beruf noch ausgeübt werden kann, sondern wie viele Stunden Erwerbsarbeit unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarkts noch zumutbar sind.
Die volle Erwerbsminderungsrente setzt in der Regel ein Leistungsvermögen von weniger als drei Stunden täglich voraus. Die Deutsche Rentenversicherung prüft das anhand ärztlicher Unterlagen und gegebenenfalls eigener Gutachten; häufig sind Bewilligungen befristet und werden in Abständen erneut überprüft.
Wichtig für das Thema Pflege: Die Erwerbsminderungsrente ist keine bedarfsabhängige Sozialleistung wie etwa die Grundsicherung. Sie ist eine Versicherungsleistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Das ist der Grund, weshalb Pflegegeld in aller Regel nicht „gegen“ die Erwerbsminderungsrente gerechnet wird.
Was Pflegegeld ist – und wofür es gedacht istPflegegeld ist eine Leistung der Pflegeversicherung für Menschen, die zu Hause gepflegt werden und ihre Unterstützung überwiegend selbst organisieren, etwa durch Angehörige, Freunde oder andere nahestehende Personen.
Pflegegeld gibt es typischerweise ab Pflegegrad 2. Im Jahr 2025 beträgt es monatlich 347 Euro bei Pflegegrad 2, 599 Euro bei Pflegegrad 3, 800 Euro bei Pflegegrad 4 und 990 Euro bei Pflegegrad 5. Pflegegrad 1 löst in der Regel keinen Anspruch auf Pflegegeld aus, bietet aber andere Unterstützungen, zum Beispiel Beratungs- und Entlastungsangebote.
Pflegegeld wird an die pflegebedürftige Person gezahlt. In der Praxis wird es häufig ganz oder teilweise an die pflegende Person weitergegeben – als Anerkennung oder Ausgleich für Aufwand. Das ändert nichts daran, dass der Anspruch bei der pflegebedürftigen Person liegt.
Geht beides gleichzeitig? In der Regel ja – und zwar aus einem einfachen GrundEine volle Erwerbsminderungsrente und Pflegegeld „überlappen“ nicht, sondern decken unterschiedliche Risiken ab. Die Erwerbsminderungsrente ersetzt entfallene oder geminderte Erwerbseinkünfte aufgrund eingeschränkter Arbeitsfähigkeit. Pflegegeld soll helfen, häusliche Pflege zu organisieren und zu finanzieren.
Es ist daher grundsätzlich möglich, beides parallel zu beziehen, wenn beide Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind: medizinisch festgestellte volle Erwerbsminderung einerseits und ein anerkannter Pflegegrad mit häuslicher Versorgung andererseits.
Auch rechtlich passt das zusammen: Leistungen der Pflegeversicherung sollen bei vielen einkommensabhängigen Sozialleistungen nicht als Einkommen berücksichtigt werden. Das ist ein starkes Signal, dass Pflegeleistungen nicht dazu gedacht sind, an anderer Stelle „Lücken zu stopfen“, sondern zweckgebunden die Pflege zu unterstützen. Für die Erwerbsminderungsrente als Versicherungsleistung gilt ohnehin: Entscheidend ist nicht der „Bedarf“, sondern die rentenrechtliche Anspruchslage.
Wann trotzdem genauer hingeschaut werden mussIn der Praxis entstehen Fragen weniger wegen der Kombination aus Rente und Pflegegeld, sondern wegen Begleitthemen: zusätzliche Sozialleistungen, der konkrete Pflegeort und die Rolle, die die erwerbsgeminderte Person selbst in der Pflege übernimmt.
Ein häufiger Fall ist, dass die Erwerbsminderungsrente nicht ausreicht und ergänzend Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beantragt wird. Dann wird Einkommen geprüft. Pflegegeld ist hier regelmäßig nicht als Einkommen anzurechnen, weil es der Pflege dient; es muss aber in der Regel angegeben werden, damit die Behörde den Sachverhalt korrekt einordnet.
Der Hintergrund ist, dass zwar der Lebensunterhalt bedarfsabhängig gesichert wird, Pflegeleistungen aber bewusst dem Pflegezweck vorbehalten bleiben.
Ein zweiter Punkt ist der Pflegeort. Pflegegeld ist an häusliche Pflege gebunden. Bei vollstationärer Versorgung in einem Pflegeheim gelten andere Leistungsarten; Pflegegeld wird dann in der Regel nicht als laufende monatliche Zahlung weitergewährt. Mischformen, Übergangszeiten oder zeitweise Abwesenheit, etwa bei Kurzzeitpflege oder Verhinderungspflege, können Sonderregeln auslösen. Genau hier passieren in der Praxis Missverständnisse, weil Betroffene „Pflege“ als einheitliches Thema erleben, das Leistungsrecht aber stark nach Setting unterscheidet.
Pflegegeld, Beratungseinsatz und die Gefahr von KürzungenWer Pflegegeld bezieht, muss – ab Pflegegrad 2 – in bestimmten Abständen einen Beratungseinsatz nachweisen. Das soll nicht kontrollieren, ob „richtig“ gepflegt wird, sondern sicherstellen, dass häusliche Pflege fachlich begleitet wird und Überforderung, Fehler oder gefährliche Situationen früh erkannt werden.
In der Realität wirkt diese Pflicht oft bürokratisch, kann aber handfeste Folgen haben: Wird der Beratungseinsatz nicht fristgerecht nachgewiesen, drohen Kürzungen bis hin zum Wegfall des Pflegegeldes. Deshalb lohnt es sich, diese Termine so zu behandeln wie einen „Fixpunkt“ im Kalender, auch wenn ansonsten gerade andere Sorgen dominieren.
Steuern und Abgaben: Pflegegeld und Erwerbsminderungsrente werden unterschiedlich behandeltDie steuerliche Behandlung ist ein weiteres Feld, in dem sich falsche Annahmen hartnäckig halten. Pflegegeld ist für die pflegebedürftige Person grundsätzlich steuerfrei. Wird es an pflegende Angehörige oder nahestehende Pflegepersonen weitergegeben, ist es ebenfalls häufig steuerfrei, solange es sich nicht um ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis handelt und die Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllt sind.
Anders ist die Erwerbsminderungsrente einzuordnen. Sie gehört – wie andere gesetzliche Renten – grundsätzlich in den Bereich der nachgelagerten Besteuerung. Ob tatsächlich Einkommensteuer anfällt, hängt vom Gesamtbetrag der Einkünfte, von Freibeträgen und vom persönlichen Steuersatz ab. Viele Beziehende zahlen in der Praxis keine oder nur geringe Steuern, dennoch kann eine Steuererklärung sinnvoll oder erforderlich sein, etwa wenn weitere Einkünfte vorliegen.
Bei den Sozialversicherungsbeiträgen gilt: Auf die Erwerbsminderungsrente fallen in der Regel Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung an, wobei die konkrete Höhe von der Versicherungsart und dem Status abhängt. Pflegegeld selbst löst dagegen keine Beiträge aus.
Wenn die erwerbsgeminderte Person selbst pflegt: heikler als es klingtManche Menschen mit voller Erwerbsminderung pflegen gleichzeitig einen Angehörigen. Dann kommt oft die Frage auf: „Wenn ich pflegen kann – bin ich dann wirklich voll erwerbsgemindert?“ Hier ist Differenzierung nötig.
Erwerbsminderung bezieht sich auf Erwerbsarbeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts. Häusliche Pflege ist keine Erwerbsarbeit im rentenrechtlichen Sinn. Trotzdem kann intensives Pflegen natürlich Rückschlüsse auf Belastbarkeit zulassen, zumindest aus Sicht von Außenstehenden.
