GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp

GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp Feed abonnieren GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp
Hier finden Sie wichtige Informationen und Nachrichten zum Arbeitslosengeld II / Bürgergeld. Ein unabhängiges Redaktionsteam stellt die Nachrichten und Ratgeberseiten zusammen. Wir möchten eine Art Gegenöffentlichkeit schaffen, damit Betroffene unabhängige Informationen kostenlos erhalten können.
Aktualisiert: vor 1 Stunde 21 Minuten

Schwerbehinderung: Steuer statt nur Pauschbetrag – Dann lohnen sich Einzelnachweise mehr

26. Dezember 2025 - 15:49
Lesedauer 4 Minuten

Der Behinderten-Pauschbetrag ist für viele Menschen mit Schwerbehinderung der naheliegende Weg: ein Betrag, ein Kreuz, fertig. Genau darin liegt ein Risiko, denn in manchen Jahren bildet dieser Pauschbetrag die tatsächliche Belastung nicht mehr ab.

Wenn hohe Eigenanteile für Hilfsmittel anfallen, sich Arzt- und Therapiefahrten häufen, ein notwendiger Umbau umgesetzt wird oder eine Haushaltshilfe bezahlt werden muss, kann der Einzelnachweis die bessere Strategie sein.

Entscheidend ist jedoch die Steuerwirkung: Nur wenn die Kosten lückenlos nachweisbar sind und nach Abzug der zumutbaren Belastung noch genügend abziehbarer Betrag übrig bleibt, lässt sich der Pauschbetrag wirklich übertreffen.

Der Kern: Einzelnachweise wirken erst hinter der „Zumutbar-Hürde“

Beim Pauschbetrag gibt es einen festen Abzug – ohne Belege. Bei Einzelnachweisen werden tatsächliche Aufwendungen meist als außergewöhnliche Belastungen angesetzt. Die Steuerersparnis entsteht jedoch in vielen Fällen erst oberhalb der zumutbaren Belastung.

Das ist der zentrale Grund, warum Einzelnachweise trotz hoher Rechnungen häufig enttäuschen: Ein Teil der Kosten bleibt steuerlich wirkungslos, weil er als „zumutbar“ gilt.

Die praktische Frage lautet deshalb nicht: „Wie viel habe ich gezahlt?“, sondern: „Wie viel bleibt nach der Zumutbar-Hürde übrig – und ist dieser Betrag höher als mein Pauschbetrag?“

Sofort verständlich: zwei Mini-Rechenbeispiele aus der Praxislogik

Damit die Entscheidung nicht theoretisch bleibt, hilft ein kurzer Realitätscheck mit einfachen Zahlen. Es geht hier nicht um eine perfekte Steuerberechnung, sondern um die Mechanik.

Beispiel 1: Einzelnachweise lohnen sich (typisches Umbau-/Hilfsmittel-Jahr)
Anerkennungsfähige Kosten: 5.200 € (Hilfsmittel + Therapiefahrten + Zuzahlungen)
Zumutbare Belastung (vereinfachtes Beispiel): 1.800 €
Steuerlich wirksam: 3.400 €
Wenn der Pauschbetrag im selben Jahr z. B. 1.140 € beträgt, ist der Abstand deutlich: 3.400 € „wirksamer“ Abzug statt 1.140 € Pauschbetrag. In so einem Jahr kippt es häufig Richtung Einzelnachweise, sofern die Nachweise sauber sind.

Beispiel 2: Pauschbetrag bleibt stärker (oder mindestens sicherer)
Anerkennungsfähige Kosten: 3.000 €
Zumutbare Belastung (Beispiel): 2.200 €
Steuerlich wirksam: 800 €
Wenn der Pauschbetrag höher liegt als 800 €, ist der Pauschbetrag in der Regel die bessere Wahl – und vor allem die risikoärmere, weil nicht jeder Einzelposten streitfrei anerkannt wird.

Der entscheidende Punkt ist: Wer nur „Gesamtsumme der Rechnungen“ betrachtet, überschätzt die Wirkung von Einzelnachweisen fast immer.

Der schnelle Entscheidungsrahmen für die Steuererklärung Prüfpunkt Worauf es ankommt 1. Pauschbetrag als Messlatte Wie hoch ist der Pauschbetrag im eigenen Fall (GdB/Merkzeichen)? 2. Kosten realistisch filtern Nur behinderungs- bzw. krankheitsbedingt veranlasste und grundsätzlich abziehbare Posten zählen. Erstattungen (Kasse/Versicherung/Zuschüsse) gehören abgezogen. 3. Zumutbare Belastung mitdenken Erst der Teil oberhalb dieser Schwelle bringt typischerweise steuerliche Wirkung – und muss den Pauschbetrag übertreffen, damit es sich „wirklich lohnt“. Wann Einzelnachweise typischerweise gewinnen

Einzelnachweise sind besonders oft vorn, wenn mehrere große Kostenblöcke zusammentreffen und die Dokumentation stimmt.

Hilfsmittel und Behandlungen: hier entscheidet nicht der Betrag, sondern der Nachweis

Bei vielen gesundheits- und hilfsmittelbezogenen Kosten scheitert die Anerkennung nicht daran, dass es „zu teuer“ wäre, sondern daran, dass der formale Nachweis fehlt oder zu spät beschafft wurde.

Für bestimmte Maßnahmen verlangt das Steuerrecht spezifische Nachweise (z. B. Verordnungen; in einzelnen Konstellationen auch qualifizierte Bescheinigungen), und in der Praxis ist es wichtig, dass diese Unterlagen zeitlich zur Maßnahme passen.

Wer erst nach dem Kauf oder nach Beginn der Behandlung „irgendwas besorgt“, liefert dem Finanzamt den Hebel, die Kosten als nicht ausreichend nachgewiesen einzuordnen.

Umbauten: nur dann stark, wenn medizinische Notwendigkeit und Leistungsbild klar sind

Umbauten sind ein typischer „Kipp-Punkt“, weil hier schnell mehrere tausend Euro zusammenkommen. Gleichzeitig sind Umbau-Rechnungen eine Ablehnungsfalle, wenn sie wie allgemeine Modernisierung wirken.

Entscheidend ist, dass die Notwendigkeit nachvollziehbar ist (warum genau dieser Umbau erforderlich ist) und die Rechnung konkret beschreibt, was gemacht wurde. Je besser der Zusammenhang dokumentiert ist, desto weniger Angriffsfläche bleibt für die Einordnung als bloße Wohnwertverbesserung.

Haushaltshilfen und Handwerker: häufig ist § 35a der bessere Weg als § 33

Viele rechnen Haushaltshilfen automatisch unter „außergewöhnliche Belastung“. In der Praxis ist jedoch oft die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen (§ 35a EStG) interessanter, weil sie direkt an der Steuer ansetzt und nicht erst „hinter“ der zumutbaren Belastung beginnt.

Die Kehrseite ist formal, aber hart: Rechnung und unbare Zahlung sind hier der Prüfstein. Barzahlung ist in der Praxis der häufigste Grund, warum dieser Vorteil verloren geht.

Fahrten: warum hohe Kilometer allein selten reichen

Fahrten sind ein häufiger Anlass, „auf Einzelnachweise zu wechseln“, aber genau hier entstehen die meisten Fehleinschätzungen. Es gibt für behinderungsbedingte Fahrten in vielen Fällen Pauschalen, die verwaltungsseitig als Standardspur gedacht sind; wer darüber hinaus „das Auto komplett“ mit tatsächlichen Kosten absetzen will, trifft schnell auf Begrenzungen und Diskussionen.

In der Praxis sind Fahrten deshalb selten der alleinige Grund, um den Pauschbetrag zu verlassen – sie werden eher dann relevant, wenn ohnehin schon große Posten (Hilfsmittel/Umbau/Haushalt) im selben Jahr anfallen und die Schwelle zur Wirksamkeit klar überschritten wird.

So sortiert man Belege, damit das Finanzamt sie nicht „wegwischt“

Der häufigste Fehler ist nicht „zu wenig“, sondern „zu unscharf“: Rechnung ohne eindeutigen Leistungsinhalt, Zahlung nicht nachweisbar, Erstattung nicht gegengerechnet, medizinische Veranlassung nicht erkennbar. Wer Einzelnachweise nutzen will, sollte pro größerem Posten ein kleines, geschlossenes Belegpaket bauen, das in sich stimmt.

Belegpaket pro Maßnahme Was darin enthalten sein sollte 1. Anlass/Notwendigkeit Verordnung, Bescheinigung oder kurze ärztliche Einordnung – passend zur Maßnahme und zeitlich sauber. 2. Rechnung Konkrete Leistungsbeschreibung (nicht „Pauschal-Sanierung“), bei Handwerk idealerweise nachvollziehbar getrennt nach Arbeits- und Materialanteilen. 3. Zahlung Kontoauszug/Überweisung, bei § 35a zwingend unbar. 4. Erstattungen Kassen- oder Versicherungsanteile, Zuschüsse, Beihilfe – alles, was den Eigenanteil mindert. 5. Kurznotiz (2–3 Sätze) Wofür genau war es erforderlich, wie hängt es mit der Behinderung/Krankheit zusammen, welcher Zeitraum?

Wer diese Logik einmal als Standard setzt, reduziert Rückfragen massiv – und verhindert, dass Positionen aus formalen Gründen gestrichen werden, obwohl sie inhaltlich nachvollziehbar wären.

Wichtig für die Praxis: Es ist nicht immer „alles oder nichts“

Der Pauschbetrag ist die solide Basis, aber es gibt Konstellationen, in denen zusätzlich außergewöhnliche Kosten relevant werden, oder in denen bestimmte Posten sinnvoller über § 35a laufen.

Entscheidend ist, sauber zu trennen und nicht doppelt anzusetzen. Sobald klar ist, welche Schiene (Pauschbetrag, § 33, § 35a) für welchen Kostenblock genutzt wird, wird die Steuererklärung zugleich einfacher und belastbarer.

FAQ

Woran erkennt man am schnellsten, dass Einzelnachweise sich nicht lohnen?
Wenn nach einem groben Überschlag der zumutbaren Belastung nur ein kleiner Rest übrig bleibt, der den Pauschbetrag nicht übertrifft, ist der Pauschbetrag meist die bessere Wahl.

Welche Posten kippen die Rechnung am häufigsten zugunsten von Einzelnachweisen?
Hohe Eigenanteile bei Hilfsmitteln, medizinisch begründete Umbauten und größere, sauber abgerechnete Unterstützungsleistungen im Haushalt – besonders, wenn mehrere dieser Blöcke im selben Jahr zusammenkommen.

Was ist der häufigste Ablehnungsgrund bei Einzelnachweisen?
Formale Brüche: fehlender oder unpassender Nachweis der medizinischen Veranlassung, unklare Rechnungen, fehlende Zahlungsbelege oder nicht berücksichtigte Erstattungen.

Warum ist § 35a bei Haushalt/Handwerk oft so attraktiv?
Weil er häufig unabhängig von der zumutbaren Belastung wirkt – allerdings nur, wenn Rechnung und unbare Zahlung lückenlos nachweisbar sind.

Quellen

  • Einkommensteuergesetz (EStG), insbesondere § 33, § 33b, § 35a
  • Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV), insbesondere Nachweisregelungen für Krankheitskosten
  • Lohnsteuer-Richtlinien/Lohnsteuer-Hinweise (aktuelle Fassung) zu Behinderten-Pauschbetrag und behinderungsbedingten Aufwendungen

Der Beitrag Schwerbehinderung: Steuer statt nur Pauschbetrag – Dann lohnen sich Einzelnachweise mehr erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

So hoch ist die Rente nach 45 Jahren – Tabelle

26. Dezember 2025 - 15:41
Lesedauer 5 MinutenRente nach 45 Jahren: Warum die „abschlagsfreie Rente“ nicht automatisch hoch ist

„Rente nach 45 Jahren“ klingt nach einem einfachen Versprechen: Wer sehr lange gearbeitet hat, soll früher und ohne Abzüge in den Ruhestand gehen können – und dabei eine stattliche Altersrente bekommen. In der gesetzlichen Rentenversicherung ist die Realität differenzierter. Die 45 Jahre sind in erster Linie eine Zugangsvoraussetzung für eine bestimmte Rentenart, nicht automatisch ein Garant für eine hohe Auszahlung. Entscheidend für die Rentenhöhe bleibt, was im Erwerbsleben tatsächlich in die Rentenversicherung eingezahlt wurde beziehungsweise welche rentenrechtlichen Zeiten angerechnet werden.

Gemeint ist in aller Regel die Altersrente für besonders langjährig Versicherte, die umgangssprachlich weiterhin häufig „Rente mit 63“ heißt. Diese Bezeichnung trifft heute aber nur noch auf ältere Jahrgänge zu. Für jüngere Geburtsjahrgänge ist die abschlagsfreie Altersgrenze schrittweise nach oben gerückt.

Ab wann ist die Rente nach 45 Jahren möglich – und was „abschlagsfrei“ hier bedeutet

Bei der Altersrente für besonders langjährig Versicherte gibt es einen wichtigen Punkt, der häufig übersehen wird: Sie ist nicht als „vorzeitige Rente mit Abschlag“ konstruiert, sondern als eigener, abschlagsfreier Rentenzugang mit einer festen Altersgrenze. Wer die Bedingungen erfüllt, kann ab dieser persönlichen Altersgrenze ohne Kürzung durch Rentenabschläge in Rente gehen. Wer früher gehen möchte, muss auf andere Rentenarten ausweichen, bei denen Abschläge möglich sind, etwa bei der Altersrente für langjährig Versicherte (35 Jahre) oder – je nach Situation – bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Die Altersgrenze für besonders langjährig Versicherte steigt für die Jahrgänge von 1953 bis 1963 stufenweise an. Für die Jahrgänge 1960 bis 1963 liegt sie zwischen 64 Jahren und vier Monaten und 64 Jahren und zehn Monaten; ab dem Geburtsjahrgang 1964 gilt dann 65 Jahre als abschlagsfreie Altersgrenze. Das ist der Grund, warum der Begriff „Rente mit 63“ für viele heute nicht mehr passt: Abschlagsfrei ist die Rente nach 45 Jahren in der Spitze erst mit 65 erreichbar, auch wenn das immer noch deutlich vor der Regelaltersgrenze liegen kann.

Welche Zeiten zählen für die 45 Jahre – und welche können zum Stolperstein werden

Die „45 Jahre“ sind die Wartezeit von 45 Jahren. Sie wird in Kalendermonaten gerechnet und setzt sich aus bestimmten rentenrechtlichen Zeiten zusammen. Dazu gehören typischerweise Pflichtbeitragszeiten aus Beschäftigung oder Tätigkeit, Zeiten der Kindererziehung sowie Pflegezeiten. Auch Zeiten mit Entgeltersatzleistungen, etwa bei Arbeitslosigkeit oder Krankheit, können eine Rolle spielen. Gleichzeitig ist die 45-Jahres-Wartezeit strenger als die 35-Jahres-Wartezeit: Nicht alles, was bei 35 Jahren hilft, zählt automatisch auch bei 45 Jahren.

Besonders sensibel ist das Thema Arbeitslosigkeit kurz vor Rentenbeginn. Zeiten mit Arbeitslosengeld können grundsätzlich auf die 45 Jahre angerechnet werden, in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn gilt aber eine Einschränkung. In dieser Phase werden Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs in der Regel nicht berücksichtigt; Ausnahmen gibt es, wenn der Leistungsbezug durch eine Insolvenz oder eine vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt ist. Wer den Übergang in den Ruhestand plant, sollte deshalb frühzeitig prüfen lassen, ob die 45 Jahre tatsächlich erreicht werden – und zwar mit Blick auf die Monate, die in den letzten zwei Jahren vor dem geplanten Rentenstart liegen.

So wird die Altersrente berechnet: Entgeltpunkte statt „Arbeitsjahre“

Die Höhe der gesetzlichen Altersrente hängt nicht daran, dass 45 Jahre „voll“ sind, sondern an den Entgeltpunkten. Entgeltpunkte bilden vereinfacht ab, wie das eigene beitragspflichtige Einkommen im Verhältnis zum Durchschnittsverdienst aller Versicherten lag. Wer in einem Jahr genau den Durchschnitt verdient, bekommt ungefähr einen Entgeltpunkt. Bei einem halben Durchschnittsverdienst entsteht ungefähr ein halber Entgeltpunkt, bei 150 Prozent des Durchschnitts entsprechend etwa 1,5 Entgeltpunkte. Über das Erwerbsleben summiert sich das.

Für die Monatsrente gilt in der Praxis (stark vereinfacht) diese Logik: Monatsrente ≈ Entgeltpunkte × aktueller Rentenwert. Der aktuelle Rentenwert ist dabei der Euro-Betrag, den ein Entgeltpunkt pro Monat wert ist. Er wird jährlich zum 1. Juli angepasst. Seit dem 1. Juli 2025 liegt der aktuelle Rentenwert bei 40,79 Euro. Auf dieser Grundlage lässt sich mit Beispielrechnungen sehr anschaulich zeigen, warum 45 Versicherungsjahre sehr unterschiedliche Rentenhöhen bedeuten können.

Tabelle: Bruttorente nach 45 Jahren – abhängig vom Verdienstniveau

Die folgende Tabelle zeigt grobe Orientierungswerte für eine monatliche Bruttorente, wenn über 45 Jahre hinweg ein gleichbleibendes Verdienstniveau im Verhältnis zum Durchschnitt unterstellt wird. Sie rechnet mit dem aktuellen Rentenwert von 40,79 Euro (Stand: seit 1. Juli 2025) und geht von einer regulären Altersrente ohne Abschläge aus. In der Realität sind Erwerbsbiografien meist wechselhaft; außerdem können Kindererziehungszeiten, Pflegezeiten oder zusätzliche Zuschläge die Entgeltpunkte beeinflussen.

Verdienst über 45 Jahre (im Verhältnis zum Durchschnitt) Monatliche Bruttorente nach 45 Jahren (ca.) 50 % des Durchschnitts 918 € 75 % des Durchschnitts 1.377 € 100 % des Durchschnitts („Standardrente“) 1.836 € 125 % des Durchschnitts 2.294 € 150 % des Durchschnitts 2.753 €

Die „Standardrente“ ist in der öffentlichen Debatte ein häufiger Bezugspunkt: Sie beschreibt das Niveau, das rechnerisch herauskäme, wenn jemand 45 Jahre lang im Durchschnitt verdient und Beiträge gezahlt hätte. Das ist ein Rechenmodell, nicht das typische Leben. Schon moderate Abweichungen – etwa Phasen in Teilzeit, längere Niedriglohnzeiten oder Erwerbsunterbrechungen – drücken die Entgeltpunkte deutlich und damit auch die Monatsrente.

Warum die Rente nach 45 Jahren oft niedriger ist als erwartet

Ein häufiger Denkfehler lautet: „45 Jahre gearbeitet, also muss die Rente gut sein.“ Tatsächlich können 45 Jahre Wartezeit auch dann erreicht werden, wenn nicht in allen Monaten hohe Beiträge geflossen sind. Teilzeit, Minijobs ohne oder mit nur geringen Rentenbeiträgen, längere Phasen mit niedrigen Einkommen und familienbedingte Unterbrechungen wirken direkt auf die Entgeltpunkte. Die Rente honoriert die Dauer zwar indirekt, weil viele Beitragsjahre überhaupt erst viele Entgeltpunkte ermöglichen. Sie belohnt aber nicht die Dauer an sich, sondern das Verhältnis von Beitragshöhe und Beitragszeit.

Hinzu kommt ein zweiter Effekt: Wer über die Altersgrenze hinaus weiterarbeitet, sammelt zusätzliche Entgeltpunkte. Wer dagegen mit der Rente nach 45 Jahren früher aus dem Erwerbsleben ausscheidet, verzichtet auf diese zusätzlichen Punkte. Abschlagsfrei heißt dann zwar: keine Kürzung wegen eines früheren Rentenbeginns. Es heißt aber nicht: gleiche Rentenhöhe wie nach zwei weiteren Arbeitsjahren.

Brutto ist nicht netto: Was von der Rente tatsächlich ankommt

Die Werte in der Tabelle sind Bruttorenten. In der Auszahlungspraxis gehen davon in vielen Fällen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab. Bei gesetzlich krankenversicherten Rentnerinnen und Rentnern gilt: Der allgemeine Beitragssatz zur Krankenversicherung beträgt 14,6 Prozent; der Beitrag wird zwischen Rentner und Rentenversicherungsträger hälftig geteilt.

Zusätzlich kommt der kassenindividuelle Zusatzbeitrag hinzu, an dem sich der Rentenversicherungsträger ebenfalls zur Hälfte beteiligt. Wie hoch dieser Zusatzbeitrag im konkreten Fall ist, hängt von der gewählten Krankenkasse ab; als Orientierungsgröße wird ein durchschnittlicher Zusatzbeitrag veröffentlicht.

Bei der Pflegeversicherung tragen Rentnerinnen und Rentner den Beitrag grundsätzlich allein. Der Beitragssatz ist zum 1. Januar 2025 angehoben worden; bei Renten wird die Umstellung in der Praxis zeitversetzt umgesetzt, was in einzelnen Monaten zu Sondereffekten führen kann. Für viele Haushalte ist das unterm Strich spürbar, weil Pflegeversicherungsbeiträge vollständig aus der Rente gezahlt werden.
Außerdem kann Einkommensteuer anfallen.

Ob und in welcher Höhe hängt nicht nur von der Rentenhöhe ab, sondern unter anderem vom Jahr des Rentenbeginns, vom individuellen Rentenfreibetrag, vom Grundfreibetrag, von weiteren Einkünften sowie von absetzbaren Ausgaben. Für Neurentner des Jahres 2025 liegt der Besteuerungsanteil bei 83,5 Prozent. Das bedeutet nicht, dass 83,5 Prozent automatisch „versteuert werden müssen“, sondern dass dieser Anteil als steuerpflichtiger Teil in die Berechnung eingeht; die tatsächliche Steuer hängt von der gesamten persönlichen Situation ab.

Was Versicherte vor dem Rentenantrag prüfen sollten

Wer die Rente nach 45 Jahren anpeilt, sollte frühzeitig zwei Fragen trennen: Erreiche ich die 45-Jahres-Wartezeit tatsächlich, und wie hoch wird meine Rente bei dem geplanten Beginn voraussichtlich sein. Die Wartezeitfrage ist juristisch und kann an wenigen Monaten hängen, etwa wenn Zeiten der Arbeitslosigkeit kurz vor Rentenbeginn in die kritische Zwei-Jahres-Phase fallen. Die Frage der Rentenhöhe ist rechnerisch und hängt an den Entgeltpunkten, also am Verlauf des Arbeitslebens.

In der Praxis lohnt sich häufig ein Blick in die Renteninformation beziehungsweise in das Versicherungskonto. Dort lässt sich erkennen, welche Zeiten bereits gespeichert sind und ob Lücken vorhanden sind. Gerade bei Kindererziehungs- oder Pflegezeiten, bei Zeiten der Ausbildung oder bei Arbeitgeberwechseln kann es vorkommen, dass Angaben fehlen oder noch geklärt werden müssen. Wer erst kurz vor dem gewünschten Rentenstart feststellt, dass Monate fehlen, verliert Gestaltungsspielraum.

Fazit: 45 Jahre öffnen die Tür – die Höhe bestimmen die Entgeltpunkte

Die Rente nach 45 Jahren ist eine wichtige Option für Menschen mit langen Erwerbsbiografien, weil sie einen abschlagsfreien Rentenstart vor der Regelaltersgrenze ermöglichen kann. Für die Rentenhöhe ist diese Zahl aber nur indirekt relevant. Entscheidend ist, wie viele Entgeltpunkte über die Jahre zusammengekommen sind – und damit, wie hoch das beitragspflichtige Einkommen im Verhältnis zum Durchschnitt war. Wer die eigene voraussichtliche Monatsrente realistisch einschätzen will, kommt daher an einer individuellen Kontenklärung und einer konkreten Rentenberechnung nicht vorbei.

Quellen

Deutsche Rentenversicherung: „Rentenanpassung 2025“ (Rentenwert 40,79 Euro seit 1. Juli 2025). Deutsche Rentenversicherung: Broschüre „Die richtige Altersrente für Sie“ (Stand 01.07.2025; Altersgrenzen der Altersrente für besonders langjährig Versicherte), § 236b SGB VI „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ (Anspruchsvoraussetzungen).

Der Beitrag So hoch ist die Rente nach 45 Jahren – Tabelle erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Bürgergeld: Jobcenter ignorierte den Freibetrag bei Bürgergeld-Bezieher – Urteil

26. Dezember 2025 - 15:38
Lesedauer 2 Minuten

Bei einem Vorschuss des zukünftigen Arbeitgebers muss das Jobcenter den Freibetrag auf das Erwerbseinkommen beim Bürgergeld berücksichtigen, und zwar in dem Monat, in dem der Betrag zugeflossen ist. So urteilte das Bundessozialgericht.

Jobcenter ignoriert die Freibeträge

Der Betroffene im Bürgergeld-Bezug fing ein neues Arbeitsverhältnis an und meldete dieses dem Jobcenter. Laut Arbeitsvertrag erhielt er zum 15. März den ersten Lohn. Jedoch zahlte ihm der Arbeitgeber einen Vorschuss von 355,00 Euro.

Das Jobcenter rechnete die volle Summe als Einkommen an und zog lediglich die Versicherungspauschale von 30,00 Euro ab. Der Betroffene sollte als 325,00 Euro an das Jobcenter zurückzahlen. Freibeträge spielten für die Behörde in diesem Fall keine Rolle.

Wie hoch sind die Freibeträge

Beim Bürgergeld werden 100,00 Euro eines Erwerbseinkommens nicht auf die Leistung angerechnet. Bei einem Bruttoeinkommen zwischen 100,00 und 520,00 Euro bleiben 20 Prozent frei, bei einem Verdienst zwischen 520,00 und 1000,00 Euro 30 Prozent und zwischen 1.000,00 und 1.200,00 Euro weitere zehn Prozent.

Kläger argumentiert mit Freibetrag

Beim Bürgergeld gibt es einen Grundfreibetrag für Erwerbseinkommen pro Monat von 100,00 Euro, der nicht auf die Sozialleistung angerechnet wird. Weitere 20 Prozent der Zahlung wären laut Paragraf 11 des Sozialgesetzbuches II ebenfalls nicht angerechnet worden.

Hätte sich das Jobcenter an diese Regelung bei dem Vorschuss gehalten, dann wären 151,00 Euro von den 355,00 Euro anrechnungsfrei geblieben. In der Summe hätte der Betroffene nur 204,00 Euro erstatten müssen und nicht 325,00 Euro.

So argumentierte der Betroffene bei seiner Klage vor dem Sozialgericht Lübeck und bekam dort Recht. (S 40 AS 658/16)

Landessozialgericht sieht die Lohnabrechnung als entscheidend an

Das Landessozialgericht Schleswig-Holstein sah in der Berufung jedoch den Monat der ersten Lohnabrechnung als entscheidend an und erklärte, die Freibeträge seien erst im März gültig. (L 3 AS 133/18).

Der Betroffene blieb dabei, dass laut dem Sozialgesetzbuch II das Monatsprinzip für Einkommen gelte, und zwar in dem Monat, in dem sie zufließen. Und das gelte bei Freibeträgen für den Monat in dem das Arbeitseinkommen zuflösse, was bei diesem Vorschuss vor dem März gewesen sei.

Vorschuss ist Arbeitseinkommen

Es ging in die dritte Instanz, vor das Bundessozialgericht, und dieses gab dem Leistungsbezieher Recht. Beträge müssten in dem Monat abgezogen werden, in dem sie zuflössen. (B 4 AS 24/21 R)

Solche Absetzbeträge bei Erwerbstätigkeit hätten strikt dem Monatsprinzip zu folgen, und dies auch
dann, wenn ihre Abrechnung erst im Folgemonat erfolgt.

Es geht um Arbeitsanreize

Das Bundessozialgericht stellte grundlegend klar, warum dieses Monatsprinzip so wichtig ist. Erst einmal dienten die Freibeträge dazu, die Verwaltung zu vereinfachen.