Das bedeutet nicht, dass Pflege automatisch die Erwerbsminderungsrente gefährdet. Es bedeutet aber, dass Betroffene realistisch einschätzen sollten, ob der Pflegeumfang mit der eigenen Gesundheit vereinbar ist und ob die tatsächliche Belastung dokumentiert und ärztlich begleitet wird. Wer über die eigenen Grenzen geht, riskiert nicht nur gesundheitliche Rückschläge, sondern auch Konflikte mit Behörden, wenn sich Aktenlagen widersprechen. Häufig ist es klüger, Pflege organisatorisch breiter aufzustellen, etwa durch kombinierte Leistungen mit ambulanten Diensten, als alles „allein“ stemmen zu wollen.
Rentenpunkte durch Pflege: Auch für viele Pflegepersonen relevantPflegende Angehörige können unter bestimmten Voraussetzungen durch die Pflegeversicherung rentenrechtlich abgesichert werden, weil die Pflegekasse Rentenbeiträge für die Pflegeperson zahlen kann. Dafür müssen unter anderem ein anerkannter Pflegegrad (mindestens 2) und ein Mindestumfang an regelmäßiger Pflege vorliegen, außerdem darf die Pflegeperson nur in begrenztem Umfang erwerbstätig sein. Diese Regelung ist besonders für Menschen wichtig, die wegen Pflege ihre Erwerbsarbeit reduzieren oder aufgeben.
Für Beziehende einer vollen Erwerbsminderungsrente ist das Thema nicht automatisch erledigt: Wer pflegt, sollte prüfen lassen, ob eine rentenrechtliche Absicherung als Pflegeperson in Betracht kommt und wie sie sich in der individuellen Konstellation auswirkt. Oft lohnt eine Beratung, weil hier Details entscheiden – etwa, ob die Pflege „nicht erwerbsmäßig“ ist, wie der Umfang nachgewiesen wird und welche Zeiten später bei der Altersrente zählen können.
Begutachtung und Antrag: Warum der Pflegegrad der entscheidende Schlüssel istPflegegeld setzt einen anerkannten Pflegegrad voraus. Dieser wird nach Antragstellung durch eine Pflegebegutachtung ermittelt. Bewertet wird dabei vor allem die Selbstständigkeit in verschiedenen Lebensbereichen, nicht die Diagnose an sich. Wer ohnehin schon mit einer schweren Erkrankung lebt, ist manchmal überrascht, dass der Pflegegrad nicht „automatisch“ hoch ausfällt, wenn im Alltag noch viel kompensiert wird. Umgekehrt kann eine Einschränkung, die im Beruf vielleicht „nur“ zu Erwerbsminderung führt, in der häuslichen Selbstversorgung sehr deutlich durchschlagen.
Aus sozialrechtlicher Sicht lässt sich das so zusammenfassen: Die Erwerbsminderungsrente fragt, was am Arbeitsmarkt noch möglich ist. Der Pflegegrad fragt, was im Alltag ohne Hilfe noch gelingt. Beides kann zusammenpassen, muss aber in getrennten Verfahren belegt werden.
Praktische Stolpersteine im Alltag – und wie man sie entschärftProbleme entstehen selten, weil jemand „zu viel“ Leistung bekommt, sondern weil Abläufe und Zuständigkeiten auseinanderlaufen. Wer Pflegegeld bezieht, sollte die verpflichtenden Beratungseinsätze einhalten, weil sonst Kürzungen drohen. Wer die Pflege zeitweise anders organisiert, etwa wegen Krankenhaus, Kurzzeitpflege oder Verhinderungspflege, sollte im Blick behalten, dass sich Leistungsarten und Zahlungsflüsse ändern können.
Und wer zusätzlich zur Erwerbsminderungsrente weitere Leistungen beantragt, etwa Grundsicherung, Wohngeld oder Unterstützungen der Eingliederungshilfe, sollte Pflegeleistungen offen angeben, damit sie korrekt – und eben nicht fälschlich als „frei verfügbares Einkommen“ – behandelt werden.
FazitVolle Erwerbsminderungsrente und Pflegegeld schließen sich in der Regel nicht aus. Beide Leistungen stammen aus unterschiedlichen Zweigen der sozialen Sicherung und verfolgen unterschiedliche Zwecke: die eine Leistung ersetzt Erwerbseinkommen, die andere unterstützt die Organisation häuslicher Pflege.
Entscheidend ist, dass die Voraussetzungen jeweils erfüllt sind, der Pflegegrad korrekt festgestellt wird und formale Pflichten wie Beratungseinsätze eingehalten werden. Wer zusätzlich auf bedarfsabhängige Leistungen angewiesen ist oder selbst in großem Umfang pflegt, sollte genauer hinschauen und Beratung nutzen, weil dort die typischen Missverständnisse lauern.
QuellenDeutsche Rentenversicherung: Informationen zur Einkommensanrechnung und zum Hinzuverdienst bei Renten wegen Erwerbsminderung sowie zur Entwicklung der Hinzuverdienstgrenzen in den Jahren 2025 und 2026.
Der Beitrag Volle Erwerbsminderungsrente und gleichzeitig Pflegegeld beziehen erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Rente mit 62: Das ist ab 2026 mit Schwerbehinderung noch möglich
Rente mit 62 klingt nach einem klaren Versprechen: früher raus, früher Rente. Für schwerbehinderte Menschen ist das grundsätzlich möglich – aber nur unter klaren gesetzlichen Bedingungen und ab 2026 mit einer Besonderheit, die viele erst auf den zweiten Blick verstehen.
Denn der Jahreswechsel 2025/2026 ist das Ende einer seit Jahren laufenden stufenweisen Anhebung der Altersgrenzen. Für manche Betroffene ist das dennoch eine spürbare Zäsur: Wer nach dem 31.12.1963 geboren ist, kann diese Altersrente nicht mehr „unter 62“ beginnen.
Neu: Als Podcast anhören
https://www.gegen-hartz.de/wp-content/uploads/2025/12/Schwerbehindertenrente_62.mp3 Warum „ab 2026“ plötzlich so oft fälltDie Altersrente für schwerbehinderte Menschen wurde in den vergangenen Jahren schrittweise angepasst. Dabei sind zwei Altersgrenzen parallel nach oben gewandert: die Grenze für den abschlagsfreien Rentenbeginn und die Grenze für den frühestmöglichen Rentenbeginn mit Abschlägen. Mit dem Geburtsjahrgang 1964 ist dieser Anpassungsprozess praktisch abgeschlossen.
Das hat eine einfache Folge: Ab dem Rentenbeginn im Jahr 2026 gilt für neue Fälle, die dem Jahrgang 1964 und jünger zuzuordnen sind, als frühester Startpunkt „62“ – nicht mehr 61 Jahre und 10 Monate oder 61 Jahre und 8 Monate, wie es für ältere Jahrgänge noch möglich war.
Wichtig: Es geht nicht darum, dass im Jahr 2026 generell etwas „gekürzt“ wird. Es geht darum, dass ab 2026 erstmals Menschen mit Jahrgang 1964 in ein Alter kommen, in dem diese Rentenart überhaupt startet – und für sie gelten feste Grenzen.
Welche Rentenart ist gemeintWenn von „Rente mit 62“ für schwerbehinderte Menschen die Rede ist, ist damit in aller Regel die Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemeint. Sie ist als Nachteilsausgleich konzipiert: Wer wegen einer anerkannten Schwerbehinderung nicht bis zur regulären Regelaltersgrenze arbeiten kann, bekommt die Möglichkeit, früher in eine Altersrente zu wechseln.
Für den Jahrgang 1964 und jünger ist die Systematik besonders klar: Abschlagsfrei ist diese Rente ab 65 möglich, vorzeitig ab 62 – dann allerdings mit dauerhaften Abschlägen. Genau diese „62“ ist es, die ab 2026 in vielen Überschriften auftaucht.
Die Voraussetzungen: Anerkennung, Wartezeit, TimingDer Zugang ist an drei große Bedingungen geknüpft: Erstens muss bei Rentenbeginn eine Schwerbehinderung vorliegen, im rentenrechtlichen Sinn also ein Grad der Behinderung von mindestens 50.
Zweitens muss die Mindestversicherungszeit von 35 Jahren erfüllt sein.
Drittens muss die jeweilige Altersgrenze erreicht sein, die sich nach dem Geburtsjahr richtet.
Ein Detail ist in der Praxis wichtig und wird häufig unterschätzt: Die Schwerbehinderung muss zum Rentenbeginn vorliegen. Fällt sie später weg, bleibt der Rentenanspruch dennoch bestehen.
Wer kurz vor dem geplanten Rentenstart steht, sollte deshalb genau darauf achten, dass der Schwerbehindertenausweis beziehungsweise der Feststellungsbescheid rechtzeitig verlängert oder aktualisiert ist, wenn eine Befristung im Raum steht.
Bei der 35-jährigen Wartezeit zählt nicht nur klassische Beschäftigung mit Pflichtbeiträgen. Auch Zeiten wie Kindererziehung, nicht erwerbsmäßige häusliche Pflege, bestimmte Zeiten mit Entgeltersatzleistungen sowie weitere rentenrechtliche Zeiten können die 35 Jahre füllen. Gerade hier lohnt der Blick in den Versicherungsverlauf – weil fehlende oder falsch gespeicherte Zeiten später nicht nur den Anspruch, sondern auch die Rentenhöhe beeinflussen.
Die Altersgrenzen ab 2026 – und warum 62 nicht gleich 62 istAb 2026 gilt für den Geburtsjahrgang 1964 und jünger beim vorzeitigen Rentenbeginn die harte Untergrenze 62. Für die unmittelbar davor liegenden Jahrgänge sind es noch „62 minus ein paar Monate“. Wer also Ende 1963 geboren ist, kann – wenn alle Voraussetzungen vorliegen – noch vor dem 62. Geburtstag starten. Wer Anfang 1964 geboren ist, nicht mehr.
Die folgende Tabelle zeigt die Altersgrenzen für die Jahrgänge, bei denen die Verschiebung Richtung 62 in den Jahren 2025 und 2026 sichtbar wird.
frühestmöglich ab 61 Jahren und 2 Monaten (Abschläge möglich, maximal 10,8 %) 1960 abschlagsfrei ab 64 Jahren und 4 Monaten
frühestmöglich ab 61 Jahren und 4 Monaten (Abschläge möglich, maximal 10,8 %) 1961 abschlagsfrei ab 64 Jahren und 6 Monaten
frühestmöglich ab 61 Jahren und 6 Monaten (Abschläge möglich, maximal 10,8 %) 1962 abschlagsfrei ab 64 Jahren und 8 Monaten
frühestmöglich ab 61 Jahren und 8 Monaten (Abschläge möglich, maximal 10,8 %) 1963 abschlagsfrei ab 64 Jahren und 10 Monaten
frühestmöglich ab 61 Jahren und 10 Monaten (Abschläge möglich, maximal 10,8 %) 1964 und jünger abschlagsfrei ab 65 Jahren
frühestmöglich ab 62 Jahren (Abschläge möglich, maximal 10,8 %) Was die Abschläge in der Praxis bedeuten
Der Abschlag ist bei dieser Rentenart klar geregelt: Für jeden Monat, den die Rente vorzeitig beginnt, werden 0,3 Prozent abgezogen. Wer den maximalen Vorlauf nutzt – beim Jahrgang 1964 sind das drei Jahre zwischen 62 und 65 – landet rechnerisch bei 36 Monaten und damit bei 10,8 Prozent. Das ist keine vorübergehende Minderung, sondern eine dauerhafte Kürzung, die auch dann bleibt, wenn später die Regelaltersgrenze erreicht wäre.
Finanziell wirkt das wie ein kleiner Prozentsatz, der sich aber über Jahrzehnte summieren kann. Gleichzeitig hat die vorgezogene Rente einen offensichtlichen Gegenwert: Sie schafft Zeit, entlastet gesundheitlich, reduziert Druck. In der Entscheidung geht es deshalb nicht nur um Prozentrechnerei, sondern auch um Lebensrealität. Seriöse Planung bedeutet, beide Seiten auszuhalten: den Preis der Kürzung und den Wert der früheren Entlastung.
Vertrauensschutz: Warum er 2026 für neue Fälle praktisch ausläuftIm Gesetz gibt es Vertrauensschutzregelungen, die unter sehr spezifischen Bedingungen günstigere Altersgrenzen sichern können – etwa bei einer bereits am 01.01.2007 anerkannten Schwerbehinderung in Kombination mit einer vor diesem Stichtag verbindlich vereinbarten Altersteilzeit oder bestimmten Sonderkonstellationen aus dem Bergbau.
Diese Regelungen betreffen faktisch ältere Jahrgänge. Für nach dem 31.12.1963 Geborene spielt Vertrauensschutz ab 2026 keine Rolle mehr, weil für sie die „Grundsystematik“ gilt: 65 abschlagsfrei, 62 mit Abschlägen.
Infografik: Was ändert sich bei der Schwerbehindertenrente ab 2026 Hinzuverdienst: Seit 2023 ein großer Unterschied in der LebensplanungEin Punkt, der die Entscheidung „62 oder später“ stark verändert hat, ist der Hinzuverdienst. Seit dem 01.01.2023 gelten für vorgezogene Altersrenten keine Hinzuverdienstgrenzen mehr. Wer also mit 62 in diese Altersrente wechselt, kann daneben grundsätzlich weiterarbeiten, ohne dass die Altersrente allein wegen der Höhe des Einkommens gekürzt wird.
Das heißt nicht, dass jeder Euro „folgenlos“ ist: Steuerliche Effekte, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge und die individuelle Konstellation mit Arbeitgeber, Arbeitsvertrag und eigener Belastbarkeit bleiben Themen. Aber die frühere starre Begrenzung, die viele abschreckte, ist weggefallen – und das eröffnet neue Modelle zwischen kompletter Erwerbsaufgabe und Weiterarbeiten bis 65 oder 67.
Rentenbeginn, Antragsfrist und die häufigste PanneDie Rente beginnt nicht automatisch. Sie muss beantragt werden – und zwar rechtzeitig. Die Deutsche Rentenversicherung empfiehlt, den Antrag etwa drei Monate vor dem beabsichtigten Rentenbeginn zu stellen, damit der Übergang ohne Zahlungslücke klappt.
Dazu kommt eine rechtliche Frist, die Betroffene teuer überraschen kann: Wer den Antrag zu spät stellt, kann den Rentenbeginn nach hinten verschieben, obwohl die Voraussetzungen eigentlich früher erfüllt gewesen wären. Praktisch bedeutet das: Wer mit 62 starten möchte, sollte den Zeitplan nicht erst „im Rentenmonat“ sortieren, sondern vorher. Gerade bei schwerbehinderten Menschen hängt oft noch Papier dran: Feststellungsbescheid, Ausweis, Kontenklärung, Nachweise zu Zeiten im Versicherungsverlauf.
Gleichstellung ist nicht Schwerbehinderung – ein verbreiteter IrrtumEin häufiger Stolperstein ist die Gleichstellung. Arbeitsrechtlich kann sie wichtig sein, rentenrechtlich ersetzt sie die Schwerbehinderung für diese Rentenart nicht. Für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen zählt die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch mit GdB 50 oder mehr zum Rentenbeginn.
Wer „nur“ gleichgestellt ist, sollte das frühzeitig wissen, weil sich sonst Lebensplanung und Rechtslage kurz vor dem Rentenstart schmerzhaft widersprechen.