Zudem sollten sie Arbeitsanreize bieten. Wörtlich heißt es: „Dieser Freibetrag soll zudem, ebenso wie der besondere Erwerbstätigenfreibetrag, einen finanziellen Anreiz zur Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit schaffen, auch wenn diese nicht bedarfsdeckend ist.“

Auch Vorabzahlungen durch den Arbeitgeber dienten diesem Ziel, denn sie böten einen Anreiz zu arbeiten, und auch deswegen seien hier Freibeträge zu berücksichtigen.

Der Beitrag Bürgergeld: Jobcenter ignorierte den Freibetrag bei Bürgergeld-Bezieher – Urteil erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

P-Konto: Diese Änderungen stehen beim Pfändungsschutzkonto ab 2026 an

26. Dezember 2025 - 15:24
Lesedauer 3 Minuten

Das Pfändungschutzkonto kurz auch “P-Konto” genannt, schützt ein monatliches Guthaben auf dem Girokonto automatisch vor dem Zugriff von Gläubigern.

Neu sind vor allem die turnusmäßigen Anpassungen der Freibeträge zum 1. Juli 2026 – sie folgen einem gesetzlich festgelegten Regelungen und wirken sich unmittelbar auf den Schutzumfang eines P-Kontos aus.

Weil die konkreten Zahlen für 2026 vom Bundesjustizministerium erst kurz vor dem Stichtag im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht werden, lässt sich heute vor allem sagen, wie sich die Beträge ändern, woraus sich diese Änderungen ergeben und was Kontoinhaber jetzt vorbereitend wissen sollten.

2026er Änderungen

Die Pfändungsfreigrenzen werden seit der Reform 2021 jährlich zum 1. Juli angepasst. Maßstab ist die prozentuale Entwicklung des steuerlichen Grundfreibetrags; die neuen Beträge veröffentlicht das Bundesjustizministerium jeweils rechtzeitig im Bundesgesetzblatt.
Diese Systematik gilt selbstverständlich auch für 2026.

Für P-Konten bedeutet das: Steigen die Freigrenzen, steigt automatisch der pfändungsfreie Sockelbetrag auf dem Konto mit – rechtlich leitet er sich direkt aus § 850c ZPO ab und wird auf dem P-Konto nach § 899 ZPO auf den nächsten vollen Zehner aufgerundet. Die Anpassung ist damit keine Ermessensfrage der Bank, sondern folgt aus dem Gesetz und der jährlichen Bekanntmachung.

Was bis zum 30. Juni 2026 gilt

Aktuell gelten die im April 2025 im Bundesgesetzblatt veröffentlichten Werte für den Zeitraum 1. Juli 2025 bis 30. Juni 2026. Der unpfändbare Grundbetrag für Arbeitseinkommen beträgt in dieser Periode 1.555,00 Euro im Monat; erst ab einem Nettoeinkommen oberhalb dieser Schwelle entstehen pfändbare Anteile.

Auf dem P-Konto wird dieser Grundbetrag aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Aufrundung auf 10-Euro-Stufen auf 1.560 Euro angehoben. Zusätzlich wurden zum 1. Juli 2025 die Zuschläge für Unterhaltspflichten sowie die Vollpfändungsgrenze angehoben; die entsprechenden Tabellen gelten bis zum 30. Juni 2026 fort.

Ab 1. Juli 2026: Wie sich der Schutzbetrag voraussichtlich verändert

Zum 1. Juli 2026 werden die Pfändungsfreigrenzen erneut angepasst. Die konkrete Höhe steht erst fest, wenn die Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2026 im Bundesgesetzblatt erscheint; erfahrungsgemäß erfolgt dies im Frühjahr.

Für Kontoinhaber ist entscheidend: Mit der Bekanntmachung steigen – oder theoretisch auch sinken – der gesetzliche Grundfreibetrag und damit automatisch der pfändungsfreie Sockel auf dem P-Konto.

Eine gesonderte Antragstellung bei der Bank ist für die reine Sockelanpassung nicht erforderlich, weil sie sich aus § 850c i. V. m. § 899 ZPO ergibt.

Erhöhungen über den Sockel hinaus: Unterhalt, Kindergeld, Sozialleistungen

Über den Sockelbetrag hinaus kann der Schutzbetrag auf dem P-Konto erhöht werden, wenn etwa gesetzliche Unterhaltspflichten bestehen oder Kindergeld sowie bestimmte Sozialleistungen eingehen. Voraussetzung ist eine Bescheinigung durch eine anerkannte Stelle (z. B. Schuldnerberatung, Rechtsanwalt, Sozialleistungsträger), die der Bank vorgelegt wird.

Auch diese erhöhten Beträge orientieren sich an der jeweils gültigen Pfändungstabelle; mit der 2026er Anpassung ändern sich damit nicht nur die Sockelwerte, sondern auch die rechnerischen Zuschläge für Unterhalt.

Ansparen von Guthaben: Drei-Monats-Regel ist wichtig

Wer den geschützten Betrag in einem Kalendermonat nicht vollständig benötigt, profitiert weiterhin von der gesetzlichen Übertragungsregel: Nicht verbrauchtes, geschütztes Guthaben bleibt in den drei Folgemonaten zusätzlich unpfändbar und kann so angespart bzw. für größere Ausgaben genutzt werden. Diese wichtige Entlastung ist in § 899 Absatz 2 ZPO verankert und gilt unabhängig von der jährlichen Tabellenerhöhung.

Gebühren, Leistungen und Kontoführung

In 2026 dürfen Kreditinstitute für ein P-Konto keine höheren Kontoführungsentgelte verlangen als für ein vergleichbares Girokonto ohne Pfändungsschutz, und bestehende Leistungen dürfen nicht allein wegen der Umwandlung in ein P-Konto abgewertet werden.

Das hat die Verbraucherzentrale wiederholt klargestellt und überwacht entsprechende Fälle. Kontoinhaber sollten Abrechnungen prüfen und unzulässigen Entgelten widersprechen.

Ein P-Konto pro Person – und Besonderheiten bei Gemeinschaftskonten

Jede Person darf nur ein Girokonto als P-Konto führen; mehrere P-Konten sind unzulässig. Beim Kontowechsel ist es wichtig, die P-Konto-Eigenschaft des bisherigen Kontos aufheben zu lassen, bevor das neue Konto umgestellt wird.

Für Gemeinschaftskonten gelten eigenständige Schutzregeln; im Zweifel empfiehlt sich die frühzeitige Beratung, insbesondere wenn beide Kontoinhaber von Pfändungen betroffen sind.

Was Verbraucher jetzt konkret tun sollten

Bis zur Veröffentlichung der 2026er Freigrenzen empfiehlt es sich, die eigene Situation zu prüfen: Wer Unterhalt zahlt oder Kindergeld erhält, sollte sicherstellen, dass eine aktuelle Bescheinigung vorliegt, damit die erhöhten Beträge nahtlos berücksichtigt werden.

Zudem lohnt ein Blick auf wiederkehrende Zahlungen rund um den Stichtag 1. Juli: Weil die Pfändungsfreigrenzen monatlich gedacht sind, kann die terminliche Verteilung von Gehaltseingängen, Sozialleistungen oder Nachzahlungen darüber entscheiden, ob Beträge unter den Schutz fallen oder nicht. Wer größere Anschaffungen plant, kann die Drei-Monats-Regel gezielt nutzen und geschütztes Guthaben ansparen.

Die Bank passt den Sockelbetrag mit Wirksamwerden der neuen Tabelle an; bei Unklarheiten hilft der Blick in die amtliche Bekanntmachung oder eine qualifizierte Schuldnerberatung.

Fazit

Ab 2026 ändert sich beim P-Konto vor allem die Höhe der geschützten Beträge – nicht das Prinzip. Der Gesetzgeber koppelt die Freigrenzen an die steuerliche Entwicklung und veröffentlicht die neuen Zahlen jährlich, sodass der pfändungsfreie Sockel auf dem Konto automatisch folgt.

Wer seine Bescheinigungen aktuell hält, die Drei-Monats-Regel nutzt und die Entgeltpraxis seiner Bank im Blick behält, startet gut gerüstet in das neue Tabellenjahr ab 1. Juli 2026.

Der Beitrag P-Konto: Diese Änderungen stehen beim Pfändungsschutzkonto ab 2026 an erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Wann verjähren private Schulden?

26. Dezember 2025 - 15:10
Lesedauer 9 Minuten

Wer eine alte Rechnung im Ordner findet, nach Jahren ein Inkasso-Schreiben erhält oder sich an ein privates Darlehen „von früher“ erinnert, landet schnell bei derselben Frage: Muss ich das heute noch bezahlen – oder ist das erledigt, weil Zeit vergangen ist? Die Verjährung wirkt dabei wie ein juristischer Schlussstrich. In der Praxis ist sie eher eine Schutzvorschrift: Sie sorgt dafür, dass Ansprüche nicht unbegrenzt durchgesetzt werden können, obwohl Belege verschwinden, Erinnerungen verblassen und Lebenssituationen sich verändern.

Wichtig ist jedoch, dass Verjährung im deutschen Zivilrecht nicht einfach „Schuld weg“ bedeutet. Gerade bei privaten Schulden – von der Handyrechnung über den Onlinekauf bis zum geliehenen Geld im Freundeskreis – entscheidet oft nicht das Bauchgefühl („Das ist ewig her“), sondern eine nüchterne Fristrechnung, die von Details abhängt.

Anhören: Wann verjähren Schulden? https://www.gegen-hartz.de/wp-content/uploads/2025/12/Verjaehrungsfristen-schulden-privat.mp3 Was „verjährt“ im Zivilrecht wirklich bedeutet

Verjährung betrifft die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs, nicht sein bloßes Bestehen. Nach Eintritt der Verjährung darf der Schuldner die Leistung verweigern, wenn er sich darauf beruft. Juristisch heißt das: Man muss die Einrede der Verjährung erheben; sie wirkt nicht automatisch „von Amts wegen“. Genau deshalb können verjährte Forderungen weiterhin in Mahnschreiben oder Inkasso-Post auftauchen. Unzulässig ist das nicht schon allein deshalb, weil die Forderung alt ist – entscheidend ist, ob sie noch durchsetzbar ist und wie kommuniziert wird.

Ein weiterer Punkt, der viele überrascht: Wer freiwillig auf eine bereits verjährte Forderung zahlt, kann das Geleistete in der Regel nicht zurückverlangen – selbst dann nicht, wenn er die Verjährung beim Bezahlen gar nicht kannte. Verjährung ist also ein Schutzschild, das man rechtzeitig heben muss, kein Geld-zurück-Joker nachträglich.

Tabelle: Wann verjähren Schulden? Art der Schuld / Forderung Verjährungsfrist und typischer Beginn Allgemeine private Geldschulden aus Vertrag (z. B. Rechnung aus Kauf, Dienstleistung, Handyvertrag, Fitnessstudio, Onlinebestellung) 3 Jahre; Beginn mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Schuldner und Umstände kennt; häufig endet es am 31.12. des dritten Folgejahres. Privates Darlehen (Rückzahlung) Meist 3 Jahre; entscheidend ist, wann die Rückzahlung fällig wird (nach Vereinbarung oder nach Kündigung); Beginn dann regelmäßig mit Ablauf des jeweiligen Jahres. Mietrückstände (laufende Miete) und vergleichbare Dauerschuldverhältnisse (z. B. Mitgliedsbeiträge) 3 Jahre je fälliger Rate; Beginn mit Ablauf des Jahres der jeweiligen Fälligkeit. Nebenkosten-/Betriebskostennachzahlungen aus Wohnraummiete Regelmäßig 3 Jahre ab Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch fällig ist; zusätzlich gelten im Mietrecht Abrechnungs- und Einwendungsfristen, die unabhängig von der Verjährung praktisch entscheidend sein können. Rückzahlung der Mietkaution (Anspruch des Mieters) Regelmäßig 3 Jahre; Beginn mit Ablauf des Jahres, in dem der Rückzahlungsanspruch fällig wird, typischerweise nach Rückgabe der Wohnung und angemessener Prüf- und Abrechnungszeit. Schadensersatz wegen Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit oder Freiheit (z. B. Unfall mit Personenschaden) Regelmäßig 3 Jahre ab Jahresende bei Kenntnis; unabhängig davon gilt eine absolute Grenze von 30 Jahren ab dem schädigenden Ereignis. Sonstige Schadensersatzansprüche (z. B. Sachschaden, Vermögensschaden) Regelmäßig 3 Jahre ab Jahresende bei Kenntnis; zusätzlich greifen Höchstfristen, typischerweise 10 Jahre ab Entstehung und 30 Jahre ab Ereignis, maßgeblich ist die früher endende Frist. Titulierte Forderungen (z. B. Urteil, Vollstreckungsbescheid, gerichtlicher Vergleich, notarielle Urkunde, Feststellung zur Insolvenztabelle) 30 Jahre; Beginn typischerweise mit Rechtskraft der Entscheidung, Errichtung des Titels oder Feststellung im Insolvenzverfahren. Titel mit künftig fälligen regelmäßig wiederkehrenden Leistungen (z. B. Zinsen, Unterhalt, laufende Raten), obwohl tituliert Nicht 30 Jahre, sondern die regelmäßige Verjährung von 3 Jahren für die jeweils künftig fällig werdenden Leistungen; Beginn je Leistung typischerweise mit Ablauf des Jahres der Fälligkeit. Gewährleistungsansprüche aus Kauf wegen Mängeln (Verkäufer „schuldet“ Nacherfüllung, Rücktrittsfolgen, Schadensersatz) In der Regel 2 Jahre ab Ablieferung; 5 Jahre bei Bauwerk und bestimmten Baustoff-Konstellationen; 30 Jahre bei bestimmten Rechtsmängeln (grundbuchbezogen). Mängelansprüche aus Werkvertrag (Handwerkerleistung) Typisch 2 Jahre ab Abnahme; 5 Jahre bei Bauwerk bzw. Planungs-/Überwachungsleistungen hierfür; sonst teilweise die regelmäßige Verjährung von 3 Jahren. Schadens-/Ersatzansprüche nach Mietende wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache (Vermieter gegen Mieter; in ähnlicher Weise auch bestimmte Ansprüche des Mieters) 6 Monate; Beginn mit Rückerhalt der Mietsache. Ansprüche rund um Grundstücksrechte, einschließlich der Gegenleistung (z. B. Anspruch auf Eigentumsübertragung an einem Grundstück) 10 Jahre; Beginn regelmäßig mit Entstehung des Anspruchs, weil hier nicht die „Jahresende-Regel“ der regelmäßigen Verjährung maßgeblich ist.

Hinweis: Ob eine Forderung „wirklich“ verjährt ist, hängt in der Praxis oft daran, ob die Verjährung gehemmt wurde (etwa durch Mahnverfahren/Klage) oder neu begonnen hat (etwa durch Anerkenntnis, Teilzahlung oder Ratenvereinbarung).

Die regelmäßige Frist: drei Jahre – aber fast nie „ab Rechnungsdatum“

Für die Mehrzahl privater Geldforderungen gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren. Umgangssprachlich heißt es dann oft: „Schulden verjähren nach drei Jahren.“ Das ist als grobe Orientierung nicht falsch, aber als Rechenregel zu ungenau.
Denn die drei Jahre beginnen im Regelfall nicht am Tag der Rechnung, nicht am Tag des Vertragsabschlusses und auch nicht automatisch am Tag der Fälligkeit, sondern – typisch für das deutsche Verjährungsrecht – mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Dadurch kann zwischen Entstehung eines Anspruchs und dem tatsächlichen Beginn der Frist ein spürbarer Zeitraum liegen.

Wann die Uhr zu laufen beginnt: Anspruch, Fälligkeit und Kenntnis

Für den Start der regelmäßigen Verjährung kommt es zunächst darauf an, wann der Anspruch entstanden ist. Bei einer Kaufpreisforderung ist das typischerweise der Zeitpunkt, zu dem gezahlt werden muss, bei einer Dienstleistung der Zeitpunkt, zu dem die Vergütung fällig wird. Bei einem privaten Darlehen hängt es häufig davon ab, ob eine Rückzahlungsfrist vereinbart wurde oder ob erst gekündigt werden muss, damit Rückzahlung fällig wird.

Hinzu kommt das sogenannte Kenntnisprinzip: Die regelmäßige Verjährung setzt außerdem voraus, dass der Gläubiger die anspruchsbegründenden Umstände und die Person des Schuldners kennt oder ohne grobe Fahrlässigkeit kennen müsste. Bei klassischen Alltagsforderungen ist das fast immer von Anfang an der Fall – der Verkäufer weiß, wer bestellt hat, der Mobilfunkanbieter kennt seinen Vertragspartner, der Vermieter kennt den Mieter. Bei anderen Konstellationen, etwa bei bestimmten Schadensersatzansprüchen oder bei komplexen Rückforderungsansprüchen, kann die Kenntnisfrage erheblich sein.

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, beginnt die regelmäßige Frist mit dem Ende des jeweiligen Jahres. Praktisch führt das dazu, dass viele Forderungen „zum Jahresende“ verjähren.

Ein greifbares Beispiel: Eine Forderung aus 2022 und das Jahresende 2025

Nehmen wir eine typische private Konstellation: Eine Rechnung war im Jahr 2022 fällig, der Gläubiger wusste 2022, wer schuldet und warum. Dann beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist nicht mitten im Jahr 2022, sondern mit Ablauf des 31.12.2022. Drei Jahre später endet sie mit Ablauf des 31.12.2025. Genau deshalb liest man zum Jahreswechsel regelmäßig Hinweise, dass „Forderungen aus 2022“ verjähren können – allerdings nur dann, wenn die Verjährung nicht gehemmt wurde und kein Neubeginn eingetreten ist.
Dieses „Ende-zu-Ende“-Prinzip erklärt, warum sich Verjährung in Deutschland häufig wie ein Stichtagsrecht anfühlt: Viele Ansprüche laufen, vereinfacht gesagt, auf den 31. Dezember zu.

Wenn es länger dauert: Titel, Vollstreckung und die 30 Jahre

Die wichtigste Ausnahme, die private Schuldner kennen sollten, ist die Titulierung. Sobald eine Forderung in einem Vollstreckungstitel feststeht – etwa durch Urteil, Vollstreckungsbescheid oder eine vollstreckbare notarielle Urkunde – gelten deutlich längere Fristen. Für titulierte Ansprüche sieht das Gesetz regelmäßig eine dreißigjährige Verjährungsfrist vor. Damit wird aus einer Alltagsforderung, die sonst oft nach drei Jahren nicht mehr durchsetzbar wäre, ein sehr langlebiger Anspruch.

Das bedeutet nicht, dass ein Gläubiger drei Jahrzehnte lang „gar nichts tun“ kann und trotzdem jederzeit alles bekommt. In der Vollstreckungspraxis spielen weitere Einwände und Grenzen eine Rolle. Aber als Faustregel gilt: Wer einen Titel hat, verfügt über ein wesentlich stärkeres Instrumentarium und deutlich mehr Zeit.

Ein Detail, das in der Praxis großen finanziellen Unterschied machen kann, betrifft Zinsen und andere regelmäßig wiederkehrende Leistungen. Das Gesetz behandelt künftig fällig werdende, regelmäßig wiederkehrende Leistungen in bestimmten Titelfällen nicht mit der 30-Jahres-Frist, sondern mit der regelmäßigen dreijährigen Verjährung. In langen Vollstreckungsbiografien kann das dazu führen, dass nicht die Hauptforderung, wohl aber Teile der später aufgelaufenen Zinsen verjährt sind – und der Streit am Ende weniger um das „Ob“, sondern um die genaue Höhe geführt wird.

Zehn Jahre als Obergrenze: Verjährung auch ohne Kenntnis

Das Kenntnisprinzip der regelmäßigen Verjährung würde theoretisch dazu führen, dass manche Ansprüche sehr lange „in der Schwebe“ bleiben, wenn der Gläubiger angeblich nichts wusste. Um das zu verhindern, kennt das Recht Verjährungshöchstfristen. Für viele Ansprüche gilt: Spätestens zehn Jahre nach Entstehung verjähren sie auch dann, wenn die Kenntnis fehlt oder nicht nachweisbar ist.

Für den Alltag heißt das: Selbst wenn über Wissen und grob fahrlässige Unkenntnis gestritten wird, existiert häufig eine harte zeitliche Grenze. Bei speziellen Gruppen von Ansprüchen gibt es wiederum andere Höchstfristen, etwa im Erbrecht, wo der Gesetzgeber eine besonders lange Zeitspanne vorsieht.

Kurze Fristen, die viele überraschen

Neben „drei Jahre“ und „dreißig Jahre“ gibt es im Privatrecht auch deutlich kürzere Verjährungsfristen, die im Alltag regelmäßig unterschätzt werden. Besonders bekannt sind die Verjährungsregeln im Gewährleistungsrecht: Wer wegen eines Mangels Rechte geltend machen will, ist oft an relativ kurze Fristen gebunden, die je nach Vertragsart und Gegenstand variieren. Auch im Mietrecht existieren Ansprüche mit kurzer Verjährung, etwa in bestimmten Konstellationen rund um Veränderungen oder Schäden an der Mietsache. In der journalistischen Praxis fällt auf: Viele Menschen verwechseln dabei Verjährung von Zahlungsforderungen mit Fristen, innerhalb derer Mängel gerügt oder Rechte ausgeübt werden müssen. Das sind verwandte, aber nicht identische Instrumente.

Für die Ausgangsfrage „Wann sind private Schulden verjährt?“ ist das vor allem dann relevant, wenn nicht eine reine Geldschuld aus Rechnung oder Vertrag im Raum steht, sondern Ansprüche aus einem Konflikt: Schadensersatz, Rückforderung, Mängelbeseitigungskosten, Kautionsthemen. Dann kann die einschlägige Frist deutlich von der gefühlten Standardregel abweichen.

Hemmung und Neubeginn: Wie sich Verjährung verschiebt oder von vorn startet

Zwei Mechanismen prägen die Realität der Verjährung: Hemmung und Neubeginn. Bei der Hemmung wird die Verjährungsuhr angehalten; die bereits verstrichene Zeit bleibt stehen und läuft später weiter. Beim Neubeginn wird die Uhr auf null gesetzt und die Frist beginnt erneut.

Hemmung tritt zum Beispiel ein, wenn ernsthaft über den Anspruch verhandelt wird. Das Gesetz knüpft das nicht an förmliche Schreiben; entscheidend ist, dass tatsächlich über Anspruch und Grundlage gesprochen wird. Typisch sind Konstellationen, in denen der Gläubiger prüft, nachfragt, Unterlagen verlangt oder Vergleichsgespräche geführt werden. Das Verjährungsrecht gibt den Parteien dabei einen Puffer: Die Verjährung tritt nach Ende solcher Verhandlungen nicht sofort ein, sondern frühestens einige Monate später. Das soll verhindern, dass Gespräche allein deshalb abgebrochen werden, weil eine Frist „im Nacken“ sitzt.

Noch wichtiger im Massengeschäft ist die Hemmung durch Rechtsverfolgung. Eine Klage, aber auch ein gerichtliches Mahnverfahren können Verjährung hemmen. Beim Mahnverfahren ist in der Praxis entscheidend, dass der Mahnbescheid rechtzeitig beantragt wird und die Zustellung „demnächst“ erfolgt. Außerdem muss die Forderung hinreichend konkret bezeichnet sein, damit der Schuldner erkennen kann, woraus der Anspruch hergeleitet wird. Das klingt technisch, ist aber häufig der Unterschied zwischen „Frist gerettet“ und „Frist verpasst“.

Ein Neubeginn der Verjährung tritt hingegen ein, wenn der Schuldner den Anspruch anerkennt, etwa durch Teilzahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder ein Verhalten, das als Anerkenntnis gewertet wird. Genau hier liegt eine der häufigsten Fallen im privaten Alltag: Wer „aus Kulanz“ einen kleinen Betrag überweist, einen Ratenplan unterschreibt oder die Forderung schriftlich bestätigt, kann damit die Verjährung wieder von vorne starten lassen – selbst wenn die Forderung bald verjährt wäre. Deshalb ist bei sehr alten Forderungen Vorsicht angebracht, bevor man etwas unterschreibt oder zahlt, ohne die Fristen zu prüfen.

Mahnung und Inkasso: Warum Papier allein die Verjährung nicht stoppt

Die bloße Mahnung verhindert Verjährung nicht. Das ist einer der am weitesten verbreiteten Irrtümer. Viele Gläubiger mahnen über Jahre hinweg, teils automatisiert, und Schuldner schließen daraus, die Forderung könne gar nicht verjähren. Juristisch ist das falsch: Mahnungen sind außergerichtliche Aufforderungen. Für eine Hemmung braucht es entweder bestimmte gesetzlich geregelte Tatbestände wie Verhandlungen oder die Einleitung gerichtlicher Schritte.

Inkassoschreiben ändern daran grundsätzlich nichts. Auch ein Inkassounternehmen muss Verjährungsregeln beachten; es steht nicht „außerhalb“ des Systems. Allerdings ist der psychologische Effekt in der Praxis groß: Wer Inkasso-Post bekommt, zahlt oft aus Unsicherheit. Gerade dann kann – je nach Verhalten – ein Neubeginn ausgelöst werden.

Was tun, wenn eine alte Forderung plötzlich wieder auftaucht?

Wenn nach langer Zeit eine Forderung geltend gemacht wird, ist der erste Schritt meist nicht die sofortige Zahlung, sondern die saubere Einordnung: Handelt es sich um eine einfache, noch nicht titulierte Forderung oder gibt es bereits einen Titel? Bei Titeln sind die Spielräume enger, und es geht schnell um Vollstreckungsfragen. Bei nicht titulierten Forderungen geht es häufig um die Fristrechnung, um Hemmungsgründe und um die Frage, ob durch eigenes Verhalten bereits ein Neubeginn eingetreten ist.

In der Praxis empfiehlt es sich, sehr genau auf Daten zu achten: Wann war die Leistung, wann war die Rechnung fällig, wann kam die erste Geltendmachung, gab es ein Mahnverfahren, gab es Verhandlungen, gab es Teilzahlungen. Oft ist nicht die große juristische Theorie entscheidend, sondern ein unscheinbarer Umstand wie eine Überweisung „zur Beruhigung“ oder ein unterschriebener Ratenplan vor einigen Jahren.

Wenn die Verjährung plausibel ist, wird sie typischerweise durch eine klare Erklärung geltend gemacht, dass man die Einrede der Verjährung erhebt. Damit signalisiert der Schuldner: Ich verweigere die Leistung wegen Zeitablaufs. Ob darüber hinaus weitere Einwendungen bestehen, hängt vom Einzelfall ab. Bei größeren Beträgen oder unklaren Titelfragen ist anwaltlicher Rat sinnvoll, weil Fehler hier schnell teuer werden können.

Verjährung und SCHUFA: Zwei unterschiedliche Zeitsysteme

Viele Menschen setzen Verjährung mit dem Verschwinden negativer Bonitätsinformationen gleich. Das ist ein Missverständnis. Verjährung regelt, ob ein Anspruch durchgesetzt werden kann. Bonitätsdaten folgen datenschutz- und auskunfteirechtlichen Maßstäben, die zwar mit Zahlungsausfällen zusammenhängen, aber nicht automatisch an die Verjährung gekoppelt sind.

Zum Jahresende 2025 kam zusätzlich Bewegung in die Debatte um Speicherfristen erledigter Zahlungsstörungen: Der Bundesgerichtshof hat sich am 18.12.2025 mit der Frage beschäftigt, wie lange eine Auskunftei Daten über ausgeglichene Forderungen speichern darf, und dabei betont, dass es auf eine Interessenabwägung ankommt. In der Berichterstattung wird zudem auf den genehmigten „Code of Conduct“ der Auskunfteien verwiesen, der grundsätzlich von bis zu drei Jahren ausgeht, in bestimmten Konstellationen aber kürzere Zeiträume vorsieht. Für Verbraucher heißt das: Selbst wenn eine Forderung rechtlich nicht mehr durchsetzbar ist oder längst bezahlt wurde, ist damit nicht automatisch geklärt, wie lange ein negativer Eintrag gespeichert werden darf. Umgekehrt kann eine Verjährungseinrede im Einzelfall auch datenschutzrechtliche Folgefragen auslösen, etwa wenn trotzdem neue Meldungen erfolgen.