Fazit: Ab 2026 ist 62 die Untergrenze – und die Entscheidung bleibt individuellAb 2026 ist für viele Betroffene die Botschaft nüchtern: Für nach dem 31.12.1963 Geborene beginnt die Altersrente für schwerbehinderte Menschen frühestens mit 62. Abschlagsfrei ist sie in dieser Gruppe ab 65 erreichbar.
Wer früher raus will, bezahlt das mit dauerhaften Abschlägen; wer länger arbeitet, gewinnt monatliche Rentenhöhe, muss das aber gesundheitlich durchhalten.
Die beste Vorbereitung ist wirksam: Versicherungsverlauf prüfen, Schwerbehindertenstatus zum Rentenstart sichern, Antrag rechtzeitig stellen und die konkrete Rentenhöhe mit offiziellen Rechnern und Beratung durchrechnen. Dann wird aus “Rente mit 62” eine belastbare Entscheidung.
QuellenDeutsche Rentenversicherung: Altersrente für schwerbehinderte Menschen, Sozialverband VdK Deutschland: Renteneintritt für schwerbehinderte Menschen – Das ändert sich 2026, Deutsche Rentenversicherung (Gemeinsame rechtliche Anweisungen): Abgrenzung § 236a / § 37 SGB VI
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Scheitert der Rentenantrag, darf das Jobcenter nicht automatisch Bürgergeld stoppen
Ein Beschluss des Sozialgerichts Berlin (Az. S 127 AS 3296/24 ER) behandelte einen Fall, der in der Praxis immer wieder zu existenziellen Lücken führt: Eine leistungsberechtigte Person beantragt eine Rente wegen Erwerbsminderung, die Rentenversicherung versagt die Leistung wegen fehlender Mitwirkung – und das Jobcenter reagiert mit dem Entzug der Leistungen nach dem SGB II. Genau diese Kettenreaktion hat das Gericht im Eilverfahren als rechtswidrig bewertet.
Der Fall: Informationsbruch zwischen Rentenversicherung, Antragstellerin und JobcenterNach der geschilderten Sachlage hatte die Betroffene selbst einen Rentenantrag gestellt. Die Rentenversicherung versagte die beantragte Leistung wegen fehlender Mitwirkung nach den Regeln des SGB I. Die Information darüber gelangte offenbar nicht zur Antragstellerin, sondern nur zum Jobcenter.
Dort wurde anschließend Bürgergeld entzogen, gestützt auf § 5 SGB II. Für die Betroffene bedeutete das, dass nicht nur der Rentenbezug ausblieb, sondern zugleich die laufende Existenzsicherung wegzubrechen drohte.
Was § 5 SGB II tatsächlich regelt – und was nicht§ 5 SGB II beschreibt das Verhältnis des Bürgergeldes zu vorrangigen Leistungen anderer Träger. Das Jobcenter kann Leistungsberechtigte auffordern, vorrangige Ansprüche geltend zu machen. Wenn eine Person trotz Aufforderung keinen erforderlichen Antrag stellt, darf das Jobcenter den Antrag selbst stellen.
An diese Konstellation knüpft auch die Möglichkeit an, Leistungen vorübergehend zu versagen oder zu entziehen, wenn der andere Träger wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 SGB I bestandskräftig versagt oder entzogen hat.
Damit setzt die Vorschrift ein bestimmtes Vorgehen voraus: erst die Aufforderung, dann die unterbliebene Antragstellung, dann die ersatzweise Antragstellung durch das Jobcenter. Erst innerhalb dieses Rahmens kommt die leistungsrechtliche Konsequenz gegenüber dem Bürgergeld überhaupt in Betracht.
Die Entscheidung des Sozialgerichts Berlin: Kein Entzug ohne Jobcenter-AntragDas Sozialgericht Berlin stellt im Beschluss darauf ab, dass im konkreten Fall gerade nicht das Jobcenter Antragsteller war. Die Betroffene hatte den Rentenantrag selbst gestellt. Damit sei – so die Kammer – der Anwendungsbereich der Entziehungs- oder Versagungsregelung nach § 5 Abs. 3 SGB II bereits nach dem Wortlaut nicht eröffnet.
Mit anderen Worten: Selbst wenn die Rentenversicherung wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 SGB I versagt, darf das Jobcenter daraus nicht automatisch den Schluss ziehen, nun dürfe es seinerseits Bürgergeld entziehen.
Der Beschluss ist im Eilverfahren ergangen. Das Gericht ordnet in solchen Verfahren eine vorläufige Regelung an, wenn sonst schwere Nachteile drohen. Inhaltlich ist die Aussage dennoch deutlich: Das Existenzminimum darf nicht über eine Vorschrift gekürzt werden, die für eine andere Verfahrenslage geschaffen wurde.
Warum die Unterscheidung zwischen „eigener Antrag“ und „Jobcenter-Antrag“ so viel ausmachtDie Differenz wirkt auf den ersten Blick technisch, hat aber erhebliche Folgen. § 5 Abs. 3 SGB II ist kein allgemeines Instrument, um Druck zur Mitwirkung bei anderen Leistungsträgern aufzubauen. Er ist an eine vorherige Verfahrenssteuerung durch das Jobcenter gekoppelt. Fehlt diese, fehlt die Grundlage, um Bürgergeld wegen einer Mitwirkungsversagung beim anderen Träger zu stoppen.
Das ist auch deshalb wichtig, weil Versagungen nach § 66 SGB I häufig aus formalen Gründen erfolgen, etwa wenn Unterlagen fehlen, Fristen versäumt werden oder Anfragen unbeantwortet bleiben. Die Rechtsfolge ist beim vorrangigen Träger gravierend genug. Würde zusätzlich noch das Bürgergeld entzogen, entstünde schnell ein vollständiger Leistungsabriss – gerade in Situationen, in denen Betroffene gesundheitlich oder organisatorisch ohnehin überfordert sind.
Spannungsfeld Praxis: Verwaltungsvorgaben und gerichtliche GrenzenIn der Verwaltungspraxis wird § 5 Abs. 3 SGB II teils weiter verstanden, als es einzelne Gerichte akzeptieren. Fachliche Weisungen der Bundesagentur für Arbeit beschreiben die Entziehungsmöglichkeit bei fehlender Mitwirkung gegenüber dem vorrangigen Träger und behandeln dabei auch die Frage, wer den Antrag gestellt hat, anders als das Sozialgericht Berlin es im Beschluss tut.
Solche Weisungen sind interne Vorgaben, ersetzen aber keine gerichtliche Auslegung. Wenn Gerichte die Norm enger lesen, ist das für Jobcenter ein Hinweis, dass ein automatisiertes Vorgehen rechtlich riskant ist.
Was Betroffene aus dem Beschluss ableiten könnenDer Berliner Beschluss macht deutlich, dass ein Rentenverfahren, das wegen fehlender Mitwirkung scheitert, nicht ohne Weiteres zum Stopp des Bürgergeldes führen darf. Entscheidend sind die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen des § 5 SGB II, vor allem die Frage, ob das Jobcenter überhaupt in die Antragstellung eingebunden war und ob die gesetzlichen Schritte eingehalten wurden.
Für Betroffene ist außerdem wichtig, dass Eilverfahren vor den Sozialgerichten ein wirksames Mittel sein können, wenn der Lebensunterhalt akut gefährdet ist und die Rechtsgrundlage zweifelhaft erscheint.
Ein Signal für sorgfältigere VerfahrenDer Beschluss des SG Berlin ist kein Freibrief, Mitwirkungspflichten bei der Rentenversicherung zu ignorieren. Er zeigt aber, dass Leistungsentzüge beim Bürgergeld eine tragfähige gesetzliche Grundlage und ein korrektes Verfahren voraussetzen.
Wenn Behördenkommunikation stockt und Informationen nur einseitig fließen, dürfen die Folgen nicht bei den Leistungsberechtigten „durchschlagen“. Gerade weil es um laufende Existenzsicherung geht, verlangt das Recht eine saubere Trennung der Zuständigkeiten – und eine ebenso saubere Anwendung der Eingriffsbefugnisse.