Fazit

Private Schulden verjähren in Deutschland häufig nach drei Jahren – gerechnet ab dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger die entscheidenden Umstände kennt. Diese Regel wird jedoch in beide Richtungen relativiert: Durch Hemmungstatbestände und durch Neubeginn kann sich die Frist deutlich verlängern, und durch Titulierung kann sie sich auf dreißig Jahre ausdehnen. Hinzu kommen Verjährungshöchstfristen wie die Zehn-Jahres-Grenze, die unabhängig vom Wissen greifen kann, sowie Spezialfristen, die im Alltag leicht übersehen werden.

Wer wissen will, ob eine konkrete private Forderung „wirklich verjährt“ ist, kommt an den Details nicht vorbei. Verjährung ist im Ergebnis oft weniger eine Frage der Moral oder des Zeitgefühls als eine Frage von Kalenderdaten, Verfahrensschritten und dem eigenen Verhalten.

Quellen

Bürgerliches Gesetzbuch: § 195 (regelmäßige Verjährungsfrist), § 199 (Beginn und Höchstfristen), § 203 (Hemmung bei Verhandlungen), § 204 (Hemmung durch Rechtsverfolgung), § 212 (Neubeginn), § 214 (Wirkung der Verjährung), § 197 (30-jährige Verjährung und Besonderheiten bei wiederkehrenden Leistungen).

Der Beitrag Wann verjähren private Schulden? erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Kindergeld bis 27 Jahre – Wann wird es noch gezahlt?

26. Dezember 2025 - 14:51
Lesedauer 5 Minuten

Die Altersgrenz beim Kindergeld von 27 Jahren war früher einmal relevant. Im geltenden Recht ist sie für die allermeisten Familien aber kein Zielpunkt mehr. Entscheidend ist, ob und warum ein Kind nach dem 18. Geburtstag noch berücksichtigt wird – und welche Altersgrenzen dann tatsächlich gelten.

Warum überhaupt von „bis 27“ die Rede ist

Die Zahl 27 stammt aus älteren Regelungen und aus Übergangsvorschriften, die im Zuge einer Reform vor vielen Jahren entstanden sind. In der Praxis betrifft das heute kaum noch typische Konstellationen von Studierenden oder Auszubildenden.

Viele Ratgebertexte im Netz wurden damals geschrieben, später nur leicht aktualisiert oder aus Suchgründen mit „27“ überschrieben. Das erzeugt den Eindruck, als könne Kindergeld regulär bis 27 laufen – obwohl die heutige Standardgrenze niedriger liegt.

Wer aktuell plant, muss daher von den heutigen Altersgrenzen ausgehen. Die Frage lautet nicht: „Wie komme ich bis 27?“, sondern: „Welche Voraussetzungen gelten nach 18 – und bis wann trägt das?“

Die heutigen Altersgrenzen: bis 18, bis 21, bis 25

Bis zur Volljährigkeit ist Kindergeld im Regelfall unstrittig: Es wird grundsätzlich bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gezahlt. Ab dem 18. Geburtstag wird Kindergeld nicht „automatisch verlängert“, sondern nur noch, wenn bestimmte Lebenssituationen vorliegen und belegt werden.

Für volljährige Kinder sind zwei Altersmarken besonders wichtig. Kindergeld kann bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres möglich sein, wenn das Kind arbeitslos ist und bei der zuständigen Stelle als arbeitssuchend gemeldet ist. Häufiger ist die zweite Marke: Bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres kann Kindergeld gezahlt werden, wenn sich das Kind in Ausbildung oder Studium befindet, wenn es eine Ausbildung mangels Platz nicht beginnen oder fortsetzen kann, wenn es sich in einer anerkannten Übergangszeit befindet oder wenn ein anerkannter Freiwilligendienst geleistet wird.

Das Kindergeld wird monatsweise gezahlt. In vielen Fällen läuft es daher praktisch bis einschließlich des Monats, in dem der Geburtstag liegt – mit Sonderfällen, wenn ein Geburtstag auf den Monatsersten fällt. Wer hier unsicher ist, sollte auf den konkreten Geburtsdatum-Effekt achten, weil er in der Praxis darüber entscheidet, ob noch ein Monat Kindergeld „drin“ ist oder nicht.

Nach dem 18. Geburtstag: Ohne Nachweise wird es schnell still auf dem Konto

Der häufigste Grund für unerwartete Unterbrechungen ist nicht, dass der Anspruch „weg“ wäre, sondern dass Unterlagen fehlen oder eine Meldung nicht erneuert wurde. Ab Volljährigkeit will die Familienkasse regelmäßig wissen, was das Kind gerade macht: Schule, Ausbildung, Studium, Suche nach einem Platz, Freiwilligendienst oder Arbeitslosigkeit. Das klingt banal, ist aber entscheidend – und es ist auch der Punkt, an dem viele Familien unabsichtlich Zeit verlieren.

Das gilt besonders in Phasen, die sich „nach außen“ wie Ausbildung anfühlen, aber formal nicht automatisch anerkannt sind. Ein bloßes „Wartesemester“ ohne Ausbildungsbezug, ein Planungsjahr ohne nachweisbare Bewerbungsschritte oder ein längerer Leerlauf ohne Meldung als ausbildungsplatzsuchend kann den Anspruch beenden. Er kann später wieder aufleben, aber dann zählt oft die Zeit, in der bereits eine Lücke entstanden ist – und die wird nicht immer problemlos geschlossen.

Ausbildung, Studium und das typische „Dazwischen“: Übergangszeit und Platzsuche

Das Leben läuft selten nahtlos. Zwischen Abitur und Studienbeginn liegen häufig Monate. Zwischen Bachelor und Master gibt es Fristen. Nach einer Ausbildungsprüfung folgt nicht immer am nächsten Tag der nächste Schritt. Genau für solche Brüche gibt es Regeln, die Kindergeld weiterhin ermöglichen – aber nur innerhalb bestimmter Grenzen.

Eine klassische Konstellation ist die Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten. Wenn nachweisbar ist, dass der nächste Abschnitt zeitnah beginnt, kann Kindergeld in einer Übergangsphase weiterlaufen, jedoch nur für eine begrenzte Dauer. Entscheidend ist, dass der Anschluss tatsächlich erfolgt und nicht nur „irgendwann geplant“ ist.

Daneben gibt es den Fall, dass ein Kind eine Ausbildung oder ein Studium mangels Platz nicht beginnen oder nicht fortsetzen kann. Hier kommt es darauf an, dass die Bemühungen um einen Platz ernsthaft sind und dokumentiert werden. In der Praxis ist eine offizielle Meldung als ausbildungsplatzsuchend bei der Arbeitsagentur oder dem Jobcenter oft der sauberste Nachweis, weil sie das Bemühen formal greifbar macht und regelmäßig erneuert wird.

Wenn das Kind arbeitet: Warum der Nebenjob meist kein Problem ist – und wann doch

Ein Nebenjob beendet Kindergeld nicht automatisch. Das ist eine der wichtigsten Klarstellungen, weil die Sorge „Dann verdient mein Kind zu viel“ sich hartnäckig hält. Kindergeld ist nicht davon abhängig, wie viel die Eltern verdienen, und es gibt seit Jahren keine allgemeine Einkommensgrenze des Kindes mehr, die den Anspruch automatisch kippt.

Wirklich heikel wird es eher bei der Frage, ob das Kind nach einer ersten abgeschlossenen Berufsausbildung oder nach einem Erststudium in einer weiteren Qualifikation steckt und gleichzeitig in erheblichem Umfang arbeitet. Dann kommt es darauf an, ob die Erwerbstätigkeit nach den Regeln als schädlich gilt. In der Praxis ist häufig die Wochenarbeitszeit der Dreh- und Angelpunkt. Wer nach einer ersten Ausbildung in einer weiteren Ausbildung oder einem Studium Kindergeld behalten will, muss typischerweise darauf achten, dass die Erwerbsarbeit in einem Rahmen bleibt, der den Ausbildungscharakter nicht überdeckt.

Die Familienkasse prüft, ob der Ausbildungsweg im Vordergrund steht. Ein normaler Nebenjob, ein Minijob oder eine Tätigkeit in begrenztem Umfang ist häufig unproblematisch. Eine regelmäßige, umfangreiche Erwerbstätigkeit kann dagegen dazu führen, dass Kindergeld nicht mehr gezahlt wird, obwohl das Kind immatrikuliert ist.

Freiwilligendienst: Kindergeld auch ohne Hörsaal, aber nicht „verlängernd“ über 25 hinaus

Anerkannte Freiwilligendienste können Kindergeld nach dem 18. Geburtstag ermöglichen, weil sie rechtlich wie ein begünstigter Status behandelt werden. Viele Familien nutzen das bewusst als Orientierungsjahr nach der Schule oder als sinnvolle Brücke zwischen Abschnitten.

Ein Freiwilligendienst kann den Anspruch innerhalb der geltenden Altersgrenze tragen, er schiebt die Altersgrenze aber in aller Regel nicht nach hinten. Wer also denkt, ein FSJ oder der Bundesfreiwilligendienst „macht aus 25 automatisch 26 oder 27“, liegt in den typischen Fällen falsch. Der Freiwilligendienst ist ein anerkannter Grund für Kindergeld – aber kein genereller Mechanismus, um über 25 hinaus zu verlängern.

Sonderfall Behinderung: Kindergeld kann dann auch weit nach 25 möglich sein

Neben Ausbildung, Suche und Arbeitslosigkeit gibt es einen Sonderweg, der in der Öffentlichkeit oft zu kurz kommt: Wenn ein Kind wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung nicht in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten, kann Kindergeld ohne feste Altersobergrenze möglich sein. Die entscheidende Voraussetzung ist dabei, dass die Behinderung bereits vor einer bestimmten Altersgrenze eingetreten ist.

In der Praxis geht es dann nicht mehr um Semester, Übergangszeiten oder Arbeitsstunden, sondern um die Frage der Selbstunterhaltsfähigkeit und den Zeitpunkt des Eintritts der Behinderung.

Dieser Bereich ist häufig nachweispflichtig und in der Bearbeitung sensibler, weil medizinische und finanzielle Kriterien eine Rolle spielen. Er ist aber ein wichtiger Hinweis für Familien, die sonst fälschlich davon ausgehen, dass mit 25 „endgültig Schluss“ sein müsse.

Gibt es heute noch Kindergeld „bis 27“?

Für aktuelle Ausbildungs- und Studienbiografien lautet die ehrliche Antwort: Im normalen Alltag praktisch nicht. Die übliche Obergrenze liegt bei 25, mit der arbeitslosigkeitsbezogenen Variante bis 21 und dem Sonderfall Behinderung ohne starre Altersgrenze.

Dass dennoch „27“ kursiert, hängt vor allem an historischen Regelungen und an Übergangsvorschriften. Diese sind heute in aller Regel nur noch als Altfall-Thema relevant und treffen die typische Zielgruppe der Suchanfrage nicht mehr. Wer heute 19, 22 oder 24 ist, wird aus den alten Übergangsstufen zur 27er-Grenze keinen laufenden Anspruch ableiten können.

Es gibt außerdem Sonderregeln zur Verlängerung in sehr spezifischen Fallgruppen, etwa wenn ein Dienst geleistet wurde, der gesetzlich als verlängerungsrelevant anerkannt ist. Das sind jedoch eng begrenzte Konstellationen, die in der heutigen Lebenswirklichkeit wesentlich seltener sind, als es die Google-Treffer vermuten lassen.

Antrag, Fristen, Rückwirkung: So verhindert man teure Lücken

Kindergeld muss beantragt werden, und wer Unterlagen nachreicht, sollte die Zeitachse im Blick behalten. Besonders bedeutsam ist die Frist für rückwirkende Zahlungen. Wer zu spät beantragt oder eine Lücke zu spät bemerkt, kann Geld verlieren, obwohl der Anspruch dem Grunde nach bestanden hätte.

Genauso wichtig sind Mitteilungen über Änderungen. Endet eine Ausbildung, verschiebt sich ein Studienbeginn, wird ein Studium abgebrochen oder beginnt eine Beschäftigung in größerem Umfang, erwartet die Familienkasse eine zeitnahe Information. Nicht, weil sie „streng“ sein will, sondern weil Überzahlungen später zurückgefordert werden können. In der Praxis sind Rückforderungen oft der Moment, in dem Eltern überhaupt merken, dass sie schon Wochen oder Monate in einer nicht mehr passenden Konstellation waren.

Kindergeldhöhe: Stand Ende 2025 und die Änderung ab 2026

Auch wenn die Suchfrage sich um Altersgrenzen dreht, spielt die Höhe in der Lebensplanung mit. Ende 2025 beträgt das Kindergeld 255 Euro pro Kind und Monat. Ab dem 1. Januar 2026 steigt es auf 259 Euro pro Kind und Monat. Bestehende Zahlungen werden dabei grundsätzlich automatisch angepasst; es ist normalerweise kein neuer Antrag nötig, wenn der Anspruch ohnehin bereits läuft.

Fazit

„Kindergeld bis 27“ ist heute vor allem ein Suchbegriff mit historischem Echo. Wer wissen will, wann man Kindergeld nach der Volljährigkeit bekommt, sollte sich an den realen Leitplanken orientieren: bis 21 bei Arbeitslosigkeit und Meldung als arbeitssuchend, bis 25 bei Ausbildung, Studium, anerkannter Übergangsphase, Platzsuche oder Freiwilligendienst – und ohne feste Altersgrenze in besonderen Fällen, etwa bei Behinderung mit den dafür notwendigen Voraussetzungen.

Quellen

Bundesagentur für Arbeit (Familienkasse): „Kindergeld ab Geburt / Anspruch, Höhe, Dauer“ (inklusive Hinweis auf Einkommensunabhängigkeit, Höhe 2025 und Änderung ab 01.01.2026 sowie 6-Monats-Frist für rückwirkende Zahlung).

Der Beitrag Kindergeld bis 27 Jahre – Wann wird es noch gezahlt? erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Jobcenter verklagen? Bürgergeld-Bezieher erringt wegweisendes Urteil

26. Dezember 2025 - 13:52
Lesedauer 5 Minuten

Wer Bürgergeld bezieht und sich vom Jobcenter falsch behandelt fühlt, sucht oft zuerst das Gespräch, schreibt Beschwerden oder wendet sich an die Aufsicht. Doch was passiert, wenn die zuständige Landesbehörde aus Sicht der Betroffenen nicht reagiert oder nicht eingreift? Genau an dieser Stelle beginnt häufig ein zweites Problem: Nicht der Inhalt des Streits steht am Anfang, sondern die Zuständigkeit der Gerichte.

Müssen solche Auseinandersetzungen vor das Verwaltungsgericht – oder vor die Sozialgerichte, die sonst über Bürgergeld-Leistungen entscheiden?
Mit Beschluss vom 20. November 2025 (Az. L 1 SV 741/25 B) hat das Thüringer Landessozialgericht diese Weichenstellung deutlich in Richtung Sozialgerichtsbarkeit gestellt. Die Entscheidung war überaus wichtig: Sie kann vermeiden helfen, dass Verfahren monatelang zwischen Gerichtsbarkeiten hin- und hergeschoben werden, während die Betroffenen auf Klärung warten.

Der Hintergrund des Verfahrens

Im Ausgangspunkt ging es nicht um einen klassischen Bescheid über Bürgergeld, also nicht um die Höhe einer Zahlung oder eine Sanktion. Anlass war vielmehr der Vorwurf eines Klägers, ein Jobcenter habe sich pflichtwidrig verhalten.

Der Kläger wandte sich deshalb an die zuständige Landesbehörde, die im System der Grundsicherung eine Aufsichtsfunktion gegenüber bestimmten Jobcentern beziehungsweise Trägern ausübt. Nach einem Gespräch, in dem nach Darstellung des Klägers eine Klärung in Aussicht gestellt worden sei, habe sich aus seiner Sicht nichts bewegt. Daraufhin erhob er Klage beim Sozialgericht Altenburg.

Dieses Sozialgericht hielt sich allerdings nicht für zuständig. Es verwies den Rechtsstreit mit Beschluss vom 27. August 2025 an das Verwaltungsgericht Weimar.

Der Gedanke dahinter: Wenn nicht die Leistungsgewährung selbst, sondern das Verhalten einer Aufsichtsbehörde im Streit steht, könne das eher dem allgemeinen Verwaltungsrecht zugeordnet werden. Gegen diese Verweisung legte der Kläger Beschwerde ein – und damit landete die Sache beim Thüringer Landessozialgericht.

Die Entscheidung des Thüringer Landessozialgerichts

Das Landessozialgericht hob die Verweisung des Sozialgerichts Altenburg auf. Es stellte damit klar, dass für den Streit der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet ist. Anders gesagt: Das Verfahren gehört grundsätzlich in die Sozialgerichte und nicht in die Verwaltungsgerichte.
Wichtig ist dabei, was ein solcher Beschluss leistet – und was nicht.

Er beantwortet zunächst die Frage nach dem richtigen Gerichtszweig. Ob die Aufsichtsbehörde tatsächlich verpflichtet ist, tätig zu werden, entscheidet er damit noch nicht. Trotzdem ist die Zuständigkeitsfrage mehr als eine Formalie: Ohne sie läuft ein Verfahren Gefahr, sich in Zuständigkeitsdebatten zu verlieren, statt inhaltlich geprüft zu werden.

Warum die Zuständigkeitsfrage für Betroffene so viel bedeutet

Juristisch ist der „Rechtsweg“ die Tür, durch die ein Verfahren überhaupt in die richtige Gerichtsbarkeit gelangt. Praktisch entscheidet er darüber, ob ein Rechtsstreit schnell in die Sache kommt oder erst einmal wandert.

Für Menschen, die von Leistungen nach dem SGB II abhängig sind, kann diese Zeit besonders belastend sein. Schon eine Verweisung an ein anderes Gericht kann zu Verzögerungen führen, etwa durch neue Fristen, erneute Anhörungen oder schlicht durch Wartezeiten in einem anderen Gerichtssystem.

Hinzu kommt ein rechtsstaatlicher Punkt: Das Grundgesetz schützt den Anspruch auf den „gesetzlichen Richter“. Dahinter steht die Idee, dass nicht nach Belieben entschieden wird, welches Gericht zuständig ist, sondern dass Zuständigkeiten vorher festgelegt sind.

Wenn sich Gerichte über längere Zeit uneinig sind, kann das Vertrauen in den Rechtsschutz leiden – und genau hier setzt die Entscheidung an, indem sie die Zuordnung im Bereich der Grundsicherung sehr weit versteht.

Der rechtliche Maßstab: § 51 SGG als Tür zur Sozialgerichtsbarkeit

Das Thüringer Landessozialgericht knüpft an eine Linie an, die die Sozialgerichtsbarkeit im Bereich der Grundsicherung bewusst breit fasst. Maßgeblich ist § 51 Absatz 1 Nummer 4a Sozialgerichtsgesetz. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten „in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ nach dem SGB II.

Erfasst sind also nicht nur typische Leistungsstreitigkeiten mit dem Jobcenter, sondern auch solche Auseinandersetzungen, in denen die vom Kläger gewünschte Rechtsfolge ihre Grundlage im SGB II haben kann.

Das Thüringer Landessozialgericht macht in seinem Leitsatz deutlich, dass damit die gesamte Verwaltungstätigkeit der Behörden, die auf Grundlage des SGB II handeln, in diesen Bereich fallen kann. Dazu zählt nach der Entscheidung ausdrücklich auch die Ausübung der Rechtsaufsicht, soweit sie ihre Grundlage im SGB II hat.

Damit verschiebt sich der Blick weg von der Frage „Geht es um Sozialleistungen?“ hin zu der Frage „Woraus leitet sich der Anspruch ab?“ Wenn die rechtliche Basis im SGB II liegen kann, soll die Sozialgerichtsbarkeit zuständig sein.

Rechtsaufsicht über Jobcenter: Was das im SGB II bedeutet

Das System der Grundsicherung für Arbeitsuchende kennt unterschiedliche Organisationsformen. Neben gemeinsamen Einrichtungen gibt es zugelassene kommunale Träger, die bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung wahrnehmen. Für diese zugelassenen kommunalen Träger regelt § 48 SGB II die Aufsicht: Sie obliegt den zuständigen Landesbehörden.

In Thüringen ist die Zuständigkeit der Landesverwaltung zudem landesrechtlich ausgestaltet.

Für Betroffene wirkt das oft widersprüchlich: Das Jobcenter ist die Behörde, die den Alltag prägt – Anträge, Nachweise, Termine, Entscheidungen. Die Aufsicht sitzt dagegen in einer Landesbehörde und wird meist erst dann sichtbar, wenn Beschwerden eingelegt werden.

Ob und wie eine Aufsichtsbehörde reagiert, hängt von vielen Faktoren ab, etwa von der rechtlichen Einordnung des Vorwurfs und davon, welche Befugnisse das Aufsichtsrecht im konkreten Fall eröffnet.

Die Entscheidung des Landessozialgerichts ordnet den Streit über ein mögliches Einschreiten dieser Aufsicht rechtlich so ein, dass er zur Grundsicherung nach dem SGB II gehört.

Damit soll die gleiche Gerichtsbarkeit zuständig sein, die auch die eigentlichen Leistungsstreitigkeiten beurteilt. Das ist konsequent, weil die Aufsichtsbefugnisse nicht irgendwo im Verwaltungsrecht „frei schweben“, sondern gesetzlich im SGB II verankert sind.

Die Logik hinter dem Beschluss: Es genügt die mögliche Grundlage im SGB II

Das Thüringer Landessozialgericht übernimmt in der Sache einen bekannten Ansatz aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Maßgeblich ist nicht, ob der Kläger am Ende tatsächlich einen durchsetzbaren Anspruch auf ein Eingreifen der Aufsicht hat. Für die Rechtswegfrage genügt, dass die begehrte Rechtsfolge ihre Grundlage im SGB II haben kann. Das verhindert, dass die Zuständigkeitsfrage zu einer Vorprüfung der Erfolgsaussichten wird.

Gerade bei Aufsichtsfragen ist das entscheidend. Denn ob eine Behörde einschreiten muss, ist häufig rechtlich komplex. Es kann um Ermessensspielräume gehen, um die Abgrenzung zwischen Dienstaufsicht und Rechtsaufsicht, um die Frage, ob überhaupt ein subjektives Recht des Einzelnen auf Aufsichtstätigkeit besteht, und um die Schwelle, ab der Untätigkeit rechtswidrig wird. Würde man all das bereits im Rahmen der Rechtswegprüfung entscheiden, würde der Zugang zu den Gerichten faktisch erschwert. Der Beschluss setzt dem eine klare, prozessfreundliche Linie entgegen.

Was der Beschluss ausdrücklich nebenbei klärt: Befangenheitsanträge brauchen geeignete Gründe

Neben der Rechtswegfrage befasst sich die Entscheidung mit einem Befangenheitsantrag. Auch hier wählt das Gericht eine deutliche Formulierung: Ein Befangenheitsantrag ist „offensichtlich unzulässig“, wenn er ausschließlich auf Gründe gestützt wird, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit von vornherein ungeeignet sind.

Für Leistungsbeziehende ist das ein wichtiger Hinweis, weil Befangenheitsanträge in angespannten Verfahren schnell als „letztes Mittel“ erscheinen.

Die Hürden sind aber hoch. Es reicht nicht, pauschal Unzufriedenheit mit früheren Entscheidungen zu äußern oder dem Gericht allgemein Fehler vorzuwerfen. Es muss um Umstände gehen, die aus Sicht einer vernünftigen, unbeteiligten Person Zweifel an der Unparteilichkeit im konkreten Verfahren begründen können. Der Leitsatz signalisiert, dass Gerichte in klar gelagerten Fällen nicht lange in eine inhaltliche Prüfung einsteigen, sondern einen unzulässigen Antrag zügig zurückweisen.

Was die Entscheidung nicht entscheidet

So hilfreich die Klarstellung zum Rechtsweg ist: Sie ist nicht gleichbedeutend mit einem „Sieg“ in der Sache. Der Beschluss beantwortet nicht, ob das zuständige Ministerium tatsächlich verpflichtet war, dem Kläger zu helfen, das Jobcenter zu rügen oder Maßnahmen zu ergreifen. Ebenso wenig legt er fest, welche konkreten Schritte eine Aufsichtsbehörde bei Beschwerden einzuleiten hat oder wie schnell sie reagieren muss.

Für Betroffene heißt das: Die Tür zum richtigen Gerichtszweig steht offen, doch der Weg durch das Verfahren bleibt anspruchsvoll. Wer eine Aufsichtsbehörde zum Tätigwerden bewegen will, muss in der Regel sehr genau darlegen, welches Verhalten beanstandet wird, welche Rechtsnormen betroffen sein könnten und weshalb daraus ein einklagbares Recht folgen soll. Ob es einen solchen Anspruch im Einzelfall gibt, ist eine andere Frage als die Zuständigkeit – und darüber wird erst im nächsten Schritt entschieden.

Einordnung: Warum diese Linie die Sozialgerichtsbarkeit stärkt

Die Entscheidung passt in eine Entwicklung, die die Zuständigkeit der Sozialgerichte im SGB II weit versteht. Das hat zwei Effekte. Zum einen bündelt es SGB-II-nahe Konflikte bei einer Gerichtsbarkeit, die täglich mit der Materie arbeitet. Zum anderen reduziert es Reibungsverluste, wenn Streitigkeiten nicht mehr danach sortiert werden, ob sie „klassisch“ nach Leistung aussehen, sondern danach, ob sie rechtlich aus dem Gefüge des SGB II stammen.

Für die Praxis der Beratung ist das relevant. Wer Klage erhebt, muss nicht nur seine Argumente kennen, sondern auch das richtige Gericht anrufen. Fehlgriffe können Zeit kosten. Der Beschluss aus Thüringen gibt für Streitigkeiten rund um die Aufsicht nach dem SGB II eine klare Richtung vor.

Quellen

Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 20.11.2025, Az. L 1 SV 741/25 B, Dokumentation (Landesrecht Thüringen).
„LSG Thüringen, Beschluss v. 20.11.2025 – L 1 SV 741/25 B“, Dokumentvorschau mit Leitsätzen und Normenhinweisen. Gesetzestexte: Sozialgerichtsgesetz (SGG) § 51; SGB II § 48; Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) § 40.

Der Beitrag Jobcenter verklagen? Bürgergeld-Bezieher erringt wegweisendes Urteil erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Wichtige Änderungen bei der Rente ab 1. Januar 2026 – Tabelle

26. Dezember 2025 - 13:49
Lesedauer 8 Minuten

Zum 1. Januar 2026 treten in der gesetzlichen Rentenversicherung mehrere Änderungen in Kraft. Wer seine Rente plant, wer eine Erwerbsminderungsrente bezieht oder wer mit Minijob arbeitet, muss neue Schwellenwerte, Altersgrenzen und Spielräume kennen, um keine bösen Überraschungen zu erleben.

Dass diese Änderungen ausgerechnet zum Start ins Jahr 2026 so stark wahrgenommen werden, liegt auch daran, dass mehrere Stellschrauben gleichzeitig gedreht werden.

Die Altersgrenzen steigen weiter an, die Hinzuverdienstmöglichkeiten bei Erwerbsminderung wachsen spürbar, die Beitragsbemessungsgrenze verschiebt sich nach oben, und im Niedriglohnbereich zieht die Minijob-Grenze wegen des höheren Mindestlohns mit. Der Beitragssatz bleibt dagegen stabil. Genau diese Mischung aus Veränderung und Kontinuität prägt die Debatte: Die Rentenversicherung passt sich weiter an, ohne dass damit automatisch alle strukturellen Fragen der kommenden Jahre gelöst wären.

Den Beitrag als Podcast anhören: Alle Änderungen bei der Rente ab 2026 https://www.gegen-hartz.de/wp-content/uploads/2025/12/anderungen-rente-2026.mp3 Warum 2026 vieles „neu“ wirkt, obwohl einiges lange feststeht

Ein wichtiger Teil der Änderungen ist nicht kurzfristig „erfunden“, sondern folgt Regeln, die seit Jahren gelten. Das betrifft vor allem die Anhebung der Regelaltersgrenze in kleinen Schritten bis zum 67. Lebensjahr sowie die jährliche Festlegung von Rechengrößen wie Beitragsbemessungsgrenzen und Bezugsgrößen.

Diese Werte werden per Verordnung neu bestimmt und orientieren sich an der Lohnentwicklung; der Gestaltungsspielraum der Politik ist dabei begrenzt, weil die gesetzlichen Formeln vorgeben, wie fortgeschrieben wird.

Für die Lebensplanung macht das keinen Unterschied: Ob politischer Beschluss oder automatische Fortschreibung – am Ende zählen das Datum des Inkrafttretens und die neuen Zahlen. Wer 2026 in Rente gehen will oder 2026 seine Beschäftigung umstellt, wird mit den neuen Grenzwerten arbeiten müssen.

Regelaltersgrenze: Der Weg zur 67 geht weiter – aber nicht sprunghaft

Die Regelaltersgrenze steigt nicht plötzlich in einem einzigen Schritt von 65 auf 67 Jahre, sondern klettert seit Jahren schrittweise nach oben und erreicht erst 2031 das 67. Lebensjahr. Für den Jahrgang 1961 liegt die reguläre Altersgrenze 2026 bei 66 Jahren und sechs Monaten. Für später Geborene kommen weitere Erhöhungen hinzu, typischerweise in Monatsstufen. Ab dem Geburtsjahrgang 1964 gilt dann einheitlich die Regelaltersgrenze von 67 Jahren.

Diese Feinmechanik ist entscheidend, weil viele Regeln der Rentenversicherung – von Abschlägen bis zur Berechnung bestimmter Zeiten – an die jeweilige Regelaltersgrenze gekoppelt sind. Wer nur „67“ hört, übersieht leicht, dass es für jeden Jahrgang einen eigenen, konkreten Stichtag gibt. Für Versicherte bedeutet das: Die Frage „Wann kann ich regulär in Rente?“ lässt sich nur mit Blick auf Geburtsjahr und Stufenplan beantworten.

Alle Änderungen bei der Rente ab 1. Januar 2026 in der Übersicht Änderung ab 2026 Neue Regel / neuer Wert Reguläres Rentenalter Schrittweise Anhebung von 65 auf 67 Jahre. Abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte Weiterhin möglich, jedoch Anhebung des Mindestalters auf 65 Jahre. Hinzuverdienstgrenze bei voller Erwerbsminderungsrente Jährlich rund 20.700 €. Hinzuverdienstgrenze bei teilweiser Erwerbsminderungsrente Jährlich mindestens 41.500 €. Beitragsbemessungsgrenze (gesetzliche Rentenversicherung) Erhöhung auf 8.450 € brutto pro Monat. Minijob-Verdienstgrenze Erhöhung auf 603 € pro Monat. Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung Bleibt stabil bei 18,6 %. Freiwillige Beiträge Höchstbetrag steigt auf 1.571,70 € (monatlich). Besonders langjährig Versicherte: Abschlagsfrei früher – aber auch hier rückt die Grenze

Die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte, umgangssprachlich oft noch „Rente ab 63“ genannt, bleibt grundsätzlich möglich. Voraussetzung sind 45 Versicherungsjahre. Doch auch hier steigt die Altersgrenze schrittweise an – vom 63. auf das 65. Lebensjahr.

Für 1962 Geborene liegt die Grenze 2026 bei 64 Jahren und acht Monaten. Danach verschiebt sie sich je Jahrgang weiter, bis ab dem Geburtsjahrgang 1964 das 65. Lebensjahr als einheitliche Altersgrenze gilt.

Damit verändert sich die Planungslage für viele, die sich über Jahre darauf eingestellt haben, „mit 63“ aufzuhören. Der Begriff ist historisch, die reale Altersgrenze ist es längst nicht mehr. Wer sich auf eine abschlagsfreie Lösung verlässt, muss daher sehr genau prüfen, welche Grenze für den eigenen Jahrgang gilt – und ob die 45 Jahre Wartezeit tatsächlich erfüllt sind.

Langjährig Versicherte: Früherer Rentenstart bleibt möglich, die Abschläge wachsen aber mit

Neben der 45-Jahres-Variante gibt es die Altersrente für langjährig Versicherte, die nach 35 Versicherungsjahren grundsätzlich früher in Anspruch genommen werden kann, typischerweise ab 63 Jahren. Der Preis sind Abschläge: Pro Monat, den die Rente vorzeitig beginnt, werden 0,3 Prozent dauerhaft gekürzt. Weil die Regelaltersgrenze weiter nach hinten rückt, wird die Lücke zwischen „frühestmöglich“ und „regulär“ für viele Jahrgänge größer – und damit auch der maximale Abschlag.

Die Rentenversicherung rechnet das anschaulich vor: Wer dem Jahrgang 1963 angehört und 2026 63 Jahre alt wird, hat eine Regelaltersgrenze von 66 Jahren und zehn Monaten.

Beginnt die Rente trotzdem mit 63, ergibt sich daraus ein Abschlag von 13,8 Prozent. Das ist nicht nur eine Rechengröße, sondern eine lebenslange Minderung. Für Versicherte wird damit noch wichtiger, die Entscheidung nicht allein am Wunschdatum festzumachen, sondern auch an der finanziellen Tragfähigkeit und an Alternativen wie Teilrenten oder gleitenden Übergängen.

Erwerbsminderungsrenten: Mehr Hinzuverdienst – und ein technischer Effekt, der die Rente leicht anhebt

Empfängerinnen und Empfänger von Erwerbsminderungsrenten erhalten 2026 deutlich höhere Spielräume beim Hinzuverdienst. Bei voller Erwerbsminderung liegt die jährliche Hinzuverdienstgrenze bei rund 20.700 Euro. Bei teilweiser Erwerbsminderung beträgt sie mindestens rund 41.500 Euro pro Jahr. Die Formulierung „mindestens“ ist dabei nicht zufällig: Die konkrete Grenze kann im Einzelfall variieren, weil sie von Berechnungsparametern abhängt, die der Rentenversicherungsträger individuell festlegt.

Für viele Betroffene ist diese Ausweitung mehr als ein Randthema. Erwerbsminderungsrenten stehen häufig im Spannungsfeld zwischen gesundheitlichen Einschränkungen, dem Wunsch nach Teilhabe am Arbeitsleben und dem Risiko, durch falsche Verdiensteinschätzung die Rente zu kürzen. Höhere Grenzen können hier Entlastung schaffen, weil sich zusätzliche Arbeit eher lohnt und weniger schnell zu einer Anrechnung führt.

Gleichzeitig bleibt die Pflicht, die eigenen Arbeitsstunden und Einkünfte sauber zu dokumentieren und Veränderungen zeitnah zu melden – schon weil Erwerbsminderung immer auch an die Frage geknüpft ist, wie leistungsfähig jemand noch ist.

Hinzu kommt 2026 ein Effekt aus der Rentenberechnung, der leicht übersehen wird: Die sogenannte Zurechnungszeit, die Erwerbsgeminderte so stellt, als hätten sie bis zu einem bestimmten Alter weiter gearbeitet, verlängert sich weiter. Weil sich der reguläre Rentenbeginn in Richtung 67 verschiebt, endet die Zurechnungszeit bei Rentenbeginn 2026 nicht mehr mit 66 Jahren und zwei Monaten, sondern mit 66 Jahren und drei Monaten. Ein zusätzlicher Monat klingt klein, kann aber – je nach Versicherungsverlauf – die Rentenhöhe messbar verbessern.

Beitragsbemessungsgrenze: 8.450 Euro – mehr Beitrag auf mehr Einkommen

Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung steigt zum 1. Januar 2026 auf 8.450 Euro brutto im Monat. Bis zu diesem Betrag wird Einkommen für Rentenversicherungsbeiträge herangezogen; Einkommen oberhalb dieser Schwelle bleibt beitragsfrei.

Für Beschäftigte mit höherem Einkommen bedeutet das: Ein größerer Teil des Gehalts wird beitragspflichtig, wodurch sich sowohl die Abzüge als auch die Arbeitgeberanteile erhöhen. Gleichzeitig werden über diese zusätzlichen Beiträge auch höhere Rentenanwartschaften aufgebaut – allerdings innerhalb der Logik des Systems, das Beitragszahlungen und Entgeltpunkte koppelt.

Was heißt das greifbar? Bei einem Beitragssatz von 18,6 Prozent zahlen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Hälfte, also 9,3 Prozent. Der maximale Arbeitnehmerbeitrag steigt damit rechnerisch von 748,65 Euro pro Monat (bei 8.050 Euro) auf 785,85 Euro pro Monat (bei 8.450 Euro). Das sind 37,20 Euro mehr im Monat; der Arbeitgeber trägt denselben zusätzlichen Betrag. Für viele Betroffene ist das spürbar, weil es nicht nur um „mehr Rente später“, sondern um weniger Netto heute geht.

Diese Veränderung ist außerdem ein Signal dafür, wie das System mit demografischem Druck umgeht: Wenn die Zahl der Rentenbeziehenden steigt, wächst der Finanzierungsbedarf. Eine nach oben wandernde Bemessungsgrenze verteilt Lasten stärker auf höhere Einkommen, ohne dass dafür der Beitragssatz selbst angehoben werden muss. Ob das politisch als fair empfunden wird, ist umstritten – praktisch ist die Regel klar: Wer über der bisherigen Grenze verdient, zahlt ab 2026 auf weitere 400 Euro pro Monat Rentenbeiträge.

Minijob: Die Grenze steigt auf 603 Euro – und der Übergang zum Midijob verschiebt sich

Minijobberinnen und Minijobber dürfen ab 2026 mehr verdienen, ohne den Status der geringfügigen Beschäftigung zu verlieren. Die monatliche Verdienstgrenze steigt von 556 Euro auf 603 Euro. Der Grund ist die gesetzliche Kopplung an den Mindestlohn: Steigt der Mindestlohn, verschiebt sich automatisch die Minijob-Grenze, weil sie sich am Verdienst orientiert, der bei zehn Wochenstunden zum Mindestlohn erreicht wird.

Das ist für Beschäftigte relevant, die ihre Arbeitszeit stabil halten wollen, aber bei höherem Stundenlohn sonst über die Grenze rutschen würden. Gleichzeitig verschiebt sich dadurch auch die Untergrenze des sogenannten Übergangsbereichs, in dem Midijobs liegen. Wer künftig knapp oberhalb der Minijob-Grenze verdient, fällt schneller in diesen Bereich und zahlt dann Sozialversicherungsbeiträge nach besonderen, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer reduzierten Regeln, ohne dass die Rentenansprüche entsprechend schrumpfen.

Zusätzliche Bewegung kommt 2026 auch in eine Detailregel, die viele Minijobber bislang als endgültig betrachtet haben: Voraussichtlich ab dem 1. Juli 2026 soll es möglich sein, eine frühere Befreiung von der Rentenversicherungspflicht einmalig wieder aufzuheben. Das ist mehr als Bürokratie, weil es die persönliche Vorsorge beeinflusst.

Wer sich damals befreien ließ, um netto etwas mehr zu haben, könnte künftig entscheiden, wieder Pflichtbeiträge zu zahlen und dadurch Rentenansprüche aufzubauen. Umgekehrt bleibt es dabei, dass solche Entscheidungen in der Praxis stark vom Einzelfall abhängen, etwa von der Dauer des Minijobs, von weiteren Beschäftigungen und vom gesamten Versicherungsverlauf.

Beitragssatz bleibt bei 18,6 Prozent – Stabilität mit Bedingungen

Der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung bleibt 2026 bei 18,6 Prozent. Diese Konstanz ist politisch bedeutsam, weil Beitragssatzänderungen unmittelbar die Lohnabrechnung, die Lohnnebenkosten und das Nettoeinkommen beeinflussen.

Dass der Satz stabil bleibt, bedeutet allerdings nicht, dass keine Mehrbelastungen entstehen. Die Verschiebung der Beitragsbemessungsgrenze sorgt bei höheren Einkommen trotzdem für steigende Beiträge, und langfristige Finanzierungsfragen bleiben bestehen, weil die geburtenstarken Jahrgänge in den kommenden Jahren vollständig in den Ruhestand wechseln.

Für die öffentliche Debatte heißt das: 2026 wirkt nach außen ruhig, weil die Prozentzahl gleich bleibt. Unter der Oberfläche verändern sich die Parameter jedoch weiter. Genau das erklärt, warum manche Versicherte trotz „stabilem Beitragssatz“ mehr bezahlen, während andere davon unberührt bleiben.

Freiwillige Beiträge: Höhere Bandbreite, höhere Höchstgrenze

Auch bei den freiwilligen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung steigen die Werte. Der monatliche Mindestbeitrag liegt ab 1. Januar 2026 bei 112,16 Euro, der Höchstbeitrag bei 1.571,70 Euro. Damit wächst die Spanne, innerhalb derer sich freiwillige Zahlungen bewegen können.

Freiwillige Beiträge sind insbesondere für Menschen interessant, die nicht rentenversicherungspflichtig beschäftigt sind, aber Versicherungszeiten aufbauen oder Lücken füllen möchten. Dazu zählen je nach Lebenslage etwa Selbstständige ohne Pflichtversicherung, Personen in Zeiten ohne sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder Deutsche mit Wohnsitz im Ausland.

Wer bereits eine vorgezogene Altersrente bezieht, kann bis zum Erreichen der regulären Altersgrenze ebenfalls noch freiwillig einzahlen und dadurch die eigene Rente erhöhen. Wer hingegen die Regelaltersgrenze erreicht und eine volle Altersrente bezieht, ist von dieser Möglichkeit ausgeschlossen.

Wichtig ist auch die Übergangsregel beim Jahreswechsel: Freiwillige Beiträge für das Jahr 2025 können noch bis spätestens 31. März 2026 gezahlt werden. Dabei gelten dann die für 2026 maßgeblichen Mindestbeträge, während der Höchstbetrag für 2025 auf dem niedrigeren Niveau des Vorjahres bleibt. Für alle, die erst zum Jahreswechsel merken, dass ihnen Monate fehlen oder dass eine Nachzahlung sinnvoll sein könnte, ist diese Frist ein relevanter Fixpunkt.

Was sich daraus für die persönliche Planung ableiten lässt

Der Jahreswechsel 2026 ist ein guter Anlass, die eigene Rentenplanung zu aktualisieren – nicht aus Alarmismus, sondern aus Pragmatismus. Wer in den kommenden Jahren eine vorgezogene Rente in Betracht zieht, sollte die individuellen Altersgrenzen und die möglichen Abschläge anhand des eigenen Jahrgangs prüfen. Gerade bei der Altersrente für langjährig Versicherte kann der Unterschied zwischen einem früheren Start und dem Warten auf einen späteren Beginn über die Jahre erhebliche Summen ausmachen, weil der Abschlag dauerhaft bleibt.
Wer eine Erwerbsminderungsrente bezieht oder beantragen will, sollte die neuen Hinzuverdienstgrenzen als Chance verstehen, aber nicht als Freibrief. Ein höherer Zuverdienst kann finanziell entlasten, kann aber bei falscher Einschätzung auch zu Rückforderungen führen oder Fragen zur tatsächlichen Leistungsfähigkeit aufwerfen. Sorgfalt bei Meldungen und eine realistische Gestaltung der Arbeitszeit bleiben deshalb entscheidend.

Für Minijobberinnen und Minijobber ist 2026 vor allem ein Jahr, in dem die Grenze mit dem Mindestlohn nach oben rückt. Das kann helfen, Arbeitsstunden zu halten, ohne in eine andere Beschäftigungsform zu rutschen. Gleichzeitig lohnt ein genauer Blick darauf, ob Rentenversicherungsbeiträge im Minijob langfristig vorteilhaft sind, insbesondere wenn der Minijob über Jahre läuft und sonst wenige rentenrelevante Zeiten entstehen.

Einordnung: Anpassungsschritte und die größere Rentendebatte

Die zum 1. Januar 2026 wirksamen Änderungen zeigen, wie stark das System auf automatische Stellschrauben setzt: Altersgrenzen steigen im Stufenplan, Rechengrößen werden jährlich angepasst, Schwellenwerte verschieben sich mit der Lohnentwicklung. Das entlastet die Politik von jährlichen Grundsatzentscheidungen, zwingt aber Versicherte dazu, wiederkehrend nachzuschauen, was für sie persönlich gilt.

Gleichzeitig bleibt der gesellschaftliche Rahmen anspruchsvoll. Die Rentenversicherung muss dauerhaft zwischen Beitragszahlern, Rentenbeziehenden und Steuerzuschüssen ausbalancieren, während sich die Bevölkerungsstruktur verschiebt. 2026 ist damit weniger ein „Reformknall“ als ein weiteres Jahr, in dem die bekannten Mechanismen spürbare Folgen haben. Wer das früh erkennt, kann Entscheidungen gelassener treffen – weil sie auf belastbaren Daten beruhen und nicht auf Schlagworten.

Quellen

Deutsche Rentenversicherung Bund, „Die Änderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Januar 2026“, Pressemitteilung vom 18.12.2025.
Deutsche Rentenversicherung
Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Hintergrund zur Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2026 (Fortschreibung nach gesetzlichen Regelungen).

Der Beitrag Wichtige Änderungen bei der Rente ab 1. Januar 2026 – Tabelle erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Krankenkassen kürzen laufendes Krankengeld mit offenen Beitragsforderungen

26. Dezember 2025 - 12:48
Lesedauer 4 Minuten

Wer krankheitsbedingt ausfällt, rechnet damit, dass das Krankengeld die laufenden Kosten auffängt, sobald die Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers endet.

In der Praxis kann es jedoch passieren, dass Krankenkassen laufendes Krankengeld mit offenen Beitragsforderungen verrechnen. Die Auszahlung fällt dann sofort geringer aus – nicht selten genau in einer Phase, in der finanzielle Spielräume ohnehin fehlen. Der Konflikt verschärft sich, wenn bereits Schulden, Unterhaltspflichten oder eine laufende Insolvenzlage hinzukommen.

Für Betroffene geht es um die Frage, ob das Existenzminimum noch gedeckt ist und ob eine Maßnahme, die Beitragsrückstände abbauen soll, zugleich dazu führt, dass am Ende Bürgergeld oder Sozialhilfe beantragt werden muss.

Die gesetzliche Grundlage und ihre eingebaute Grenze

Die sozialrechtliche Aufrechnung ist in § 51 SGB I geregelt. Danach kann ein Leistungsträger – dazu gehören auch Krankenkassen – mit Beitragsansprüchen gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zur Hälfte aufrechnen.

Das Gesetz zieht jedoch eine klare Schranke: Die Aufrechnung ist in dieser Höhe nur zulässig, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er durch die Aufrechnung hilfebedürftig im Sinne des SGB II oder SGB XII wird.

Diese Formulierung klingt nach einer Beweislast beim Versicherten, und genau so wird sie in der Praxis häufig verstanden. Gleichzeitig bleibt aber das sozialrechtliche Verfahrensprinzip bestehen, dass Behörden Sachverhalte von Amts wegen aufklären müssen. Zwischen „Mitwirkung“ und „amtlicher Ermittlung“ entsteht an dieser Stelle ein Spannungsfeld – und genau dort setzt die Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg an.

Hilfebedürftigkeit: Was damit gemeint ist – und warum es nicht um Gefühl, sondern um Berechnung geht

Hilfebedürftigkeit ist kein unbestimmtes Härtegefühl, sondern ein Rechtsbegriff. Gemeint ist die Situation, in der das anrechenbare Einkommen nach Abzug der maßgeblichen Bedarfe nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt nach den Maßstäben des SGB II oder SGB XII zu sichern. Entscheidend sind daher Zahlen: verfügbare Einnahmen, angemessene Unterkunftskosten, Regelbedarfe und – je nach Lage – weitere rechtlich zu berücksichtigende Positionen.

In Streitfällen wird häufig unterschätzt, dass nicht jede Aufrechnung „bis zur Hälfte“ automatisch unproblematisch ist. Denn selbst wenn eine Person rechnerisch knapp über dem Existenzminimum liegt, kann der Betrag, der oberhalb dieses Niveaus verbleibt, deutlich unter der hälftigen Aufrechnungsmöglichkeit liegen. Eine mechanische Anwendung der „Hälfte“ kann dann gerade das verursachen, was § 51 SGB I verhindern will: den Wechsel der Zuständigkeit hin zu Grundsicherungssystemen.

Der Fall: Insolvenz, Krankheit, Beitragsrückstände – und ein Jobcenter, das nicht wusste, was es bescheinigen soll

In dem Verfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ging es um einen Versicherten, der nach Aufhebung eines Insolvenzverfahrens in der Wohlverhaltensphase war.

Die Krankenkasse hatte offene Beitragsforderungen, die zur Insolvenztabelle angemeldet waren. Als der Mann arbeitsunfähig erkrankte und Krankengeld bewilligt bekam, zahlte die Kasse zunächst nur die Hälfte aus und leitete die Aufrechnung ein.

Der Versicherte machte geltend, dass er das Krankengeld für den Lebensunterhalt brauche, und legte Unterlagen vor, die seine finanzielle Lage nachvollziehbar abbildeten, darunter Mietkosten und Unterhaltsverpflichtungen.

Die Kasse verlangte dennoch Unterlagen des zuständigen Sozialleistungsträgers und stellte sich im Ergebnis auf den Standpunkt, Hilfebedürftigkeit könne nur von Jobcenter oder Sozialamt „festgestellt“ werden.

Genau hier zeigte sich ein praktisches Problem, das viele Betroffene kennen: Eine Bescheinigung „für den Fall einer Aufrechnung“ ist kein Standardprodukt der Behörden. Im entschiedenen Fall versuchte der Antragsteller, eine solche Bestätigung beim Jobcenter zu erhalten – ohne Erfolg. Dass eine Behörde eine bestimmte Bescheinigung nicht ausstellt, kann Betroffene aber nicht rechtlos stellen, wenn das Gesetz keinen bestimmten Nachweisweg vorschreibt.

Sozialgericht versus Landessozialgericht: Der Nachweis darf nicht auf eine einzige Bescheinigung verengt werden

Das Sozialgericht Berlin hatte den Eilantrag zunächst abgelehnt. Es verlangte im Ergebnis eine Bedarfsberechnung oder Bescheinigung von Jobcenter oder Sozialamt und hielt die vorgelegten Unterlagen nicht für ausreichend.

Damit blieb die Aufrechnung faktisch wirksam, obwohl der Versicherte gerade vortrug, dass er dadurch in die Bedürftigkeit gedrängt werde.

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hob diese Entscheidung auf. Es stellte zunächst klar, dass der Widerspruch gegen eine solche Aufrechnungsentscheidung keine aufschiebende Wirkung hat, weil sie als beitragsbezogene Maßnahme in den Anwendungsbereich des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG fallen kann. Wer sich dagegen wehren will, ist daher häufig auf gerichtlichen Eilrechtsschutz angewiesen.

In der Sache korrigierte das Landessozialgericht die Verengung des Nachweises. Zwar treffe Versicherte eine gesteigerte Mitwirkungsobliegenheit. Daraus folge aber nicht, dass ausschließlich Bescheide oder Bescheinigungen von Jobcenter oder Sozialamt vorzulegen seien.

Die Nachweisobliegenheit aus § 51 Abs. 2 SGB I hebe den Untersuchungsgrundsatz nicht auf. Die Krankenkasse müsse daher selbst Feststellungen treffen, ob Hilfebedürftigkeit durch die (noch andauernde oder erst bevorstehende) Aufrechnung eintritt.

Das Gericht bettete diese Sicht in die bereits bestehende Rechtsprechung ein, wonach Mitwirkungspflichten die Ermittlungslast zwar verschieben können, die Amtsermittlung aber nicht verschwindet.

Besonders greifbar wird die Entscheidung dort, wo das Gericht den Blick auf die tatsächliche Rechenarbeit lenkt: Das Landessozialgericht kam anhand der vorgelegten Daten zu dem Ergebnis, dass der Betrag, der oberhalb des existenzsichernden Bedarfs zur Verfügung stand, deutlich kleiner war als das, was die Krankenkasse tatsächlich aufgerechnet hatte.

Damit war nach der summarischen Prüfung im Eilverfahren nicht nur eine Härte plausibel, sondern die Rechtswidrigkeit der konkreten Aufrechnung ernstlich möglich.

Warum die Entscheidung für die Praxis so bedeutsam ist

Die Entscheidung nimmt ein verbreitetes Missverständnis aus dem Verfahren: „Nachweis“ wird im Alltag schnell mit „Bescheid vom Jobcenter“ gleichgesetzt. Das Gericht stellt dem eine realitätsnähere und rechtlich sauberere Sicht entgegen.

Wenn jemand keine existenzsichernden Leistungen bezieht, kann die drohende Hilfebedürftigkeit auch anders plausibel gemacht werden. Maßgeblich ist, ob die vorgelegten Unterlagen eine belastbare Bedarfs- und Einkommensbetrachtung erlauben und ob die Krankenkasse diese Angaben prüft und nachvollziehbar verarbeitet.

Damit verschiebt sich auch die Verantwortung. Krankenkassen können sich nicht darauf zurückziehen, dass nur eine andere Behörde Bedürftigkeit „bestätigen“ dürfe. Sie müssen die erforderlichen Feststellungen treffen und ihre Entscheidung so begründen, dass sie im Widerspruchs- und Klageverfahren überprüfbar ist.

Zugleich bleibt es für Versicherte klug, die eigene Mitwirkung ernst zu nehmen: Je strukturierter und vollständiger die Unterlagen sind, desto weniger Raum bleibt für pauschale Zweifel.

Was Betroffene aus dem Beschluss mitnehmen können

Die Linie des Landessozialgerichts läuft nicht auf einen Freifahrtschein hinaus. Wer sich auf § 51 Abs. 2 SGB I beruft, muss seine Lage nachvollziehbar machen. Neu ist jedoch der Maßstab, dass diese Nachvollziehbarkeit nicht an einer bestimmten Behördenbescheinigung hängt. In Konstellationen, in denen Jobcenter oder Sozialamt keine solche „Vorsorge-Bescheinigung“ ausstellen, wird der Zugang zu Rechtsschutz dadurch realistischer.

Gleichzeitig macht die Entscheidung das Problem des Verfahrensrechts sichtbar: Weil der Widerspruch gegen die Aufrechnung regelmäßig nicht von selbst „stoppt“, kommt es im Ernstfall darauf an, schnell gerichtlichen Eilrechtsschutz zu beantragen.

Das Landessozialgericht hat in der Sache nicht nur die aufschiebende Wirkung angeordnet, sondern auch die Vollziehung aufgehoben – ein Signal, dass existenzielle Einbußen während eines laufenden Rechtsstreits nicht einfach als hinzunehmender Kollateralschaden behandelt werden dürfen.

Quellen

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.03.2025 – L 14 KR 29/25 B ER (Volltext/Leitsätze, Entscheidungsdatenbank des Landes Brandenburg). § 51 SGB I (Aufrechnung), Gesetzestext, Bundessozialgericht, Beschluss vom 31.01.2017 – B 13 R 33/16 BH (Mitwirkung und Amtsermittlung).

Der Beitrag Krankenkassen kürzen laufendes Krankengeld mit offenen Beitragsforderungen erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Neue Bürgergeld-Sanktionen: Wird die Wohnungssuche jetzt noch härter?

26. Dezember 2025 - 12:17
Lesedauer 4 Minuten

Auf dem Wohnungsmarkt ist schon heute jeder „Risiko-Verdacht“ ein Nachteil. Genau deshalb trifft die geplante Verschärfung der Bürgergeld-Regeln nicht nur Betroffene im Jobcenter, sondern kann indirekt auch die Wohnungssuche verschärfen:

Wenn Vermieter befürchten, dass Leistungen schneller stoppen, wird das Vermieten an Bürgergeld-Beziehende aus ihrer Sicht riskanter – selbst dann, wenn die meisten Leistungsfälle davon gar nicht betroffen sind.

Wichtig ist die Einordnung: Es geht um eine Reform, die politisch auf den Weg gebracht wurde und im Gesetzgebungsverfahren steckt. In Berichten zum Kabinettsbeschluss wird als Starttermin überwiegend der 1. Juli 2026 genannt.