QuelleBeschluss SG Berlin AZ: S 127 AS 3296/24 ER (zitiert nach der im Sachverhalt wiedergegebenen Passage sowie nach dokumentierenden Veröffentlichungen)
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Mütterrente III: So hoch ist der Zuschuss bei 1,2,3,4,5 Kindern
Mit dem „Rentenpaket 2025“ hat der Gesetzgeber die dritte Stufe der Mütterrente auf den Weg gebracht. Die Reform zielt auf einen lange kritisierten Unterschied in der gesetzlichen Rentenversicherung: Die Kindererziehungszeiten wurden bislang je nach Geburtsjahr des Kindes unterschiedlich bewertet.
Wer ein Kind vor 1992 großgezogen hat, erhielt weniger rentenrechtliche Anerkennung als Eltern von Kindern, die ab 1992 geboren wurden. Genau diese Ungleichbehandlung soll nun enden.
Kindererziehung wird als gesellschaftliche Leistung bewertet, die sich in der späteren Altersversorgung stärker niederschlagen soll. Gleichzeitig zeigt die konkrete Ausgestaltung, wie komplex das Rentenrecht ist und wie viele Übergangsregeln nötig werden, wenn laufende Renten, neue Rentenzugänge und unzählige individuelle Lebensläufe unter einen Hut gebracht werden müssen.
Kindererziehung erhöht die gesetzlichen RenteIn der gesetzlichen Rentenversicherung wird Kindererziehung über besondere rentenrechtliche Zeiten abgebildet. Entscheidend ist dabei die Kindererziehungszeit. Sie wird so behandelt, als wären in dieser Zeit Beiträge gezahlt worden. Das führt zu zusätzlichen Entgeltpunkten und damit zu einer höheren Rente.
Daneben gibt es Kinderberücksichtigungszeiten, die weniger unmittelbar wirken, aber beispielsweise für Wartezeiten und die Bewertung anderer Zeiten Bedeutung bekommen können.
Praktisch heißt das: Wer wegen der Betreuung von Kindern weniger oder gar nicht arbeiten konnte, soll dadurch in der Rentenbiografie nicht dauerhaft benachteiligt sein. Das System ist aber nicht nur ein Ausgleich für individuelle Erwerbslücken, sondern auch Ausdruck eines gesellschaftlichen Ausgleichs, weil Kinder später als Beitragszahlende das Umlagesystem tragen.
Was sich mit der Mütterrente III gegenüber der bisherigen Regelung ändertBislang galt bei der Kindererziehungszeit eine klare Zäsur: Für Kinder, die ab 1992 geboren wurden, werden bis zu drei Jahre anerkannt. Für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, waren es zuletzt zweieinhalb Jahre.
Die Mütterrente III verlängert nun die Kindererziehungszeit für vor 1992 geborene Kinder um weitere sechs Monate, sodass künftig auch hier bis zu drei Jahre erreicht werden.
Damit wird die rentenrechtliche Bewertung des ersten Lebensabschnitts von Kindern vereinheitlicht. Von Seiten der Bundesregierung wird das häufig als Schließen einer Gerechtigkeitslücke begründet. Im Ergebnis steigt die Rente der Betroffenen, weil für jedes betroffene Kind zusätzliche Entgeltpunkte hinzukommen beziehungsweise ein Zuschlag gezahlt wird.
Ab wann gilt die Mütterrente III – und warum kommt das Geld später?Rechtlich ist die Reform in Stufen organisiert. Das Gesetz selbst ist Teil des Rentenpakets und tritt grundsätzlich Anfang 2026 in Kraft, die entscheidenden Regelungen zur Mütterrente III setzen aber später an. Der Anspruch soll ab dem 1. Januar 2027 bestehen.
Die praktische Auszahlung erfolgt für viele dennoch erst ab 2028, weil die Deutsche Rentenversicherung für die technische Umsetzung Vorlauf braucht und die Nachzahlung für 2027 gesammelt abgewickelt werden soll.
Für Personen, die bereits eine Rente beziehen, ist ausdrücklich vorgesehen, dass sie die Leistung im Januar 2028 rückwirkend für das Jahr 2027 erhalten. Wer 2027 anspruchsberechtigt ist, muss sich daher auf eine zeitversetzte Auszahlung einstellen. Die Reform ist damit ein Beispiel dafür, dass Anspruch und Geldfluss im Sozialrecht auseinanderfallen können, wenn die Verwaltung eine Massenumstellung vorbereiten muss.
Wie hoch ist das Plus durch die Mütterrente III?Die Höhe hängt an einem bekannten Hebel der Rentenformel: dem Entgeltpunkt und dem aktuellen Rentenwert. Für ein volles Jahr Kindererziehungszeit ergibt sich im Grundsatz ein Entgeltpunkt. Ein halbes Jahr entspricht damit einem halben Entgeltpunkt.
Da die Mütterrente III für vor 1992 geborene Kinder zusätzliche sechs Monate anerkennt, ergibt sich je betroffenem Kind ein Plus von 0,5 Entgeltpunkten. Bei einem aktuellen Rentenwert von 40,79 Euro entspricht das rechnerisch rund 20,40 Euro brutto pro Monat und Kind. Über ein volles Jahr summiert sich das auf gut 240 Euro brutto je Kind.
Wichtig ist dabei der Zeitpunkt: Der Rentenwert wird regelmäßig angepasst. Das heißt, die konkrete Euro-Summe ist keine feste Größe für alle Zukunft, sondern folgt künftigen Rentenanpassungen.
Tablle: So hoch ist die Mütterrente Anzahl vor 1992 geborener Kinder Brutto-Mehrbetrag durch Mütterrente III (bei Rentenwert 40,79 € und +0,5 Entgeltpunkten je Kind) 1 20,40 € pro Monat (≈ 244,80 € pro Jahr) 2 40,79 € pro Monat (≈ 489,48 € pro Jahr) 3 61,19 € pro Monat (≈ 734,28 € pro Jahr) 4 81,58 € pro Monat (≈ 978,96 € pro Jahr) 5 101,98 € pro Monat (≈ 1.223,76 € pro Jahr)Hinweis: Die Euro-Beträge steigen oder sinken mit dem jeweils gültigen Rentenwert im Auszahlungszeitraum; die Tabelle rechnet mit aktuellem 40,79 € je Entgeltpunkt.
Was netto ankommt: Kranken- und Pflegeversicherung sowie SteuernVon der zusätzlichen Bruttorente gehen bei vielen Rentnerinnen und Rentnern Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner und zur Pflegeversicherung ab. In der gesetzlichen Krankenversicherung wird der Beitragssatz aus der Rente grundsätzlich erhoben; Rentenbeziehende und Rentenversicherung teilen sich die Beiträge.
Hinzu kommt der Zusatzbeitrag der jeweiligen Krankenkasse, der ebenfalls beitragsrelevant ist. In der Pflegeversicherung gilt ein eigener Beitragssatz, der ebenfalls von der Rente einbehalten wird.
Wie viel netto übrig bleibt, hängt damit stark von der individuellen Versicherungssituation ab, vom kassenabhängigen Zusatzbeitrag und auch davon, ob in der Pflegeversicherung Zuschläge oder Abschläge greifen.
Zusätzlich kann Einkommensteuer anfallen, wenn die persönlichen steuerlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Eine pauschale Nettozahl für alle wäre unseriös; realistisch ist aber, dass das monatliche Plus spürbar unterhalb der Bruttosumme liegt.
Wenn der Tod 2027 dazwischenkommt: Verfällt die Nachzahlung?Die zeitverzögerte Auszahlung wirft eine naheliegende Frage auf: Was passiert, wenn eine berechtigte Person im Jahr 2027 verstirbt, bevor die Nachzahlung ausgezahlt wird?