Damit ist das Thema heute vor allem ein Signal- und Erwartungseffekt: Vermieter reagieren häufig schon auf das, was sie als „kommendes Risiko“ wahrnehmen.

Was sich bei Terminversäumnissen ändern soll – und warum das am Mietkonto „mitläuft“

Der Kern der Vermieter-Sorge entsteht aus einer Eskalationslogik, die in der aktuellen Berichterstattung zur Reform so beschrieben wird:

Wenn Termine im Jobcenter wiederholt unentschuldigt verpasst werden, soll ab einem bestimmten Punkt eine 30-Prozent-Minderung möglich sein. Wer dreimal in Folge nicht erscheint, kann als „nicht erreichbar“ gelten.

Dann wird der Regelbedarf zunächst nicht mehr gezahlt, die Miete (KdU) soll aber noch einen Monat weiterlaufen und direkt an den Vermieter gehen. Kommt innerhalb dieses Monats kein Kontakt zustande, endet der Anspruch insgesamt – und damit perspektivisch auch die Mietzahlung.

Genau dieser letzte Schritt ist für Vermieter der Knackpunkt: Es entsteht ein Szenario, in dem nicht nur „weniger Geld“ gezahlt wird, sondern im Extremfall auch die Kosten der Unterkunft vollständig wegfallen können. Selbst wenn das nur wenige Fälle betrifft, reicht die Vorstellung, um auf einem engen Markt Auswahlentscheidungen zu verändern.

Was heute gilt: Meldeversäumnis ist nicht automatisch „Mietstopp“

Für die Praxis ist die Abgrenzung entscheidend: Nach heutiger Regelung wird bei Meldeversäumnissen typischerweise der Regelbedarf gemindert – nicht die Miete. Das ist ein Unterschied, der in der öffentlichen Debatte häufig verwischt wird.

Für Vermieter bedeutet das: Ein Terminversäumnis ist aktuell nicht gleichbedeutend mit „Miete ist unsicher“. Die Reformdebatte verschiebt jedoch die Wahrnehmung – und Wahrnehmung steuert Verhalten.

Warum das die Wohnungssuche für Bürgergeld-Beziehende noch schwerer machen kann

1) Vermieter handeln nach Risiko-Logik – nicht nach Statistik

Viele private Vermieter kalkulieren knapp. Schon ein einzelner Ausfall kann problematisch werden, weil Kredit, Hausgeld, Instandhaltung und Nebenkosten weiterlaufen. Auf angespannten Märkten kommt hinzu: Es gibt meist mehrere Bewerbungen.

Dann wird oft nicht „fair“ verglichen, sondern defensiv aussortiert – insbesondere, wenn ein Bewerberkreis als administrativ komplizierter gilt.

2) Diskriminierung bei der Wohnungssuche ist real – und trifft vulnerable Gruppen zuerst

Unabhängig vom Bürgergeld ist belegt, dass Wohnungssuchende Diskriminierung erleben. Wer als „erhöhtes Risiko“ gilt, landet schneller im Abseits. In dieser Lage wirkt jede zusätzliche politische Debatte über Sanktionen wie ein Verstärker:

Das Stigma „unsicherer Zahler“ wird leichter aktiviert – selbst wenn im Einzelfall eine Direktzahlung an den Vermieter möglich wäre.

3) Mietmarkt und „angemessene KdU“ laufen auseinander

In vielen Städten steigen Mieten, während die „angemessenen“ Grenzen der Kosten der Unterkunft nicht immer Schritt halten. Das führt schon heute dazu, dass Betroffene Wohnungen finden müssen, die selten angeboten werden. Wenn Vermieter gleichzeitig vorsichtiger werden, verschärft sich dieses Nadelöhr noch einmal.

Direktzahlung: Der Hebel, der Vermieter beruhigen kann – aber nicht immer genutzt wird

Für die Praxis ist die Direktzahlung zentral: Miete kann unter bestimmten Voraussetzungen direkt vom Jobcenter an den Vermieter überwiesen werden, etwa wenn Mietrückstände drohen oder Vermieter dies einfordern.

Das reduziert Ausfallrisiken – löst aber nicht alles, weil Verwaltungsabläufe Zeit kosten und weil bei einem vollständigen Leistungswegfall (je nach Fallgruppe) auch die Direktzahlung nicht mehr greift.

Konkrete Folgen: Woran Vermieter künftig besonders hängen bleiben

Viele Vermieter werden bei Bürgergeld-Bezug voraussichtlich genauer hinschauen als bisher. Besonders wichtig dürfte ihnen sein, wie die Miete gezahlt wird – also ob die Zahlung direkt vom Jobcenter kommt oder zunächst über das Konto des Mieters läuft.

Außerdem spielt die Frage eine größere Rolle, ob eine verlässliche Erreichbarkeit besteht, etwa über eine feste Adresse, einen funktionierenden Briefkasten und einen geregelten Postlauf. Und schließlich wird für manche Vermieter entscheidend sein, ob es eine Art Puffer gibt, der kurzfristige Übergänge abfedern kann, zum Beispiel durch Aufstockung, einen Nebenjob oder eine Bürgschaft.

Diese Maßstäbe sind nicht unbedingt „gerecht“, aber sie sind im angespannten Markt realistisch – und gerade deshalb braucht es konkrete Gegenmaßnahmen, die Betroffene in der Praxis tatsächlich umsetzen können.

Was Betroffene tun können, um die Vermieter-Sorge zu entschärfen

Viele Probleme entstehen nicht aus „Zahlungsunwillen“, sondern aus Chaos: Post nicht geöffnet, Termine verpasst, Umzug ohne saubere Zustimmung, unklare Zuständigkeit. Deshalb funktionieren Maßnahmen, die Erreichbarkeit und Zahlungsweg stabilisieren.

Risiko aus Vermietersicht – Gegenmaßnahme aus Betroffenensicht Vermieter-Sorge Was konkret hilft „Die Miete kommt über den Mieter – wenn etwas schiefgeht, ist mein Geld weg.“ Direktzahlung prüfen und – wenn sinnvoll – beantragen; Vermieter kann zusätzlich beim Jobcenter auf Direktzahlung drängen, sobald Rückstände drohen. „Bei Sanktionen bricht alles weg.“ Erreichbarkeit absichern: feste Postadresse, regelmäßiger Postlauf, Vollmacht/Beistand für Termine bei Krankheit/Überforderung; Termine schriftlich bestätigen lassen. „Ich höre erst vom Problem, wenn die Zahlung ausbleibt.“ Frühwarn-System: Vermieter und Mieter vereinbaren schriftlich, dass Zahlungsprobleme sofort gemeldet werden; Kontoauszug/Überweisungsnachweis monatlich kurz dokumentieren. „Ich bekomme am Ende nur Ärger und Verfahren.“ Ordnungsmäßige Unterlagenmappe: Mietangebot, Zusicherungen, KdU-Bescheid, Ansprechpartner im Jobcenter (soweit möglich), klare Zuständigkeit. Was in Bewerbungen oft unterschätzt wird

In vielen Bewerbungsprozessen entscheidet nicht die „Geschichte“, sondern der Eindruck von Struktur. Eine saubere, kurze Unterlagenmappe mit klaren Zahlen (Miete, Nebenkosten, Zahlungsweg) wirkt häufig stärker als lange Erklärungen.

Was Vermieter wissen sollten – ohne Panik, aber mit System

Auch Vermieter profitieren von klaren Abläufen: Direktzahlung ist häufig der erste Schritt, wenn Rückstände drohen. Gleichzeitig sollte klar sein: Mietrechtliche Schritte sind langwierig. Wer vermietet, benötigt daher in jedem Fall eine Liquiditätsreserve – unabhängig davon, ob der Mieter Bürgergeld bezieht.

FAQ

Gilt die Reform schon jetzt?
Stand Ende Dezember 2025 läuft das Vorhaben als Reform im Verfahren; in Berichten wird als Starttermin überwiegend der 1. Juli 2026 genannt.

Führt ein verpasster Termin heute automatisch dazu, dass die Miete nicht mehr bezahlt wird?
In der aktuellen Rechtslage wird bei Meldeversäumnissen typischerweise der Regelbedarf gemindert; die Miete ist davon grundsätzlich getrennt. Für die Zukunft wird jedoch über härtere Folgen im Eskalationsfall berichtet.

Kann die Miete direkt an den Vermieter gezahlt werden?
Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Direktzahlung möglich, insbesondere wenn Mietrückstände drohen oder zur Sicherung des Wohnraums.

Warum vermieten Vermieter dann nicht einfach immer mit Direktzahlung?
Weil es zusätzlichen Verwaltungsaufwand gibt, nicht jeder Fall gleich ist und Vermieter häufig schon im Bewerbungsprozess Risiken vermeiden, statt sie später zu managen.

Was ist der wichtigste Punkt, um Wohnungsverlust zu vermeiden?
Erreichbarkeit und Mitwirkung sichern: Postlauf, Termine, schriftliche Nachweise – und bei Problemen frühzeitig reagieren, bevor Rückstände entstehen.

Hilft es, den Bürgergeld-Bezug zu verschweigen?
Kurzfristig kann das Bewerbungsprofil „glatter“ wirken, praktisch braucht es aber spätestens für Zusicherung/KdU ein transparentes Verfahren. Sinnvoller ist meist, Struktur und Zahlungsweg sauber darzustellen.

Quellenliste

  • ZDFheute (Kabinett/Regelungen zu Terminversäumnissen und „nicht erreichbar“), taz (Kabinett/Grundsicherung, Miete/Direktzahlung),
  • Bundesagentur für Arbeit (Fachliche Weisungen zu § 32 SGB II – Meldeversäumnisse), Antidiskriminierungsstelle des Bundes (Ratgeber Wohnungssuche), Deutscher Mieterbund (Mietenreport 2025),
  • Deutschlandfunk (Faktenlage Bürgergeld-Beziehende).

 

Der Beitrag Neue Bürgergeld-Sanktionen: Wird die Wohnungssuche jetzt noch härter? erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Pflegegled: So viel Geld gibt es 2026 bei Pflegegrad 2

26. Dezember 2025 - 10:53
Lesedauer 4 Minuten

Für Pflegegrad 2 sind die Leistungsbeträge der Pflegeversicherung für 2026 klar beziffert. Entscheidend ist allerdings nicht nur die Höhe, sondern vor allem die Form der Versorgung, denn „Geld“ bedeutet im Pflegesystem drei unterschiedliche Dinge:

Auszahlung (Pflegegeld), Abrechnungsbudget (Sachleistungen) oder zweckgebundene Erstattung (Entlastungsbetrag). Wer diese Logik einmal sauber trennt, erkennt schnell, wo Ansprüche liegen bleiben und warum manche Haushalte weniger auf dem Konto sehen, obwohl „eigentlich mehr drin sein müsste“.

Die wichtigsten Beträge 2026 bei Pflegegrad 2 Leistung Betrag 2026 (Pflegegrad 2) Pflegegeld (häusliche Pflege durch Angehörige/privat organisiert) 347 € pro Monat Pflegesachleistung (ambulanter Pflegedienst) bis 796 € pro Monat Entlastungsbetrag (anerkannte Unterstützungsangebote im Alltag) 131 € pro Monat Tages- und Nachtpflege (teilstationär) bis 721 € pro Monat Gemeinsamer Jahresbetrag (Verhinderungs- & Kurzzeitpflege) 3.539 € pro Jahr Vollstationäre Pflege (Pflegekassenanteil) 805 € pro Monat Was wirklich „ausgezahlt“ wird – und was nur als Budget existiert

Pflegegeld (347 Euro) ist die Leistung, die tatsächlich als Geld fließt, typischerweise an die pflegebedürftige Person, wenn die Versorgung zu Hause überwiegend durch Angehörige oder selbst organisierte Hilfe erfolgt.

Pflegesachleistung (bis 796 Euro) ist dagegen kein Geld auf dem Konto, sondern ein Budget, das für Leistungen eines ambulanten Pflegedienstes vorgesehen ist.

In der Praxis wird meist direkt zwischen Pflegedienst und Pflegekasse abgerechnet. Je stärker der Pflegedienst genutzt wird, desto geringer fällt das Pflegegeld aus, weil sich beides über die sogenannte Kombinationsleistung miteinander verrechnet.

Kombinationsleistung: So rechnet sich Pflegegeld, wenn ein Pflegedienst beteiligt ist

Sobald der Pflegedienst nicht nur gelegentlich einspringt, sondern regelmäßig Leistungen abrechnet, wird häufig übersehen, dass das Pflegegeld nicht „oben drauf“ in voller Höhe bleibt. Die Regel ist einfach: Der prozentuale Anteil der ausgeschöpften Sachleistung bestimmt, wie viel Pflegegeld anteilig übrig bleibt.

Ein greifbares Beispiel für Pflegegrad 2:
Ein Pflegedienst rechnet im Monat 398 Euro ab. Das sind 50 Prozent der maximalen Sachleistung von 796 Euro. Entsprechend bleiben 50 Prozent Pflegegeld: 173,50 Euro (50 Prozent von 347 Euro). Das Ergebnis wirkt für viele überraschend, ist aber die grundlegende Rechenlogik im Alltag.

Entlastungsbetrag 131 Euro: Zweckgebunden, aber zusätzlich wichtig

Der Entlastungsbetrag (131 Euro monatlich) ist ein eigener Baustein, der unabhängig vom Pflegegeld gedacht ist, aber in der Praxis oft nicht vollständig genutzt wird.

Er ist zweckgebunden und wird typischerweise für anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag eingesetzt, etwa für Betreuung, Unterstützung im Haushalt oder Alltagsbegleitung – je nachdem, was im jeweiligen Bundesland anerkannt ist und welche Anbieter zugelassen sind. Wer den Betrag Monat für Monat liegen lässt, verschenkt über ein Jahr gesehen spürbare Entlastung.

3.539 Euro Jahresbudget: Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege 2026 richtig einplanen

Für Pflegegrad 2 gibt es 2026 den gemeinsamen Jahresbetrag von 3.539 Euro für Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege. Damit kann entweder eine Ersatzpflege zu Hause finanziert werden oder eine vorübergehende Unterbringung zur Kurzzeitpflege, wenn die häusliche Versorgung zeitweise nicht möglich ist.

Ein Punkt, der in der Praxis besonders häufig zu falschen Erwartungen führt, ist die Sondergrenze bei Ersatzpflege durch nahe Angehörige oder Personen aus dem Haushalt: Für Pflegegrad 2 ist diese Konstellation in der Leistungssystematik begrenzt und wird in der amtlichen Übersicht mit 694 Euro abgebildet (als „2 × Pflegegeld“).

Das bedeutet nicht, dass das gesamte Jahresbudget „nur“ 694 Euro beträgt, sondern dass diese Grenze an die Personenkonstellation der Ersatzpflege anknüpft und deshalb vor der Planung zwingend geprüft werden sollte.

Zusätzlich wichtig, weil es die Auszahlung beeinflusst: Während einer Kurzzeitpflege oder einer Verhinderungspflege wird das Pflegegeld häufig nicht in voller Höhe weitergezahlt, sondern in der Regel nur anteilig.

Die Details sind abhängig von der konkreten Situation (tageweise oder zusammenhängende Leistung, Aufnahme- und Entlassungstage, Abrechnungsmodus) und sollten vorab mit der Pflegekasse oder der Einrichtung geklärt werden, damit im Nachhinein keine „unerwartete“ Kürzung im Monat entsteht.

Vollstationär: 805 Euro sind nicht die Heimrechnung

Bei vollstationärer Pflege liegt der Pflegekassenanteil bei 805 Euro pro Monat. Dieser Betrag ist kein „Heimpreis“, sondern ein pauschaler Leistungsanteil, der sich auf pflegebedingte Aufwendungen bezieht. Die Heimgesamtkosten enthalten weitere Posten wie Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten, weshalb der Eigenanteil oft deutlich höher ausfällt.

Zusätzlich gibt es im System gestaffelte Zuschläge, die mit der Dauer des Heimaufenthalts steigen und den Eigenanteil an pflegebedingten Kosten mindern können – ein Aspekt, der im Verlauf relevant wird, obwohl der Pflegegrad gleich bleibt.

Diese Zusatzleistungen werden bei Pflegegrad 2 häufig übersehen

Neben den „großen“ Beträgen gibt es Leistungen, die gerade im Alltag schnell mehrere hundert bis mehrere tausend Euro ausmachen können, aber oft erst spät beantragt werden:

Dazu zählen Pflegehilfsmittel zum Verbrauch (monatliches Budget), Zuschüsse für Wohnumfeldverbesserungen (barriereärmerer Umbau) sowie die Förderung eines Hausnotrufs bei erfüllten Voraussetzungen.

Gerade bei Pflegegrad 2 lohnt sich hier ein Blick auf das, was bereits vorhanden ist, und auf das, was mit einem Antrag erst freigeschaltet wird.

Kurze Prüflogik: Wo im Alltag am häufigsten Geld verloren geht

Wer Pflegegrad 2 hat, sollte die Abrechnung kurz gegenprüfen, damit Leistungen nicht unbemerkt falsch laufen oder ungenutzt bleiben.

Wird ein Pflegedienst regelmäßig abgerechnet, muss das Pflegegeld korrekt anteilig gekürzt sein, der Entlastungsbetrag sollte über anerkannte Anbieter nutzbar gemacht werden. Bei geplanter Ersatzpflege durch nahe Angehörige ist die besondere Obergrenze früh zu berücksichtigen, damit die Finanzplanung nicht auf einer falschen Annahme basiert.

FAQ

Gibt es bei Pflegegrad 2 automatisch 347 Euro auf das Konto?
Nur dann, wenn die Pflege überwiegend häuslich privat organisiert ist und nicht in relevantem Umfang über Pflegesachleistungen abgerechnet wird.

Kann Pflegegeld trotz Pflegedienst gezahlt werden?
Ja, über die Kombinationsleistung, allerdings nur anteilig – abhängig davon, wie viel Sachleistung genutzt wird.

Ist der Entlastungsbetrag zusätzlich zum Pflegegeld möglich?
Ja, er ist ein eigener Baustein, aber zweckgebunden und häufig an anerkannte Angebote/Anbieter gekoppelt.

Was bedeutet „3.539 Euro Jahresbetrag“ konkret?
Es ist ein Jahresbudget für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege; die Nutzung hängt davon ab, welche Leistung wann beansprucht wird und wer die Ersatzpflege übernimmt.

Warum tauchen bei Angehörigen als Ersatzpflege oft nur 694 Euro auf?
Weil es für bestimmte Personenkonstellationen eine gesonderte Obergrenze gibt, die in der Systematik mit „2 × Pflegegeld“ abgebildet wird.

Sind 805 Euro die monatlichen Heimkosten?
Nein, das ist der Pflegekassenanteil. Die Gesamtrechnung setzt sich aus mehreren Kostenbestandteilen zusammen.

Quellenübersicht

  • Bundesgesundheitsministerium (BMG): Leistungsübersicht Pflegeversicherung 2026 (Kurzüberblick)
  • BMG: Informationen zur Verhinderungs- und Kurzzeitpflege / gemeinsamer Jahresbetrag
  • GKV-Spitzenverband: Hinweise zu Pflegehilfsmitteln zum Verbrauch
    gesund.bund: Informationen zum Hausnotruf-Zuschuss
  • BMG: Informationen zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen (Wohnungsanpassung)

Der Beitrag Pflegegled: So viel Geld gibt es 2026 bei Pflegegrad 2 erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Schwerbehinderung: Untersuchung im GdB-Verfahren – Fangfragen erkennen, Fehler vermeiden

26. Dezember 2025 - 10:40
Lesedauer 5 Minuten

Eine Begutachtung im GdB-Verfahren entscheidet häufig nicht an Diagnosen, sondern an Details: Wie belastbar ist eine Person im Alltag, wie oft kippt die Situation, welche Hilfen sind nötig, welche Folgen treten nach Belastung auf.

Genau deshalb werden im Termin harmlose Sätze wie „Das geht schon“ schnell zum Problem, wenn sie später ohne Kontext als „voll möglich“ im Gutachten auftauchen.

Wer den Termin wie ein kurzes Prüfungsgespräch behandelt, riskiert Missverständnisse; wer ihn wie eine strukturierte Sachverhaltsaufnahme vorbereitet, kann Rechte sichern, Befunde sauber nachreichen und fehlerhafte Aussagen rechtssicher korrigieren.

Der grundsätzliche Fehler, der am meisten schadet

Viele Betroffene beantworten Fragen im Modus „Ja/Nein“ oder „Heute geht es“, obwohl die Realität aus Bedingungen, Grenzen und Folgewirkungen besteht. Eine kurzfristige Kompensation im Termin (Stress, Adrenalin, Routine) wird dann fälschlich als dauerhafte Leistungsfähigkeit gelesen.

Das lässt sich vermeiden, wenn Antworten konsequent so formuliert werden, dass sie in einer Akte funktionieren: nicht die Fähigkeit an sich, sondern Rahmenbedingungen, Grenze und Folgen.

Vor dem Termin: Vorbereitung, die spätere Streitfragen verhindert

Ein Funktions-Steckbrief statt Diagnoseliste

Ein kurzer Steckbrief hilft, im Termin nicht zu „erzählen“, sondern belastbar zu beschreiben. Er sollte die Alltagseinschränkungen als messbare oder beobachtbare Größen festhalten: Gehstrecke, Stehzeit, Sitzzeit, notwendige Pausen, Häufigkeit guter/schlechter Tage, Hilfsmittel, Hilfe durch Dritte, Nachwirkungen nach Belastung, Sicherheitsrisiken (Sturz, Schwindel, Überforderung), typische Auslöser sowie typische Abbruchpunkte.

Je konkreter diese Angaben sind, desto weniger Raum bleibt für das Missverständnis „geht doch“.

Befunde: zielgerichtet sammeln – und notfalls nachreichen

Befunde wirken nicht durch Umfang, sondern durch Passung. Besonders hilfreich sind Unterlagen, die Funktionsfragen beantworten: Belastbarkeit, Befund-/Verlaufsdaten, Therapieresultate, Medikamenteneffekte, Nebenwirkungen, Hilfsmittelbedarf, Einschränkungen über mindestens sechs Monate.

Wenn aktuelle Berichte fehlen, sollte das nicht durch mündliche Erklärungen „ersetzt“ werden. Besser ist eine aktenfähige Ankündigung, dass ein Bericht angefordert wurde und nachgereicht wird – mit Benennung der Praxis, Fachrichtung und des erwarteten Zeitraums.

Praktischer Workflow fürs Nachreichen (kurz und aktenkompatibel): Deckblatt mit Aktenzeichen und Datum, darunter eine Zuordnung „Befund X → belegt Einschränkung Y“, anschließend die Anlagen in chronologischer Reihenfolge. So wird verhindert, dass Unterlagen zwar eingehen, aber im Kern an der Bewertung vorbeilaufen.

Begleitperson: sinnvoll, oft möglich, aber mit sauberer Rollenklärung

Eine Begleitperson ist im GdB-Verfahren häufig der wirksamste Schutz gegen spätere Streitfragen, weil sie den Ablauf stabilisiert, an Unterlagen erinnert und kritische Passagen später bestätigen kann. Wichtig ist jedoch die Unterscheidung:

Bei behördlichen Gesprächen ist Unterstützung durch Beistand ein etablierter Mechanismus; bei ärztlichen Untersuchungen ist die Begleitung in der Praxis oft möglich, kann aber im Einzelfall eingeschränkt werden, etwa auf den Gesprächsteil (Anamnese) oder wegen des Untersuchungsablaufs.

Wo es Einschränkungen gibt, hilft eine ruhige, schriftlich dokumentierbare Klärung statt Streit im Raum.

Damit eine Begleitung nicht als Störung bewertet wird, sollte die Rolle klar bleiben: Die Begleitperson unterstützt organisatorisch und als Gedächtnisstütze, sie führt keine Diskussionen und beantwortet keine medizinischen Fragen an Stelle der betroffenen Person.

Kurzer Ankündigungsbaustein:
„Zum Termin am [Datum] wird eine Begleitperson anwesend sein (Name). Die Begleitung dient ausschließlich der Unterstützung bei Organisation und Gedächtnis; eine Beeinträchtigung des Ablaufs ist nicht beabsichtigt.“

Im Termin: „Fangfragen“ entschärfen, ohne zu diskutieren

Viele „Fangfragen“ sind keine Absicht, sondern unpräzise Abkürzungen. Problematisch wird es, wenn Betroffene aus Höflichkeit verkürzen und der Kontext verschwindet. Deshalb ist eine standardisierte Antwortform sinnvoll: Bedingung – Grenze – Folgen in einem Satz, möglichst mit Zahlen oder klaren Alltagsmarkern.

Typische Fragen und aktenfeste Antworten Typische Frage / Aussage Aktenfeste Antwort (Bedingung – Grenze – Folgen) „Können Sie einkaufen?“ „Nur eingeschränkt: kurze Strecken, häufig mit Pausen oder Unterstützung; danach regelmäßig Erschöpfung/Schmerzanstieg, oft auch am Folgetag deutlich reduziert.“ „Treppen gehen klappt doch.“ „Eine Etage ist manchmal möglich, langsam und mit Geländer; mehrere Etagen werden vermieden, danach entsteht häufig deutlicher Schmerz und Pausenbedarf.“ „Sie sind heute alleine gekommen.“ „Die Anreise ist eine Ausnahmeleistung; danach treten regelmäßig Erschöpfung und Einschränkungen auf, im Alltag ist das nicht zuverlässig wiederholbar.“ „Was machen Sie tagsüber?“ „Tätigkeiten gelingen nur in kurzen Abschnitten mit Unterbrechungen; an aufeinanderfolgenden Tagen ist es häufig nicht stabil möglich.“ „Wie war der Schlaf?“ „Unruhig und häufig unterbrochen; das zeigt sich am Folgetag in Konzentration, Belastbarkeit und Stimmung, oft mit Rückzug und Pausen.“

Wichtig ist, dass Einschränkungen nicht „übertrieben“ werden müssen, aber ebenso wenig verharmlost werden dürfen. Es geht nicht um die Behauptung „nichts geht“, sondern um eine realistische Darstellung der Teilhabe – mit Grenzen und Kosten.

Wenn es kippt: Pausen, Abbruch, Nachtermin – ohne als „Verweigerung“ zu wirken

Begutachtungen können körperlich oder psychisch kippen, vor allem wenn Schmerzen, Schwindel, Panik, Überforderung oder Erschöpfung zunehmen. In solchen Situationen ist es oft entscheidend, dass Betroffene nicht „durchziehen“, um nicht „schwierig“ zu wirken, sondern den Zustand sachlich benennen und den Ablauf geordnet halten.

Ein praxistaugliches Vorgehen lautet: Symptome kurz benennen, Pause verlangen, danach entscheiden, ob Fortsetzung realistisch ist. Wenn nicht, sollte ein Abbruch nicht als Diskussion geführt werden, sondern als dokumentierbarer Punkt: „Fortsetzung heute nicht möglich, Nachtermin erforderlich.“ Eine Begleitperson hilft hier, weil sie den Ablauf mitträgt und spätere Formulierungsstreitigkeiten reduziert.

Gedächtnisprotokoll: das sichere Gegenmittel gegen „so war das nicht“

Ein Gedächtnisprotokoll ist kein Angriff, sondern eine aktenfähige Sicherung. Es sollte am selben Tag entstehen, knapp, sachlich und ohne Diagnoseromantik. Ziel ist nicht, die Untersuchung zu bewerten, sondern festzuhalten, was gefragt, was geantwortet und was möglicherweise missverständlich verkürzt wurde.

Vorlage: Gedächtnisprotokoll in 8 Zeilen Feld Inhalt Termin Datum, Uhrzeit, Dauer, Ort Beteiligte Name untersuchende Person; anwesende Begleitperson Ablauf Kurz: Gespräch / Tests / Untersuchungsteile Kernfragen 3–6 Stichpunkte: Frage – Antwort in eigenen Worten Kritische Passage Wörtlich/nahezu wörtlich: „Frage … / Antwort …“ Nicht erhoben Was fehlte (z. B. keine Belastung, keine Pausenabfrage) Unmittelbare Folgen Schmerzen/Erschöpfung nach dem Termin Folgetag Einschränkungen am nächsten Tag (falls vorhanden)

Das Protokoll muss nicht sofort „abgesendet“ werden; es sollte jedoch bereitliegen, falls sich im Gutachten Formulierungen finden, die korrigiert werden müssen.