Grundsätzlich gilt im Sozialrecht, dass fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen beim Tod der berechtigten Person auf sogenannte Sonderrechtsnachfolger übergehen können. Das sind bestimmte nahestehende Personen, die mit der verstorbenen Person zusammengelebt haben oder von ihr wesentlich unterhalten wurden.
Damit ist die Nachzahlung nicht automatisch „weg“. Entscheidend sind die gesetzlichen Voraussetzungen der Sonderrechtsnachfolge und die konkrete Situation im Einzelfall. In der Praxis bedeutet das regelmäßig, dass Hinterbliebene die Angelegenheit mit der Rentenversicherung klären müssen, sobald die Nachzahlung ansteht.
Muss man die Mütterrente III beantragen?In der Mehrzahl der Fälle soll die Umsetzung automatisch erfolgen. Die Rentenversicherung kann anhand der im Versicherungskonto gespeicherten Zeiten erkennen, ob ein Anspruch besteht. Genau hier liegt aber auch die Schwachstelle: Nicht jeder Versicherungsverlauf ist so vollständig, dass die Zuordnung und Anerkennung ohne weiteres funktioniert.
Relevant werden Konstellationen, in denen bestimmte Kinderzeiten im Konto nicht oder erst später erfasst sind. Das betrifft etwa Fälle, in denen ein Kind erst nach einiger Zeit in den Haushalt kam, zum Beispiel durch Adoption, oder in denen Erziehungsabschnitte im Ausland lagen und sich erst später rentenrechtlich nachvollziehen lassen. In solchen Situationen kann es notwendig werden, aktiv zu werden, Zeiten nachzuweisen und gegebenenfalls einen Antrag zu stellen.
Für Betroffene bedeutet das vor allem: Sobald 2028 der Bescheid zur Umsetzung der Mütterrente III kommt, sollte geprüft werden, ob die zusätzlichen Monate tatsächlich berücksichtigt wurden.
Warum der Rentenbeginn wichtig istDie Reform arbeitet mit einer Übergangskonstruktion, die zwischen laufenden Renten und neuen Rentenzugängen unterscheidet. Für bereits laufende Renten wird die Verbesserung über einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten organisiert. Bei späteren Rentenzugängen wird die Gleichstellung über die reguläre Anerkennung zusätzlicher Kindererziehungszeiten umgesetzt.
Das hat Folgen, die im Detail bedeutsam werden können. Bei einem Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten wirkt sich eine frühere Inanspruchnahme der Rente typischerweise anders aus als bei Entgeltpunkten, die über Beitrags- beziehungsweise Kindererziehungszeiten entstehen und dann mit dem Zugangsfaktor in die Rentenformel eingehen.
Wer also mit Abschlägen vorzeitig in Rente geht, sollte genau hinschauen, über welchen Mechanismus die Mütterrente III im eigenen Fall umgesetzt wird.
Auch bei der Zuordnung kann es Unterschiede geben, wenn Elternteile sich die Erziehung zeitlich geteilt haben. Bei Bestandsrenten wird zur Zuordnung in der Praxis auf bestimmte gespeicherte Indikatoren im Versicherungsverlauf abgestellt. Bei neuen Rentenzugängen ist stärker entscheidend, wie die tatsächlichen Erziehungsverhältnisse in den betreffenden Monaten nachgewiesen und im Konto hinterlegt sind.
Wer profitiert – und wie wird das finanziert?Nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sollen rund zehn Millionen Menschen von der Mütterrente III profitieren, überwiegend Frauen. Finanziert werden soll die Leistung aus Steuermitteln. Dahinter steht der Gedanke, dass Kindererziehung keine Privatangelegenheit ist, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die von allen unterstützt werden sollte.
Was Betroffene jetzt praktisch tun solltenAuch wenn vieles automatisch laufen soll, lohnt sich ein nüchterner Blick auf die eigene Rentenbiografie. Wer Kinder vor 1992 erzogen hat, sollte prüfen, ob diese Zeiten im Versicherungskonto korrekt gespeichert sind. Das ist besonders wichtig, wenn es Auslandszeiten gab, wenn sich Erziehungsphasen zwischen den Elternteilen verschoben haben oder wenn die Familie besondere Konstellationen wie Adoption erlebt hat.
Spätestens mit dem Bescheid zur Umsetzung im Jahr 2028 entscheidet sich, ob die Reform im Einzelfall reibungslos ankommt. Wer dann Abweichungen feststellt, sollte zeitnah klären lassen, ob ein Antrag oder ergänzende Nachweise erforderlich sind. In komplexen Fällen kann eine Beratung bei der Deutschen Rentenversicherung oder einer unabhängigen Rentenberatung helfen, damit Ansprüche nicht an fehlenden Einträgen scheitern.
QuellenBundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), Informationsseite zum Rentenpaket 2025 mit Angaben zu Startdatum 1. Januar 2027, Nachzahlung ab Januar 2028 und Größenordnung der Begünstigten.
Der Beitrag Mütterrente III: So hoch ist der Zuschuss bei 1,2,3,4,5 Kindern erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Rente: So viel netto bleibt von der Betriebsrente am Ende übrig
Die Betriebsrente ist neben der gesetzlichen Rente eine zusätzliche Einkommensquelle im Rentenalter. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entscheiden sich dafür, Teile ihres Gehalts oder zusätzliche Arbeitgeberleistungen in eine betriebliche Altersvorsorge zu investieren.
Der große Vorteil liegt dabei in der Entlastung der gesetzlichen Rentenversicherung und dem Aufbau einer Zusatzrente. Auf diese Weise sinkt das Risiko, im Alter ausschließlich von der – oft eher knapp bemessenen – gesetzlichen Rente leben zu müssen. Gleichzeitig kann die Betriebsrente zu einem spürbaren Plus im Portemonnaie während des Ruhestands führen.
Warum fällt der tatsächliche Auszahlungsbetrag oft niedriger aus als gedacht?Wer eine zusätzliche Betriebsrente bezieht, ist zunächst optimistisch, einen deutlichen besseren Spielraum in der Rente zu haben. Dennoch zeigen viele Beispiele, dass ein Teil der Betriebsrente spürbar geringer ausfällt als erwartet. Grund dafür sind verschiedene Abzüge, die vorher nicht immer klar sind.
Zwei Dinge treten dabei besonders deutlich hervor: Zum einen müssen Rentnerinnen und Rentner Beiträge an die Kranken- und Pflegeversicherung leisten, zum anderen fallen auch Steuern auf die Betriebsrente an.
Wie wirken sich die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus?In der gesetzlichen Krankenversicherung liegt der allgemeine Beitragssatz bei 14,6 Prozent. Hinzu kommen noch ein kassenindividueller Zusatzbeitrag, der 2025 im Durchschnitt voraussichtlich bei 2,5 Prozent liegt, sowie der Beitrag zur Pflegeversicherung. Für Eltern beträgt der Pflegeversicherungsbeitrag 3,6 Prozent, für Kinderlose 4,2 Prozent.
Die Prozentsätze sind bei der Betriebsrente in voller Höhe von der Rentnerin oder dem Rentner zu tragen, anders als bei der gesetzlichen Rente, bei der die Rentenversicherung den halben Krankenversicherungsbeitrag übernimmt.
Freibetrag und der FreigrenzeSeit 2020 gibt es für die Betriebsrente einen Freibetrag bei den Krankenkassenbeiträgen. Er liegt bei 2,11 Prozent der monatlichen Bezugsgröße.
Wer im Jahr 2025 eine Betriebsrente bezieht, darf monatlich bis zu 187,25 Euro beitragsfrei in der Krankenversicherung einbehalten.