Was zum Termin mitgenommen werden sollte (kurz, praxistauglich) Mitnahme Zweck Funktions-Steckbrief (1 Seite) verhindert Abschweifen, sichert Parameter Mappe mit relevanten Befunden schnelle Zuordnung statt „später irgendwo“ Medikamentenplan / Hilfsmittelangaben Belastbarkeit und Nebenwirkungen nachvollziehbar Notizen zu guten/schlechten Tagen verhindert Verharmlosung im Termin Schreibzeug / Uhrzeitnotiz Basis fürs Gedächtnisprotokoll Begleitperson (wenn möglich) Stabilität, Gedächtnisstütze, Zeugenschaft Ton-/Videoaufnahmen: weshalb Begleitperson und Protokoll der sichere Weg sind

Viele denken an Aufnahmen, um „Beweise“ zu haben. In der Praxis ist das rechtlich riskant und kann das Verfahren zusätzlich belasten. Der verlässlichere Weg ist die Kombination aus Begleitperson, zeitnahem Gedächtnisprotokoll und einer sachlichen Klarstellung, wenn Formulierungen im Gutachten nicht stimmen.

FAQ

Kann eine Begleitperson im Termin dabei sein?
Bei behördlichen Gesprächsteilen ist Unterstützung regelmäßig unproblematisch. Bei ärztlichen Untersuchungen ist Begleitung häufig möglich, kann im Einzelfall aber auf bestimmte Teile beschränkt werden; hilfreich ist eine vorherige Ankündigung mit klarer Rollenbeschreibung.

Was ist die beste Antwort auf „Das geht doch“?
Eine präzise Einordnung in einem Satz: unter welchen Bedingungen es geht, wo die Grenze liegt und welche Folgen auftreten. So wird aus einem „Ja“ kein Freifahrtschein.

Wann sollten Befunde nachgereicht werden?
So früh wie möglich, strukturiert und mit Zuordnung zur Funktionsfrage. Eine knappe Ankündigung, dass ein Bericht angefordert wurde, verhindert Lücken, bis das Dokument vorliegt.

Wie wird eine falsche Darstellung später korrigiert?
Nicht allgemein („das stimmt nicht“), sondern punktgenau mit Terminbezug, korrekter Formulierung, Parametern und – wenn möglich – passenden Anlagen.

Quellenübersicht

  • SGB IX: § 152 (Feststellung der Behinderung)
  • Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) inkl. Versorgungsmedizinische Grundsätze (Anlage)
  • SGB X: § 13 (Beistände/Bevollmächtigte), § 20 (Amtsermittlung), § 24 (Anhörung), § 25 (Akteneinsicht)
  • SGB I: § 62 (Untersuchungen), § 65 (Grenzen der Mitwirkung), § 65a (Aufwendungsersatz), § 66 (Folgen fehlender Mitwirkung)
  • Bundessozialgericht: Urteil vom 27.10.2022 – B 9 SB 1/20 R (Vertrauensperson bei gerichtlich angeordneter Untersuchung)

Der Beitrag Schwerbehinderung: Untersuchung im GdB-Verfahren – Fangfragen erkennen, Fehler vermeiden erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Bürgergeld: Ärger mit dem Jobcenter – Gericht setzt jetzt klare Leitplanken

26. Dezember 2025 - 9:53
Lesedauer 4 Minuten

Viele Probleme mit dem Jobcenter sind nicht „nur“ ein Missverständnis, sondern ein Organisations- und Kommunikationsversagen: Zusagen werden gemacht, anschließend passiert nichts; Unterlagen gelten plötzlich als „nicht eingegangen“; Rückrufe bleiben aus; Termine werden ohne nachvollziehbaren Grund verschoben.

In solchen Situationen schreiben Betroffene häufig an eine Aufsichtsbehörde – und verlieren Zeit, weil die Sache dann zuerst in einem Zuständigkeitsstreit hängen bleibt. Der Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 20.11.2025 (L 1 SV 741/25 B) setzt genau an dieser Vorfrage an:

Wenn darüber gestritten wird, ob die Rechtsaufsicht über ein Jobcenter tätig werden muss, spricht nach dieser Entscheidung viel dafür, dass es sich um eine Streitigkeit aus dem Bereich des Bürgergeldes/SGB II handelt. Der Weg führt damit nicht automatisch zu den Verwaltungsgerichten, sondern in solchen Konstellationen kann die Sozialgerichtsbarkeit zuständig sein.

Wichtig ist die richtige Erwartung: Das ist keine Garantie, dass die Aufsicht am Ende einschreiten muss. Es ist vor allem eine Klärung, wo über dieses „Ob“ und „Wie“ gestritten wird – und damit eine praktische Entlastung, weil sich Betroffene nicht durch monatelanges Zuständigkeits-Pingpong kämpfen müssen.

Der entscheidende Sicherheitshinweis: Beschwerde ist kein Rechtsbehelf

Eine Aufsichts- oder Dienstbeschwerde ist ein Kontrollinstrument, aber kein Ersatz für Widerspruch oder Klage. Sobald ein belastender Bescheid im Raum steht – etwa Kürzung, Ablehnung, Aufhebung oder Erstattung – zählen Rechtsmittel und Fristen.

Welche Frist gilt, steht in der Rechtsbehelfsbelehrung; in der Praxis ist es häufig ein Monat, und bei akuter Existenzgefährdung (Miete, Strom, Lebensunterhalt) darf nicht auf „Beschwerdeklärung“ gewartet werden, sondern es muss parallel über Eilrechtsschutz nachgedacht werden.

Worum ging es im Fall?

Der Kläger hielt dem Jobcenter Fehlverhalten vor und wandte sich an die zuständige Landesbehörde als Rechtsaufsicht. Aus seiner Sicht wurde ein Gespräch geführt und eine Klärung in Aussicht gestellt, anschließend folgte jedoch keine spürbare Reaktion. Er klagte zunächst vor dem Sozialgericht.

Dieses verwies den Streit an das Verwaltungsgericht mit der Begründung, es gehe nicht um eine konkrete Leistungsentscheidung, sondern um Aufsichtshandeln. Gegen diese Verweisung wandte sich der Kläger.

Das Landessozialgericht stellte in der Sache heraus, dass Streitigkeiten über das Tätigwerden der Rechtsaufsicht im Bürgergeld-Kontext an das SGB II anknüpfen können und der Rechtsweg damit in solchen Fällen zur Sozialgerichtsbarkeit eröffnet sein kann.

Erst die Fallart bestimmen, dann den Weg wählen

In der Praxis funktionieren Jobcenter-Konflikte am besten, wenn Betroffene das Anliegen nicht „gefühlt“ einordnen („unfair“, „respektlos“), sondern formal: Geht es um einen Bescheid, geht es um Untätigkeit bei Antrag/Widerspruch, oder geht es um Verhalten/Organisation, also um Beschwerde und Aufsicht?

Tabelle 1: Problem richtig zuordnen – damit der richtige Hebel greift Fallart Was typischerweise passt Belastender Bescheid (Kürzung, Ablehnung, Aufhebung/Erstattung, Sanktion) Widerspruch innerhalb der Frist; bei Existenznot parallel Eilrechtsschutz prüfen Antrag gestellt, aber über Wochen kein Bescheid; Widerspruch eingelegt, aber kein Widerspruchsbescheid Untätigkeit ist ein eigener Angriffspunkt; nicht „weg-beschweren“, sondern den Entscheidungsdruck über das sozialrechtliche Verfahren erhöhen Verhalten/Organisation (Nichtreaktion, verschwundene Unterlagen, Terminchaos, Zusagen ohne Folgen, Umgangston, Aktenführung) Schriftliche Sachstandsanfrage mit Frist, danach Beschwerde; bei strukturellem Muster Aufsichtsebene einschalten Streit darüber, ob die Aufsicht tätig werden muss, und welches Gericht dafür zuständig ist Nach der Linie des LSG Thüringen: in solchen Konstellationen kann der Weg zur Sozialgerichtsbarkeit eröffnet sein Jobcenter-Typ klären: Optionskommune oder gemeinsame Einrichtung

Damit Beschwerden nicht im falschen Kanal landen, sollte zuerst festgestellt werden, welcher Jobcenter-Typ vorliegt. Diese Prüfung ist in der Praxis schnell möglich, weil der Träger häufig auf dem Briefkopf, in der Fußzeile oder im Impressum genannt wird.

Wenn Begriffe wie „zugelassener kommunaler Träger“ oder „Optionskommune“ auftauchen, spricht vieles für eine Optionskommune. Wenn Bundesagentur für Arbeit und Kommune gemeinsam als Träger auftreten, handelt es sich typischerweise um eine gemeinsame Einrichtung.

Für Betroffene reicht folgende Arbeitsregel: Bei Optionskommunen ist die Landesebene der naheliegende Aufsichtskanal; bei gemeinsamen Einrichtungen müssen Beschwerden entlang der Trägerstruktur sauber eskaliert werden, ohne dass man das System juristisch im Detail beherrschen muss.

„Abschickfähig“: wohin mit der Beschwerde – je nach Jobcenterform Jobcenterform Praktischer Beschwerdeweg (typische Adressaten) Gemeinsame Einrichtung (BA + Kommune) Zuerst schriftlich an die Geschäftsführung des Jobcenters bzw. das Beschwerdemanagement; wenn keine Abhilfe erfolgt, an die Trägerseite eskalieren (kommunale Trägervertretung/Trägerversammlung bzw. – je nach Gegenstand – BA-Struktur). Entscheidend ist, dass die Beschwerde bereits intern „prüffähig“ dokumentiert ist. Optionskommune (zugelassener kommunaler Träger) Zuerst schriftlich an die Leitung des Jobcenters; bei ausbleibender Abhilfe an die zuständige Landesbehörde als Aufsichtsebene (Landesaufsicht nach SGB-II-Struktur).

Damit ist die Beschwerde nicht automatisch erfolgreich, aber sie landet eher dort, wo überhaupt geprüft wird – und sie lässt sich später, falls nötig, rechtlich sauber weiterverfolgen.

Die häufigste Ursache fürs „Versanden“: fehlende Prüfbarkeit

Aufsicht und Jobcenter reagieren erfahrungsgemäß nicht auf Empörung, sondern auf dokumentierte Vorgänge. Eine Beschwerde wird prüffähig, wenn sie wie ein kurzer Aktenvermerk aufgebaut ist: Datum, Vorgang, Nachweis, Reaktion – und ein klares Begehren, was jetzt konkret passieren soll.

Tabelle 3: Minimale Belege, maximale Wirkung Typisches Problem Belege, die in der Regel genügen Zusage im Gespräch, danach keine Umsetzung Gesprächsnotiz (Datum, Name, Inhalt), ergänzend schriftliche Nachfrage Schreiben blieb „unbeantwortet“ Kopie des Schreibens plus Versand-/Sendeprotokoll, Erinnerung mit Frist Unterlagen „nicht vorhanden“ Liste der eingereichten Unterlagen mit Datum, Kopien, Versandnachweis Termin- und Erreichbarkeitschaos Einladungen/Absagen, kurze Chronologie, ggf. Gesprächsnotizen Wiederkehrendes Muster Mehrere Vorgänge mit derselben Struktur, jeweils mit Belegen; kurzer Vergleich („gleiches Muster“) Musterformulierung, die sofort eingesetzt werden kann

„Am 05.09.2025 wurde im Gespräch mit Frau/Herrn … eine Klärung zugesagt. Am 19.09.2025 und 02.10.2025 erfolgten schriftliche Nachfragen (Anlagen 1–2). Eine Reaktion blieb aus. Ich bitte bis zum 16.10.2025 um schriftliche Mitteilung, welche Stelle den Vorgang bearbeitet und bis wann eine Entscheidung/Abhilfe erfolgt.“

Diese Form ist nicht „höflicher“, sondern wirkungsvoller, weil sie die Prüffrage zwingend macht: Wurde geprüft, wer bearbeitet, bis wann kommt eine Entscheidung?

Untätigkeit nicht „weg-beschweren“

Ein eigener Schwerpunkt, der in vielen Bürgergeld-Fällen unterschätzt wird, ist Untätigkeit. Wenn ein Antrag lange ohne Entscheidung bleibt oder ein Widerspruch nicht beschieden wird, ist das kein bloßes „Serviceproblem“, sondern ein strukturelles Verfahrensproblem.

Die Aufsichtsbeschwerde kann parallel Druck erzeugen, ersetzt aber nicht das Ziel, eine Entscheidung zu bekommen. Genau hier liegt der praktische Unterschied: Beschwerde zielt auf Kontrolle, Untätigkeit zielt auf Entscheidung. Wer das trennt, verliert weniger Zeit.

FAQ

Kann man sich über ein Jobcenter beschweren?
Ja, besonders bei Verhalten, Organisation, Kommunikation, Aktenführung und ausbleibender Reaktion. Entscheidend ist eine dokumentierte Chronologie und ein konkretes Begehren.

Ersetzt eine Beschwerde den Widerspruch gegen einen Bescheid?
Nein. Gegen Bescheide gelten Fristen, die in der Rechtsbehelfsbelehrung stehen. Beschwerden laufen daneben.

Wer ist die richtige Aufsichtsstelle?
Das hängt von der Jobcenterform ab. Bei Optionskommunen ist die Landesaufsicht der typische Weg; bei gemeinsamen Einrichtungen muss entlang der Trägerstruktur eskaliert werden, beginnend bei der Jobcenter-Geschäftsführung.

Was ist der Mehrwert des Beschlusses aus Thüringen?
Er stärkt die Linie, dass Streit über das Tätigwerden der Aufsicht im Bürgergeld-Kontext nicht automatisch vor Verwaltungsgerichte gehört, sondern in solchen Konstellationen die Sozialgerichtsbarkeit zuständig sein kann.

Wann ist Eilrechtsschutz ein Thema?
Wenn die Existenz akut gefährdet ist (Miete, Strom, Lebensunterhalt), darf nicht auf Beschwerdeantworten gewartet werden; dann muss parallel über schnellen gerichtlichen Schutz nachgedacht werden.

Quellenübersicht 

  • Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 20.11.2025, L 1 SV 741/25 B.
  • Sozialgesetzbuch II, § 47 (Aufsicht bei gemeinsamen Einrichtungen).
  • Sozialgesetzbuch II, § 48 (Aufsicht bei zugelassenen kommunalen Trägern).

Der Beitrag Bürgergeld: Ärger mit dem Jobcenter – Gericht setzt jetzt klare Leitplanken erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Grundrente ab 2026 gestrichen: Tausende Bescheide mit 0 Euro Grundrentenzuschlag

26. Dezember 2025 - 9:20
Lesedauer 6 Minuten

Wenn in Gesprächen von „Grundrente“ die Rede ist, geht es in der Praxis fast immer um den Grundrentenzuschlag. Das ist keine eigene Rentenart, sondern ein Bestandteil der gesetzlichen Rente, der seit 2021 gezahlt werden kann.

Die Deutsche Rentenversicherung prüft den Anspruch automatisch und passt die Auszahlung an, ohne dass Rentnerinnen und Rentner einen Antrag stellen müssen. Dass der Zuschlag im Rentenbescheid auftaucht, bedeutet deshalb zunächst nur: Er wurde rechnerisch ermittelt und dem Rentenkonto zugeordnet. Ob er tatsächlich als Geldbetrag ankommt, entscheidet erst der zweite Schritt – die Einkommensanrechnung.

Diese Trennung zwischen rechnerischem Anspruch und tatsächlicher Auszahlung ist der Punkt, an dem viele Betroffene erstmals stutzen. Auf dem Papier entsteht ein Zuschlag, der Bescheid wirkt wie eine Anerkennung der Lebensleistung, und doch steht unter dem Strich manchmal ein Ergebnis, das sich wie eine Streichung anfühlt. Juristisch ist es keine „Aberkennung“ der Grundrente, sondern die gesetzlich vorgesehene Anrechnung von Einkommen auf genau diesen Rentenanteil.

Warum ein ausgewiesener Zuschlag auf 0 Euro fallen kann

Der Grundrentenzuschlag wird aus den Versicherungszeiten und den in diesen Zeiten erworbenen Entgeltpunkten berechnet. Wer lange versichert war und im Durchschnitt eher niedrige beitragspflichtige Einkommen hatte, kann dadurch einen Zuschlag bekommen.

Doch anschließend prüft die Rentenversicherung, ob Einkommen den Zuschlag mindert. Diese Einkommensanrechnung ist so geregelt, dass der Zuschlag nicht nur kleiner werden kann, sondern vollständig auf Null sinken darf. Die Rentenversicherung selbst weist darauf hin, dass es durch die Anrechnung zu einer teilweisen oder vollständigen Nichtzahlung kommen kann.

In der Wirkung entsteht damit ein irritierendes Bild: Der Zuschlag ist rechnerisch vorhanden, die Auszahlung aber beträgt 0 Euro.

Das wirkt wie ein Widerspruch, folgt aber einer Logik, die der Gesetzgeber bewusst gewählt hat: Der Zuschlag soll nicht allein an die Versicherungsbiografie anknüpfen, sondern zusätzlich daran, ob ein Haushalt – gemessen am steuerlich ermittelten Einkommen – noch in einem Bereich liegt, in dem der Zuschlag ausgezahlt werden soll.

Januar 2026: Warum jetzt neue Bescheide kommen und sich Beträge ändern

Zum 1. Januar wird der Grundrentenzuschlag jedes Jahr neu geprüft. Hintergrund ist nicht eine Neuberechnung der Versicherungszeiten, sondern die jährliche Einkommensüberprüfung. Die Daten kommen in einem automatisierten Verfahren aus der Finanzverwaltung.

Für die Anpassung ab Januar 2026 wird regelmäßig das Einkommen aus dem Jahr 2023 herangezogen. Wenn dafür noch keine Daten vorliegen, wird ersatzweise auf 2022 zurückgegriffen. Dies führt dazu, dass Veränderungen im Hier und Jetzt – etwa ein Wegfall von Nebeneinkünften – oft erst mit Verzögerung in der Auszahlung ankommen.

Für viele Rentnerinnen und Rentner bedeutet das, dass ein Bescheidwechsel nicht zwingend mit einer Änderung der eigenen Lebensumstände im Jahr 2026 zusammenhängt.

Der Auslöser kann vielmehr ein steuerlich auffälliges Jahr 2023 gewesen sein oder schlicht die Tatsache, dass das Finanzamt erst später vollständige Daten liefern konnte. Wer zum Jahresbeginn Post bekommt, erlebt deshalb häufig eine nachträgliche Korrektur der eigenen Erwartungen: Der Zuschlag steigt, bleibt gleich, sinkt – oder verschwindet in der Auszahlung vollständig.

Welche Einkünfte für die Anrechnung zählen – und warum das „zu versteuernde Einkommen“ so wichtig ist

Für die Einkommensanrechnung ist nicht entscheidend, wie viel Geld monatlich tatsächlich auf dem Konto verfügbar ist. Maßstab ist vor allem das zu versteuernde Einkommen, wie es steuerlich festgestellt wird.

Hinzu kommen nach den Informationen der Rentenversicherung weitere Bestandteile wie der steuerfreie Teil der Rente sowie Kapitalerträge, wobei es bei Kapitalerträgen Besonderheiten geben kann, wenn diese bereits pauschal versteuert wurden und nicht mehr in der Steuererklärung auftauchen.

Die Rentenversicherung rechnet dabei mit Jahreswerten, die auf Monatsbeträge umgelegt werden. Das ist ein Detail, das in der öffentlichen Debatte oft untergeht, aber für die Wirkung entscheidend ist: Ein höheres Jahreseinkommen wird rechnerisch in Zwölftel aufgeteilt und drückt dann Monat für Monat den Grundrentenzuschlag.

Dadurch kann ein einmaliges Ereignis – etwa ein größerer steuerpflichtiger Zufluss – im Folgezeitraum eine dauerhafte Kürzung auslösen, obwohl es sich subjektiv um eine Ausnahmesituation gehandelt hat.

Ehegatten- und Partnereinkommen: Wenn der Zuschlag am Einkommen des anderen hängt

Besonders konfliktreich ist die Regel, dass bei Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnerschaften das Einkommen beider Partner zusammen betrachtet wird. Das führt in der Praxis zu Fällen, in denen eine Person mit sehr niedriger Rente den Zuschlag rechnerisch „verdient“, die Auszahlung aber scheitert, weil das Einkommen des Partners die relevanten Grenzen überschreitet. In nichtehelichen Lebensgemeinschaften gilt diese Zusammenrechnung nicht in gleicher Weise – ein Unterschied, der immer wieder als Ungleichbehandlung kritisiert wird und nun höchstrichterlich überprüft wurde.

Für Betroffene ist das oft schwer zu akzeptieren, weil die Rentenbiografie eine individuelle Leistung ist, die Anrechnung aber auf den Haushalt abstellt. In der Lebenswirklichkeit bedeutet das: Wer verheiratet ist, kann seinen Zuschlag verlieren, obwohl sich an der eigenen Rente nichts ändert. Umgekehrt kann sich der Zuschlag erhöhen, wenn das Einkommen des Partners in einem späteren Prüfjahr sinkt – nur eben zeitversetzt.

Neue Einkommensgrenzen ab Januar 2026: mehr Spielraum, trotzdem klare Kappung

Die Einkommensgrenzen, bis zu denen keine Anrechnung erfolgt, werden regelmäßig fortgeschrieben und orientieren sich an der Rentenentwicklung. Ab Januar 2026 nennt die Rentenversicherung für Unverheiratete einen Bereich bis 1.492 Euro monatlich, in dem keine Anrechnung erfolgt.

Oberhalb dieser Grenze bis 1.909 Euro monatlich wird Einkommen zu 60 Prozent angerechnet. Alles, was darüber liegt, wird voll angerechnet. Für Ehepaare und eingetragene Lebenspartnerschaften arbeitet das System mit höheren Beträgen: Bis 2.327 Euro monatlich bleibt es ohne Anrechnung, zwischen 2.327 Euro und 2.744 Euro wird zu 60 Prozent angerechnet, darüber vollständig.

Damit ist auch erklärt, warum der Schritt von „ein bisschen weniger Zuschlag“ zu „0 Euro Auszahlung“ manchmal überraschend abrupt wirkt. Wer über die Zone der teilweisen Anrechnung hinauskommt, rutscht in eine Logik, in der der Zuschlag sehr schnell vollständig aufgezehrt werden kann – je nach Höhe des ursprünglichen Anspruchs und je nach Abstand zur jeweiligen Einkommensgrenze.

BSG-Entscheidung vom 27. November 2025: Anrechnung des Ehegatteneinkommens bleibt zulässig

Am 27. November 2025 hat das Bundessozialgericht entschieden, dass die Anrechnung des zu versteuernden Einkommens des Ehegatten beim Grundrentenzuschlag nicht gegen Verfassungsrecht verstößt.

Das Gericht sieht sachliche Gründe für die unterschiedliche Behandlung von Ehe und nichtehelicher Lebensgemeinschaft. In der Begründung spielt die gegenseitige Unterhaltspflicht von Ehegatten eine wichtige Rolle.

Zudem betont das Gericht den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei aus Bundesmitteln gewährten Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und das Ziel, den Zuschlag am „Bedarf“ auszurichten, ohne eine klassische Bedürftigkeitsprüfung wie in der Grundsicherung einzuführen.

Für die Praxis bedeutet das vor allem eines: Wer gehofft hatte, dass die Zusammenrechnung von Ehegatteneinkommen kurzfristig kippt und dadurch die Auszahlung wieder möglich wird, muss nach dieser Entscheidung mit unveränderten Regeln rechnen. Streitfälle werden sich daher in vielen Fällen nicht um das Prinzip drehen, sondern um die Frage, ob die zugrunde gelegten Einkommensdaten richtig und vollständig sind.

Warum gerade das Jahr 2023 vielen erst 2026 „auf die Füße fällt“

Der Zeitversatz ist der stille Treiber vieler Überraschungen. Für Januar 2026 zählt regelmäßig das Einkommen aus 2023. Das kann Rentnerinnen und Rentner treffen, die damals noch gearbeitet haben, eine einmalige Zahlung erhalten haben oder steuerlich relevante Einkünfte hatten, die im Alltag längst keine Rolle mehr spielen.

Auch bei Ehepaaren kann 2023 ein Jahr gewesen sein, in dem ein Partner besonders gut verdient hat, während sich die Situation inzwischen deutlich verändert hat. Trotzdem wirkt dieser Betrag, weil er durch das System der jährlichen Überprüfung erst später in die Rentenauszahlung übersetzt wird.

Steuererklärung, Steuerdaten, Schätzungen: Warum die Datengrundlage über Geld entscheidet

Weil das steuerliche Einkommen die Messlatte ist, spielt die Datenlage des Finanzamts eine große Rolle. Die Rentenversicherung beschreibt den jährlichen Datenaustausch mit den Finanzbehörden als Regelfall. Sie weist zugleich darauf hin, dass es Sonderkonstellationen gibt, etwa bei Kapitalerträgen, die nicht mehr in der Steuererklärung auftauchen, weil bereits Abgeltungsteuer gezahlt wurde oder eine Nichtveranlagungsbescheinigung vorliegt. In solchen Fällen kann eine Mitteilung an die Rentenversicherung erforderlich sein.

Aus Sicht von Lohnsteuerhilfevereinen ist außerdem wichtig, dass eine Steuererklärung die steuerliche Bemessungsgrundlage präzisieren kann, weil sie Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abbildet, die in einer bloßen Datenlage ohne Erklärung nicht automatisch sichtbar werden.

Daraus entsteht der Rat, den man in der Praxis häufig hört: Wer knapp über einer Grenze liegt, sollte prüfen lassen, ob die eigene steuerliche Situation korrekt erfasst ist. Das ist keine Garantie für einen höheren Zuschlag, kann aber im Einzelfall die maßgebliche Rechengröße verändern – und damit die Frage, ob der Zuschlag teilweise, vollständig oder gar nicht ausgezahlt wird.

Was ein neuer Bescheid ab 2026 für Betroffene bedeutet

Ein neuer Bescheid ist nicht automatisch ein Fehler, sondern häufig das Ergebnis der turnusmäßigen Einkommensüberprüfung. Trotzdem lohnt der zweite Blick, weil die Anrechnung auf Daten basiert, die nicht jeder Rentner im Alltag präsent hat.

Wer plötzlich 0 Euro Grundrentenzuschlag ausgezahlt bekommt, obwohl zuvor ein Betrag floss, sollte zunächst verstehen, welches Kalenderjahr zugrunde gelegt wurde und welches Einkommen die Rentenversicherung dafür verwendet hat. Genau dort liegen die typischen Ursachen: ein höheres Einkommen im maßgeblichen Jahr, die Zusammenrechnung in der Ehe oder unvollständige beziehungsweise anders ermittelte Steuerdaten.

Wenn der Eindruck entsteht, dass die Datengrundlage nicht stimmt, ist der formale Weg über eine Überprüfung des Bescheids naheliegend. In Deutschland sind Bescheide in der Regel mit Rechtsbehelfsfristen versehen, die man ernst nehmen sollte.

Ob ein Vorgehen Aussicht auf Erfolg hat, hängt dabei weniger von Gerechtigkeitsargumenten ab als von der Frage, ob sich Einkommen, Zuordnung oder Datenübermittlung objektiv falsch darstellen. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts ist zudem klarer denn je: Die grundsätzliche Anrechnung des Ehegatteneinkommens ist politisch gewollt und rechtlich abgesichert, sodass im Streit meist nur die konkrete Berechnung offen ist.

Quellen

Deutsche Rentenversicherung: „Fragen und Antworten zum Grundrentenzuschlag“ (u. a. zu automatischer Prüfung, Zahl der ausgezahlten Zuschläge Ende 2024, Einkommensbestandteilen, Zeitversatz und Einkommensgrenzen ab Januar 2026). Deutsche Rentenversicherung+1
Deutsche Rentenversicherung: „Jährliche Neuberechnung des Grundrentenzuschlags“ (u. a. zur Einkommensprüfung zum 1. Januar, zu den Daten aus 2023 für Januar 2026 und zu Freibeträgen). Bundessozialgericht (Pressemitteilung Nr. 27/2025 vom 27.11.2025): „Einkommensanrechnung des Ehepartners bei der Grundrente nicht verfassungswidrig“ (Az. B 5 R 9/24 R). Bundessozialgericht

Der Beitrag Grundrente ab 2026 gestrichen: Tausende Bescheide mit 0 Euro Grundrentenzuschlag erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Rente 2026: Diese Vorteile bringt das Steueränderungsgesetz 2025 – und wer wirklich profitiert

26. Dezember 2025 - 8:41
Lesedauer 4 Minuten

Das Steueränderungsgesetz 2025 ist Ende Dezember 2025 verkündet worden und wirkt in vielen Punkten ab dem Veranlagungszeitraum 2026. Entscheidend ist die richtige Einordnung: Die Systematik der Rentenbesteuerung wird dadurch nicht „neu“ geregelt.

Spürbare Effekte entstehen vor allem dann, wenn neben der Rente Arbeitslohn, eine Übungsleiter- oder Ehrenamtstätigkeit oder pendelbedingte Werbungskosten ins Spiel kommen.

Wer 2026 ausschließlich gesetzliche Rente bezieht und keine dieser Zusatzkonstellationen hat, sollte keine automatische Steuersenkung erwarten. Wer dagegen im Ruhestand weiterarbeitet, regelmäßig fährt oder Aufwandsentschädigungen erhält, kann konkret profitieren.

Tabelle: Änderungen ab 2026 – was sie Rentnern bringen Änderung ab 2026 Praktischer Effekt im Ruhestand Entfernungspauschale: 0,38 € ab dem 1. Entfernungskilometer Relevant bei „Rente + Job“ (Minijob/Teilzeit/Projektarbeit): höhere Werbungskosten, dadurch ggf. weniger Einkommensteuer. Mobilitätsprämie: Entfristung Spezialfall für sehr geringe Einkommen: Wenn Werbungskosten steuerlich nicht „wirken“, kann stattdessen eine Prämie als Gutschrift möglich sein. Übungsleiterpauschale: 3.300 € Mehr Einnahmen steuerfrei, typischerweise bei Training, Anleitung, Betreuung, Unterricht im gemeinnützigen Bereich. Ehrenamtspauschale: 960 € Mehr Einnahmen steuerfrei, z. B. Vereinsorganisation, Vorstand, Verwaltung, unterstützende Funktionen. Gewerkschaftsbeiträge zusätzlich zum Arbeitnehmer-Pauschbetrag Wirkt nur bei Arbeitslohn neben der Rente: Beiträge laufen nicht mehr „im Pauschbetrag ins Leere“, sondern können zusätzlich steuermindernd sein. Entfernungspauschale: Der stärkste Hebel für „Rente plus Job“

Ab 2026 beträgt die Entfernungspauschale 0,38 Euro je Entfernungskilometer ab dem ersten Kilometer. Das ist vor allem für Rentner relevant, die nebenbei arbeiten und einen Arbeitsweg haben. Die Entlastung kommt nicht als „Bonuszahlung“, sondern über höhere Werbungskosten, die das zu versteuernde Einkommen senken.

Damit die Größenordnung realistisch bleibt, hilft ein transparenter Vergleich: Für die ersten 20 Kilometer lag der Ansatz bisher typischerweise bei 0,30 Euro; der Mehrbetrag durch die Reform beträgt dort 0,08 Euro je Kilometer.

Wer 10 Kilometer einfach pendelt und an 220 Tagen im Jahr arbeitet, setzt dadurch rechnerisch 176 Euro mehr Werbungskosten an (0,08 × 10 × 220). Bei 20 Kilometern wären es 352 Euro (0,08 × 20 × 220). Wie viel Steuer das spart, hängt vom persönlichen Steuersatz ab.

Wichtig ist außerdem: Bei langen Arbeitswegen war ein höherer Satz bislang erst ab weiterer Entfernung relevant; genau deshalb fällt der Mehr-Effekt je nach Strecke unterschiedlich aus.

Mobilitätsprämie: Entfristet – aber nur für einen eng definierten Personenkreis

Die Mobilitätsprämie wird über 2026 hinaus fortgeführt. Sie ist kein allgemeiner Rentner-Vorteil, sondern ein Instrument für Fälle, in denen eine steuerliche Entlastung über Werbungskosten ins Leere läuft. Die Grundlogik ist: Wer wegen sehr niedriger Einkünfte keine oder kaum Einkommensteuer zahlt, kann von Werbungskosten nicht profitieren; die Mobilitätsprämie soll diesen Effekt teilweise ersetzen.

Für die Praxis sind drei Kernelemente entscheidend: Das zu versteuernde Einkommen muss typischerweise in der Nähe des Grundfreibetrags liegen, die Prämie ist in der Systematik an die Entfernungspauschale für weitere Entfernungen gekoppelt (klassisch ab dem 21. Kilometer) und sie wird über die Einkommensteuererklärung beantragt.

Wer im Ruhestand nur gelegentlich fährt oder ohnehin Steuern zahlt, gehört meist nicht zur Zielgruppe.

Ehrenamt und Übungsleiter: Hier ist der Vorteil am greifbarsten

Am klarsten wirkt das Gesetz bei den steuerfreien Pauschalen. Ab 2026 steigen Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale auf 3.300 Euro bzw. 960 Euro. Das ist für viele Ruheständler relevant, weil Engagement in Vereinen, sozialen Projekten, Sport oder Bildung im Ruhestand häufig zunimmt.

Entscheidend ist die korrekte Einordnung: Steuerfrei ist nicht „Ehrenamt an sich“, sondern die Zahlung innerhalb der Pauschale und im passenden Tätigkeitsrahmen. Wer bisher knapp über der Grenze lag, kann künftig eher vollständig im steuerfreien Bereich bleiben; wer deutlich darüber liegt, muss weiterhin mit einem steuerpflichtigen Anteil rechnen.

Gewerkschaftsbeiträge: Nur wichtig, wenn neben der Rente Arbeitslohn fließt

Die zusätzliche Berücksichtigung von Gewerkschaftsbeiträgen als Werbungskosten zielt auf Erwerbstätige. Für Rentner ist das nur dann relevant, wenn neben der Rente ein Beschäftigungsverhältnis besteht und Beiträge weiter gezahlt werden.

In dieser Konstellation kann der Beitrag künftig schneller steuermindernd wirken, weil er nicht mehr faktisch „im Arbeitnehmer-Pauschbetrag verschwindet“.

Was Betroffene 2026 konkret tun sollten

Wer 2026 neben der Rente arbeitet, sollte den Arbeitsweg nachvollziehbar dokumentieren (Tage, einfache Entfernung, erste Tätigkeitsstätte) und die Steuererklärung so aufsetzen, dass Werbungskosten tatsächlich ankommen.

Wer Aufwandsentschädigungen erhält, sollte Abrechnungen und Tätigkeitsbeschreibung griffbereit haben, damit die Einordnung als Übungsleiter- oder Ehrenamtstätigkeit sauber gelingt. Wer sehr geringe Einkünfte hat und weit pendelt, sollte prüfen, ob die Mobilitätsprämie im eigenen Fall überhaupt erreichbar ist.

Fazit

Das Steueränderungsgesetz 2025 bringt 2026 keine neue Rentenbesteuerung „für alle“, aber konkrete Entlastung für aktive Ruheständler.

Der größte Hebel liegt in der erhöhten Entfernungspauschale bei „Rente plus Job“, der klarste Vorteil in den höheren Pauschalen für Ehrenamt und Übungsleiter. Die Mobilitätsprämie bleibt ein eng begrenzter Sonderfall, wird aber durch die Entfristung dauerhaft planbar.

FAQ

Senkt das Gesetz automatisch die Steuer auf die gesetzliche Rente?
Nein. Entlastungen entstehen über Abzüge, Pauschalen und Sonderkonstellationen, nicht durch eine neue Rentenbesteuerung.

Wann lohnt sich die neue Entfernungspauschale besonders?
Vor allem bei Arbeitslohn neben der Rente und regelmäßigem Arbeitsweg, weil die höheren Werbungskosten die Steuerlast drücken können.

Wer profitiert von den höheren Ehrenamts- und Übungsleiterpauschalen?
Alle, die im Ruhestand entsprechende Tätigkeiten ausüben und bisher knapp an den Grenzen lagen oder Teile versteuern mussten.

Ist die Mobilitätsprämie für viele Rentner relevant?
Meist nicht. Sie ist vor allem für sehr geringe Einkommen und weite Wege konzipiert und wird über die Steuererklärung beantragt.

Quellenübersicht
  • Bundesgesetzblatt Teil I: Steueränderungsgesetz 2025, BGBl. I 2025 Nr. 363
  • Bundesregierung: Informationen zur Bundesrat-Zustimmung und zu Kernpunkten (Entfernungspauschale, Mobilitätsprämie, Ehrenamt)
  • Deutscher Bundestag: Textarchiv zur Verabschiedung und zu zentralen Maßnahmen
  • Bundesfinanzministerium: Fachinfo zur Anhebung der Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale
  • ADAC: Überblick zur Pendlerpauschale ab 2026
  • Minijob-Zentrale: Übersicht zu Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale ab 2026
  • Einkommensteuerrecht: Mobilitätsprämie (§ 101 EStG)
  • GEW/Steuerfachinformationen: Zusatzabzug für Gewerkschaftsbeiträge ab 2026

Der Beitrag Rente 2026: Diese Vorteile bringt das Steueränderungsgesetz 2025 – und wer wirklich profitiert erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Pflegegeld: Kurzzeitpflege – Diese Posten zahlen Angehörige oft doppelt

25. Dezember 2025 - 16:27
Lesedauer 5 Minuten

Kurzzeitpflege ist oft die „Notfall-Lösung“ nach Krankenhausaufenthalt, wenn die häusliche Versorgung vorübergehend nicht klappt oder Angehörige eine planbare Entlastung benötigen. Genau in dieser Situation passieren die teuersten Fehler:

Einrichtungen rechnen Entgeltbestandteile nicht sauber getrennt ab, Investitionskosten werden unklar ausgewiesen, Tage werden falsch gezählt – und am Ende bleibt ein Eigenanteil, der höher ist als nötig oder zumindest nicht nachvollziehbar.

Was die Pflegekasse bei Kurzzeitpflege übernimmt – und was fast immer privat bleibt

Bei Kurzzeitpflege trägt die Pflegekasse (ab Pflegegrad 2) die pflegebedingten Aufwendungen inklusive Betreuung sowie die medizinische Behandlungspflege – allerdings nur bis zur Höhe des Budgets und zeitlich begrenzt.

Seit dem 1. Juli 2025 gibt es dafür den Gemeinsamen Jahresbetrag für Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege, der flexibel für beide Leistungsarten eingesetzt werden kann; für viele ist 2026 das erste Jahr, in dem sich dieses Budget „sauber“ über ein ganzes Kalenderjahr planen lässt.

Privat zu zahlen sind dagegen typischerweise die sogenannten Hotelkosten (Unterkunft und Verpflegung) sowie Investitionskosten und Zusatzleistungen (z. B. Komfort-/Einzelzimmerzuschläge, besondere Servicepakete), sofern sie wirksam vereinbart und getrennt ausgewiesen sind.

Der Entlastungsbetrag kann – je nach Konstellation – genutzt werden, um insbesondere Hotelkosten (und teils weitere anerkannte Angebote) zu finanzieren oder zu erstatten, wenn entsprechende Voraussetzungen vorliegen.

Die häufigsten Abrechnungsfallen: So entsteht ein „zu hoher“ Eigenanteil

1) Ein Tagessatz ohne Aufschlüsselung
Viele Rechnungen nennen nur einen Gesamt-Tagessatz oder listen Posten zwar auf, mischen aber Beträge so, dass unklar bleibt, welcher Anteil wirklich Kassenleistung (pflegebedingte Aufwendungen) ist und welcher Anteil privat zu tragen wäre.

Das ist kein „Formfehler“, sondern der Kern der Kostenprüfung: Ohne saubere Trennung kann weder der Budgetverbrauch noch der korrekte Eigenanteil plausibel geprüft werden.

2) Investitionskosten: Rechtsgrundlage bleibt im Nebel
Investitionskosten dürfen nicht beliebig festgesetzt werden. Ob eine Zustimmung der zuständigen Landesbehörde erforderlich ist oder eine Anzeige genügt, hängt u. a. davon ab, ob und wie eine Einrichtung nach Landesrecht gefördert wird und wie der Investitionskostenweg konkret ausgestaltet ist.

In der Praxis ist die Rechnung häufig so knapp, dass nicht erkennbar ist, auf welcher Grundlage der Betrag berechnet wurde – und genau dort setzt die Nachfrage an.

3) Tagezählung: Aufnahme, Entlassung, Abwesenheiten
Fehler entstehen bei der Berechnung der „Pflege-Tage“: Aufnahme- und Entlassungstag werden doppelt angesetzt, Abwesenheitstage werden vollständig durchberechnet, oder es gibt eine Überschneidung, wenn eine andere Stelle (z. B. Krankenhaus oder eine vorherige Einrichtung) für denselben Tag abrechnet.

Selbst wenn einzelne Abwesenheitsregelungen zulässig sein können, müssen sie transparent, vertraglich abgesichert und korrekt ausgewiesen sein.

4) Zusatzleistungen und Zimmerzuschläge werden hineingerechnet
Einzelzimmer, Komfortpakete, besondere Serviceleistungen: Solche Posten sind nur dann sauber abrechenbar, wenn sie klar vereinbart und separat ausgewiesen sind.

Häufig tauchen sie als pauschaler Zuschlag im Tagessatz auf, ohne erkennbare Vertragsgrundlage – und werden dadurch schwer angreifbar, aber ebenso schwer prüfbar.

5) Verrechnung mit der Pflegekasse: Budget wird nicht korrekt abgezogen
Gerade bei schnellen Aufnahmen wird manchmal zunächst „brutto“ in Rechnung gestellt; die Pflegekassenleistung wird später oder unübersichtlich verrechnet. Das kann zu unnötiger Vorleistung führen oder dazu, dass Betroffene gar nicht merken, dass ein Teil bereits hätte abgezogen werden müssen.

Prüfliste: Diese Punkte gehören auf jede Kurzzeitpflege-Rechnung Prüffeld Woran sich Fehler erkennen lassen – und was als Nächstes zu tun ist Zeitraum und Tage Stimmen Aufnahme-/Entlassdatum, Anzahl der Berechnungstage und ggf. Abwesenheitstage? Unplausible Tagezählung ist ein Frühwarnsignal. Klare Trennung der Entgeltbestandteile Pflegebedingte Aufwendungen/Betreuung/Behandlungspflege müssen getrennt sein von Unterkunft, Verpflegung, Investitionskosten und Zusatzleistungen. Fehlt die Trennung, ist eine detaillierte Aufstellung anzufordern. Pflegekosten (Kassenanteil) Ist eindeutig, welcher Betrag auf „pflegebedingte Aufwendungen“ entfällt (der Teil, der aus dem Jahresbudget bezahlt wird)? Budgetverbrauch im Kalenderjahr Wurde berücksichtigt, ob im selben Jahr bereits Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege in Anspruch genommen wurde und damit Budget schon verbraucht ist? Unterkunft und Verpflegung Sind Hotelkosten separat ausgewiesen? Ist erkennbar, ob und in welchem Umfang eine Finanzierung/Erstattung über den Entlastungsbetrag möglich ist? Investitionskosten Sind Investitionskosten separat ausgewiesen und begründet? Fehlt die Rechtsgrundlage (Zustimmung/Anzeige/landesrechtlicher Rahmen), ist eine schriftliche Erläuterung anzufordern. Umlagen und Zuschläge Ausbildungsumlage oder andere Umlagen müssen benannt und nachvollziehbar beziffert sein. „Versteckte“ Umlagen im Tagessatz sind ein typischer Streitpunkt. Zusatzleistungen (Komfort, Einzelzimmer) Gibt es eine klare Vereinbarung und einen separaten Ausweis? Ohne beides ist der Posten angreifbar. Verrechnung der Pflegekassenleistung Ist transparent, welcher Betrag direkt mit der Pflegekasse abgerechnet wurde und welcher Rest privat bleibt? Bei Vorkasse muss eine saubere Schlussabrechnung erkennbar sein. Vertrags- und Informationsunterlagen Liegen Vertrag und vorvertragliche Informationen in Textform vor und passen die dort genannten Entgelte zur Rechnung? Abweichungen sollten schriftlich geklärt werden. Rechenbeispiel: So lässt sich eine Rechnung plausibilisieren

Angenommen, Kurzzeitpflege dauert 21 Tage. Die Einrichtung weist (vereinfacht) aus:

Pflegebedingte Aufwendungen/Betreuung/Behandlungspflege: 120 € pro Tag
Unterkunft/Verpflegung: 35 € pro Tag
Investitionskosten: 18 € pro Tag

Dann ergibt sich:

Pflegekosten: 21 × 120 € = 2.520 € (das ist der Teil, der grundsätzlich über das Jahresbudget laufen kann)
Hotelkosten: 21 × 35 € = 735 € (Eigenanteil)
Investitionskosten: 21 × 18 € = 378 € (Eigenanteil)

Gesamt: 3.633 €

Wenn im Kalenderjahr noch ausreichend Budget im Gemeinsamen Jahresbetrag verfügbar ist, kann die Pflegekasse im Beispiel die 2.520 € übernehmen. Privat blieben 1.113 € (Hotelkosten + Investitionskosten), wobei je nach Konstellation der Entlastungsbetrag genutzt werden kann, um Hotelkosten ganz oder teilweise zu finanzieren.

Ein typischer „Zu-viel-zahlen“-Effekt entsteht, wenn die Einrichtung etwa statt 21 Tagen 22 Tage abrechnet, oder wenn im Tagessatz Pflegekosten und Hotelkosten vermischt sind, sodass die Pflegekassenleistung nicht korrekt gegengerechnet wird.

Vorgehen bei unklaren Posten: In welcher Reihenfolge die Prüfung am meisten bringt

In der Praxis hilft eine Eskalationslinie, die jede Stufe dokumentiert und gleichzeitig die richtigen Stellen adressiert.

Zuerst wird die Einrichtung schriftlich aufgefordert, die Rechnung in Entgeltbestandteile zu zerlegen, die Tageberechnung zu erklären und Zusatzleistungen zu belegen. Schon diese Nachfrage klärt häufig, ob ein Missverständnis vorliegt oder ob tatsächlich „kreativ“ abgerechnet wurde.

Bleibt die Rechnung unplausibel, folgt der zweite Schritt über die Pflegekasse: Dort ist entscheidend, welche Beträge als pflegebedingte Aufwendungen anerkannt und auf das Jahresbudget angerechnet wurden und ob eine falsche Zuordnung erfolgt ist. Gerade bei unübersichtlicher Verrechnung ist die Kasse die Stelle, die die Leistungslogik nachvollziehbar machen muss.

Bei Investitionskosten ist häufig zusätzlich die landesrechtliche Ebene relevant: Je nach Bundesland und Förderstatus der Einrichtung können Zustimmungspflichten oder Anzeigepflichten eine Rolle spielen. Das bedeutet nicht, dass Investitionskosten automatisch „unzulässig“ sind, wohl aber, dass die Einrichtung erklären können muss, auf welcher Grundlage sie berechnet werden.

Musterformulierungen: Drei kurze Schreiben, die in der Praxis funktionieren

1) Anforderung einer detaillierten, prüffähigen Rechnung 
„Bitte übersenden Sie eine prüffähige Rechnung mit getrenntem Ausweis der pflegebedingten Aufwendungen (einschließlich Betreuung und medizinischer Behandlungspflege), der Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Investitionskosten sowie etwaiger Umlagen und Zusatzleistungen.

Bitte erläutern Sie außerdem die zugrunde gelegte Tageberechnung (Aufnahme-/Entlassungstag, Abwesenheiten) und fügen Sie die vertragliche Grundlage für berechnete Zusatzleistungen bei. Bis zur Klärung wird der strittige Teilbetrag zurückbehalten; der unstrittige Teil wird fristgerecht ausgeglichen.“

2) Nachfrage zur Rechtsgrundlage der Investitionskosten 
„Zu den berechneten Investitionskosten bitte ich um schriftliche Erläuterung der Berechnungsgrundlage (Förderstatus der Einrichtung, ggf. erforderliche Zustimmung bzw. Anzeige gegenüber der zuständigen Landesbehörde, angewandter Umlagemaßstab). Bitte teilen Sie zudem mit, welche Positionen in den Investitionskosten enthalten sind.“

3) Klärung der Leistungsabrechnung (Pflegekasse)
„Bitte teilen Sie schriftlich mit, welche Beträge aus der Kurzzeitpflege-Rechnung als pflegebedingte Aufwendungen (inklusive Betreuung und medizinischer Behandlungspflege) anerkannt und auf den Gemeinsamen Jahresbetrag angerechnet wurden.

Bitte erläutern Sie außerdem den im Kalenderjahr bereits verbrauchten Betrag (ggf. aus Verhinderungs-/Kurzzeitpflege) und den verbleibenden Restanspruch.“

FAQ zur Kurzzeitpflege-Abrechnung

Welche Rechnungsposten sind fast immer privat zu zahlen?
Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten und Zusatzleistungen sind regelmäßig Eigenanteile; entscheidend ist, ob sie korrekt, getrennt und nachvollziehbar ausgewiesen sind.

Was ist das häufigste Warnsignal auf der Rechnung?
Ein Gesamt-Tagessatz ohne klare Trennung der Entgeltbestandteile oder eine Verrechnung, aus der nicht erkennbar ist, welcher Anteil mit der Pflegekasse abgerechnet wurde.

Müssen Investitionskosten immer genehmigt sein?
Nicht zwingend „immer“, weil der rechtliche Weg je nach Förderstatus und Landesrecht unterschiedlich sein kann; die Einrichtung muss jedoch nachvollziehbar darlegen, auf welcher Grundlage sie Investitionskosten berechnet und ob Zustimmung oder Anzeige einschlägig ist.

Was ist, wenn im selben Jahr schon Verhinderungspflege genutzt wurde?
Dann ist ein Teil des Gemeinsamen Jahresbetrags bereits verbraucht, wodurch bei Kurzzeitpflege schneller ein höherer Eigenanteil entsteht; deshalb gehört der Budgetstand immer zur Prüfung.

Darf eine Einrichtung Einzelzimmerzuschläge einfach berechnen?
Nur, wenn es eine klare Vereinbarung gibt und der Zuschlag separat ausgewiesen ist; pauschale oder „versteckte“ Zuschläge sind der typische Streitpunkt.

Sollte der gesamte Rechnungsbetrag sofort gezahlt werden?
Wenn Posten unklar sind, ist regelmäßig sinnvoll, den unstrittigen Teil zu zahlen und den strittigen Teil schriftlich unter Hinweis auf die angeforderte Prüffähigkeit zurückzuhalten; die konkrete Vorgehensweise hängt vom Einzelfall und Fristen ab.

Quellenübersicht

  • Bundesministerium für Gesundheit: Informationen zum Gemeinsamen Jahresbetrag sowie zum Entlastungsbetrag.
  • § 42 SGB XI (Kurzzeitpflege) und § 82 SGB XI (Finanzierung/Investitionsaufwendungen).
  • Pflegekassen-/Pflegeportale zur Leistungsabgrenzung und zum Gemeinsamen Jahresbetrag (Kurzzeitpflege/Verhinderungspflege).
  • Kommunale/öffentliche Informationsseiten zur Kostenabgrenzung (Kassenleistung vs. Unterkunft/Verpflegung/Investitionskosten).
    Landesbehördeninformationen zu Investitionskosten (Beispiel Niedersachsen) sowie ergänzende Hinweise aus Bundesländern.

Der Beitrag Pflegegeld: Kurzzeitpflege – Diese Posten zahlen Angehörige oft doppelt erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Bürgergeld: Nachforderung aus Betriebs- oder Heizkostenabrechnung – Wenn das Jobcenter nur teilweise zahlt

25. Dezember 2025 - 16:08
Lesedauer 4 Minuten

Kommt mit der Jahresabrechnung eine Nachforderung, entsteht häufig ein typischer Konflikt: Das Jobcenter erkennt zwar etwas an, übernimmt aber nur einen Teil – mit Verweis auf Angemessenheit, fehlende Unterlagen oder die Einordnung als „einmalige“ Kosten.

Entscheidend ist: Nachforderungen aus Betriebs- und Heizkostenabrechnungen sind grundsätzlich Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II und werden regelmäßig dem Monat zugeordnet, in dem sie fällig werden.

Was rechtlich dahintersteht: „KdU“ – auch wenn es einmalig ist

§ 22 SGB II erfasst nicht nur die laufenden monatlichen Unterkunfts- und Heizkosten, sondern auch einmalige, unterkunftsbezogene Aufwendungen, wenn sie zur bewohnten Wohnung gehören. Genau hier fallen Nachforderungen aus Jahresabrechnungen typischerweise hinein.

Praktisch bedeutet das: Maßgeblich ist nicht, wann der Verbrauch stattgefunden hat, sondern wann die Nachforderung fällig wird (Zahlungsfrist aus Abrechnung/Anschreiben). In diesem Fälligkeitsmonat wird der Bedarf grundsätzlich berücksichtigt.

Laufend vs. einmalig: Die Abgrenzung, an der viele Bescheide hängen

Laufende Kosten sind die monatliche Grundmiete sowie die laufenden Vorauszahlungen für kalte Betriebskosten und Heizung. Einmalig ist die Nachforderung aus der Jahresabrechnung, weil sie als einzelner Betrag zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig wird. Dass sie „einmalig“ ist, macht sie nicht automatisch „nicht übernahmefähig“ – sie bleibt grundsätzlich Unterkunfts- bzw. Heizkostenbedarf.

Warum das Jobcenter oft nur teilweise übernimmt

1) Angemessenheit – getrennt nach Unterkunft und Heizung

Jobcenter prüfen häufig getrennt, ob Unterkunftskosten und Heizkosten angemessen sind. Das führt dazu, dass z. B. die kalten Betriebskosten anerkannt werden, Heizkosten aber nur bis zu einer als angemessen angesehenen Höhe.

2) Nicht übernahmefähige Posten und „falsche Schublade“

Häufiger Ablehnungsgrund ist die Abgrenzung zur Haushaltsenergie: Haushaltsstrom gehört nicht zu § 22 SGB II, sondern zum Regelbedarf. Positionen, die nicht zu Unterkunft/Heizung zählen oder nicht umlagefähig sind, werden deshalb (teilweise) herausgerechnet.

3) Fälligkeit nicht sauber nachgewiesen

Wenn aus der Abrechnung nicht klar hervorgeht, bis wann gezahlt werden muss, oder das Anschreiben fehlt, argumentieren Jobcenter oft, der Bedarf sei nicht eindeutig einem Monat zuzuordnen. Dann entsteht Teilanerkennung oder eine vorläufige Kürzung „bis zur Klärung“.

4) Abrechnung ist nicht prüffähig

Fehlen Abrechnungszeitraum, Verteilerschlüssel, Vorauszahlungen oder Anlagen, wird die Nachforderung als nicht nachvollziehbar bewertet. Das kann bis zur vollständigen Ablehnung reichen – oder zu einer Teilanerkennung nur der unstreitigen Positionen.

5) Sonderfall Umzug/alte Wohnung

Geht es um eine Nachforderung für eine nicht mehr bewohnte Wohnung, wird besonders häufig gekürzt oder abgelehnt. Hier kommt es stark auf die Konstellation an; Rechtsprechung erkennt unter bestimmten Voraussetzungen auch dann einen Bedarf im Fälligkeitsmonat an.