Erst der diese Grenze übersteigende Teil der Betriebsrente wird für die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge herangezogen. Für die Pflegeversicherung gilt hingegen eine Freigrenze: Wird diese Grenze überschritten, müssen Beiträge bereits ab dem ersten Euro der Betriebsrente gezahlt werden.
Gibt es Nachteile bei einer einmaligen Auszahlung der Betriebsrente?Manche denken, sie könnten mit einer Einmalzahlung der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung entgehen.
In der Praxis teilt die Krankenkasse jedoch die Gesamtsumme auf 120 Monate (also zehn Jahre) auf und erhebt in diesem Zeitraum monatlich Beiträge. Für die Pflegeversicherung gilt ebenfalls, dass eine Einmalzahlung beitragspflichtig ist, sodass sich die Abgabenlast auf diese Weise nicht umgehen lässt.
Steuerlast bei der BetriebsrenteNeben den Sozialabgaben muss auch die Steuer berücksichtigt werden. Grundsätzlich ist die Betriebsrente mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern.
Je nach Höhe der weiteren Einkünfte, wie der gesetzlichen Rente, Mieteinnahmen oder Arbeitseinkommen, kann sich hier ein spürbarer Betrag ergeben. Dennoch existieren bei bestimmten Durchführungswegen der betrieblichen Altersversorgung Freibeträge, die einen Teil dieser Steuerlast abmildern.
Welche Freibeträge gelten für interne und externe Durchführungswege?Wenn die Betriebsrente über eine Direktzusage oder eine Unterstützungskasse (interner Durchführungsweg) realisiert wurde, stehen ein Werbungskostenpauschbetrag von 102 Euro sowie ein Versorgungsfreibetrag und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag zu. Sie sind abhängig vom Jahr des erstmaligen Rentenbezugs und der Höhe der Betriebsrente.
Wer 2025 in Rente geht, erhält zum Beispiel 13,2 Prozent seiner Betriebsrente als Versorgungsfreibetrag (maximal 990 Euro) und einen Zuschlag von 297 Euro.
Bei einer Direktversicherung, Pensionskasse oder einem Pensionsfonds (externer Durchführungsweg) gibt es keinen Werbungskostenpauschbetrag und keinen Versorgungsfreibetrag, jedoch kann der sogenannte Altersentlastungsbetrag genutzt werden. Dieser richtet sich nach dem Geburtsjahr und greift ab dem Jahr, in dem die oder der Versicherte 65 Jahre alt wird.
Je nachdem, in welchem Kalenderjahr dieser Geburtstag liegt, lässt sich ein gewisser Prozentsatz der relevanten Einkünfte (maximal bis zu einem festgelegten Höchstbetrag) von der Steuer abziehen.
Wie lässt sich das Nettoergebnis am besten einschätzen?Die Frage, wie viel von der Betriebsrente tatsächlich netto bleibt, lässt sich nicht mit einem einzigen Wert oder Prozentsatz beantworten. Je nach persönlicher Situation, Beitragssätzen, Zusatzbeiträgen der jeweiligen Krankenkasse, Familienstand sowie Art und Höhe der Betriebsrente entstehen individuelle Berechnungen. Freibeträge, Freigrenzen und das persönliche Einkommen insgesamt machen die Sache zusätzlich komplex.
Wer nun plant, die eigene Altersvorsorge zu optimieren, sollte sich bereits vor dem Renteneintritt beraten lassen. Expertinnen und Experten aus dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung, Steuerberatung sowie Rentenversicherung können helfen, eine individuelle Prognose zu erstellen. Dies ist sinnvoll, um realistisch einzuschätzen, wie hoch die eigene Betriebsrente netto später ausfällt.
Warum also lohnt es sich trotzdem, eine Betriebsrente zu haben?Obwohl ein Teil der Betriebsrente durch Sozialabgaben und Steuern schwindet, bleibt sie eine wichtige Säule der Altersvorsorge. Jeder zusätzliche Euro, der im Ruhestand zur Verfügung steht, kann helfen, finanziell unabhängiger zu sein und den Lebensstandard im Alter abzusichern.
Die betriebliche Altersvorsorge ist insbesondere deshalb attraktiv, weil sie in der Ansparphase oftmals vom Arbeitgeber unterstützt wird und über die Jahre Kapital ansammelt, das später eine wertvolle Ergänzung zur gesetzlichen Rente darstellt.
Der Beitrag Rente: So viel netto bleibt von der Betriebsrente am Ende übrig erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Erwerbsminderungsrente: Heilbarkeit entscheidet nicht über die EM-Rente
Ob eine psychische Erkrankung grundsätzlich als heilbar gilt, entscheidet lediglich daürber, ob eine Rente befristet oder unbefristet gewährt wird. Heilbarkeit stellt aber nicht den Rentenanspruch selbst in Frage. So entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg. (L 9 R 1194/19)
Arbeitsunfähig und schwerbehindertDie gelernte Justizfachangestellte war zuletzt in der Pflege beschäftigt. Sie erkrankte arbeitsunfähig, bezog Krankengeld, denn Übergangsgeld, dann Arbeitslosengeld. Zudem bezieht sie eine Witwenrente. Seit 2017 ist bei ihr ein Grad der Behinderung von 50 anerkannt, und damit gilt sie als schwerbehindert.
Reha mit Entlassung als vollschichtig erwerbsfähig2016 führte sie mit Genehmigung der Rentenversicherung eine medizinische Rehabilitation durch, die stationär in einer Klinik stattfand. Diagnosen dort waren SIG-Irritationssyndrom beidseits im Sinne einer Spondylarthritis, rezidivierende Polyarthralgien, z.B. an den Schultern, Ellbogen, Kniegelenken, Verdacht auf eine Autoimmunerkrankung (Sweet-Syndrom), Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion und Adipositas. Mit Beschränkung auf leichte Tätigkeiten galt sie laut Entlassungsbericht als vollschichtig erwerbsfähig auf dem Allgemeinen Arbeitsmarkt.
Antrag auf Rente wegen voller ErwerbsminderungSie stellte einen Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Rentenversicherung prüfte diesen anhand der Befundberichte der behandelnden Ärzte und des Entlassungsberichts. Zudem ließ sie die Betroffene durch einen Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Sozialmedizin und Rehabilitationswesen begutachten.
Leichte Tätigkeiten sind mehr als sechs Stunden pro Tag möglichDieser hielt sie für fähig, körperlich leichte Tätigkeiten mehr als sechs Stunden pro Tag zu verrichten und damit für nicht erwerbsgemindert. Ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit könne sie allerdings nicht ausüben.
Betroffene kann nicht als Pflegehelferin arbeitenDas Gericht führt aus: „Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Pflegehelferin sei dauerhaft nicht leidensgerecht. Sie leide unter einer chronischen Schmerzstörung mit körperlichen und psychischen Faktoren, angegebener bedarfsabhängiger Schmerztherapie mittlerer Stärke, insgesamt leichtgradiger Funktionseinschränkung der Wirbelsäule (vorwiegend LWS) bei kernspintomographischen Hinweisen auf Kreuzdarmbeingelenksaffektion (fragliche Sakroiliitis), aktuell keine ausreichenden Hinweise auf Morbus Bechterew, einer Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion, Bluthochdruck (Therapieverzicht), Ober- und Unterschenkelvarikosis beidseits und Adipositas.“
Betroffene sieht ihren Gesundheitszustand als falsch beurteilt anDie Rentenversicherung stützte sich auf diesen Gutachten und lehnte den Antrag der Betroffenen ab. Die Frau legte Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass der tatsächliche Gesundheitszustand falsch beurteilt sei. So seien ihre orthopädischen Leiden nicht ausreichend berücksichtigt, ebenso seien ihre Arthritis und eine mittlere Depression nicht erfasst worden.