Fristen, die in der Praxis wirklich zählen Frist/Termin Bedeutung Nebenkostenabrechnung: 12 Monate nach Ende des Abrechnungszeitraums Danach sind Nachforderungen des Vermieters grundsätzlich ausgeschlossen, wenn keine Ausnahme greift. Widerspruch gegen Jobcenter-Bescheid: 1 Monat ab Bekanntgabe Innerhalb dieser Frist muss die Teilablehnung/ablehnende Entscheidung angegriffen werden. Klage nach Widerspruchsbescheid: 1 Monat ab Bekanntgabe Falls der Widerspruch erfolglos bleibt. Untätigkeit beim Widerspruch: nach 3 Monaten möglich Wenn über den Widerspruch nicht entschieden wird, kann Untätigkeitsklage relevant werden. Beleglogik: Welche Unterlagen zusammenpassen müssen Unterlage Wofür sie gebraucht wird Vollständige Betriebs- und/oder Heizkostenabrechnung (alle Seiten/Anlagen) Nachweis der Zusammensetzung der Nachforderung, Zeitraum, Verteilerschlüssel, Vorauszahlungen Anschreiben/Zahlungsaufforderung mit Zahlungsfrist Nachweis der Fälligkeit und Zuordnung zum Fälligkeitsmonat Mietvertrag und Änderungen der Vorauszahlungen/Abschläge Plausibilisierung, welche Zahlungen geschuldet waren Nachweise über geleistete Vorauszahlungen (Kontoauszüge/Mietkonto) Abgleich mit der Abrechnung, Vermeidung von „Doppelfehlern“ Bei Heizkosten: gesonderte Heizkostenabrechnung/Wärmeliefervertrag (falls vorhanden) Trennung Heizung vs. Haushaltsenergie, Nachvollziehbarkeit der Heizkosten Eingangsnachweis beim Jobcenter (Upload-Bestätigung, Faxbericht, Empfangsstempel) Absicherung, dass Antrag/Unterlagen fristwahrend vorlagen Rechenbeispiel: So entsteht „Teilübernahme“ – und so wird sie angreifbar

Eine Abrechnung weist 480 € Nachforderung aus, davon 180 € kalte Betriebskosten und 300 € Heizkosten. Das Jobcenter übernimmt 180 € vollständig, erkennt bei den Heizkosten aber nur 200 € an und kürzt 100 € mit Verweis auf „Unangemessenheit“.

In solchen Fällen entscheidet der Streit fast nie am Begriff „einmalig“, sondern daran, ob die Heizkostenbewertung tragfähig begründet ist und ob die Trennung der Positionen sauber vorgenommen wurde.

Vorgehen bei Teilübernahme: Was in der Begründung sitzen muss

Wenn das Jobcenter nur teilweise zahlt, ist eine saubere Linie hilfreich: Erst wird die Fälligkeit und Zuordnung zum Monat gesichert (Zahlungsfrist), dann die Einordnung als Unterkunft/Heizung, anschließend wird die konkrete Kürzungslogik zerlegt.

In vielen Fällen ist bereits die Begründung im Bescheid zu dünn: Es wird pauschal auf „Angemessenheit“ verwiesen, ohne nachvollziehbare Berechnung oder ohne differenzierte Trennung zwischen Unterkunft und Heizung.

Parallel muss der Zeitdruck gegenüber dem Vermieter geklärt werden. Wenn die Nachforderung kurzfristig fällig ist, kann neben dem Widerspruch auch vorläufiger Rechtsschutz in Betracht kommen, damit keine Kündigungs- oder Mahnspirale entsteht.

Guthaben statt Nachforderung: Warum das Jobcenter dann oft sofort verrechnet

Ergibt die Jahresabrechnung ein Guthaben, mindert es die Kosten der Unterkunft und Heizung grundsätzlich nach dem Monat der Gutschrift/Rückzahlung (und wird nicht wie normales Einkommen verteilt).

FAQ

Zählt die Nachforderung als „einmaliger Bedarf“?
Sie ist einmalig fällig, bleibt aber grundsätzlich Bedarf für Unterkunft/Heizung nach § 22 SGB II.

Welcher Monat ist entscheidend?
Regelmäßig der Monat der Fälligkeit (Zahlungsfrist aus Abrechnung/Anschreiben).

Darf das Jobcenter die Nachforderung auf mehrere Monate verteilen?
Streit entsteht häufig genau dort; entscheidend ist die rechtliche Zuordnung zum Fälligkeitsmonat.

Was ist, wenn in der Abrechnung auch Strom auftaucht?
Haushaltsstrom gehört in der Regel nicht zu den Unterkunfts- und Heizkosten; das kann Kürzungen erklären.

Wie lange ist Widerspruch möglich?
In der Regel ein Monat ab Bekanntgabe des Bescheids.

Was, wenn das Jobcenter auf den Widerspruch nicht reagiert?
Dann kann nach drei Monaten Untätigkeit prozessual relevant werden.

Quellenverweis

  • § 22 SGB II (Bedarfe für Unterkunft und Heizung; Guthabenminderung)
  • § 556 Abs. 3 BGB (Abrechnungsfrist; Ausschluss verspäteter Nachforderungen)
  • § 84 SGG (Widerspruchsfrist)
  • § 87 SGG (Klagefrist)
  • § 88 SGG (Untätigkeitsklage)

Der Beitrag Bürgergeld: Nachforderung aus Betriebs- oder Heizkostenabrechnung – Wenn das Jobcenter nur teilweise zahlt erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Kasse kürzt Krankengeld – weil sie Arbeitsaufnahme behauptet

25. Dezember 2025 - 16:05
Lesedauer 4 Minuten

Die Krankenkasse stoppt oder kürzt das Krankengeld, obwohl die stufenweise Wiedereingliederung gerade erst läuft. Begründung: „Arbeitsaufnahme“. In vielen Fällen steckt dahinter kein medizinischer Wendepunkt, sondern ein Melde- oder Abrechnungsproblem:

Im System ist ein Arbeitsbeginn hinterlegt oder es wurde beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erfasst. Entscheidend ist deshalb nicht die Diagnoseliste, sondern die Datenlage: Plan, AU-Kette, Meldedatum, Entgeltmonat und Rechenweg müssen zusammenpassen.

Der Maßstab, an dem die Kasse scheitert: Belastungsaufbau nach Plan

Stufenweise Wiedereingliederung bedeutet: Sie steigern die Belastung in kleinen Schritten, um wieder an die volle Leistungsfähigkeit heranzukommen. Das ist ein gesteuerter Aufbau – nicht die Aussage, dass Sie bereits wieder voll arbeitsfähig sind. Für die Akte zählt daher, dass Plan, tatsächlicher Verlauf und ärztliche Einschätzung diese Logik abbilden.

Warum die Kasse trotzdem „Arbeitsaufnahme“ annimmt

Typisch sind drei Auslöser: Der Wiedereingliederungsstart wird in der Lohnabrechnung wie ein normaler Arbeitsbeginn verarbeitet. Oder es fließt Geld, das als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt gewertet wird; dann kann Krankengeld im entsprechenden Umfang ruhen, muss aber nachvollziehbar berechnet werden.

Oder die AU-Kette hat eine formale Lücke, etwa weil eine Folgebescheinigung zu spät ausgestellt oder falsch übermittelt wurde – und die Kasse daraus ein „AU-Ende“ konstruiert.

Der Schnelltest: So sortieren Sie den Fall in 30 Sekunden Kassen-Behauptung Ihre Reaktion (Nachweise/Forderungen) „Arbeitsaufnahme“ – Krankengeld endet Wiedereingliederungsplan + lückenlose AU + Arbeitgeberbestätigung „stufenweise Wiedereingliederung, keine reguläre Arbeitsaufnahme“ + ärztliche Kurzstellungnahme (Belastungserprobung/Heranführung) „Krankengeld ruht/gekürzt wegen Lohn“ Lohnabrechnung(en) + Klärung der Lohnart + von der Kasse: schriftliche Ruhens-/Anrechnungsberechnung mit Zeitraum, zugrunde gelegter Zahlung und Rechenweg Zahlung stoppt ohne nachvollziehbare schriftliche Begründung Schriftliche Entscheidung mit Begründung und Berechnung verlangen und gleichzeitig die Unterlagen einreichen, damit die Kasse den Datenfehler sofort prüfen kann 24–48 Stunden: Was jetzt wirklich zählt

Noch am selben Tag schicken Sie der Krankenkasse den Wiedereingliederungsplan, die AU-Nachweise, eine Arbeitgeberbestätigung und eine ärztliche Kurzstellungnahme. Gleichzeitig fordern Sie schriftlich die Offenlegung der Datenbasis: Auf welche Meldung (Quelle, Datum, gemeldeter Beginn) und welchen Entgeltmonat stützt sich die Annahme der Arbeitsaufnahme, und wie lautet der Rechenweg der Kürzung.

Parallel bitten Sie Arbeitgeber oder Lohnstelle um Auskunft, welches Datum intern als Arbeitsbeginn gesetzt wurde, ob eine Meldung korrigiert werden kann und welche Lohnart im Wiedereingliederungsmonat abgerechnet ist. Prüfen Sie danach Lohnabrechnung und Kontoauszug.

Wenn eine AU-Bescheinigung fehlt, schließen Sie die Lücke sofort – eine Unterbrechung ist die häufigste formale Angriffsfläche.

Das Beweispaket, das Entscheidungen kippt

Sie brauchen erstens AU-Nachweise ohne Unterbrechung. Zweitens den Wiedereingliederungsplan mit Startdatum, Wochenraster, Stundenaufbau und Belastungsgrenzen. Drittens eine Arbeitgeberbestätigung, die ausdrücklich klarstellt, dass keine reguläre Arbeitsaufnahme erfolgt ist.

Viertens ein kurzes Ist-Protokoll, das nüchtern dokumentiert, wie viele Stunden tatsächlich möglich waren, ob abgebrochen wurde und welcher Pausenbedarf bestand. Fünftens eine ärztliche Kurzstellungnahme.

Ärztliche Kurzstellungnahme: so kurz wie möglich, so eindeutig wie nötig

Hilfreich ist eine Formulierung wie: weiterhin arbeitsunfähig für die bisherige Tätigkeit; stufenweise Wiedereingliederung dient der therapeutischen Belastungssteigerung/Belastungserprobung; Ziel ist die schrittweise Heranführung, nicht die Feststellung der Arbeitsfähigkeit. Vermeiden Sie pauschale Wörter wie „arbeitsfähig“, wenn nur der Start der Maßnahme gemeint ist.

Entgelt im Wiedereingliederungsmonat: Wo die Rechenfehler sitzen

Wenn Zahlungen fließen, kommt es auf die Zuordnung an: Welche Zahlung wurde welchem Monat zugerechnet, und ab welchem Tag soll Krankengeld deshalb ruhen? Häufige Fehler entstehen, wenn eine Einmalzahlung oder Nachzahlung dem Wiedereingliederungsmonat zugerechnet wird, obwohl sie einen anderen Zeitraum betrifft, oder wenn Meldung und Abrechnung nicht zusammenpassen und dadurch doppelt gerechnet wird.

Deshalb ist die schriftliche Berechnung der Kasse entscheidend: Zeitraum, Betrag, zugrunde gelegte Zahlung, Rechenweg.

Rechenbeispiel: Wie eine Zahlung das Krankengeld „scheinbar“ sprengt – und wo Sie prüfen müssen

Eine Versicherte erhält Krankengeld von 70 Euro pro Kalendertag. Im Januar startet die Wiedereingliederung. Gleichzeitig zahlt der Arbeitgeber im Januar 900 Euro brutto – es handelt sich aber um eine Nachzahlung für Dezember (Korrektur der Lohnabrechnung).

Die Kasse ordnet die 900 Euro dem Januar zu und lässt das Krankengeld für Januar ganz oder teilweise ruhen. Genau hier liegt der Prüfpunkt: Entscheidend ist nicht, wann das Geld überwiesen wurde, sondern für welchen Zeitraum es abgerechnet wurde und wie es als beitragspflichtiges Entgelt gemeldet ist.

Stimmen Abrechnungsmonat, Entgeltmonat und Meldedaten nicht überein, ist die Kürzung häufig angreifbar. Praktisch heißt das: Lohnabrechnung (mit Ausweis „Nachzahlung für Dezember“) gegen die Kassenberechnung halten. Wenn die Kasse trotzdem Januar als Entgeltmonat ansetzt, muss sie erklären, warum – und genau diese Erklärung ist oft der Hebel für die Korrektur.

Wenn die Kasse nicht reagiert: Tempo über Schriftform sichern

Fordern Sie eine schriftliche Begründung inklusive Berechnung und benennen Sie die Unterlagen, die Sie beigefügt haben. Das schafft Verbindlichkeit, verhindert „nicht erhalten“-Ausreden und ist die Grundlage für Widerspruch.

Wenn trotz vollständiger Unterlagen keine kurzfristige Korrektur erfolgt und Miete oder Lebensunterhalt gefährdet sind, kann zusätzlich gerichtlicher Eilrechtsschutz in Betracht kommen, um eine vorläufige Weiterzahlung zu erreichen, bis die Sache geklärt ist.

Textbaustein an die Krankenkasse

Die Zahlung des Krankengeldes wurde wegen angeblicher Arbeitsaufnahme gekürzt/eingestellt. Es liegt keine reguläre Arbeitsaufnahme vor, sondern eine stufenweise Wiedereingliederung nach ärztlichem Plan bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit.

Bitte teilen Sie mir schriftlich mit, auf welche Meldung (Quelle, Datum, gemeldeter Beginn) und welchen Entgeltmonat Sie Ihre Annahme stützen, und übersenden Sie die zugrunde liegende Ruhens-/Anrechnungsberechnung mit Rechenweg und Zeitraum.

Beigefügt übersende ich AU-Nachweise, Wiedereingliederungsplan, Arbeitgeberbestätigung, Ist-Protokoll sowie eine aktuelle ärztliche Kurzstellungnahme. Ich bitte um kurzfristige Korrektur und Auszahlung.

Praxisbeispiel: Ein falsches Startdatum – und das Krankengeld wird „null“

Die Wiedereingliederung startet am 2. Januar mit zwei Stunden täglich, Woche zwei mit drei Stunden, danach Steigerung. In der Lohnabrechnung wird der 2. Januar jedoch als normaler Arbeitsbeginn hinterlegt, die Meldung läuft entsprechend.

Mitte Januar stoppt die Kasse das Krankengeld mit dem Hinweis auf Arbeitsaufnahme. Erst nachdem Plan, AU-Kette, Arbeitgeberbestätigung und eine ärztliche Kurzstellungnahme vorliegen und die Lohnstelle das Datum als Wiedereingliederungsbeginn klärt, wird der Vorgang korrigiert und nachgezahlt.

FAQ

Was, wenn der Arbeitgeber versehentlich „Arbeitsbeginn“ gemeldet hat?
Dann brauchen Sie die schriftliche Korrekturspur: Arbeitgeberbestätigung zur Wiedereingliederung und Auskunft, welche Meldung mit welchem Datum abgesetzt wurde.

Welche Unterlagen überzeugen am meisten?
Plan, lückenlose AU, Arbeitgeberbestätigung, Ist-Protokoll und eine kurze ärztliche Einschätzung mit Belastungsaufbau-Logik.

Die Kasse begründet nur telefonisch. Was tun?
Schriftlich Begründung und Berechnung anfordern. Nur so bekommen Sie eine belastbare Grundlage für Widerspruch und ggf. gerichtliche Schritte.

Ich habe eine Zahlung bekommen – ist das automatisch das Ende des Krankengeldes?
Nicht automatisch. Entscheidend ist, ob beitragspflichtiges Entgelt vorliegt und welchem Zeitraum es zugeordnet wird. Genau das muss die Kasse in der Berechnung offenlegen.

Quellenliste

  • Sozialgesetzbuch (SGB V): § 44 Krankengeld
  • Sozialgesetzbuch (SGB V): § 49 Ruhen des Krankengeldes (u. a. bei beitragspflichtigem Arbeitsentgelt)
  • Sozialgesetzbuch (SGB V): § 74 Stufenweise Wiedereingliederung
  • Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (AU-RL) des Gemeinsamen
  • Bundesausschuss (G-BA): Regelungen zur Arbeitsunfähigkeit und zur stufenweisen Wiedereingliederung
  • Sozialgerichtsgesetz (SGG): § 84 Widerspruchsfrist
  • Sozialgerichtsgesetz (SGG): § 86b Einstweiliger Rechtsschutz

Der Beitrag Kasse kürzt Krankengeld – weil sie Arbeitsaufnahme behauptet erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Jobrad kürzt die Rente, Krankengeld und auch das ALG 1

25. Dezember 2025 - 16:02
Lesedauer 2 Minuten

Fahrradleasing, das auch als “Jobrad” bezeichnet wird, läuft in der Regel so ab: Der Arbeitgeber least ein Dienstrad und überlässt es dem jeweiligen Arbeitnehmer. Wenn die Arbeitnehmer das Rad auch privat nutzen, dann beteiligen sie sich an den Kosten. Das bedeutet: Ein Teil des Bruttogehalts fließt in die Leasingrate und die Versicherungsprämie. So weit so gut.

Was sind die Vorteile des Jobrads?

Wer sich heute sein Fahrrad nicht gebraucht zusammen flicken will, sondern ein leistungsfähiges Neurad oder gar ein ein E-Bike anstrebt, zahlt schnell mehrere tausend Euro.

Leasing über den Arbeitgeber plus Beteiligung bei Privatgebrauch kann dabei eine günstigere Alternative zum Eigenkauf sein. Zudem gehört zu Leasingverträgen ein Versicherungsschutz.

Gewerkschaften warnen vor dem Leasing durch den Arbeitgeber

Die Gewerkschaft verdi sieht bei dieser Art von Fahrradleasing “nur einen, der ganz sicher spart: Dein Arbeitgeber.” Das geleaste Fahrrad gehört dem Arbeitnehmer nicht, sondern er darf es nur nutzen. Zahlen muss der Beschäftigte bei Privatnutzung aber trotzdem, und es bei Auslaufen des Vertrags zurückgeben.

Nach der Rückgabe fallen möglicherweise Instandsetzungskosten an, die der Arbeitnehmer tragen muss.

Verdi erklärt: “Du zahlst für ein Rad, das dir nicht gehört”.

Hinzu kämen, laut Verdi, Kosten für Versicherung, Zubehör, Inspektionen, Reparaturen sowie Steuern für die private Nutzung. Zudem sei der Arbeitgeber nicht einmal verpflichtet, sich an den Zusatzkosten zu beteiligen.

Entgeltumwandlung ist keine Förderung

Vielen Arbeitnehmern ist der Unterschied eines solchen Firmenleasing zu eigenen Käufen (und auch privaten Ratenzahlungen) nicht bewusst. Wenn ich von dem Geld, das ich auf dem Konto habe, Dinge kaufe oder lease, dann hat das keinen Einfluss auf meine Sozialversicherungsleistungen.

Ganz anders sieht das bei Fahrradleasing der Firma durch Entgeltumwandlung aus. Die Gewerkschaft warnt davor, dass die Entgeltumwandlung keine Förderung ist. Die monatlichen Leasingraten würden ein kleineres Nettogehalt bedeuten, und dieses wiederum führe zu geringeren Ansprüchen auf Krankengeld, Arbeitslosengeld oder Elterngeld.

Verdi warnt, dass den Sozialkassen wichtige Beitragszahlungen entzogen würden, und dies schwäche unsere Sozialversicherung. Geschwächt würde auch die solidarisch finanzierte Rente, Arbeitslosen- und Krankenversicherung.

Der Arbeitgeber sparten hingegen ihren Anteil an den Sozialversicherungsbeiträgen ein, und hätten keine Nachteile.

Lesen Sie auch:
Rente: 4 neue Änderungen sollten Rentner kennen

Fahrradleasing senkt die Rente

Auch die Altersrente wird durch das monatliche Leasing geringer, denn die Rentenbeiträge richten sich nach dem Einkommen. Sinkt das Einkommen, dann sinken die Beiträge, und damit sinkt die Rente.

Verdi zufolge ist das Fahrradleasing durch Entgeltumwandlung über den Tarifvertrag möglich. Die Vertretungen der Arbeitnehmer sollten sich auf solche Vereinbarungen nur einlassen, wenn “der Arbeitgeber seine Ersparnisse weitergibt und sich auf Zuschüsse einlässt”.

Das Angebot des Arbeitgebers müsse mit den möglichen Kürzungen verglichen werden, und dazu müüssten Arbeitnehmer eine Auskunft von der gesetzlichen Rentenversicherung einholen, außerdem Informationen von Arbeitslosenversicherung, Krankenkasse zum Krankengeld, Lohnsteuerberatung und Zusatzversorgungskasse.

Härtefälle müssen möglich sein

Dazu müsste es Regelungen für individuelle Härtefälle geben. Möglich sein müsste auf Wunsch der Beschäftigten eine hundertprozentige Vor-Ort-Rücknahme des Fahrrads in Fällen längerer Krankheit, bei Kurzarbeit und Privatinsolvenz, bei Tod oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Der Beitrag Jobrad kürzt die Rente, Krankengeld und auch das ALG 1 erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker

Schwerbehinderung:  Rückwirkender GdB – das bringt das Datum im Bescheid wirklich

25. Dezember 2025 - 15:55
Lesedauer 3 Minuten

Wer einen Feststellungsbescheid zum Grad der Behinderung (GdB) bekommt, liest oft zuerst die Zeile „gilt ab …“ – und erwartet, dass sich damit Steuern, Zusatzurlaub und Kündigungsschutz automatisch für die Vergangenheit „nachholen“ lassen. Genau das passiert in der Praxis häufig nicht.

Das Datum ist wichtig, weil es festlegt, ab wann der Status rechtlich bestehen soll; es hebt aber keine Fristen auf, ersetzt keine rechtzeitige Mitteilung und lässt verfallene Ansprüche nicht einfach wieder entstehen.

Vorab: GdB ist nicht automatisch „Schwerbehinderung“

Schwerbehindert im Sinne des SGB IX ist, wer einen GdB von wenigstens 50 festgestellt hat. Wer einen GdB 30 oder 40 hat, kann bei der Agentur für Arbeit eine Gleichstellung beantragen.

Für den Kündigungsschutz kann die Gleichstellung entscheidend sein; beim Zusatzurlaub besteht für Gleichgestellte grundsätzlich kein Anspruch.

Rückwirkung: eher Antragstag – weiter zurück nur ausnahmsweise

In der Praxis gilt der GdB häufig rückwirkend ab Antragstellung. Eine Feststellung für noch frühere Zeiträume kommt typischerweise nur in Betracht, wenn ein konkreter Vorteil plausibel gemacht wird (zum Beispiel steuerliche Gründe) und die medizinische Lage für den Zeitraum tragfähig belegt ist.

Steuer: Rückwirkend kann Geld fließen – aber nur, solange Jahre noch änderbar sind

Der wichtigste Hebel ist meist der Behinderten-Pauschbetrag. Ob frühere Steuerjahre noch profitieren, entscheidet weniger das „Gültig-ab“-Datum als das Steuerverfahrensrecht. Für die Einkommensteuer gilt grundsätzlich eine Festsetzungsfrist von vier Jahren.

Ein häufiger Irrtum: Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung ist steuerrechtlich nicht automatisch ein „rückwirkendes Ereignis“, das alte Jahre unbegrenzt wieder öffnet. Praktisch bedeutet das:

Ein rückwirkend festgestellter GdB kann bei den letzten, verfahrensrechtlich noch offenen Jahren zu Erstattungen führen. Sind ältere Jahre bestandskräftig und die Fristen abgelaufen, bleibt der Steuervorteil für diese Jahre in der Regel verloren.

Zusatzurlaub: Anspruch entsteht – kann aber trotz Rückwirkung verfallen

Zusatzurlaub gibt es für schwerbehinderte Menschen nach § 208 SGB IX (bei 5-Tage-Woche regelmäßig fünf zusätzliche Urlaubstage, angepasst bei anderer Wochenarbeitszeit). Für Gleichgestellte besteht kein Anspruch auf Zusatzurlaub.

Für die Rückwirkung ist nicht nur das Datum im Bescheid entscheidend, sondern ob der Anspruch im jeweiligen Urlaubsjahr noch existiert. Wenn der Arbeitgeber keine Kenntnis von der Schwerbehinderung hatte und sie auch nicht offenkundig war, kann Zusatzurlaub mit Ablauf des Urlaubsjahres beziehungsweise nach einem zulässigen Übertragungszeitraum verfallen.

Dann hilft eine spätere – sogar rückwirkende – Anerkennung häufig nicht mehr, weil der Anspruch bereits untergegangen ist.

Konsequenz für Betroffene: Das Bescheiddatum „zieht“ beim Zusatzurlaub nur dann, wenn der Arbeitgeber rechtzeitig informiert war (oder Offenkundigkeit vorlag) und der Anspruch nicht schon verfallen ist.

Kündigungsschutz: Drei Wochen sind nicht gleich drei Wochen – plus eine Frist, die oft alles entscheidet

Der besondere Kündigungsschutz bedeutet grundsätzlich: Vor einer Kündigung muss der Arbeitgeber die Zustimmung des Integrationsamts einholen. Ausnahmen gelten unter anderem in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses. Der Kündigungsschutz gilt auch für gleichgestellte Menschen.

Damit die Rückwirkung in der Kündigungssituation tatsächlich hilft, müssen drei Themen sauber getrennt werden:

Erstens: Antrag rechtzeitig vor Kündigungszugang. Wenn bei Zugang der Kündigung noch kein Bescheid vorliegt, kann der Kündigungsschutz dennoch greifen, wenn der Antrag auf Anerkennung (oder Gleichstellung) rechtzeitig vor der Kündigung gestellt wurde und die Feststellung später erfolgt.

In vielen Darstellungen wird hierfür als Orientierung eine Frist von mindestens drei Wochen vor Zugang der Kündigung genannt.

Zweitens: Mitteilung an den Arbeitgeber nach der Kündigung. Hat der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung keine Kenntnis, stellt sich die Frage, wie schnell die Schwerbehinderung nachträglich mitgeteilt werden muss, damit der Schutz nicht leerläuft. Hier gibt es Rechtsprechung, die je nach Konstellation auf eine zeitnahe Mitteilung abstellt; eine starre Einheitsregel ist aber nicht in jedem Fall sauber.

Drittens – und in der Praxis am wichtigsten: Die Kündigungsschutzklage. Wer eine Kündigung angreifen will, muss regelmäßig innerhalb von drei Wochen nach Zugang Klage erheben. Diese Klagefrist ist der häufigste Grund, warum auch ein „günstiges“ Bescheiddatum am Ende nichts mehr rettet.

FAQ

Kann ein GdB weiter als bis zum Antragstag rückwirkend festgestellt werden?
Nur ausnahmsweise, meist nur bei nachgewiesenem konkretem Vorteil und belastbarer medizinischer Dokumentation.

Gibt es Zusatzurlaub auch bei Gleichstellung?
Nein.

Macht ein rückwirkender Bescheid eine Kündigung automatisch unwirksam?
Nein. Entscheidend sind unter anderem Antragstellung vor Kündigung, mögliche Ausnahmen und vor allem die Klagefrist.

Wie weit können Steuervorteile rückwirkend genutzt werden?
Nur soweit Steuerjahre verfahrensrechtlich noch änderbar sind; eine pauschale „Rückwirkung ohne Ende“ gibt es nicht.

Quellenübersicht
  • SGB IX: Schwerbehinderung und Gleichstellung (§ 2)
  • SGB IX: Zusatzurlaub (§ 208)
  • SGB IX: Kündigungsschutz / Zustimmung Integrationsamt (§§ 168 ff.)
  • SGB IX: Ausnahmen von der Zustimmungspflicht (§ 173)
  • EStG: Behinderten-Pauschbetrag (§ 33b)
  • AO: Festsetzungsfrist (§ 169)
  • AO: Bescheinigung kein rückwirkendes Ereignis (§ 175 Abs. 2 Satz 2)
  • BAG-Rechtsprechung zum Verfall von Zusatzurlaub bei fehlender Arbeitgeberkenntnis
  • BAG-Rechtsprechung zur Kenntnis/Mitteilung der Schwerbehinderung im Kündigungskontext
  • KSchG: Drei-Wochen-Klagefrist (§ 4)

Der Beitrag Schwerbehinderung:  Rückwirkender GdB – das bringt das Datum im Bescheid wirklich erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

Kategorien: Externe Ticker