Gutachter hält orthopädische und psychische Leiden für leichtDer Gutachter nahm dazu Stellung und erklärte, auch unter Berücksichtigung dieser Punkte sei eine Tätigkeit von sechs Stunden und mehr pro Tag möglich. Die orthopädischen Leiden seien nur leichtgradig, und die Depression mit der durchgeführten Therapien ebenfalls im niedrigen Bereich. Die Rentenversicherung wies den Widerspruch zurück.
Klage vor dem SozialgerichtDie Betroffene erhob Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe, wiederholte und vertiefte dabei ihre Argumente aus dem Widerspruch und gab an, sie leide an starken Schmerzen und Konzentrationsmangel und sei schwerwiegend eingeschränkt mit reduziertem Leistungsvermögen.
Die Richter hörten die behandelnden Ärzte als Zeugen an und beauftragten einen Neurologen, Psychiater, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie als Gutachter.
Leistung beträgt weniger als drei Stunden pro TagDieser erkannte ein auf täglich unter zwei bis drei Stunden täglich herabgesetztes Leistungsvermögen. Das Hauptleiden falle in den Bereich der Psychiatrie mit einer rezidivierenden Depression mittleren Grades. Dieses bestehe seit einem Jahre zurückliegenden Erstgespräch.
Behandelnder Arzt sieht keine StabilisierungEr sei davon ausgegangen, dass sich das Leiden durch konsequente Psychotherapie und medikamentöse Behandlung stabilisieren lasse. Dies sei nicht möglich gewesen, wozu auch die zusätzlichen orthopädischen Beschwerden beigetragen hätten.
Deutliche Verschlechterung des psychischen ZustandsEin behandelnder Allgemeinarzt sah eine deutliche Verschlechterung der psychischen Verfassung und erkannte ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden. Ein Rheumatologe sah hingegen eine volle Erwerbsfähigkeit für leichterte Tätigkeiten, erklärte aber auch, dass sich dies auf die orthopädischen Leiden beziehe, und dass die psychiatrischen Beschwerden möglicherweise ein anderes Bild ergeben würden.
Beschwerden sind behandelbarEin weiterer Arzt sah eine Verfestigung der psychiatrischen Beschwerden. Er erklärte:
„Die Erkrankungen seien durchaus behandelbar; es sei bislang keine Richtlinien-Psychotherapie erfolgt, was nicht zu Lasten der Klägerin gewertet werden könne. Möglich wäre auch eine Intensivierung der Psychopharmakotherapie. Die Wahl der therapeutischen Optionen obliege letztlich den behandelnden Ärztinnen und Ärzten. Eine Nachuntersuchung sollte zum Ablauf des Jahres 2020 erfolgen. Ein Zeitraum von mehr als anderthalb Jahren sei für eine Intensivierung der Behandlung ausreichend lang genug.“
Sozialgericht sieht Anspruch auf volle ErwerbsminderungsrenteDas Sozialgericht entschied, der Betroffenen müsse eine befristete volle Erwerbsminderungsrente gewährt werden. Die Rentenversicherung legte Widerspruch vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg ein und begründete dies damit, dass sie das Gutachten nicht überzeuge, dass wegen der psychischen Erkrankung nur eine Leistung von weniger als drei Stunden täglich annahm.
Die Wahl der Therapie liegt beim ArztDie Betroffene hielt dagegen: „Sie befinde sich in Behandlung und habe die ihr möglichen Behandlungsoptionen ausgeschöpft. (…) Die Wahl der therapeutischen Optionen obliege letztlich den behandelnden Ärzten. Neben dem psychiatrischen und psychosomatischen Beschwerdebild seien Gesundheitsstörungen auf rheumatologischem Fachgebiet betroffen. Auch wenn diese nicht im Vordergrund stünden, erschwerten sie doch ihren Alltag und die Erwerbsfähigkeit. Der Vorwurf, sie simuliere die gesundheitlichen Einschränkungen und psychiatrischen Beschwerden, werde entschieden zurückgewiesen.“
Erschöpfung und mangelnde AusdauerDas Landessozialgericht bestätigte das Urteil der ersten Instanz. Für den Zeitraum der Befristung sahen die Richter die Betroffene als nachgewiesen voll erwerbsgemindert an.
Sie führten aus: „Die psychischen Symptome führen insgesamt zu einer Minderung der Grundbefindlichkeit und einer Reduktion des energetischen Potentials. Es resultiert eine rasche Erschöpfbarkeit, was zur Folge hat, dass eine Beeinträchtigung der Grundarbeitsfähigkeit mit mangelnder Ausdauer, mangelnder Flexibilität, einer Minderung des Arbeitstempos, der Konzentration und der Merkfähigkeit besteht. Im Ergebnis hält der Gutachter damit für den Senat überzeugend derzeit aufgrund der vorliegenden Beeinträchtigungen eine berufliche Tätigkeit nicht für möglich.“
Fehlende Aufnahme ärztlicher Hilfe kann zur Krankheit gehörenDas Argument der Rentenkasse, die nicht voll ausgeschöpften Therapiemöglichkeiten zeigten einen fehlenden Leidensdruck, wiesen die Richter zurück. Bei psychiatrischen Erkrankungen sei ohnehin zu prüfen, ob eine fehlende wie eingeschränkte Wahrnehmung ärztlicher Hilfe Teil des Krankheitstbildes sei. Zudem befinde sich die Betroffene in ärztlicher Behandlung.
Übertreibung stellt nicht die Gesundheitsstörung in FrageDie Behauptung der Rentenversicherung, die Betroffene übertreibe oder simuliere ihre psychiatrischen Symptome hielten die Richter nicht für stichhaltig:
„Im Hinblick darauf, dass die Grenze zwischen üblicher Betonung von Beschwerden in Begutachtungssituationen, Aggravation und Simulation fließend ist, ist eine Feststellung des Sachverständigen, ob trotz dieser Auffälligkeiten eine Gesundheitsstörung und daraus resultierende Leistungseinschränkungen vorliegen, vorzunehmen. Selbst Aggravation und Simulation schließen es nicht aus, dass die daneben bestehenden Störungen einen Rentenanspruch rechtfertigen.“
Behandelbarkeit entscheidet nicht über den RentenanspruchAuch das Argument der Rentenkasse, dass die therapeutischen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft seien, sprach nach Ansicht des Gerichts nicht gegen eine Erwerbsminderung. Sie betonten, dass sie entsprechenden Urteilen nicht folgten.
Richter widersprechen vorherigen EntscheidungenDie Richter widersprachen Entscheidungen, die davon ausgingen „psychische Erkrankungen würden erst dann rentenrechtlich relevant, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant oder stationär) davon auszugehen sei, dass der Versicherte die psychischen Einschränkungen weder aus eigener Kraft noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe dauerhaft überwinden kann und darüber hinaus eine ungünstige Krankheitsbewältigung, eine mangelnde soziale Unterstützung, psychische Komorbiditäten sowie lange Arbeitsunfähigkeitszeiten vorliegen.“
Behandelbarkeit ist kein Maßstab für die Einschränkung der LeistungDies sei, so das Landessozialgericht, rechtlich nicht haltbar. Sie erklärten hingegen ihren anders gerichteten Standpunkt: „Die Frage der Behandelbarkeit einer psychischen Erkrankung ist für die Frage, ob eine quantitative Leistungsreduzierung tatsächlich vorliegt, nicht maßgeblich, sie ist vielmehr allein für die Befristung und Dauer einer Rente von Bedeutung.“
Die Betroffene erhält eine befristete volle ErwerbsminderungsrenteMit diesem Fazit bestätigten sie das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe, wiesen die Berufung zurück und entschieden, dass die Betroffene Anspruch auf eine zeitlich befristete volle Erwerbsminderungsrente habe.
Der Beitrag Erwerbsminderungsrente: Heilbarkeit entscheidet nicht über die EM-Rente erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.